Handout Teil IV

10.05.2016
H. Erbvertrag
I. Begriff
§§ 1249 ff ABGB
• zweiseitiges Rechtsgeschäft zwischen Ehegatten/
eingetragenen Partnern
– Ehepakt
– Scheidung: § 1266 ABGB
• unwiderrufliche Berufung zur Erbschaft
• stärkster Berufungsgrund
• ein Ehegatte/eingetragener Partner begünstigt den anderen
oder
• Ehegatten/eingetragene Partner berufen einander zu Erben
• Begünstigung Dritter: hM widerruflich
II. Wirkung
• Beschränkung der Testierfreiheit
• Verfügungsmöglichkeit unter Lebenden bleibt bestehen
III. Gültigkeitserfordernisse
• Vertrag unter Lebenden
– Form: Notariatsakt (Ehepakt; § 1249 ABGB nF ausdrücklich)
– Geschäftsfähigkeit
– Bedingungen nach Vertragsrecht zu beurteilen (§ 1251 ABGB)
• Rechtsgeschäft von Todes wegen
– schriftliche Testamentsform (§ 1249 ABGB)
– Testierfähigkeit
– Erbfähigkeit bei Erbanfall
• Notariatsakt, Beiziehung eines zweiten Notars oder zweier Zeugen
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IV. Freies Viertel
• Beschränkung der Testierfreiheit nicht für die ganze
Verlassenschaft
• § 1253 ABGB: reines Viertel muss frei bleiben
• keine Konversion in Testament zugunsten des Ehepartners
• Hat der Verstorbene über freies Viertel nicht verfügt:
gesetzliche Erbfolge.
• „frei von Schulden und Pflichtteilen“
• Berechnung strittig
Beispiel: E hat in einem Erbvertrag seine Ehefrau als Alleinerbin
eingesetzt. Verlassenschaftsaktiva: 1, 2 Mio €; Schulden:
300.000,- €. E hinterlässt Ehefrau und 2 Kinder.
Lösung 1: Reines Viertel wird nach Abzug der Schulden und PT berechnet.
Pflichtteilsquoten der Kinder: je 1/6 von 900.000,- (1,2 Mio minus 300.000,-), =
2 x 150.000,- = 300.000,-. 900.000,- minus 300.000,- = 600.000,-, davon 1/4 =
150.000,-. Diese gehen an die gesetzlichen Erben (jedes Kind und der
Ehegatte je 1/3 = 50.000,-). Einrechnung! Pflichtteile belasten auch reines
Viertel.
Lösung 2: Kralik: Berechnung des freien Viertels von den Nachlassaktiva.
Schulden und Pflichtteile gehen zu Lasten der Vertragserbin. ¼ von 1,2 Mio =
300.000,-. Freies Viertel an die gesetzlichen Erben (je 1/3 Ehegattin und jedes
Kind; je 100.000,-). Einrechnung! Pflichtteile und Schulden belasten nur
Vertragserben.
Lösung 3: OGH, Zemen, Eccher, Welser/Zöchling-Jud: Berechnung des freien
Viertels vom reinen Nachlass (1,2 Mio minus 300.000,- Schulden = 900.000,-).
¼ von 900.000,- = 225.000,-. Freies Viertel geht an gesetzliche Erben, zu je
1/3 an die Ehegattin und jedes Kind (je 75.000,-). ¾ von 900.000,- = 675.000,(Erbvertrag). Einrechnung!
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I. Vermächtnis (Legat)
I. Begriff
§ 535 ABGB
• keine Hinterlassung eines Erbteils
• einzelne Sachen (auch Rechte)
• § 653 ABGB nF: Klarstellung
− muss kein messbarer Vermögensvorteil sein
• Erwerbstitel: in § 647 ABGB nF aufgezählt
− Zuwendung in letztwilliger Verfügung,
− Erb- oder Vermächtnisvertrag
− oder gesetzliches Vermächtnis (zB Pflegevermächtnis)
• Abgrenzung zur Erbseinsetzung: Frage der Auslegung
II. Rechtswirkungen
• Vermächtnisnehmer: Einzelrechtsnachfolger
• schuldrechtlicher Anspruch
• Eigentumserwerb durch Übergabe der Sache
• Damnationslegat/Vindikationslegat
• Forderung „zweiter Klasse“
– Schulden des Verstorbenen
– Erbgangschulden
– Pflichtteilsansprüche gehen vor
• Kürzung der Legate
– § 692 ABGB: bei bedingter Erbantrittserklärung
– § 783 ABGB aF / § 764 Abs 2 ABGB nF: verhältnismäßiger
Beitrag zum Pflichtteil
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III. Beschwerte Personen
• Erben (im Verhältnis ihrer Erbquote)
• Untervermächtnis:
– Hauptlegatar
– Erbe (wenn Hauptlegatar Legat ausschlägt)
– Erbe hat facultas alternativa (Abandon-Recht)
IV. Berechtigte Personen
• Vermächtnisnehmer
• auch Erbe kann Legatar sein
– Vorausvermächtnis (iZw: § 648 Abs 1 ABGB nF)
– Hineinvermächtnis (§ 648 Abs 2 ABGB nF)
• Ersatz- und Nachlegatare
• Mitvermächtnis: Gesamtgläubiger
V. Gegenstand: § 653 ABGB
• jede verkehrsfähige Sache
• auch Rechte und Handlungen
• Speziesvermächtnis
– Sache muss dem Verstorbenen oder
– dem Beschwerten gehören
– Ausnahme: Verschaffungsvermächtnis (§ 662 ABGB)
• Gattungsvermächtnis
– echtes Gattungsvermächtnis (Verschaffungspflicht)
– unechtes Gattungsvermächtnis
– Wahlrecht iZw beim Erben
– Regeln für die Auswahl: §§ 656, 659 ABGB nF (§ 656, 659 ABGB aF)
• Forderungsvermächtnis (zB Bestandrecht): legatum nominis
• Befreiungsvermächtnis: legatum liberationis
• Schuldvermächtnis: legatum debiti
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VI. Erwerb des Vermächtnisses
• Anfallstag: § 684 ABGB
• Fälligkeit: § 685 ABGB, § 685 ABGB nF (Änderung)
– alte Rechtslage: Fälligkeit iZw nach 1 Jahr
– neue Rechtslage: Fälligkeit iZw sofort,
– Geldvermächtnis: reine Stundung (Zinsen)
• Speziesvermächtnis:
– ab Tod des Verstorbenen: Früchte, Lasten und Gefahr
VII. Schutz des Legatars
• Vermächtnisklage (Legatsklage)
• Separation der Verlassenschaft (§ 812 ABGB)
VIII. Pflegevermächtnis
• §§ 677, 678 ABGB nF
• Neu: Abgeltung von Pflegeleistungen im Erbrecht
• Anspruchsberechtigte Personen:
− gesetzliche Erben
− müssen nicht konkret erbberechtigt sein
− Lebensgefährte und dessen Kinder ausdrücklich erwähnt
− bestimmte Angehörige der gesetzlichen Erben
Ehegatte/eP, Lebensgefährte (zB Schwiegertochter)
Kinder (zB Stiefkind)
nicht: Pflegekinder
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VIII. Pflegevermächtnis
• Voraussetzungen:
− Pflegebedürftigkeit des Verstorbenen
− Pflege für mind. 6 Monate in nicht geringfügigem Ausmaß
(mehr als 20 h / Monat)
− in den letzten drei Jahren vor dem Tod
− Pflege = Betreuung und Hilfe
− kein Entgelt vereinbart
− keine Zuwendung erhalten (zu Lebzeiten des Gepflegten)
VIII. Pflegevermächtnis
• Höhe:
− Geldanspruch
− bereicherungsrechtlicher Ansatz
− abhängig von Art, Dauer, Umfang der Leistung
− aber: Leistung im Familienverband
• Verhältnis zu letztwilligen Zuwendungen:
− iZw Vorausvermächtnis
− Erblasser kann Hineinvermächtnis anordnen
• Verhältnis zu § 1435 ABGB (analog)
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VIII. Pflegevermächtnis
• Verhältnis zum Pflichtteil:
− keine Anrechnung auf den Pflichtteil
− Entziehung nur bei Vorliegen eines Enterbungsgrundes
• Doppelnatur:
− schuldrechtlicher Charakter: gebührt für erbrachte Leistung
− und Pflichtteilscharakter („Sonderpflichtteil“)
IX. Außerordentliches Erbrecht der Legatare
§ 726 ABGB aF / § 749 ABGB nF
• gesetzliche Erben (auch Lebensgefährte) gehen vor
• letztwillig bedachte Legatare (nicht gesetzliche) erhalten
• Stellung wie Testamentserben
• im Verhältnis der Werte der Legate
• analog für auf bestimmte Teile eingesetzte Erben
•ISTAGL
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J. Aneignung durch den Bund (früher Heimfallsrecht)
§ 760 ABGB aF / § 750 Abs 1 ABGB nF
• Voraussetzungen
– ISTAGLS
– §§ 157, 165 Abs 1 Z 5, 184 AußStrG:
– Aufforderung der potentiellen Erben zum Antritt oder zur
Ausschlagung der Erbschaft
– Frist für Erbantrittserklärung
– Inventar
• besonderes Aneignungsrecht des Staates – kein Erbrecht
• keine Erbantrittserklärung
• keine Einantwortung
• aber Universalsukzession
• keine Transmission an den Staat
E stirbt. Der zum Universalerben eingesetzte A stirbt nach dem
Erbanfall, aber vor Einantwortung und hinterlässt keine Erben.
Die Verlassenschaft des E gelangt an seine gesetzlichen Erben
und nicht im Wege der Transmission an den Staat.
• Heimfälligkeitsklage
• Haftung des Staates als Scheinerbe?
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K. Geschäfte auf den Todesfall
I. Schenkung auf den Todesfall:
Vermächtnis
Schenkung auf den Todesfall
Erfüllung: nach Tod des Schenkers
einseitiges Rechtsgeschäft
Vertrag (Beschenkte muss annehmen)
widerruflich
unwiderruflich außer §§ 947 ff ABGB
Form: letztwillige Verfügung Notariatsakt
Erbfall muss erlebt werden
nein, außer Überlebensbedingung
I. Schenkung auf den Todesfall:
Alte Rechtslage: § 956 ABGB aF
• Form:
− Notariatsakt
− ausdrücklicher Widerrufsverzicht
• Rechtnatur:
− strittig
– Vermächtnistheorie (Vertrag unter Lebenden, Vermächtnis nach
dem Tod des Schenkers)
– Vertragstheorie
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I. Schenkung auf den Todesfall:
Neue Rechtslage: § 603 ABGB nF
• Form:
− Notariatsakt
− kein Widerrufsrecht vertraglich vorbehalten
• Rechtsnatur:
− Vertragslösung
− Anwendung des § 1253 ABGB inkonsequent
I. Schenkung auf den Todesfall:
Rechtsfolgen zu Lebzeiten des Geschenkgebers
− Geschenkgeber bleibt Eigentümer
− darf Anspruch des Beschenkten nicht verletzen
− Beschenkter hat Unterlassungsansprüche
− Schadenersatzansprüche erst nach dem Tod des Schenkers
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II. Übergabe auf den Todesfall
Formlose Übergabe einer Sache mit der Abrede, dass sie der Übernehmer
nach dem Tod des Übergebers behalten kann.
• keine gesetzliche Regelung
Schenkung?
– hM: nein, da kein Notariatsakt
– aA: Handschenkung (§ 943 ABGB) bei Widerrufsverzicht
–> dagegen: keine Erfüllung, da noch keine Eigentumsübertragung
Vermächtnis?
– hM: nein, da Form fehlt
– aA: § 1432 ABGB: Erfüllung heilt Formmangel
–> dagegen: Vermächtnis kann erst nach dem Tod des Verstorbenen erfüllt
werden
III. Auftrag auf den Todesfall
E gibt A goldene Taschenuhr mit der Bitte, diese nach Tod des E
an B zu geben.
Hat B nach dem Tod des E einen Herausgabeanspruch?
• § 1022 ABGB spricht für Gültigkeit des Auftrages
• Problem: Auftrag kann Titel des B nicht ersetzen
• letztwillige Verfügung scheitert an der Form
– aA: Heilung durch Erfüllung (Herausgabe an Dritten)
• Vertrag zugunsten Dritter?
– wäre Schenkung auf den Todesfall zugunsten des Dritten
– Form fehlt
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