Widersinnig: Schulassistenten kommen in die Schulen – Schüler

Schulbegleitung/Schulassistenz
Widersinnig: Schulassistenten kommen in die Schulen –
Schüler bleiben zu Hause
Schulassistenten sollen einen verlässlichen Schulbesuch von Kindern mit Behinderung oder
Förderbedarf sicherstellen. Doch jetzt, wo die Schulassistenten kommen, müssen in einigen Kreisen
die Kinder mit Behinderung zu Hause bleiben. So lässt sich derzeit das Szenario an den Schulen in
Schleswig-Holstein ab dem 1. Februar mit Beginn des neuen Schulhalbjahres beschreiben.
Hintergrund für die düstere Vorhersage ist die derzeitige Praxis vieler Kreise und kreisfreier Städte,
keine Schulbegleitungen mehr zu bewilligen. Eltern, Lehrer und die Träger der Schulbegleitung
wissen nicht, wie es weitergehen soll.
Eltern werden ihre Kinder mit individuellem Hilfe- und Unterstützungsbedarf zu Hause lassen
müssen. Schulen und Lehrkräfte werden Kinder mit individuellem Bedarf vom Unterricht befreien
müssen, weil keine Schulbegleitungen in den Klassen die Kinder unterstützen. Und die Träger der
Schulbegleitung werden in den nächsten Tagen ihren erfahrenen Mitarbeitern betriebsbedingt
kündigen müssen.
Im Kreis Schleswig-Flensburg gibt es zwischen dem größten Träger der Schulbegleitung, dem
freigemeinnützigen Träger Adelby1, und dem zuständigen Referat in der Kreisbehörde seit Anfang
Dezember keine Kommunikation mehr, so der Geschäftsführer von Adelby1, Heiko Frost. Viele der
210 Schulbegleiter werden mit einer Kündigung rechnen müssen.
Auch im Kreis Ostholstein werden aktuell kaum noch Leistungen zur Schulbegleitung gewährt. Im
Kastanienhof in Oldenburg sieht man die Situation äußerst kritisch: „Wenn ein schwer
verhaltensauffälliges Kind bisher 25 Stunden individuelle Betreuung pro Woche benötigte, um die
Schule besuchen zu können, dann können jetzt 5 Stunden und eine Schulassistenz, die für eine ganze
Schule zuständig ist, diese Leistung nicht erbringen. Der Unterricht wird leiden und die Kinder,“ so
Thomas Bauer, Leiter des Kastanienhof.
Besonders betroffen sind Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten. Hier reduzieren viele Kreise ihre
Leistungen dramatisch – oder streichen sie ganz. Immer mit dem Hinweis, dass die Schulassistenz die
Leistung zu übernehmen habe.
„Oft werden Bewilligungen zur Schulbegleitung nur vorbehaltlich gewährt, weil man zunächst
schauen will, ob die Schulassistenz nicht die Schulbegleitung ersetzen kann. Dies führt bei Eltern
nicht nur zu einer unsäglichen Verunsicherung, sondern zeugt von nach wie vor in den Verwaltungen
fehlendem Wissen zu Aufgaben von Schulassistenz und Schulbegleitung,“ so Bärbel Brüning,
Geschäftsführerin der Lebenshilfe Schleswig-Holstein e.V.
„Die Schulassistenten ändern nichts an den individuellen Bedarfen der Kinder,“ so die Fachreferentin
Alexandra Arnold vom PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein. „Willkürlich
gestrichene Schulbegleitungen werden alle Bemühungen um eine inklusive Beschulung in SchleswigHolstein konterkarieren. Viele Schüler werden nicht mehr am Unterricht teilnehmen können. Viele
Mitarbeiter in der Schulbegleitung werden in den nächsten Tagen ihre Kündigung erhalten.
Dramatisch ist aber auch die Situation für viele Familien, die von ihren Kreisen ‚hängen gelassen‘
werden. Wenn das Kind nicht verlässlich in die Schule gehen kann, werden einige Eltern ihren Job
aufgeben müssen.“
Widersinnig ist die Situation auch in den Augen von Günter Ernst-Basten, Vorstand des
PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverbandes Schleswig-Holstein: „Da engagiert sich das
Bildungsministerium und stellt 13,2 Millionen Euro zur Verfügung, damit Kinder mit Behinderung
verlässlich die Schule besuchen können und am Ende geschieht in den Kreisen genau das Gegenteil.
Der individuelle Anspruch auf Schulbegleitung muss jetzt schnellstens bis zu den Sommerferien
bewilligt werden.“
Kiel, 13. Dezember 2016
Verantwortlich:
Jan Dreckmann
Sozialpolitik & Kommunikation
[email protected]
Tel. 0431 5602-13
PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband
Schleswig-Holstein e. V.
Zum Brook 4, 24143 Kiel
www.paritaet-sh.org