Juli 2015 Das Mietrechtsnovellierungsgesetz – weitreichende Änderungen für Vermieter und Immobilienmakler von Rechtsanwalt Christian Stühl* I. Überblick Mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz hat der Gesetzgeber unter anderem neue Regelungen zur Mieterhöhung in Ballungsgebieten geschaffen. Die einzelnen Bundesländer haben zukünftig die Möglichkeit, Mietpreiserhöhungen in stark nachgefragten Wohngebieten zu begrenzen, auch „Mietpreisbremse“ genannt. Betroffen von der Neuregelung ist lediglich die Wohnraummiete, gewerbliche Mietverträge werden nicht berührt. Die hiervon erfassten Wohnräume müssen ferner in einem durch Rechtsverordnung festgelegten Ballungsgebiet liegen. Darüber hinaus ändert sich die Rechtslage im Rahmen der Beauftragung eines Maklers bei der Vermittlung von Wohnraum: Für die Maklerprovision soll in Zukunft derjenige aufkommen, der den Makler mit der Vermittlung beauftragt hat (sog. „Bestellerprinzip“). Gerade bei der Wohnungsvermittlung in Ballungsräumen wurden Immobilienmakler in der Vergangenheit häufig vom Vermieter beauftragt, aber vom zukünftigen Mieter bezahlt. Im Einzelnen: II. Die sog. „Mietpreisbremse“ 1. Wann und wo greift die „Mietpreisbremse“? Das Mietrechtsnovellierungsgesetz trat am 1. Juni 2015 in Kraft. Ab wann im Einzelfall die Regelungen der „Mietpreisbremse“ gelten, lässt sich daraus jedoch noch nicht ableiten. Grund hierfür ist, dass die im Mietrechtsnovellierungsgesetz enthaltenen Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches die einzelnen Bundesländer lediglich ermächtigen, durch Rechtsverordnung Ballungsgebiete festzulegen, für die die Neuregelungen Gültigkeit entfalten. Die Bundesländer können Gebiete festlegen, in denen die „Mietpreisbremse“ jeweils für die Dauer von 5 Jahren gelten soll. Nach 3 Jahren soll eine Überprüfung der festgelegten Gebiete erfolgen. 2. In welchem Umfang wird eine Mieterhöhung begrenzt? Die „Mietpreisbremse“ greift bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen und soll in gefragten Wohngebieten verhindern, dass die zu zahlende Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 % übersteigt. Als Anhaltspunkt für die ortsübliche Vergleichsmiete dienen z.B. festgelegte Mietspiegel. Zu beachten ist, dass eine Begrenzung der Mieterhöhung nur bei Neuvermietungen gilt. Eine einmal vereinbarte Miete darf auch bei Wiedervermietung weiter verlangt werden. Wird für eine Wohnung also bereits jetzt ein Mietzins verlangt, der über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, verpflichtet die „Mietpreisbremse“ nicht zur Senkung der Miete. Lediglich eine weitere Mieterhöhung bei Wiedervermietung wäre dann unzulässig, wenn für das Wohngebiet die „Mietpreisbremse“ beschlossen wurde. Zwar trägt der Mieter die Beweislast für das Überschreiten der 10%-Grenze, um eine Mieterhöhung rechtssicher zu gestalten, sollte sich jedoch auch der Vermieter vor einer entsprechenden Maßnahme beraten lassen. 3. Ausnahmen Für Neubauten und umfassend modernisierte Gebäude gilt die „Mietpreisbremse“ nicht. Eine umfassende Modernisierung wird angenommen, wenn die Modernisierungskosten 1/3 der Kosten eines Neubaus entsprechen; Modernisierungen während des Mietverhältnisses rechtfertigen weiterhin eine Mieterhöhung nach den Bestimmungen über die Modernisierungsmieterhöhung. >2 Ferner werden bestehende Mietverhältnisse und deren vereinbarte Mieten von der „Mietpreisbremse“ nicht erfasst. 4. Auswirkungen für Bremen Der Bremer Senat plant, die „Mietpreisbremse“ im Stadtgebiet umzusetzen. Konkrete Gebiete, in denen sie gelten soll, wurden jedoch noch nicht ausgewiesen. Für die Stadt Bremen ergibt sich ein besonderes Problem: Die „Mietpreisbremse“ orientiert sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete. Diese wiederum basiert häufig auf festgesetzten Mietspiegeln. In Bremen existiert jedoch ein solcher Mietspiegel nicht. Dies führt zu erheblichen Problemen bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete, welche – äußerst aufwendig – z.B. lediglich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder der Benennung dreier Vergleichswohnungen möglich ist. 5. Auswirkungen für Niedersachsen Eine Einführung der „Mietpreisbremse“ wird derzeit in einzelnen niedersächsischen Städten diskutiert. Bislang ist jedoch eine Ausweisung konkreter Gebiete noch nicht erfolgt. 6. Was sollten Vermieter und Mieter im Hinblick auf die „Mietpreisbremse“ beachten? Im Rahmen einer geplanten oder ausgesprochenen Mieterhöhung ist mithin zu prüfen, ob das Mietobjekt in einem Gebiet liegt, welche vom Landesgesetzgeber der „Mietpreisbremse“ unterstellt wurde. Ist dies nicht der Fall, sind Mieterhöhungen – innerhalb der bisherigen gesetzlichen Grenzen – weiterhin ohne die 10%-Grenze möglich. Die Prüfung sollte auch die o.g. Ausnahmen berücksichtigen. Besondere Aufmerksamkeit gilt sodann in Grenzfällen und im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen. III. Das sog. „Bestellerprinzip“ Nach den Änderungen des Mietrechtsnovellierungsgesetzes gilt in Zukunft, dass derjenige, der einen Makler beauftragt, auch die hierdurch entstehenden Kosten zu tragen hat. Das „Bestellerprinzip“ gilt ausschließlich bei Vermietung von Wohnraum, nicht jedoch bei Verkauf von Wohnungen und/oder sonstigen Immobilien. Für Verträge über die Vermittlung von Wohnraum bedarf es künftig der Textform. Anders als bei der „Mietpreisbremse“ gilt das „Bestellerprinzip“ ohne vorherige Umsetzungen durch die Länder. Die Gesetzesänderung entfaltet mit dem Inkrafttreten am 1. Juni 2015 seine Wirkung. Ein Eilantrag zweier Makler gegen das Inkrafttreten scheiterte erst kürzlich vor dem Bundesverfassungsgericht. 1. Was müssen Vermieter und Mieter zukünftig beachten? Vermieter sollten sich bewusst sein, dass sie bei Beauftragung eines Maklers die Courtage selbst zu tragen haben. Mieter sollten wissen, dass sie nur dann Courtage zahlen müssen, wenn sie den Makler beauftragt haben. Ob Vermieter die von ihnen zu tragenden Maklerkosten z.B. auf die Miete umlegen werden, bleibt abzuwarten. 2. Was haben Makler zukünftig zu beachten? Makler sollten sich bereits im Vorfeld einer Auftragsannahme umfassend über die neue Rechtslage – sowie ebenfalls über die neuen Regelungen zum Widerrufsrecht – informieren und beraten lassen. Gegebenenfalls sind Formulare und Verträge/Vertragsmuster anzupassen. Darüber hinaus ist es sinnvoll, potentielle Kunden bereits frühzeitig zu informieren. IV. Das Mietrechtsnovellierungsgesetz in der öffentlichen Debatte Sowohl die Einführung der Möglichkeit der „Mietpreisbremse“ als auch des „Bestellerprinzips“ werden nach wie vor kontrovers diskutiert. Durch die Einführung des „Bestellerprinzips“ befürchten Makler erhebliche Umsatzeinbußen. Mieterverbände hingegen begrüßen die Einführung des „Bestellerprinzips“, befürchten jedoch Probleme bei der Durchsetzung. Ähnliche Risiken werden auch bei der „Mietpreisbremse“ gesehen. Insbesondere die Bindung an die ortsübliche Vergleichsmiete wird vielfach kritisiert. V. Fazit Die Regelungen der „Mietpreisbremse“ sowie des „Bestellerprinzips“ sollen vor allem eine Benachteiligung des Mieters verhindern. Ob sich der angedachte Mieterschutz jedoch wie gewünscht entfaltet, wird sich in der praktischen Umsetzung zeigen. Darüber hinaus wird in Bremen die Debatte über die Einführung eines Mietspiegels neu entflammen, insbesondere vor dem Hintergrund des kürzlich in Berlin gekippten Mietspiegels. >3 Hinweis Unser Jusletter beruht auf einer sorgfältigen Recherche der Rechtslage. Deren allgemeine Darstellung kann die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles jedoch nicht berücksichtigen. Der Jusletter dient nur der Information und ist keine vertragliche Beratungsleistung. Er kann deshalb eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen. Diesen und weitere Jusletter finden Sie auf unserer Website www.ahlers-vogel.de. Kontakt Ahlers & Vogel _ Bremen Contrescarpe 21 _ 28203 Bremen Telefon +49 (421) 33 34-0 Telefax +49 (421) 33 34-111 E-Mail: [email protected] Ahlers & Vogel _ Hamburg Schaarsteinwegsbrücke 2 _ 20459 Hamburg Telefon +49 (40) 37 85 88-0 Telefax +49 (40) 37 85 88-88 E-Mail [email protected] Ahlers & Vogel _ Leer Königstraße 32 _ 26789 Leer (Ostfriesland) Telefon +49 (0491) 45 45 229-0 Telefax +49 (0491) 45 45 229-99 E-Mail [email protected] Ahlers & Vogel _ Rostock Gerhart-Hauptmann-Str. 24 _ 18055 Rostock Telefon +49 (381) 491 39-0 Telefax +49 (381) 491 39-99 E-Mail: [email protected] *Christian Stühl studierte Rechtswissenschaften in Bremen. Während des Studiums und des Referendariats war er in verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien tätig. Das Referendariat absolvierte er am Hanseatischen Oberlandesgericht Bremen mit Stationen in Hamburg und Singapur. Nach dem Referendariat arbeitete Herr Stühl in einer Rechtsanwaltskanzlei in Kapstadt/Südafrika, bevor er im Juni 2013 bei uns eintrat. Herr Stühl betreut unsere Mandanten schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des gewerblichen und privaten Mietrechts, Maklerrechts sowie zivilen Verkehrsrechts.
© Copyright 2024 ExpyDoc