Das Prospektrecht braucht kein Basisinformationsblatt Im neuen Prospektrecht soll die Verpflichtung eingeführt werden, Emissionen nicht nur mit einem ausführlichen Prospekt, sondern selbst bei einfachen Unternehmensanleihen mit einem Basisinformationsblatt zu versehen. Dies ist unnötig, erschwert Emissionen und reduziert die Attraktivität des schweizerischen Finanzmarkts. Die Schweiz ist im Begriff, mit mehreren grossen Vorhaben den Finanzmarkt neu zu regulieren. Sie nehmen Bezug auf globale Bemühungen zur Stabilisierung der Finanzmärkte beziehungsweise wollen die Finanzmarktregulierungen der EU (EMIR, MiFID II/MiFIR, Prospektrichtlinie) und der USA nachvollziehen. Während als erste Vorlage das Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) per 1. Januar 2016 bereits in Kraft gesetzt wurde, sind das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) noch in der parlamentarischen Behandlung. In diesem Rahmen soll auch das bisher im OR geregelte Prospektrecht in das FidleG in revidierter Form überführt werden. Die WAK-S hat die Beratung des FIDLEG und des FINIG im Januar 2016 aufgenommen und Anhörungen zu den beiden Vorlagen durchgeführt. Die Kommission wird an ihrer nächsten Sitzung im Februar über Eintreten befinden. Innerhalb des bundesrätlichen Vorschlags für den Prospektteil des FIDLEG stellt insbesondere das zusätzliche Instrument des Basisinformationsblatts (BIB) ein Novum dar. Ein solches BIB müssten Produzenten von Finanzprodukten gemäss dem Entwurf zusätzlich zu Prospekt und Prospektzusammenfassung immer erstellen, sobald sich das Angebot an Privatkunden richtet. Von dieser zusätzlichen Pflicht ausgenommen wären derzeit einzig Angebote von Aktien und Aktien gleichzustellender Effekten, die Beteiligungsrechte verleihen, wie Partizipations- oder Genussscheine. Hingegen müsste selbst bei einer einfachen Unternehmensanleihe (so genannte Plain Vanilla Bond) auch immer ein Basisinformationsblatt erstellt werden. Anders als Prospekt und Prospektzusammenfassung wäre das BIB zudem über die volle Laufzeit der Anleihe hinweg (bei langfristigen Anleihen unter Umständen Jahrzehnte) unter Haftungsfolgen à jour zu halten. Unternehmensanleihen brauchen kein Basisinformationsblatt Dies schiesst klar über das Ziel hinaus. Ganz generell stellt sich nämlich die Frage, was der Zusatznutzen des Basisinformationsblattes sein soll, zumal es neben einem vollständigen Prospekt erstellt werden muss. Dabei ist insbesondere unklar, was das Basisinformationsblatt von der Zusammenfassung im Prospekt unterscheiden soll. Schliesslich sei auf den angedachten strengen Formalismus hingewiesen, der offenbar der Vergleichbarkeit dienen soll, die jedoch einer eigenen eingeschränkten Logik folgt und insbesondere grenzüberschreitend keinerlei Nutzen bringen würde. Wenn man denn überhaupt ein Basisinformationsblatt will, müsste dieses auf komplexe Finanzprodukte beschränkt sein, das heisst auf Produkte deren Wertentwicklung nicht ausschliesslich von der Bonität und der Ertragskraft des Emittenten abhängig ist. Einfache Unternehmensanleihen sind sicherlich keine solchen komplexen Finanzprodukte. Dasselbe muss auch für Wandelanleihen (Convertible Bonds) gelten, denn diese und vergleichbare klassische Corporate Finance Instrumente hängen einzig von der Bonität des Emittenten ab. Obwohl die Ausarbeitung und Aktualisierung des BIBs an qualifizierte Dritte delegiert werden kann, bleibt der Ersteller für das BIB verantwortlich. Dies zeigt ebenfalls, dass dieses Instrument auf komplexe Finanzinstrumente ausgerichtet ist und nicht auf Unternehmensanleihen, wo kein eigentlicher, vom Emittenten unterschiedlicher „Ersteller“ vorhanden ist. Nicht von ungefähr enthält der Entwurf der EU-Kommission zu einer neuen, EU-weit direkt anwendbaren Prospektverordnung keine solche Vorgabe für einfache Unternehmensanleihen. Das BIB wäre somit ein helvetischer Solitär. In jedem Fall ist in der begleitenden Verordnung sicherzustellen, dass die Anforderungen an ein BIP, mit denen für die Key Investor Documents (KID) nach der EU-PRIIP-Verordnung („Packaged Retail and Insurance-based Investment Products“) ausgerichtet sind.
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