Predigt Grundsteinlegung | 08.10.2016 Se ite |1 Predigt anlässlich der Grundsteinlegung des Tagungshauses im Schönstattzentrum auf dem Oermter Berg Pfr. Stefan Keller, Issum 08. Oktober 2016 Es gilt das gesprochene Wort. Liebe Schönstattfamilie rund um das Heiligtum der Weggemeinschaft, liebe Schwestern und Brüder! Es ist noch gar nicht so lange her, da war nebenan grüne Wiese… Und dann kamen ein paar Männer und haben ihre Messgeräte aufgebaut. Und Holzpflöcke in den Boden geschlagen, mit neonroten Köpfen. Da brauchte es nicht viel, um klar zu bekommen: bald geht’s los. Obwohl – los ist hier ja immer was! Bald geht’s los mit dem Neubau auf dem Oermter Berg. 19. März, ein guter Tag: der Heilige Josef feiert sein Hochfest, der Gründer der Schönstattbewegung hat Namenstag … ein passender Wochentag: Samstag – so können wir ein erstes Mal zu einem großen Fest rund um den Neubau einladen: der erste Spatenstich. Und was haben wir gestochen! Und wie viele haben gestochen! Zunächst waren wir alle, wirklich alle im Kapellchen der Gottesmutter und haben gebetet und gesungen – nicht wie die Engel, wohl aber wie richtige Niederrheiner … Und dann ging’s hinunter an den Rand der Wiese, auf dem das Schulungsheim zu stehen kommen sollte … damals gab’s da noch einen Weg … heute steht ungefähr da der Baukran. Den Heiligen Josef haben wir mitgenommen… kein Leichtgewicht. Und jeder, der einen Spatenstich setzen wollte, musste, durfte zuerst den Patron über die Baustelle umarmen! Das hat viele ganz tief angerührt … Und dann den Spaten in die Grasnabe … Bei manchen sind Erinnerungen gekommen an längst vergangene Jugendtage… Zackigen Schritt’s an die Rasenkante … Und dann flog die Erde, in hohem Bogen … „Auf Gesellen, frisch voran!“ Wenn wir bis zum Abend weiter gemacht hätten, dann hätten wir sicher die ganze Baugrube ausgehoben gehabt … Predigt Grundsteinlegung | 08.10.2016 Se ite |2 Aber die Baggerfahrer sollten ja auch noch was zu tun bekommen … Bald danach sind sie als erste gekommen und haben die obersten Erdschichten zur Seite geschoben … eine eigene Zufahrt hergerichtet, damit die großen LKW auf’s Gelände fahren können … Und die Betonwagen … und die Handwerker … und die Baueisenliferanten und der Architekt und wer nicht alles noch … Macht die Tore weit … Dem alten Tor ging es an den Kragen, besser gesagt an die Torpfeiler – die waren zu eng für die langen LKW – also weg damit … Es braucht mehr Raum, es braucht mehr Offenheit … Für die Baustelle … und an vielen anderen Orten … Dann wurden die Fundamente ausgebaggert … fast unscheinbare Gräben auf einer freien Fläche … Ansehnlich ist ein tiefes Loch in das ein Keller hineinkommt … hier war das anders … eine freie Fläche, dann ein paar Gräben … Das war’s. Aber dann: die Bodenplatte wird gegossen … und dann die ersten Wände hochgezogen, hochbetoniert … erst außen herum und dann auch innen … das Gebäude nimmt Konturen an… immer mehr. Im Bautagebuch auf der Homepage kann man die einzelnen Etappen auf Fotos verfolgen … Von Woche zu Woche wächst das Haus in die Höhe … und dann stehen plötzlich viele Pfosten im Haus, die eine Holzdecke tragen … und dann fließt noch mehr Beton … und dann ist plötzlich das Untergeschoss ein fertiges Geschoss… mit Räumen für eine Wohnung, mit den Toiletten, mit zwei großen Mehrzweckräumen … Und dann wächst es weiter… langsam kommt der Sommer… und jeder, der hierher kommt, kann sehen und staunen … das wird mal was werden… Auch die Wände der oberen Etage stehen … und wer sich in die Baustelle traut – nicht dass das erlaubt wäre … Der kann erahnen: hier wird einmal der Eingangsbereich sein, mit einem kleinen Büro und Lädchen … hier die Küche, da ein Abstellraum und ein kleiner und ein großer Saal… und was soll die Nische? Da kann mal ein Altar stehen – ach so … Und die beiden Räume? Abstellmöglichkeiten für Tische und Stühle, die keiner braucht und die Sakristei… Fein… Hell wird es werden mit den vielen Fenstern… und schöne Aussichten hat man da … Und heute – ein halbes Jahr später, ein halbes Jahr nach dem ersten Spatenstich da ist die Holzkonstruktion für das Dach schon drauf … Ob wir nicht besser Richtfest feiern sollten? Das Haus ist wirklich schon ein Haus geworden; die Fenster sind bestellt, zum Winter soll der Rohbau geschlossen sein, damit es dann drinnen weitergehen kann. Schritt für Schritt. Und damit sind wir beim heutigen Tag angekommen… Schritt für Schritt. Auf unseren Grundstein sind Fußspuren zu sehen – ich wage mal zu sagen: Männerfüße… jedenfalls sind es keine feinen Damenschuhe, die da ihre Spuren hinterlassen haben. Predigt Grundsteinlegung | 08.10.2016 Se ite |3 Fußspuren … wer von uns denkt da nicht an die seit Jahren bekannte Geschichte von den Spuren im Sand – die brauch ich nicht zu erzählen, die kennt jeder. ‚Die Spur im Sand, die du siehst, mein Kind, ist meine Spur, da habe ich dich getragen‘ – sagt Gott dem Menschen, der mit ihm hadert, weil er sich allein gelassen fühlte in der Stunde der Not von seinem Gott, der ihm Weggemeinschaft zugesagt hatte… Gottes Spur im Sand … Die Spur Gottes, der den Menschen trägt, der den Menschen hält … (In unserer Nachbarschaft hat die Pfarrei ein Straelen, Holt und Broekhuysen diese Wirklichkeit in einem Wort über ihren Pastoralplan gesetzt: Gott hält dich! – ein Wort des Propheten Jesaja …) Aber: wir haben als Schönstätter nicht zuerst an diese Geschichte gedacht … und auch nicht unmittelbar an das Leitwort der Pfarrei in Straelen obwohl hier genügend ehemalige Seelsorger in Straelen anwesend sind … Wir haben an einen anderen gedacht, der hier seine Spuren hinterlassen hat… Wir haben an einen Priester unserer Diözese gedacht, an P. Josef Kentenich, der auch am Niederrhein seine Fußspuren hinterlassen hat … der des öfteren bei Dechant Winter in Xanten-Wardt zu Besuch war … in den 1960ger Jahren das letzte Mal… (Das Marienbild hier vorne ist das Bild von Dechant Winters und P. Kentenich wird sicher mit ihm davor gebetet haben …) Die Spuren auf dem Grundstein sind die Spuren Josef Kentenichs … Er ist nicht hier auf dem Oermter Berg gewesen… und doch hat er hier Spuren hinterlassen. Die Fußspur auf dem Grundstein ist eine bewegte Spur, die von Dynamik zeugt. Die Fußspur geht nicht einfach schnurrstracks geradeaus, sondern sie hat Schwung! Und es ist eine Spur, wo ein Schritt nach dem anderen gesetzt wird. Nicht hastig, aber stetig. Und, das ist mir besonders wichtig: plötzlich stehen die Füße quer … es geht nicht einfach immer weiter… unterwegs wird angehalten und zur Seite geschaut… es geht nicht einfach immer im Tunnelblick weiter, sondern, was rechts und links am Wegesrande geschieht, das ist wichtig, das darf man nicht einfach übersehen … Und vielleicht bedeutet diese Wende im Weg auch: halt: hier kannst du erst mal einkehren … geh nicht vorbei, halt an … tank auf, hol Luft… Eine dynamische Spur, eine schwungvolle Spur, ein Moment des Ausruhens, des Atemholens, des Auftankens, des Weitergehens … Die Fußspur von Josef Kentenich … Woher kommt diese Spur? Aus Vallendar… dort steht das erste Schönstattkapellchen (neben unserem Kapellchen steht ein Wegweiser, der die Richtung und die Entfernung anzeigt …) P. Kentenich kommt aus Vallendar an den Niederrhein? Warum? Weil er dort eine ganz eigene Erfahrung gemacht hat, die ihn nicht hat zur Ruhe kommen lassen: Ob es uns nicht gelingt, hat der den Jugendlichen, deren Seelsorger er war, vorgeschlagen… ob es uns nicht gelingt, die Gottesmutter durch unser Beten, durch unser Engagement in der Selbsterziehung zu bewegen, hier im Kapellchen Predigt Grundsteinlegung | 08.10.2016 Se ite |4 ihren Thron aufzuschlagen? 1914, als es in Deutschland noch einen Kaiser gab, da konnte man so reden. Der Gottesmutter eine Freude machen, sich selbst erziehen zu festen, freien, priesterlichen Charakteren… und dann schlägt die Gottesmutter im Kapellchen ihren Thron auf? P. Kentenich hatte von einem ähnlichen Geschehen in Italien gelesen; so ist in der Nähe von Neapel ein Wallfahrtsort der Gottesmutter entstanden – durch Gebet und Opfer der Menschen. Nicht durch außerordentliche Erscheinungen wie in Fatima, wie in Lourdes. Und es ist gelungen … im Urheiligtum in Schönstatt. Die Jugendlichen haben diesen Gedanken aufgegriffen; sie haben sich in diesem Prozess verändert, sind gereift, haben Ausstrahlung bekommen. Und das kleine ehemalige Friedhofskapellchen ist zu einem Gnadenort geworden … zunächst für die Jungen in ihrem Internat auf dem Weg Priester zu werden … und im Laufe der Jahre ganz schnell über diesen Ort hinaus. Der Erste Weltkrieg hat die Jugendlichen schnell aus ihrer behüteten Atmosphäre herausgeholt … Aber, sie waren innerlich an diesen Ort gebunden … sie waren innerlich an die Gottesmutter gebunden… Diese doppelte Gebundenheit hat vielen von ihnen geholfen, im Irrsinn des Krieges nicht irre zu werden. Und es hat ihnen geholfen, weiter zu wachsen… zu festen und freien Charakteren … und nicht wenige von ihnen sind Priester geworden … Und ein drittes ist in diesen Jahren gewachsen: sie haben zu ihrem Seelsorger Kontakt gehalten. Unzählige Briefe sind hin und her gegangen … Die Jugendlichen, die zu Soldaten geworden waren, haben ihre Sorgen und Nöte ihrem Herrn Pater geschrieben, sie haben von ihm Antwort bekommen und konnten damit gut weiter gehen. Sie haben untereinander Kontakt gehalten … so wie das unter den Bedingungen des Krieges möglich war, haben versucht sich per Post Impulse zu geben, wie sie es vorher in ihren Gruppenstunden und Treffen getan hatten. Die Briefe ihres Herrn Pater waren dabei nicht unbedeutend, anregend, hilfreich. Mit dem Kapellchen verbunden, mit der Gottesmutter, mit ihrem Seelsorger. Das waren für die Jugendlichen drei feste Säulen, auf die sie das Fundament ihres Lebens aufgebaut haben. Und wer etwas vom Bauen kennt, der weiß dass ein Pfahlgründung einem Bau besonderen Halt gibt … gerade wenn der Untergrund sumpfig und feucht ist, tut es Not, tief zu gründen… Drei feste Säulen, auf denen das Leben der ersten Schönstätter aufruht. Wie sich das Leben entfaltet, ist so unterschiedlich dann wie Häuser voneinander verschieden sind … Das Kapellchen, die Gottesmutter, P. Kentenich. Diese Anfangserfahrung Schönstatts ist zur bleibenden Erfahrung geworden. Es geht nicht gut ohne das Kapellchen, die Gottesmutter Maria, die Person P. Kentnichs. Du musst mit ihnen in lebendiger Beziehung bleiben, sonst wackelt das Fundament … Fußspuren auf dem Grundstein. Die Fußspuren Josef Kentenichs … Und wo er geht, Predigt Grundsteinlegung | 08.10.2016 Se ite |5 das ist die Gottesmutter nicht weit … wo er geht, da liegt ein Schönstattkapellchen am Weg … So führen seine Spuren von Vallendar zum Niederrhein und darüber hinaus … Weil ihn die Schönstätter hier vor Zeiten mit offenen Armen empfangen haben und sie sich in dieser Anfangsdynamik eingebunden wissen, haben sie ihrem Kapellchen den Namen gegeben: Heiligtum der Weggemeinschaft … mit Pater Kentenich. Er hat den Niederrheinern ein Wort hinterlassen, das wegen seiner großen Bedeutung auf den Grundstein der Kapelle geschrieben ist: Geht, entzündet die Welt! Ein dynamisches Wort, ein schwungvolles Wort, ein mutiges Wort! Ich will das jetzt nicht alles in einzelnen ausbuchstabieren … sonst haben die Handwerker in der Zwischenzeit das Haus fertig gestellt… Aber dieses Wort P. Kentenichs steht und gilt – als Sendung, als Auftrag. Geht, entzündet die Welt! Und was ist ein Auftrag, was ist eine Sendung ohne dass sie angenommen wird? P. Kentenich ist diesen missionarischen Weg gegangen – zunächst als Mitglied eines Missionsordens – der Pallottiner und in den letzten drei Jahren seines Lebens als Priester der Diözese Münster! Entzündet die Welt mit dem Licht, das von Jesus Christus kommt, das durch den Glauben an ihn seine Nahrung bekommt, das in der Taufe angenommen und in der Firmung quasi hochgehalten wird … Geht, entzündet die Welt! Der Mantel der Gottesmutter ist wie ein großer Windfang um diese Lampe, damit sie nicht erlischt … Seine Sendung, unsere Sendung – deshalb auf dem Grundstein die typische Antwort der Schönstätter auf P. Kentenichs Aufruf: wir gehen mit! Mit einem Ausrufezeichen – mit Schwung, mit Dynamik, mit Ausdauer … Heute wird dieser Grundstein – zunächst provisorisch und dann später, wenn die Außenhaut aufgetragen wird aus Putz und Holzverkleidung – am Haus befestigt. Wir bringen so zum Ausdruck, wofür wir stehen, woher wir kommen und wohin wir wollen. An der Hand der Gottesmutter Maria aus dem Glauben leben und andere für den Glauben begeistern. Keine kleine Sendung! In der Urkunde, die diesem Grundstein beigefügt ist, steht in Grundzügen die Geschichte Schönstatt’s am Niederrhein. Heute sind alle eingeladen, ihren Namen auf diese Urkunde zu setzen… um zu bezeugen, dass sie dabei waren, um zum Ausdruck zu bringen: ja, ein Leben aus dem Glauben lohnt sich. Um zu sagen: ja, liebe Gottesmutter, unter Deinem Schutz und Schirm will ich leben, lieben, arbeiten, weitergehen … Amen.
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