Experimentelle Untersuchungen zum Stofftransport bei transientem Wasserfluss H.Lambrecht, H.-J. Vogel und K. Roth1 Laborexperimente zur Bestimmung von Transportparametern in Böden werden typischerweise bei stationärem Wasserfluss durchgeführt und stellen letztlich den Ausgangspunkt zur Modellierung des Stofftransportes unter natürlichen Bedingungen dar. Insbesondere nahe der Bodenoberfläche ist der Wasserfluss jedoch häufig transient. In dieser Studie wurde die Phänomenologie des Stofftransportes unter transienten Bedingungen im Gegensatz zu stationären Bedingungen experimentell untersucht. Hierzu wurden Infiltrationsexperimente mit konservativen Tracern an 50 cm hohen Laborsäulen durchgeführt, in die gut definierte, heterogene Strukturen aus verschiedenen Sanden eingebaut wurden. Mit diesem experimentellen Aufbau wird die Bedeutung hydraulischer Strukturen für die Stoffverlagerung unter transienten Bedingungen demonstriert. Der Verlauf der gemessenen Durchbruchskurven kann im Rahmen eines konzeptionellen Modells durch die prinzipiell unterschiedlichen Prozesse erklärt werden, die den Transport gelöster Stoffe im Bereich der Infiltrationsfront und in einigem Abstand dahinter bestimmen. Experimente In zwei Experimenten mit verschiedenen oberen FlussRandbedingungen wurde Stofftransport bei Infiltration in einen einfach strukturierten heterogenen Sand untersucht. In einer Laborsäule waren zylinderförmige Aggregate aus feinem Sand von einem vergleichsweise groben Sand umschlossen Abb. 1. Größe und Lage der Bereiche verschiedener hydraulischer Eigenschaften waren daher a priori bekannt. Beide Sande wurden ofentrocken eingebaut. Abbildung 2: Schematische Darstellung der oberen Randbedingung für Tracerkonzentrationen C und Wasserfluss j 0 . Das Volumen des Bromid-Pulses entsprach einem Drittel des Wasservolumens, das sich bei Sättigung im feintexturierten Bereich befindet. Mit diesem kurzen TracerPuls wurden die transienten Transportprozesse im Bereich der Infiltrationsfront untersucht. Das Chlorid wurde solange aufgegeben, bis Ausfluss am unteren Rand der Säule auftrat. So konnte im selben Experiment das stationäre Auswaschen des Chlorids aus dem heterogenen Boden untersucht werden. Ergebnisse und Diskussion Abb. 3 zeigt die Bromid-Durchbruchskurven der Experimente mit j 0 = 5 cm/h (NF) und mit j 0 = 60 cm/h (HF). Beide Durchbruchskurven beginnen bei verschieden großen Anfangskonzentrationen C̃(0) und zeigen auch insgesamt einen unterschiedlichen Verlauf. Abbildung 3: Durchbruchskurven für Bromid-Ionen. Kumulativer Ausfluss Ṽ und Konzentration C̃ sind auf Volumen und Konzentration der Eingangslösung normiert. Die Durchgezogene Linie entspricht der KonzentrationsRandbedingung. Abbildung 1: (a) Vertikaler Schnitt durch die Probe. (b) Laborsäule mit eingebauten Tensiometern. Es wurde der Reihe nach mit einer Bromid-ChloridLösung, einer reinen Chlorid-Lösung und vollentsalztem Wasser bei stets gleich bleibendem Fluss beregnet (Abb. 2). 1 Institut für Umweltphysik, Universtät Heidelberg Im Neuenheimer Feld 229, D-69120 Heidelberg email: [email protected] Bemerkenswert ist der anfängliche Anstieg und die bei kumulativen Ausflüssen Ṽ > 0 auftretenden Maxima. Für den Transport eines Tracers mit der Infiltrationsfront würde man ein Konzentrations-Maximum zu Beginn der Durchbruchskurven und einen sich anschließenden monotonen Abfall infolge von Dispersion erwarten. Man gelangt zu einem qualitativen Verständnis dieser charakteristischen Eigenschaft einer InfiltrationsDurchbruchskurve, wenn man in einem ersten, vereinfachenden Schritt die beiden Regionen des Bodens als mobil bzw. immobil auffasst. Im Bereich der Infiltrationsfront fliesst das Wasser hauptsächlich entlang von Gradienten im Matrixpotenzial in die feintexturierten Bereiche. Hinter der Infiltrationsfront stellt sich ein stationäres Fliessfeld ein, das durch Gradienten im Gravitationspotenzial getrieben wird. Ein Stoffaustausch zwischen den unterschiedlich mobilen Regionen findet dann nur noch langsam statt. Der kurze Bromid-Puls wird dadurch aus der mobilen Region geradezu “abgesaugt” und im anschließenden stationären Transportregime sehr lange dort zurückgehalten. Die unterschiedlichen Flüsse in den Transportexperimenten führen zur Ausbildung komplementärer hydraulischer Strukturen im Boden [Roth, 1995]. Im NF-Experiment ist das fein texturierte im HF-Experiment das grob texturierte Material besser leitend. Abb. 4 zeigt die mit SWMS 2D [Šimu̇nek et al., 1995] simulierten vertikalen Wasserflüsse in einem fortgeschrittenen Stadium der Infiltration. In beiden Experimenten hat die fein texturierte Region, die wir einmal mit der mobilen (NF) und das andere mal mit der immobilen Region identifizieren (HF), den höheren Wassergehalt. Deshalb ist der relative Wassergehalt der immobilen Region bezogen auf den Wassergehalt der mobilen Region im HF-Experiment größer als im NF-Experiment. Entsprechend erwarten wir einen stärker ausgeprägten “Absaug-Effekt”. Dieser äußert sich tatsächlich in der kleineren Anfangskonzentration der Durchbruchskurve für Bromid im HF-Experiment. spätere langsame Abfall der Konzentration entspricht hingegen dem langsamen Austausch zwischen mobiler und immobiler Region. Abbildung 5: Durchbruchskurven für Chlorid-Ionen. Kumulativer Ausfluss Ṽ und Konzentration C̃ sind auf Volumen und Konzentration der Eingangslösung normiert. Ausblick Derartige Prozesse können weitreichende Folgen, z. B. für den Schadstoffeintrag in natürliche Böden haben. Wird eine Substanz nach trockenen Bedingungen infiltriert, so dringt sie mit der Infiltrationsfront insbesondere in fein texturierte Bereiche. Durch die geringere Leitfähigkeit des feintexturierten Materials kann die transportierte Substanz unter Umständen sehr lange dort “gefangen” bleiben. Dadurch wird der Transport ins Grundwasser stark verzögert. Andererseits kann die hohe Konzentration eines toxischen Schadstoffes in den fein texturierten Bereichen zu Problemen führen. Die vorgestellten Experimente machen darüber hinaus deutlich, dass die Beregnungsstärke, neben den bekannten Einflüssen der Bodenstruktur, einen wesentlichen Faktor für das Verständnis von Stofftransport unter transienten Bedingungen darstellt. Abbildung 4: Mit SWMS 2D simulierte vertikale Flüsse. Die oberen Fluss-Randbedingungen entsprechen denjenigen aus den Experimenten. Abb. 5 zeigt die Chlorid-Durchbruchskurven. Sie sind sich viel ähnlicher als die Bromid-Durchbruchskurven derselben Experimente. Obwohl das Auswaschen des Chlorids bei quasi-stationärem Fluss erfolgt, lässt sich die Form der Kurven nicht ausschließlich im Rahmen des Konvektion-Dispersion-Konzeptes verstehen. Im NFExperiment fällt die Durchbruchskurve zunächst schneller, dann langsamer ab als im HF-Experiment. In diesem Verlauf zeigt sich deutlich der Stofftransport innerhalb der unterschiedlichen Regionen. Der steile Abfall ist auf das vergleichsweise schnelle Auswaschen des Tracers aus der mobilen Region zurückzuführen. Der Zitierte Literatur Roth, K., 1995: Steady state flow in an unsaturated, two-dimensional, macroscopically homogeneous, millersimilar medium, Water Resour. Res., 31, (9), 2127–2140. Šimu̇nek, J., K. Huang and M. T. van Genuchten, 1995: The SWMS 3D code for simulating water flow and solute transport in three-dimensional variably-saturated media, Research Report 139, U.S. Salinity Laboratory, USDA/ARS, Riverside, CA.
© Copyright 2024 ExpyDoc