Frankfurt am Main, 21. Dezember 2015 Liebe Freunde und Förderer des Mousonturms, Meg Stuart ist wieder da: nachdem ihr vielgerühmtes Violet vergangenes Frühjahr vor ausverkauftem Haus bejubelt und gefeiert wurde, und bevor ihre neue Produktion UNTIL OUR HEARTS STOP bei der Tanzplattform Deutschland 2016 gastieren wird, ist im Januar im Mousonturm ihr humorvolles Solo Hunter (15./16.1.) zu sehen. Darin entwickelt sie tänzerisch und musikalisch immer neu oszillierende Selbstportraits – für die sie persönliche Erinnerungen mit kulturellen Referenzen, Vorbildern und Fantasien zu witzigen Körper-Cartoons, überraschenden Gesangsritualen oder lauten Klangskulpturen verflicht. Versäumen Sie nicht diese faszinierende Begegnung mit einer außergewöhnlichen Choreografin, die man selten so fragil und kraftvoll zugleich erlebt hat. Konfrontativ begegnet das Berliner Performance-Kollektiv andcompany&Co. der Angst – vor Terroranschlägen, dem dritten Weltkrieg, der nuklearen Apokalypse, mit ihrem neuesten Totaltheater WARPOP MIXTAKE FAKEBOOK VOLXFUCK PEACE OFF: ‘Schland Of Confusion‘ (19./20.1.). Zwischen „Friedenswinter“ und PEGIDA schauen die Künstler-Aktivistinnen und Aktivisten zurück auf die 1980er Jahre – als die Friedensbewegung noch links war und Pop Protest –, stimmen einen Abgesang auf soziale Bewegungen an und holen dann aus zur Attacke: ANGER IS AN ENERGY! Vielgestaltig und konzentriert präsentieren wir vom 22. bis 30. Januar sechs internationale Positionen aus Tanz und Performance, die sich mit dem Ausdruckspotential von Gesten und körperlichen Gebärden, mit deren Eindeutigkeit und Lesbarkeit auseinandersetzen, diese Zeichen und Kürzel im freien Spiel aber auch lustvoll von der Last ihrer Bedeutung befreien. Beim Festival Merkwürdige Gesten (melodramatischer Kannibalen beim Erfinden filigraner Rituale) treten viele Künstlerinnen und Künstler in Aktion, die das Publikum am Mousonturm schon ganz schön aufgemischt haben. Dazu zählt der mit provozierender Intensität performende bulgarische Künstler Ivo Dimchev, der seinem entgrenzten, schillernd fragilen Falsett mit Operville (29./30.1., in englischer Sprache) nun ein eigenes Stück gewidmet hat. Mit der Sängerin Plamena Girginova, dem Sänger Nikolay Voynov und dem Musiker Stefan Hristov schöpft er hemmungslos aus den Pfründen der Opernmusik, tradierter Haltungen, Gesten und Stimmungen und verschmilzt singenden Körper und Gesang zu einem perfekten „Borderline Event“. Der französische Choreograph David Wampach nähert sich mit seiner Choreografie URGE dem Thema Kannibalismus an. Begeisterte er 2014 noch das Frankfurter Publikum mit seiner groteskminimalistischen Interpretation von Igor Strawinskys Frühlingsopfer, geht es in der neuen Produktion nun um die Frage, in welchen Körpern, Gesten und Formen die archaische und mythenbeladene Praxis der Antropophagie heutzutage weiterlebt. Frei nach dem Motto „Ich habe dich zum Fressen gern“ laden er und seine fünf Tänzer zum Parforceritt durchs Unbewusste der Menschheitsgeschichte (22./23.1.). Zwei Doppelabende im Rahmen des Festivals präsentieren die Arbeiten vielversprechender junger Tanzschaffenden aus dem europäischen Aerowave-Netzwerk: Am ersten (26.1.) zeigt Ayelen Parolin (aus Brüssel) ihr kraftvolles Hérétiques, getanzt von zwei Tänzern und ihr selbst, und befragt die Trance-Bereitschaft unserer überkodifizierten Körper, die durch die Rhythmen einer auf Effizienz getakteten Gesellschaft geprägt sind. Die ungarische Choreografin Adrienn Hód bringt mit ihrer Compagnie Hódworks in ihrem neuen Stück Conditions of Being a Mortal zu den pulsierenden Klängen von Franz Liszts Faust-Symphonie Leiblichkeit und exaltierte Emotionalität zu einem virtuos getanzten Garten der Lüste zusammen. Hód hat im Mousonturm bereits 2014 mit ihrer energetischschonungslosen Choreografie Dawn Aufsehen erregt. Der zweite Gesten-Doppelabend (27.1.) führt zunächst mit Ingri Fiksdals im Wortsinn rauschend stiller Choreografie BAND – mit bunten Lichteffekten auf wildgemusterten Kostümen – in ein psychedelisch entgrenztes Gemeinschaftserlebnis. Die norwegische Choreografin erforscht die vermeintliche Vertrautheit, die sich zwischen Unbekannten beim einfachen „Headbanging“ einstellen kann. Giorgia Nardin aus Venedig lässt danach in ihrer Choreografie All dressed up with nowhere to go zwei aufs äußerste verletzliche Körper aufeinandertreffen, die sich mit automatischen Gesten, deren Anlass nicht mehr auffindbar scheint, einander nähern und berühren. Nardin inszeniert mit feinem ästhetischen Gespür zwei der Welt entrückte Körper, Bilder melancholischer Schönheit. Energisch starteten letzte Woche auch die Buchungen für die Aufführungen der Tanzplattform Deutschland 2016 – es seien Ihnen hier nochmals die vier größten Aufführungen empfohlen, die Sie sich mit Ihrer Familie, Ihren Freunden und Bekannten, nicht entgehen lassen sollten: - Die spektakuläre Eröffnungsproduktion Not Punk, Pololo! von Gintersdorfer/Klaßen am 2. und 3.3. um 20 Uhr im Schauspiel Frankfurt; - Oskar Schlemmers Jahrhundertwerk Das Triadische Ballett, wird in der gefeierten Neuproduktion des Bayerischen Staatsballetts II lebendig – am 4. und 5.3. um 20 Uhr im Staatstheater Darmstadt, im Großen Haus; - Paula Rosolens preisgekröntes, vom Mousonturm koproduzierte Stück Aerobics! Ein Ballett in 3 Akten am 3. und 4.3. um 20 Uhr im Kurtheater Bad Homburg; - Meg Stuarts federleichte, choreografisch-musikalische Seelenforschung UNTIL OUR HEARTS STOP am 6.3. um 18 Uhr im Staatstheater Darmstadt, Kleines Haus. Weitere Informationen und Angebote zum Programm der Tanzplattform Deutschland 2016 finden Sie in beiliegendem Programm-Booklet und auf www.tanzplattform2016.de, hier können Sie auch die günstigen Bus Shuttles nach Darmstadt, Bad Homburg, Offenbach und zu weiteren Aufführungsorten buchen. Alles Gute im verbleibenden alten wie im Neuen Jahr! Wir sehen uns (hoffentlich oft und vielerorts) in 2016. Matthias Pees
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