ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER DEZEMBER 2015 D o k u m e n tat i o n s s tät t e z u K r i e g s g e s c h e h e n u n d ü b e r F r i e d e n s a r b e i t S i e v e r s h a u s e n e .V. ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER DEZEMBER 2015 Antikriegshaus Sievershausen Kirchweg 4A 31275 Lehrte Tel.: 05175-5738 mail: [email protected] Erika Binder ist gestorben Am 29. November starb unerwartet unser langjähriges Mitglied Erika Binder mit 95 Jahren im Krankenhaus Lehrte. Sie war eine außerordentliche Persönlichkeit in der Friedensbewegung und viele Jahre in verschiedenen Gruppen aktiv. Sie hat die schrecklichen Folgen des 2. Weltkrieges in der Familie und in dem Verlust von Heimat und Hof in Pommern erlitten. Sie ist als Flüchtling in Sievershausen gelandet, wo sie es schwer hatte Fuß zu fassen. Sie fand eine Stütze im Pastor Klaus Rauterberg, der unser Antikriegshaus mit seiner Initiative aufgebaut hat. Lange Zeit half sie ihm als Küsterin. Dies war, wie alles andere, was dann folgte, ihre Antwort auf den Hitler-Faschismus, den sie erleiden musste: Nie wieder Krieg! Und so setzte sie sich tatkräftig beim Aufbau unseres Hauses ein. Und es folgten Initiativen, bei denen sie maßgeblich mitwirkte, so u.a. bei dem „Marsch der Frauen für den Frieden“ von Dortmund nach Brüssel und bei der Seniorenblockade in Mutlangen gegen die Stationierung von Pershing-Raketen. Sie war nicht wegzudenken auf Friedensdemos. Selbstverständlich war sie bei Evangelischen Kirchentagen dabei und hat bis ins hohe Alter Standdienste auf dem „Markt der Möglichkeiten“ ausgeübt. Ihre Erinnerungsarbeit war bei der AG Bergen-Belsen. Ein großer Schwerpunkt der letzten Jahre war ihr Verein „Heimstatt Tschernobyl“ in Weißrussland mit dem neugeschaffenen Dorf Drushnaja für die Vertriebenen der Reaktorkatastrophe von 1986. Besuche der Freunde von dort bei uns haben das Projekt weithin bekannt gemacht. Immer wieder organisierte sie Konzerte in der Martinskirche, deren Erlöse in den Aufbau von Drushnaja gingen. Sie hat zusammen mit ihren Kindern und Enkelkindern noch in ihrer Wohnung in Sievershausen ihre Erinnerungen so zu Papier bringen können, dass da- raus ein Buch entstand: „Stationen meines Lebens“. Schülern hat sie daraus vorgelesen und mit ihnen über das Vergangene und Erlittene gesprochen; denn es ging ihr immer darum, den jungen Menschen die Wahrheit über die deutsche Vergangenheit nahe zu bringen. Sie hatte ein kämpferisches und erfülltes Leben 95 Jahre lang. Wir haben eine großartige und mutige Freundin verloren, die einen langen Weg auch mit uns gegangen ist. Klaus-Peter Großmann Eine angemessene Würdigung Erika Binders werden wir in unserem nächsten Newsletter vornehmen. 1 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER DEZEMBER 2015 us gsha e i r k i t n im A t s h c ä n Dem Sonntag, 6. Dezember, um 17 Uhr Kobane - Ein Leben in Trümmern Eröffnung der Ausstellung mit Fotografien von Robin Hinsch Wer den Flüchtlingsstrom nach Europa verstehen will, muss den Ort seiner Wurzeln aufsuchen. Der Fotojournalist Robin Hinsch hat die syrischen Grenzstadt Kobane , zur Zeit des Angriffs durch den IS im Frühjahr für ein paar Tage im Fokus der Medien, nach der Rückeroberung durch kurdische Kräfte mit seiner Kamera eingefangen. Von den etwa 400.000 EinwohnerInnen sind dreihunderttausend vor den Terrormilizen geflohen, nur ein Viertel der Einwohnerschaft blieb zurück. Die Fotos schildern die Zerstörung der Stadt und das Leben derjenigen, die dort geblieben sind. Zur Eröffnung der Ausstellung im Antikriegshaus Sievershausen lädt amnesty international Hannover zu einem Gespräch mit Robin Hinsch und Amill Gorgis, SyrienExperte und ökumenischer Beauftragter der Syrisch-Orthodoxen Kirche in Berlin, ein. Robin Hinsch, geboren 1987, wurde, obwohl noch Studierender, bereits mit zahlreichen internationalen Fotografiepreisen ausgezeichnet und vollendet zur Zeit sein Masterstudium an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Seine Ausstellung „Ein Leben in Trümmern“ wird bis Ende Januar im Antikriegshaus zu sehen sein. In dieser Ausgabe: Editorial Ein Rückblick Impressum: Newsletter Dezember 2015 Antikriegshaus Sievershausen Kirchweg 4A 31275 Lehrte-Sievershausen [email protected] Tel: 05175-5738 Öffnungszeiten: di, fr 10-17 Uhr, sa 15-17 Uhr www.antikriegshaus.de Konto bei der Evangelischen Bank eG IBAN DE13520604100000006076 BIC GENODEF1EK1 Inhaber: Kirchenkreisamt Burgdorfer Land Aus der Stiftung Frieden ist ein Menschenrecht Positive Geschichten Ein Zwischenruf von Lutz Krügener Für den Frieden arbeiten - das Beispiel Forum Ziviler Friedensdienst Bericht vom Internationalen Workcamp 2015 2 Veranstaltungshinweise ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER DEZEMBER 2015 Liebe Freundinnen und Freunde des Antikriegshauses In unserem ersten Newsletter dieses Jahr schrieben wir von den Flüchtlingen in einer unfriedlichen Welt und davon, dass diejenigen, die unter den Bedingungen von Krieg und Gewalt aufwachsen, nicht lernen Frieden zu leben. Leider hat das Jahr mit seinen vielen Anschlägen keine Hoffnung auf Frieden gemacht, obwohl es auch positive Ansätze gab: das Abkommen mit dem Iran, das Ende der Eiszeit zwischen USA und Kuba, die Verabschiedung der UN-Nachhaltigkeitsziele, die beginnenden Verhandlungen zur Situation in Syrien. Ganz viel Hoffnung machen die vielen Menschen in Deutschland, die den Flüchtlingen ein herzliches Willkommen bereiten und trotz aller Unkenrufe der Politik in ihren Bemühungen nicht nachlassen. Der Dezember ist oft der Monat des Zurückschauens, und so halten auch wir es in diesem Newsletter. Wir schauen noch einmal auf das ablaufende Jahr, auf das, was hier im Antikriegshaus gelaufen ist, und wir tun dies mit einer positiven Ausrichtung. Wir brauchen für unsere Hoffnung, für unsere tägliche Arbeit positive Bilder und Geschichten, gerade weil die Themen, mit denen wir uns beschäftigen, oft einen dunklen niederdrückenden Beiklang haben. Wir brauchen die Ermutigung positiver Beispiele, um selbst Veränderungen zu bewirken. Deshalb finden Sie in diesem Newsletter Geschichten von gelungenen Alternativen des nachhaltigen Wirtschaftens, die unsere dies- jährige Reihe „Wie wollen wir leben?“ ergänzen sollen. Und wir geben in einem längeren Redeausschnitt von der Feier der Sievershäuser Ermutigung 2014 einen Einblick in die konkrete, mühevolle Friedensarbeit von Friedensfachkräften in Konfliktgebieten, die, wenn sie denn ähnlich gefördert würde wie militärische Einsätze, wohl viel mehr Frieden bewirken könnte als jene. Wir sagen Dank an all diejenigen, die unsere Arbeit wichtig finden und unterstützen. Wir versuchen mit der Stiftung Frieden ist ein Menschenrecht diese Arbeit auf wirtschaftlich gesunde Füße zu stellen, viele haben dabei dieses Jahr mit ihrem Beitrag geholfen. Das großartige ARTonal-Konzert am Volkstrauertag in der Sievershäuser Kirche zeigte, in welchem Spannungsfeld sich Friedensarbeit bewegt: so hell und klar wie die Stimmen der Sänger und Sängerinnen und so düster wie die gesungenen Texte, dass es manchmal schwer auszuhalten war. Wir werden uns weiterhin in diesem Spannungsfeld bewegen und hoffentlich ein klein wenig zum Frieden in der Welt beitragen können. Wir wünschen Ihnen ein gesegnetes Fest des Friedens. Das Team vom Antikriegshaus „Wie wollen wir leben?“ - ein Rückblick haben, dass sie sich schon intensiv Gedanken machen über Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit, ohne die es Frieden nicht geben wird. Je ungerechter die weltweiten Strukturen, desto mehr Konflikte wird es geben – und wir können diese Konflikte nicht durch neue Zäune aussperren. Die Vereinten Nationen haben dieses Jahr die neuen Nachhaltigkeitsziele verabschiedet, die den Kampf gegen Hunger und Armut beinhalten, aber auch die Erreichung von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit. In der „Agenda for Sustainable Development“ heißt es: „Wir beschließen, eine bessere Zukunft für „Wie wollen wir leben?“ hat das Antikriegshaus in diesem Jahr gefragt und das Thema Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit in einer ganzen Veranstaltungsreihe behandelt. Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung gehören für uns untrennbar zusammen, und deshalb müssen wir uns immer wieder Gedanken darüber machen, ob unsere Gesellschaften, unser Leben diesen Zielen dienen oder eher widersprechen. Dabei geht es nicht um unser Leben im reichen Deutschland allein, es muss vielmehr die globale Situation in den Blick geraten. Es hat uns gefreut, dass viele Menschen in unseren Veranstaltungen gezeigt 3 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER alle Menschen zu schaffen, einschließlich der Millionen, die bisher keine Chance auf ein annehmbares, würdevolles und auskömmliches Leben haben.“ Das ist schnell dahingesagt, aber eine schwierigere Aufgabe ist kaum vorstellbar. Geht doch die Tendenz eher dahin, dass die Reichen nicht abgeben wollen und wir alle nicht in unser Bewusstsein aufnehmen, wie verletzlich die ökologischen Strukturen sind und dass wir durch unser alltägliches Verhalten mit dazu beitragen, diese (über-) lebenswichtigen Strukturen zu zerstören. Die Klimakonferenz in Paris wird zeigen, ob die Politik zu Schritten bereit ist, die tatsächlich etwas bewirken können. Aber es kommt nicht nur auf die Politik an, sondern wir alle sind gefragt. Wir haben bei unseren Veranstaltungen gehört, wie die Art unseres Konsums einen erheblichen Einfluss auf die globalen Verhältnisse hat und dass eine Veränderung dieses Konsums durchaus Veränderungen (zum Guten wie zum Schlechten) bewirken kann. „Damit wir klug werden“, hat der diesjährige Kirchentag in Stuttgart dies als Motto zusammengefasst, und klug wäre es allemal, nicht DEZEMBER 2015 nur auf unser eigenes Wohlleben zu achten, sondern das gute Leben in aller Welt im Auge und im Sinn zu behalten. Wobei das gute Leben nur zu einem gewissen Teil in Geldscheinen zu messen ist. Wohlstand drückt sich auch und gerade in immateriellen Werten aus: Zeitwohlstand zum Beispiel, an dem es bei uns mehr und mehr fehlt. Frieden ist einer dieser Werte, die gar nicht hoch genug bemessen werden können. Leider ist auch in diesem Jahr die Welt nicht friedlicher geworden. Für Europa und Deutschland ist es ein Jahr des Erkennens, dass die Konflikte, die weit weg erscheinen, doch direkte Auswirkungen auf unser Leben hier haben. Vielleicht führt diese Erkenntnis zu der Einsicht, wie wenig militärisches Eingreifen bewirkt, wie viel mehr wir in friedenssichernde und friedensschaffende zivile Mittel investieren müssen. Die internationalen Workcamps, die im Antikriegshaus stattfinden – und von denen wir dieses Jahr sogar zwei hatten -, sind eine solche Investition in Friedensarbeit. Sie bedeuten für unser Team viel Arbeit, aber Frieden ist nicht ohne Arbeit und ohne Ressourcen zu erreichen. Gewaltfreie Konfliktbearbeitung beginnt weit im Vorfeld von möglichen Konflikten. Wenn junge Menschen aus aller Welt für zwei Wochen hier friedlich zusammenleben, voller Neugier für die oder den anderen, voller Bereitschaft, aufeinander zu zu gehen und sich positiv zueinander zu verhalten - und dabei noch theoretisches Rüstzeug erhalten, wie mit Konflikten konstruktiv umzugehen ist, so ist das friedensschaffend im besten Sinne des Wortes. Wenn junge Menschen in Syrien oder Eritrea sich dem Krieg verweigern und in die ungewisse Fremde gehen, so ist das in einem gewissen Sinn positiv zu sehen. Oskar Ansull hat im Antikriegshaus am Beispiel des Ersten Weltkriegs gezeigt, wie der Hurra-Patriotismus eine ganze Gesellschaft durchdrungen hat. Auch heute nehmen Medien und viele Politiker das Wort „Krieg“ schon wieder ganz unbedarft in ihre Veröffentlichungen auf. Lasst uns lieber für den Frieden arbeiten... Der junge Musiker aus Konstanz, der mit seinem Klavier an Brennpunkte von Auseinandersetzungen fährt und 4 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER DEZEMBER 2015 setzesverschärfungen rufen. „You can count on me“, „Du kannst auf mich zählen“ - das war die Botschaft der jungen Leute unseres Friedenscamps – darin steckt die Hoffnung, mit der wir unsere Arbeit hier tun. dort für eine freie, friedliche Welt aufspielt – z.B. das wunderbare „Imagine“ von John Lennon nach den Anschlägen von Paris – , trifft den Nerv unserer Gesellschaften vielleicht eher als all die Politiker, die nach weiteren Ge- Aus der Stiftung Frieden ist ein Menschenrecht Unsere Stiftung, die die Arbeit des Antikriegshauses finanziell unterstützen soll, ist auf einem guten Weg. Das Anfangskapital von 80.000 Euro ist durch einige große und viele kleine Zustiftungen und die Hilfe der Landeskirche schon um 75% gewachsen, wenn es so weitergeht, ist die erste große Aufgabe, einen bedeutenden Teil des Preisgeldes für die Sievershäuser Ermutigung beizusteuern, bis 2017 zu schaffen. Das Benefiz-Konzert am Volkstrauertag, das das Vokalensemble ARTonal als Unterstützung der Stiftung gegeben hat, war für uns eine wunderbare Ermutigung und ein eindrucksvolles Klangerlebnis. Wir danken allen Beteiligten ganz herzlich! Die Stiftung hat zudem Botschafterinnen und Botschafter aus dem öffentlichen Leben für sich gewinnen können, die ihre Ziele unterstützen. So schreibt Matthias Miersch, SPDAbgeordneter des hiesigen Wahlkreises: „In einer Zeit, die international durch gravierende Konflikte geprägt ist, braucht es Friedensinitiativen auf allen politischen Ebenen. Ich sehe die Arbeit der Stiftung und den damit verbundenen Friedenspreis als einen Mosaikstein hin zu einer besseren Welt.“ Wenn auch Sie sich für die Stiftung engagieren wollen, kommen Sie auf uns zu oder informieren Sie sich unter www.frieden-ist-einmenschenrecht.wir-e.de. Positive Geschichten Tagtäglich umgeben uns schlechte Nachrichten. Die Medien leben davon, der medieninterne Spruch „Bad news are good news“ zeugt davon. Wenn wir Dinge verändern wollen, brauchen wir aber positive Beispiele, Vorbilder, an denen wir uns orientieren können und die uns ermutigen, selbst Veränderungen in die Wege zu leiten. Ergänzend zu unserer Veranstaltungsreihe „Wie wollen wir leben?“ soll hier von solchen positiven Beispielen die Rede sein. Wir haben in unserer Veranstaltungsreihe über die vielen negativen Auswirkungen einer Textilindustrie berichtet, der es nur auf den Profit ankommt, die deshalb die Produktion in Billiglohnländer auslagert, zu sehr schlechten Arbeitsbedingungen produzieren lässt und der Menschenrechte und Umwelt nebensächlich sind. Es gibt in Deutschland neben etlichen anderen ein Gegenbeispiel, das fasziniert: „Wir können die Welt nicht verändern, aber jeden Tag ein bisschen besser machen.“ Die manomama GmbH, eine Textilfabrik in Augsburg, gegründet von einer jungen Frau, die zuvor mit ihrem Mann eine Werbeagentur leitete. Sie baute entgegen aller Warnungen, dass so etwas in Deutschland nicht funktionieren kann, 2010 eine Textil-Manufaktur auf, die sie nach und nach erweiterte. Im Mittelpunkt stehen für Sina Trinkwalder dabei der Mensch und die Umwelt. 150 Menschen arbeiten inzwischen bei manomama. Sie stellt vor allem Menschen mit „multiplen Vermittlungshemmnissen“ ein, die in den Jobcentern kaum Chancen haben, bei manomama aber in unbefristeten, familienfreundlichen Arbeitsverhältnissen bei mindestens 10 Euro Stundenlohn arbeiten. Mit strengen ökologischen Vorgaben und einer in der Region verankerten Produktion achtet sie aber auch auf eine „sanfte Produktionsweise“. Auf ihrer Webseite (manomama.de) steht: „Eine herkömmliche Jeans umkreist zweimal den Globus, bis sie in allen Bestandteilen fertig ist und beim Kunden landet. „Ein Wahnsinn!“, dachten wir – und änderten es. Bei uns kommen alle Rohstoffe, sofern verfügbar, aus der Region. Darunter zählen Hanf, Leder, Schurwolle und Viskose. Einzig die Biobaumwolle wächst nicht in unseren Breitengraden. Deshalb beziehen wir sie vom nächstgelegenen Punkt: der Türkei und Tansania. Auch die 5 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER Weiterverarbeitungsschritte wie Spinnen, Weben, Stricken und Ausrüsten sowie alle Zutaten (Reißverschlüsse, Knöpfe, Nähfäden etc.) werden im Umkreis von 300 Kilometer von Augsburg realisiert. Klappt das mal nicht, machen wir gerne einen Ausflug nach NRW oder Brandenburg – dann immer aber ‚Hergestellt in Deutschland‘.“ DEZEMBER 2015 heide-Chorin mit 2.500 Hektar Teil des größten zusammenhängenden Bio-Ackergürtels Europas. Inzwischen hat die BioBodenGenossenschaft insgesamt bereits 3.700 Hektar Land erworben. Das Gute: jedermensch kann Mitglied werden und ihren oder seinen kleinen Beitrag dazu leisten, dass Bio-Landwirte Flächen oder Höfe übernehmen können. Näheres unter www.bioboden.de. Sie hat Erfolg, auch weil die Jeans von manomama nicht teurer sind als andere Markenware. Sie treibt keinen Aufwand für Werbung, setzt dagegen auf Transparenz und faire Strukturen. Über das Projekt manomama hat Sina Trinkwalder ein Buch geschrieben: „Wunder muss man selber machen“. Dem ist nichts hinzuzufügen. Auch die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) ist ein Konzept einer gemeinschaftlich getragenen Landwirtschaft – eine Landwirtschaft, die eine Gemeinschaft von Menschen ernährt. Hierbei schließt sich ein landwirtschaftlicher Betrieb oder eine Gärtnerei mit einer Gruppe privater Haushalte zusammen. Der Landwirt oder die Gärtnerin legen ihre geschätzten Jahreskosten offen, die Haushalte verpflichten sich, diese gemeinsam im Voraus an den Hof zu zahlen und bekommen im Gegenzug die produzierten Lebensmittel. Damit wird dem (Garten-)Bauer die Abnahme der Erzeugnisse garantiert, die Ernte wird faktisch vorfinanziert. Alle gemeinsam teilen sich Risiko und Verantwortung. Die KonsumentInnen erfahren mehr über Landwirtschaft und Gartenbau und vor allem über die Lebensmittel, die sie konsumieren und können oft sogar mitbestimmen, was angebaut wird, der Landwirt / die Gärtnerin machen sich marktunabhängiger und gewinnen so mehr Sicherheit. Die Lebensmittel müssen nicht auf große Reise gehen, sondern gelangen direkt und frisch zum Verbraucher. Inzwischen sind schon zahlreiche Solawis entstanden und tragen mit ihren Gemeinschaften zu einer vielfältigen, kleinbäuerlichen Landwirtschaft bei, stärken regionale Strukturen und legen vielleicht den Grundstein für eine andere Landwirtschaft. In unserer Veranstaltung „Wir haben es satt“ über Landwirtschaft und Ernährung kam auch der Landraub zur Sprache, der weltweit den Bauern das nötige Land und die Lebensgrundlage entzieht, weil Ackerland inzwischen zum Spekulationsobjekt und zur Geldanlage geworden ist. Auch in Deutschland gibt es diesen Prozess: So sind z.B. durch die florierenden Biogasanlagen die Pacht- und Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen so sehr in die Höhe gegangen, dass viele altJanna Rassmann (VEN) leitete eingesessene Bauern sie die Veranstaltung „Wir haben sich nicht mehr leisten es satt“ können. In Ostdeutschland verkauft die BVVG, Nachfolgerin der Treuhand, solche Flächen dem Meistbietenden, das ist nur selten derjenige Landwirt, der sie gerade bewirtschaftet. In der Uckermark taten sich daraufhin Biobauern zusammen und gründeten mit der GLS Bank die BioBodenGenossenschaft, die über einen Fonds der BVVG Land abkauft und für die biologische Landwirtschaft sichert. Heute sind diese Flächen im Biosphärenreservat Schorf- Die Geschichten von „manomama“ und Solidarischer Landwirtschaft sind neben vielen anderen im „FUTURZWEI-Zukunftsalmanach 2015/16“ erzählt, der gelebte Alternativen zur ‚Leidkultur‘ des Wachstums und der Verschwendung gesammelt hat. Ein lesenswertes und Hoffnung gebendes Buch. 6 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER DEZEMBER 2015 Lutz Krügener Ein Zwischenruf Der Text des Propheten Jeremia , im 8. Kapitel, Verse 4 – 7( Text im ganzen lesen) ist als Lesungstext für den Volkstrauertag vorgesehen und er spricht bis heute, in diese kriegerische Zeit die passende Mahnung: „Warum will dies Volk irregehen für und für?“ „Sie laufen ihren Lauf wie ein Hengst, der in die Schlacht stürmt.“ „Mein Volk will das Recht des Herrn nicht wissen.“ Eine bittere Erkenntnis Gottes über uns Menschen: Wir handeln gegen seinen Willen und gegen den sogenannten „gesunden Menschenverstand“, ja, letztlich gegen die eigenen Interessen von Menschen. Denn es liegt doch auf der Hand: - Jede und jeder der fällt, will aufstehen. - Wer sich verirrt sucht den richtigen Weg. Doch nicht so die Menschen, an die Gott damals dachte und auch wir nicht, über 2500 Jahre später: „Sie laufen alle ihren Lauf wie ein Hengst, der in die Schlacht stürmt.“ Für jedes Pferd ist dies widernatürlich. Nur mit gebrochenem Willen, getreten von den Menschen und mit Scheuklappen, stürmt der Hengst in die Schlacht, denn eigentlich ist das Pferd ein Fluchttier. Für uns sollte es auch widernatürlich sein, in die Schlacht zu ziehen. Schon aus Überlebensinstinkt sollten wir uns den Friedenswillen als Menschheit nicht brechen lassen, sondern sollten uns die Scheuklappen von den Augen reißen und von den Kriegstreibern auf allen Seiten nicht mehr treten lassen. Oft genug, zu oft, haben Menschen die Leiden des Krieges erfahren und stürmen immer wieder hinein. Deutschland stürmte im letzten Jahrhundert allen voran. Und aktueller: 2001 – wurde der Krieg gegen den Terror ausgerufen und was hat er gebracht? Unzählige Tote, Billionen von verbrannten Dollar und menschlicher Intelligenz und schließlich: Nur noch mehr Terror. 2003 – zog die „Koalition der Willigen“ in den Krieg im Irak, völkerrechtswidrig und mit der Lüge, Massenvernichtungswaffen zu zerstören und die Demokratie zu bringen. Dieser Krieg zerstörte ein Land, brachte in der Folge 100000 – fachen Tod und legte den Grund für Lutz Krügener Beauftragter Friedensarbeit Haus kirchlicher Dienste der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers den heutigen Terror des IS. 2011 – Wurde der Diktator Gaddafi „liquidiert“ und ein Land und eine ganze Region ins Chaos gestürzt und die Waffen in ganz Nordafrika verbreitet. 2011 – begann sich der Konflikt in Syrien zu einem Bürgerkrieg zu entwickeln und wurde nach den jeweiligen Interessenlagen befeuert mit Waffen und Geld – das Ergebnis sehen wir. Was haben wir gelernt? – Nichts. Brauchen wir 70 Jahre nach dem grausamsten und niederträchtigsten Krieg, den es je gegeben hat, wieder und wieder Kriege, um zu begreifen was gilt: „Nie wieder Krieg!“ „Die Waffen nieder!“ Muss wieder Krieg sein, wie ihn nun alle herbei schreien, damit wir endlich weltweit, dass zu schätzen wissen, was wir, Gott sei es von ganzem Herzen gedankt, seit 70 Jahren in Deutschland leben dürfen – Frieden?! Oder ist immer noch nicht genug, stürmt der Hengst wieder und weiter in die Schlacht? Hat Jeremia recht, dass wir Menschen nicht so klug sind wie die Turteltaube und der Kranich, die ihren Weg kennen? Nutzen wir unsere Gott geschenkte Freiheit immer wieder falsch? 7 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER DEZEMBER 2015 hineinzustecken. Ich schließe mich Bernd Ulrich an, der am 19.11. in der „Zeit“ schrieb: “ Entweder wir helfen ihnen (den Flüchtlingen) in bisher nie gekannter Weise bei der Verbesserung ihrer Lebensumstände in ihrer Heimat – oder sie kommen und bleiben…. Darin liegt der politische Kern der Willkommenskultur: Was wir hier mit den Arabern machen, wird das Bild, das sie in der Region von uns haben, prägen…. Wegen dieser historischen Aussichten wäre es äußerst kurzsichtig, nun zu versuchen, das leidlich freundliche Willkommen wieder in eine Abschreckungskultur zu verwandeln. Sollte diese Chance zur Versöhnung verspielt werden, entsteht so viel neue Wut, dass wir sie militärisch und geheimdienstlich nicht wieder einfangen können….Vielleicht einen Marshallplan für die Region und die Öffnung des europäischen Marktes.“ - Wir müssen dazu kommen, die friedensethischen Grundsätze unserer Kirche wirklich anzuwenden und umzusetzen:“ Vorrang für Zivil“; „Vorrang für Gewaltfreiheit“. - Die „Friedenslogik“ muss leitend werden und nicht die „Sicherheitslogik“. Nur mit der Friedenslogik kann es gelingen präventiv zu handeln und den Frieden „vom Ende her“ zu denken und nicht nach kurzfristig sicherheitspolitischen Maßnahmen. (Konzept von Hanne – Margret Birckenbach, in Wissenschaft und FriedenDossier 75, 2/2014) - Nur wenn dies alles die Grundlage unseres Handels ist, können wir eingestehen, dass in besonderen Situationen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr und zum direkten Schutz von Menschen auch Gewaltmittel, auf der strengen Grundlage des Völkerrechts eingesetzt werden dürfen. Hierbei denke ich nur an Formen der polizeilichen Gewalt, wie es in dem Konzept des „just policing“ entwickelt wurde. (z.B. bei Fernando Enz, in : Junge Kirche 4/2015) Es gibt immer Alternativen zum Krieg! Wir wissen, was wir den Völkern Afrikas und im mittleren Osten angetan haben mit unserem Kolonialismus und den Grenzziehungen nach unseren Interessen. Wir wissen darum, was wir der Welt antun mit unserem Ressourcenverbrauch, unseren Atomwaffen, der Waffenproduktion, den ungerechten Strukturen, …aber wir ändern - viel zu wenig. Wir wissen, dass Kriege um Öl, Land, Reichtum und Macht betrieben werden und ändern – nichts. Wir wissen, dass Jesus Gebot der Nächsten- und Feindesliebe die entscheidende Orientierung ist und leben sie doch nicht, sondern es bleibt: „ …mein Volk will das Recht des Herrn nicht wissen.“ Was wäre zu tun? Als erstes unsere Schuld bekennen. Unser Versagen eingestehen, dass niemand eine einfache Antwort hat. Eingestehen, dass militärische Einsätze langfristig keine Lösungen bringen. Eingestehen, dass wir wieder versagt haben, wenn wir uns in die Lage bringen, dass sich der Einsatz von Gewalt nicht vermeiden lässt. Und dann endlich das tun und mit aller Energie umsetzen, was schon lange bekannt ist: - Auf allen Ebenen für gerechte Strukturen in der Welt sorgen, in der demokratischen Beteiligung, der Wirtschaft, der Verteilung der Güter,… - Die Profit- und die Machtgier ächten und nicht belohnen. - Das Klima und die Umwelt endlich konsequent schützen. Dies im kleinen der einzelnen Gesellschaften beginnen und bis in die Weltgemeinschaft tragen. - Waffenexporte einstellen, Atomwaffenarsenale abschaffen und nicht modernisieren, die eingesparten Gelder einsetzen für zivile Konfliktbearbeitung. - Und ganz aktuell: Verstehen lernen und fördern, dass eine Willkommenskultur für Flüchtlinge ein vielversprechender und umsetzbarer Ansatz ist, um dem Terrorismus die Grundlagen zu entziehen. Hier könnten Wege der Aussöhnung mit Muslimen beginnen. Hier lohnt es alle diplomatische und finanzielle Energie 8 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER DEZEMBER 2015 Für den Frieden arbeiten – das Beispiel Forum Ziviler Friedensdienst Vor einem Jahr haben wir die Sievershäuser Ermutigung an das Forum Ziviler Friedensdienst (forumZFD) vergeben und in der Feierstunde von der Friedensarbeit dieser Organisation gehört. Wir wollen ein paar Gedanken des Geschäftsführers Oliver Knabe hier zitieren, um das Spektrum aufzuzeigen, das zivile Konfliktbearbeitung umfasst. Die gesamte Dokumentation der Feierstunde wird in Kürze fertiggestellt sein und kann beim Antikriegshaus angefragt werden. Mindanao. Eine große Insel auf den Philippinen; ein Bürgerkrieg, den viele nicht mitgekriegt haben, der aber doch über 100.000 Tote gefordert hat. Es gibt einen Friedensvertrag. Alles in Ordnung? Beileibe nicht! Es braucht, um dauerhaften Frieden herzustellen, nicht nur die Entscheider, die etwas unterschreiben, sondern es braucht auch die Mehrheit, die diesen Vertrag trägt, sonst ist er schnell wieder am Ende. Was ist passiert in den letzten Tagen? Zum Beispiel das Caraga Peace Gender Meeting: 13 NGO’s auf Mindanao, die wir eingeladen haben und die gemeinsam darüber nachdenken, welche Punkte aus dem Friedensabkommen sie betreffen und bei denen sie mitreden müssen, damit es eine dauerhafte Unterstützung für den Friedensprozess gibt und es nicht eine erneute Wiederbewaffnung, einen erneuten Ausbruch der Konflikte gibt. Dann das Mindanao-Filmfestival, bei dem wir uns mit Konflikt-sensiblem Journalismus befasst haben. Ich glaube, was wir im UkraineKonflikt gesehen haben hier in Deutschland, war oft nicht sonderlich Konflikt-sensibel, sondern eher ein Konflikt-anheizender Journalismus. Dann habe ich in Jerusalem die Combatants for Peace getroffen: Das ist eine Gruppe von israelischen und palästinensischen Ex-Soldaten, Kämpferinnen und Kämpfern, die sich zusammen getan haben, um miteinander zu reden. Aber nicht nur das, sondern auch, um politisch aktiv zu werden und sich mit einem Kernproblem des Nahostkonflikts – nämlich der Besatzung – zu beschäftigen, zu protestieren da, wo Siedlungen ausgeweitet werden, und öffentlich gemeinsam als ehemalige Kämpfer Stellung zu beziehen – politisch. Wir unterstützen diese Combatants for Peace, wir beraten sie. Wir hatten kürzlich ein Seminar mit ihnen und einigen anderen. Die Rückmeldung, die sie uns dann gaben, war: „Ihr habt uns ein Stück weit gerettet, in unserer Erschöpfung, in diesem Friedensprozess nicht aufzugeben.“ Sie sind es, die die Arbeit tun, aber einen Partner von außen zu haben, der zuhört, der Anstöße gibt, Ideen zum Weiterdenken – „Warum sind wir eigentlich immer noch in der Minderheit? Warum werden wir Oliver Knabe: „Was wir tun, ist schon erzählt worden: wir bilden aus. Ich will es nur noch einmal kurz erwähnen: wir bilden Friedensfachkräfte aus, fünfhundert an der Zahl, nicht besonders viele, ich weiß, für uns aber ein großer Erfolg. Diese arbeiten in Friedensprojekten: Das ist eine Verknüpfung, die einen großen Mehrwert bietet. Ich hatte die Gelegenheit, gerade eine Woche in Jerusalem bei unseren Fachkräften zu sein, die in den palästinensischen, besetzten Gebieten und in Israel arbeiten. Da war Susanne Luithlen, die gerade eben zitiert wurde, mit zu Gast. Sie hat viel von dem, was an Wissen und Erfahrung, was die Leute in den Projekten entwickelt haben, mitgenommen in die Ausbildung, und gleichzeitig konnte sie Modelle aus der Friedensforschung in die Debatte um die konkrete Projektarbeit einfließen lassen: Das ist ein Mehrwert, wo ich sage: Das ist ein Glücksfall, dass wir das in unserem Verein so verbinden können. Dann haben wir die Friedensprojekte. Und damit Sie wissen, was Sie da unterstützen, habe ich ein paar Beispiele aufgeschrieben, von denen ich Ihnen erzählen möchte – einfach Sachen, die in den letzten Tagen passiert sind: 9 ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER nicht mehr? Was müssen wir tun, um gesellschaftliche Mehrheiten in der zersplitterten israelischen Gesellschaft zu schaffen?“ – dabei können wir helfen. Wir sind wenige, aber wir können als Katalysatoren dazu beitragen, dass Ansätze, die vor Ort da sind, lokale Friedenskapazitäten, gestärkt werden. Noch zwei Beispiele: Libanon: da sind die Flüchtlingsprobleme im Moment – hier (in Deutschland) auch, aber da noch ein gehöriges Stück mehr: jeder Vierte ein Flüchtling. Wir sind dort in den Kommunen unterwegs und unterstützen diese dabei, mit den Konflikten, die sich aus dieser Kriegslage in Syrien und Irak ergeben, umzugehen. Tilman Evers war kürzlich auf einer Veranstaltung und wurde gefragt: „Würden Sie denn Ihre Friedensfachkräfte nach Kobane schicken?“ – Nein, natürlich nicht! Aber was würden wir tun? Wer tatsächlich interessiert ist, Verantwortung in der Region wahrzunehmen, der wird dafür sorgen, dass man im Libanon jetzt die politisch Verantwortlichen, die Kommunen, die NGO‘s unterstützt, um den drohenden Konflikt, die drohende Gewalt dort zu stoppen und einzugreifen. DEZEMBER 2015 Also es gibt Chancen, die wir heute nutzen können, um dort zu helfen. Und ich wünschte mir, dass ein Stück von der Aufregung und von dem Engagement, das zu hören war, als wir über Kobane geredet haben vor einigen Wochen, heute zu hören wäre. Für den Libanon zum Beispiel, für den Süd-Sudan. Was höre ich? Dass die UN nicht mehr genug Mittel hat für die Lebensmittelhilfe. Wir haben auch kommunale Konfliktbearbeitung in Deutschland, weil sich die Konflikte nicht so sehr unterscheiden und vieles auf die gleichen menschlichen Verhaltensweisen zurückzuführen ist. Auch hier wollen wir niemanden ersetzen, aber wir können dadurch, dass wir in eine Gemeinde kommen, Leute befragen, vielen eine Stimme geben, die in einem Konflikt in Kommunen bislang nicht gehört worden sind, und die Verantwortlichen in der Verwaltung, in der Politik gemeinsam in einen Lernprozess versetzen, um sozusagen die kommunalen Selbstheilungskräfte in schwierigen Situationen, zum Beispiel da, wo sehr viele Flüchtlinge kommen, zu aktivieren und zu nutzen.“ Internationales Workcamp im Antikriegshaus Sievershausen 2015 Auch in diesem Sommer kamen 20 junge Erwachsene aus aller Welt nach Sievershausen, um sich in Theorie und Praxis mit dem breiten Themenbereich „Gerechtigkeit – Frieden – Bewahrung der Schöpfung“ auseinanderzusetzen: Vom 02. bis 16. August lebten, lernten und arbeiteten die jungen Menschen aus Chi- 10 na, Mexiko, Indien, Japan, Serbien, Frankreich, Georgien, Russland, Südkorea, Italien, Spanien, der Türkei sowie die Teamerin und der Teamer aus Deutschland gemeinsam – auch um das Erlernte zukünftig nach Möglichkeit im eigenen Umfeld anwenden zu können. In der Antikriegswerkstatt, dem Seminar- und ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER Übernachtungshaus des Vereins, fühlten sich alle Workcamp-Teilnehmenden wohl. Zudem konnte – bei sommerlichem Wetter – das Außengelände bestens genutzt werden. Im Studienteil des Workcamps erhielten die Teilnehmenden als Einführung in die Friedensarbeit ein zertifiziertes Basistraining in Gewaltfreier Konfliktbearbeitung. Hierzu gehörte unter anderem die Auseinandersetzung mit Begriffen wie Stereotypen, Vorurteile und Rassismus, deren Entstehung und mögliche Folgen. Nicht zuletzt die eigene Erfahrung durch das Zusammenleben in dieser Zeit machte allen Beteiligten deutlich, dass ein friedliches Zusammenleben – auch über alle scheinbaren kulturellen Unterschiede hinweg – möglich ist. Außerdem setzten sich die Workcamp-Teilnehmenden mit der jüngeren deutschen und europäischen Geschichte auseinander sowie übergreifend mit der Bedeutung von Menschenrechten und Menschenwürde. In diesen thematischen Komplex gehörte auch ein Besuch der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen sowie der Sowjetischen Kriegsgräberstätte Bergen-Hörsten. Anlässlich der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und 8. August 1945 wurde am Morgen des 6. August eine Andacht gehalten, die von einem Mitarbeiter des Antikriegshauses durchgeführt wurde. Am darauf folgenden Abend brachten sich WorkcampTeilnehmende in der Nagelkreuzandacht, die ebenfalls unter diesem Thema stand, aktiv ein. Seit September letzten Jahres sind Antikriegshaus und Sievershäuser Kirchengemeinde gemeinsam Mitglied in der internationalen Nagelkreuzgemeinschaft von Coventry. 11 DEZEMBER 2015 Im praktischen Teil des Workcamps waren – wie immer – künstlerische sowie handwerkliche Fähigkeiten gefragt. Unter dem selbst gewählten Thema Krieg Frieden haben die Teilnehmenden ein dreiteiliges »Wandgemälde« gestaltet: „IT’S IN OUR HANDS“ – dieses Triptychon hängt nun ein Jahr lang öffentlich an einer Hauswand in der Nähe des Sievershäuser Friedenszentrums – und somit sichtbar auch für Außenstehende. Alternativ bot sich der weitere Ausbau des Aktionsparcours des Vereins als Betätigungsfeld an: Für einen „Zick-Zack-Parcours“, der als ein Element des Niedrigseilgartens (ein Ergebnis des Workcamps 2013) angelegt worden ist, mussten Baumstümpfe mit Hammer und Beitel bearbeitet werden. Außerdem standen Malerarbeiten im neuen Anbau und im Veranstaltungsraum des Antikriegshauses auf dem Programm. Hier war Team-Arbeit besonders gefragt! Insbesondere die handwerklichen Aufgaben stellten für manch eine/n eine Herausforderung dar, die zumeist mit Kreativität und viel gemeinsamem Spaß gemeistert wurde. Auch die Freizeit verbrachten die jungen Menschen größtenteils in Gruppen, Fahrten nach Hannover, Hamburg, Frankfurt oder Berlin rundeten das Programm ab. – Begegnung und gegenseitiges Kennenlernen sind wichtige Bestandteile der Workcamps, und so gehören der ‚Abend der Begegnung‘ und der ‚Familienabend‘ fest zum Programm. Während die Workcamp-Teilnehmenden zum einen selber Gastgeber für Menschen aus dem Dorf und der Region im Rahmen eines bunten Abends mit internationalen Speisen, selbst gestalteten Vorführungen und interessanten Gesprächen sind, ermöglicht ihnen der ‚Familienabend‘ wiederum ein „Eintauchen“ in das hiesige Leben. Diese Abende sind sowohl für Freunde des Vereins als auch für Außenstehende immer wieder ein willkommener Anlass, das Friedenszentrum zu besuchen. Der Verein dankt der Heinrich-Dammann-Stiftung für die finanzielle Unterstützung dieses Workcamp-Projektes! ANTIKRIEGSHAUS NEWSLETTER DEZEMBER 2015 Unser nächster Termin im Antikriegshaus Sonntag, 31. Januar 2016, 16.00 Uhr Lerne, mit dem Herzen zu denken Szenische Lesung über die kurzen Leben von Sophie Scholl und Cato Bontjes van Beek Hinweise auf weitere Veranstaltungen Lehrte Donnerstag, 17 Dezember 2015, 19.00 Uhr Alte Schlosserei Amon - mein Großvater hätte mich erschossen Lesung mit Jennifer Teege Enkelin des KZ-Kommandanten Amon Göth Eintritt frei Impressum: Newsletter Dezember 2015 Antikriegshaus Sievershausen Kirchweg 4A 31275 Lehrte-Sievershausen [email protected] Tel: 05175-5738 Öffnungszeiten: di, fr 10-17 Uhr, sa 15-17 Uhr www.antikriegshaus.de Konto bei der Evangelischen Bank eG IBAN DE13520604100000006076 BIC GENODEF1EK1 Inhaber: Kirchenkreisamt Burgdorfer Land 12
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