Datum: 24.03.2016 Weniger Schutz für Schweizer Anleger Das Parlament berät über das neue Finanzdienstleistungsgesetz. In wichtigen Punkten soll es deutlich weniger streng sein als jenes der Europäischen Union - etwa in den Vorschriften zu Beratungen. Was bedeutet «Beratungvor einer Transaktion»? Kunden in der Schalterhalle der UBS an der Bahnhofsstrasse. Foto: Keystone Themen-Nr.: 660.003 Abo-Nr.: 660003 Auflage: 162'894 Argus Ref.: 61036442 Datum: 24.03.2016 Andreas Valda Bern Tausende von Kleinanlegern haben seit der Finanzkrise hohe Beträge verloren. Im Fall der ASE Investments haben sie Wertpapiere eines Devisenfonds gekauft. Vermittler waren Vermögensverwalter. Hauptsächlich die Basler Kanto- nalbank fungierte als Depotbank. Obwohl einige dieser Wertpapiere nicht für ein breites Anlegerpublikum zugelassen «über die Kenntnisse und Erfahrungen Schweiz sich daran orientieren». seiner Kunden erkunden und vor der Auf Ähnliches weist auch Ernst-&Empfehlung prüfen, ob die Produkte für Young-Experte Geiger hin, wenn auch ihn angemessen sind». aus anderen Gründen. «Zur Wahrung Die Schweiz jedoch will keine solche einer Chance für den EU-Marktzugang Prüfung. Im Gesetzesentwurf steht, sollen vor allem die EU-Regeln zur Eigdass, sofern ein Kunde bloss einen Auf- nungsprüfung möglichst analog übertrag «veranlasst», die Bank nichts tun nommen werden. Sonst riskiert die müsse ausser ausführen. Der geplante Schweiz, dass die EU-Mitgliedsstaaten Anlegerschutz ist in der Schweiz also das Finanzdienstleistungsgesetz nicht deutlich schwächer als in der der EU. als gleichwertig anerkennen.» Die Fi- «Der aktuelle Entwurf des Fidleg nanzwelt werde sich «bei den auslewaren, landeten sie in Portfolios von Kleinanlegern. Der «Tages-Anzeiger» weicht von Kernanliegen der EU-Re- gungsbedürftigen Prinzipien des Fidleg hatte wiederholt darüber berichtet. gulierung ab», sagt Bankenexperte wohl künftig vermehrt an den DetailÄhnliches gilt für die anderen Skandale, Stephan Geiger von Ernst & Young. Eine regelungen im europäischen Recht orientieren», ist Geiger überzeugt. so für die Finanzprodukte der pleitege- gangenen Lehman Brothers, die unter anderem Credit Suisse vertrieben hatte, oder Anteile der Absolute-Return-Fonds von Julius Bär, die liquidiert werden «Diese Unschärfen sind bewusst eingefügt worden, um Lücken im Gesetz zu schaffen». mussten. So unterschiedlich die Umstände, die Beispiele haben eines gemeinsam: An- Sara Stalder, Anlegerschützerin legern wurden Finanzprodukte vermit- wesentliche Diskrepanz besteht auch telt, die sie nicht verstanden haben. Diese Fälle waren ein Auslöser für die Verschärfung des Anlegerschutzes, der jetzt im Parlament in Form zweier neuer Gesetze beraten wird. Es sind dies das Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) und das Finanzinstitutsgesetz (Finig). Die Banken waren zuerst gegen eine Verschärfung. Doch weil die EU den An- Fehlender «Produkterückruf» Andere Wirtschaftsprüfer entdecken weitere Lücken. PricewaterhouseCoopers (PWC) sagt, dass es alles andere als klar sei, ob die EU das bundesrätliche Konzept der selbstregulierenden Aufsicht über die «einfachen Vermögensbei den unterschiedlichen Regeln des verwalter» akzeptieren werde. Einen Beratergeschäfts. EU-Banken und ex- weiteren «signifikanten Unterschied» terne EU-Vermögensverwalter müssen sieht PWC im gänzlichen Fehlen von Beim Gegensatz zu schweizerischen Fi- stimmungen der Produkte-Governance, nanzinstituten bei jeder Beratung eine also der Frage, ob ein Wertpapier nicht Eignungsprüfung durchführen. Getestet nur beim Kauf, sondern auch später, werden drei Dinge: Gestatten es die Um- wenn ein Finanzprodukt auf abschüssistände des Kunden, Geld anzulegen? ger Bahn ist, zum Kunden passt. Ein Welche Finanzprodukte entsprechen Anlegerschutzanwalt hat dies in einem seinen Anlagezielen und Bedürfnissen? TA-Interview als «Produkterückruf für Und: Kennt er die Funktionsweise der schadhafte Finanzprodukte» bezeichFinanzmärkte und -Produkte, respektive net. Dazu gehört die laufende Überwa- legerschutz bis 2018 verschärft - unter dem Stichwort «Mifid-II»-Richtlinie wollen hiesige Finanzanbieter auch ein Schweizer Gesetz, das von den EU-Mit- schätzt er die Verlustchancen realistisch chung und die Warnung an den Kunden gliedsstaaten als gleichwertig anerkannt ein? In der Schweiz soll diese Eignungs- vor gefährdeten Produkten. wird. Es würde ihnen das Anwerben und prüfung nur für Kunden mit VermögensErnst & Young und PWC monieren die Betreuung von EU-Kunden erleich- verwaltungsmandaten erfolgen. Werden weitere bedeutende Unterschiede zum tern. Ein Streitpunkt ist nun: Ist das vom sie bloss «vor einer Transaktion» be- EU-Recht, so etwa die Anforderungen an Bundesrat entworfene Fidleg «gleich- raten - was auch immer das heisst -, fällt die Unabhängigkeit. Das EU-Recht verwertig» mit den EU-Regeln? die Eignungsprüfung weg. bietet den Titel «unabhängiger VermöSara Stalder von der Stiftung für Kon- gensverwalter», wenn dieser Kickbacks Was heisst «bloss» beraten? sumentenschutz (SKS) kritisiert dies Ab- Es geht aktuell um die Frage, ob der weichungen vom EU-Recht. Was heisst (Retrozessionen) vom WertpapierproKleinanleger ein nicht leicht zu durch- schon «bloss hinsichtlich einer Trans- duzenten erhält - was weit verbreitet ist. schauendes Finanzprodukt unbesehen Im Entwurf des Schweizer Fidleg ist ein kaufen kann. Die EU hat sich dagegen aktion beraten»? «Diese und andere Un- solches Verbot nicht vorgesehen. entschieden. Eine Bank oder ein Vermö- schärfen im Gesetzesentwurf sind beTrotz all dieser abgeschwächten Regensverwalter dürfen einen solchen Auf- wusst auf Druck der Finanzdienstleister geln schreibt der Bundesrat in der Bottrag im beratungsfreien Geschäft nicht eingefügt worden», sagt Anlegerschüt- schaft zum Gesetz, die Unterschiede ohne Warnung ausführen, wenn der zerin Sarah Stalder, um «Lücken im Ge- würden «kein Hindernis für eine allKunde das Finanzprodukt nicht ver- setz zu schaffen». Sie fordert: «Wenn es fällige Gleichwertigkeitsanerkennung steht. Der Anbieter muss sich zuerst einen EU-Standard gibt, sollte die darstellen». Die Abweichungen gegen- Themen-Nr.: 660.003 Abo-Nr.: 660003 Auflage: 162'894 Argus Ref.: 61036442 Datum: 24.03.2016 über der EU-Regeln seien «auf eine Be- rücksichtigung der besonderen Eigenschaften des Schweizer Finanzmarkts zurückzuführen». Was nicht falsch ist, haben Banken doch kräftig für diese Schwächungen des Anlegerschutzes lobbyiert. Sie könnten nun zum Bumerang werden. Versicherungen Branche will Sonderregelung Der Versicherungsverband (SVV) will die gesamte Versicherungsbranche vom Finanzdienstleistungsgesetz ausnehmen. Der Banken-Wirtschaftsprüfer Stephan Geiger von Ernst & Young hat wenig Verständnis dafür. «Versicherungspolicen mit Kapitalanlagen sind Finanzanlagen mit ähnlichen Risiken, wie die von komplexen Finanzprodukten.» Der Gesetzgeber will aber «gleiche Regeln für gleiche Geschäfte». Aus Anlegerschutzgründen wäre deshalb eine branchenübergreifende Gleichbehandlung der Versicherungsbranche anzustreben. Gleiches sagt SKS-Geschäftsleiterin Sara Stalder. Versicherungs-Finanzprodukte seien oft komplizierter zu verstehen als Banken-Finanzprodukte: «Sie müssen dem Fidleg unterstellt werden». Insidern zufolge haben die Lebensversicherer im Parlament erreicht, dass die Wirtschaftskommission des Ständerats Versicherungsprodukte aus dem Gesetz ausnimmt. Ständerätin Karin Keller-Sutter (SG/FDP) habe sich in dieser Frage durchgesetzt. Der SVV betont, dass die Anliegen des Anlegerschutzes nicht verschwinden, sondern «im bestehenden Versicherungsrecht integriert werden» sollen. In einem Referat von SVV-Direktors Lucius Dürr von Anfang Februar zeigt sich, dass die Liste der «akzeptierten» Massnahmen kürzer ist als die des Fidleg. So fehlt zum Beispiel die Eignungsprüfung. (val) Anzeige Warum werden 9 von 10 Tresoren geknackt? ...fragen ...fragen Sie Sie uns! uns! S Geprüft und und zertifiziert zertifiziert nach nach EN EN 1143-1! 1143-1! Geprüft Mit bis bis zu zu 30 30 Jahre Jahre Garantie Garantie gegen gegen Aufbruch! Aufbruch! Mit www.tresore Die halten! Garantiert! Themen-Nr.: 660.003 Abo-Nr.: 660003 ch WALDIS WALDIS 8153Rümlang RümlangII Tel. Tel. 043 043 // 211 12 00 I [email protected] WALDIS Tresore TresoreAG AG18153 [email protected] Auflage: 162'894 Argus Ref.: 61036442
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