Bericht aus Berlin für die Woche vom 22. bis 26

Der Frankfurter Betriebsrat Markus Zittlau zu Gast bei der Betriebs– und Personalrätekonferenz der SPD-Bundestagsfraktion
Expertenworkshop zum Thema „Gutes Leben beginnt im Quartier“
Bericht aus Berlin
für die Woche vom 22. bis 26. Februar 2016
26. Februar 2016
Liebe Frankfurterinnen und Frankfurter,
der schlimme Vorfall in Clausnitz, bei denen ein Mob einen Bus wehrloser Flüchtlinge bedroht hat, ist ebenso widerlich wie der offene Beifall Schaulustiger in Bautzen beim Brand einer geplanten Flüchtlingsunterkunft. Der Rechtsstaat und die Zivilgesellschaft müssen nun klare Kante zeigen. Solche abstoßenden Angriffe auf die Würde von
Menschen, die in unserem Land Zuflucht suchen, dürfen sich nicht wiederholen! Aufklärung ist auch notwendig mit
Blick auf das Verhalten einiger Polizisten in Clausnitz. Absolut inakzeptabel ist es, nun einseitig den angegriffenen
Flüchtlingen die Schuld für die Eskalation zu geben.
Unser Land braucht Zusammenhalt, nicht Hass und Ausgrenzung. Deshalb setzt die SPD mit der Aktion „Stimme
der Vernunft“ ein starkes Signal gegen Fremdenhass und geistige Brandstifter. Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich diesem Aufruf schon angeschlossen. Wir zeigen damit: Die große Mehrheit der Menschen in unserem Land sagt „Nein“ zu Hetze und Gewalt. Denn wir Wahlkreisbüro
wollen, dass Deutschland menschlich und sicher bleibt.
Ulli Nissen, MdB
Zusammenarbeit mit der Türkei für Sicherung EU-Außengrenzen unabding- Fischerfeldstr. 7-11
60311 Frankfurt
bar
Der Europäische Rat hat sich Ende letzter Woche auf ein umfassendes Paket Tel.: 069 299888-610
verständigt, um den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union zu er- Fax: 069 299888-612
möglichen. Dies zeigt, dass die EU weiterhin handlungsfähig ist. Wichtig aus
Sicht der SPD: Einzelne Länder können das weitere Zusammenwachsen der
Europäischen Union nicht blockieren. Der Europäische Rat hat zudem klargestellt, dass es bei den Sozialleistungen zu keiner dauerhaften Diskriminierung
von EU-Bürgern kommen darf. Die europäischen Mitgliedstaaten sind Großbritannien insgesamt weit entgegen gekommen. Nun ist es die Aufgabe von Premier David Cameron und anderen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kräften im Vereinten Königreich, mit vollem Einsatz für einen Verbleib
Großbritanniens in der EU zu werben.
Nach der Einigung mit Großbritannien müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten
nun mit voller Kraft an einer europäischen Lösung der Flüchtlingskrise arbeiten.
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E-Mail: [email protected]
Deutscher Bundestag
Ulli Nissen, MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel.: 030 227-77147
Fax: 030 227-76148
E-Mail: [email protected]
Internet: www.ulli-nissen.de
Wie erwartet, wurden auf dem Europäischen Rat keine neuen Beschlüsse in der Flüchtlings- und Asylpolitik gefasst.
Ein wichtiges Zwischenergebnis ist jedoch, dass die Staats- und Regierungschefs die Zusammenarbeit mit der Türkei als vordringliche Aufgabe benannt haben. Der Bundesregierung ist es gelungen, die anderen Mitgliedstaaten
davon zu überzeugen, dass ein besserer Schutz der EU-Außengrenzen in der Ägäis nur in Zusammenarbeit mit der
Türkei umsetzbar ist. Nur dann ist ein Rückgang der Flüchtlingszahlen erreichbar und nur dann sind die notwendigen Voraussetzungen gegeben, um die Aufnahme von Flüchtlingen durch humane Kontingente zu steuern. Deshalb
ist es wichtig, dass noch vor dem nächsten regulären Europäischen Rat Anfang März ein EU-Sondergipfel mit der
Türkei stattfindet. Daran wird nicht nur, wie ursprünglich geplant, eine „Koalition der Willigen“ teilnehmen, sondern
alle Mitgliedsstaaten der EU. Die Zeit bis dahin muss jetzt intensiv genutzt werden, um den Boden für konkrete Vereinbarungen mit der Türkei zu bereiten.
IM DEUTSCHEN BUNDESTAG
Asylverfahren beschleunigen, leichtere Ausweisung bei Straffälligkeit
Mehr Ordnung bei der Aufnahme von Flüchtlingen, schnellere Asylverfahren und eine raschere Rückführung von
Menschen, die kein Bleiberecht haben – das sind die Ziele des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren, das der Bundestag am 25. Februar 2016 im Deutschen Bundestag verabschiedet hat. Asylsuchende mit geringen Chancen auf Anerkennung werden künftig in besonderen Aufnahme-Einrichtungen untergebracht, in denen die
Asylverfahren in rund drei Wochen abgeschlossen sein sollen. Diese Regelung betrifft Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten, mit Wiedereinreisesperren oder solche, die keine Bereitschaft zeigen, ihre wahre Herkunft aufzudecken. Für diesen Personenkreis gilt auch eine verschärfte Residenzpflicht, d.h. sie dürfen den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde nicht verlassen. Ihre Rückführung soll unmittelbar aus der Aufnahme-Einrichtung erfolgen.
Wer sich diesem Verfahren verweigert, dem drohen künftig Sanktionen wie etwa Wegfall des Leistungsanspruchs.
Außerdem sieht das geplante Gesetz vor, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtige ab Inkrafttreten des
Gesetzes befristet für zwei Jahre auszusetzen. Für minderjährige Flüchtlinge mit subsidiären Schutzstatus haben wir
eine Härtefallregelung durchgesetzt. Der Aufschub des Familiennachzugs gilt zudem nur für die relativ kleine Gruppe der subsidiär Schutzberechtigten, nicht aber für Flüchtlinge, die als Asylbewerber oder als Flüchtling nach Genfer
Flüchtlingskonvention anerkannt werden. Für sie bleibt der Familien- und Elternnachzug ohne zweijährigen Aufschub erhalten.
Ich habe mich bei der Abstimmung zum Gesetz enthalten und dazu eine persönliche Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags abgegeben. Ausschlaggebend waren für mich die Regelungen zum Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte. Das Gesetz verschärft einen grund- und menschenrechtlich verbrieften Schutz des Familienlebens. Daher war das Gesetz für mich nicht zustimmungsfähig. Darüber hinaus gibt es weitere Kritikpunkte. So sind zum Beispiel die Bestimmungen zum Gewaltschutz für Frauen und Kinder nicht ausreichend. Auch bei der von den Grünen beantragten Einzelabstimmung über Artikel 2 Nummer 4 des Gesetzes
(Änderung des § 104 Aufenthaltsgesetzes Familiennachzug) habe ich mich enthalten.
In Rahmen eines zweiten Gesetzentwurfs soll die Ausweisung straffälliger Ausländer erleichtert werden. Diesem
Gesetzentwurf habe ich zugestimmt. Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle
Selbstbestimmung, das Eigentum oder der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte begründen zukünftig ein so
genanntes schwerwiegendes Ausweisungsinteresse, sofern ein Ausländer hierfür zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe, unabhängig von deren Höhe, verurteilt wurde. Dies gilt auch, wenn die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Bislang musste die verhängte Freiheitsstrafe mindestens ein Jahr betragen, um ein schwerwiegendes Ausweiseinteresse zu begründen. Allerdings erfolgt stets eine Einzelfallabwägung aller Interessen. Zudem sieht der Gesetzentwurf vor, dass Asylbewerbern, die Straftaten begehen, trotz Vorliegen von Fluchtgründen leichter als bislang
die rechtliche Anerkennung als Flüchtling versagt werden kann.
EU-Tabakproduktrichtlinie umsetzen
Am 25. Februar hat der Deutsche Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das die nationale Umsetzung der EUTabakproduktrichtlinie vorsieht. Ziel ist es, insbesondere Jugendliche vom Einstieg in den Konsum von Tabaker
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zeugnissen und elektronischen Zigaretten abzuhalten. Neu eingeführt werden u. a. Warnhinweise auf Zigarettenpackungen und Tabak zum Selbstdrehen, die künftig aus einer Kombination von Bild und Text bestehen, die 65 Prozent der Packungsfläche umfassen. Außerdem werden europaweit einheitliche Regelungen zu Zusatzstoffen getroffen. Verboten werden charakteristische Aromen wie etwa Menthol. Auch andere Zusatzstoffe sollen verboten werden, die die Attraktivität, die Sucht erzeugende oder toxische Wirkung erhöhen. Diese Zusatzstoffe werden auch in
elektronischen Zigaretten verboten. Darüber hinaus werden auch Werbeaktivitäten etwa in Form von Gutscheinen
oder Gratisverteilungen verboten.
Für alle Recht auf Girokonto schaffen
Mit dem am 25. Februar verabschiedeten Gesetz wird die EU-Zahlungskonten-Richtlinie umgesetzt. Künftig dürfen
Banken niemanden mehr die Eröffnung eines Girokontos verwehren. Jede Bürgerin und jeder Bürger soll ein Konto
eröffnen dürfen. Dieses Recht erhalten auch Asylsuchende und Menschen, die mit Duldung bei uns leben. Allerdings muss der Kunde geschäftsfähig sein. Bislang galt für die Einrichtung sogenannter „Jedermann-Konten“ lediglich eine Selbstverpflichtung der Banken. Bei dem „Jedermann-Konto“ oder „Basiskonto“ handelt es sich grundsätzlich um ein Konto auf Guthabenbasis. Der Kunde erhält in der Regel kein Recht, Schulden zu machen - also keinen
Überziehungsrahmen. Inhaber eines Basiskontos erhalten – im Vergleich zu sonstigen Zahlungskonten - besonderen Schutz: Banken dürfen nur angemessene Entgelte erheben und die Kündigungsmöglichkeiten des Kreditinstituts sind deutlich eingeschränkt. Die Umsetzung der EU-Richtlinie ist mit weiteren Verbesserungen für Verbrauchern verbunden. Zum Beispiel wird es einfacher, zu einem anderen Finanzinstitut zu wechseln. Außerdem müssen
Banken künftig sowohl vor Vertragsschluss als auch während der Vertragslaufzeit über alle Gebühren informieren.
Meister BAföG wird attraktiver
Seit 1996 werden mit dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG), auch bekannt als „Meister-BAföG“, Maßnahmen der beruflichen Aufstiegsfortbildung finanziell unterstützt. Am 26. Februar hat der Deutsche Bundestag ein
Gesetz verabschiedet, mit dem das Gesetz reformiert wird. Mit dem Gesetz machen wir berufliche Aufstiegsfortbildungen nun noch attraktiver, indem wir im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens eine Anhebung der Zuschüsse zum Unterhalts- und Maßnahmenbeitrag um 50 bzw. 40 Prozent durchgesetzt haben. Damit schaffen wir neue
Anreize für Weiterbildungswillige, die bisher wegen der hohen Folgekosten davor zurück schreckten. Mit der Erhöhung des Erlasses bei erfolgreichem Maßnahmenabschluss auf 40 Prozent wollen wir zudem zu mehr Durchhaltewillen in schwierigen Situationen motivieren. Ebenso erhalten fortan auch Bachelorabsolventen einen Zugang zur
AFBG-Förderung. Das Gesetz erhöht und vereinheitlicht darüber hinaus den Kinderbetreuungszuschlag und führt
die elektronische Antragsstellung ein.
Besteuerungsverfahren modernisieren
Die technischen Entwicklungen, wie das Internet und die elektronische Kommunikation haben die Erwartungen der
Steuerpflichtigen an das Besteuerungsverfahren verändert. Zum dauerhaften Erhalt eines Besteuerungsverfahrens,
das weiterhin zeitgemäß ist und effizient seine Aufgaben erfüllt, sind deshalb Maßnahmen zur technischen, organisatorischen und rechtlichen Modernisierung erforderlich. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, über den wir
in erster Lesung beraten, soll mit einem Bündel an technischen und organisatorischen Maßnahmen der Steuervollzug schneller, einfacher und effizienter gemacht werden. So soll künftig nicht nur die Steuererklärung, sondern auch
die erforderliche Belege elektronisch übermittelt werden können. Serviceverbesserungen sind zudem bei der elektronischen Abgabe von Steuererklärungen mit ELSTER oder durch einen Ausbau des Angebots der vorausgefüllten
Steuererklärung vorgesehen. Die elektronische Steuererklärung ist dabei ein freiwilliges Angebot. Dem Steuerpflichtigen bleibt auch weiterhin der Papierweg offen.
MEINE WOCHE IM DEUTSCHEN BUNDESTAG
Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks hat am Mittwoch in der der Regierungsbefragung des Bundestages
das „Nationalen Programms für nachhaltigen Konsum“ vorgestellt. Ziel ist, dass jeder und jede am nachhaltigen
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Konsum teilhaben kann – unabhängig vom Geldbeutel. Wir wollen den Verbraucher helfen, sich stärker für ökologisch und sozial verträgliche Produkte und Dienstleistungen entscheiden zu können. Das Konzept, das gemeinsam
von den drei Ministerien für Umwelt, Verbraucherschutz und Landwirtschaft erarbeitet wurde, enthält sowohl Leitideen als auch konkrete Maßnahmen für einen nachhaltigeren Konsum. In sechs Bereichen soll der nachhaltige
Konsum systematisch gestärkt und ausgebaut werden: in den Bereichen Haushalt und Wohnen, Mobilität, Ernährung, Büro und Arbeit, Bekleidung sowie Tourismus und Freizeit.
Am Mittwoch fand eine Öffentliche Anhörung des Verkehrsausschusses zum Entwurf eines Fünfzehnten Gesetzes
zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes statt, an der ich teilgenommen habe. Mit der 15. Änderung des Luftverkehrsgesetzes werden EU-Vorgaben zu unterschiedlichen Bereichen des Luftverkehrs umgesetzt. Planfeststellungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfung waren Themen. Ein weiteres zentrales Thema waren die Änderungen
bei der flugmedizinischen Versorgung von Piloten, die nach dem Germanwings-Absturz im Frühjahr 2015 eine besondere Rolle spielen muss. Durch die Einrichtung einer Datenbank beim Luftfahrtbundesamt, die ein sogenanntes
Ärztehopping verhindert sowie Zufallsstichproben zu Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenmissbrauch und die Einrichtung einer Stelle, die Pilotinnen und Piloten bei gesundheitlichen und psychischen Problemen entsprechende
Hilfen anbietet, soll die Sicherheit für die Passagiere erhöht werden.
Die Anhörung hat gezeigt, dass im Gesetz noch Klarstellungen bei der Planung von Neubau sowie bei baulichen
und betrieblichen Änderungen an Flughäfen notwendig sind. Fluglärm war kein unmittelbares Thema der Anhörung,
mich hat es aber zuversichtlich gestimmt, dass einige Sachverständigen hier dringenden Handlungsbedarf sehen
und die Koalition auch zur Umsetzung des Koalitionsvertrages anmahnten. Das Luftverkehrskonzept, das im Bundesverkehrsministerium derzeit ausgearbeitet wird, sollte diesen Bedenken Rechnung tragen.
Nach der Anhörung habe ich mich mit dem Betriebsrat Markus Zittlau aus Frankfurt getroffen, der zu Gast bei der
Betriebs- und Personalrätekonferenz der SPD-Bundestagsfraktion war.
Am Donnerstag führte meine Projektgruppe #neuelebensqualität einen Expertenworkshop zum Thema „Gutes Leben beginnt im sozialen Quartier“ durch. Mit 30 Expertinnen und Experten diskutieren wir Themen wie: Miteinander
im Quartier, Grüne Stadt, Sicherheit und Bildung und Wohnumfeld im Quartier. Was brauchen wir? Wer kann was
leisten, damit wir uns im Quartier wohlfühlen und ein gutes, gesundes, sicheres Lebensumfeld haben? Wie können
wir dies vor allem auch sozial gestalten? Die Ergebnisse werden nun in ein Dialogpapier einfließen.
Donnerstagabend stellte der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) ein Gutachten zum geplanten TTIPAbkommen vor. Der SRU hat in seiner Stellungnahme untersucht, welche Auswirkungen das geplante TTIPAbkommen auf die deutschen und europäischen Umweltschutzstandards haben kann. Er hat insbesondere die geplante Regulierungszusammenarbeit und die vorgesehenen Regelungen zum Schutz von Investitionen und den
Streitschlichtungsmechanismus zwischen Staat und Investor bei Verletzung dieser Bestimmungen analysiert. Diese
Analyse resultiert in konkreten Empfehlungen für eine Ausgestaltung von TTIP, die eine anspruchsvolle und vorsorgeorientierte Umweltpolitik ermöglichen.
Herzliche Grüße
Ihre/Eure
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