Bericht aus Berlin für die Woche vom 25. bis 29. April

Girls´ Day der SPD-Bundestagsfraktion am 28. April 2016 (v.l. Sophie Hartung, Ulli Nissen, Thomas Oppermann)
Girls´ Day der SPD-Bundestagsfraktion am 28. April 2016: World Café mit Ulli Nissen.
Bericht aus Berlin
für die Woche vom 25. bis 29. April 2016
29. April 2016
Liebe Frankfurterinnen und Frankfurter,
an der Pressefreiheit darf nicht gerüttelt werden. Dafür setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion ein, auch im Fall des
Satirikers Jan Böhmermann. Der § 103 des Strafgesetzbuches muss abgeschafft werden. Strafverfolgung von Satire wegen „Majestätsbeleidigung“ passt nicht in unsere moderne Demokratie. Unsere SPD-Ministerinnen und SPDMinister haben sich im Kabinett gegen die Ermächtigung zur Strafverfolgung nach § 103 StGB ausgesprochen. Die
SPD-Bundestagsfraktion will nun den § 103 mit sofortiger Wirkung abschaffen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf haben wir in der Fraktionssitzung verabschiedet. Dieser muss nun mit der Union besprochen werden. Ungeachtet dessen blicken wir mit Sorge auf die zunehmende Beschränkung der Pressefreiheit und der Freiheit von Kulturschaffenden in der Türkei selbst. So sehr wir an einer guten Zusammenarbeit mit der Türkei interessiert sind, so
sehr gilt, dass es keinen Rabatt in der Frage der Menschenrechte geben darf.
Wahlkreisbüro
Zukunftsfeste Rente: Wohlüberlegtes Gesamtkonzept statt Schnellschuss
Wer ein Arbeitsleben lang Vollzeit gearbeitet hat, muss im Alter gut von seiner
Rente leben können. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stellt
dies einen Grundpfeiler eines funktionierenden Sozialstaats dar. Unser Rentensystem muss deshalb zukunftsfest an sich verändernde demografische Rahmenbedingungen angepasst werden. Dazu müssen alle drei Säulen der Alterssicherung überprüft werden. Schnellschüsse sind dabei jedoch ebenso wenig angebracht wie Panikmache. Bundesministerin Andrea Nahles wird im Herbst nach
einer umfassenden Bestandsaufnahme Vorschläge vorlegen. Auf dieser Grundlage werden wir dann diskutieren, wie ein sozialdemokratisches Konzept für ein
zukunftssicheres System aussehen wird.
Was nicht warten kann, ist die Umsetzung der rentenpolitischen Vorhaben, die
wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben: eine solidarische Mindestrente für
Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, sowie die Stärkung der Betriebsrente und die für Sommer verabredete Prüfung einer weiteren Angleichung der
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Ulli Nissen, MdB
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Deutscher Bundestag
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Renten in Ost und West. Wenn die Union es wirklich ernst meint mit der Sicherung der Rente, dann sind dies die
konkreten ersten Schritte, mit denen sie das nun unter Beweis stellen kann.
Besserer Schutz vor Einbruchkriminalität
Viele Menschen in Deutschland haben Sorge, Opfer von Einbruchkriminalität zu werden. Die SPDBundestagsfraktion hat gemeinsam mit der CDU/CSU-Fraktion den Beschluss gefasst, die jährlichen Mittel des KfWProgramms „Kriminalprävention durch Einbruchschutz“ von bisher 10 Mio. Euro auf künftig 50 Mio. Euro jährlich aufzustocken. Denn die Erfahrung zeigt: 40 Prozent der Wohnungseinbrüche bleiben im Versuchsstadium stecken, weil
Sicherungstechnik einen Einbruch erschwert. Die SPD-Bundestagsfraktion hat dafür gesorgt, dass das Programm
durch niedrigere Schwellenwerte bei der Mindestinvestitionssumme nun deutlich mieterfreundlicher ausgestaltet
wird. Private Prävention ersetzt aber kein staatliches Handeln. Deshalb sehen wir die von uns geforderte bessere
Ausstattung der Polizei als wichtigen weiteren Schritt zum Schutz vor Einbruchkriminalität. Die SPD hat bereits in
der Großen Koalition durchgesetzt, dass es 3.000 zusätzliche Stellen bei der Bundespolizei geben wird. Darüber
hinaus fordern wir, die Personaldecke der Polizei bis 2019 massiv zu verstärken, um insgesamt 12.000 neue Stellen, davon 6.000 bei der Landespolizei und 6.000 bei der Bundespolizei.
IM DEUTSCHEN BUNDESTAG
30 Jahre Tschernobyl - Risiken der Atomkraft
Am 26. April vor 30 Jahren explodierte in Tschernobyl der Atommeiler. Die nukleare Katastrophe hatte weltweite
Auswirkungen - auch hier in Deutschland. Im Deutschen Bundestag haben wir anlässlich des Jahrestages der Katastrophe einen Antrag beraten: „Tschernobyl und Fukushima mahnen – Verantwortungsbewusster Umgang mit
den Risiken der Atomkraft und weitere Unterstützung der durch die Reaktorkatastrophen betroffenen Menschen“. In Deutschland ist uns gelungen, den Atomausstieg bis 2022 zu vereinbaren. Das ist die richtige
Konsequenz aus den Reaktorkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima. Die Ausmaße der Katastrophen haben
gezeigt, dass wir zu einem weltweiten Atomausstieg kommen müssen. Es ist daher richtig, dass sich die Bundesregierung jetzt für die Stilllegung der grenznahen belgischen Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3 einsetzt.
Nein zu Fracking wie in den USA
Trinkwasser und Gesundheit haben für uns absoluten Vorrang. Das haben wir im Koalitionsvertrag u.a. im Kapitel
Fracking festgelegt. Wir wollen ein Gesetz, das die Umweltstandards für die bereits vorhandene Erdgasförderung
verschärft. Wir wollen klare Regelungen und Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, für Behörden und für
Unternehmen schaffen.
Am Donnerstag standen zwei Anträge der Oppositionsfraktionen zur Abstimmung, die forderten Fracking zu verbieten. Das ist natürlich auch sehr öffentlichkeitwirksam – vor allem kann die Opposition uns damit – zu Unrecht vorwerfen, wir würden Fracking ermöglichen. Das tun wir nicht, unsere Position ist klar:
Wir wollen kein Fracking von Schiefer- und Kohleflözgas. Das ist nicht verantwortbar. Die Risiken für Mensch und
Umwelt überwiegen die potenziellen wirtschaftlichen Chancen. Um Wissenslücken zu schließen, halten wir in diesem Bereich allenfalls Erprobungsmaßnahmen in eng begrenztem Rahmen und unter strenger wissenschaftlicher
und umweltfachlicher Aufsicht für zulässig. Diese sollen dem Zweck dienen, die Auswirkungen der Maßnahmen auf
die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, wissenschaftlich zu erforschen. Wir sind der
festen Überzeugung, dass sich nur gemeinsam mit den Bundesländern Akzeptanz für solche Erprobungsmaßnahmen gewinnen lässt. Deshalb streben wir gemäß des Koalitionsvertrags eine Beteiligung der Länder im Rahmen
möglicher Probebohrungen an. Die letzte Entscheidung über Probebohrungen soll der Deutsche Bundestag treffen,
findet die SPD-Bundestagsfraktion. Eine Expertenkommission kann das demokratisch-legitimierte Organ Deutscher
Bundestag zwar beraten, aber keinesfalls ersetzen.
Derzeit halten sich die Erdgasfirmen an ein faktisches Moratorium, in der Erwartung eines Gesetzes mit neuen gesetzlichen Regelungen. Das gibt auf Dauer keine Rechtssicherheit und gefährdet Arbeitsplätze in der seit über 50
Jahren in Deutschland praktizierten, herkömmlichen Erdgasförderung.
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Ein undifferenziertes Verbot, wie von Grünen und Linken gefordert, konnte sich auch im Bundesrat nicht durchsetzen, obwohl Grüne und auch Linke an zahlreichen Landesregierungen beteiligt sind. Auch in den Ländern, in denen
sie Verantwortung tragen wurde bislang nirgends ein generelles Förderverbot für bereits vorhandene Fördermethoden ausgesprochen.`
Ich habe die Anträge abgelehnt und meine Gründe in einer Persönlichen Erklärung dargelegt.
Die Große Koalition hat auf Grundlage von Gesetzentwürfen aus dem Bundesumweltministerium und dem Bundeswirtschaftsministerium bereits zahlreiche Verbesserungen vereinbaren können. Wir setzen nunmehr auf die Einigungsfähigkeit innerhalb der Großen Koalition und erwarten vom Koalitionspartner, das Regelungspaket zügig mit
uns zusammen umzusetzen. Denn der Ball liegt klar im Feld des Koalitionspartners, er muss sich bewegen und das
rasch.
Recht auf sexuelle Selbstbestimmung besser schützen
Am 28. April 2016 hatten wir einen Gesetzentwurf in erster Lesung im Deutschen Bundestag, der die Strafbarkeitslücken schließen will, die im Zusammenhang mit der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung offenbar geworden sind. Es gibt gegenwärtig Handlungen, die nicht vom Sexualstrafrecht erfasst werden, obwohl sie die sexuelle
Selbstbestimmung des Opfers verletzen und strafwürdig sind. Zukünftig soll sich daher strafbar machen, wer die
Widerstandsunfähigkeit des Opfers ausnutzt, wer überraschend sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder
wer den Umstand ausnutzt, dass das Opfer ein empfindliches Übel befürchtet. Der Gesetzentwurf sieht neue Straftatbestände vor, mit denen der sexuelle Missbrauch unter Ausnutzung besonderer Umstände unter Strafe gestellt
wird. Auf diese Weise sollen insbesondere Frauen – aber auch Männer – besser als bislang vor sexuellen Übergriffen geschützt werden. Zudem werden wir im parlamentarischen Verfahren prüfen, ob weitere Änderungen erforderlich sind. Es wird zum Beispiel gefordert, sexuelle Belästigung zu einem eigenen Straftatbestand zu machen.
In der vergangenen Woche hatte ich hierzu eine Veranstaltung in Frankfurt. Dort forderten die Frauenverbände, den
vorgelegten Gesetzentwurf nicht zu verabschieden. Sie streben eine größere Lösung an, sie wollen eine
„Einverständnisregelung“. Das sehen auch einige SPD-Bundestagsabgeordnete so, ich auch. Die Union allerdings
will dem nicht zustimmen.
Transplantationsregister einführen
Am 28. April 2016 hatten wir einen Gesetzentwurf in erster Lesung im Deutschen Bundestag, mit dem erstmals in
Deutschland ein Transplantationsregister eingeführt werden soll. In ihm sollen die Daten von verstorbenen Organspendern, Organempfängern und Lebendspendern zentral zusammengefasst und miteinander verknüpft werden.
Das Register soll fundierte Informationen darüber liefern, zu welchem Organempfänger ein Spendenorgan am besten passt. Die Daten der Organempfänger und der lebenden Organspender werden nur mit ihrer ausdrücklichen
Einwilligung an das Transplantationsregister übermittelt. Zudem wird das Transplantationsregister unter Aufsicht der
Bundesbeauftragten für Datenschutz stehen.
Unterbringung in der Psychiatrie
Der Deutsche Bundestag hat am 28. April den Maßregelvollzug reformiert. Die Anforderungsvoraussetzungen des
Strafrechts für eine Unterbringung in der Psychiatrie werden mit einem Gesetz konkretisiert. Die Anordnungen sollen sich danach stärker auf „gravierende Fälle“ beschränken. Zudem soll eine Unterbringung über mehr als sechs
Jahre nur noch zulässig sein, wenn andernfalls Taten mit einer „schweren seelischen oder körperlichen Schädigung“ der Opfer drohen. Die Gefahr „rein wirtschaftlicher Schäden“ soll der Vorlage nach nicht mehr ausreichen.
Vergabe von Wegenutzungsrechten zur Energieversorgung
Am 29. April 2016 hatten wir einen Gesetzentwurf in erster Lesung im Deutschen Bundestag „zur Änderung der
Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung“. Die Vorlage sieht eine Konkretisierung des Auskunftsanspruchs der Gemeinde gegenüber dem Inhaber des Wegenutzungsrechtes im Hinblick auf relevante Netzdaten, zeitlich gestaffelte Rügeobliegenheiten für beteiligte Unternehmen, eine ausgewogene Regelung zur Fortzahlung der Konzessionsabgabe sowie eine grundsätzliche Vorgabe zur
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Bestimmung des wirtschaftlich angemessenen Netzkaufpreises vor. Außerdem soll durch die Neuregelung Belangen
der örtlichen Gemeinschaft bei der Auswahl des Unternehmens stärker Rechnung getragen werden können. Das
stärkt die Interessen der Kommunen.
Buchpreisbindung erhalten
Der Deutsche Bundestag hat am 28. April ein Gesetz verabschiedet, das die Buchpreisbindung erhalten will. Die
Buchpreisbindung ist das Instrument zur Erhaltung der Vielfalt des Buchangebots und der Buchhandlungen. Mit der
Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes wird klargestellt, dass E-Books ebenfalls der Buchpreisbindung unterliegen. Die gesetzliche Preisbindung soll zudem für alle Verkäufe an Endkunden in Deutschland gelten. Damit wird
mehr Rechtssicherheit geschaffen und eine gesetzliche Regelungslücke geschlossen.
MEINE WOCHE IM DEUTSCHEN BUNDESTAG
Das Thema Umwelt stand in den letzten Tagen im Mittelpunkt. Am 22. April 2016 hat die Bundesregierung des Weltklimavertrag in New York unterzeichnet. Erstmals wird der Klimaschutz völkerrechtlich verbindlich festgeschrieben.
Der Vertrag legt fest, dass die Erderwärmung auf unter 2 Grad begrenzt werden muss. Die Bundesregierung erarbeitet bis Juni 2016 den „Klimaschutzplan 2050“. Dieser ist der „Fahrplan“, wie Deutschland seine langfristigen Klimaschutzziele erreichen kann. Das Umweltbundesamt hat dazu ein neues Positionspapier erarbeitet.
Diese Aufgabe dürfen wir nicht der Bundesregierung allein überlassen, denn wir können alle mithelfen, den CO2Ausstoß zu senken. Das Umweltbundesamt hat zahlreiche Tipps zusammengestellt, wie wir im Alltag die Stellschrauben stellen können. Mein Tipp an dieser Stelle: Immer einen Stoffbeutel mitnehmen. Das reduziert den Verbrauch von Plastiktüten und ist daher gut für unsere Umwelt. Ab 1. Juni 2016 will der Handel nun definitiv ein Entgelt
für Plastiktüten einführen.
Auch der Verkehrssektor muss seinen Beitrag zur Reduzierung von Emissionen leisten und viel aufholen. In dieser
Woche haben sich Bundesregierung und Industrie darauf verständigt, dass es eine Prämie beim Kauf von ElektroAutos geben soll. Die Automobilindustrie wird sich zur Hälfte an dieser Förderung beteiligen. Wichtig ist,
dass die Förderung im Massensegment der PKW ansetzt und nicht bei Luxusfahrzeugen, deren Käufer zusätzliche
Prämien nicht brauchen. Weiter soll in die Verbesserung der Ladeinfrastruktur investiert werden, 300 Millionen Euro
werden hierfür zur Verfügung gestellt. Elektromobilität ist ein Baustein einer Mobilität der Zukunft, die die Umwelt
deutlich weniger belastet und zur Steigerung der Lebensqualität beiträgt. Zusätzlich brauchen wir höhere Anteile von
Bahn-, Bus und Radverkehr, also einen besseren Öffentlichen Personennahverkehr und eine intelligentere, neue
Mobilität, die weniger auf Individualverkehr setzt!
Der Ausschuss Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat sich außerdem mit Vertretern des Deutschen
Städtetags getroffen. Wir haben miteinander besprochen, welche Vorschläge des Bündnisses für Wohnen demnächst konkret umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen das möglicherweise für die Städte und Kommunen hat. Wir haben auch über Vorschläge zu einer möglichen Grundsteuerreform gesprochen.
In dieser Woche hatten wir außerdem den Apfelweinanstich in der hessischen Landesvertretung und den Girls´ Day.
Zum Girls´ Day habe ich die 15-jährige Sophie Hartung aus Frankfurt nach Berlin eingeladen. Zu einem fraktionsoffenen Abend „Argumentieren und Handeln gegen Rechts“ hatte unsere Arbeitsgruppe Rechtsextremismus eingeladen. Das war ein spannender und lehrreicher Abend.
Herzliche Grüße
Ihre/Eure
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