08.03.2016 VO ERBRECHT SS 2016 Univ.-Prof. Dr. Constanze Fischer-Czermak A. Grundbegriffe des Erbrechts I. Bedeutung des Erbrechts Ia. Reform des Erbrechts • ErbRÄG 2015 (BGBl I 2015/87) • Inkrafttreten am 1. 1. 2017 • Berücksichtigung der neuen Rechtslage in dieser VO • Begriffe aus der alten Rechtslage in Klammer 1 08.03.2016 A. Grundbegriffe des Erbrechts II. Systeme des Erbrechts Testierfreiheit Familienerbfolge (gesetzliche Erbfolge, Intestaterbfolge) gemischtes System: Testierfreiheit, eingeschränkt durch Pflichtteilsrecht; subsidiär gesetzliche Erbfolge • • • III. Wichtige Begriffe • • • • • • Verstorbene/r, letztwillig Verfügende/r (früher Erblasser/in): natürliche Person Verlassenschaft (früher Nachlass): § 531 ABGB (Summe aller vererblichen Rechte und Pflichten) Erbrecht im objektiven Sinn: Alle Normen, die das Schicksal der Verlassenschaft regeln Erbe: Universalsukzessor durch Einantwortung; jedes Rechtssubjekt kann Erbe sein Erbschaft: Verlassenschaft aus der Sicht des Erben (§ 532 ABGB) Erbrecht im subjektiven Sinn: Definition (§ 532 ABGB); absolutes, veräußerliches und vererbliches Recht; entsteht mit dem Erbanfall 2 08.03.2016 • • • • • Erbfall: Tod des Verstorbenen Erbanfall (siehe § 536 ABGB nF) Erbantrittserklärung Ausschlagung Einantwortung • • Vermächtnis (Legat) Vermächtnisnehmer: Singularsukzessor • • Pflichtteil Pflichtteilsberechtigter (früher Noterbe) IV. Die Verlassenschaft • juristische Person (Definition: § 546 ABGB nF, entsteht mit dem Tod des Erblassers, endet mit Einantwortung) • alle vererblichen Rechte und Pflichten 1. Nicht vererblich: höchstpersönliche Rechte und Pflichten, zB a) öffentlichrechtliche Rechte und Pflichten: – Befugnis zur Berufsausübung – Führung akademischer Grade – Auszeichnungen – Wahlrecht – Strafen 3 08.03.2016 b) privatrechtliche Rechte und Pflichten: – Persönlichkeitsrechte – Familienrechte – Recht auf Unterhalt – Veräußerungs- und Belastungsverbot (§ 364c ABGB) – Wiederkaufsrecht – Vorkaufsrecht – iZw persönliche Dienstbarkeiten – bei Tod des Machthabers erlöschen Auftrag, Vollmacht, Prokura, Handlungsvollmacht, Prozessvollmacht – bei Tod des Machtgebers erlöschen Auftrag und Vollmacht, Ausnahmen: gegenteilige Vereinbarung oder Erlöschen wäre zum Nachteil des Erben – Pflichten des Dienstnehmers aus Dienstvertrag – GesBR, OG: aufgelöst durch Tod eines Gesellschafters, wenn im Gesellschaftsvertrag nicht anders geregelt – KG: Tod des Komplementärs wie OG – Mitgliedschaft in einer Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung 4 08.03.2016 2. Vererbliche Rechte und Pflichten, Beispiele: a) öffentlichrechtliche Rechte und Pflichten: – Ansprüche aus der Sozialversicherung – Steuerschulden – (Fortbetriebsrecht nach der GewO: besondere Regelungen) b) privatrechtliche Rechte und Pflichten: – dingliche Rechte – Erbrecht – Forderungen (wenn nicht höchstpersönlich) – Verbindlichkeiten (wenn nicht höchstpersönlich) – Urheberrechte – Bestandrechte (Sonderregelung: § 14 Abs 2 MRG) – Unternehmen (wenn nicht höchstpersönlicher Art) – Unterhaltspflicht gegenüber Kindern und dem Ehegatten – Unterhaltspflichten nach Scheidung – Schadenersatzansprüche – Schadenersatzpflichten – Rechte des Dienstgebers aus einem Dienstvertrag (außer personenbezogen) – Ansprüche und Pflichten aus einem Privatversicherungsverhältnis (Besonderheiten bei Lebensversicherung) – Gesellschafterstellung in einer AG und GmbH 3. Rechtliches Schicksal des Leichnams 5 08.03.2016 B. Erbrecht im subjektiven Sinn I. Voraussetzungen 1. Berufung zur Erbfolge 3 Berufungsgründe: § 533 ABGB (Titel zum Erbschaftserwerb) » Erbvertrag » Testament » Gesetz 2. Erleben des Erbanfalls Definition von Erbfall und Erbanfall (§ 536 ABGB) Ausnahme: § 22 ABGB (nasciturus) Probleme bei der medizinisch unterstützten Fortpflanzung 3. Erbfähigkeit Erbrechtliche Erwerbsfähigkeit (§ 538 ABGB) – absolute Erbunfähigkeit (praktisch wenig bedeutsam) – relative Erbunfähigkeit > Erbunwürdigkeit (§§ 540 – 542 ABGB aF, §§ 539-541 ABGB nF) beseitigt durch Verzeihung – Wirkung der Erbunfähigkeit 4. Kein Erbverzicht Rechtsnatur des Erbverzichts (§ 551 ABGB) verhindert Erbanfall Wirkung auf die Nachkommen Unterschied zur Ausschlagung (Entschlagung) des Erbrechts 6 08.03.2016 II. Transmission (= Vererbung des Erbrechts) zwischen Erbanfall und Einantwortung – Transmission im engeren Sinn: Erbe (Transmittent) stirbt vor Abgabe einer Erbantrittserklärung – Transmission im weiteren Sinn: Erbe stirbt nach Abgabe der Erbantrittserklärung – Verhältnis zur Ersatzerbschaft (§ 615 ABGB) – Erbfähigkeit des Transmissars (= Erbe des Erbrechts) C. Gesetzliche Erbfolge I. Allgemeines 1. subsidiär (§ 727 ABGB): • kein Erbvertrag • kein Testament • nicht über die gesamte Verlassenschaft letztwillig verfügt • letztwillige Berufung ungültig • berufener Erbe erlangt die Erbschaft nicht 7 08.03.2016 2. gesetzliche Erben (§ 730 ABGB): a) Verwandte – Abstammung (Verwandtschaft) muss feststehen – ergibt sich aus §§ 140 ff ABGB – Feststellung der Abstammung auch nach dem Tod des Verstorbenen möglich (§ 142 ABGB) b) Adoptivkinder c) Ehegatte/eingetragener Partner – Erbportion hängt von vorhandenen Verwandten ab d) Lebensgefährte: § 748 ABGB – „außerordentliches Erbrecht“ II. Erbrecht der Verwandten – Parentelensystem Parentel: Stammhaupt und seine Nachkommen Linie: Terminologie des ABGB: alle Parentelen, deren Häupter dem Verstorbenen gleich nahe stehen „Parentel“ und „Linie“ oft synonym gebraucht Parentel Linie 8 08.03.2016 § 731 ABGB: 4 Linien (Parentelen) kommen nacheinander zum Zug 1. Linie: Abkömmlinge (Deszendenten) 2. Linie: Eltern und ihre Nachkommen 3. Linie: Großeltern und ihre Nachkommen 4. Linie: Urgroßeltern • 1. Parentel schließt 2. Parentel aus usw. • Es erben nicht immer die gradnächsten Verwandten. 9 08.03.2016 1. Parentel: §§ 732 – 734 ABGB Deszendenten des Verstorbenen (= Kinder und deren Nachkommen) • Kinder erben nach Köpfen • Kinder, die erben, schließen ihre eigenen Kinder aus Repräsentation: – Erbt ein Kind nicht, treten seine Abkömmlinge an seine Stelle, erben zusammen die Portion des Vorfahren – Repräsentation nach Stämmen (§ 734 ABGB) – Kindeskinder erben wieder nach Köpfen – keine Repräsentation nach oben (nur innerhalb derselben Linie) » Wann kommt es zur Repräsentation? - Tod des Stammhauptes - Erbunwürdigkeit - Enterbung - Erbverzicht: iZw nein - Erbsentschlagung: strittig » formelle oder materielle Repräsentation? 10 08.03.2016 E K K E K E K E E E E UE 11 08.03.2016 2. Parentel: §§ 735 – 737 ABGB Eltern des Verstorbenen und ihre Nachkommen • nur wenn niemand aus der 1. Linie vorhanden ist • jeder Elternteil erhält die Hälfte, • verstorbener (erbunwürdiger, etc) Elternteil wird von seinen Nachkommen nach Stämmen repräsentiert, • hat er keine Nachkommen, gelangt seine Erbportion an den anderen Elternteil, • wenn auch dieser vorverstorben ist, an dessen Nachkommen. 12 08.03.2016 13 08.03.2016 3. Parentel: §§ 738 – 740 ABGB Großeltern und ihre Nachkommen • nur wenn niemand aus der 1. oder 2. Linie vorhanden ist • jeder Großelternteil erhält ein Viertel, • verstorbener Großelternteil wird von seinen Nachkommen nach Stämmen repräsentiert, • hat er keine Nachkommen, gelangt seine Erbportion an den mit ihm verbundenen Großelternteil, • wenn auch dieser vorverstorben ist, an dessen Nachkommen, • sind keine vorhanden, gelangen die freien Erbportionen an das andere Großelternpaar, • dort wieder Repräsentation usw 14 08.03.2016 4. Parentel: § 741 ABGB Urgroßeltern • nur wenn niemand aus den anderen Linien vorhanden ist • jeder Urgroßelternteil erhält ein Achtel • keine Repräsentation • Erbrechtsgrenze • Erbportion eines vorverstorbenen Urgroßelternteils erhält der mit ihm verbundene Urgroßelternteil, • sind beide vorverstorben, gelangt dieses Viertel an das zunächst verbundene Urgroßelternpaar, • fehlt dieses, an die „andere“ Seite 15 08.03.2016 III. Erbrecht bei Adoption §§ 197 ff ABGB • Erbrecht wie unter Verwandten • zwischen Annehmendem und seinen Nachkommen einerseits und • Adoptivkind und seinen bei Adoption minderjährigen Nachkommen andererseits • Erbrecht in der leiblichen Verwandtschaft bleibt bestehen • Wahlverwandtschaft geht leiblicher Verwandtschaft vor • keine 3. und 4. Linie in der Wahlverwandtschaft • Probleme bei Einzelannahme 16 08.03.2016 E K E K E § 197 Abs 1 ABGB § 199 Abs 1 ABGB E E K E K E § 197 Abs 1 ABGB § 199 Abs 1 ABGB E 17
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