"Garantien"!

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Newsletter
07.07.2016
Daten | Fakten | Argumente
THEMA
DER
WOCHE
Europas Unternehmen brauchen Fachkräfte,
aber keine unglaubwürdigen „Garantien“!
Kompetenzfeststellung
und Weiterbildung
für Geringqualifizierte
geplant
Geringqualifizierte, die älter als 25 sind, sollen ein Mindestniveau an Lese-, Schreib- und
Rechenfertigkeiten sowie digitalen Kompetenzen erreichen – das will der Kommissionsvorschlag
durch Selbstbindung der Mitgliedstaaten erreichen. Diese sogenannte Kompetenzgarantie
soll für Personen gelten, die weder einen Schulabschluss der Sekundarstufe II noch eine
Berufsausbildung haben. Nach Feststellung des individuellen Kompetenzniveaus soll ihnen
der Zugang zu möglichst maßgeschneiderten Weiterbildungspfaden, angepasst an den Bedarf
des regionalen Arbeitsmarktes, geboten werden. Die Mitgliedstaaten sollen innerhalb eines
Jahres einen Aktionsplan für die nationale Umsetzung der „Kompetenzgarantie“ vorlegen. Neue
Finanzmittel im EU-Haushalt sind dafür nicht vorgesehen.
Mindestqualifikations­
niveau Stufe vier im
EQR problematisch
Als Ziel der Weiterbildungsmaßnahmen nennt die EU-Kommission ein Mindestqualifikations­
niveau auf Stufe vier des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR). Eine solche Festlegung
für alle EU-Länder ist allerdings zu rigide und dürfte in der Praxis kaum zu erreichen sein.
Deutschland etwa hat auf dieser Stufe vier das Abitur und den Abschluss dreijähriger dualer
Ausbildungsberufe vorgesehen. Dass man auch mit Qualifikationen unterhalb der EQR-Stufe vier
gut auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen kann, zeigen im Übrigen die zweijährigen Ausbildungsberufe
wie der für produzierende Unternehmen wichtige Maschinen- und Anlagenführer, der im EQR
auf Stufe drei angesiedelt ist. Der Begriff „Garantie“ weckt bei den Betroffenen zudem falsche
Erwartungen und fördert nicht die notwendige Eigeninitiative. Politik kann immer nur Angebote
machen, eine „Kompetenzgarantie“ hingegen ist unmöglich und schadet so am Ende auch der
Glaubwürdigkeit der Politik.
Arbeitsmarktrelevante
Kompetenzen und
Attraktivitätssteige­
rung der Berufsbildung
notwendig
Die Vermittlung der notwendigen beschäftigungsrelevanten Qualifikationen muss aus DIHKSicht flexibel und nach den nationalen Gegebenheiten und Erfordernissen ausgestaltet werden.
Grundkompetenzen in Schreiben, Lesen und Mathematik sind europaweit unverzichtbare Vor­
aus­
setzungen für die Aufnahme einer Berufsausbildung. Hier sind die Schulen gefordert.
Ebenso sollten zudem Unternehmergeist und „digital skills“ gefördert werden. Die guten
Beschäftigungsaussichten für Absolventen einer beruflichen Aus- und Weiterbildung besser
bekannt machen und dadurch die Attraktivität des beruflichen Bildungsweges insbesondere in
EU-Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit steigern – das sollte ebenfalls ein Schlüssel­element
für eine europäische „Skills Agenda“ sein. Deutschland hat mit der zwischen Bundesregierung,
Wirtschaft, Gewerkschaften und Bundesländern vereinbarten „Allianz für Aus- und Weiterbildung“
bereits einen guten Ansatz gewählt, der auch für andere EU-Länder Anregungen geben kann.
Ansprechpartnerin:
Barbara Fabian, DIHK Brüssel, 0032 2 286-1610
Unternehmen in Europa fällt es zunehmend schwer, geeignete Fachkräfte zu finden. Zugleich sind in
der EU fast 22 Millionen Menschen ohne Job. Kein Widerspruch, denn vielen fehlt die erforderliche
Vor- beziehungsweise Ausbildung. Die EU-Kommission hat auf diese Herausforderung reagiert
und eine „Agenda für neue Kompetenzen“ präsentiert. Darin empfiehlt sie den Mitgliedstaaten die
Einführung einer „Europäischen Kompetenzgarantie“. Aus Sicht des DIHK ist eine solche Garantie
aber nicht praktikabel.