Anfängerpflichtübung aus Zivilrecht Hofmair/Pierer/Wöss 1. Fall“ Allgemeines 2 Sachverhaltsabschnitte (Verhältnis A vs B; Verhältnis B vs D) WER will WAS von WEM aus welchem RECHTSGRUND? 2 Verhältnis B zu D Anspruch? −Anspruch des D gegen B auf Leistung des Kühlergrill Zugum-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises gem § 1061 ABGB Voraussetzung nach § 1061 ABGB? −Vertragsschluss durch übereinstimmende Willenserklärung (§ 861 ABGB) −Bei KV = Angebot und Annahme 3 Verhältnis B zu D Rechtlich relevante Handlungen? −Das Foto des Kühlergrills auf der Homepage mit dem Zusatz „zu verkaufen“ −Die E-Mail von D, in dem er angibt, er wolle den Kühlergrill um EUR 600,00 kaufen −Das Schreiben von B, in dem er Daniel einen Gegenvorschlag unterbreitet −Die E-Mail von D, in dem er den Gegenvorschlag annimmt 4 Verhältnis B zu D Das Foto des Kühlergrills auf der Homepage mit dem Zusatz „zu verkaufen“ −Foto auf der Homepage bloß eine „invitatio ad offerendum“ −Entspricht nicht die Erfordernisse eines Angebotes, da ein solches ausreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein muss −Konkreter Bindungswille fehlt => Kein (rechtlich bindendes) Angebot 5 Verhältnis B zu D die E-Mail von D, in dem er angibt, er wolle den Kühlergrill um EUR 600,00 kaufen −Bestimmtheit (Ware + Preis) und Bindungswille (D räumt B eine Gestaltungsrecht ein) ist gegeben −B zugegangen => Bindendes Angebot von D 6 Verhältnis B zu D Das Schreiben von B, in dem er Daniel einen Gegenvorschlag unterbreitet −„Annahme“ des B stimmt mit Angebot von D nicht überein => Dissens −Schreiben stellt seinerseits ein neues Angebot dar −Schreiben ist auch zugegangen => Bindendes Angebot von B 7 Verhältnis B zu D Die E-Mail von D, in dem er den Gegenvorschlag annimmt −Grundsätzlich würden also zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen. −B will den Kühlergrill jedoch nunmehr nicht mehr verkaufen. −Einwand: Angebot abgelaufen bzw von D nicht rechtzeitig angenommen. Richtig? 8 Verhältnis B zu D −Bindungsfrist primär nach der Parteienvereinbarung −Es gelten die (dispositiven) gesetzlichen Fristen (§§ 862, 862a ABGB) −Hier VP nicht persönlich anwesend: zweimal Postweg + angemessene Überlegungsfrist −drei Monate jedoch jedenfalls zu lange −Angebot abgelaufen −B ist nicht mehr an das Angebot gebunden => Anspruch des D besteht nicht zu Recht 9 Verhältnis A zu B A will den Kühlergrill zurück Liegt ein Vertrag zwischen A und B vor, wenn ja, kann dieser beseitigt werden? −Grdls korrespondieren Angebot und Annahme? −Problem, dass C faktisch gehandelt hat 10 Verhältnis A zu B Hat C A wirksam vertreten? −4 Voraussetzungen der Stellvertretung o vertretungsfähiges Rechtsgeschäft; o ausreichende Vertretungsmacht; o Offenlegung; o zumindest beschränkte Geschäftsfähigkeit beim Vertreter => C nicht wirksam vertreten, fehlende Vertretungsmacht (C ist nur zum Kassieren der tankenden Kunden berechtigt) 11 Verhältnis A zu B Anscheinsvollmacht? −3 Voraussetzungen der Anscheinsvollmacht o Objektive Anschein einer das Geschäft umfassenden Vollmacht vorliegt; o dieser Anschein dem vermeintlich Vertretenen subjektiv zurechenbar ist; o Dritte auf der Dritten das Geschäft im (guten) Glauben auf das Bestehen der Vollmacht => Liegt nicht vor 12 Verhältnis A zu B C handelt prima facie als falsus procurator Ein Vertrag zwischen A und B ist auch aus diesem Grund nicht wirksam zustande gekommen; jedoch § 1016 ABGB: − das Geschäft nachträglich genehmigt oder − sich den Vorteil zuwendet hier nachträgliche Genehmigung => bis dahin schwebend unwirksamer Vertrag kommt mir der Genehmigung wirksam zustande 13 Verhältnis A zu B Wirksamer Vertrag zwischen A und B B hat Eigentum erworben (Titel, Modus und Berechtigung der Vorperson gegeben) A möchte der Vertrag anfechten und den Kühlergrill herausfordern Infrage kommt eine Anfechtung wegen − Drohung (§ 870 ABGB) − Wucher (§ 879 Abs 1 Z 4 ABGB) − Laesio enormis (§§ 934 ff ABGB) => sog. Wurzelmängel, Gestaltungsrecht, KEINE Anspruchsgrundlage 14 Verhältnis A zu B Anspruchsgrundlagen zur Herausgabe des Kühlergrills: § 877, § 366 ABGB => Anspruchskonkurrenz § 877 ABGB: Anspruch des A auf Rückgabe des Kühlergrills Zug-um-Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises iHv EUR 500,00 gem §§ 877 iVm § 870 ABGB (§§ 934 f, 879 Abs 1 Z 4 ABGB) Voraussetzungen: −Zumindest beide Leistungen ausgetauscht (hier beide) −Nachträgliches (ex-tunc) Wegfallen des Rechtsgrundes 15 Verhältnis A zu B Recht des A auf Anfechtung des Kaufvertrages wegen Drohung gem § 870 ABGB −Vorliegen einer Drohung −Willenserklärung (allenfalls auch Willensbetätigung) durch den Vertragspartner −Kausalität der Drohung für die Willenserklärung −Vorliegen „gegründeten“ Furcht −„ungerechten“ Furcht => gegeben, Recht zur Anfechtung des KV wegen Drohung; Folge: Wegfall des KV mit dinglicher ex-tunc Wirkung 16 Verhältnis A zu B Recht des A auf Anfechtung des Kaufvertrages wegen laesio enormis gem §§ 934 ff ABGB −zweiseitig verbindliches Geschäft, kein unentgeltliches Geschäft −Wertmissverhältnis von mehr als die Hälfte vorliegt (objektiver Wert 100, bezahlt 49) −Kein Wille zur Aufzahlung −Keine Ausnahme iSd § 935, insb keine besondere Vorliebe zur Sache => NICHT gegeben, Recht zur Anfechtung des KV wegen laesio enormis besteht nicht 17 Verhältnis A zu B Recht des A auf Anfechtung des Kaufvertrages wegen Wucher gem § 879 Abs 1 Z 4 ABGB −auffallendes Wertmissverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung −„verdünnte“ Willensbildung auf Seiten des Vertragspartners (Zwangslage) −Ausbeutung des verdünnten Willens durch den anderen Vertragspartner => gegeben, Recht zur Anfechtung des KV wegen Wucher besteht 18 Verhältnis A zu B Ergebnis: Anspruch des A gegen B auf Rückgabe des Kühlergrills Zugum-Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises iHv EUR 500,00 besteht gem § 877 iVm § 870 bzw § 879 Abs 1 Z 4 ABGB zu Recht 19 Verhältnis A zu B § 366 ABGB (rei vindicatio): Voraussetzungen: −Individuell bestimmbare Sache −Passivlegitimation des Beklagten −Aktivlegitimation des Klägers o Vertrag mit dinglicher Ex-tunc Wirkung weggefallen −Kein Recht zur Innehabung beim Beklagten => Anspruch des A gegen B auf Herausgabe des Kühlergrill gem § 366 ABGB besteht zu Recht => Anspruch B gegen A auf Rückzahlung des KP gem § 1431 ABGB 20 Variante 1 −Es liegt eine rechtzeitige Annahme durch D vor (Dispositivfrist des § 862 ABGB gewahrt) −übereinstimmende Willenserklärung, Vertrag kommt wirksam zustande −Vertrag zwischen A und B jedoch mit dinglicher Ex-tunc Wirkung weggefallen, keinen Einfluss auf den Vertrag zwischen B und D −Anfänglich schlichte Unmöglichkeit (B konnte [rechtlich gesehen] niemals die nötige Rechtsposition einräumen) 21 Variante 1 B schuldet den Kühlergrill und ist verpflichtet, D diesen zu verschaffen, was in Natura jedoch nicht möglich ist => Fall der (anfänglichen) schlichten Unmöglichkeit Wahlrecht des D (§ 920 f ABGB): => Erbringung seiner Leistung (Ersatz des Erfüllungsinteresses, EUR 930,00, Austauschanspruch), Aufrechnung nach §§ 1438 ff ABGB möglich => Rücktrittsmöglichkeit des D sowie Ersatz des Erfüllungsinteresses (EUR 130,00, Differenzanspruch) keine Nachfristsetzung notwendig 22 Variante 2 −Es liegt eine rechtzeitige Annahme vor (Dispositivfrist des § 862 gewahrt) −übereinstimmende Willenserklärung, Vertrag kommt wirksam zustande, Leistungen ausgetauscht, Kühlergrill bei D Anspruch des A auf Herausgabe des Kühlergrill gegen D (§ 366)? −Mangel an Aktivlegitimation, Derivatives Eigentum von D? −D hat gutgläubig Eigentum erworben (§ 367 ABGB) Anspruch besteht nicht! 23 Variante 2 Möglichkeiten des A: −kann sich lediglich bei B schadlos halten (§ 877). Rückstellung in Natura in concreto nicht möglich sein Folge: Wertersatz iHv EUR 930,00 (EUR 500,00 hat er jedoch schon, Aufrechnung §§ 1438 ff ABGB) −Alternativ (od darüber hinausgehend) auch Schadenersatz gem §§ 874 iVm 367 letzter Satz iVm 1295 ff (Schadenshöhe EUR 430,00, Rest unproblematisch, Anspruchskonkurrenz). 24
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