Vortrag Pater Kentenich 1966

Meine liebe Schönstattfamilie!
Unser hochwürdigster Herr Weihbischof ist ja eigentlich eine
unangenehme Persönlichkeit. (Der Weihbischof droht mit dem
Finger: Herr Pater!) Weil er unangenehm ist, da fühlen Sie sich
sehr angenehm. Aber ich meine, jetzt, nachdem ich das alles so
höre, was Sie wollen, höre, was Sie alles vorbereitet und wieviel Geist, wieviel Vorbereitung hinter allem steht, bin ich eigentlich froh, dass ich charakterlos geworden bin. Sonst bin ich
meist nicht charakterlos, aber es gibt halt - jeder Mann hat seine
schwache Stelle.
Was darf ich Ihnen denn nun sagen?
Ich beginne mit einem Worte, das Exzellenz mir eben sagte:
"Das Familienwerk ist die große Hoffnung." Große Hoffnung
unserer Schönstattfamilie insgesamt, aber auch die große Hoffnung der Kirche. Will nicht sagen, dass wir das einzige Familienwerk in der Kirche sind - es gibt deren heute ungezählt viele
- aber wenn Schönstatt ein besonderes Lieblingswerk, eine besondere Lieblingsbeschäftigung des Dreifaltigen Gottes und der
Dreimal Wunderbaren Mutter und Königin von Schönstatt ist,
dann gilt das auch von unserem Familienwerke.
Pater Josef Kentenich
Hillscheid, 16.10.1966
Sie haben mir eben in Ihrem Gebete schon alles vorgesagt, was
ich jetzt nachsagen darf. An sich, meine ich, sollte ich Sie darauf aufmerksam machen, nachdem wir jetzt soviel gelehrt und
halbgelehrt und ungelehrt gesprochen haben über die Gesetzmäßigkeiten, die sich in unserer Familie verwirklicht haben,
vermeine ich auch, besonders darauf hinweisen zu dürfen: Was
wir jetzt tun, entspricht auch einer großen Gesetzmäßigkeit. Sie
haben bereits gehört, dass wir die Gottesmutter gegenwärtig
nicht nur immer anrufen als Mater und Regina, sondern auch
als Victrix ter admirabilis, also als die große Siegerin. Die
Gründung - ja, ich darf kaum sagen Gründung - sondern der
große Plan, auch Erdreich, Heimat zu gewinnen für das hoff2
nungsfreudig aufblühende Familienwerk - fällt also in eine Zeit
der Sieghaftigkeit der lieben Gottesmutter.
Ich will damit allerdings nicht sagen, dass Sie bei Ihrem Werke
nun befreit werden von Schwierigkeiten - im Reiche Gottes ist
nie etwas geworden ohne größere Schwierigkeiten, und der
Heiland hat das ja selber charakterisiert mit dem Worte: "Wenn
ich am Kreuz erhöht sein werde, dann ziehe ich alles an mich!"
Das hat für alle Gliederungen gegolten, wird auch für Sie gelten, wird auch im Zeitalter der Sieghaftigkeit der Dreimal
Wunderbaren Mutter und Königin von Schönstatt gelten!
Sie haben sich vorher genannt - wenigstens als Ausdruck der
Sehnsucht sich so genannt - zunächst als Taborkinder per eminentiam, sodann als Bauleute. Damit ist ja eigentlich alles gesagt, was in Ihren Herzen brennt, und auch alles gesagt, was der
liebe Gott vorhat.
Wenn Sie das kleine Bildstöckchen jetzt einweihen lassen, dann
soll das eine Vorwegnahme sein für das große MTA-, nein, das
größere MTA-Heiligtum, das einmal auf dem zu erstehenden
Gelände Ihrer äußeren Heimat, Heimat des ganzen Familienwerkes, zu stehen kommt.
Taborkinder! Taborkinder sind verklärte Kinder. Taborkinder
sind Siegeskinder. Passt also genau hinein in den Rahmen dessen, was gegenwärtig in der Familie brennt.
Sieghaftigkeit! Die Gottesmutter wird sich jetzt mehr noch als
bisher - wenn auch in anderer Weise als früher - rein äußerlich
als die große Siegerin erweisen. Siegerin zunächst über uns
selber. Taborkind hat alles in sich überwunden, was an persönlichen Schwierigkeiten, was auch an familienhaften Spannungen die Familie jeweils durcheinander bringen will.
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Taborkinder! Nomen est omen! Der Name ist also voller Bedeutung, zeigt auch eine große Aufgabe. Was sollen und wollen
wir? Verklärte Familien darstellen. Verklärte Familien in einer
Zeit, die so ungemein stark irdisch gesinnt, weltlich gesinnt,
weltselig, ja nicht selten total sexuell durcheinander gebracht
ist.
Eine ganz schöne, große Aufgabe, aber eine Aufgabe, deren
Lösung wir nicht auf die eigenen Schultern nehmen, sondern
von der lieben Gottesmutter als der Dreimal Wunderbaren Siegerin erwarten. Worüber soll sie siegen? Über individuelle
Schwierigkeiten, über die Schwierigkeiten, die wir als Vater
und Mutter miteinander haben, aber auch siegen über alle die
Spannungen, die wir normalerweise mit unseren Kindern auszustehen haben.
Und all das, was das kostet, das will nun von Ihnen benutzt
werden gleichsam als Baustoff. Sie wollen Bauleute sein. Sie
wollen der Gottesmutter ein Heiligtum errichten, und die kleine
Weihe, die schlichte Weihe, die soll die Gottesmutter darauf
aufmerksam machen, was wir wünschen, was wir vorhaben zu
ihrer Ehre, was wir aber auch von ihr erwarten. Was ist das?
Das ist die Verwirklichung des großen Gesetzes - ich muss ja
jetzt ständig von Gesetzmäßigkeiten reden - des großen Gesetzes, das sich bislang in der Familie glänzend erwiesen hat.
Vielleicht wissen Sie das gar nicht einmal in demselben Ausmaße, wie es verwirklicht worden ist. Gemeiniglich haben wir
durchweg erst, wo wir glaubten, ein neues Gelände für unsere
Heimat erstehen zu müssen, der lieben Gottesmutter ein Heiligtum erbaut. Wir sind ja gerade auf dem Wege, auch in Rom
nach demselben Gesetz zu handeln. Wir wollen zunächst ein
Heiligtum bauen, und nun kommt die eigenartige Gesetzmäßigkeit: Die Gottesmutter hat sich bestimmen lassen, als Dank
für dieses Heiligtum, als Gnaden- und Erziehungsstätte, das wir
ihr errichten, aus Dankbarkeit dafür uns eine Familienheimat,
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das heißt ein Schulungsheim, ein Erholungsheim, oder wie Sie
das alles nennen wollen, zu errichten.
Sehen Sie deswegen: Alles, was wir nun tun wollen, die Opfer,
die wir bringen - Sie haben ja sogar Erde mitgebracht von drüben, von der Stelle, wo Josef Engling in besonderer Weise verehrt, wo er seine Ruhestätte gefunden - erinnert Sie erneut daran, symbolhaft, dass Sie nicht zufrieden sein wollen lediglich
damit, den Willen Gottes im allgemeinen zu erfüllen. Emporklettern wollen Sie als Gesamtfamilie, als Vater und Mutter
- vielleicht auch, wo es glücklich ist oder wo es glücken mag
mit den Kindern - den Gipfel der Inscriptio zu erklettern.
Aber das alles, das ist Bauarbeit, das ist geistige Errichtung des
Baues, des Baues des Heiligtums, geistige Errichtung aber auch
indirekt wenigstens des Hauses, des Schulungshauses oder des
Heimathauses, Ihrer neuen Heimat, die die ganze Familie, das
ganze Familienwerk in allen drei Teilen zusammenfügen, nicht
nur äußerlich, sondern auch innerlich zusammenfügen soll,
damit wir ein Herz und eine Seele werden. Damit das Gesetz,
von dem wir nunmehr gehört, das Gesetz der Solidarität, nicht
nur in den einzelnen Familien Wirklichkeit wird, sondern auch
Familie zu Familie fügt, ja das ganze Familienleben unlösbar so
zusammenführt, dass keine Macht der Welt uns wieder auseinanderreißen kann.
Wer zuletzt lacht, lacht am besten, sagt man ja wohl gerne. Das
will also praktisch heißen, wenn wir auch unter den Elite-Gemeinschaften an letzter Stelle jetzt uns umsehen nach einer derartigen doppelten Stätte: wer zuletzt lacht, lacht am besten! Will also heißen: Mit Siegeszuversicht gehen wir nun hinaus, nachdem wir jetzt aus tiefer Gläubigkeit heraus den stillen
Akt Einsegnung und Weihe des kleinen Bildstöckchens nun
vornehmen.
Gott möge Sie deswegen alle segnen, die Gottesmutter möge
den Segen auf uns alle herabflehen, und wir dürfen sicher sein,
es dauert gar nicht so lange, wenn Sie in hervorragender Weise
gläubig sind, bis all das, was wir erwarten, auch Wirklichkeit
geworden. Nehmen Sie den Gedanken einmal ernst: Es geht ein
außergewöhnlicher Gnadenstrom als Siegesstrom gegenwärtig
durch die Familie. Wir lassen uns davon tragen. Siegesstrom ist
aber immer so geartet, dass er die Antwort ist auf einen außergewöhnlichen heroischen Vertrauensstrom.
Die Gottesmutter, das dürfen wir hoffen, und ich meine, wenn
der Geist der Familie in uns lebt, halten wir das für selbstverständlich: Im Maße wir vertrauen, wird die Gottesmutter auf
diesen Akt hin zunächst das von Ewigkeit geplante Gelände
wenigstens zur Kenntnis geben, uns helfen, dass wir die Gelder
aufbringen und alles tun, dass wir recht bald auch dorten ein
paar Häuser erstehen sehen, sodass wir bald, recht bald, den
anderen Gemeinschaften in der Familie nahe kommen, gleichkommen.
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