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Interview mit Falk Schröder,
Managing Partner im Beratungsbereich Deutsche Telekom
Detecon
Goes East
Warschau
Bratislava
Budapest
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Detecon Management Report dmr • 1 / 2016
Falk Schröder, Managing Partner, hat den Aufbau der osteuropäischen
Detecon-Standorte vorangetrieben. Von der räumlichen Nähe erwartet er
sich vor allem eine schnelle Reaktionsfähigkeit sowie Kundennähe und
den Aufbau von Vertrauen.
DMR: Detecon hat drei neue Standorte: Budapest, Bratislava,
Warschau. Warum haben Sie genau diese Standorte ausgewählt?
F. Schröder: Der Hintergrund ist relativ einfach. Die ersten
­Aktivitäten hatten wir in Polen mit einem starken Fokus darauf,
junge lokale Berater an Bord zu holen, die wir bei unserem Kunden Deutsche Telekom einsetzen können, um entsprechende
Lücken zu schließen. Dadurch sind wir näher an den Kunden
gerückt. Unser Büro liegt im Gebäude des Kunden, denn wir
wollen vor Ort sichtbar sein und an spannenden Projekten mitwirken. Wir haben einfach festgestellt, dass wir hier als deutsches Beratungshaus, das ausländische Projekte akquirieren
möchte, mit lokalen ­Beratern sehr gut punkten. Dieses Thema
haben wir auch in der Slowakei und in Ungarn. Der Fokus auf
Bratislava resultiert aus einem sehr klaren Vorteil: Die Deutsche
Telekom ist hier heute schon sehr aktiv. Sie hat verschiedene
Shared Service Center aufgebaut und braucht hierfür weitere
Unterstützung. Wir als Detecon haben das in der Vergangenheit mehr aus einer reinen Headquarter-Perspektive unterstützt.
Jetzt wollen wir uns vor Ort einbringen – und das funktioniert
nur, wenn wir Berater einsetzen können, die die lokale Sprache
sprechen. Die Projekte, um die es hier geht, heißen One HR,
One Procurement, One ERP und dergleichen. So haben sich
die Standorte nacheinander entwickelt.
DMR: Ist es angedacht, in den Märkten über den Kunden Deutsche Telekom hinaus Klienten zu akquirieren, zum Beispiel auch
aus anderen Branchen?
F. Schröder: Grundsätzlich ja. Wir werden vor keinem guten
Projekt die Augen verschließen! Wojciech Pomykala, unser
lokaler Partner vor Ort, ist gut vernetzt. Aber wir werden zuallererst im eigenen Haus die Projekte aufsetzen und erst im
zweiten Schritt nach draußen schauen. Wir sind im sehr e­ ngen
Austausch mit unserem Beratungsbereich Europe und darüber
­hinaus zum Beispiel in Polen mit IT-Dienstleistern im Gespräch.
Hier können wir uns durchaus vorstellen, aktiv zu sein und haben bereits erste Gespräche geführt. In Bratislava liegt der Fokus
tatsächlich erst einmal bewusst auf der Deutschen Telekom. Wir
haben uns außerhalb noch nicht umgeschaut, da wir zunächst
im eigenen Haus erfolgreich sein wollen. In Ungarn ist das Thema Lokalität extrem wichtig, ebenso das Thema Vertrauen, das
wir hier ganz neu aufsetzen müssen, und zwar Vertrauen in und
von unserem Kunden, der Magyar Telekom. Damit wir nicht
als Beratungshaus aus dem fernen Deutschland, sondern als
­lokale Größe gesehen werden, gehen wir mit lokalen Personen
an den Start, zum Beispiel Adam Laszlop. Mit ihm zusammen
haben wir schon sehr interessante ­Projektansätze identifiziert,
die wir jetzt auf Managementebene diskutieren. Hier wollen wir
auf jeden Fall hervorragend delivern. Darüber hinaus existieren
erste Kontakte in die Industrie, die wir dann in einem weiteren
Schritt verfolgen.
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Detecon
Goes East
Falk Schröder verfügt über mehr als 18 Jahre Erfahrung in der Durchführung umfangreicher netzwerkbezogener Projekte auf technischer wie auf Managementebene. Bei der Umsetzung weltweiter strategischer Telekommunikationsprojekte
sammelte er umfassende internationale Erfahrungen, schwerpunktmäßig auf Mobilfunkbetreiber im mittleren Osten, in Afrika und Europa ausgerichtet. Während seiner
­20-jährigen Tätigkeit im Konzern Deutsche Telekom unterstützte er in technischer
Hinsicht zunächst den Start für T-Mobile in Deutschland und leitete danach zahlreiche Groß­projekte, unter anderem Start-ups in Kuwait, Südafrika und ÄquatorialGuinea. Darüber hinaus übernahm er Führungspositionen im Bereich technischer
Strategien im mittleren Osten und in Osteuropa. Nachdem er die Geschäftsregion
Europa mit Fokus auf die ehemaligen GUS-Länder für Detecon aufgebaut hatte, leitete er als Vice President für zwei Jahre die konzernweite Funkstrategie und Innovation bei der Deutschen Telekom AG. Seit seiner Rückkehr zu Detecon leitet Falk
Schröder als Managing Partner verschiedene technische Projekte mit Schwerpunkt
auf interna­
tionalen konzernbezogenen Beratungsaufgaben wie All-IP Migration,
­Shared ­Services für technische Bereiche oder Managed Services.
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DMR: Wie sieht die Vision für die drei Länder in den nächsten
fünf bis zehn Jahren aus?
DMR: Mit welchen Themen geht Detecon in diesen drei Ländern
an den Markt? Und was erwarten die Kunden von uns?
F. Schröder: In Ungarn bei der Magyar Telekom ist unser Ziel
klar: Hier wollen wir als lokaler Partner auf der Managementebene fest etabliert sein. In Polen sieht es ähnlich aus, dort wollen
wir Volumina in einem Umfang von einer halben Million realisieren. Was Bratislava anbelangt, wollen wir neben Accenture
ein zweites Standbein bei unserem Kunden aufstellen. Accenture
ist derzeit ein relativ stark gesetzter Partner bei der Deutschen
Telekom in der Slowakei. Hier wollen wir ein Gegen­gewicht
schaffen.
F. Schröder: In Bratislava folgen wir sehr stark unserem Kunden
Deutsche Telekom und wollen ihn beim Aufbau von Shared
Service Centern unterstützen. Hier geht es um Know-how im
Bereich Program Management sowie Aufbauarbeiten mit einem
sehr guten Verständnis für Finance-Themen und SAP-Themen.
Das sind sehr starke Umsetzungsprojekte. Bei T-Mobile Polen
sind das eher Strategiethemen beziehungsweise Themen der
strategischen Umsetzung. Zum Beispiel diskutieren wir aktuell
einen Outsourcing-Vertrag und prüfen, inwieweit die Strategie
mit den Verträgen zusammenpasst, die es derzeit gibt, und inwieweit man hier noch Adaptionen durchführen muss.
DMR: Gibt es in diesen drei osteuropäischen Standorten kulturelle
Unterschiede?
F. Schröder: Ja, die gibt es. In allen drei Märkten finden wir
allerdings sehr gute Berater und sehr gute Mitarbeiter, die uns
hervorragend in unseren Projekten unterstützen können. Wir
finden eine Klientel an, die sehr wohl weiß, wovon sie spricht
und was sie kann. Das ist sehr positiv. Wir treffen hier auf Länder, die sehr stolz sind auf das, was sie erreicht und geschafft
haben – und hier sind die feinen Unterschiede zu spüren. Ungarn beispielsweise hat eine nicht immer leichte Historie mit
Österreich und Bratislava, was man heute immer noch merkt.
Ungarn ist darüber hinaus ein Land, welches sehr stark von Beziehungen und dem Beziehungsmanagement lebt. Das ist hier
wesentlich stärker als in anderen Ländern ausgeprägt. Polen ist
ein Land, das immer noch sehr stark durch historische Ansätze
geprägt ist: sehr umsetzungsstark, weniger strategisch orientiert.
Das merken wir zum Beispiel in Projektanfragen. Auch hier
gibt es exzellente Techniker und exzellente Umsetzer, aber ein
weniger gutes Händchen für langfristige Strategien. In Bratislava herrscht extreme Aufbruchsstimmung. Die Slowakei ist ein
kleines Land, in dem sich gerade sehr viele Firmen platzieren.
Das merkt man im Markt, man findet hier einen Arbeitnehmermarkt vor. Wenn die Arbeitnehmer für ein bestimmtes Unternehmen nicht mehr arbeiten wollen, dann kündigen sie einfach,
denn es ist leicht für sie, etwas Neues zu finden.
DMR: Auch in Zukunft will sich Detecon in dieser Region engagieren. Gibt es bereits Ideen für weitere Standorte in Osteuropa?
F. Schröder: Wir haben ja bereits einen Standort in Griechenland, wo die OTE sitzt. Hier haben wir in der Vergangenheit
sehr stark und auch sehr erfolgreich auf Managementberatung
gesetzt. Diesen Standort werden wir auch weiterhin erhalten.
Inwieweit wir hier auch in Umsetzungsthemen einsteigen wollen, ist allerdings noch unklar. Einen weiteren Standort haben
wir in der Türkei. Auch dort sind wir mit einem Team vor Ort.
Dies wird aus unserem Bereich Europe gesteuert. In anderen
Ländern wollen wir eher aus der Ferne heraus bedienen beziehungsweise greifen die entsprechenden Informationen auf dem
kurzen Dienstweg ab. Da denke ich zum Beispiel an T-Mobile
Tschechien, die relativ wenig Beratungsbudget haben, weshalb
es für uns keinen Sinn macht, dort mit einer starken Mannschaft
vor Ort zu sein. Aber natürlich geben wir unseren tschechischen
Mitarbeitern den Auftrag, den Kontakt auszubauen und intensiv mit dem Kunden zusammenzuarbeiten. Das hat aber eher
weniger mit dem Aufbau von Mitarbeitern vor Ort zu tun.
Was uns an allen drei Standorten ganz wichtig ist: Wir sind lokal, wir sind vor Ort, wir verstehen die Probleme des Kunden
und können diese direkt in seiner Sprache und mit dem entsprechenden kulturellen Verständnis angehen.
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