ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER JUNI 2016 Dokumentationsstätte zu Kriegsgeschehen u n d ü b e r F r i e d e n s a r b e i t S i e v e r s h a u s e n e .V. ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER JUNI 2016 Antikriegshaus Sievershausen Kirchweg 4A 31275 Lehrte Tel.: 05175-5738 mail: [email protected] Nie wieder Krieg Die zweite Minute gehöre der Frau. Wem wurden zu Haus die Haare grau? Wer schreckte, wenn der Tag vorbei, in den Nächten auf mit einem Schrei? Wer ist es vier Jahre hindurch gewesen, der anstand in langen Polonaisen, indessen Prinzessinnen und ihre Gatten alles, alles, alles hatten – –? Wem schrieben sie einen kurzen Brief, dass wieder einer in Flandern schlief? Dazu ein Formular mit zwei Zetteln … wer mußte hier um die Renten betteln? Tränen und Krämpfe und wildes Schrein. Er hatte Ruhe. Ihr wart allein. Oder sie schickten ihn, hinkend am Knüppel, euch in die Arme zurück als Krüppel. So sah sie aus, die wunderbare große Zeit – vier lange Jahre … Erinnert ihr euch –? Drei Minuten will ich von euch, die ihr arbeitet Von euch, die ihr den Hammer schwingt, von euch, die ihr auf Krücken hinkt, von euch, die ihr die Feder führt, von euch, die ihr die Kessel schürt, von euch, die mit den treuen Händen dem Manne ihre Liebe spenden – von euch, den Jungen und den Alten –: Ihr sollt drei Minuten inne halten. Wir sind ja nicht unter Kriegsgewinnern. Wir wollen uns einmal erinnern. Die erste Minute gehöre dem Mann. Wer trat vor Jahren in Feldgrau an? Zu Hause die Kinder – zu Hause weint Mutter … Ihr: feldgraues Kanonenfutter –! Ihr zogt in den lehmigen Ackergraben. Da saht ihr keinen Fürstenknaben: der soff sich einen in der Etappe und ging mit den Damen in die Klappe. Ihr wurdet geschliffen. Ihr wurdet gedrillt. Wart ihr noch Gottes Ebenbild? Die dritte Minute gehört den Jungen! Euch haben sie nicht in die Jacken gezwungen! Ihr wart noch frei! Ihr seid heute frei! Sorgt dafür, dass es immer so sei! An euch hängt die Hoffnung. An euch das Vertraun von Millionen deutschen Männern und Fraun. Ihr sollt nicht strammstehn. Ihr sollt nicht dienen! Ihr sollt frei sein! Zeigt es ihnen! Und wenn sie euch kommen und drohn mit Pistolen: Geht nicht! Sie sollen euch erst mal holen! Keine Wehrpflicht! Keine Soldaten! Keine Monokel-Potentaten! Keine Orden! Keine Spaliere! Keine Reserveoffiziere! Ihr seid die Zukunft! Euer das Land! Schüttelt es ab, das Knechtschaftsband! Wenn ihr nur wollt, seid ihr alle frei! Euer Wille geschehe! Seid nicht mehr dabei! Wenn ihr nur wollt: bei euch steht der Sieg! – Nie wieder Krieg –! Theobald Tiger Republikanische Presse, 29.07.1922, Nr. 6 In der Kaserne – im Schilderhaus wart ihr niedriger als die schmutzigste Laus. Der Offizier war eine Perle, aber ihr wart nur ›Kerle‹! Ein elender Schieß- und Grüßautomat. »Sie Schwein! Hände an die Hosennaht –!« Verwundete mochten sich krümmen und biegen: kam ein Prinz, dann hattet ihr stramm zu liegen. Und noch im Massengrab wart ihr die Schweine: Die Offiziere lagen alleine! Ihr wart des Todes billige Ware … So ging das vier lange blutige Jahre. Erinnert ihr euch –? Inhalt Nie wieder Krieg Tucholsky-lesung am 19. Juni Ev. Friedensarbeit zur Aufrüstung der Bundeswehr Plakate gegen Bundeswehr-Werbung die positive seite Aus der Flüchtlingsarbeit in Sievershausen 1 aus riegsh k i t n A t im s h c ä n m De ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER JUNI 2016 Sonntag, 19. Juni 16.00 Uhr Lesung mit Musik: Tucholsky trifft ! Das Literarische Quintett und das Matthias Witzig Ensemble Kurt Tucholsky war ein vielseitiger Schriftsteller, er schrieb Gedichte und Glossen, Romane und Polemiken über viele zeitgenössische Themen. Über kein anderes Thema aber hat Tucholsky unerbittlicher geschrieben als über die Militarisierung seiner Zeit, über nichts warnender als über die drohende Gefahr eines neuen Krieges. Dafür wurde er immer wieder mit Prozessen überzogen, was zeigt, dass er als Gegner ernst genommen wurde und dass seine bitteren Pfeile trafen. „Tucholsky trifft“ hat deshalb das Literarische Quintett seine Lesung betitelt. der Schwerindustrie, klopften ja damals schon recht vernehmlich an Deutschlands Tür. Er zupfte sie an der Nase, er trat sie gegen das Schienbein, einzelne schlug er k.o. - ein kleiner dicker Berliner wollte mit der Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten.“ Erich Kästner schrieb über Tucholsky: „Der Mann, der da im Dachstübchen schwitzte, tippte und Pfeife rauchte, schuftete ja für fünf – für Peter Panter, Theobald Tiger, Ignaz Wrobel, Kaspar Hauser und Kurt Tucholsky in einer Person! Er teilte an der kleinen Schreibmaschine Florettstiche aus, Säbelhiebe, Faustschläge. Die Männer des Dritten Reiches, Arm in Arm mit den Herren der Reichswehr und Aber wir verraten einen Staat, den wir verneinen, zugunsten eines Landes, das wir lieben, für den Frieden und für unser wirkliches Vaterland: Europa.“ Und Tucholsky bemerkte 1928 in der Weltbühne zu seiner Arbeit: „Wir halten den Krieg der Nationalstaaten für ein Verbrechen, und wir bekämpfen ihn, wo wir können, wann wir können, mit welchen Mitteln wir können. Wir sind Landesverräter. Die Nationalsozialisten setzten seinen Namen auf die erste, 33 Personen umfassende Ausbürgerungsliste des Deutschen Reiches vom 25.8.1933, verboten und verbrannten seine Schriften. Ende 1935 ist er aus freien Stücken „noch einmal emigriert. Dorthin, von wo man nicht wieder zurückkehren kann“ (Kästner). Dem Militarismus aber tritt er noch heute gegen das Schienbein. 2 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER Theobald Tiger: JUNI 2016 Und heute? Krieg dem Kriege Die Nato-Staaten haben sich bei ih rem Gipfeltreffen im walisischen Newport 2014 darauf geeinigt, wieder mehr Geld in die Verteidigungshaushalte zu investieren. Binnen einem Jahrzehnt soll die Zielmarke von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht werden. 2014 erreichten dieses Ziel nur die USA, Großbritannien, Estland und (ausgerechnet) Griechenland. Auf der Münchener Sicherheitskonfe renz 2014 betonten Bundespräsident Gauck, Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen unisono eine aktivere Rolle Deutschlands in der Weltpolitik, nicht zuletzt bei Militäreinsätzen. Laut SIPRI-Jahresgutachten sind 2015 erstmals seit vier Jahren die Militärausgaben weltweit wieder gestiegen. Insgesamt wurden auf dem Globus knapp 1,5 Billionen Euro hierfür ausgegeben. Die USA sind dabei wieder einsamer Spitzenreiter. Von 2015 auf 2016 wurde das Militär-Budget Deutschlands bereits um 1,4 Milliarden Euro auf 34,4 Milliarden er höht. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will in den kommenden 15 Jahren insgesamt 130 Milliar den Euro in die weitere Aufrüstung investieren. In der Rüstungssparte erwartet Rheinmetall 2016 ein Umsatzplus von 7,7 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Damit würde der Bereich wieder mehr Erlöse erwirtschaften als das Autozuliefergeschäft. Verteidigungsministerin von der Leyen will die Personalstärke der Bundeswehr wieder aufstocken. In einem ersten Schritt sollen 7000 neue Stellen geschaffen werden. (1919) Das Feuer brannte, das sie geschürt. Löscht es aus! Die Imperialisten, die da drüben bei jenen nisten, schenken uns wieder Nationalisten. Und nach abermals zwanzig Jahren kommen neue Kanonen gefahren. – Das wäre kein Friede. Das wäre Wahn. Der alte Tanz auf dem alten Vulkan. Du sollst nicht töten! hat einer gesagt. Und die Menschheit hörts, und die Menschheit klagt. Will das niemals anders werden? Krieg dem Kriege! Und Friede auf Erden. Merkwürdig, wie blind die Menschen sind! Die Folterkammern des finsteren Mittelalters flößen ihnen Abscheu ein; auf ihre Arsenale aber sind sie stolz. Die Waffen nieder ! Bertha von Suttner 3 (1843 - 1914), österreichische Schriftstellerin und Pazifistin, 1905 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER JUNI 2016 Kurt Tucholsky: Die Kartoffeln (1913) Ich las eines dieser patriotischen Bücher, die das deutsche Heer einer genauem Be trachtung unterziehen. Da stand auch eine historische Erinnerung, die es wert ist, dass wir sie uns aus der Nähe ansehn. Bei der Belagerung von Paris im Jahre 1870, erzählt der Autor, haben sich die feindlichen Vorposten ganz gut gestanden. Man schoß durchaus nicht immer aufeinander, o nein! Es kam zum Beispiel vor, daß man sich mit Kartoffeln aushalf. Meistens werden es ja die Deutschen gewesen sein, die den Retter in der Not gemacht haben. Aber einmal näherte sich ein französischer Trupp von ein paar Mann, die Deutschen nahmen die Gewehre hoch, da sagte jemand auf deutsch: »Nicht schießen! Wir schießen auch nicht!« und man begann sich wegen auszutauschender Getränke zu ver ständigen. Man könnte da von »Landesverrat« sprechen, und tatsächlich untersagte nachher ein Armeebefehl diese Annäherungen aufs schärfste. Aber was ging hier Wichtigeres vor sich? Doch offenbar eine Diskreditierung des Krie ges. Denn es ist nicht anzunehmen, dass Pflichtvergessene beider Parteien hier böse Dinge inszenierten. Es waren sicher Famili enväter, Arbeiter, Landleute, die man in einen farbigen Rock gesteckt hatte, mit der Weisung, auf andersfarbige zu schießen. Warum schossen sie nicht? Offenbar waren doch der Nationalhaß, der Zorn, der angeb lich das ganze deutsche Volk auf die Beine rief, nicht mehr so groß, wie damals Unter den Linden, als es noch nicht galt, auf seine Mitmenschen zu schießen. Damals hatte mancher mitgebrüllt, weil alle brüllten, und das verpflichtete zu nichts. Aber hier waren Leute, die einen Sommer und einen Winter lang an den eigenen Leibern erfahren hatten, was das heißt: Töten, und was das heißt: Hungern. Und da verschwand der ›tief eingewurzelte Haß‹, und man aß gemeinsam Kartoffeln ... Dieselben Kartoffeln; dieselben Kapitalisten. Aber andere Röcke. Das ist der Krieg. Erich Kästner: Fantasie von übermorgen (1929) Und als der nächste Krieg begann da sagten die Frauen: Nein und schlossen Bruder, Sohn und Mann fest in der Wohnung ein. Dann zogen sie in jedem Land wohl vor des Hauptmanns Haus und hielten Stöcke in der Hand und holten die Kerls heraus Sie legten jeden über‘s Knie der diesen Krieg befahl: die Herren der Bank und Industrie, den Minister und General. Da brach so mancher Stock entzwei und manches Großmaul schwieg. In allen Ländern gab‘s Geschrei, doch nirgends gab es Krieg. Die Frauen gingen dann wieder nach Haus zu Bruder und Sohn und Mann und sagten ihnen: der Krieg sei aus. Die Männer starrten zum Fenster hinaus und sahen die Frauen nicht an... 4 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER JUNI 2016 Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD Endenicher Str. 41, 53115 Bonn www.evangelische-friedensarbeit.de Evangelische Friedensarbeit kritisiert die geplante Aufstockung des Wehretats Die Ankündigung von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die Bundeswehr in den kommenden sieben Jahren personell aufzustocken und auch den Wehretat bis 2020 von derzeit 34,2 auf 39,2 Milliarden Euro anzuheben, ist bei der evangelischen Friedensarbeit auf Kritik gestoßen. „Die Regierung stellt hier bereits Weichen, bevor das neue Weißbuch vor- und zur Diskussion gestellt wird. Das führt den groß angekündigten Beteiligungsprozess ad absurdum“, betont Renke Brahms, der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). ziviles Friedensengagement. Stattdessen wird wieder nur auf Waffen und Militär gesetzt“, wirft Gildemeister der Bundesregierung vor. Und der EKDFriedensbeauftragte vermisst hier ein umfassendes friedenspolitisches Konzept der Bundesregierung. „Vom Aufwuchs der Mittel für zivile Instrumente lese ich in den Ankündigungen und Diskussionen nichts“, bedauert Brahms. Gerade vor dem Hintergrund, dass derzeit ein neues Weißbuch geschrieben werde, wäre es nach Ansicht der evangelischen Friedensarbeit äußerst wichtig, einen klaren außen- und sicherheitspolitischen Schwerpunkt in der zivilen Krisenprävention zu setzen. „Aber die jetzigen Ankündigungen sind wieder ein Rückfall in die alten Zeiten, in denen als erstes der Ruf nach mehr Militär und nach militärischen Konfliktlösungen aufkommt“, kritisiert der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms und fordert die Bundesregierung auf, innezuhalten und die Pläne des Bundesverteidigungsministeriums zu überdenken, bis das Weißbuch vorgelegt und in der Gesellschaft auch breit diskutiert wurde. Auch bei der evangelischen Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) stoßen die Ankündigungen der Bundesverteidigungsministerin auf Widerspruch. „Offenbar will Ursula von der Leyen hier schon Pflöcke einrammen und Vorentscheidungen treffen, bevor das Weißbuch veröffentlicht wird. Das ist ein schlechter Stil“, kritisiert Jan Gildemeister, der AGDF-Geschäftsführer. Nach Ansicht der evangelischen Friedensarbeit machen die wachsende Aufrüstung der Bundeswehr und der immer weiter steigende Rüstungsetat deutlich, dass die Bundesregierung wieder auf militärische Mittel setze und die Bundeswehr offenbar für weitere weltweite Einsätze fit machen wolle. „Was ich aber vermisse, ist ein verstärktes Bonn, 11. April 2016 Impressum: Newsletter Juni 2016 Antikriegshaus Sievershausen Kirchweg 4A 31275 Lehrte-Sievershausen [email protected] Tel: 05175-5738 Öffnungszeiten: di, fr 10-17 Uhr, sa 15-17 Uhr www.antikriegshaus.de Konto bei der Evangelischen Bank eG IBAN DE13520604100000006076 BIC GENODEF1EK1 Inhaber: Kirchenkreisamt Burgdorfer Land 5 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER www.machwaszaehlt.de Die Antwort auf die Bundeswehr-Werbekampagne 6 JUNI 2016 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER JUNI 2016 Albert Lodyga: Aus der Arbeit des Flüchtlinsgrates Sievershausen Seit einem Jahr sind in der ehemaligen Grundschule 7 Flüchtlinge untergebracht. Zur Steuerung aller Aktivitäten hat sich ein koordinierender Flüchtlingsrat gebildet. Hier treffen sich regelmäßig die Pastorin der KG, die Vorsitzende des DRK, ein Mitglied des Antikriegshauses sowie drei aktive HelferInnen. Die Asylsuchenden kommen aus Pakistan; es sind 7 Männer zwischen 20 und 40 Jahren. Es handelt sich um 6 Muslime. Seit Januar 16 gehört ein Katholik zur Wohngemeinschaft. Was haben wir bis heute erreicht? Wir sind mit unserer ehrenamtlichen Arbeit eingebettet in die Freiwilligenorganisation: „Lehrte hilft“ und erhalten von dort Informationen, Hinweise über Angebote und ideelle Unterstützung. Es besteht auch eine persönliche Verbindung zu den Mitarbeitern der Stadtverwaltung. Wir haben erfolgreich einen Spendenaufruf gestartet. Die Spenden sichern finanziell unseren Grundbedarf ab: Wir konnten alle Bewohner mit Winterkleidung, Winterschuhen und mit Anziehsachen ausstatten und mit ihnen einkaufen gehen. Auch konnten die Anwaltskosten für Ali übernommen werden. Er wird abgeschoben und zahlt nicht zurück. Wir haben Deutschunterricht angeboten. Wegen der permanenten Unpünktlichkeit und sich einstellender Beliebigkeit wurde das Unterrichtsangebot von 3 mal wöchentlich 1,5 Std. auf 1 mal wöchentlich 3 Std. umgestellt auf den behördenfreien Dienstag. Jetzt ist der Kurs wieder gut besucht. Aber wir können keine weitere Angebotssteigerung mehr erreichen. Daher nehmen ab 25.4. Haroon, Usman und Ahmed an einem Deutschkurs in Lehrte teil. Evtl. mit Aussicht eines weiterführenden Kurses in Hannover. Am Dienstag wird jetzt Hausaufgabenhilfe angeboten. Wir haben einen Begleitungsdienst zu FachÄrzten/ Krankenhaus organisiert. Der Hausarzt und der Zahnarzt werden im Ort selbständig aufgesucht. Wir organisieren und begleiten die Bewohner im Asylverfahren. Wir vermitteln sportliche Betätigung zu den Vereinen, entwickeln Freizeitangebote, Radtouren, nehmen sie manchmal mit, wenn wir privat zum Einkaufen nach Peine, Burgdorf, Lehrte fahren. Wir versuchen auch, Arbeit zu beschaffen, da die Jobcenter für Asylsuchende nicht zuständig sind. Alle örtlichen Logistikfirmen arbeiten leider nicht mit dem Jobcenter zusammen, weil die Vorrangprüfungsverfahren für sie zu aufwendig sind und auch von größeren Betrieben nicht geleistet werden können. Abdul arbeitet seit dem 1.1.16 als Hilfskraft beim örtlichen Bäckereibetrieb in einem Vollzeitjob. Der Betrieb hatte sich auf eine Vorrangprüfung durch das Jobcenter eingelassen. Wir haben die Regularien mit dem Sozialamt, der Ausländerbehörde und dem Jobcenter übernommen. Wir bieten über die DOKU kleinere Arbeiten im Garten rund ums Haus an. Das ist aber nicht regelmäßig. Die 8 ehrenamtlichen Kräfte sind für alle Aufgaben wie Organisation, Unterricht, Begleitungsdienste zu Ärzten und Fachärzten, Anwälten, Rechtsberatungsstellen und Freizeitgestaltung zuständig. Ferner für alle zwischenmenschlichen Probleme, Fragen, ebenso für alle behördlichen Anfragen. Es werden auch Kontakte und Einladungen zu übergeordneten Stellen in der Region, bei der Stadt Lehrte, dem Roten Kreuz und in der Kirchenorganisation wahrgenommen. Wir sind über die Woche für alles gesprächsbereit, wir schauen regelmäßig in der Unterkunft vorbei. Jedes Wochenende sind insbesondere 2 Familien wechselseitig Anlaufpunkt für einen etwa 2 stündigen Besuch und wir trinken Tee und hören uns die Sorgen und Probleme an. Das Privatleben hat sich bei allen Helferinnen verändert. Erfolgreiche Hilfe, Fortschritte im Deutschunterricht, sowie Arbeitsvermittlung lösen aber gute Gefühle aus, „alles richtig zu machen“. Im Helferkreis macht sich aber auch Frustration bemerkbar. Die Lebensweise der Bewohner deckt sich nicht mit unseren Vorstellungen nach Einhaltung von Absprachen, Zuverläs- 7 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER sigkeit, Disziplin und Pünktlichkeit. Wir sollen aber immer für sie da sein und alles sofort möglich machen. Wenn‘s nicht klappt, werden sie auch ungehalten! Über die Kirchengemeinde wurde Anfang Mai eine Supervision für den Helferkreis organisiert. Dieses Angebot wird bei Bedarf wiederholt. Ausblick: Ausgelöst durch den Antrag auf Umsetzung in die Kernstadt von drei Bewohnern und nach Kontaktaufnahme mit uns plant die Stadt eine Auflösung dieser „Unterkunft für Einzelflüchtlinge“ und möchte mittelfristig in dem Gebäude eine mehrköpfige Familie unterbringen, da das Gebäude dafür besser geeignet ist. Der Flüchtlingsrat unterstützt diese Gedanken. JUNI 2016 Das wurde mit der Gruppe kommuniziert. Drei Bewohner sind damit sehr einverstanden, aber die anderen drei sind verunsichert. Wegen der Nacht-Arbeit müsste Abdul in Sievershausen bleiben. Auch möchte Ahmad-Quadeer in Sievershausen bleiben. Für 2017 plant die Stadt für Sievershausen eine Containersiedlung für bis zu 100 Personen. Die Organisation nebst Betreuung mit allem was dazu gehört soll von einem freien Träger übernommen werden. Die DOKU plant einen „offenen Kulturtreff“. Das Konzept wird im Flüchtlingsrat und im Arbeitskreis der örtlichen Vereine noch in eine endgültige Form gebracht. ite e S e v i t i Die pos Sadiq Khan ist zum Bürgermeister von London gewählt worden, trotz einer Schmutzkampagne seines Konkurrenten Zac Goldsmith, der ihn wegen seines muslimischen Glaubens in die Nähe von Terroristen rücken wollte. Während Goldsmith aus einer Milliardärsfamilie stammt, kommt Kahn aus sog. einfachen Verhältnissen (der Vater war Busfahrer, die Mutter Näherin). Er studierte Jura und arbeitet als Menschenrechtsanwalt. Sein Ziel ist, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen. 57% der WählerInnen sprachen sich für ihn aus. Hinrichtungen per Todesspritze sind in den vergangenen fünf Jahren immer problematischer geworden. Jetzt steht den USA offiziell keines der Mittel mehr zur Verfügung, die den Tod mit der Giftspritze relativ schnell und schmerzlos herbeiführen. Der Versuch, die transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und CETA hinter verschlossenen Türen abzuschließen, ist gescheitert. Einem Bündnis aus zahlreichen NGOs aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt, Entwicklungs- und Handelspolitik ist es gelungen, die öffentliche Kritik an den Geheimverhandlungen so laut werden zu lassen, dass die Abkommen jetzt nicht einfach durchgewunken werden können. Zuletzt veröffentlichte Greenpeace zahlreiche Dokumente aus dem Verhandlungsprozess. Siehe dazu www.ttip_leaks.org und www.unfairhandelbar.de Als letzter in den USA zugelassener Pharmakonzern hat Pfizer die Nutzung seiner Mittel bei Hinrichtungen unterbunden. Mehr als 20 Pharmahersteller aus Europa und den USA hatten bereits ähnliche Einschränkungen für den Verkauf ihrer Produkte durchgesetzt. Dabei spielten ethische Argumente eine wichtige Rolle. 8 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER JUNI 2016 Termine im Antikriegshaus - Bitte vormerken: Freitag, 5. August, 19.30 Uhr Ein Mann für zwei Länder - Der armenische Regisseur Georgi Vanyan Georgi Vanyan will Frieden zwischen Aserbeidschan und Armenien im Konflikt um Berg Karabach. Jetzt gilt er als ‚Volksverräter‘ und wird von der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte einstweilen aus der Schusslinie genommen. Mehr dazu unter www.hamburger-stiftung.de/rundbriefe/Mai2016 Donnerstag, 11.August, 18.30 Uhr Abend der Begegnung beim Internationalen Workcamp Vom 31. Juli bis zum 14. August findet wieder das internationale Workcamp in Sievershausen statt. Es werden wieder Gäste aus allen Ecken der Erde erwartet. Wir laden in diesem Rahmen herzlich ein zum Abend der Begegnung am Donnerstag, 11. August ab 18.30 Uhr. Hinweise auf weitere Veranstaltungen Lehrte 9. Juni, 19.30 Uhr, Städtische Galerie Information über Salafismusprävention beRATen e.V. Braunschweig Donnerstag, 16.Juni, 19.30 Uhr, VHS Alte Waage Friedenszentrum / Friedensbündnis Wege zu einer Kultur des Friedens Orhan Sat (DGB): „Die Türkei unter Erdogan - ein fragwürdiger Verbündeter“ 9
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