Intendantenbrief - bei den Freunden und Förderern des Mousonturms

Frankfurt am Main, im Juni 2016
Liebe Freundinnen und Freunde des Mousonturms,
der Name ist Programm in Paula Rosolens neuem Tanzstück Puppets (12./13.7.), das sie
mit ihrer Gruppe Haptic Hide im Mousonturm zur Uraufführung bringt – als erste gemeinsame Produktion der Tanzplattform Rhein-Main, die wir vor einigen Monaten gemeinsam mit
dem Hessischen Staatsballett gestartet haben, realisiert im Rahmen von mehreren Künstlerresidenzen im Staatstheater Darmstadt und bei uns in Frankfurt. Gelten im romantischen
Ballett wie auch im klassischen javanischen Tanz die Bewegungen von Puppen als tänzerisches Ideal, richtet Rosolen den Blick in Puppets auf die bisher wenig beachtete Choreografie, die das Zusammenspiel der Puppenspieler beim Führen der Figuren entstehen lässt.
Ivo Dimchev sorgt als Performer und Choreograf stets für Kontroversen, so auch in seinem
konfrontativen Stück FEST (15.7.), in dem er sich die Kunstszene und ihre Mechanismen
von Ausbeutung und Selbsterniedrigung vorknöpft: ein Spiel von Sex und Macht in scheinbar
libertärer Entgrenzung. Dimchev und seinem unerschrockenen Ensemble gelingt damit eine
schonungslose, explizite Satire über den Kunstbetrieb. Ähnlichkeiten mit realen Personen,
versichert er, seien nicht beabsichtigt.
Momente des Schocks und Entsetzens stellt der weltbekannte italienische Regisseur Romeo
Castellucci an den Beginn seines Werkes The Parthenon Metopes (28./29.8.), das wir in
Kooperation mit der Wiesbaden Biennale in einer leeren Werkshalle von Opel in Rüsselsheim (Shuttlebusse fahren vom Mousonturm aus dorthin) zeigen: Sechs Unfälle ereignen
sich, Menschen liegen in Schmerzen, die Zeit, bis endlich Hilfe herbeirast, wird zur schicksalhaften Ewigkeit. Im Resonanzraum der Bilderzählungen des antiken Parthenon-Tempels
inszeniert Castellucci, der 2013 von der Biennale in Venedig für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, ein ganz gegenwärtiges, unausweichliches Spiel um Kunst und Realität,
das existenzielle Menschheitsfragen aufwirft.
Menschen, Tiere, Sensationen! Hereinspaziert! Mit der Mousonturm-Produktion The Greatest Show on Earth (1.-4. & 7.-10.9.), einer so provokanten wie unterhaltsamen Zirkusrevue, starten wir nach der Sommerpause mit einem Spektakel der Superlative, dem
Internationalen Performance-Zirkus für das 21. Jahrhundert, in die neue Saison.
Inmitten der von Philippe Quesne entworfenen Arena beweist sich die Crème de la Crème
der internationalen Performance-Avantgarde – Meg Stuart, Antonia Baehr & Valérie
Castan, Eisa Jocson, Vincent Riebeek & Florentina Holzinger, Jeremy Wade, contact
Gonzo, Hendrik Quast & Maika Knoblich, Les Trucs u.a. – als Meister zirzensischer Exzentrik. In der Manege im Frankfurt LAB erwarten Sie entblößende Trapezakte, Hunde, waghalsige Kämpfe mit Todesmaschine, ein neo-dadaistisches Kleinst-Orchester und vieles
mehr!
Mit der Frankfurter Premiere von The Greatest Show on Earth am Donnerstag, den
1. September um 19 Uhr eröffnen wir auch feierlich unsere neue Saison – und laden
schon jetzt herzlich dazu ein!
Wer Frankfurt im Sommer nicht verlassen mag, tut gut daran und kann sich auf sechs tolle
Summer in the City-Konzerte im Palmengarten freuen: Samples und Synthies, rituelle Gesänge und jazzige Vocals mit Ibeyi (19.7.), die fragile und starke Stimme der Multiinstrumentalistin und Traumforscherin Sóley (26.7.), auf die islamisch-abendländische Fusion traditioneller Berbermusik mit Jazz der stimmgewaltigen marokkanischen Sängerin Oum (2.8.), den
charismatischen evening of words & music with Patti Smith, Tony Shanahan, Jackson
Smith and Seb Rochford (9.8.), die eigenwillig, charmant jodelnde amerikanisch- schweizerische Jazz-Sängerin, Musikerin, Performerin und Akkordeonistin Erika Stucky & Blechhauf’n (16.8.) und den virtuos durch Gospelmelodien tanzenden, in Träume und Exzesse
stürzenden jungen Songwriter aus Sydney, Matt Corby (23.8.)!
Gemeinsam ist der Sommer am schönsten, daher hoffe ich auf viele Begegnungen im
Mousonturm, Palmengarten und Frankfurt LAB!
Matthias Pees