Harmonische Funktionen

Harmonische Funktionen
18.03.2016
Michael Kaltenbäck, Lukas Parapatits
Inhaltsverzeichnis
1
Grundlegendes
1.1 Definition, elementare Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Kelvin Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
10
2
Poissonscher Darstellungssatz
2.1 Oberflächen Maß . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Poisson Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Dirichlet Problem . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Konvergenz von Folgen harmonischer Funktionen
2.5 Maximumsprinzip und Folgerungen daraus . . .
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13
13
18
24
25
30
Subharmonische Funktionen
3.1 Poisson Integrale subharmonischer Funktionen
3.2 Perronsche Methode . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Harmonische Maße . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Lösung des Dirichletschen Randwertproblems .
3.5 Lokale Perronsche Systeme . . . . . . . . . . .
3.6 Harmonische Majoranten . . . . . . . . . . . .
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41
41
48
55
59
64
65
Kugelfunktionen
4.1 Polynome . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Zerlegung von Polynomen . . . . .
4.3 Zerlegung von L2 (S p−1 ) . . . . . . .
4.4 Zonale Kugelfunktionen . . . . . .
4.5 Eine Entwicklung des Poisson Kerns
4.6 Eine geometrische Charakterisierung
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69
69
71
74
76
78
79
Analytische Funktionen
5.1 Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Zerlegung harmonischer Funktionen . . . . . . . .
5.4 Harmonische Funktionen auf Kreisringen . . . . .
5.5 Eine Entwicklung des Poisson Kerns für Kreisringe
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83
83
86
92
97
104
3
4
5
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Literaturverzeichnis
107
Index
108
i
ii
INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1
Grundlegendes
1.1
Definition, elementare Eigenschaften
1.1.1 Definition. Ist g : G → Rm mit offenem G ⊆ R p zweimal stetig differenzierbar,
so bezeichnet 4g : G → Rm (Laplace g) die Abbildung (x = (x1 , . . . , x p )T )
4g(x) :=
p
X
∂2 g
j=1
∂x2j
(x).
Funktionen g : G → Rm , g ∈ C 2 (G) heißen harmonisch, falls 4g ≡ 0.
Wenn wir von komplexwertigen harmonischen Funktionen sprechen, so bedeutet
das, dass g als Funktion von G (⊆ R p ) nach R2 C harmonisch ist.
1.1.2 Bemerkung. Da partielle Ableitungen von Vektor-wertigen Funktionen f : G →
Rm komponentenweise berechnet werden, gilt das selbe für 4, dh.


 4 f1 (x) 


4 f (x) =  ...  ,


4 fm (x)
wobei fi = πi ◦ f mit der Projektion πi : Rm → R eines Vektors y ∈ Rm auf seinen
i-ten Eintrag. Somit ist eine Funktion g : G → Rm genau dann harmonisch, wenn alle
Komponentenfunktionen von g = (g1 , . . . , gm )T harmonisch sind.
1.1.3 Beispiel. Für M = (mi j )i=1,...,m, j=1,...,p ∈ Rm×p und y ∈ Rm ist die affine Abbildung
f : R p → Rm definiert durch f (x) = Mx + y harmonisch. In der Tat gilt für den i-ten
Eintrag fi (x) von f (x), dass
4 fi (x) = 4(yi +
p
X
j=1
mi j x j ) =
p
p
p
X
X
X
∂2
∂2
y
+
m
xj = 0 .
i
i
j
∂xk2
∂xk2
j=1
k=1
k=1
1.1.4 Fakta. Im folgenden sei G ⊆ R p immer offen und nichtleer.
1. Aus der Analysis ist bekannt, dass f : (a, b) → R genau dann harmonisch ist,
wenn f eine Geraden ist.
1
2
KAPITEL 1. GRUNDLEGENDES
2. Harmonisch zu sein ist offensichtlich eine lokale Eigenschaft, dh. g : G → Rm ist
harmonisch genau dann, wenn es für jedes x ∈ G ein x > 0 gibt, sodass g|Ux (x)
harmonisch ist.
3. Man überprüft sofort, dass alle harmonischen g : G → Rm einen Vektorraum
bilden.
4. Sei g : G → Rm in C 2 (G). Sind u ∈ R p und R > 0 fest, so ist h : x 7→ g(u + Rx)
für x ∈ R−1 · (G − u) offensichtlich in C 2 (R−1 · (G − u)) für die offene Menge
R−1 · (G − u). Dabei folgt aus der Kettenregel
4h(x) =
p
X
∂2 h
p
X
∂x j
j=1
(x) =
2
j=1
R2 ·
∂2 g
(u + Rx) = R2 · 4g(u + Rx).
∂x2j
Insbesondere ist h genau dann harmonisch, wenn g es ist.
5. Sei h : G → R p eine stetig differenzierbare Abbildung, dh. h ∈ C 1 (G). Dann
bezeichnen wir mit div h : G → R (Divergenz von h) die Abbildung
div h(x) := tr dh(x) =
p
X
∂h j
j=1
∂x j
(x).
Ist g : G → R in C 1 (G), so bezeichnet grad g = 5g : G → R p (Gradient von g
bzw. Nabla g) die Abbildung
 ∂g 
 ∂x1 (x)
 . 
grad g(x) = 5g(x) := dg(x)T =  ..  .


∂g
∂x p (x)
Für reelwertige Funktionen g, definiert auf einer offenen Teilmenge G ⊆ R p , gilt
im Falle der zweimaligen stetigen Differenzierbarkeit
4g(x) = div(5g)(x).
6. Sind h, g : G → R in C 2 (G), so folgt aus der Produktregel für j = 1, . . . , p,
∂2 (h · g)
∂
∂g ∂h
∂2 g
∂h
∂g
∂2 h
(x)
=
(h
+
g)(x)
=
h(x)
(x)+2
(x)
(x)+
(x)g(x).
∂x j ∂x j ∂x j
∂x j ∂x j
∂x2j
∂x2j
∂x2j
Also gilt 1
4(h · g)(x) = h(x) · 4g(x) + 2(5h(x), 5g(x)) + g(x) · 4h(x).
(1.1)
7. Sind g : G → R und f : (a, b) → R mit g(G) ⊆ (a, b) beide zweimal stetig
differenzierbar, so folgt aus der Ketten- und Produktregel
∂2 f ◦ g
∂
∂g
∂g 2
∂2 g
0
00
0
(x)
=
((
f
◦
g)
·
)(x)
=
f
(g(x))
(x)
+
f
(g(x))
(x).
∂x j
∂x j
∂x j
∂x2j
∂x2j
1 (., .)
bezeichnet das Skalarprodukt im R p .
1.1. DEFINITION, ELEMENTARE EIGENSCHAFTEN
3
Also gilt2
4( f ◦ g)(x) = f 00 (g(x)) · k 5 g(x) k2 + f 0 (g(x)) · 4g(x)
(1.2)
Man sieht auch leicht, dass
5( f ◦ g)(x) = f 0 (g(x)) · 5g(x).
(1.3)
8. Sei g : G → Rm harmonisch und M ∈ Rq×m . Dann sind alle Komponentenfunktionen von x 7→ Mg(x) reellwertige Linearkombinationen von harmonischen
Funktionen und somit selber harmonisch.
9. Sei G ⊆ R p offen. Für g : G → R in C 3 (G) und j = 1, . . . , p folgt aus dem Satz
∂g
∂g
von Schwarz 5 ∂x
(x) = ∂x∂ j 5 g(x) sowie ∂4g
∂x j (x) = 4 ∂x j (x).
j
Insbesondere folgt aus (1.1) für x ∈ G (π j : R p → R ist die Projektion auf die
j-te Komponente, dh. π j (x) = x j , die wegen ihrer Linearität harmonisch ist und
für die offensichtlich 5π j (x) der j-te kanonische Basisvektor e j ist.)
4(π j ·
∂g
∂4g
∂g
)(x) = 2(e j , 5
(x)) + x j ·
(x),
∂x j
∂x j
∂x j
und nach Aufsummieren über j (id : R p → R p ist die Identität)
4(id, 5g) (x) = 24g(x) + (x, 5(4g)).
Ist g harmonisch, so verschwindet dieser Ausdruck offensichtlich, und es ist auch
die Funktion x 7→ (x, 5g(x)) harmonisch.
1.1.5 Beispiel.
Für die Funktion g : R p → R mit g(x) = kxk2 =
5g(x) = 2x, 4g(x) =
p
X
Pp
4xk2 =
k=1
k=1
xk2 gilt
p
X
2 = 2p.
k=1
Die Funktion g : R2 \ {0} → R definiert durch
g(x) = ln kxk =
1
ln(x12 + x22 ),
2
(1.4)
ist wegen (vgl. (1.2) und das letzte Beispiel)
4g(x) = −
1 1
1 1
· k2xk2 +
·4=0
2 kxk4
2 kxk2
harmonisch. Das lässt sich auch direkt verifizieren:
4g(x) =
∂
x1
∂
x2
+
=
∂x1 x12 + x22 ∂x2 x12 + x22
2x12
2x22
2x12 + 2x22
1
1
1
−
+
−
=
2
−
=0
x12 + x22 (x12 + x22 )2 x12 + x22 (x12 + x22 )2
x12 + x22 (x12 + x22 )2
Man beachte, dass (vgl. (1.3)) 5g(x) =
2 Wenn
1
kxk2
·x
nichts anderes angegeben ist, dann steht k.k für die Zweinorm k.k auf R p .
4
KAPITEL 1. GRUNDLEGENDES
Für p > 2 wird die Funktion g : R p \ {0} → R definiert durch
1
1
g(x) =
· kxk2−p =
2− p
2− p
 2−p
 p
X 2  2
xk 
· 
(1.5)
k=1
genauso wie die Funktion aus dem letzten Beispiel eine wichtige Rolle spielen.
1 2−p
Wegen (vgl. (1.2) mit f (t) = 2−p
t 2 und das vorletzte Beispiel)
4g(x) = −
p
1
1 1
·
· k2xk2 +
· 2p = 0
p+2
4 kxk
2 kxk p
ist g harmonisch. Wieder lässt sich das auch direkt verifizieren:

 p
− p  p

X 2  2 
∂g
p

5g(x) = (
xk  
(x)) j=1 =  x j · 
∂x j
k=1
=
1
· x,
kxk p
j=1
− p
 p
− p+2
p X
p
X
X
 p 2  2
X 2  2
2

xk  − p
x j · 
xk 
4g(x) =
=
j=1
j=1
k=1
k=1
 p
− p
 p
− p+2 p
X 2  2
X 2  2 X
x2j = 0.
p 
xk  − p 
xk 
·
k=1
k=1
j=1
Bezeichnet g : R p \ {0} → R die Funktion aus dem vorletzten Beispiel im Fall
p = 2 bzw. die Funktion aus dem letzten Beispiel im Fall p > 2 und ist u ∈ R p , so
ist g−u : R p \ {u} → R, x 7→ g(x − u) gemäß Fakta 1.1.4, 4, ebenfalls harmonisch.
Als Graph der stetigen Funktion x 7→ x ist D := { yx ∈ R p × R p : x = y} als
Teilmenge von R p × R p R2p abgeschlossen und somit G := R2p \ D offen.
Mit dem selben g wie im letzten Beispiel ist die Funktion
H:
!
!
x
x
7 g(x − y),
→
∈ G,
y
y
als Hintereinanderausführung
von C ∞ Funktionen wieder C ∞ . Hält man y fest,
x
so ist die (x 7→ H y ) = g−y harmonisch, wie wir eben festgestellt haben. Das
gleiche gilt bei festgehaltenen y. Somit gilt
!
x
4H
= 4g−y (x) + 4g x (−y) = 0.
y
Also ist auch H harmonisch.
Nach dem Lemma 1.1.6 sind auch alle höheren partiellen Ableitungen von H in
x und in y harmonisch.
1.1.6 Lemma. Sei g : G → Rm mit einem offenen G ⊆ R p1 × R p2 R p mit p = p1 + p2 ,
p1 > 0, p2 ≥ 0, mindestens k + 2 mal stetig differenzierbar für ein k ∈ N.
1.1. DEFINITION, ELEMENTARE EIGENSCHAFTEN
5
Ist für jedes v ∈ R p2 mit3 Gv := {u ∈ R p1 : uv ∈ G} , ∅4 die Funktion u 7→ g uv , u ∈
Gv harmonisch, so gilt dasselbe für jede partielle Ableitung k-ten Grades
∂k g
∂xl1 . . . ∂xlk
von g, wobei l1 , . . . , lk ∈ {1, . . . , p}.
g
Beweis. Wegen dem Satz von Schwarz hängt ∂xl ∂...∂x
nicht von der Reihenfolge der
lk
1
xl1 , . . . , xlk ab, und ist laut Voraussetzung mindestens noch zweimal stetig differenzierbar. Wenden wir den Satz von Schwarz abermals an, so folgt für x ∈ G
k
p1
p1
p1
X
X
X
∂k g
∂k
∂g
∂k
∂2 g
∂2
(x)
=
(x)
=
(x).
∂xl1 . . . ∂xlk ∂x2j
∂xl1 . . . ∂xlk j=1 ∂x2j
∂x2j ∂xl1 . . . ∂xlk
j=1
j=1
Laut Voraussetzung
verschwindet die rechts stehende Summe. Also ist die Funktion
u
k
g
u 7→ ∂xl ∂...∂x
auf
G
v harmonisch.
v
l
1
k
q
1.1.7 Beispiel. Bezeichne g : R p \{0} → R die Funktion aus (1.4) im Fall p = 2 bzw. die
Funktion aus (1.5) im Fall p > 2. Wir wissen schon, dass für ein festes y = (y j ) pj=1 ∈ R p
die Funktion g−y : R p \ {y} → R, x 7→ g(x − y) ebenfalls harmonisch ist. Die Funktion
1
g−y ist C ∞ , wobei Og−y (x) = kx−yk
p (x − y).
Wegen Lemma 1.1.6 sind auch die Funktionen
harmonisch und daher auch ihre Linearkombination
x 7→ −
p
X
j=1
yj
∂g−y
∂x j ,
j = 1, . . . , p, auf R p \ {y}
∂g−y
−(x, y) + kyk2
(x) = −(y, Og−y (x)) =
.
∂x j
kx − yk p
Aus Fakta 1.1.4, 9, folgern wir, dass auch die Funktion
x 7→ −(x, 5g−y (x)) =
−kxk2 + (x, y)
kx − yk p
auf R p \ {y} harmonisch ist. Die Summe
x 7→
kyk2 − kxk2
kx − yk p
dieser Funktionen ist somit auch auf dieser Menge harmonisch.
Im Falle kyk = 1 hat diese Funktion die Gestallt
℘(x, y) =
1 − kxk2
,
kx − yk p
(1.6)
und wird als Poisson-Kern bezeichnet.
1.1.8 Proposition. Sei (Ω, A, µ) ein Maßraum mit einem endlichen, nichtnegativen
Maß µ und sei G ⊆ R p offen. Weiters sei k ∈ N und h : Ω × G → Rq eine Funktion
derart,
3 Dieser
4 Im
Schnitt der Menge G ist offen in R p1 , da Gv und (R p1 × {v}) ∩ G homöomorph sind.
Falle p2 = 0 ist Gv = G zu setzen.
6
KAPITEL 1. GRUNDLEGENDES
dass für jedes feste t ∈ Ω die Funktion x 7→ h(t, x) in C k (G) liegt,
dass für jedes feste x ∈ G die Funktion t 7→ h(t, x) messbar auf Ω ist,
dass für jede kompakte Teilmenge K ⊆ G die Funktion h und alle partiellen
Ableitungen von h vom Grad kleiner oder gleich k auf Ω × K beschränkt sind,
dh. für m = 1, . . . , k
kh(t, x)k ≤ C K , k
∂m h
(t, x)k ≤ C K ,
∂xl1 . . . ∂xlm
t ∈ Ω, x ∈ K, l1 , . . . lm ∈ {1, . . . , p}, (1.7)
für eine von K abhängige Konstante C K ∈ (0, +∞).
R
Dann gilt liegt die Funktion g : G → Rq , x 7→ Ω h(t, x) dµ(t) auch in C k (G), wobei
für m = 1, . . . , k
Z
∂m g
∂m h
(x) =
dµ(t), x ∈ G, l1 , . . . lm ∈ {1, . . . , p} .
∂xl1 . . . ∂xlm
∂xl1 . . . ∂xlm
Ω
Insbesondere ist g auf G harmonisch, wenn für jedes t ∈ Ω die Funktion x 7→ h(t, x)
auf G harmonisch ist.
Beweis. Wegen Bemerkung 1.1.2 genügt es, skalarwertige harmonische Funktionen zu
betrachten, dh. m = 1.
Sei y ∈ G und > 0 so klein, dass K (y) ⊆ G. Da µ endlich und h voraussetzungsgemäß beschränkt auf K (y) ⊇ U (y) ist, und da t 7→ h(t, x) messbar ist, existiert das
Integral
Z
g(x) =
h(t, x) dµ(t)
für alle x ∈ U (y). Da die Ableitung des Integranden nach einer Variablen x j auf
K (y) ⊇ U (y) vom Betrag her durch eine auch von t unabhängige Konstante abgeschätzt werden kann, und da wegen der Endlichkeit von µ diese Konstante integrierbar ist, gilt für x ∈ U (y) (siehe Analysis 3)
Z
Z
∂
∂
h(t, x) dµ(t) =
h(t, x) dµ(t),
∂x j
∂x j
wobei insbesondere der Integrand auf der rechten Seite messbar ist. Wir können dieses
Argument wiederholt anwenden und erhalten rekursiv (x ∈ G, l1 , . . . lm ∈ {1, . . . , p})
Z
Z
∂m
∂m
h(t, x) dµ(t)
(1.8)
h(t, x) dµ(t) =
∂xl1 . . . ∂xlm
∂xl1 . . . ∂xlm
für m = 1, 2, . . . , k. Aus der Stetigkeit der Abbildungen x 7→ ∂xl ∂...∂xl h(t, x) folgt zu1
k
sammen ihrer vorausgesetzten lokalen Beschränktheit mit dem entsprechenden Resultat aus der Analysis 3, dass für m = k der Ausdruck in (1.8) stetig in x ∈ G ist.
Sind die Funktionen x 7→ h(t, x) auf G für t ∈ Ω alle harmonisch, so gilt
Z
Z X
p
p
X
∂2
∂2
h(t,
x)
dµ(t)
=
h(t, x) dµ(t) = 0,
2
∂x j
∂x2j
j=1
j=1
k
womit g auf U (y) harmonisch ist.
q
1.1. DEFINITION, ELEMENTARE EIGENSCHAFTEN
7
1.1.9 Beispiel. Sei Ω = S p−1 := K1 (0) \ U1 (0) die Einheitskugeloberfläche im R p und
sei ν irgendeine nichtnegatives Borelmaß darauf. Da S p−1 kompakt ist, folgt immer
ν(S p−1 ) < +∞. Weiters sei f : Ω → R integrierbar. Wir schreiben f als f = | f | · u,
wobei u messbar ist und nur Werte in {−1, +1} annimmt.
Für (vgl. (1.6))
h(y, x) := u(y) · ℘(x, y) = u(y) ·
1 − kxk2
kx − yk p
mit y ∈ S p−1 und x ∈ U1 (0) ist wegen Beispiel 1.1.7 x 7→ h(y, x) harmonisch für alle
y ∈ S p−1 . Da y 7→ ℘(x, y) stetig ist, ist y 7→ h(y, x) auch messbar auf Ω und zwar für
alle x ∈ U1 (0).
1
∞
Schließlich ist yx 7→ kx−yk
p als Zusammensetzung der C -Funktionen
!
p
x
7 kx − yk2 und t 7→ t− 2 , t ∈ (0, +∞),
→
y
selber C ∞5 und zwar für yx in der offenen Menge { uv ∈ R2p : u , v}. Wegen der
Produktregel ist es daher auch yx 7→ ℘(x, y). Insbesondere sind
∂m ℘
(x, y), l1 , . . . , lm ∈ {1, . . . , p}
(1.9)
∂xl1 . . . ∂xlm
für alle m ∈ N als Funktionen von yx auf { uv ∈ R2p : u , v} und daher insbesondere
auf K × S p−1 für jedes kompakte K ⊆ U1 (0) stetig. Da letztere Menge kompakt ist, gilt
(1.7).
Somit können wir Proposition 1.1.8 auf h und das Maß dµ = | f | · ν anwenden und
erhalten, dass die Funktion
Z
x 7→
℘(x, y) · f (y) dν(y)
(1.10)
℘(x, y),
S p−1
auf U1 (0) harmonisch ist, und dass für alle m ∈ N und l1 , . . . , lm ∈ {1, . . . , p}
Z
Z
∂m
∂m
℘(x, y) · f (y) dν(y).
℘(x, y) · f (y) dν(y) =
∂xl1 . . . ∂xlm
∂xl1 . . . ∂xlm
S p−1
(1.11)
S p−1
Somit ist die Funktion (1.10) sogar C ∞ auf U1 (0).
Im Fall p = 2 sind die harmonischen Funktionen eng verwoben mit den analytischen Funktionen.
1.1.10 Proposition. Ist G ⊆ C offen und f : G → C holomorph, so ist f auch harmonisch. Insbesondere sind dann Real- und Imaginärteil von f harmonisch.
Ist umgekehrt u : G → R harmonisch für ein einfach zusammenhängendes Gebiet
G ⊆ C, so gibt es ein bis auf eine imaginäre Konstante eindeutiges holomorphes f :
G → C, sodass u ≡ Re f .
5 Man
beweist durch vollständige Induktion nach dem Grad k der partiellen Ableitung mit Hilfe der eindimensionalen Ketten- und Produktregel, dass für g : G → R und f : (a, b) → R mit offenen G ⊆ R p und
g(G) ⊆ (a, b) aus f, g ∈ C ∞ folgt, dass
f ( j)
◦ g, j = 0, . . . , k sowie
∂k ( f ◦g)
∂xm1 ...∂xmr
∂k ( f ◦g)
∂xl1 ...∂xlk
(x) eine endliche Summe von Produkten der Funktionen
(x) mit 0 ≤ r ≤ k ist. Somit gilt auch f ◦ g ∈ C ∞ .
8
KAPITEL 1. GRUNDLEGENDES
Beweis. Ist f : G → C analytisch, so gelten die Cauchy-Riemannschen Differentielgleichungen (z = x + iy)
∂u
∂v
∂v
∂u
(z) = (z),
(z) = − (z),
∂x
∂y
∂x
∂y
(1.12)
wobei u = Re f und v = Im f . Offensichtlich kann man (1.12) auch schreiben als
∂f
∂f
(z) = −i ·
(z).
∂x
∂y
(1.13)
Da holomorphe Funktionen beliebig oft differenzierbar sind, folgt aus dieser Gleichung
abgeleitet nach x
∂2 f
∂2 f
(z)
=
−i
·
(z).
∂x∂y
∂x2
Wegen dem Satz von Schwarz und wegen (1.13) abgeleitet nach y ist dieser Ausdruck
gleich
∂2 f
∂2 f
(z) = (−i)2 · 2 (z).
−i ·
∂y∂x
∂y
Daraus folgt sofort 4 f = 0. Wegen Bemerkung 1.1.2 sind auch u = Re f und v = Im f
harmonisch.
Ist umgekehrt u : G → R harmonisch und G ⊆ C ein einfach zusammenhängendes
∂u
Gebiet, so setzen wir α(z) := ∂u
∂x (z), β(z) := − ∂y (z) und F(z) := α + iβ. Dann sind
α : G → R, β : G → R und F : G → C alle drei C 1 -Funktionen, wobei wegen 4u = 0
und wegen dem Satz von Schwarz
∂F
∂α
∂β
∂2 u
∂2 u
(z) =
(z) + i (z) = 2 (z) − i
(z) =
∂x
∂x
∂x
∂x∂y
∂x
−
∂2 u
∂2 u
∂β
∂α
∂F
(z)
−
i
(z) =
(z) − i (z) = −i ·
(z).
∂y∂x
∂y
∂y
∂y
∂y2
Also ist F holomorph. Da G einfach zusammenhängend ist, gibt es eine holomorphe
Stammfunktion f , dh. f : G → C mit f 0 = F. Wegen f 0 = ∂∂xf = −i ∂∂yf gilt
∂ Im f
∂ Re f
∂u
=
= Re F = α =
∂y
∂x
∂x
und
−
∂ Re f
∂ Im f
∂u
=
= Im F = β = − .
∂y
∂x
∂y
Insbesondere ist d(Re f )(z) = du(z) (∈ L(R2 , R)) für alle z ∈ G. Da Gradientenfelder
wegunabhängig sind, und da in G je zwei Punkte durch einen Polygonzug verbindbar
sind, folgt daraus Re f = u + c für ein c ∈ R. Nun ist f − c die gesuchte holomorphe
Funktion.
Falls g : G → C eine weitere holomorphe Funktion mit Re g = u ist, so ist
f − c − g : G → C auch holomorph mit einem verschwindenden Realteil. Aus den
Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen folgt d( f − c − g)(z) = 0 und daraus,
dass f − c − g eine Konstante sein muss.
q
1.1. DEFINITION, ELEMENTARE EIGENSCHAFTEN
9
Aus der komplexen Analysis ist bekannt, dass die Hintereinanderausführung von
holomorphen Funktionen wieder holomorph ist. Somit ist im Falle p = 2 die Hintereinanderausführung einer holomorphen und dann einer harmonischen Funktion wieder
harmonisch. Im Allgemeinen wollen wir punkto Zusammensetzung folgendes Resultat
bringen, das auch den soeben erwähnten Fall p = 2 abdeckt, da für holomorphes f die
Ableitung d f (x) betrachtet als reelle 2 × 2-Matrix reelles Vielfaches einer Drehung ist.
1.1.11 Definition. Sei O ⊆ R p offen und ψ : O → R p stetig differenzierbar. Die
Funktion ψ heißt konform, wenn dψ(x) für alle x ∈ O ein skalares Vielfaches einer
orthogonalen Matrix ist, dh. falls dψ(x)T dψ(x) = dψ(x)dψ(x)T = α(x) · I für alle x ∈ O,
wobei α(x) ∈ R6 .
1.1.12 Lemma. Sei g : G → Rm mit offenem G ⊆ R p in C 2 und ψ : O → R p
mit offenem O ⊆ R p konform und auch in C 2 . Sei α(x) ∈ R, sodass dψ(x)T dψ(x) =
dψ(x)dψ(x)T = α(x) · I. Dann gilt für g ◦ ψ : ψ−1 (G) → Rm
4(g ◦ ψ)(x) = dg(ψ(x)) 4ψ(x) + α(x)4g(ψ(x)).
(1.14)
Sind g und ψ dabei auch harmonisch, so ist auch g ◦ ψ harmonisch.
Beweis. Wegen Bemerkung 1.1.2 genügt es, skalarwertige harmonische Funktionen zu
betrachten, dh. m = 1.
Für jedes x ∈ ψ−1 (G) gilt wegen der Kettenregel d(g ◦ ψ)(x) = dg(ψ(x)) dψ(x) (∈
L(R p , R) R1×p ), und daher ( j = 1, . . . , p) (siehe Fakta 1.1.4, 5)
∂
∂2
g ◦ ψ(x) =
(dg(ψ(.)) dψ(.)e j )(x).
2
∂x j
∂x j
Wegen der Produktregel - (Ab)0 = A0 b + Ab0 für Matrix-wertige Funktionen A und
Vektor-wertige Funktionen b - ist obiger Ausdruck gleich
∂
∂
(dg(ψ(.))(x) dψ(x)e j + dg(ψ(x))
(dψ(.)e j )(x).
∂x j
∂x j
(1.15)
Da x 7→ dg(ψ(x))T = (dg)T ◦ψ(x) eine R p wertige Funktion ist, folgt aus der Kettenregel
!
∂2 g
∂
((dg)T ◦ ψ)(x) = d((dg)T ◦ ψ)(x) e j =
(ψ(x))
dψ(x)e j .
|
{z
}
∂x j
∂xk xl
k,l=1,...,p
|
{z
}
∈R p×p
∈R p
Nimmt man hier wieder die Transponierte und beachtet, dass
∂
∂
T
( ∂x
2 ψ1 , . . . , ∂x2 ψ p ) ,
j
j
2
2
∂
∂x j (dψ(.)e j )(x)
=
so stimmt (1.15) überein mit
eTj dψ(x)T
!
∂2 g
(ψ(x))
dψ(x)e j + dg(ψ(x))
∂xk xl
k,l=1,...,p
 ∂2 
 2 ψ1 
 ∂x j 
 . 
 ..  .
 ∂2 
2 ψp
∂x j
6 Da links- bzw. rechts-Inverse von quadratischen Matrizen immer auch Inverse sind, genügt schon eine
der Bedingungen dψ(x)T dφ(x) = α(x) · I oder dψ(x)dψ(x)T = α(x) · I.
10
KAPITEL 1. GRUNDLEGENDES
Summieren wir die letzte Gleichung über j = 1, . . . , p auf und beachten, dass 4ψ =
(4ψ1 , . . . , 4ψ p )T , so folgt
!
∂2 g
T
4(g ◦ ψ)(x) = tr dψ(x)
(ψ(x))
dψ(x) + dg(ψ(x)) 4ψ(x).
∂xk xl
k,l=1,...,p
Wegen tr AB = tr BA, wegen dψ(x)T dψ(x) = dψ(x)dψ(x)T = α(x) · I und wegen der
Linearität der Spur folgt daraus die behauptete Gleichheit.
Ist g harmonisch, so verschwindet dabei der zweite Summand und ist auch ψ
harmonisch, dann auch der erste.
q
1.1.13 Bemerkung. Speziell erfüllt ψ(x) = U x für ein orthogonales U ∈ R
die
Voraussetzungen von Lemma 1.1.12. Also ist x 7→ g(U x) immer harmonisch, wenn g
es ist und wenn U T = U −1 .
Insbesondere ist die Tatsache harmonisch zu sein für eine Funktion g : R p → Rm
nicht von den gewählten Koordinaten auf R p abhängig. Ein Koordinatenwechsel zu
einer anderen orthogonal Basis auf R p entspricht ja dem Übergang von g(x) zu g(U x)
für ein geeignetes orthogonales U.
p×p
1.2
Kelvin Transformation
Wir wollen die Abbildung
x 7→ x∗ :=
x
, R p \ {0} → R p \ {0},
kxk2
(1.16)
studieren. Wegen (x∗ )∗ = x ist sie eine Involution und daher insbesondere bijektiv.
1
gilt dabei
Wegen kx∗ k = kxk
(S p−1 )∗ = S p−1 , (U1 (0) \ {0})∗ = R p \ K1 (0), (R p \ K1 (0))∗ = U1 (0) \ {0}.
Offensichtlich ist x 7→ x∗ sogar C ∞ und somit insbesondere ein Homöomorphismus.
Dabei ist
2x j
∂.∗
1
ej −
x,
(x) =
2
∂x j
kxk
kxk4
und daher
2
1
d(.∗ )(x) =
I−
xxT .
(1.17)
2
kxk
kxk4
Aus xT x = kxk2 folgt
d(.∗ )(x)T d(.∗ )(x) =
1
4
4
I−
xxT +
(xxT )(xxT ) =
kxk4
kxk8
kxk6
(1.18)
4
1
4
1
xxT +
I−
kxk2 xxT =
I.
4
8
6
kxk
kxk
kxk4
kxk
Also ist x →
7 x∗ in der Tat konform. Sie ist aber nur im Falle p = 2 auch harmonisch,
da
4 − 2p
4(.∗ ) =
x.
(1.19)
kxk4
Also ist x 7→ h(x∗ ) für ein harmonisches h im Fall p > 2 im allgemeinen nicht harmonisch, vgl. Lemma 1.1.12. Durch eine leichte mulitplikative Korrektur erhalten wir
aber folgende Aussage.
1.2. KELVIN TRANSFORMATION
11
1.2.1 Proposition. Sei G ⊆ R p \ {0} offen und sei h : G → R harmonisch. Dann ist die
Funktion
1
K[h] : G∗ → R, x 7→
· h(x∗ )
kxk p−2
auch harmonisch. K[h] wird als Kelvin Transformierte bezeichnet.
Beweis. Im Falle p = 2 folgt die Aussage sofort aus Lemma 1.1.12, da dann x 7→ x∗
harmonisch ist.
Im Falle p > 2 gilt gemäß (1.1)
4K[h](x) = kxk2−p · 4(h ◦ .∗ )(x) + 2(5kxk2−p , 5(h ◦ .∗ )(x)) + 4kxk2−p · h(x∗ ).
Nun ist 5kxk2−p = (2 − p)kxk−p x, 4kxk2−p = 0, siehe Beispiel 1.1.5. Außerdem folgt
aus (1.14) und (1.18), (1.19)
4(h ◦ .∗ )(x) =
4 − 2p
1
4 − 2p
dh(x∗ )x +
4h(x∗ ) =
dh(x∗ )x.
4
4
kxk
kxk
kxk4
Aus (1.17) folgt wegen der Kettenregel d(h ◦ (.∗ ))(x) =
daher
4K[h](x) = kxk2−p ·
1
dh(x∗ ) − kxk2 4 dh(x∗ )xxT
kxk2
und
4 − 2p
1
2
dh(x∗ )x + 2(2 − p)kxk−p ( 2 dh(x∗ ) −
dh(x∗ )xxT )x =
kxk4
kxk
kxk4
4 − 2p
2(2 − p)
4(2 − p)
dh(x∗ )x +
dh(x∗ )x −
dh(x∗ )x = 0.
p+2
p+2
kxk
kxk
kxk p+2
q
1.2.2 Bemerkung. Im Falle p = 2 ist x 7→ x∗ nichts anderes, als z 7→ 1z̄ .
Wegen Proposition 1.2.1 lässt sich sinnvoll definieren, wann sich eine Funktion harmonisch bei ∞ fortsetzen lässt. Dazu betrachten wir die Alexandroff-Kompaktifizierung
R p ∪ {∞} von R p . Die offenen Teilmengen davon sind genau diejenigen von R p und die
Mengen der Form (R p ∪ {∞}) \ K, wobei K ⊆ R p kompakt ist.
Klarerweise können wir die Abbildung x 7→ x∗ zu einer Involution von R p ∪ {∞}
fortsetzen, indem wir 0∗ = ∞ und ∞∗ = 0 setzen. Man zeigt leicht, dass auch diese
Fortsetzung ein Homöomorphismus ist.
1.2.3 Definition. Sei G ⊆ R p ∪ {∞} eine offene, ∞ enthaltende Menge. Eine harmonische Funktion h : G \ {∞} → R heißt harmonisch bei ∞ fortsetzbar, falls
K[h|G\{∞,0} ] : (G \ {∞, 0})∗ = G∗ \ {∞, 0} → R harmonisch auf G∗ \ {∞} fortsetzbar
ist.
Als letztes wollen wir noch auf folgende geometrische Bedeutung der Abbildung
x 7→ x∗ hinweisen. Dabei ist eine verallgemeinerte Kreisoberfläche in R p ∪ {∞} eine
Teilmenge davon der Bauart u + rS p−1 für gewisse u ∈ R p und r > 0 oder eine affine
Hyperebene samt ∞.
1.2.4 Lemma. Die Funktion x 7→ x∗ als Abbildung von R p ∪ {∞} auf sich bildet
verallgemeinerte Kreisoberflächen auf ebensolche ab.
12
KAPITEL 1. GRUNDLEGENDES
Beweis. Man überzeugt sich durch elementare Überlegungen, dass E ⊆ R p ∪{∞} genau
dann eine verallgemeinerte Kreisoberflächen ist, wenn



,a , 0
∅
p
2
E = {x ∈ R : akxk + (b, x) + c = 0} ∪ 

{∞} , a = 0
für gewisse b ∈ R p und a, c ∈ R mit kbk2 − 4ac > 0. Schreiben wir das als



∅
, a , 0, c , 0






, a = 0, c , 0
{∞}
,
E = {x ∈ R p \ {0} : akxk2 + (b, x) + c = 0} ∪ 


{0}
, a , 0, c = 0





{∞, 0} , a = 0 = c
so folgt aus (x < {0, ∞})
akx∗ k2 + (b, x∗ ) + c = a
kxk2
1
1 2
+
(b,
x)
+
c
=
a
+
(b,
x)
+
ckxk
kxk4 kxk2
kxk2
sofort



∅






{0}

E ∗ = {x ∈ R p \ {0} : ckxk2 + (b, x) + a = 0} ∪ 


{∞}





{∞, 0}
, a , 0, c , 0
, a = 0, c , 0
.
, a , 0, c = 0
,a = 0 = c
Also ist auch E ∗ eine verallgemeinerte Kreisoberfläche.
q
Kapitel 2
Poissonscher Darstellungssatz
2.1
Oberflächen Maß
Ehe wir die harmonischen Funktionen weiter betrachten, sei an den Begriff der Mannigfaltigkeit im R p erinnert.
2.1.1 Definition. Für M ⊆ R p , p ≥ 1, heißt eine Abbildung φ : D → M mit D ⊆
Rd , 0 < d ≤ p eine d-dimensionale Einbettung in M, wenn
∅ , D offene Teilmenge von Rd ist,
φ(D) offene Teilmenge von M bzgl. der Spurtopologie ist, dh. φ(D) = M ∩ U für
eine in R p offene Teilmenge U,
φ : D → φ(D) ein Homöomorphismus1 ist,
φ als Abbildung von D nach R p stetig differenzierbar ist,
dφ(s) für alle s ∈ D injektiv ist, d.h. dφ(s) maximalen Rang d hat.
Eine nichtleere Teilmenge M ⊆ R p heißt d-dimensionale (0 < d ≤ p) Mannigfaltigkeit im R p , falls es zu jedem x ∈ M eine d-dimensionale Einbettung φ : D → M mit
x ∈ φ(D) gibt.
2.1.2 Bemerkung. Ist M eine p-dimensionale Mannigfaltigkeit im R p , so ist φ(D) als
Folgerung des Umkehrsatzes offen in R p für jede p-dimensionale Einbettung φ : D →
M. Also ist M als Vereinigung offener Mengen selber offen in R p .
Ist umgekehrt M ⊆ R p offen, so ist die Abbildung ι M : M → M, ι M (x) = x,
eine p-dimensionale Einbettung mit allen x ∈ M in ihrem Bild. Also sind die offenen
Teilmengen von R p genau die p-dimensionale Mannigfaltigkeiten im R p .
2.1.3 Beispiel. Eine ganz wichtige (p−1)-Mannigfaltigkeit im R p ist die Einheitsspähre
S p−1 = {x ∈ R p : kxk = 1},
P
also x ∈ S p−1 genau dann, wenn pj=1 x2j = 1.
Einbettungen in S p−1 lassen sich ausgehend von der Kugelkoordinatenfunktion
T p : [0, +∞) × R p−1 → R p ,
1 Also
eine in beide Richtungen stetige Abbildung, wobei φ(D) mit der Spurtopologie versehen ist.
13
14
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ



 cos α cos θ1 cos θ2 · · ·
r
 sin α cos θ cos θ · · ·


1
2

 α 



sin
θ
cos
θ
1
2 ···



T p  θ1  = r · 

 . 

 .. 




θ p−2
cos θ p−3 cos θ p−2
cos θ p−3 cos θ p−2
cos θ p−3 cos θ p−2
..
.
sin θ p−3 cos θ p−2
sin θ p−2






 ,



(2.1)
wobei


 r 
 α 




det dT p  θ1  = r p−1 cos θ1 cos2 θ2 . . . cos p−2 θ p−2 ,
 . 
 .. 


θ p−2
(2.2)
angeben. Schränkt man diese Funktion etwa auf {1} × (0, 2π) × (− π2 , π2 ) p−2 ein, so erhält
man eine Einbettung




 1 
α


 α 
 θ 


1 
π π p−2

→ S p−1 , φ  .  = T p  θ1  .
φ : (0, 2π) × (− , )
 . 
 .. 
|
{z 2 2 }
 .. 


p−1


=D ⊆ R
θ p−2
θ p−2
Ihr Bild φ(D) ist dabei zwar nicht ganz S p−1 , aber das, was von der Einheitskugel fehlt
ist verhältnismäßig wenig:
φ(D) = S p−1 \ {x ∈ R p : x1 ≥ 0, x2 = 0}.
Durch die Wahl eines andern D kann man ganz S p−1 durch derartige Einbettungen
überdecken.
Um auf d-dimensionalen Mannigfaltigkeiten M ⊆ R p integrieren zu können,
definiert man das sogenannte Oberflächenmaß. Dafür sei φ j : D j → M, j ∈ N,
S
eine Folge von Einbettungen, sodass M = j∈N φ j (D j )2 . Die Existenz einer solchen
Überdeckung folgt aus der Tatsache, dass M versehen mit der Relativtopologie eine
abzählbare Basis hat.
Es gibt nun eine Partition, d.h. eine disjunkte Vereinigung,
X
M=
M j mit M j ⊆ φ j (D j ), M j ∈ B(M), j ∈ N.
j∈N
M j := φ j (D j ) \ (φ1 (D1 ) ∪ · · · ∪ φ j−1 (D j−1 )) ist ein Beispiel für eine solche Partition.
2.1.4 Definition. Für A ∈ B(M) := B p ∩ M 3 definieren wir4
Z
∞
q
X
µ(A) :=
det dφ j (s)T dφ j (s) dλd (s) (∈ [0, +∞]),
j=1
(2.3)
φ−1
j (A∩M j )
2 Sollten schon endlich viele Einbettungen φ , . . . , φ ausreichen, um M zu überdecken, so kann man im
1
k
folgenden formal mit der Folge φ1 , . . . , φk , φk , φk , . . . arbeiten.
3 B sind die Borelteilmengen von R p .
p
4 Aus der Linearen Algebra ist bekannt, dass für eine Matrix C ∈ R p×d mit vollen Rang, dh. C ∈ L(Rd , R p )
ist injektiv, die Matrix C T C ∈ Rd×d symmetrisch, regulär und positiv definit ist. Somit hat C T C nur positive
Eigenwerte und daher det C T C > 0.
2.1. OBERFLÄCHEN MASS
15
und nennen µ das Oberflächenmaß auf M.
Dieses Maß hat eine Reihe wichtiger Eigenschaften.
2.1.5 Fakta.
1. µ : B(M) → [0, +∞] ist tatsächlich ein Maß. Es ist unabhängig von der Wahl der
Folge φ j , j ∈ N, und von der Partition M j , j ∈ N, d.h. eine andere Wahl erzeugt
dasselbe Maß.
2. Ist A ∈ B(M) im Bild einer Einbettung φ enthalten, so gibt es sicherlich eine
Folge von Einbettungen, deren Bilder ganz M überdecken, und sodass φ das
erste Folgenglied ist. Wählt man noch M1 = φ(D), so gilt
Z p
det dφ(s)T dφ(s) dλd (s).
(2.4)
µ(A) =
φ−1 (A)
3. Im Falle d = p ist M nach Bemerkung 2.1.2 eine offene Teilmenge von R p , und
ι M : M → M ist eine Einbettung. Ausgehend von dieser Einbettung folgt wegen
dι M (s) = I ∈ Rd×d aus Definition 2.1.4 sofort, dass µ = λd .
4. Für ein messbares f : M → [0, +∞] gilt
Z
q
X Z
f dµ =
( f ◦ φ j ) · det dφ j (s)T dφ j (s) dλd (s),
j∈N
M
(2.5)
φ−1
j (M j )
wobei die linke Seite genau dann endlich ist, wenn es die rechte Seite ist. Wir
schließen daraus, dass ein messbares, reell- oder komlexwertiges f auf M genau
dann integriebar ist, wenn
q
X Z
| f ◦ φ j | · det dφ j (s)T dφ j (s) dλd (s) < +∞.
j∈N
φ−1
j (M j )
In diesem Fall gilt (2.5).
5. Sei M eine d-dimensionale Mannigfaltigkeit im R p , R > 0, x ∈ R p fest. Mit
M ist auch N := RM + x eine d-dimensionale Mannigfaltigkeit im R p , da mit
φ
p : D → M auch φ̃ := Rφ
p + x : D → N eine Einbettung ist. Aus der Beziehung
det dφ̃(s)T dφ̃(s) = Rd · det dφ(s)T dφ(s) kann man herleiten, dass µN (RB+x) =
Rd µ M (B) für alle B ∈ B(M) und
Z
Z
f dµN = Rd
f (Ry + x) dµ M (y),
N
M
für jede messbare Funktion f : N → [0, +∞], und für jede messbare Funktion
f : N → R (C) in dem Sinne, dass die linke Seite genau dann existiert, wenn es
die rechte Seite tut.
6. Sei M eine d-dimensionale Mannigfaltigkeit im R p , und sei T ∈ R p×p orthogonal, dh. T T ∗ = T ∗ T = I. Mit M ist auch N := T (M) eine d-dimensionale
16
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
Mannigfaltigkeit im R p , da mit φp: D → M auch φ̃ := Tp ◦ φ : D → N eine Einbettung ist. Aus der Beziehung det dφ̃(s)T dφ̃(s) = det dφ(s)T T T T dφ(s) =
p
det dφ(s)T dφ(s) kann man herleiten, dass µN (T (B)) = µ M (B) für alle B ∈ B(M)
und
Z
Z
f dµN =
f ◦ T dµ M ,
N
M
für jede messbare Funktion f : N → [0, +∞], und für jede messbare Funktion
f : N → R (C) in dem Sinne, dass die linke Seite genau dann existiert, wenn es
die rechte Seite tut.
7. Sei M eine d-dimensionale Mannigfaltigkeit im R p . Alle N ⊆ M, die selber mdimensionale Mannigfaltigkeiten (0 < m < d) sind, liegen in B(M) und haben in
M Oberflächenmaß Null. Das gilt auch für alle B ∈ B(N) = B p ∩ N.
2.1.6 Beispiel. Wir betrachten die (p − 1)-dimensionale Mannigfaltigkeit S p−1 und die
Einbettung φ aus Beispiel 2.1.3. Ihr Oberflächenmaß werde mit µ bezeichnet.
Ist A ∈ B(S p−1 ), so gilt - beachte, dass φ(D) offen in S p−1 ist und daher in der
σ-Algebra B(S p−1 ) liegt,
µ(A) = µ(A ∩ φ(D)) + µ(A \ φ(D)).
Nun gilt S p−1 \ φ(D) ⊆ {x ∈ S p−1 : x2 = 0}. Die rechte Seite lässt sich als (p − 2)dimensionale Mannigfaltigkeit identifizieren. Wegen Fakta 2.1.5, 7, gilt µ(A \ φ(D)) =
0. Aus (2.4) folgt somit
Z p
det dφ(s)T dφ(s) dλd (s).
µ(A) = µ(A ∩ φ(D)) =
φ−1 (A)
Man überprüft leicht, dass φ(s) normal auf alle Spalten von dφ(s) steht. Insbesondere
hat dT p (r, s)T dT p (r, s) mit r ∈ (0, +∞), s ∈ D, Blockdiagonalgestalt (siehe (2.1))
!
1
0
dT p (r, s)T dT p (r, s) =
0 r2 · dφ(s)T dφ(s).
Daraus folgt
p
det dφ(s)T dφ(s) =
1
r p−1
q
dT p (r, s)T dT p (r, s) = cos θ1 cos2 θ2 . . . cos p−2 θ p−2 . (2.6)
Für ein messbares f : S p−1 → R (C) gilt somit
Z
Z
f dµ = ( f ◦ φ(s)) · cos θ1 cos2 θ2 . . . cos p−2 θ p−2 dλ p−1 (s).
S p−1
(2.7)
D
Ist R > 0, x ∈ R p fest, und betrachtet man die Oberfläche x + R · S p−1 der offenen
Kugel UR (x) mit Radius R um x, so ist wegen Fakta 2.1.5, 5, auch x + R · S p−1 eine
(p − 1)-dimensionale Mannigfaltigkeit, wobei
Z
Z
p−1
f dµ x+R·S p−1 = R
f (x + Ry) dµS p−1 (y),
(2.8)
x+R·S p−1
S p−1
2.1. OBERFLÄCHEN MASS
17
für jedes messbare f definiert auf x + R · S p−1 . Dabei bezeichnet µ x+R·S p−1 das
Oberflächenmaß auf x + R · S p−1 und µS p−1 das Oberflächenmaß auf S p−1 .
Ist schließlich f : R p → R (C) integrierbar, so folgt aus der Transformationsregel
mehrdimensionaler Integrale (siehe auch (2.6) sowie (2.8))
Z
Z
f ◦ T p · | det dT p | dλ p =
f dλ p =
(0,+∞)×(0,2π)×(− π2 , π2 ) p−2
Rp
Z
(0,+∞)




 α 
 α 
 θ 
 θ 
 1 
 1 
r p−1 ·
f (r·φ  . )·cos θ1 cos2 θ2 . . . cos p−2 θ p−2 dλ p−1  .  dλ(r) =
 .. 
 .. 




(0,2π)×(− π2 , π2 ) p−2
θ p−2
θ p−2
Z
Z
Z Z
r p−1 ·
f (ry) dµ(y) dλ(r) =
f (y) dµrS p−1 (y) dλ(r).
(2.9)
Z
(0,+∞)
(0,+∞) rS p−1
S p−1
Die Gleichheit gilt auch, wenn f : R → [0, +∞] messbar ist, dh. das Integral auch den
Wert +∞ annehmen kann. Wenden wir (2.9) speziell auf f = 1KR (0) an, so folgt
Z
Rp
λ p (KR (0)) = µ(S p−1 )
r p−1 dλ(r) =
· µ(S p−1 ).
(2.10)
p
p
(0,R]
Für den Aufbau der Theorie der harmonichen Funktionen benötigen wir den Satz
von Gauß und den von Green, die auch noch mit schwächeren Voraussetzungen gültig
sind. Wir wollen ihn hier in der Form bringen, in der wir ihn benötigen.
Es geht dabei um offene Teilmengen G des R p mit p ≥ 2 derart, dass der topologische Rand ∂G = G \ G eine (p − 1)-dimensionale Mannigfaltigkeit ist. Ein Beispiel
für so ein G ist der offene Einheitskreis U1 (0), dessen Rand S p−1 wir in Beispiel 2.1.3
studiert haben.
In dem Fall gibt es auch eine stetige Funktion, die sogenannte äußere Normalenfunktion, v : ∂G → R p derart, dass für alle y ∈ ∂G
kv(y)k = 1.
v(y) normal auf den Tangentialraum von ∂G in y steht, dh.
0 = (v(y), dφ(t)a) = v(y)T dφ(t)a
für alle a ∈ R p−1 und allen Einbettungen φ : D → ∂G mit φ(D) 3 y, wobei t ∈ D
mit φ(t) = y.
c
und für alle hinreichend kleinen δ > 0 gilt y + δ v(y) ∈ G und y − δ v(y) ∈ G, dh.
dass v(y) ins Äußere von G zeigt.
2.1.7 Satz (Gaußscher Integralsatz). Sei G ⊆ R p offen, beschränkt und derart, dass
sein Rand ∂G eine (p − 1)-dimensionale Mannigfaltigkeit ist. Weiters sei h : G → R p
eine stetige Funktion, sodass h|G stetig differenzierbar ist.
∂hi
Ist x 7→ ∂x
(x) für i, j = 1, . . . , p, über G nach λ p integrierbar, so gilt
j
Z
Z
div h(x) dλ p (x) =
v(y)T h(y) dµ(y).
G
∂o G
18
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
2.1.8 Satz (Greenscher Integralsatz). Sei G ⊆ R p offen, beschränkt und derart, dass
sein Rand ∂G eine (p−1)-dimensionale Mannigfaltigkeit ist. Weiters seien g, h : O → R
beide C 2 auf einer offenen, G enthaltenden Menge O.
Dann gilt
Z
Z
∂h
∂g
(y) − g(y)
(y) dµ(y).
(h(x)4g(x) − g(x)4h(x)) dλ p (x) =
h(y)
∂v(y)
∂v(y)
∂G
G
∂h
Dabei ist ∂v(y)
(y) die Richtungsableitung von h in Richtung der äußeren Normalen v(y),
also gleich dh(y)v(y).
2.1.9 Beispiel. Sei G ⊆ R p offen, beschränkt und derart, dass sein Rand ∂G eine (p−1)dimensionale Mannigfaltigkeit ist. Ist nun h harmonisch auf G und ist g = 1, so folgt
wegen 4g = 0 und 4h = 0 auf G aus Satz 2.1.8, dass
Z
∂g
∂h
0=
h(y)
(y) − g(y)
(y) dµ(y),
∂v(y)
∂v(y)
∂G
und wegen
∂g
∂v(y) (y)
=0
0=
Z
∂G
2.2
∂h
(y) dµ(y).
∂v(y)
Poisson Integral
In Hinblick auf Bemerkung 1.1.2 wollen wir im folgenden skalarwertige harmonische
Funktionen betrachten, wenn nichts anderes bemerkt wird.
1
2.2.1 Bemerkung. Sind x, y ∈ R p mit x , 0, so folgt für k.k = k.k2 = (., .) 2 wegen der
Bilinearität des Skalarproduktes
2
kxky − 1 x =
kxk
(2.11)
kxk2 kyk2 − 2(x, y) + 1 = kxk2 − 2(x, y) + kyk2 + (kxk2 − 1)(kyk2 − 1) =
kx − yk2 + (kxk2 − 1)(kyk2 − 1).
1 x, wenn kyk = 1, und kx − yk <
Insbesondere gilt kx − yk = kxky − kxk
wenn x, y ∈ U1 (0).
kxky −
1 kxk x ,
Aus dieser Bemerkung folgt, dass die Funktion (x ∈ U1 (0) \ {0})

kxkt − 1 x


,p=2
ln
kt
−
xk
−
ln

x

kxk
2−p , t ∈ R p \ {x,
w x (t) = 
}, (2.12)

1
1
2−p

kxk2

− kxkt − kxk x
,p>2
2−p · kt − xk
für ktk = 1 verschwindet und für t ∈ U1 (0) \ {x} negativ ist. Für x = 0 erfüllt die
Funktion



,p=2
ln ktk
w0 (t) = 
, t ∈ R p \ {0},
(2.13)
1

2−p

·
(ktk
−
1)
,
p
>
2
2−p
auch, dass w0 (t) = 0, wenn ktk = 1, und w0 (t) < 0, wenn t ∈ U1 (0) \ {0}.
2.2. POISSON INTEGRAL
19
Ist g wie in (1.5) bzw. (1.4), so gilt für x ∈ U1 (0)
w x (y) = g−x (y) − ĝ−x (y), y ∈ U1 (0) \ {x},
wobei ĝ−0 =
· 1(2,+∞) (p) für x = 0 und für x , 0
1
2−p
ĝ−x : y 7→ g(kxky −
1
1
x), y ∈ R p \ { 2 x}.
kxk
kxk
In Beispiel 1.1.5 haben wir gesehen, dass g−x auf R p \ {x} harmonisch ist. Wegen Fakta
1.1.4, 4, ist auch ĝ−x auf R p \{ kxkx 2 } und damit ebenso w x : R p \{x, kxkx 2 } → R harmonisch
für alle x ∈ U1 (0) \ {0}. Für x = 0 ist w0 auf R p \ {0} harmonisch. Man beachte, dass in
jedem Fall K1 (0) \ {x} im Harmonizitätsbereich von w x enthalten ist.
Zudem haben wir schon ausgerechnet, dass 5w0 (y) = 5g(y) = kyk1 p · y und somit gilt
auch (x , 0)
5w x (y) =
kxk
1
1
p · (kxky −
· (y − x) − x).
p
1
ky − xk
kxk
kxky − kxk x
2.2.2 Bemerkung. Die Funktion t 7→ ln kt − xk im Fall p = 2 bzw. t 7→ kt − xk2−p im
Fall p > 2 ist für beliebiges x ∈ R p über jede kompakte Teilmenge von R p nach λ p
integrierbar. Dazu sei R > 0 so groß, dass KR (x) das gegebene Kompaktum umfasst.
Nun gilt im Fall p = 2 mit Transformation auf Polarkoordinaten
Z
Z
| ln kt − xk | dλ2 (t) =
| ln ktk | dλ2 (t) =
KR (x)
KR (0)
Z
(0,R]

2


 21 + R4 (2 ln R − 1), R ≥ 1
2π| ln r|r dλ(r) = 

 R2 (1 − 2 ln R),
R<1
4
Im Fall p > 2 gilt mit Transformation auf Kugelkoordinaten (siehe auch (2.7))
Z
Z
kt − xk2−p dλ p (t) =
ktk2−p dλ p (t) =
KR (x)
Z
Z
r p−1 ·
(0,R]
(0,2π)×(− π2 , π2 ) p−2
KR (0)


 α 
 θ 
 1 
r2−p · cos θ1 cos2 θ2 . . . cos p−2 θ p−2 dλ p−1  .  dλ(r) =
 .. 


θ p−2
R2
· µ(S p−1 ).
2
Somit ist w0 auf U1 (0) nach λ p integrierbar. Da für festes x ∈ U1 (0) \ {0} die Funktion
2−p
t 7→ ln kxkt − 1 x bzw. t 7→ kxkt − 1 x auf U1 (0) beschränkt ist, folgt auch, dass
kxk
w x auf U1 (0) nach λ p integrierbar ist.
kxk
2.2.3 Lemma. Sei O ⊆ R p offen mit O ⊇ K1 (0) und h : O → R liege in C 2 (O). Dann
gilt für alle x ∈ U1 (0)
Z
Z
1
1
h(x) =
℘(x,
y)
·
h(y)
dµ(y)
+
w x (t)4h(t) dλ p (t)
µ(S p−1 )
µ(S p−1 )
S p−1
wobei ℘(x, y) =
2
1−kxk
kx−yk p
U1 (0)
der Poissonkern ist und w x (t) wie in (2.12) definiert ist.
20
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
Beweis. Sei x ∈ U1 (0) und 0 < ρ so klein, dass Kρ (x) ⊆ U1 (0). Die offene Menge
G = U1 (0) \ Kρ (x) erfüllt offenbar ∂G = S p−1 ∪ (x + ρS p−1 ), wobei für die äußere
Normale gilt
1
v(y) = y, y ∈ S p−1 und v(y) = − (y − x), y ∈ x + ρS p−1 .
ρ
Wenden wir Satz 2.1.8 an, so folgt wegen 4w = 0 auf G
Z
Z
∂w x
∂h
− w x (t)4h(t) dλ p (t) =
h(y)
(y) − w x (y)
(y) dµ(y) =
∂v(y)
∂v(y)
∂G
G
Z
h(y)
S p−1
∂h
∂w x
(y) − w x (y)
(y) dµ(y)+
∂v(y)
∂v(y)
Z
h(y)
∂w x
∂h
(y) − w x (y)
(y) dµ(y).
∂v(y)
∂v(y)
x+ρS p−1
Da w x auf S p−1 verschwindet, und da für x , 0 (y ∈ S p−1 und somit kxky −
kx − yk)
1 kxk x
=
∂w x
1
kxk
1 T
p · (kxky −
(y) = 5 w x (y) T v(y) =
· (y − x) − x) y =
p
1
∂v(y)
ky − xk
kxk
kxky − kxk x
T
1
1 − kxk2
(y − x) − (kxk2 y − x) y =
= ℘(x, y),
p
ky − xk
ky − xk p
und für x = 0 (y ∈ S p−1 )
∂w0
1
(y) = 5 w0 (y) T v(y) =
· yT y = 1 = ℘(0, y),
∂v(y)
kyk p
folgt
Z
℘(x, y) · h(y) dµ(y) +
Z
w x (t)4h(t) dλ p (t) =
(2.14)
G
S p−1
Z
−
h(y)
∂w x
∂h
(y) − w x (y)
(y) dµ(y) =
∂v(y)
∂v(y)
x+ρS p−1
Z
−
x+ρS p−1
|
Z
∂g−x
∂ĝ−x
h(y)
(y) dµ(y) +
h(y)
(y) dµ(y) .
∂v(y)
∂v(y)
p−1
x+ρS
{z
} |
{z
}
=:I1
=:I2
Z
−
Z
∂h
∂h
(y) dµ(y) +
g−x (y)
(y) dµ(y)
∂v(y)
∂v(y)
x+ρS p−1
{z
} |
{z
}
ĝ−x (y)
x+ρS p−1
|
=:I3
=:I4
2.2. POISSON INTEGRAL
21
Für y ∈ x + ρS p−1 gilt
T 1
∂g−x
1
· (y − x)
(y) = 5 g−x T v(y) = −
(y − x) = −ρ1−p .
p
∂v(y)
ky − xk
ρ
Aus Fakta 2.1.5, 5, (siehe auch Beispiel 2.1.6) folgt
Z
Z
∂g−x
(y) dµ(y) = −ρ1−p
I1 =
h(y)
∂v(y)
h(y) dµ(y) =
x+ρS p−1
x+ρS p−1
−ρ1−p ρ p−1
Z
h(x + ρy) dµ(y).
S p−1
Wegen der Stetigkeit von h bei x konvergiert dieser Ausdruck für ρ & 0 nach dem Satz
von der beschränkten Konvergenz gegen −µ(S p−1 ) h(x).
Da y 7→ h(y), y 7→ ĝ−x (y), y 7→ 5h(y), y 7→ 5ĝ−x (y) alle auf K1 (0) stetig und daher
dort beschränkt sind, und da wegen der Cauchy-Schwarzen Ungleichung
|
∂h
∂ĝ−x
(y)| ≤ k 5 ĝ−x (y)k, |
(y)| ≤ k 5 h(y)k,
∂v(y)
∂v(y)
folgt für ein C > 0 mit C ≥ k 5 h(y)k · |ĝ−x (y)| + k 5 ĝ−x (y)k · |h(y)|, y ∈ K1 (0),
Z
|I2 − I3 | ≤
C dµ = Cρ p−1 µ(S p−1 ) → 0, ρ & 0.
x+ρS p−1
Es bleibt I4 . Auf x + ρS p−1 ist g(y − x) konstant gleich ln ρ im Fall p = 2 und konstant
1
ρ2−p im Fall p > 2. Somit gilt für ein geeignetes c > 0 mit c ≥ k 5 h(y)k, y ∈
gleich 2−p
K1 (0),

Z


,p=2
p−1
p−1 | ln ρ|
|I4 | ≤ c
=
|g(y − x)| dµ(y) = c ρ µ(S ) · 

 1 ρ2−p , p > 2
p−2
x+ρS p−1
cµ(S
p−1



ρ| ln ρ|
)·

 1 ρ
p−2
,p=2
,p>2
ρ&0
−→ 0.
Für ρ & 0 folgt die Aussage des Lemmas nun aus (2.14), da wegen Bemerkung 2.2.2
und dem Satz von der beschränkten Konvergenz
Z
Z
ρ&0
w x (t)4h(t) dλ p (t) −→
w x (t)4h(t) dλ p (t).
G
U1 (0)
q
Im folgenden sei σ das Oberflächenmaß µ auf S
Somit gilt σ(S p−1 ) = 1.
p−1
multipliziert mit dem Faktor
1
.
µ(S p−1 )
2.2.4 Satz (Poisson-Darstellung). Sei h : K1 (0) → R stetig, sodass h|U1 (0) harmonisch
ist. Dann gilt für alle x ∈ U1 (0)
Z
h(x) =
℘(x, y) · h(y) dσ(y),
S p−1
22
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
2
∞
wobei ℘(x, y) = 1−kxk
kx−yk p der Poissonkern ist. Weiters gilt h|U1 (0) ∈ C (U 1 (0)), wobei für
alle l1 , . . . , lm ∈ {1, . . . , p}; m ∈ N,
Z
∂m h
∂m
(x) =
℘(x, y) · h(y) dσ(y).
(2.15)
∂xl1 . . . ∂xlm
∂xl1 . . . ∂xlm
S p−1
Beweis. Ist h harmonisch auf einer K1 (0) umfassenden offenen Menge, so folgt die
Darstellung
Z
h(x) =
℘(x, y) · h(y) dσ(y),
S p−1
unmittelbar aus Lemma 2.2.3, da 4h = 0.
Für allgemeines h wie im Satz gefordert gehen wir folgendermaßen vor. Ein stetiges h : K1 (0) → R ist wegen der Kompaktheit von K1 (0) sogar gleichmäßig stetig.
Insbesondere konvergiert x 7→ h(rx), x ∈ S p−1 gleichmäßig für r % 1 gegen h|S p−1 . Für
r ∈ (0, 1) ist x 7→ h(rx) auf U 1r (0) harmonisch. Also wissen wir
Z
h(rx) =
℘(x, y) · h(ry) dσ(y).
S p−1
WegenR dem Satz von der beschränkten Konvergenz geht die rechte Seite für r % 1
gegen S p−1 ℘(x, y) · h(y) dσ(y) und die linke wegen der Stetigkeit von h gegen h(x).
Der Rest folgt sofort aus (1.11) in Beispiel 1.1.9.
q
2.2.5 Korollar (Mittelwerteigenschaft). Sei h : G → R harmonisch mit G ⊇ Kr (a) für
r > 0, so gilt
Z
h(a + ry) dσ(y) = h(a).
S p−1
Beweis. Wende Satz 2.2.4 mit x = 0 auf die harmonische Funktion u 7→ h(a + ru) (vgl.
Fakta 1.1.4, 4) an.
q
2.2.6 Korollar. Sei h : G → R harmonisch mit G ⊇ KR (a) für R > 0, so gilt
Z
1
h dλ p = h(a).
λ p (KR (a))
KR (a)
Beweis. Wir wenden (2.9) auf die Funktion x 7→ u(a + x) · 1KR (0) an und erhalten wegen
der Translationsinvarianz von λ p
Z
Z
Z
Z
h dλ p =
h(a + x) dλ p (x) =
r p−1 ·
h(a + ry) dµ(y) dλ(r) =
KR (a)
KR (0)
Z
(0,R)
r p−1 · h(a) · µ(S p−1 ) dλ(r) =
S p−1
Rp
h(a)µ(S p−1 ).
p
(0,R)
Die Behauptung folgt nun aus (2.10).
q
2.2. POISSON INTEGRAL
23
2.2.7 Korollar. Jedes harmonische h : G → R ist in C ∞ (G). Zudem erfüllen die partiellen Ableitungen folgende Abschätzung (l1 , . . . , lm ∈ {1, . . . , p}; m ∈ N),
Cl ,...,l
∂m h
(a) ≤ 1 m m · sup |h(t)|,
∂xl1 . . . ∂xlm
r
t∈Ur (a)
(2.16)
wenn nur Ur (a) ⊆ G für eine nur von l1 , . . . , lm abhängige Konstante Cl1 ,...,lm .
Somit gilt für eine beschränkte harmonische Funktion h : G → R für alle a ∈ G
Cl1 ,...,lm
∂m h
· khk∞ ,
(a) ≤
∂xl1 . . . ∂xlm
d(a, ∂G)m
wobei d(a, ∂G) = inf{ka − tk : t ∈ ∂G}.
Beweis. Sei a ∈ G und r > 0 so klein, dass sogar Kr (a) ⊆ G. Offensichtlich ist h in
C ∞ (Ur (a)) genau dann, wenn x 7→ h(rx + a) in C ∞ (U1 (0)) liegt. Letzteres haben wir
aber in Satz 2.2.4 schon gezeigt.
Aus der Kettenregel und aus (2.15) folgt
rm
∂m
∂m h
(rx + a) =
h(rx + a) =
∂xl1 . . . ∂xlm
∂xl1 . . . ∂xlm
Z
S p−1
∂m
℘(x, y) · h(a + ry) dσ(y).
∂xl1 . . . ∂xlm
Setzen wir x = 0, so folgt daraus
Cl1 ,...,lm
∂m h
· sup |h(t)|,
(a)
≤
∂xl1 . . . ∂xlm rm
t∈a+r·S p−1
wobei Cl1 ,...,lm =
R
S p−1
∂m
∂xl1 ...∂xlm
℘(x, y)
dσ(y).
x=0
Ist nun nur Ur (a) ⊆ G, so gilt für jedes ∈ (0, r), supt∈a+(r−)·S p−1 |h(t)| ≤
supt∈Ur (a) |h(t)| und somit
Cl ,...,l
Cl ,...,l
∂m h
(a) ≤ lim 1 m · sup |h(t)| = 1 m m · sup |h(t)|.
∂xl1 . . . ∂xlm →0 (r − )m t∈Ur (a)
r
t∈Ur (a)
q
2.2.8 Korollar. Ist h : R p → R harmonisch und beschränkt auf R p , so ist h konstant,
dh. h ≡ c für ein c ∈ R.
Beweis. Da man in (2.16) den Radius r beliebig groß machen kann, und da das
Supremum laut Voraussetzung unabhängig von r nach oben abgeschätzt werden kann,
∂h
(a) = 0. Für alle a ∈ R p und j = 1, . . . , p. Daraus folgt leicht, dass
gilt insbesondere ∂x
j
h konstant ist.
q
24
2.3
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
Dirichlet Problem
In diesem Abschnitt wollen wir das Dirichletsche Problem lösen und damit eine Art
Umkehrung von Satz 2.2.4 herleiten. Selbiges besteht in der Aufgabe, zu einer gegebenen stetigen Funktion auf der Kugeloberfläche S p−1 eine stetige Fortsetzung nach
K1 (0) zu finden, sodass diese auf U1 (0) harmonisch ist. Um dieses zeigen zu können,
wollen wir weitere Eigenschaften des Poisson-Kerns herleiten
2.3.1 Lemma. Der Poisson-Kern ℘(x, y) =
1−kxk2
kx−yk p
hat folgende Eigenschaften.
(i) Für alle x ∈ U1 (0) und y ∈ S p−1 gilt ℘(x, y) > 0.
(ii) Für alle x ∈ U1 (0) gilt
Z
℘(x, y) dσ(y) = 1,
S p−1
(iii) Für jedes ξ ∈ S p−1 und jedes δ > 0
lim
sup
x→ξ y∈S p−1 \K (ξ)
δ
℘(x, y) = 0.
Beweis. Eigenschaft (i) ist offensichtlich. (ii) folgt aus Satz 2.2.4, wenn wir dort h ≡ 1
setzen.
Schließlich folgt (iii) unmittelbar aus der Tatsache, dass für ky − ξk > δ und x ∈
K 2δ (ξ) ∩ U1 (0) sicherlich kx − yk > 2δ und daher
℘(x, y) ≤ 2 p
1 − kxk2
.
δp
q
2.3.2 Lemma (Dirichlet Problem). Sei u : S p−1 → R in L1 (σ). Dann ist
Z
h(x) =
℘(x, y) · u(y) dσ(y), x ∈ U1 (0),
(2.17)
S p−1
harmonisch auf U1 (0). Ist u bei ξ ∈ S p−1 stetig, so gilt
lim h(x) = u(ξ).
x→ξ
Insbesondere ist P[u] : K1 (0) → R definiert durch P[u]|S p−1 = u und P[u]|U1 (0) = h bei
ξ stetig.
Beweis. Dass die Funktion (2.17) auf U1 (0) harmonisch ist, haben wir in Beispiel 1.1.9
gesehen. Es bleibt die Grenzwertbeziehung zu zeigen.
Dazu sei > 0 und δ > 0 so klein, dass |u(y) − u(ξ)| < , wenn nur ky − ξk < δ.
Wegen Lemma 2.3.1, (i) und (ii), folgt für x ∈ U1 (0)
Z
Z
℘(x, y) · u(y) dσ(y) −
℘(x, y) · u(ξ) dσ(y) ≤
|h(x) − u(ξ)| = S p−1
S p−1
2.4. KONVERGENZ VON FOLGEN HARMONISCHER FUNKTIONEN
Z
25
℘(x, y) · |u(y) − u(ξ)| dσ(y) =
S p−1
Z
S p−1 \K
℘(x, y) · |u(y) − u(ξ)| dσ(y) +
S p−1 ∩K
δ (ξ)



Z
sup
y∈S p−1 \Kδ (ξ)
℘(x, y) · |u(y) − u(ξ)| dσ(y) ≤
δ (ξ)
 Z
Z

℘(x, y) ·
|u(y) − u(ξ)| dσ(y) + ℘(x, y) dσ(y).
S p−1
S p−1
Wegen Lemma 2.3.1, (iii), wegen ku − u(ξ)k1 ≤ kuk1 + σ(S p−1 )u(ξ), und wegen Lemma
2.3.1, (ii), ist das kleiner als (kuk1 + u(ξ)) + , wenn nur kx − ξk < δ0 für ein δ0 ∈ (0, δ].
Wenn x ∈ S p−1 ist, so folgt aus kx − ξk < δ0 wegen δ0 ≤ δ nach der Wahl von δ,
dass |u(x) − u(ξ)| < . Also ist P[u] : K1 (0) → R bei ξ stetig.
q
2.3.3 Satz (Dirichlet Problem). Sei u : S p−1 → R stetig. Dann gibt es eine eindeutige
stetige Fortsetzung P[u] : K1 (0) → R von u, sodass P[u]|U1 (0) harmonisch ist. P[u] ist
dabei für x ∈ U1 (0) gegeben durch
Z
P[u](x) =
℘(x, y) · u(y) dσ(y).
S p−1
Beweis. Die Eindeutigkeit folgt sofort aus Satz 2.2.4, und die Existenz aus Lemma
2.3.2.
q
2.4
Konvergenz von Folgen harmonischer Funktionen
2.4.1 Proposition. Sei G ⊆ R p offen.
(i) Ist (h j ) j∈J ein Netz reellwertiger harmonischer Funktionen definiert auf G, das lokal gleichmäßig, dh. gleichmäßig auf allen kompakten Teilmengen K ⊆ G, gegen
eine Funktion h : G → R konvergiert, so ist auch h harmonisch.
In diesem Fall konvergiert für jedes l1 , . . . , lm ∈ {1, . . . , p}; m ∈ N, das Netz
(
∂m h j
∂m h
) j∈J gegen
.
∂xl1 . . . ∂xlm
∂xl1 . . . ∂xlm
(ii) Ist (hn )n∈N eine lokal gleichmäßig beschränkte Folge reellwertiger harmonischer
Funktionen definiert auf G, die punktweise gegen ein h : G → R konvergiert, so
ist die Konvergenz sogar lokal gleichmäßig und h somit harmonisch.
Beweis.
(i) Sei a ∈ G und r > 0, sodass Kr (a) ⊆ G. Nach Satz 2.2.4 gilt ( j ∈ J, x ∈ U1 (0))
Z
h j (a + rx) =
℘(x, y) · h j (a + ry) dσ(y).
S p−1
26
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
Für jedes 0 < ρ < 1 wissen wir aus (1.9), dass |℘(x, y)| ≤ cρ für x ∈ Kρ (0), y ∈
S p−1 und für ein cρ > 0. Da a + rS p−1 ⊆ G kompakt ist, konvergiert (h j ) darauf
gleichmäßig gegen h. Also folgt (x ∈ Kρ (0))
Z
Z
℘(x, y) · h j (a + ry) dσ(y) −
℘(x, y) · h(a + ry) dσ(y) ≤
S p−1
S p−1
Z
j∈J
cρ · sup |h j (t) − h(t)| dσ(y) −→ 0,
t∈a+rS p−1
S p−1
und daher
Z
h(a + rx) = lim h j (a + rx) = lim
j∈J
j∈J
℘(x, y) · h j (a + ry) dσ(y) =
S p−1
Z
℘(x, y) · h(a + ry) dσ(y).
S p−1
Da ρ < 1 beliebig war, gilt diese Gleichung für alle x ∈ U1 (0), womit nach
Beispiel 1.1.9 h harmonisch auf Ur (a) und in Folge auf ganz G ist.
Nach (2.15) gilt auch
Z
S p−1
∂m h j
(a + rx) =
∂xl1 . . . ∂xlm
∂m
℘(x, y) · h j (a + ry) dσ(y).
∂xl1 . . . ∂xlm
Die selbe Gleichung gilt für h statt h j .
Für jedes 0 < ρ < 1 wissen wir wieder aus (1.9), dass | ∂xl ∂...∂xl ℘(x, y)| ≤ dρ für
m
1
m
x ∈ Kρ (0), y ∈ S p−1 und für ein dρ > 0. Wegen der Kompaktheit von a+rS p−1 ⊆ G
konvergiert (h j ) darauf gleichmäßig gegen h. Also folgt (x ∈ Kρ (0))
|
∂m h j
∂m h
(a + rx) −
(a + rx)| =
∂xl1 . . . ∂xlm
∂xl1 . . . ∂xlm
Z
∂m
℘(x, y) · h j (a + ry) dσ(y)−
S p−1 ∂xl1 . . . ∂xlm
Z
S p−1
Z
dρ ·
S p−1
∂m
℘(x, y) · h(a + ry) dσ(y) ≤
∂xl1 . . . ∂xlm
j∈J
sup |h j (t) − h(t)| dσ(y) −→ 0,
t∈a+rS p−1
∂m h
h
Insbesondere konvergiert ( ∂xl ...∂xj l ) j∈J gleichmäßig auf Uρ·r (a) gegen ∂xl ∂...∂x
.
lm
m
1
1
Da man jedes kompakte K ⊆ G mit endlich vielen Kugeln der Bauart Uρ·r (a)
überdecken kann, folgt die lokal gleichmäßige Konvergenz auf G.
m
2.4. KONVERGENZ VON FOLGEN HARMONISCHER FUNKTIONEN
27
(ii) Ist (hn )n∈N eine lokal beschränkte Folge, die punktweise gegen ein h : G → R
konvergiert, so sei wieder a ∈ G und r > 0, sodass Kr (a) ⊆ G. Nach Satz 2.2.4
gilt (n ∈ N, x ∈ U1 (0))
Z
hn (a + rx) =
℘(x, y) · hn (a + ry) dσ(y).
S p−1
Für jedes 0 < ρ < 1 gilt wieder wegen (1.9) |℘(x, y)| ≤ cρ für x ∈ Kρ (0) und
y ∈ S p−1 . Da a + rS p−1 ⊆ G kompakt ist, folgt nach Voraussetzung mit dem Satz
von der beschränkten Konvergenz daraus für n → ∞
Z
h(a + rx) =
℘(x, y) · h(a + ry) dσ(y).
S p−1
Nach Beispiel 1.1.9 ist die rechte Seite harmonisch in x. Also ist h harmonisch
auf Ur (a) und somit auf G.
Wieder mit Satz 2.2.4 folgt (x ∈ Kρ (0))
|hn (a + rx) − h(a + rx)| =
Z
Z
≤
℘(x,
y)
·
h
(a
+
ry)
dσ(y)
−
℘(x,
y)
·
h(a
+
ry)
dσ(y)
n
S p−1
S p−1
Z
cρ
|hn (a + ry) − h(a + ry)| dσ(y).
S p−1
Wieder gemäß Voraussetzung folgt aus dem Satz von der beschränkten Konvergenz, dass die rechte Seite gegen Null konvergiert und zwar unabhängig von
x ∈ Kρ (0).
Somit konvergiert (hn ) gleichmäßig auf Uρ·r (a) gegen h. Da man jedes kompakte
K ⊆ G wieder mit endlich vielen Kugeln der Bauart Uρ·r (a) überdecken kann,
folgt die lokal gleichmäßige Konvergenz.
q
2.4.2 Lemma (Harnacksche Ungleichung). Sei h : U1 (0) → R harmonisch und nichtnegativ. Dann gilt (x ∈ U1 (0))
1 + kxk
1 − kxk
h(0) ≤ h(x) ≤
h(0).
p−1
(1 + kxk)
(1 − kxk) p−1
Beweis. Zunächst gilt für x ∈ U1 (0), y ∈ S p−1 wegen der Dreiecksungleichung nach
unten bzw. nach oben 1 − kxk ≤ kx − yk ≤ 1 + kxk, und somit
1 − kxk
1 − kxk2
1 + kxk
≤
≤
.
p
p−1
kx − yk
(1 + kxk)
(1 − kxk) p−1
Für r < 1 und x ∈ U1 (0) gilt nach Satz 2.2.4 und wegen h ≥ 0
Z
Z
1 − kxk2
1 + kxk
1 + kxk
· h(ry) dσ(y) ≤
h(ry) dσ(y) =
h(0),
h(rx) =
kx − yk p
(1 − kxk) p−1
(1 − kxk) p−1
S p−1
S p−1
28
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
bzw.
h(rx) =
Z
S p−1
1 − kxk
1 − kxk2
· h(ry) dσ(y) ≥
kx − yk p
(1 + kxk) p−1
Z
h(ry) dσ(y) =
S p−1
1 + kxk
h(0).
(1 + kxk) p−1
Mit r % 1 folgt die Aussage.
q
2.4.3 Korollar. Sei G ⊆ R p ein Gebiet und K ⊆ G kompakt. Dann gibt es ein nur von
G und K abhängiges C ∈ [1, +∞), sodass
h(y)
1
≤
≤C
C h(x)
für alle x, y ∈ K und alle harmonischen und positiven h : G → R.
Für alle x, y ∈ K und alle harmonischen und nichtnegativen h : G → R gilt sogar
h(y) ≤ Ch(x).
(2.18)
h(y)
≤ C, da man die Rollen von x und y vertauschen kann.
Beweis. Wir zeigen nur h(x)
Dazu sei s : G × G → (0, +∞]
s(x, y) := sup{
h(y)
: h ist harmonisch und positiv auf G}.
h(x)
Sei x ∈ G fest, und sei E = {y ∈ G : s(x, y) < +∞}. Offensichtlich ist s(x, x) = 1 und
daher x ∈ E.
Sei y ∈ E und U2r (y) ⊆ G. Für ein positives und harmonisches h auf G folgt aus
Lemma 2.4.2 angewandt auf ξ 7→ h(y + 2rξ)
1+ 2
1 + kξk
1
h(y) ≤
s(x, y)h(x), kξk < ,
1 p−1
2
(1 − kξk) p−1
(1 − 2 )
1
h(y + 2rξ) ≤
1+ 1
und somit h(η) ≤ (1− 1 )2p−1 s(x, y)h(x) für alle η ∈ Ur (y). Somit gilt Ur (y) ⊆ E, dh. E ist
2
offen.
Ist y ∈ E, und ist U2r (y) ⊆ G, so gibt es ein η ∈ Ur (y) ∩ E. Für ein positives und
harmonisches h auf G folgt aus Lemma 2.4.2 angewandt auf ξ 7→ h(y + 2rξ)
1
h(y + 2rξ) ≥
1− 2
1 − kξk
1
h(y) ≥
h(y), kξk < .
p−1
1
p−1
2
(1 + kξk)
(1 + 2 )
1− 1
Nun ist η = y + 2rξ für ein kξk < 12 . Also folgt s(x, y)h(x) ≥ h(η) ≥ (1+ 1 )2p−1 h(y), und
2
daher y ∈ E. Also ist E auch abgeschlossen.
Da G zusammenhängend ist, muss E = G. Also gilt für alle (x, y) ∈ G × G s(x, y) <
+∞. Ist nun (a, b) ∈ K × K und r > 0 so, dass Ur (a), Ur (b) ⊆ G, so folgt wieder aus
Lemma 2.4.2
h(a + 2rξ)
≤
h(b + 2rη)
1+ 21
h(a)
(1− 12 ) p−1
1− 12
h(b)
(1+ 12 ) p−1
≤
1+ 21
(1− 12 ) p−1
1− 12
(1+ 12 ) p−1
s(a, b), kξk, kηk <
1
.
2
2.4. KONVERGENZ VON FOLGEN HARMONISCHER FUNKTIONEN
29
Da man K × K mit endlich vielen offenen Mengen der Bauart Ur (a) × Ur (b) mit
Ur (a), Ur (b) ⊆ G überdecken kann, folgt, dass s|K×K beschränkt ist.
Ist nun h harmonisch und nichtnegativ, so ist h + für jedes ∈ (0, +∞) harmonisch
h(y)+
≤ C bzw. h(y) + ≤ C(h(x) + ) für alle x, y ∈ K folgt. Lassen
und positiv, womit h(x)+
wir hier gegen Null gehen, so folgt (2.18).
q
Wir erhalten als erstes Korollar das sogenannte Maximumsprinzip für harmonische
Funktionen.
2.4.4 Korollar. Ist h : G → R harmonisch mit einem Gebiet G ⊆ R p , so nimmt h weder
ein Minimum noch ein Maximum auf G an, außer h ist konstant.
Beweis. Angenommen es gilt h(x) ≤ h(y) für alle y ∈ G und ein festes x ∈ G, so ist
y 7→ h(y) − h(x) eine nichtnegetive Funktion auf G. Wegen Korollar 2.4.3 gilt daher
h(y) − h(x) ≤ C(h(x) − h(x)) = 0 und zwar für alle y ∈ K, wobei K eine beliebige
kompakte, x enthaltende Teilmenge von G ist und C ≥ 1 nur von K abhängt. Es folgt
h(y) = h(x) auf ganz K. Da alle derartigen K sicherlich G ausfüllen, folgt h ≡ h(x).
Für die Aussage mit dem Maximum gehe man von h zu −h über.
q
2.4.5 Satz (Prinzip von Harnack). Sei (h j ) j∈J ein Netz harmonischer Funktionen definiert auf einem Gebiet G ⊆ R p , sodass h j ≤ hk für j k.
Dann gilt entweder h j (x) → +∞, j ∈ J, für alle x ∈ G und zwar lokal gleichmäßig,
oder (h j ) j∈J konvergiert lokal gleichmäßig gegen ein harmonisches h.
Beweis. Ist j0 ∈ J fest und bezeichnet J j0 die gerichtete Menge { j ∈ J : j j0 },
so konvergiert ein Netz (y j ) j∈J in irgend einem topologischen Raum genau dann, wenn
(y j ) j∈J j0 konvergiert.
Somit können wir statt (h j ) j∈J das monoton wachsende Netz (h j − h j0 ) j∈J j0 von
nichtnegativen harmonischen Funktionen betrachten bzw. wir können oBdA. annehmen, dass (h j ) j∈J schon selber nur aus nichtnegativen harmonischen Funktionen besteht.
Wir setzen h(x) := lim j∈J h j (x) ∈ [0, +∞]. Als monoton wachsendes Netz konvergiert es sicherlich in [0, +∞] und stimmt mit sup j∈J h j (x) überein.
Angenommen, wir haben h(y) = +∞ für mindestens ein y ∈ G, so folgt für ein
beliebiges kompaktes K ⊆ G und jedes x ∈ K aus (2.18) angewandt auf K ∪ {y}, dass
h j (y) ≤ Ch j (x). Somit gibt es zu jedem α > 0 ein j0 ∈ J, sodass α ≤ h j |K für j j0 .
Also konvergiert (h j ) j∈J lokal gleichmäßig gegen +∞.
Sei nun h(x) < +∞ für alle x ∈ G, sei K ⊆ G eine beliebige kompakte Teilmenge,
und sei x ∈ K fest. Zu > 0 gibt es ein j0 ∈ J mit h(x) − h j (x) ≤ für alle j j0 .
Wir halten so ein j j0 fest. Für jedes k ∈ J j = {m ∈ J : m j} und jedes y ∈ K
folgt aus (2.18) wegen hk ≥ h j
|hk (y) − h j (y)| = hk (y) − h j (y) ≤ C(hk (x) − h j (x)).
Da auch h(t) = limk∈J j hk (t) für jedes t ∈ K, folgt |h(y) − h j (y)| ≤ C(h(x) − h j (x)) ≤ C
und daher kh|K − (h j )|K k∞ ≤ C. Also konvergiert (h j ) j∈J lokal gleichmäßig gegen h,
welches nun nach Proposition 2.4.1 harmonisch ist.
q
30
2.5
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
Maximumsprinzip und Folgerungen daraus
Als erste Folgerung des Maximumprinzips (Korollar 2.4.4) und der Harnackschen Ungleichung bringen wir eine Wachstumsaussage für harmonische Funktionen auf R p , die
eine Verfeinerung von Korollar 2.2.8 darstellt. Dazu sei an Lemma 2.4.2 erinnert. Ist
h : UR (y) → R harmonisch und nichtnegativ für ein R > 0, so folgt aus der Ungleichung in Lemma 2.4.2 angewandt auf ξ 7→ h(y + Rξ) mit Rξ = x für kξk < 1 bzw.
kxk < R
R + kxk
R − kxk
h(y) ≤ h(y + x) ≤ R p−2
h(y).
(2.19)
R p−2
(R + kxk) p−1
(R − kxk) p−1
2.5.1 Proposition. Sei u : R p → R harmonisch und nicht konstant. Setzt man für
r ∈ [0, +∞)
Mmax (r) := sup u(x), Mmin (r) := inf u(x),
kxk=r
kxk=r
so gilt
lim sup
r→+∞
Mmin (r)
Mmax (r)
< 0 < lim inf
.
r→+∞
r
r
Beweis. Sei x ∈ R p fest und betrachte r ∈ (kxk, +∞). Wegen Korollar 2.4.4 nimmt u
das Maximum auf Kr (0) am Rand an, also Mmax (r) = supkxk≤r u(x). Insbesondere ist
Mmax (r) − u auf Ur (0) positiv und harmonisch, und nach (2.19) gilt
Mmax (r) − u(x) ≤ r p−2
r + kxk
(Mmax (r) − u(0))
(r − kxk) p−1
bzw.
u(x) ≥ u(0)r p−2
r + kxk
r p−2 (r + kxk) − (r − kxk) p−1
−
M
(r)
.
max
(r − kxk) p−1
(r − kxk) p−1
(2.20)
Nun gilt r p−2 (r + kxk) − (r − kxk) p−1 = r p−2 (kxk + (p − 1)kxk) + q(r) mit einem Polynom
q(r) vom Grad höchstens p − 3. Insbesondere konvergiert
r·
r p−2 (r + kxk) − (r − kxk) p−1
(r − kxk) p−1
für r → +∞ gegen (kxk + (p − 1)kxk).
Angenommen lim inf r→+∞ Mmaxr (r) ≤ 0, so gibt es eine monton wachsende Folge
rn % +∞, sodass limn→∞ Mmaxrn(rn ) = α für ein α ≤ 0.
Setzt man r = rn in (2.20), so folgt aus dieser Ungleichung für n → ∞
u(x) ≥ u(0) − α (kxk + (p − 1)kxk) ≥ u(0).
Somit wäre 0 ein Minimum von u, was aber Korollar 2.4.4 widerspricht. Also gilt
0 < lim inf r→+∞ Mmaxr (r) .
lim supr→+∞
betrachtet.
Mmin (r)
r
< 0 folgt aus dieser Ungleichung, indem man −u statt u
q
2.5. MAXIMUMSPRINZIP UND FOLGERUNGEN DARAUS
31
2.5.2 Bemerkung. Man beachte, dass wegen dem Lemma vom iterierten Infimum
inf r≥R 1r inf kxk=r u(x) = inf kxk≥R u(x)
kxk . Also gilt mit der Notation aus Proposition 2.5.1
lim inf
kxk→+∞
u(x)
Mmin (r)
Mmin (r)
= lim inf
≤ lim sup
<0
r→+∞
kxk
r
r
r→+∞
und
0 < lim inf
r→+∞
Mmax (r)
Mmax (r)
u(x)
≤ lim sup
= lim sup
r
r
r→+∞
kxk→+∞ kxk
für nicht konstantes harmonisches u : R p → R.
Unmittelbar aus Proposition 2.5.1 folgt
2.5.3 Korollar. Ist u : R p → R harmonisch und gilt immer u ≥ 0 oder immer u ≤ 0,
so ist u konstant.
Wir wollen uns kurz mit sogenannten von oben halbstetigen Funktionen beschäfigen.
2.5.4 Definition. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Eine Funktion u : X →
[−∞, +∞) heißt von oben halbstetig, wenn u−1 [−∞, η) offen in (X, T ) für alle η ∈ R
ist.
Eine äquivalente Forderung ist klarerweise die Abgeschlossenheit von u−1 [η, +∞).
2.5.5 Beispiel. Stetige Funktionen sind klarerweise von oben halbstetig.
Ist A ⊆ X abgeschlossen, so ist aber auch 1A von oben halbstetig.
Funktionen mit Werten in [−∞, +∞) lassen sich addieren, indem man (−∞) +
(−∞) = (−∞) + α = −∞ für alle α ∈ R setzt. Sie lassen sich auch mit nichtnegativen Skalaren multiplizieren, indem man (−∞) · 0 = 0 und λ · (−∞) = −∞ für λ > 0
setzt. Man erhält dann immer auch Funktionen mit Werten in [−∞, +∞).
2.5.6 Fakta.
1. Seien u1 , u2 : X → [−∞, +∞) halbstetig von oben, und sei u := u1 + u2 . Für
η ∈ R gilt, wie man leicht nachprüft,
u−1 [−∞, η) = {x ∈ X : u1 (x) + u2 (x) < η} =
[
[
−1
{x ∈ X : u1 (x) < τ, u2 (x) < η − τ} =
u−1
1 [−∞, τ) ∩ u2 [−∞, η − τ).
τ∈R
τ∈R
Also ist u [−∞, η) offen und damit u auch halbstetig von oben.
−1
Für λ > 0 und von oben halbstetiges u gilt (λu)−1 [−∞, η) = u−1 [−∞, λη ). Somit
ist λu von oben halbstetig.
Insgesamt ist λ1 u1 + . . . + λn un halbstetig von oben, wenn u1 , . . . , un halbstetig
von oben sind und wenn λ1 , . . . , λn ≥ 0.
2. Ist ui : X → [−∞, +∞), i ∈ I, eine Familie von nach oben halbstetigen Funktionen, so ist auch u := inf i∈I ui : X → [−∞, +∞) halbstetig von oben, da für
η∈R
u−1 [−∞, η) = {x ∈ X : inf : ui (x) < η} =
i∈I
[
{x ∈ X : ∃i ∈ I : ui (x) < η} =
u−1
i [−∞, η),
i∈I
und Vereinigungen offener Mengen sind offen.
32
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
3. Ist ui : X → [−∞, +∞), i ∈ I, eine endliche Familie von nach oben halbstetigen
Funktionen, so ist auch u := maxi∈I ui : X → [−∞, +∞) halbstetig von oben, da
für η ∈ R
u−1 [−∞, η) = {x ∈ X : max : ui (x) < η} =
i∈I
{x ∈ X : ∀i ∈ I : ui (x) < η} =
\
u−1
i [−∞, η),
i∈I
und endliche Schnitte offener Mengen sind offen.
4. Ist Y ⊆ X und u : X → [−∞, +∞) halbstetig von oben, so ist u|Y halbstetig von
oben auf Y, wenn man Y mit der Spurtopologie versieht.
5. Da alle offenen unbeschränkten Intervalle eine Subbasis von R darstellen, ist
u : X → (−∞, +∞) genau dann stetig, wenn u und −u von oben halbstetig sind.
6. Ist Z ein weiterer topolgischer Raum, φ : Z → X stetig und u : X → [−∞, +∞)
von oben halbstetig, so ist u ◦ φ : Z → [−∞, +∞) von oben halbstetig.
7. Sei u : X → [−∞, +∞) halbstetig von oben und sei K ⊆ X kompakt. Dann ist
u|K nach oben beschränkt und nimmt ein Maximum an. In der Tat ist,
(u−1 [−∞, η))η∈R
eine offene Überdeckung von K, und hat somit eine endliche Teilüberdeckung,
dh.
K ⊆ u−1 [−∞, η1 ) ∪ · · · ∪ u−1 [−∞, ηm ) = u−1 [−∞, max η j )
j=1,...,m
bzw. u(x) < max j=1,...,m η j , x ∈ K.
Wäre schließlich β = sup x∈K u(x) kein Maximum, so gilt u(x) < β für alle x ∈ K,
womit
(u−1 [−∞, η))η∈R, η<β
ebenfalls eine offene Überdeckung von K ist. Wie oben finden wir ein η ∈ R, η <
β, mit K ⊆ u−1 [−∞, η), was aber sup x∈K u(x) ≤ η < β implizieren würde.
8. Wird X mit den Borelmengen B(X) versehen, so folgt unmittelbar aus der Definition, dass jede von oben halbstetige Funktion u : X → [−∞, +∞) messbar ist,
wenn wir [−∞, +∞) mit den Borelmengen darauf versieht.
9. Ist (X, T ) eine metrische Topologie, dh. T wird von einer Metrik d induziert, so
ist u genau dann halbstetig von oben, wenn für jedes x ∈ X gilt5
lim sup u(y) ≤ u(x) .
(2.21)
y→x
Ist nämlich u halbstetig von oben und x ∈ X, so ist für jedes η > u(x), η ∈
(−∞, +∞) die Menge u−1 [−∞, η) eine offene, x enthaltende Teilmenge von X.
Also gilt
sup u(y) ≤ η,
y∈Uδ (x)\{x}
5 lim sup
y→x
u(y) := limδ&0 supy∈Uδ (x)\{x} u(y) = inf δ>0 supy∈Uδ (x)\{x} u(y).
2.5. MAXIMUMSPRINZIP UND FOLGERUNGEN DARAUS
33
wenn nur δ > 0 so klein ist, dass Uδ (x) ⊆ u−1 [−∞, η). Da η > u(x) beliebig war,
folgt lim supy→x u(y) ≤ u(x).
Gelte umgekehrt (2.21) für jedes x ∈ X. Sei η ∈ (−∞, +∞) und x ∈ u−1 [−∞, η)
beliebig. Wegen (2.21) und u(x) < η gibt es ein δ > 0, sodass supy∈Uδ (x)\{x} u(y) <
η. Das bedeutet aber Uδ (x) ⊆ u−1 [−∞, η), womit letztere Menge offen ist.
10. Aus dem letzten Punkt folgt unmittelbar, dass halbstetig von oben auf einem
metrischen Raum zu sein eine lokale Eigenschaft ist, dh. u : X → [−∞, +∞) ist
genau dann von oben halbstetig, wenn es für jedes x ∈ X ein x > 0 gibt, sodass
u|Ux (x) halbstetig von oben ist.
An dieser Stelle sei auf den Integrationskalkül für [−∞, +∞]-wertige Funktionen
f , die messbar auf einem Maßraum (Ω, A, µ) sind, hingewiesen. Dazu setzt man
Z
Z
Z
f dµ :=
max( f, 0) dµ − max(− f, 0) dµ,
Ω
Ω
Ω
R
wann immer nicht beide Integrale rechts gleich +∞ sind. Das Integral Ω f dµ hat dann
Werte in [−∞, +∞]. Dieses Integral ist linear und monoton, wenn man die Arithmetik in [−∞, +∞] zu Grunde legt, mit der Einschränkung, dass keine nicht definierten
Ausdrücke, wie +∞ + −∞ auftreten dürfen.
Aus Fakta 2.5.6 folgt insbesondere, dass nach oben halbetstige Funktionen f auf
kompakten Mengen nach oben beschränkt sind. Also können wir sie nach Borelmaßen auf diesen Kompkta nach obigen Verständnis integrieren, da max( f, 0) immer
beschränkt und daher endliches Integral hat. Das Integral von f hat dann Werte in
[−∞, +∞), wobei −∞ genau dann herauskommt, wenn das Integral von max(− f, 0)
nicht endlich ist.
Wir benötigen einige elementare topologische Betrachtungen in R p .
2.5.7 Fakta.
1. Ist (Ei )i∈I eine Familie bestehend
eines
T aus zusammenhängenden Teilmengen
S
topologischen Raumes, sodass i∈I Ei , ∅, so ist auch E := i∈I Ei zusammenhängend.
Beweis:
T
˙ mit getrennten, nichtleereren Mengen A und B.
Wir halten einen Punkt x ∈ i∈I Ei fest. Angenommen E = A∪B
Wir wählen die Bezeichnung so, dass x ∈ A.
˙
Es folgt Ei = (A∩Ei )∪(B∩E
i ) für jedes i ∈ I. Wegen A ∩ E i ∩(B∩E i ) ⊆ A∩B = ∅ und (A∩E i )∩B ∩ E i ⊆ A∩B = ∅
sind auch A ∩ Ei und B ∩ Ei getrennt.
Da Ei zusammenhängend ist, muss eine dieser Mengen leer sein. Wegen x ∈ A ∩ Ei muss B ∩ Ei = ∅. Das gilt für
S
alle i ∈ I, und somit B ∩ E = i∈I (B ∩ Ei ) = ∅ im Widerspruch zur Wahl von A und B.
2. Eine offene Teilmenge D ⊆ R p ist genau dann zusammenhängend, dh. ein
Gebiet, wenn es zu je zwei x, y ∈ D eine stetige Abbildung γ : [a, b] → D gibt
mit γ(a) = x und γ(b) = y.
Beweis:
Angenommen je zwei Punkte aus D sind durch einen stetigen Weg verbindbar. Dann sei x irgendein fester Punkt
aus D. Zu jedem y ∈ D gibt es einen stetigen Weg γy : [ay , by ] → D mit γy (ay ) = x und γy (ay ) = y. Es folgt
D=
[
y∈D
{y} ⊆
[
y∈D
γy ([ay , by ]) ⊆ D.
34
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
Also ist D die Vereinigung der als stetige Bilder von Intervallen zusammenhängenden Mengen γy ([ay , by ]), y ∈ D.
Nach unserer Wahl von γy haben diese Mengen zumindest den Punkt x gemein. Nach 1 ist D zusammenhängend.
Sei nun umgekehrt D zusammenhängend und x ∈ D wieder fest. Wir bezeichnen mit A die Menge aller Punkte
→
y ∈ D, die mit x durch einen stetigen Weg verbindbar sind. Da −
xx auch ein solcher ist, folgt x ∈ A, also A , ∅.
Klarerweise ist B := D \ A die Menge aller y ∈ D, die mit x nicht durch einen stetigen Weg verbindbar sind.
Sei y ∈ A und δ > 0 so klein, dass Uδ (y) ⊆ D. Ist nun γ : [a, b] → D ein stetiger Weg von x nach y, daher
γ(a) = x und γ(b) = y, und z ∈ Uδ (y), so ist die Abbildung β : [a, b + 1] → D definiert durch β|[a,b] = γ und
β|[b,b+1] (s) = y + (s − b)(z − y) ein stetiger Weg von x nach z. Also ist z ∈ A und daher Uδ (y) ⊆ A. Somit ist A offen.
Sei nun y ∈ B und δ > 0 so klein, dass Uδ (y) ⊆ D. Wäre ein z ∈ Uδ (y) auch in A, so gäbe es einen stetigen
Weg γ : [a, b] → D von x nach z. Die Abbildung β : [a, b + 1] → D definiert durch β|[a,b] = γ und β|[b,b+1] (s) =
z + (s − b)(y − z) wäre dann aber ein stetiger Weg von x nach y.
Dieser Widerspruch zeigt, dass z ∈ B und somit Uδ (y) ⊆ B. Also ist auch B offen. Da D zusammenhängend ist, und
da A , ∅, muss B = ∅ bzw. D = A.
3. Ist D ⊆ R p eine nichtleere, offene Menge, so lässt sich D als Vereinigung von
paarweise disjunkten Gebieten schreiben:
[
D=
Di .
i∈I
Für x ∈ D ist dasjenige Di mit x ∈ Di das größte x enthaltende und in G
enthaltene Gebiet.
Beweis:
Wir definieren auf D eine Relation. x ∼ y gelte genau dann, wenn es ein Gebiet G ⊆ D gibt, sodass x, y ∈
G. Da für > 0 hinreichend klein die offene Kugel U (x) ein in D enthaltenes Gebiet ist, ist ∼ reflexiv. Die
Symmetrieeigenschaft ist offensichtlich, und die Translativität folgt sofort aus 1.
Somit ist ∼ eine Äquivalenzrelation. Also zerfällt D in Äquivalenzklassen [x]∼ , x ∈ D. Klarerweise ist [x]∼ die
Vereinigung aller Gebiete ⊆ G, die x enthalten, und daher offen und zusammenhängend (vgl. 1) und daher das
größte x enthaltende Gebiet ⊆ G.
S
4. Ist D ⊆ R p eine nichtleere, offene Menge, und ist D = i∈I Di wie im letzten
S
S
c
Punkt, so gilt für jedes i, dass Di ⊆ ( j,i D j ) und daher Di ⊆ ( j,i D j )c . Somit
gilt
[
∂Di = Di \ Di ⊆ D ∩ ( D j )c ∩ Dci = ∂D.
j,i
p
5. Jede offene Teilmenge G von R mit ∅ , G , R p hat einen nichtleeren Rand,
da sonst G offen und abgeschlossen in R p wäre, was aber dem widerspricht, dass
R p zusammenhängend ist.
Wir wollen nun einen anderen Beweis für das Maximumsprinzip angeben. Dieser
funktioniert für eine größere Funktionenklasse als die der harmonischen Funktionen.
2.5.8 Definition. Sei G ⊆ R p offen und u : G → [−∞, ∞) halbstetig von oben. Dann
heißt u subharmonisch auf G, falls es zu jedem a ∈ G eine Nullfolge (rn )n∈N bestehend
aus positiven Zahlen gibt, sodass Krn (a) ⊆ G und
Z
u(a) ≤
u(a + rn y) dσ(y)
(2.22)
S p−1
für alle n ∈ N.
2.5.9 Fakta.
1. Wegen der Mittelwerteigenschaft, Korollar 2.2.5, sind harmonische Funktionen
subharmonisch.
2.5. MAXIMUMSPRINZIP UND FOLGERUNGEN DARAUS
35
2. Allgemeiner folgt aus der Mittelwerteigenschaft auch sofort, dass wenn u : G →
[−∞, ∞) subharmonisch und h : G → R harmonisch ist, die Funktion u + h :
G → [−∞, ∞) auch subharmonisch ist.
3. Schließlich sieht man unmittelbar aus der Definition, dass mit u auch x 7→ u(b +
rx) für ein b ∈ R p und ein r > 0 subharmonisch ist.
2.5.10 Lemma. Sei G ein Gebiet und u : G → [−∞, ∞) subharmonisch. Nimmt u ein
Maximum an, dh. es gibt ein b ∈ G mit u(b) ≥ u(x) für alle x ∈ G, so ist u konstant.
Beweis. Ist u(b) = −∞, so ist u konstant gleich −∞. Also sei u(b) ∈ R.
Sei A = {x ∈ G : u(x) = u(b)} und B = G \ A = {x ∈ G : u(x) < u(b)}. Wegen
A = u−1 [u(b), +∞) ist A abgeschlossen in G und daher B offen in G und daher auch in
R p . Außerdem ist A laut Voraussetzung nichtleer.
Angenommen B ist auch nichtleer. Wähle z ∈ B und x ∈ A beliebig und einen
stetigen Wegen γ : [0, 1] → G mit γ(0) = x und γ(1) = z. Das ist möglich, da G ein
˙ −1 (B) = [0, 1], der Abgeschlossenheit
Gebiet ist. Sei t = sup γ−1 (A). Wegen γ−1 (A)∪γ
−1
−1
−1
von γ (A) und 1 ∈ γ (B) muss 1 > t ∈ γ (A). Sei a = γ(t) ∈ A.
Ist r > 0 derart, dass z < Kr (a) ⊆ G, so ist γ−1 (Ur (a)) bzw. γ−1 (Kr (a)) wegen der
Stetigkeit eine offene bzw. abgeschlossene Umgebung von t innerhalb von [0, 1]. Aus
z < Kr (a) folgt 1 < γ−1 (Kr (a)). Also ist das Maximum τ von γ−1 (Kr (a)) kleiner als 1,
größer als t und nicht in γ−1 (Ur (a)) enthalten. Es folgt γ(τ) ∈ Kr (a) \ Ur (a) = a + rS p−1
und wegen t < τ auch γ(τ) ∈ B.
Also gilt für jedes hinreichend kleine r > 0 immer B ∩ (a + rS p−1 ) , ∅. Aus der
Voraussetzung folgt für hinreichend großes n wegen u(b) = u(a) ∈ R
Z
(u(a + rn y) − u(b)) dσ(y) =
0≤
S p−1
Z
S p−1 ∩ r1n
(u(a + rn y) − u(b)) dσ(y) +
Z
S p−1 \ r1n
(B−a)
(u(a + rn y) − u(b)) dσ(y).
(B−a)
Als affines Translat von B ∩ (a + rn S p−1 ) ist S p−1 ∩ r1n (B − a) nichtleer und offen, dh.
σ(S p−1 ∩ r1n (B − a)) > 0. Zudem ist u(a + rn y) − u(b) nichtpositiv auf S p−1 und sogar
negativ auf S p−1 ∩ r1n (B − a). Also ist das erste Integral oben negativ und das zweite
nicht positiv. Das ist aber ein Widerspruch zu obiger Ungleichung.
Also muss B = ∅ bzw. u ≡ u(b) sein.
q
Folgender Satz geht auf die Betrachtungen von Phragmen-Lindelöf zurück.
2.5.11 Satz. Sei G ⊆ R p offen und sei ∂∞G der Rand von G betrachtet als Teilmenge
von R p ∪ {∞} versehen mit der Alexandroff-Kompaktifizierung, dh. ∂∞G = ∂G für
beschränktes G und ∂∞G = ∂G ∪ {∞} sonst.
Weiters sei C ∈ R und u : G → [−∞, ∞) subharmonisch. Angenommen ∂∞G =
˙ , sodass
R∪S
für alle r ∈ R 6
lim sup u(x) ≤ C,
x→r
6 lim sup
x→r
u(x) := limδ&0 sup x∈G∩Uδ (r)\{r} u(x) = inf δ>0 sup x∈G∩Uδ (r)\{r} u(x).
36
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
es ein subharmonisches h : G → (−∞, 0] derart gibt, dass es für jedes s ∈ S und
jedes > 0 eine Umgebung U von s (in R p ∪ {∞}) gibt mit
u|G∩U ≤ C − h,
(2.23)
dann gilt u ≤ C auf G.
Beweis. Zunächst nehmen wir an, dass S = ∅, dh. R = ∂∞G. Wir setzen
m := sup{u(x) : x ∈ G} (∈ R ∪ {+∞}).
Sei (xn ) eine Folge aus G mit u(xn ) → m. Da R p ∪ {∞} kompakt ist, können wir sogar
annehmen, dass xn → x ∈ G ∪ ∂∞G.
Ist x ∈ G, so folgt aus der Halbstetigkeit von oben
m = lim sup u(xn ) ≤ lim sup u(y) ≤ u(x) ≤ m.
n→∞
y→x
Ist G0 das größte in G enthaltene Gebiet mit x ∈ G0 , so folgt aus Lemma 2.5.10, dass
u|G0 ≡ u(x) = m. Für jeden Punkt r ∈ ∂∞G0 (, ∅) folgt r ∈ ∂∞G und daher aus
lim sup x→r u(x) ≤ C, dass m ≤ C.
Ist dagegen x ∈ ∂∞G, so folgt voraussetzungsgemäß m = lim supn→∞ u(xn ) ≤
lim supy→x u(y) ≤ C. In jedem Fall gilt u(x) ≤ m ≤ C für alle x ∈ G.
Im allgemeinen Fall S , ∅ betrachte man die subharmonische Funktion
u + h für beliebiges > 0, vgl. Fakta 2.5.9. Wegen (2.23) erfüllt diese Funktion
lim sup x→r (u + h) ≤ C für alle r ∈ ∂∞G. Aus dem Bewiesenen folgt u + h ≤ C, und
da > 0 beliebig war, sogar u ≤ C.
q
2.5.12 Korollar. Sei G ⊆ R p offen und beschränkt, sei u : G → [−∞, +∞) von oben
halbstetig und so, dass u|G subharmonisch ist. Dann nimmt u sein Maximum über G
auf ∂G an.
Beweis. Laut Voraussetzung ist ∂∞G = ∂G kompakt. Wegen Fakta 2.5.6, 7, nimmt u|∂G
ein Maximum C bei einem x0 ∈ ∂G an, dh. C = u(x0 ) ≥ u(x) für alle x ∈ ∂G.
Wegen der Halbstetigkeit von oben gilt lim supy→x u(y) ≤ u(x) ≤ C für alle x ∈ ∂G,
vgl. (2.21). Aus Satz 2.5.11 folgt daher u(y) ≤ u(x0 ) für alle y ∈ G.
q
2.5.13 Korollar. Sei D ⊆ R p offen und u : D → [−∞, +∞) subharmonisch. Weiters sei
G ⊆ D offen und beschränkt mit G ⊆ D, und h : G → R stetig, sodass h|G harmonisch
ist. Gilt nun u|∂G ≤ h|∂G , so folgt u|G ≤ h auf ganz G.
Beweis. Die Funktion u − h ist von oben halbstetig auf G und das Maximum von
(u − h)|∂G ist kleiner oder gleich Null. Nach Korollar 2.5.12 gilt daher auch u − h ≤ 0
auf G.
q
Wir wollen nun einige weitere Folgerungen dieser Maximumsprinzipien herleiten.
2.5.14 Satz. Sei G ⊆ R p offen und h : G → R stetig. Dann sind folgende Aussagen
äquivalent.
h ist harmonisch.
2.5. MAXIMUMSPRINZIP UND FOLGERUNGEN DARAUS
Für alle a ∈ G und alle hinreichend kleinen r > 0 gilt
Z
h(a) =
h(a + ry) dσ(y).
37
(2.24)
S p−1
h und −h sind subharmonisch.
Beweis. Dass aus harmonisch (2.24) folgt, ist gerade die Mittelwerteigenschaft, und
aus (2.24) folgt trivialerweise, dass h und −h subharmonisch sind.
Gilt nun, dass h und −h subharmonisch sind, so nehme man ein beliebiges a ∈ G
und r > 0 so, dass Kr (a) ⊆ G. Wegen Satz 2.3.3 (Dirichletsches Problem) angewandt
auf y 7→ h(a + ry), kyk = 1 und dann nach Kr (a) zurückverschoben, gibt es eine
stetige Funktion v auf Kr (a), die auf Ur (a) harmonisch ist und die auf ∂Kr (a) mit h
übereinstimmt.
Somit gilt h|∂Kr (a) ≤ v|∂Kr (a) und −h|∂Kr (a) ≤ −v|∂Kr (a) und aus Korollar 2.5.13 folgt
daher h|Kr (a) ≤ v|Kr (a) und −h|Kr (a) ≤ −v|Kr (a) bzw. h|Kr (a) ≡ v. Insbesondere ist h auf
Ur (a) harmonisch.
q
2.5.15 Satz. Sei G ⊆ R p offen, a ∈ G und h : G \ {a} → R harmonisch. Ist h beschränkt
auf G \ {a}, oder gilt allgemeiner

1


, p=2
lim x→a h(x) · ln kx−ak




0=




lim x→a h(x) · kx − ak p−2 , p > 2
so ist h harmonisch auf G fortsetzbar.
Beweis. Da mit h auch jede Funktion der Bauart x 7→ h(b + Rx) harmonisch ist, können
wir oBdA. annehmen, dass G eine offene Obermenge von K1 (0) ist, und dass a = 0.
Sollte h auf G harmonisch fortsetzbar sein, so muss h laut Satz 2.3.3 mit P[h|S p−1 ]
auf K1 (0) aus (2.17) übereinstimmen. Wir setzen für x ∈ K1 (0) \ {0}
v(x) := h(x) − P[h|S p−1 ](x).
Dann ist v auf K1 (0) \ {0} stetig. Auf U1 (0) \ {0} ist v harmonisch. Der Rand von
˙
U1 (0) \ {0} ist S p−1 ∪{0}.
Für y ∈ S p−1 erfüllt v
lim v(x) = 0.
x→y
Da P[h|S p−1 ] auf K1 (0) beschränkt ist, erfüllt v bei 0

1


 (− ln kxk) , p = 2
0 = lim v(x) · 

kxk p−2 , p > 2
x→0
Anders formuliert gibt es zu jedem > 0 ein ρ > 0, sodass für x ∈ Uρ (0) \ {0}



(− ln kxk) , p = 2
|v(x)| ≤ · 

kxk2−p
, p>2
38
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
Dabei ist die rechts stehende Funktion auf U1 (0) \ {0} positiv und harmonisch, vgl.
Beispiel 1.1.5. Aus Satz 2.5.11 angewandt auf v und −v folgt −v, v ≤ 0, bzw. v ≡ 0.
Also stimmt h mit P[h|S p−1 ] auf K1 (0) \ {0} überein, womit sich h harmonisch auf
U1 (0) fortsetzen lässt. Da Harmonizität eine lokal Eigenschaft ist, lässt sich h zu einer
harmonischen Funktion auf G fortsetzen.
q
Wir wollen daran erinnern, dass für eine offene Umgebung G von ∞ in R p ∪ {∞}
eine harmonische Funktion h : G \ {∞} → R harmonisch bei ∞ fortsetzbar heißt, falls
K[h|G\{∞,0} ] : (G \ {∞, 0})∗ = G∗ \ {∞, 0} → R harmonisch auf G∗ \ {∞} fortsetzbar ist,
wobei
1
· h(x∗ )
K[h](x) =
kxk p−2
und x∗ = kxkx 2 .
2.5.16 Korollar. Im Fall p = 2 sind folgende Aussagen äquivalent:
(i) h lässt sich harmonisch bei ∞ fortsetzen, dh. K[h] lässt sich harmonisch bei 0
fortsetzen;
(ii) limkxk→+∞ h(x) existiert in R;
(iii) h ist auf einer gewissen Umgebung von ∞ beschränkt.
(iv) limkxk→+∞
h(x)
ln kxk
= 0.
Im Fall p > 2 sind folgende Aussagen äquivalent:
(i) h lässt sich harmonisch bei ∞ fortsetzen, dh. K[h] lässt sich harmonisch bei 0
fortsetzen;
(ii) limkxk→+∞ h(x) = 0.
Beweis. Im Fall p = 2 gilt K[h](x) = h(x∗ ). Daraus erkennt man sofort, dass (i) ⇒ (ii),
(ii) ⇒ (iii), und (iii) ⇒ (iv). Gilt (iv), so folgt limkxk→0 K[h](x)
ln kxk = 0 und wegen Satz
2.5.15 die harmonische Fortsetzbarkeit bei 0 von K[h], also (i).
Im Fall p > 2 folgt aus (i), dass K[h] auf einer Nullumgebung harmonisch und
daher insbesondere stetig ist, dh. limkxk→0 kxk1p−2 · h(x∗ ) = c. Somit folgt
lim h(x∗ ) = lim kxk p−2
kxk→0
kxk→0
1
· h(x∗ ) = 0,
kxk p−2
also limkxk→+∞ h(x) = 0.
Umgekehrt folgt aus limkxk→+∞ h(x) = 0, dass
lim kxk p−2 K[h](x) = lim h(x∗ ) = 0.
kxk→0
kxk→0
Mit Satz 2.5.15 folgt sofort, dass sich h harmonisch bei ∞ fortsetzen lässt.
q
2.5.17 Korollar (Spiegelungsprinzip). Sei G ⊆ R p offen und symmetrisch bzgl. einer
Hyperebene E = b⊥ = {x ∈ R p : (x, b) = 0} mit kbk = 1, dh. x ∈ G ⇒ x − 2(x, b)b ∈ G.
Sind E+ und E− die offenen Halbräume
E+ := {x ∈ R : (x, b) > 0}, E− := {x ∈ R : (x, b) < 0}
2.5. MAXIMUMSPRINZIP UND FOLGERUNGEN DARAUS
39
und ist h : (E+ ∪ E) ∩ G → R stetig, sodass h|E∩G = 0 und sodass h|E+ ∩G harmonisch
ist, so lässt sich h durch
h(x) = −h(x − 2(x, b)b), x ∈ E− ∩ G,
zu einer harmonischen Funktion auf G fortsetzen.
Beweis. Da die Fortsetzung sowohl auf (E+ ∪ E)∩G als auch wegen der Voraussetzung
h|E∩G = 0 auf (E− ∪ E) ∩ G stetig ist, und da das zwei abgeschlossene Teilmengen von
G sind, deren Vereinigung G ist, ist h : G → R stetig.
Für a ∈ E+ ∩ G ist die Bedingung aus Satz 2.5.14 wegen der Harmonizität erfüllt.
Ist a ∈ E− ∩ G, so folgt für Kr (a) ⊆ E− ∩ G
Z
Z
h(a + ry) dσ(y) =
−h((a − 2(a, b)b) + r(y − 2(y, b)b)) dσ(y).
S p−1
S p−1
Da x 7→ x − 2(x, b)b eine lineare und orthogonale Abbildung ist, welche S p−1 auf sich
abbildet, folgt aus Fakta 2.1.5, 6, dass obiges Integral mit
Z
−h((a − 2(a, b)b) + ry) dσ(y) = −h(a − 2(a, b)b) = h(a)
S p−1
übereinstimmt. Für a ∈ E ∩ G, dh. (a, b) = 0, und Kr (a) ⊆ G gilt
Z
Z
Z
h(a + ry) dσ(y) =
h(a + ry) dσ(y) +
h(a + ry) dσ(y) =
S p−1
S p−1 ∩E+
Z
S p−1 ∩E
S p−1 ∩E−
Z
h(a + ry) dσ(y) −
S p−1 ∩E
+
Z
S p−1 ∩E
h(a + ry) dσ(y) −
+
h(a + r(y − 2(y, b)b)) dσ(y) =
−
Z
S p−1 ∩E
h(a + ry) dσ(y) = 0 = h(a).
+
Nach Satz 2.5.14 muss h harmonisch sein.
q
2.5.18 Bemerkung. Für Hyperebenen E = b⊥ mit kbk = 1 ist wie eben verwendet die
Abbildung x 7→ xE := x − 2(x, b)b die Spiegelung an E. Die Spiegelung an der affinen
Hyperebene E = a + b⊥ ist x 7→ xE := x − 2(x − a, b)b.
Korollar 2.5.17 lässt sich unmittelbar auf affine Hyperebenen ausdehnen, da sowohl
Harmonizität als auch die Symmetrie beim Verschieben erhalten bleibt. Die Fortsetzung erfüllt dabei h(x) = −h(xE ), x ∈ G.
Man kann die Abbildung x 7→ x∗ = kxkx 2 als Spiegelung an S p−1 ansehen. Für
Kreisoberflächen der Bauart E = a + rS p−1 definieren wir die Spiegelung durch
x 7→ xE := a + r2 (x − a)∗ .
Also haben wir zu jeder verallgemeinerten Kreisoberfläche E eine Spiegelung x 7→ xE
an derselben definiert. Man überprüft leicht, dass T (xE ) = T (x)T (E) , wenn T : R p → R p
von der Bauart x 7→ c + Rx für R > 0 und c ∈ R p ist. Also bleibt die Symmetrie bei
einer solchen Abbildung erhalten.
40
KAPITEL 2. POISSONSCHER DARSTELLUNGSSATZ
Auch bei der Abbildung x 7→ x∗ bleibt sie erhalten. Da wir das im Folgenden nur
für E von der Bauart a + rS p−1 mit r = kak benötigen, wollen wir nur in diesem Fall
kurz den Beweis dafür skizzieren.
kak
Man rechnet leicht nach, dass kxE k = kxk
kx−ak , wenn x , a. Damit folgt
a
2(x∗ , a)
kx − ak2
2
∗
∗
(a
+
kak
(x
−
a)
)
=
x
+
−
a.
kxk2 kak2
kak2
kak2
⊥
1
1
Andererseits ist E ∗ = ( 2kak
2a +
kak a ) ∪ {∞}, wie man aus den Überlegungen im
Beweis von Lemma 1.2.4 erkennt. Somit ist
(xE )∗ =
(x∗ )E ∗ = x∗ − 2(x∗ −
a a
1
a,
)
= (xE )∗ .
2kak2 kak kak
2.5.19 Korollar. Sei G ⊆ R p offen und symmetrisch bzgl. der Kreisoberfläche E =
a + rS p−1 dh. x ∈ G, x , a ⇒ xE ∈ G. Ist h : Kr (a) ∩ G → R stetig, sodass h|E∩G = 0
und sodass h|Ur (a)∩G harmonisch ist, so lässt sich h durch
h(x) = −
kxE k p−2
h(xE ), x ∈ G \ Kr (a),
kxk p−2
zu einer harmonischen Funktion auf G fortsetzen.
Beweis. Da sowohl Harmonizität als auch Symmetrie bei Verschiebungen nicht verloren gehen, können wir uns a so platziert denken, dass kak = r. Man beachte, dass dann
0 ∈ E.
Wie eben gesehen ist (G \ {0})∗ symmetrisch bzgl. der affinen Hyperebene
!⊥
1
1
E∗ = (
a
+
a
) ∪ {∞},
kak
2kak2
und K[h](x) =
1
kxk p−2
· h(x∗ ) verschwindet auf E ∗ ∩ (G \ {0})∗ , ist stetig auf (G \ {0})∗
geschnitten mit einem der abgeschlossenen Halbräume E±∗ und ist harmonisch auf
(G \ {0})∗ geschnitten mit dem entsprechenden offenen Halbraum zu E ∗ . Nach Korollar
2.5.17 bzw. Bemerkung 2.5.18, lässt sich K[h] auf (G \ {0})∗ harmonisch fortsetzten zu
einer Funktion g, wobei g(x) = −g(xE ∗ ).
Ist 0 ∈ G, so ist wegen 0 ∈ E die Funktion h|Kr (a)∩G bei 0 stetig und damit existiert
lim x→∞, x∈E±∗ h(x∗ ) = 0. Es folgt lim x→∞, x∈E±∗ K[h](x) = 0. Aus g(x) = −g(xE ∗ ) folgt
dann
lim g(x) = 0.
x→∞
Nach Korollar 2.5.16 ist g harmonisch bei ∞ fortsetzbar.
Insgesamt folgt, dass K[g] eine harmonische Fortsetzung von h auf G ist, wobei
K[g](xE ) =
1
1
g((xE )∗ ) =
g((x∗ )E ∗ ) =
kxE k p−2
kxE k p−2
1
kxk p−2
∗
−
g(x
)
=
−
K[g](x).
kxE k p−2
kxE k p−2
q
Kapitel 3
Subharmonische Funktionen
3.1
Poisson Integrale subharmonischer Funktionen
Wir bringen zunächst folgendes Lemma, das eine Charakterisierung von von oben halbstetigen Funktionen darstellt.
3.1.1 Lemma. Sei (X, T ) eine metrische Topologie und u : X → R ∪ {−∞} halbstetig
von oben. Weiters sei K ⊆ Ω derart, dass u auf K nach oben beschränkt ist, dh. M :=
supz∈K u(z) < ∞. Dann existiert eine Folge ( fn )n∈N von auf X stetigen, reelwertigen
Funktionen mit M ≥ f1 ≥ f2 ≥ f3 ≥ . . . auf X, sodass fn (z) ≥ u(z) für alle z ∈ K, und
limn→∞ fn = u punktweise auf K.
Beweis. Ist u ≡ −∞ auf K, so setze man fn = −n. Falls u . −∞ auf K, so definieren
wir für n ∈ N
fn (x) := sup u(y) − nd(x, y) , x ∈ X .
y∈K
Zunächst ist dieses Supremum nicht −∞, da es ein y ∈ K mit u(y) , −∞ gibt. Weiters
ist klarerweise M ≥ f1 ≥ f2 ≥ . . . auf X sowie fn (x) ≥ u(x) für alle x ∈ K.
Sind nun x1 , x2 ∈ X, so gilt für alle y ∈ K
fn (x1 ) ≥ u(y) − nd(x1 , y) ≥ u(y) − nd(x2 , y) − nd(x1 , x2 ).
Nimmt man rechts das Supremum über alle y ∈ K, so folgt fn (x2 ) − fn (x1 ) ≤ nd(x1 , x2 ).
Vertauscht man x1 und x2 , so erhält man
| fn (x2 ) − fn (x1 )| ≤ nd(x1 , x2 ),
womit fn stetig ist.
Wegen der Monotonie existiert der Grenzwert f (x) := limn→∞ fn (x) ∈ R ∪ {−∞}.
Angenommen es wäre a ∈ K und f (a) > u(a), so wähle m ∈ R mit u(a) < m < f (a)
und daher u(a) < m < f (a) ≤ fn (a), n ∈ N. Nach der Definition von fn gibt es einen
Punkt yn ∈ K mit u(yn ) − nd(a, yn ) > m, d.h. mit
m + nd(a, yn ) < u(yn ).
(3.1)
Wegen u(a) < m gilt yn , a, n ∈ N. Aus u(yn ) ≤ M folgt, dass nd(a, yn ) beschränkt ist,
und weiter yn → a. Aus (3.1) folgt auch m < u(yn ) und zwar für jedes n ∈ N. Somit gilt
m < supy∈Uδ (a)\{a} u(y) für jedes δ > 0, und wegen der Halbstetigkeit von u
m ≤ lim sup u(y) ≤ u(a) ,
y→a
41
42
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
im Widerspruch zu u(a) < m < f (a).
q
Zusammen mit Fakta 2.5.6, 2, folgt aus Lemma 3.1.1, dass eine nach oben beschränkte Funktion u auf einem metrischen Raum genau dann von oben halbstetig ist,
wenn u der punktweise Grenzwert einer nach oben beschränkten, monoton fallenden
Folge von stetigen Funktionen ist.
3.1.2 Bemerkung. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und sei u : X → [−∞, +∞)
halbstetig von oben. Weiters f : X → (0, +∞) stetig. Für η ∈ R gilt
[
η
(u · f )−1 [−∞, η) = {x ∈ X : u(x) · f (x) < η} =
{x ∈ X : f (x) < τ, u(x) < } =
τ
τ∈(0,+∞)
[
τ∈(0,+∞)
η
f −1 (0, τ) ∩ u−1 [−∞, ).
τ
Also ist u · f : X → [−∞, +∞) halbstetig von oben.
3.1.3 Lemma. Sei u : S p−1 → [−∞, +∞) von oben halbstetig und setze für x ∈ U1 (0)
Z
P[u](x) :=
℘(x, y) · u(y) dσ(y)
S p−1
und P[u](x) = u(x) für x ∈ S p−1 .
Dann ist P[u] : K1 (0) → [−∞, +∞) von oben halbstetig und im Fall der Integrierbarkeit von u ist P[u]|U1 (0) harmonisch wogegen im Fall, dass u nicht integrierbar ist,
P[u]|U1 (0) identisch gleich −∞ ist.
Außerdem gilt P[u](x) = limn→∞ P[un ](x), x ∈ K1 (0) punktweise und monoton
fallend, für jede gleichmäßig nach oben beschränkte Funktionenfolge un : S p−1 →
R, n ∈ N, bestehend aus stetigen Funktionen, die punktweise und monoton fallend
gegen u konvergiert.
Dabei gilt noch, dass wenn v : K1 (0) → R stetig ist, sodass v|U1 (0) harmonisch ist,
und sodass u ≤ v|S p−1 , so muss P[u] ≤ v.
Beweis. Da für y ∈ S p−1 und x ∈ U1 (0)
|u(y)| ·
1 − kxk
1 + kxk
≤ |u(y) · ℘(x, y)| = |u(y)| · ℘(x, y) ≤ |u(y)| ·
,
p−1
(1 + kxk)
(1 − kxk) p−1
ist u integrierbar genau dann wenn y 7→ u(y) · ℘(x, y) für alle x ∈ U1 (0) integrierbar ist.
Ist das nicht der Fall, so ist P[u](x) = −∞, x ∈ U1 (0), da max(u · ℘(x, .), 0) auf jeden
Fall über S p−1 nach σ integrierbar ist.
Ist un : S p−1 → (−∞, +∞), n ∈ N, eine monoton fallende Folge stetiger Funktionen, die punktweise gegen u konvergiert, wie in Lemma 3.1.1 sodass un ≤ m für ein
m ∈ R, so konvergiert m − un · ℘(x, .) monoton wachsend gegen m − u℘(x, .). Also folgt
aus dem Satz von der monotonen Konvergenz für alle x ∈ U1 (0)
Z
Z
lim
(m − ℘(x, y) · un (y)) dσ(y) =
(m − ℘(x, y) · u(y)) dσ(y)
n→∞
S p−1
S p−1
und daher P[un ](x) → P[u](x) (∈ [−∞, +∞)) für n → ∞ punktweise monoton fallend
für jedes x ∈ K1 (0).
3.1. POISSON INTEGRALE SUBHARMONISCHER FUNKTIONEN
43
Aus Satz 2.3.3 wissen wir, dass alle Funktionen P[un ] : K1 (0) → R stetig und eingeschränkt auf U1 (0) harmonisch sind. Aus Fakta 2.5.6, 2, folgt, dass der punktweise
Grenzwert P[un ] dieser Folge auf K1 (0) von oben halbstetig ist.
Außerdem folgt aus Satz 2.4.5 angewandt auf die Funktionenfolge P[m−un ]|U1 (0) =
m − P[un ]|U1 (0) , n ∈ N, mit Werten in [0, +∞), die ja wegen un+1 ≤ un und daher m −
un+1 −(m−un ) ≥ 0 auch P[m−un ] ≤ P[m−un+1 ] erfüllt, dh. monoton wachsend ist, dass
die punktweise Grenzfunktion m − P[u]|U1 (0) entweder ≡ +∞ oder eine harmonische
Funktion ist.
Nun sei v : K1 (0) → R stetig, sodass v|U1 (0) harmonisch ist, und sodass u ≤ v|S p−1 .
Aus der Positivität des Poissonkernes und aus dem Poissonschen Darstellungssatz
folgt P[u] ≤ P[v|S p−1 ] = v.
q
3.1.4 Korollar. Sei u : K1 (0) → [−∞, +∞) von oben halbstetig und sei u|U1 (0) subharmonisch. Dann gilt u ≤ P[u|S p−1 ] auf ganz K1 (0).
Beweis. Sei un : S p−1 → (−∞, +∞) eine monoton fallende Folge stetiger Funktionen,
die punktweise gegen u|S p−1 konvergiert, wie in Lemma 3.1.1 sodass un ≤ m, n ∈ N.
Wir wissen aus Lemma 3.1.3, dass P[un ](x) → P[u|S p−1 ](x) punktweise und monoton
fallend.
Für jedes feste n gilt am Rand S p−1 von U1 (0) offensichtlich u|S p−1 − P[un ]|S p−1 =
p−1
u|S − un ≤ 0. Wegen Korollar 2.5.12 nimmt die auf K1 (0) von oben halbstetige und
auf U1 (0) subharmonische Funktion u − P[un ] ihr Maximum am Rand an. Also folgt
u − P[un ] ≤ 0 bzw. u ≤ P[un ].
Da das für jedes n ∈ N gilt, gilt es auch für den Grenzwert, dh. u ≤ P[u|S p−1 ].
q
Ist in Korollar 3.1.4 die Funktion u|S p−1 integrierbar, so ist P[u|S p−1 ] auf U1 (0) eine
harmonische Majorante von u.
Wir erhalten folgende Charakterisierung subharmonischer Funktionen:
3.1.5 Satz. Sei D ⊆ R p offen und u : D → [−∞, +∞) von oben halbstetig. Dann sind
folgende Aussagen äquivalent.
(i) u ist subharmonisch.
(ii) Für alle a ∈ D und alle hinreichend kleinen r > 0 gilt
Z
u(a) ≤
u(a + ry) dσ(y).
(3.2)
S p−1
(iii) Für alle a ∈ D und alle r > 0 mit Kr (a) ⊆ D gilt (3.2).
(iv) Für alle G ⊆ D offen und beschränkt mit G ⊆ D, und h : G → R stetig, sodass
h|G harmonisch ist, folgt aus u|∂G ≤ h|∂G immer u|G ≤ h auf ganz G.
Beweis. Die Schlüsse (iii) ⇒ (ii) und (ii) ⇒ (i) sind trivial. (i) ⇒ (iv) ist gerade Korollar
2.5.13.
Gelte (iv) und sei r > 0 mit Kr (a) ⊆ D. Ist vn : S p−1 → (−∞, +∞) eine monoton
fallende Folge stetiger Funktionen, die punktweise gegen v|S p−1 wie in Lemma 3.1.1
44
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
konvergiert, wobei v(x) := u(a + rx), x ∈ K1 (0), sodass vn ≤ m für ein m ∈ R, so folgt
aus v|S p−1 ≤ P[vn ]|S p−1 = vn bzw. äquivalent aus
u|∂Kr (a) ≤ hn |∂Kr (a) ,
wobei hn (a + rx) := P[vn ](x), x ∈ K1 (0), und der Voraussetzung (iv), dass u|Kr (a) ≤ hn .
Setzen wir hier a ein, so folgt
Z
u(a) ≤ hn (a) = P[vn ](0) =
vn (y) dσ(y).
S p−1
Aus dem Satz von der monotonen Konvergenz (angewandt auf (v1 − vn )) folgt
Z
Z
u(a) ≤
v(y) dσ(y) =
u(a + ry) dσ(y).
S p−1
S p−1
q
3.1.6 Fakta.
1. Aus der Dreiecksungleichung für Integrale folgt, dass |h| subharmonisch ist,
wenn h harmonisch ist.
2. Aus der Definition und aus Fakta 2.5.6, 10, folgt unmittelbar, dass subharmonisch zu sein, eine lokale Eigenschaft ist.
3. Eine Funktion u ∈ C 2 (G) ist genau dann subharmonisch, wenn 4u ≥ 0. In der Tat
folgt für ein a ∈ G und jedes r > 0 mit Kr (a) ⊆ G aus Lemma 2.2.3 angewandt
auf h(x) = u(a + rx), dass (siehe auch Fakta 1.1.4, 4)
Z
Z
u(a + rx) =
℘(x, y) · u(a + ry) dσ(y) +
w x (t)r2 (4u)(a + rt) dλ p (t). (3.3)
U1 (0)
S p−1
Man beachte, dass w x (t) < 0 für t ∈ U1 (0) (siehe nach (2.12) bzw. (2.13)). Ist
nun immer 4u ≥ 0, so folgt für x = 0 unmittelbar (2.22).
Gilt umgekehrt 4u(x) < 0 für ein x ∈ G, so folgt aus der Stetigkeit von 4u, dass
4u(t) für alle t ∈ KR (x) für ein hinreichend kleines R > 0. Gleichung (3.3) ergibt
dann für x = 0
Z
u(a + rx) >
℘(x, y) · u(a + ry) dσ(y)
S p−1
für alle r ∈ (0, R].
4. Aus Fakta 2.5.6, 1, und unmittelbar aus (3.2) folgt, dass mit u1 , . . . , un und
λ1 , . . . , λn ≥ 0 auch λ1 u1 + . . . + λn un subharmonisch auf einer offenen Teilmenge
G von R p ist.
5. Aus Fakta 2.5.6, 3, und wieder unmittelbar aus (3.2) folgt, dass mit u1 , . . . , un
auch max(u1 , . . . , un ) subharmonisch auf einer offenen Teilmenge G von R p ist.
3.1. POISSON INTEGRALE SUBHARMONISCHER FUNKTIONEN
45
6. Ist (un )n∈N eine monoton fallende Folge subharmonischer Funktionen auf einer
offenen Menge D ⊆ R p , so folgt aus dem Satz von der monotonen Konvergenz
für Kr (a) ⊆ D
Z
Z
lim un (a) ≤ lim
un (a + ry) dσ(y) =
lim un (a + ry) dσ(y).
n→∞
n→∞
S p−1
n→∞
S p−1
Zusammen mit Fakta 2.5.6, 2, folgt, dass limn→∞ un subharmonisch ist.
Der letzte Punkt hier hat sogar eine Verallgemeinerung.
3.1.7 Korollar. Ist (ui )i∈I ein monoton fallendes Netz subharmonischer Funktionen auf
einer offenen Menge D ⊆ R p , so ist auch die Funktion x 7→ u(x) := limi∈I ui (x) auf D
subharmonisch.
Beweis. Zunächst ist u wegen Fakta 2.5.6, 2, von oben halbstetig.
Sei G ⊆ D offen und beschränkt mit G ⊆ D, und h : G → R stetig, sodass h|G
harmonisch ist, und sodass u|∂G ≤ h|∂G . Wir zeigen, dass dann auch u|G ≤ h auf ganz
G. Die Behauptung folgt dann aus Satz 3.1.5.
Sei > 0. Zu jedem x ∈ ∂G gibt es wegen limi∈I ui (x) < h(x) + ein i x ∈ I mit
uix (x) − h(x) < . Da die links stehende Funktion von oben halbstetig ist, gibt es ein
offenes U x 3 x mit
uix |U x ∩∂G < + h|U x ∩∂G .
Wegen der Kompaktheit von ∂G gibt es x1 , . . . , xn ∈ ∂G, sodass ∂G ⊆ U x1 ∪ · · · ∪ U xn
und daher
min uix j |∂G < + h|∂G .
j=1,...,n
Ist i i x1 , . . . , i xn , so folgt aus der Monotonie ui |∂G < + h|∂G . Nun ist die links
stehende Funktion subharmonisch und die rechts stehende Funktion harmonisch. Also
folgt mit Satz 3.1.5 ui |G ≤ + h|G und wegen u ≤ ui auch u|G ≤ + h|G . Da > 0
beliebig war, folgt die Behauptung.
q
Fakta 3.1.6, 3 legt nahe, subharmonische Funktionen als mehrdimensionale Verallgemeinerung von konvexen Funktionen zu betrachten.
3.1.8 Beispiel. Ist D ⊆ R2 offen und f : D → C analytisch, so ist z 7→ ln | f (z)| auf
D \ f −1 {0} als Zusammensetzung der konformen und harmonischen Funktion f und der
harmonischen Funktion z 7→ ln |z|, z ∈ C \ {0}, wieder harmonisch, vgl. Lemma 1.1.12.
Setzen wir ln | f (z)| := −∞ für f (z) = 0, so gilt limw→z ln | f (z)| = −∞ = f (z) für alle
z ∈ f −1 {0}. Also ist z 7→ ln | f (z)| auf D halbstetig von oben.
(2.22) gilt, wenn x ∈ D \ f −1 {0} und wenn nur R > 0 so klein ist, dass KR (x) ⊆
D \ f −1 {0}. Ist x ∈ f −1 {0}, so gilt (2.22) ohnehin.
3.1.9 Beispiel. Die Funktion f (x) := kxk ist auf R p stetig. Da x 7→ x als Abbildung von
R p auf sich harmonisch ist, gilt
Z
a=
(a + ry) dσ(y) (∈ R p ), a ∈ R p .
S p−1
46
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
Ist nun α ∈ K1 (0), so folgt
Z
Z
Z
|(a, α)| ≤
|(a + ry, α)| dσ(y) ≤
ka + ryk · kαk dσ(y) ≤
ka + ryk dσ(y).
S p−1
S p−1
S p−1
Das Supremum über alle α ∈ K1 (0) links kak. Also ist f subharmonisch.
3.1.10 Satz. Ist G ⊆ R p ein Gebiet, u : G → [−∞,
+∞) subharmonisch und u . −∞.
R
Für Kr (a) ⊆ G mit r > 0 gilt immer −∞ < S p−1 u(a + ry) dσ(y) < +∞, wobei für
0 < r1 < r2 mit Kr1 (a) ⊆ Kr2 (a) ⊆ G
Z
Z
u(a) ≤
u(a + r1 y) dσ(y) ≤
u(a + r2 y) dσ(y).
S p−1
S p−1
Außerdem gilt
u(a) = lim
Z
r&0
S p−1
u(a + ry) dσ(y),
(3.4)
sowie u(a) = lim supkyk&0 u(a + y).
Schließlich ist {x ∈ G : u(x) = −∞} eine Borelmenge mit λ p -Maß Null und für jedes
kompakte K ⊆ G ist u|K integrierbar.
p−1
nach oben beschränkt ist, gilt
RBeweis. Da u auf der kompakten Menge a + rS
u(a
+
ry)
dσ(y)
∈
[−∞,
+∞).
p−1
S
Betrachten wir v(y) := u(a + ry), y ∈ K1 (0), so folgt aus Korollar 3.1.4 v ≤
P[v|S p−1 ] =: h. Gemäß Lemma 3.1.3 gilt h ≡ −∞ oder h ist harmonisch. In jedem
Fall folgt für 0 < s < 1
Z
u(a) ≤
S p−1
u(a + sry) dσ(y) =
Z
v(sy) dσ(y) ≤
S p−1
Z
h(sy) dσ(y) = h(0) =
S p−1
Z
u(a + ry) dσ(y).
(3.5)
S p−1
R
Ist dabei −∞ = S p−1 u(a + ry) dσ(y), so folgt aus Lemma 3.1.3 v ≤ P[v|S p−1 ] ≡ −∞,
und somit u|Ur (a) ≡ −∞. Somit gilt
A := {a ∈ G : ∃r > 0 : Kr (a) ⊆ G und u|Ur (a) ≡ −∞} =
{a ∈ G : ∃r > 0 : Kr (a) ⊆ G und − ∞ =
Z
u(a + ry) dσ(y)}.
S p−1
A ist wegen der ersten Darstellung offen. Für a ∈ G ∩ A hat jede Kugel Kr (a) einen
nichtleeren Schnitt mit A. Insbesondere gibt es ein r > 0 mit Kr (a) ⊆ G und (a +
rS p−1 ) ∩ A , ∅. Somit Rist u(a + ry) = −∞ für y aus einer nichtleeren offenen Teilmenge
von S p−1 . Also −∞ = S p−1 u(a + ry) dσ(y) bzw. a ∈ A.
Somit ist A offen und abgeschlossen in G. Aus A = G folgte aber u ≡ −∞, also
muss A = ∅. Daraus folgt insbesondere, dass {x ∈ G : u(x) > −∞} dicht in G ist.
Für a in dieser Menge und 2ra := min(1, d(a, Gc )) gilt, da u auf der kompakten Menge
3.1. POISSON INTEGRALE SUBHARMONISCHER FUNKTIONEN
47
Kra (a) ⊆ G nach oben beschränkt ist,
Z
Z
Z
(+∞ >)
u dλ p =
t p−1 ·
u(a + ty) dµS p−1 (y) dλ(t) ≥
Ura (a)
(0,ra )
S p−1
µ(S p−1 )
Z
t p−1 · u(a) dλ(t) = u(a) ·
rap
µ(S p−1 ) > −∞, (3.6)
p
(0,ra )
womit λ p (Ura (a) ∩ {x ∈ G : u(x) = −∞}) = 0 sein muss. Aus der Dichtheit von
{x ∈ G : u(x) > −∞} folgt, wie man sich leicht überzeugt,
[
G=
Ura (a).
(3.7)
a∈G,u(a)>−∞
Da die Topologie auf G eine abzählbare Basis hat, folgt aus dem Satz von Lindelöff,
dass bei dieser Vereinigung schon abzählbar viele an , n ∈ N, ausreichen, womit
λ p ({x ∈ G : u(x) = −∞}) ≤
∞
X
λ p (Uran (an ) ∩ {x ∈ G : u(x) = −∞}) = 0.
n=1
Ist K ⊆ G kompakt, so lässt sich K wegen (3.7) mit endlich vielen Kreisen Ura (a) mit
u(a) > −∞ überdecken. Wegen (3.6) ist u auf allen diesen Kreisen nach λ p integrierbar,
und damit auch auf K.
R
Aus (3.5) folgt offensichtlich u(a) ≤ lim inf r&0 S p−1 u(a + ry) dσ(y). Wegen der Halbstetigkeit
von oben gilt lim supkyk&0 u(a + ry) ≤ u(a) und daher
R
lim supr&0 S p−1 u(a + ry) dσ(y) ≤ u(a), also (3.4).
Wäre schließlich lim supkyk&0 u(a + y) < u(a), so folgte u(a + ry) ≤ u(a) − für
alle kykR ≤ δ für ein > 0 und ein δ > 0. Integrieren über diese Ungleichung würde
limr&0 S p−1 u(a + ry) dσ(y) ≤ u(a) − ergeben.
q
Für subharmonische u : G → [−∞, +∞) ist {x ∈ G : u(x) = −∞} also klein, wenn
u . −∞. Umgekehrt ist aber nicht jede Lebesgue-Nullmenge eine Menge der Bauart.
3.1.11 Lemma. Sei (X, T ) topologischer Raum und A, B ⊆ X mit A ∪ B = X, wobei
entweder A und B beide abgeschlossen oder beide offen sind.
Sind u : A → [−∞, +∞) und v : B → [−∞, +∞) zwei von oben halbstetige Funktionen, wobei A bzw. B beide mit der Spurtopologie versehen sind, sodass u und v auf
A ∩ B übereinstimmen, dann ist auch die Funktion u ∪ v : X → [−∞, +∞)1 von oben
halbstetig.
Beweis. Seien A, B beide abgeschlossen. Der offene Fall ist ähnlich zu beweisen. Ist
η ∈ R, so gilt
(u ∪ v)−1 [η, +∞) = u−1 [η, +∞) ∪ v−1 [η, +∞).
Nach Voraussetzung ist u−1 [−∞, η) abgeschlossen in der Spurtopologie T |A , und somit
von der Bauart C ∩ A für eine in X abgeschlossene Menge C. Als Schnitt zweier in X
abgeschlossener Mengen ist u−1 [−∞, η) in X abgeschlossen.
Genauso zeigt man, dass v−1 [−∞, η) in X abgeschlossen ist. Als Vereinigung
zweier abgeschlossener Mengen ist dann auch (u ∪ v)−1 [η, +∞) abgeschlossen.
q
1 Das
ist die Funktion, die auf A mit f und auf B mit g übereinstimmt.
48
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
3.1.12 Lemma. Sei D ⊆ R p offen und u : D → [−∞, +∞) subharmonisch. Weiters sei
r > 0 und a ∈ D mit Kr (a) ⊆ D.
Definieren wir ua,r : D → [−∞, +∞) durch ua,r |D\Ur (a) ≡ u|D\Ur (a) und ua,r (a + rx) =
P[v](x), x ∈ U1 (0), wobei v(y) = u(a + ry), y ∈ S p−1 , so ist ua,r subharmonisch auf D
mit u ≤ ua,r .
Beweis. Definitionsgemäß gilt P[v](y) = v(y) = u(a + ry) für kyk = 1, vgl. Lemma
3.1.3. Also gilt sogar ua,r (a + rx) = P[v](x) für x ∈ K1 (0). Nach Lemma 3.1.3 ist
P[v] und daher auch ua,r |Kr (a) halbstetig von oben sowie P[v]|U1 (0) und damit ua,r |Ur (a)
harmonisch bzw. ≡ −∞. Nach Korollar 3.1.4 gilt auch u|Ur (a) ≤ ua,r |Ur (a) .
Als Einschränkung einer von oben halbstetigen Funktion ist auch ua,r |D\Ur (a) =
u|D\Ur (a) eine solche. Wegen Kr (a) ∩ (D \ Ur (a)) = a + rS p−1 , folgt aus Lemma 3.1.11,
dass ua,r halbstetig von oben ist, wobei überall u ≤ ua,r .
Für b ∈ D \ Ur (a) und ρ > 0 mit Kρ (b) ⊆ D gilt
Z
Z
ua,r (b) = u(b) ≤
u(b + ρy) dσ(y) ≤
ua,r (b + ρy) dσ(y).
S p−1
S p−1
Für b ∈ Ur (a) gilt für hinreichend kleines ρ > 0 mit Kρ (b) ⊆ Ur (a) wegen der Harmonizität von ua,r |Ur (a) bzw. wegen ua,r |Ur (a) ≡ −∞
Z
ua,r (b) =
ua,r (b + ρy) dσ(y).
S p−1
Nach Satz 3.1.5 ist ua,r subharmonisch.
q
3.1.13 Fakta.
1. Für c ∈ R und subharmonisches u : D → [−∞, +∞) gilt (u + c)a,r = ua,r + c, da
P[c] ≡ c.
2. Für c > 0 und subharmonisches u : D → [−∞, +∞) gilt (cu)a,r = cua,r , da
P[cv] ≡ cP[v].
3. Für subharmonische u1 , u2 : D → [−∞, +∞) sei v j (y) = u j (a + ry). Aus P[v1 +
v2 ] = P[v1 ] + P[v2 ] (gilt auch wenn P[v1 ]|U1 (0) ≡ −∞ oder P[v2 ]|U1 (0) ≡ −∞)
folgt dann (u1 + u2 )a,r = (u1 )a,r + (u2 )a,r .
4. Für subharmonische u, w : D → [−∞, +∞) folgt aus u ≤ w, dass ua,r ≤ wa,r , da
P[.] monotonieerhaltend ist.
5. Ist D ein Gebiet und u , −∞, so ist ua,r |Ur (a) wegen Satz 3.1.10 harmonisch.
3.2
Perronsche Methode
Sei ∅ , D ⊆ R p offen und f : ∂∞ D → [−∞, +∞] eine Funktion. Wir fragen uns, ob f
eine Randfunktion einer auf D harmonischen Funktion sein kann. Dazu betrachten wir
S f := {u : u : D → [−∞, +∞) subharmonisch und
nach oben beschränkt mit ∀ξ ∈ ∂∞ D ⇒ lim sup u(x) ≤ f (ξ)}.
x→ξ
3.2. PERRONSCHE METHODE
49
Diese Menge S f erfüllt offensichtlich, dass wenn u1 , u2 ∈ S f auch max(u1 , u2 ) ∈ S f
und wenn u ∈ S f und a ∈ D, r > 0 mit Kr (a) ⊆ D, so ist auch ua,r ∈ S f . Also ist S f
ein Spezialfall eines Perronschen Systems.
3.2.1 Definition. Eine nichtleere Menge S von subharmonischen Funktionen auf einer
offenen, nichtleeren Menge D ⊆ R p heißt Perronsches System, falls (vgl. Fakta 3.1.6,
5, und Lemma 3.1.12)
(i) Zu u1 , u2 ∈ S gibt es ein u3 ∈ S mit u1 ≤ u3 und u2 ≤ u3 .
(ii) Ist u ∈ S und a ∈ D, r > 0 mit Kr (a) ⊆ D, so ist auch ua,r ∈ S .
Für ein derartiges System ist die Funktion
PS (x) := sup{u(x) : u ∈ S } ∈ [−∞, +∞], x ∈ D.
(3.8)
von speziellem Interesse. Sie wird Perronsche Funktion genannt.
3.2.2 Fakta.
1. Ist G eine offene Teilmenge von D, so ist mit dem Perronschen System S auf D
auch {u|G : u ∈ S } ein Perronsches System auf G.
2. Ist S ein Perronsches System und c ∈ R, so folgt aus Fakta 3.1.13, dass auch
S + c := {u + c : u ∈ S } ein Perronsches System ist, wobei PS +c = PS + c.
3. Ist S ein Perronsches System und c > 0, so folgt aus Fakta 3.1.13, dass auch
cS := {cu : u ∈ S } ein Perronsches System ist, wobei PcS = cPS .
4. Sind S 1 , S 2 zwei Perronsches Systeme, so folgt aus Fakta 3.1.13, dass auch S 1 +
S 2 := {u + w : u ∈ S 1 , w ∈ S 2 } ein solches ist, wobei wegen dem Lemma
vom iterierten Supremum PS 1 +S 2 (x) = PS 1 (x) + PS 2 (x), x ∈ D. Hier ist der
unbestimmte Ausdruck −∞ + ∞ = +∞ + (−∞) mit −∞ auszuwerten.
5. Sind S 1 , S 2 zwei Perronsches Systeme mit S 1 ⊆ S 2 , so folgt PS 1 ≤ PS 2 .
6. Ist S ein Perronsches System und bezeichnet
[S ] := {v : v : D → [−∞, +∞) subharmonisch mit ∃u ∈ S mit v ≤ u},
so ist auch [S ] ein Perronsches System mit P[S ] = PS .
7. Ist S ein System von subharmonischen Funktionen auf einer offenen Menge D ⊆
R p , das (i) aus Definition 3.2.1 erfüllt und die Eigenschaft hat, dass es mit u ∈ S
und a ∈ D, r > 0 mit Kr (a) ⊆ D, ein v ∈ S gibt, sodass ua,r ≤ v, so zeigt man
leicht, dass dann
[S ] := {v : v : D → [−∞, +∞) subharmonisch mit ∃u ∈ S mit v ≤ u},
ein Perronsches System ist, das auch P[S ] = PS erfüllt, wobei PS wie in (3.8)
definiert ist.
3.2.3 Lemma. Ist D ein Gebiet und S ein Perronsches System, so gilt PS ≡ −∞, wenn
S = {−∞}. Anderenfalls ist die Funktion PS auf D entweder identisch gleich +∞ oder
harmonisch auf D.
50
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
Beweis. Falls S = {−∞}, so gilt offensichtlich PS ≡ −∞. Anderenfalls ist S \ {−∞}
auch ein Perronsches System mit PS = PS \ {−∞}. Sei also nun −∞ < S .
Ist a ∈ D, r > 0 mit Kr (a) ⊆ D, so folgt aus u ∈ S sicherlich ua,r ∈ S , wobei
u ≤ ua,r ∈ S , vgl. Lemma 3.1.12. Also gilt auch
PS (x) = sup{ua,r (x) : u ∈ S }, x ∈ D.
Andererseits ist S versehen mit ≤ eine gerichtete Menge, vgl. Definition 3.2.1, (i), und
(ua,r )u∈S ist ein monoton wachsendes Netz, vgl. Lemma 3.1.12. Somit gilt
PS (x) = lim ua,r (x), x ∈ D.
u∈S
Betrachten wir diesen Sachverhalt nur für x ∈ Ur (a). (ua,r |Ur (a) )u∈S ist ja ein monoton
wachsendes Netz bestehend aus harmonischen Funktionen, vgl. Fakta 3.1.13, 5. Aus
dem Prinzip von Harnack, Satz 2.4.5, folgt, dass PS |Ur (a) entweder ≡ +∞ oder harmonisch ist.
Betrachtet man die Menge A aller a ∈ D mit PS (a) = +∞, so folgt aus obiger
Überlegung, dass A und auch D \ A offen ist. Also muss entweder PS ≡ +∞ oder PS
harmonisch auf D sein.
q
Lässt man in Lemma 3.2.3 die Voraussetzung fallen, dass D zusammenhängend ist,
so kann man Lemma 3.2.3 zumindest auf den maximalen Gebieten G ⊆ D anwenden
und sieht, dass PS |G für alle solchen G ⊆ D entweder −∞, +∞ oder harmonisch ist.
3.2.4 Lemma. Sei D ⊆ R p offen und nichtleer und S 1 ⊇ S 2 ⊇ . . . eine absteigende
Folge Perronscher Systeme darauf. Gilt PS 1 < +∞ auf ganz D, so konvergiert (PS n )n∈N
lokal gleichmäßig gegen PT j∈N [S j ] .
Beweis. Da man jede offene Teilmenge als disjunkte Vereinigung von Gebieten schreiben kann, und alle Perronschen Systeme darauf einschränken kann, können wir oBdA.
D als Gebiet annehmen.
Aus Fakta 3.2.2, 6, wissen wir, dass PS n = P[S n ] . Also können wir auch S n =
[S n ], n ∈ N, annehmen. Mit Fakta 3.2.2, 5, schließen wir dann zunächst auf
PT j∈N S j ≤ PS n+1 ≤ PS n < +∞, n ∈ N.
Nach Lemma 3.2.3 sind die hier auftretenden Funktionen ≡ −∞ oder harmonisch. In
jedem Fall konvergiert die Funktionenfolge (PS n )n∈N wegen der Monotonie punktweise
gegen die [−∞, +∞)-wertige Funktion f := limn→∞ PS n . Nach Satz 2.4.5 ist f wieder
harmonisch oder ≡ −∞, wobei die Konvergenz lokal gleichmäßig stattfindet, und
PT j∈N S j ≤ f ≤ PS n , n ∈ N.
Ist f ≡ −∞, so auch die linke Seite. Ist f , −∞, so hat f Werte in R und ist harmonisch.
In diesem Fall haben auch alle PS n Werte in R und sind harmonisch.
Sei y ∈ D und > 0. Zu n ∈ N sei un ∈ S n , sodass
PS n (y) −
< un (y) (≤ PS n (y)).
2n
Wir setzen
u := f +
∞
X
n=1
(un − PS n ),
3.2. PERRONSCHE METHODE
51
und stellen wegen un ≤ PS n fest, dass u Summe einer harmonischen Funktion und eines Grenzwertes einer monoton fallenden Folge subharmonischer Funktionen ist. Nach
Fakta 3.1.6 ist u subharmonisch. Außerdem gilt für n ∈ N
u ≤ f + un − PS n ≤ un ,
da f − PS n ≤ 0. Wegen S n = [S n ] folgt u ∈ S n . Da n ∈ N beliebig war, erhalten wir
T
u ∈ j∈N S j , und damit
u ≤ PT j∈N S j .
Andererseits ist
f (y) − ≤ f (y) +
∞
X
(un (y) − PS n (y)) = u(y).
n=1
Insbesondere folgt f (y) − ≤ PT j∈N S j (y) ≤ f (y). Da > 0 beliebig war, gilt f (y) =
PT j∈N S j (y) und da auch y beliebig war, sogar
f ≡ PT j∈N S j .
q
Kommen wir zurück zu unserem speziellen Perronschen System S f , die offensichtlich [S f ] = S f erfüllen. Zudem setzen wir PD [ f ] := PS f .
3.2.5 Lemma. Für f, g : ∂∞ D → [−∞, +∞] gelten:
inf f (ξ) ≤ PD [ f ] ≤ sup f (ξ).
ξ∈∂∞ D
ξ∈∂∞ D
(3.9)
Insbesondere ist PD [ f ] harmonisch, falls f beschränkt ist.
Ist f ≡ c für ein c ∈ R ∪ {−∞, +∞}, so folgt PD [ f ] ≡ c.
Für c > 0 folgt PD [c f ] = cPD [ f ].
Für c ∈ R folgt PD [ f + c] = PD [ f ] + c.
Aus f ≤ g folgt PD [ f ] ≤ PD [g].
PD [ f ] + PD [g] ≤ PD [ f + g], wobei hier auf beiden Seiten der unbestimmte Ausdruck −∞ + ∞ = +∞ + (−∞) mit −∞ auszuwerten ist.
Es gilt PD [ f ] ≤ −PD [− f ].
Haben f, g Werte in R und sind sie beschränkt, so sind auch PD [ f ] und PD [g]
beschränkt und harmonisch mit
kPD [ f ] − PD [g]k∞ ≤ k f − gk∞ ,
insbesondere kPD [ f ]k∞ ≤ k f k∞ .
Beweis.
(3.10)
52
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
inf ξ∈∂∞ D f (ξ) ≤ PD [ f ] ist im Fall f ≡ +∞ klar, weil dann S f = ∅. Sonst folgt
unmittelbar aus der Tatsache, dass die konstante Funktion x 7→ inf ξ∈∂∞ D f (ξ) (∈
[−∞, +∞)) in S f liegt.
Die zweite Ungleichung ist trivial, wenn supξ∈∂∞ D f (ξ) = +∞. Anderenfalls folgt
für jedes u ∈ S f aus Satz 2.5.11, dass u ≤ supξ∈∂∞ D f (ξ) und damit die zweite
Ungleichung.
Folgt sofort aus dem letzten Punkt.
Man sieht leicht, dass S c f = cS f . Mit Fakta 3.2.2 folgt PD [c f ] = cPD [ f ].
Man sieht leicht, dass S f +c = c + S f . Mit Fakta 3.2.2 folgt PD [ f + c] = PD [ f ] + c.
Aus f ≤ g folgt S f ⊆ S g und mit Fakta 3.2.2, dass PD [ f ] ≤ PD [g].
Für u ∈ S f und v ∈ S g folgt wegen der Beschränktheit von u und v nach oben
lim sup u(x) + v(x) ≤ lim sup u(x) + lim sup v(x) ≤ f (ξ) + g(ξ), ξ ∈ ∂∞ D,
x→ξ
x→ξ
x→ξ
wobei zu beachten ist, dass diese Ungleichung nur gilt, wenn man für f (ξ) + g(ξ)
die eingangs erwähnten Rechenregeln beachtet. Es folgt u + v ∈ S f +g und damit
S f + S g ⊆ S f +g . Wegen Fakta 3.2.2 folgt PD [ f ] + PD [g] = PS f +S g ≤ PD [ f + g].
Aus dem letzten Punkt folgt PD [ f ] + PD [− f ] ≤ PD [0 f − f 0 ] ≤ PD [0] = 0, wobei
0
f − f 0 nach der Regel +∞ − ∞ = −∞ + ∞ = −∞ zu berechnen ist, und somit ≤ 0
ist. Egal ob die Summenden auf der linken Seite von PD [ f ](x) + PD [− f ](x) ≤ 0
endlich oder ±∞ sind, in jedem Fall folgt PD [ f ](x) ≤ −PD [− f ](x).
Wegen (3.9) sind PD [ f ] und PD [g] beschränkt und wegen Lemma 3.2.3 harmonisch mit kPD [ f ]k∞ ≤ k f k∞ . Aus f ≤ k f − gk∞ + g und PD [c] = c folgt mit der
Monotonieeigenschaft, dass
PD [ f ] ≤ k f − gk∞ + PD [g].
Genauso gilt PD [g] ≤ k f − gk∞ + PD [ f ] und damit ±(PD [ f ] − PD [g]) ≤ k f − gk∞ .
q
3.2.6 Bemerkung. Bei PD [ f ] + PD [g] ≤ PD [ f + g] bzw. als Folge PD [ f ] ≤ −PD [− f ]
geht als einziges ein, dass die u ∈ S f beschränkt nach oben sind.
Wenn man statt S f das Perronsche System
S̃ f := {u : u : D → [−∞, +∞) subharmonisch mit ∀ξ ∈ ∂∞ D ⇒ lim sup u(x) ≤ f (ξ)}.
x→ξ
betrachtet, so gelten auch alle Aussagen aus Lemma 3.2.5 bis auf die erwähnten beiden.
PD [ f ] + PD [g] ≤ PD [ f + g] gilt in diesem Fall mit der Einschränkung, dass f + g nicht
von der Form +∞ − ∞ ist, und PD [ f ] ≤ −PD [− f ] gilt, wenn f reellwertig ist.
3.2.7 Proposition. Ist A := {ξ ∈ ∂∞ D : f (ξ) , g(ξ)} klein in dem Sinn, dass ∞ < A
und A ⊆ w−1 {−∞} für eine subharmonische Funktion w : G → [−∞, +∞) mit G ⊇ D
und w−1 {−∞} ⊆ G \ D, sodass w|∂∞ D ≤ 0, so gilt PD [ f ] = PD [g].
3.2. PERRONSCHE METHODE
53
Beweis. Nach Satz 2.5.11 gilt w|D ≤ 0. Für u ∈ S f und > 0 folgt aus u + w ≤ u, dass
lim sup u(x) + w(x) ≤ g(ξ)
x→ξ
für alle ξ ∈ ∂ D \ A, da dort f (ξ) = g(ξ). Für ξ ∈ A gilt
∞
lim sup(u(x) + w(x)) ≤ lim sup u(x) + lim sup w(x) ≤ f (ξ) + (−∞) = −∞.
x→ξ
x→ξ
x→ξ
Also folgt u + w ∈ S g und damit u + w ≤ PD [g]. Da w(x) > −∞ für x ∈ D und da
> 0 beliebig war, folgt u ≤ PD [g]. Da auch u ∈ S f beliebig war, folgt PD [ f ] ≤ PD [g]
und aus Symmetriegründen die Gleichheit.
q
3.2.8 Beispiel. Sei D = U1 (0) \ {0} und f, g : ∂D → R definiert durch f ≡ 1 und
g(x) = 1, x ∈ S p−1 und g(0) = 0. Nun unterscheiden sich die Funktionen f und g
auf der Menge A = {0}. Diese Menge ist aber w−1 {−∞} der subharmonischen Funktion
w : R p → [−∞, +∞) definiert durch w(0) = −∞ und für x , 0 durch w(x) = ln kxk im
1
· (kxk2−p − 1) im Fall p > 2.
Fall p = 2 und w(x) = 2−p
Da auch w ≤ 0 auf K1 (0) folgt aus Proposition 3.2.7, dass PD [g] = PD [ f ] ≡ 1.
3.2.9 Definition. Sei ∅ , D ⊆ R p offen. Eine Funktion f : ∂∞ D → [−∞, +∞] heißt
resolutiv, wenn PD [ f ] = −PD [− f ]. Mit RD wollen wir die Menge aller reellwertigen
resolutiven Funktionen am Rand von D bezeichnen, für die PD [ f ] = −PD [− f ] reellwertig und somit harmonisch ist.
Wie das nächste Ergebnis zeigt, ist diese Begriffsbildung der richtige Zugang zum
verallgemeinerten Dirichletschen Problem.
3.2.10 Proposition. Sei D ⊆ R p offen. Weiters sei f : ∂∞ D → R beschränkt. Falls
h : D → R harmonisch ist, sodass lim x→ξ h(x) = f (ξ) für alle ξ ∈ ∂∞ D, so ist f
resolutiv mit h = PD [ f ].
Beweis. Nach dem Maximumsprinzip ist h beschränkt. Somit ist h ∈ S f und −h ∈ S − f ,
was aber h ≤ PD [ f ] und −h ≤ PD [− f ] bedingt. Es folgt −PD [− f ] ≤ h ≤ PD [ f ]. Da
aber immer PD [ f ] ≤ −PD [− f ], muss f resolutiv sein mit h = PD [ f ].
q
3.2.11 Beispiel. Für D = U1 (0) folgt aus Satz 2.3.3 und Proposition 3.2.10, dass alle
f ∈ C(S p−1 ) resolutiv sind, wobei PD [ f ] das Poisson Integral P[ f ] ist.
Als Vorbemerkung für das Folgende sei an Proposition 2.4.1 erinnert. Darin haben
wir gesehen, dass bei lokal gleichmäßiger Konvergenz von Netzen harmonischer Funktionen die Grenzfunktion auch harmonisch ist. Insbesondere ist die Menge h∞ (D) aller
reellwertigen, harmonischen Funktionen, die auf der offenen Menge D beschränkt sind,
ein abgeschlossener Teilraum vom Banachraum aller reellwertigen, auf D beschränkten
Funktionen B(D) versehen mit k.k∞ . Somit ist h∞ (D) mit k.k∞ auch ein Banachraum.
3.2.12 Satz. RD ist ein Vektorraum, der alle Konstanten enthält.
B(∂∞ D) ∩ RD versehen mit k.k∞ ist ein abgeschlossener Unterraum des Banachraumes B(∂∞ D) aller beschränkten, reellwertigen Funktionen auf ∂∞ D. Insbesondere
ist er selbst ein Banachraum.
Weiters ist die Abbildung f 7→ PD [ f ] eine lineare Abbildung von RD in den Vektorraum aller harmonischen Funktionen auf D. Die Einschränkung auf B(∂∞ D) ∩ RD
ist eine beschränkte Abbildung mit Abbildungsnorm 1 nach h∞ (D) - der Banachraum
aller auf D harmonischen und beschränkten Funktionen versehen mit k.k∞ .
54
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
Beweis. Zunächst wissen wir aus Lemma 3.2.5, dass für jedes konstante d ∈ R immer
PD [d] = d. Daraus folgt unmittelbar d ∈ RD . Als Folge gilt auch PD [c f ] = cPD [ f ] für
c = 0 und f ∈ RD .
Ist f ∈ RD , so gilt PD [(− f )] = −PD [ f ] = −PD [−(− f )], womit (− f ) ∈ RD und
PD [c f ] = cPD [ f ] für c = −1.
Ist nun c ∈ R, c > 0, so folgt aus Lemma 3.2.5, dass PD [c f ] = cPD [ f ] und
−PD [−c f ] = −cPD [− f ] = cPD [ f ] = PD [c f ] . Also ist c f ∈ RD mit PD [c f ] = cPD [ f ].
Sind f, g ∈ RD , so folgt aus Lemma 3.2.5 einerseits PD [ f ] + PD [g] ≤ PD [ f + g] und
andererseits. PD [− f ] + PD [−g] ≤ PD [− f − g] bzw. −PD [− f ] − PD [−g] ≥ −PD [− f − g].
Wegen f, g ∈ RD und weil immer PD [ f + g] ≤ −PD [− f − g] folgt somit
PD [ f ] + PD [g] ≤ PD [ f + g] ≤ −PD [− f − g] ≤ −PD [− f ] − PD [−g] = PD [ f ] + PD [g].
Also stimmen alle Funktionen überein. Insbesondere gilt f + g ∈ RD und PD [ f ] +
PD [g] = PD [ f + g].
Also ist RD ein Vektorraum, der alle Konstanten enthält.
Unmittelbar aus (3.10) folgt für f ∈ B(∂∞ D) ∩ RD , dass PD [ f ] beschränkt und
harmonisch und daher in h∞ (D) ist, wobei kPD [ f ]k∞ ≤ k f k∞ . Somit ist auch die
Abbildungnorm von f 7→ PD [ f ] kleiner oder gleich eins. Wegen PD [1] = 1 ist sie
sogar gleich eins.
Für den Beweis der Abgeschlossenheit sei ( fn ) eine Folge aus B(∂∞ D) ∩ RD , die in
B(∂∞ D) gegen ein f konvergiert. Aus (3.10) folgt aber, dass
−PD [− f ] = − lim PD [− fn ] = − lim −PD [ fn ] = lim PD [ fn ] = PD [ f ],
n→∞
n→∞
n→∞
womit auch f ∈ RD
q
Ähnlich wie Proposition 3.2.10 gilt
3.2.13 Lemma. Sei D ⊆ R p offen. Weiters nehmen wir an, dass es eine subharmonische
Funktion u : D → [−∞, +∞) gibt, sodass für alle ξ ∈ ∂∞ D der Grenzwert
f (ξ) := lim u(x)
x→ξ
in R existiert und sodass die Funktion f : ∂∞ D → R beschränkt ist. Dann folgt f ∈
B(∂∞ D) ∩ RD .
Beweis. Wegen (3.9) sind mit f und − f auch PD [ f ] und PD [− f ] beschränkt und damit
letztere zwei harmonisch. Aus der Voraussetzung folgt mit dem Maximumsprinzip Satz
2.5.11 u ∈ S f und daher u ≤ PD [ f ]. Für ξ ∈ ∂∞ D folgt daher
lim sup −PD [ f ](x) ≤ lim sup −u(x) = lim −u(x) = − f (ξ),
x→ξ
x→ξ
x→ξ
womit −PD [ f ] ∈ S − f , und damit −PD [ f ] ≤ PD [− f ].
Zusammen mit der allgemein gültigen Ungleichung PD [ f ] ≤ −PD [− f ] folgt
f ∈ RD .
q
3.3. HARMONISCHE MASSE
55
3.2.14 Satz. Ist D ⊆ R p beschränkt, so sind alle stetigen Funktionen auf ∂∞ D = ∂D
resolutiv, dh. C(∂∞ D) ⊆ B(∂∞ D) ∩ RD .
Beweis.
Sei g ∈ C 2 (R p ). Auf der kompakten Menge D hat die stetige Funktion 4g ein
Minimum. Also gilt 4g ≥ −C für ein C ∈ R, C > 0.
Die Funktion v(x) := −Ckxk2 ist C 2 und erfüllt 4v = −C2p und ist somit subharmonisch auf R p . Die Funktion u := v−g ist auch C 2 erfüllt 4u = −C2p−4g ≤ 0.
Also sind beide Funktionen subharmonisch, wobei
g = v − u.
Wegen Lemma 3.2.13 sind u|∂D , v|∂D ∈ B(∂D) ∩ RD und mit Satz 3.2.12 auch
g|∂D ∈ B(∂D) ∩ RD ; also C 2 (R p )|∂D ⊆ B(∂D) ∩ RD .
Der Raum aller Einschränkung von C 2 (R p ) Funktionen auf ∂D ist offensichtlich
eine Punkte-trennende Algebra und nach Stone-Weierstrass daher dicht in C(∂D)
bzgl. k.k∞ . Da B(∂D) ∩ RD wegen Satz 3.2.12 abgeschlossen in B(∂D) ist folgt
aus C 2 (R p )|∂D ⊆ B(∂D) ∩ RD , dass auch C(∂D) = C 2 (R p )|∂D ⊆ B(∂D) ∩ RD .
q
3.3
Harmonische Maße
Für beschränktes und offenes D wissen wir aus Satz 3.2.14 und Satz 3.2.12, dass die
Abbildung f 7→ PD [ f ] den Raum C(∂D) linear und kontraktiv (Abbildungsnorm ist
≤ 1) nach h∞ (D) hinein abbildet. Mit dem Rieszschen Darstellungssatz erhalten wir
daraus:
3.3.1 Proposition. Sei D beschränkt und offen. Dann existiert für jedes x ∈ D ein
Wahrscheinlichkeitsmaß µ x : B(∂D) → [0, 1], sodass
Z
PD [ f ](x) =
f dµ x
(3.11)
∂D
für alle f ∈ C(∂D). Die Maße µ x , x ∈ D heißen die harmonischen Maße von D.
Beweis. Als Zusammensetzung der beschränkten linearen Abbildung f 7→ PD [ f ] und
der Punktauswertung ist f 7→ PD [ f ](x) beschränkt und linear auf C(∂D). Nach dem
Rieszschen Darstellungssatz gibt es ein komplexes Maß µ x ∈ M(∂D), sodass (3.11)
gilt. Nach (3.9) gilt aber PD [ f ](x) ≥ 0 für alle f ≥ 0; also ist µ x nichtnegativ, wobei
(siehe Lemma 3.2.5)
Z
µ x (∂D) =
1 dµ x = PD [1](x) = 1.
∂D
Also ist µ x ein Wahrscheinlichkeitsmaß.
q
56
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
3.3.2 Lemma. Sei ( fn )n∈N eine monoton fallende Folge von Funktionen von ∂D nach
[−∞, +∞) mit nach oben beschränkten f1 . Ist f die Grenzfunktion dieser Folge, so
folgt PD [ f ] = limn→∞ PD [ fn ] lokal gleichmäßig auf D.
Sind dabei die fn alle resolutiv, so ist auch f resolutiv, dh. PD [ f ]
limn→∞ PD [ fn ] = −PD [− f ] (Diese Funktion hat Werte in [−∞, +∞).).
=
Beweis. Offensichtlich gilt u ∈ S f genau dann, wenn u ∈ S fn für alle n ∈ N, bzw.
T
S f = n∈N S fn . Die Behauptung folgt nun wegen [S fn ] = S fn aus Lemma 3.2.4, wenn
man noch beachtet, dass PD [ f1 ] ≤ supξ∈∂∞ D f1 (ξ) < +∞.
Seien nun zusätzlich alle fn resolutiv. limn→∞ PD [− fn ] konvergiert als monoton
wachsende Folge sicher punktweise, wobei wegen der Monotonie limn→∞ PD [− fn ] ≤
PD [− f ]. Wegen limn→∞ PD [ fn ] = PD [ f ] und der Voraussetzung folgt
−PD [− f ] ≤ lim −PD [− fn ] = lim PD [ fn ] = PD [ f ].
n→∞
n→∞
Da immer PD [ f ] ≤ −PD [− f ], folgt −PD [− f ] = PD [ f ].
q
Wir wollen nun (3.11) auf eine größere Klasse von Funktionen ausdehnen. Ist etwa
f : ∂D → [−∞, +∞) von oben halbstetig, so gibt es nach Lemma 3.1.1 eine monoton
fallende Folge ( fn ) bestehend aus auf ∂D stetigen nach oben beschränkten, reellwertigen Funktionen, sodass limn→∞ fn = f punktweise. Nach dem Satz von der monotonen
Konvergenz, C(∂D) ⊆ B(∂∞ D) ∩ RD und Lemma 3.3.2 folgt
Z
f dµ x = lim PD [ fn ](x) = PD [ f ](x) = −PD [− f ](x).
n→∞
∂D
Also gilt (3.11) für alle von oben halbstetigen f : ∂D → [−∞, +∞), wobei diese
f ’s wieder resolutiv sind. Ist für f : ∂D → (−∞, +∞] die Funktion − f von oben
halbstetig, dh. f ist von unten halbstetig, so gilt offensichtlich dassselbe.
3.3.3 Satz. Mit der Notation aus Proposition 3.3.1 gilt: Jede nach oben oder nach
unten beschränkte reellwertige Borel-meßbare Funktion f ist resolutiv, wobei (diese
Gleichheit gilt in [−∞, +∞])
Z
f dµ x = PD [ f ](x) = −PD [− f ](x), x ∈ D.
∂D
Beweis. Zunächst bemerken wir, dass wenn ( fn ) eine monoton wachsende Folge von
(−∞, +∞]-wertigen, nach unten beschränkten, Borel-meßbaren Funktionen ist, sodass
alle fn die Aussage des Satzes erfüllen, dann auch f = limn→∞ fn die Aussage des
Satzes erfüllt, wie unmittelbar aus dem Satz von der monotonen Konvergenz und
Lemma 3.3.2 angewandt auf − fn folgt.
Sei D die Menge aller E ∈ B(∂D), sodass für f = 1E die Aussage des Satzes
stimmt. Da charakteristische Funktionen alle beschränkt sind, gilt 1E ∈ B(∂∞ D) ∩ RD
für alle E ∈ D.
Da für ein abgeschlossenes (und daher kompaktes) A ⊆ ∂D die Funktion 1A von
oben halbstetig, vgl. Beispiel 2.5.5, ist, folgt A ∈ D. Also gilt F ⊆ D, wobei F alle
abgeschlossenen Teilmengen von ∂D bezeichnet.
3.3. HARMONISCHE MASSE
57
Ist E ∈ D, so gilt 1E c = 1 − 1E auf ∂D. Da B(∂∞ D) ∩ RD ein Vektorraum ist, ist
1E c mit Satz 3.2.12 resolutiv, sodass PD [1E c ] = PD [1] − PD [1E ]. Zudem folgt
Z
Z
1E c dµ x = µ x (∂D) − 1E dµ x = 1 − PD [1E ](x) = PD [1E c ].
∂D
∂D
Sind nun En ∈ D disjunkt, so folgt aus der Eingangs gemachten Behauptung, dass auch
S
n∈N E n ∈ D.
Somit ist D ein Dynkinsystem, welches F umfasst. Also umfasst D auch das
kleinste F umfassende Dynkinsystem D(F). Da F Durchschnittsstabil ist, gilt selbiges
auch für D(F), womit D(F) eine σ-Algebra ist. Da die Borelmengen von F erzeugt
werden, folgt B(∂D) ⊆ D(F) ⊆ D ⊆ B(∂D).
Da Integrieren linear ist, folgt aus Satz 3.2.12, dass die Aussage des Satzes für alle
Borel-meßbaren Treppenfunktion gilt. Da jede nach unten beschränkte, reellwertige
und Borel-meßbare Funktion als, Grenzwert einer monoton wachsenden Folge ( fn )
bestehend aus Borel-meßbaren, nach unten beschränkten Treppenfunktionen geschrieben werden kann, folgt schließlich die Aussage des Satzes. Für nach oben beschränkte
Funktionen f betrachte man − f .
q
3.3.4 Proposition. Mit der Notation aus Proposition 3.3.1 sei D zusammenhängend.
Für x, y ∈ D gilt dann µ x µy . Also haben die Maße µ x , x ∈ D, die selben Nullmengen, die wir als µ. -Nullmengen bezeichnen wollen.
Beweis. Aus E ∈ B(∂D) mit µy (E) = 0 folgt für die harmonische und nichtnegative
Funktion PD [1E ], dass (vgl. Satz 3.3.3)
Z
PD [1E ](y) =
1E dµy = 0.
∂D
Nach dem Maximumsprinzip folgt PD [1E ] ≡ 0 und somit
Z
µ x (E) =
1E dµ x = PD [1E ](x) = 0.
∂D
q
In der Situation von Proposition 3.3.4 wollen wir mit d x;y : ∂D → [0, +∞] die
Dichtefunktion, dh. die Radon-Nikodym Ableitung, von µ x bzgl. dem Maß µy bezeichnen.
Es sei noch bemerkt, dass die Dichten d x;y bis auf µ. -Nullmengen eindeutig sind.
Wegen der Endlichkeit von µ x und wegen Proposition 3.3.4 können {t ∈ ∂D :
d x;y (t) = +∞} und {t ∈ ∂D : d x;y (t) = 0} nur µy -Nullmengen sein. Also können wir
sogar d x;y : ∂D → (0, +∞) annehmen. Da Dichten bis auf Nullmengen eindeutig sind,
gilt auch
d x;y · dy;x = 1, µ. − fast überall auf ∂D.
(3.12)
3.3.5 Proposition. Mit der Notation aus Proposition 3.3.1 sei D zusammenhängend.
Dann gilt
58
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
Für p ∈ [1, +∞] sind die Räume L p (∂D, B(∂D), µ x , C) als Vektorräume unabhängig von x ∈ D. Die Normen in Abhängigkeit von x sind untereinander
äquivalent. Im Fall p = +∞ gilt k.k∞,µx = k.k∞,µy für alle kompakten K ⊆ D für
p < +∞ gibt es eine Konstante C ≥ 1 abhängig von K, sodass für x, y ∈ K
1
k.k p,µx ≤ C p k.k p,µy , x, y ∈ D
Die Dichten d x;y kann man so wählen, dass
der selben Konstante C wie oben.
1
C
≤ d x;y ≤ C für alle x, y ∈ K mit
Die Abbildung x 7→ µ x von D nach M(∂D) ist stetig, wenn man M(∂D) mit der
w∗ -Topologie versieht.
Beweis. Da die Nullmengen bzgl. der µ x unabhängig von x sind, ist das wesentliche
Supremum für jede messbare Funktion f : ∂D → C
k f k∞,µx = inf{η > 0 : µ x {t ∈ ∂D : | f (t)| > η} = 0}
auch unabhängig von x. Insbesodere gilt
L∞ (∂D, B(∂D), µ x , C) = L∞ (∂D, B(∂D), µy , C).
p
Sei
R nun p < +∞. Ein f : ∂D → C liegt in L (∂D, B(∂D), µ x , C) genau dann, wenn
p
p
| f | dµ x < +∞. Da | f | Borel-meßbar und nach unten beschränkt ist, ist das wegen
Satz 3.3.3 und Lemma 3.2.3 dazu äquivalent, dass
Z
x 7→ PD [| f | p ](x) =
| f | p dµ x ,
eine reellwertige harmonische und offensichtlich eine nichtnegative Funktion auf D ist.
Nach (2.18) in Korollar 2.4.3 gilt dann für alle x, y ∈ K mit einer geeigneten Konstanten
C≥1
Z
Z
| f | p dµ x ≤ C
| f | p dµy .
Setzen wir die Dichten ein, so folgt im Fall p = 1
Z
(C − d x;y )| f | dµy ≥ 0
für alle integrierbaren f , was aber d x;y ≤ C fast überall nach sich zieht. Aus (3.12)
folgt schließlich auch C1 ≤ d x;y fast überall.
∗
Die letzte Aussage gilt, da eine
R Abbildung ψ : D → M(∂D) genau dann w -stetig
ist, wenn die Abbildungen x 7→ f dψ(x) für alle f ∈ C(∂D) stetig sind. Bei uns ist
das aber gerade
Z
x 7→
f dµ x = PD [ f ](x),
was laut Satz 3.2.14 sogar harmonisch ist.
q
3.4. LÖSUNG DES DIRICHLETSCHEN RANDWERTPROBLEMS
3.4
59
Lösung des Dirichletschen Randwertproblems
In diesem Kapitel sei D eine offene nichtleere und beschränkte Teilmenge von R p .
3.4.1 Lemma. Sei u : D → [−∞, +∞) von oben halbstetig so, dass die auf ∂D definierte Funktion
f (ξ) := lim sup u(x), ξ ∈ ∂D,
x→ξ
nur Werte in [−∞, +∞) annimmt. Dann ist die Funktion w := u ∪ f : D → [−∞, +∞)
auch von oben halbstetig.
Beweis. Da von oben halbstetig zu sein eine lokale Eigenschaft ist, genügt es,
lim sup x→ξ w(x) ≤ f (ξ) für alle ξ ∈ ∂D zu zeigen.
Sei η > f (ξ) beliebig. Laut Voraussetzung gibt es eine offene Umgebung Uξ von ξ,
sodass u(x) ≤ η, x ∈ Uξ . Für ein ζ ∈ Uξ ∩ ∂D ist Uξ auch eine offene Umgebung von
ζ und damit
f (ζ) := lim sup u(x) ≤ sup{u(x) : x ∈ Uξ ∩ D} ≤ η.
x→ζ
Also gilt w(x) ≤ η für alle x ∈ Uξ ∩ (D ∪ ∂D) = Uξ ∩ D.
q
3.4.2 Definition. Ein Punkt ξ ∈ ∂D heißt regulär, falls für jedes f ∈ C(∂D)
lim
x→ξ, x∈D
PD [ f ](x) = f (ξ).
Offensichtlich ist dann die Fortsetzung f ∪ PD [ f ] : D → R von PD [ f ] auch bei ξ
stetig.
3.4.3 Beispiel. Wie aus Beispiel 3.2.8 unmittelbar folgt, ist für D = U1 (0) \ {0} der
Randpunkt 0 nicht regulär.
3.4.4 Bemerkung. Sei ξ ∈ ∂D. Die Funktion f (η) := −kξ − ηk ist stetig am Rand. Die
dazugehörige Funktion PD [ f ] ist harmonisch auf D.
Nach Beispiel 3.1.9 ist u : x 7→ kx − ξk auf R p subharmonisch, womit u ∈ S − f ; also
u ≤ PD [− f ] = −PD [ f ] bzw. PD [ f ] ≤ −u|D . Setzen wir
g(η) := lim sup PD [ f ](y), η ∈ ∂D,
y→η, y∈D
so ist nach Lemma 3.4.1 die Funktion g ∪ PD [ f ]; D → R von oben halbstetig, für die
auch g ∪ PD [ f ] ≤ −u|D gilt.
Nun ist auch die Funktion h := f ∪ PD [ f ] : D → R von oben halbstetig, da
die Funktion m : D → R definiert durch m|D = −k f k∞ und m|∂D = f offensichtlich
halbstetig von oben ist und h = max(m, g ∪ PD [ f ]). Außerdem gilt h ≤ −u|D .
Daraus folgt für alle δ > 0
h(y) ≤ −δ < 0.
sup
y∈D\Uδ (ξ)
Insbesondere gilt h|D\{ξ} < 0.
Ist nun ξ regulär, so gilt per definitionem
lim
x→ξ, x∈D
h(x) = f (ξ) = 0.
Gemäß der folgenden Definition 3.4.5 ist h eine starke Barriere.
60
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
3.4.5 Definition. Eine von oben halbstetige Funktion u : D → [−∞, +∞) heißt starke
Barriere für D bei ξ, wenn
u|D ist subharmonisch,
u|D\{ξ} < 0,
lim x→ξ, x∈D u(x) = 0.
Aus u|D\{ξ} < 0 folgt wegen der Halbstetigkeit von oben, dass für δ > 0
ρ(δ) :=
u(x) = max u(x) < 0.
sup
(3.13)
x∈D\Uδ (ξ)
x∈D\Uδ (ξ)
3.4.6 Lemma. Ist f : ∂D → (−∞, +∞] nach unten beschränkt, und gibt es eine starke
Barriere für D bei ξ, so folgt
lim inf PD [ f ](y) ≥ lim inf f (η) =: β.
η→ξ, η∈∂D
y→ξ, y∈D
Ist f sogar beschränkt, so gilt sogar
lim inf f (η) ≤ lim inf PD [ f ](y) ≤ lim sup −PD [− f ](y) ≤ lim sup f (η).
η→ξ, η∈∂D
y→ξ, y∈D
y→ξ, y∈D
η→ξ, η∈∂D
Beweis. Zu > 0 gibt es ein δ > 0, sodass
β − < f (η), η ∈ Uδ (ξ) ∩ ∂D.
(3.14)
Ist u die starke Barriere und ρ(δ) < 0 wie in (3.13), so folgt aus der Beschränktheit von
f nach unten, dass für hinreichend großes C > 0
Cu(η) + β − ≤ Cρ(δ) + β − < f (η)
für η ∈ ∂D \ Uδ (ξ). Wegen u ≤ 0 und (3.14) gilt
Cu(η) + β − ≤ f (η)
für alle η ∈ ∂D, womit Cu|D + β − ∈ S f und weiter Cu|D + β − ≤ PD [ f ]. Damit folgt
lim inf PD [ f ](y) ≥ lim inf Cu|D + β − = β − .
y→ξ, y∈D
y→ξ, y∈D
Nun war > 0 beliebig. Die letzte Ungleichung folgt aus dem Bewiesenen angewandt
auf f und − f zusammen mit PD [ f ] ≤ −PD [− f ].
q
3.4.7 Satz. Ein Punkt ξ ∈ ∂D ist genau dann regulär, wenn es eine starke Barriere für
D bei ξ gibt.
Beweis. Ist ξ regulär, so haben wir in Bemerkung 3.4.4 gesehen, dass es dann eine
starke Barriere für D bei ξ gibt.
Gibt es umgekehrt bei ξ eine starke Barriere für D und ist f ∈ C(∂D), so folgt aus
Lemma 3.4.6 zusammen mit PD [ f ] = −PD [− f ]
f (ξ) = lim inf f (η) ≤ lim inf PD [ f ](y) ≤ lim sup PD [ f ](y) ≤ lim sup f (η) = f (ξ).
η→ξ, η∈∂D
y→ξ, y∈D
y→ξ, y∈D
η→ξ, η∈∂D
q
Wir sehen, dass sich das Dirichletsche Problem für sogenannte reguläre offene und
beschränkte D ⊆ R p lösen lässt.
3.4. LÖSUNG DES DIRICHLETSCHEN RANDWERTPROBLEMS
61
3.4.8 Korollar. Genau dann gibt es für jedes f ∈ C(∂D) eine stetige Fortsetzung h ∈
C(D) mit harmonischem h|D , wenn es bei allen ξ eine starke Barriere für D gibt.
Die Funktion h ist dabei eindeutig.
Beweis. Die Eindeutigkeit folgt aus dem Maximumsprinzip.
q
3.4.9 Lemma. Ist ξ ∈ ∂D derart, dass {ξ} = D ∩ Kr (a) für ein a ∈ R p und ein r > 0, so
gibt es bei ξ eine starke Barriere für D.
Beweis. Die Funktion



ln r − ln kx − ak
u(x) = 

kx − ak2−p − r2−p
,p=2
, x ∈ R p \ {a},
,p>2
ist auf R p \ {a} ⊇ D harmonisch, ist auf R p \ Kr (a) ⊇ D \ {ξ} strikt kleiner Null, und
nimmt bei ξ den Wert Null an.
q
3.4.10 Bemerkung. Aus dem Fortsetzungssatz von Hahn-Banach folgt, dass es zu konvexen offenen D und ξ ∈ ∂D ein lineares Funktional φ auf R p gibt, sodass
φ(ξ) ≥ φ(x), x ∈ D.
Ist y ∈ R p mit φ(x) = (x, y), x ∈ R p , so folgt Kkyk (ξ + y) ∩ {x : φ(x) = φ(ξ)} = {ξ} und
daher Kkyk (ξ + y) ∩ D = {ξ}. Also ist die Bedingung aus Lemma 3.4.9 erfüllt.
Wir wollen nun auch für allgemeinere D starke Barrieren identifizieren. Zunächst
bezeichnen wir für α > 0 mit Γα den Kegel
Γα := {x = (x j ) pj=1 ∈ R p : kx − x1 e1 k < α · x1 },
für den offensichtlich
Γα = {x = (x j ) pj=1 ∈ R p : kx − x1 e1 k ≤ α · x1 }
√
gilt. Wir bemerken auch, dass für ρ > 0 immer Uαρ (ρ α2 + 1 e1 ) ⊆ Γα und
√
ρ
α2 ρ2
, β2 , . . . , β p )T ∈ R p : β22 + · · · + β2p =
}.
Kαρ (ρ α2 + 1e1 ) ∩ ∂Γα = {( √
1 + α2
α2 + 1
Man beachte, dass jedes ξ ∈ ∂Γα \{0} für
geeignetes ρ > 0 in der Menge auf der rechten
√
√
α2 +1 e1
) ganz in Kαρ (ρ α2 + 1 e1 ), wobei
2
Seite liegt. Dann liegt K kξ−ρ √α2 +1 e1 k ( ξ+ρ
2
K kξ−ρ √α2 +1 e1 k (
2
√
√
ξ + ρ α2 + 1 e1
) ∩ ∂Kαρ (ρ α2 + 1 e1 ) = {ξ}.
2
Somit gilt
K kξ−ρ
√
√
ξ + ρ α2 + 1 e1
(
) ∩ ∂Γα = {ξ}.
α2 +1 e1 k
2
2
3.4.11 Lemma. Sei D = U1 (0) \ Γα und f (x) = −kxk. Dann ist h := f ∪ PD [ f ] : D(=
K1 (0) \ Γα ) → R eine starke Barriere bei 0 für D.
62
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
Beweis. Einen großen Teil der Arbeit haben wir schon in Bemerkung 3.4.4 verrichtet.
Es bleibt lim x→0 h(x) = 0 zu zeigen.
Dazu sei zunächst bemerkt, dass aus Bemerkung 3.4.10 und aus obiger Überlegung
folgt, dass die Bedingung aus Lemma 3.4.9 für alle ξ ∈ ∂D \ {0} erfüllt ist. Somit ist h
sicherlich stetig auf D \ {0} und insbesondere nicht konstant.
Zudem gilt offensichtlich −1 ≤ h ≤ 0. Also reicht es, lim inf x→0 h(x) = 0 zu
zeigen. Für ein festes r ∈ (0, 1) ist h auf rD \ U 2r {0} sicherlich auch stetig und hat dort
ein Minimum. Dieses kann aber nicht −1 sein, da auf rD ∩ ∂D sicherlich f ≥ −r und
PD [ f ] auf rD ∩ D nach dem Maximumprinzip das Minimum nicht annehmen kann.
Also gilt h ≥ −c für ein c ∈ (0, 1). Die Funktion
x
g(x) := −h(x) + max(c, r)h( ), x ∈ rD \ {0}
r
ist auch stetig, beschränkt und erfüllt g(x) = kxk−max(c, r)k rx k ≤ 0 für x ∈ rD∩∂D\{0}
und g(x) ≤ c − max(c, r) ≤ 0 für x ∈ rD \ Ur (0).
Für ξ ∈ ∂(rD) \ {0} gilt daher
lim sup g(x) ≤ 0,
x→ξ
und für ξ = 0 und > 0 gilt wegen der Beschränktheit von g für kxk hinreichend klein



(− ln kxk) , p = 2
g(x) ≤ 
.

kxk2−p
, p>2
Nach Satz 2.5.11 ist g ≤ 0 auf rD, und damit
x
lim sup −h(x) ≤ lim sup g(x) + max(c, r) lim sup −h( ) ≤ max(c, r) lim sup −h(x).
r
x→0
x→0
x→0
x→0
Nun kann diese Ungleichung nur gelten, wenn lim sup x→0 −h(x) = 0.
q
Im folgenden sei
Γhα
:= Γα ∩ Uh (0), für den man leicht zeigt, dass
Γhα
= Γα ∩ Kh (0).
3.4.12 Korollar. Ist D ⊆ R p offen, beschränkt. Ist ξ ∈ ∂D so, dass für gewisse α >
0, h > 0 und orthogonales T ∈ R p×p der abgschnittene Kegel ξ + T (Γhα ) die Bedingung
(ξ + T (Γhα )) ∩ D = {ξ}
erfüllt, so gibt es bei ξ eine starke Barriere für D.
Beweis. Man überprüft leicht, dass starke Barrieren unter Variablentransformationen
der Form x → ξ + hT x erhalten bleiben. Somit können wir ξ = 0, h = 1, T = I
annehmen, was D ∩ U1 (0) ⊆ U1 (0) \ Γα bedingt.
Aus Lemma 3.4.11 wissen wir, dass eine starke Barriere u : K1 (0) \ Γα → [−1, 0]
bei 0 für U1 (0) \ Γα gibt. Wegen Lemma 3.4.11 gilt auch u|S p−1 \Γα ≡ −1. Setzen wir u
auf U1 (0)c durch −1 konstant fort, so bleibt u von oben halbstetig (vgl. Lemma 3.1.11).
Zudem prüft man mit Satz 3.1.5 leicht nach, dass u|(K1 (0)\Γα )∪K1 (0)c subharmonisch ist.
Offensichtlich gilt D ⊆ (K1 (0) \ Γα ) ∪ U1 (0)c , womit u|D eine Barriere für D bei ξ
ist.
q
Korollar 3.4.12 legt nahe, dass die Existenz einer starken Barriere eine lokale Eigenschaft ist. Das ist in der Tat der Fall, wie auch aus folgendem Resultat folgt.
3.4. LÖSUNG DES DIRICHLETSCHEN RANDWERTPROBLEMS
63
3.4.13 Satz. Ist ξ ∈ ∂D und existiert eine schwache, lokale Barriere bei ξ für D, dh. es
gibt eine offene Umgebung U von ξ und eine Funktion w : U ∩ D → [−∞, +∞), sodass
w ist subharmonisch,
w < 0,
lim x→ξ, x∈D∩U w(x) = 0,
so gibt es eine starke Barriere von D bei ξ.
Beweis. Sei h := f ∪ PD [ f ] : D → R mit f (x) = −kx − ξk. Nach Bemerkung 3.4.4
genügt es lim x→0 h(x) = 0 zu zeigen. Wegen 0 ≤ PD [− f ] = −PD [ f ] ≤ k f k∞ genügt es
lim sup x→0 PD [− f ] ≤ 0 nachzuweisen.
Dazu sei δn , n ∈ N, eine monoton fallende Nullfolge, sodass Kδn (ξ) ⊆ U und
(ξ + δn S p−1 ) ∩ D , ∅.
Weiters sei Fn ⊆ S p−1 ∩
1
δn (D
− ξ) := On kompakt und so, dass
σ(On \ Fn ) ≤
δn
.
k f k∞
Das Poissonintegral P[1On \Fn ] : K1 (0) → R definiert durch
Z
P[1On \Fn ](x) =
℘(x, y)1On \Fn (y) dσ(y), x ∈ U1 (0),
S p−1
und P[1On \Fn ](x) = 1On \Fn (x), x ∈ S p−1 ist stetig bei allen x ∈ On \ Fn (vgl. Lemma
2.3.2), und da P[1On \Fn ] = 1 − P[1S p−1 \(On \Fn ) ] mit abgeschlossenen S p−1 \ (On \ Fn )
und daher nach oben halbstetigen 1S p−1 \(On \Fn ) (vgl. Lemma 3.1.3),
lim inf P[1On \Fn ](y) ≥ 0, x ∈ S p−1 \ (On \ Fn ).
y→x
(3.15)
Sei nun u ∈ S − f . Die Funktion
s(x) = u(x)−δn +
1
k f k∞
·w(x)−k f k∞ ·P[1On \Fn ]( (x−ξ)), x ∈ Uδn (ξ)∩D,
− maxη∈ξ+δn Fn w(η)
δn
ist subharmonisch. Der Rand des Definitionsbereiches erfüllt
∂(Uδn (ξ) ∩ D) = Uδn (ξ) ∩ D \ Uδn (ξ) ∪ Uδn (ξ) ∩ D \ D ⊆
(D ∩ (ξ + δn S p−1 )) ∪ (Kδn (ξ) ∩ ∂D) = (D ∩ (ξ + δn S p−1 )) ∪ (Kδn (ξ) ∩ ∂D).
Gilt für ζ ∈ ∂(Uδn (ξ) ∩ D) auch ζ ∈ Kδn (ξ) ∩ ∂D, so folgt aus u ∈ S − f und w ≤ 0 sowie
P[1On \Fn ] ≥ 0
lim sup s(z) ≤ − f (ζ) − δn = kζ − ξk − δn ≤ 0.
z→ζ
Gilt für ζ ∈ ∂(Uδn (ξ) ∩ D), dass ζ ∈ D ∩ (ξ + δn S p−1 ), so unterscheiden wir ζ ∈ ξ + δn Fn
und ζ < ξ + δn Fn . Im ersten Fall gilt wegen u ≤ PD [− f ] ≤ k f k∞ , der Halbstetigkeit von
w und (3.15)
lim sup s(z) ≤ k f k∞ − δn +
z→ζ
k f k∞
· w(ζ) ≤ k f k∞ − δn − k f k∞ ≤ 0,
− maxη∈ξ+δn Fn w(η)
64
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
und im zweiten Fall (ζ ∈ ξ + δn On \ Fn ) gilt wegen u ≤ PD [− f ] ≤ k f k∞ , w ≤ 0 und der
Stetigkeit von P[1On \Fn ]( δ1n (x − ξ)) bei x = ζ
lim sup s(z) ≤ k f k∞ − δn + k f k∞ ≤ 0.
z→ζ
Nach Satz 2.5.11 folgt s(x) ≤ 0 für x ∈ Uδn (ξ) ∩ D und damit
u(x) ≤ δn −
k f k∞
− maxη∈ξ+δn Fn w(η)
· w(x) + k f k∞ · P[1On \Fn ](
1
(x − ξ)).
δn
Da u ∈ S − f beliebig war, muss sogar
PD [− f ] ≤ δn −
k f k∞
− maxη∈ξ+δn Fn w(η)
· w(x) + k f k∞ · P[1On \Fn ](
1
(x − ξ)).
δn
Für x → ξ, x ∈ Uδn (ξ) ∩ D konvergiert die rechte Seite gegen
δn + k f k∞ · P[1On \Fn ](0) = δn + k f k∞ · σ(On \ Fn ) ≤ δn + k f k∞ ·
Damit folgt lim sup x→ξ, x∈D PD [− f ]
lim sup x→ξ, x∈D PD [− f ] ≤ 0.
≤
2δn . Für n
→
δn
= 2δn .
k f k∞
∞ erhalten wir
q
3.5
Lokale Perronsche Systeme
Wir wollen das Konzept von Perronsche Systeme etwas ausdehnen.
3.5.1 Definition. Eine nichtleere Menge S von subharmonischen Funktionen auf einer
offenen, nichtleeren Menge D ⊆ R p heißt lokales Perronsches System, falls es zu jedem
x ∈ D ein offenes O x mit x ∈ O x ⊆ D gibt, sodass [S |Ox ] ein Perronsches System auf
O x ist, wobei S |Ox := {v|Ox : v ∈ S } und
[S |Ox ] := {v : v : O x → [−∞, +∞) subharmonisch mit ∃u ∈ S mit v ≤ u|Ox },
.
3.5.2 Bemerkung. Man prüft unmittelbar nach, dass S genau dann ein lokales Perronsches System ist, wenn es zu jedem x ∈ D ein offenes O x mit x ∈ O x ⊆ D gibt, sodass
(i) Zu u1 , u2 ∈ S und x ∈ D gibt es ein u3 ∈ S mit u1 |Ox ≤ u3 |Ox und u2 |Ox ≤ u3 |Ox .
(ii) Ist u ∈ S , x ∈ D und a ∈ D, r > 0 mit Kr (a) ⊆ O x , so gibt es ein w ∈ S mit
ua,r |Ox ≤ w|Ox .
Für ein derartiges System definieren wir auch die Perronsche Funktion durch
PS (x) := sup{u(x) : u ∈ S } ∈ [−∞, +∞], x ∈ D.
Analog zu Lemma 3.2.3 gilt
3.5.3 Lemma. Ist D ein Gebiet und S ein lokales Perronsches System, so gilt PS ≡ −∞,
wenn S = {−∞}. Anderenfalls ist die Funktion PS auf D entweder identisch gleich +∞
oder harmonisch auf D.
3.6. HARMONISCHE MAJORANTEN
65
Beweis. Falls S = {−∞}, so gilt offensichtlich PS ≡ −∞. Anderenfalls ist S \ {−∞}
nichtleer. Jedes u ∈ S \ {−∞} nimmt nach Satz 3.1.10 den Wert −∞ nur auf einer
Nullmenge an. Insbesondere enthält auch (S \ {−∞})|Ox für kein x ∈ D die Funktion
identisch gleich −∞ auf O x .
Für x ∈ D gilt offensichtlich PS |Ox = PS |Ox = P[S |Ox ] . Somit ist gemäß Lemma 3.2.3
diese Funktion auf O x entweder ≡ +∞ oder harmonisch.
Betrachtet man die Menge A aller x ∈ D mit PS |Ox ≡ +∞, so folgt aus obiger
Überlegung, dass A und auch D \ A offen ist. Also muss entweder PS ≡ +∞ oder PS
harmonisch auf D sein.
q
3.6
Harmonische Majoranten
3.6.1 Definition. Sei ∅ , D ⊆ R p offen und u : D → [−∞, +∞) subharmonisch. Ein
harmonisches h : D → R heißt harmonische Majorante, wenn u ≤ h auf D.
Eine Majorante h von u heißt kleinste harmonische Majorante, wenn h ≤ h̃ für alle
harmonischen Majoranten h̃ von u.
1
Wie man am Beispiel der konvexen Funktion 1−x
2 am Intervall x ∈ (−1, 1) erahnen
kann, gibt es subharmonische Funktionen, die keine harmonische Majorante haben.
Offensichtlich lässt sich das Problem der Existenz von Majoranten auf den
Zusammenhangskomponenten von D getrennt betrachten. Also nehmen wir D als
Gebiet an.
Um Majorenten zu konstruieren, nehmen wir uns eine Familie Ul = Url (al ), l ∈ L
von offenen Kugeln Url (al ) mit
Krl (al ) ⊆ D, l ∈ L,
S
l∈L U l = D.
Für jedes geordnete m-Tupel λ = (l1 , . . . , lm ) ∈ Lm sei uλ : D → [−∞, +∞) definiert
durch (vgl. Lemma 3.1.12)
uλ := (. . . ((ual1 ,rl1 )al2 ,rl2 ) . . . )alm ,rlm .
Nun sei
S u := {uλ : λ ∈
[
Lm }.
m∈N
3.6.2 Satz. Sei u . −∞. S u ist ein lokales Perronsches System, dessen Perronsche
Funktion genau dann endlich, dh. harmonisch ist, wenn u eine harmonische Majorante
hat. In diesem Fall ist PS u die kleinste harmonische Majorante.
Beweis. Nach Lemma 3.1.12 sind alle uλ subharmonisch und . −∞ (vgl. Fakta 3.1.13,
5), wobei immer u ≤ uλ und vλ ≥ uλ für jede weitere subharmonische Funktion v ≥ u.
S
Sind λ1 , λ2 ∈ m∈N Lm , so gilt offensichtlich
(uλ1 )λ2 = uλ3 ,
wobei λ3 = (l1 , . . . , lr , lr+1 , . . . , lr+s ) mit λ1 = (l1 , . . . , lr ) und λ2 = (lr+1 , . . . , lr+s ). Aus
der eingangs gemachten Bemerkung folgt uλ1 ≤ uλ3 und wegen u ≤ uλ1 gilt auch
uλ2 ≤ uλ3 .
66
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
Für x ∈ D sei O x := Ul = Url (al ) für ein geeignetes l ∈ L mit x ∈ Ul . Sei nun
S
Kr (a) ⊆ Ul und λ = (l1 , . . . , lr ) ∈ m∈N Lm . Wir setzen λ̃ = (l1 , . . . , lr , l) und bemerken,
dass wegen
uλ̃ = (uλ )al ,rl
diese Funktion harmonisch auf Ul ⊇ Kr (a) ist. Nach Satz 2.2.4 folgt
(uλ )a,r ≤ (uλ̃ )a,r = uλ̃ .
wegen Bemerkung 3.5.2 ist S u ein lokales Perronsches System, und nach Lemma 3.5.3
ist PS u entweder ≡ +∞ oder harmonisch.
Im zweiten Fall hat offensichtlich u die Funktion PS u als harmonische Majorante.
Ist umgekehrt h eine harmonische Majorante von u, so folgt aus Satz 2.2.4, dass ua,r ≤
ha,r = h und durch vollständige Induktion
[
uλ ≤ h, λ ∈
Lm .
m∈N
Somit folgt PS u ≤ h. Also ist PS u die kleinste harmonische Majorante von u.
q
3.6.3 Korollar. Für D = U1 (0) hat ein subharmonisches u . −∞ genau dann eine
harmonische Majorante, wenn
Z
sup
u(ry) dσ(y) < +∞.
(3.16)
r∈(0,1)
S p−1
In dem Fall ist
x 7→ sup{u0,r (x) : r ∈ (0, 1)}, x ∈ U1 (0),
die kleinste harmonische Majorante von u.
Beweis. Sei L = (0, 1) und al = 0 und rr = r für alle r = l ∈ L. Offensichtlich sind die
Bedingungen (3.6) erfüllt. Nun gilt wegen Satz 2.2.4
(u0,s )0,r = u0,max(r,s)
für r < s und wegen u0,s (x) = u(x) für kxk ≥ s auch für r ≥ s. Für λ = (l1 , . . . , lm ) folgt
uλ = u0,max j=1,...,m l j ,
und damit
PS u (x) = sup{u0,r (x) : r ∈ (0, 1)}, x ∈ U1 (0).
Für x = 0 steht hier genau (3.16). Nach Satz 3.6.2 ist PS u (0) genau dann endlich, wenn
PS u die kleinste harmonische Majorante ist.
q
Man beachte, dass nach Satz 3.1.10 der Ausdruck in (3.16) wachsend von r
abhängt.
3.6.4 Korollar. Für D = U1 (0) hat ein subharmonisches u . −∞ genau dann eine
nichtnegative harmonische Majorante auf D, wenn
Z
sup
max(u(ry), 0) dσ(y) < +∞.
(3.17)
r∈(0,1)
S p−1
3.6. HARMONISCHE MAJORANTEN
67
Das ist wiederum genau dann der Fall, wenn
Z
sup
|u(ry)| dσ(y) < +∞.
(3.18)
r∈(0,1)
S p−1
Beweis. Offensichtlich gilt u ≤ h für ein nichtnegatives harmonisches h, wenn
max(u, 0) ≤ h für ein harmonisches h. Da max(u, 0) subharmonisch ist, folgt der erste
Teil aus Korollar 3.6.3.
Andererseits gilt |u| = 2 max(u, 0) − u und somit für r ∈ (0, 1)
Z
Z
Z
Z
max(u(ry), 0) dσ(y) ≤
|u(ry)| dσ(y) = 2
max(u(ry), 0) dσ(y)−
u(ry) dσ(y).
S p−1
S p−1
Nach Satz 3.1.10 ist r 7→
(3.18) äquivalent.
R
S p−1
S p−1
S p−1
u(ry) dσ(y) monoton wachsend. Also sind (3.17) und
q
68
KAPITEL 3. SUBHARMONISCHE FUNKTIONEN
Kapitel 4
Kugelfunktionen
4.1
Polynome
Um partielle Ableitungen bzw. Polynome in mehreren Variablen besser anschreiben zu
können führen wir zum R p gehörige Multiindizes ein. Außerdem verwenden wir die
Bezeichnung N0 := N ∪ {0}.
4.1.1 Definition. Ein α ∈ N0p heißt Multiindex. Der Grad eines Multiindex α =
(α1 , . . . , α p ) ist definiert als
|α| := α1 + · · · + α p .
Weiters setzen wir (x ∈ R p )
α
α! := α1 ! · · · · · α p !, xα := x1α1 · · · · · x p p (∈ R),
Außerdem setzen wir (α, β ∈ N0p )
β ≤ α ⇔ β j ≤ α j ∀ j ∈ {1, . . . , p}
Die Funktion f : R p → R heißt Polynom vom Grad höchstens m, wenn
X
f (x) =
cα x α , x ∈ R p ,
α∈N0p , |α|≤m
wobei cα ∈ R. Ein Polynom f (x) heißt homogen vom Grad m, wenn
X
cα x α , x ∈ R p .
f (x) =
p
α∈N0 , |α|=m
Ist G ⊆ R p offen, α = (α1 , . . . , α p ) ein Multiindex f : O → R zumindest in C |α| (G), so
setzt man (x ∈ G)
∂|α| f
Dα f (x) = α1
α (x).
∂x1 . . . ∂x p p
Es sei daran erinnert, dass wegen dem Satz von Schwarz die Reihenfolge der
partiellen Ableitungen unerheblich ist. Insbesondere gibt es für f ∈ C m (G) und
l1 , . . . , lm ∈ {1, . . . , p} immer einen Multiindex α mit m = |α|, sodass
∂m f
= Dα f (x).
∂xl1 . . . ∂xlm
69
70
KAPITEL 4. KUGELFUNKTIONEN
4.1.2 Fakta.
1. Ist f (x) =
t∈R
P
α∈N0p , |α|≤m cα x
f (tx) =
m
X
α
ein Polynom vom Grad ≤ m, so gilt für x ∈ R p und
X
tk
k=0
cα x α =
p
α∈N0 , |α|=k
m
X
tk pk (x), x ∈ R p .
(4.1)
k=0
Dabei ist pk ein homogenes Polynom vom Grad k.
2. Ist f ein homogenes Polynom vom Grad m, so sieht man sofort, dass f (tx) =
tm f (x), wenn x ∈ R p und t ∈ R. Da es zu jedem x ∈ R p ein y ∈ S p−1 und ein
t ∈ R mit x = ty gibt, sind insbesondere homogene Polynome durch ihre Werte
auf S p−1 festgelegt.
Erfüllt f umgekehrt f (tx) = tm f (x), so folgt aus (4.1) und der Tatsache, dass die
Koeffizienten von Polynomem in t ∈ R eindeutig durch ihre Funktionswerte bestimmt sind, dass pk = 0 für k , m. Insbesondere ist dann f = pm ein homogenes
Polynom vom Grad m.
3. Für α ∈ N0p ist die Funktion x 7→ xα immer C ∞ , wobei für β ∈ N0p immer
Dβ xα = 0, wenn β α, also insbesondere für |β| > |α|.
4. Ist α, β ∈ N0p mit β ≤ α, so gilt
Dβ x α =
α!
xα−β ,
(α − β)!
wobei α − β ∈ N0p komponentenweise berechnet wird.
5. Insbesondere gilt für α, β ∈ N0p immer



0 , α , β
Dβ xα = 
.

α! , α = β
x=0
6. Für ein Polynom f (x) vom Grad ≤ m gilt daher immer cα =
X
f (x) =
p
α∈N0 ,
|α|≤m
1 α
α! D f (0),
dh.
1 α
D f (0)xα , x ∈ R p .
α!
Insbesondere bestimmt f |G für jede noch so kleine Umgebung G von 0 die Koeffizienten von f und damit das Polynom f schon auf ganz R p .
7. Da mit f auch x 7→ f (x + a) für jedes feste a ∈ R p ein Polynom vom Grad ≤ m
ist, folgt unmittelbar, dass auch
f (x) =
X
p
α∈N0 , |α|≤m
1 α
D f (a)(x − a)α , x ∈ R p .
α!
4.2. ZERLEGUNG VON POLYNOMEN
4.2
71
Zerlegung von Polynomen
4.2.1 Satz. Sei f ∈ R[x1 , . . . , x p ] ein Polynom vom Grad m. Dann gilt
P[ f |S p−1 ] = (1 − kxk2 )g + f,
wobei g ein Polynom vom Grad ≤ m − 2 ist.
Beweis. Gilt m = 0 oder m = 1, dann ist f bereits harmonisch. Damit ist P[ f |S p−1 ] = f
und somit g = 0. Sei also o.B.d.A. m ≥ 2.
Für jedes g ist (1 − kxk2 )g = 0 für x ∈ S p−1 . Daher müssen wir nur zeigen, dass es ein
Polynom vom Grad ≤ m − 2 gibt, sodass
∆ (1 − kxk2 )g = −∆ f.
Sei V der Vektorraum aller Polynome vom Grad ≤ m − 2. Wir betrachten die lineare
Abbildung
T (g) := ∆ (1 − kxk2 )g .
Für g ∈ V hat (1 − kxk2 )g Grad ≤ m und damit T (g) Grad ≤ m − 2. Wir können also T
als Abbildung von V nach V auffassen.
Wenn T (g) = 0 ist, dann ist (1 − kxk2 )g harmonisch. Da (1 − kxk2 )g auf S p−1 gleich
Null ist, folgt aus dem Maximumsprinzip (Korollar 2.4.4), dass (1 − kxk2 )g überall
gleich Null ist. Also ist auch g identisch Null und somit T injektiv.
Da V endlichdimensional ist, ist T auch surjektiv. Weil −∆ f ∈ V ist, gibt es ein g mit
T (g) = −∆ f .
q
4.2.2 Korollar. Kein polynomielles Vielfaches von kxk2 ist harmonisch, außer das Nullpolynom.
Beweis. Sei f ∈ R[x1 , . . . , x p ], f , 0 ein Polynom vom Grad m. Angenommen kxk2 f
ist harmonisch. Da f |S p−1 = (kxk2 f )|S p−1 , folgt P[ f |S p−1 ] = kxk2 f . kxk2 f hat Grad m + 2,
aber P[ f |S p−1 ] hat nach Satz 4.2.1 höchstens Grad m. Ein Widerspruch.
q
4.2.3 Definition. Wir bezeichnen den Vektorraum aller homogenen Polynome auf R p
vom Grad m mit Pm (R p ). Wir bezeichnen den Vektorraum aller harmonischen homogenen Polynome auf R p vom Grad m mit Hm (R p ).
L
4.2.4 Bemerkung. Klarerweise gilt (
bezeichnet hier die direkte Summe)
{ f ∈ R[x1 , . . . , x p ] : grad( f ) ≤ m} =
m
M
Pk (R p ).
k=0
Sei f (x) = k=0 pk (x) mit pk ∈ Pk (R p ). Sind alle pk harmonisch, dann ist offensichtlich auch f harmonisch. Ist umgekehrt f harmonisch, dann gilt
Pm
0 = ∆ f (x) =
m
X
k=0
∆pk (x).
72
KAPITEL 4. KUGELFUNKTIONEN
Für k ∈ {0, 1} gilt immer ∆pk = 0 und für k ≥ 2 gilt ∆pk ∈ Pk−2 (R p ) (vgl. auch Fakta
4.1.2). Wegen dem ersten Teil der Bemerkung muss ∆pk = 0 gelten für k = 2, . . . , m.
Wir haben also
m
M
{ f ∈ R[x1 , . . . , x p ] : grad( f ) ≤ m ∧ f harmonisch} =
Hk (R p )
k=0
gezeigt.
4.2.5 Proposition. Sei m ≥ 2, dann gilt
Pm (R p ) = Hm (R p ) ⊕ kxk2 Pm−2 (R p ).
Beweis. Sei f ∈ Pm (R p ). Wegen Satz 4.2.1 gibt es ein Polynom g vom Grad ≤ m − 2
mit
f = P[ f |S p−1 ] + kxk2 g − g.
Wenn man auf beiden Seiten der Gleichung den homogenen Anteil vom Grad m abliest
(siehe Bemerkung 4.2.4), erhält man
f = pm + kxk2 gm−2 ,
wobei pm ∈ Hm (R p ) der homogene Anteil vom Grad m von P[ f |S p−1 ] ist und gm−2 ∈
Pm−2 (R p ) der homogene Anteil vom Grad m − 2 von g ist. Also gilt
Pm (R p ) = Hm (R p ) + kxk2 Pm−2 (R p ).
Wir müssen noch zeigen, dass die Summe direkt ist. Sei also pm ∈ Hm (R p ) und
gm−2 ∈ Pm−2 (R p ), sodass pm + kxk2 gm−2 = 0. Dann ist aber kxk2 · (−gm−2 ) = pm
harmonisch. Nach Korollar 4.2.2 ist pm identisch Null und somit auch gm−2 .
q
4.2.6 Bemerkung. Die Projektion von Pm (R p ) auf Hm (R p ) mittels der Zerlegung aus
Proposition 4.2.5 wird die kanonische Projektion von Pm (R p ) auf Hm (R p ) genannt.
4.2.7 Satz. Es gilt
m
Pm (R ) =
p
b2c
M
kxk2 j Hm−2 j (R p ).
j=0
Beweis. Wir machen eine Induktion nach m. Für m = 0 oder m = 1, gilt offensichtlich
Pm (R p ) = Hm (R p ). Sei also m ≥ 2.
Pm (R p ) = Hm (R p ) ⊕ kxk2 Pm−2 (R p )
 m−2

b 2 c
M


p
2
2
j
p


= Hm (R ) ⊕ kxk 
kxk Hm−2−2 j (R )


j=0
b m2 c−1
= Hm (R p ) ⊕
M
kxk2( j+1) Hm−2( j+1) (R p )
j=0
b m2 c−1
=
M
kxk2 j Hm−2 j (R p )
j=0
Die erste Gleichheit gilt dabei wegen Proposition 4.2.5 und die zweite wegen der
Induktionsvoraussetzung.
q
4.2. ZERLEGUNG VON POLYNOMEN
73
4.2.8 Bemerkung. Sei f ∈ Pm (R p ). Nach Satz 4.2.7 gibt es p j ∈ H j (R p ), sodass gilt
m
f =
b2c
X
kxk2 j pm−2 j .
j=0
Dann folgt
m
P[ f |S p−1 ] =
b2c
X
pm−2 j ,
j=0
da die Funktion harmonisch ist und laut obiger Gleichung mit f auf S p−1 übereinstimmt.
4.2.9 Proposition. Es gilt
dim Pm (R p ) =
!
p+m−1
.
p−1
Beweis. Wir verwenden für den Beweis eine Methode aus der Diskreten Mathematik.
Die Menge der Monome xα , wobei α alle Multiindizes der Größe m durchläuft, bildet
eine Basis von Pm (R p ). Wir müssen also die Mächtigkeit von {α : |α| = m} bestimmen.
1 p
Der m-te Koeffizient von ( 1−z
) berechnet sich einerseits durch
!p
X
1
1
1
[zm ]
=
[zk1 ]
· . . . · [zk p ]
1−z
1
−
z
1
−
z
k1 +...+k p =m
X
=
1
k1 +...+k p =m
= |{(k1 , . . . , k p ) : k1 + . . . + k p = m}|.
Das ist genau unsere gesuchte Größe. Andererseits gilt
!p
1
m
[z ]
= [zm ] (1 − z)−p
1−z
!
∞
X
−p
= [zm ]
(−z)n
n
n=0
!
m −p
= (−1)
m
(−p)
· (−p − 1) · . . . · (−p − (m − 1))
= (−1)m
m!
p · (p + 1) · . . . · (p + (m − 1))
=
! m!
p+m−1
=
.
m
q
4.2.10 Korollar. Sei m ≥ 2, dann gilt
dim Hm (R p ) =
!
!
p+m−1
p+m−3
−
.
p−1
p−1
74
KAPITEL 4. KUGELFUNKTIONEN
Beweis. Wegen Proposition 4.2.5 gilt dim Pm (R p ) = dim Hm (R p ) + dim Pm−2 (R p ). Die
Aussage des Korollars folgt nun aus Proposition 4.2.9.
q
4.2.11 Bemerkung. Klarerweise gilt dim H0 (R p ) = dim P0 (R p ) = 1 und dim H1 (R p ) =
dim P1 (R p ) = p.
4.3
Zerlegung von L2 (S p−1 )
In diesem Abschnitt betrachten wir den reellen Hilbertraum
Z
L2 (S p−1 ) = { f : S p−1 → R | f messbar ,
f 2 dσ < +∞}.
S p−1
Auf diesem Raum ist ein Skalarprodukt definiert
Z
h f, gi =
f g dσ.
S p−1
4.3.1 Definition. Wir bezeichnen mit Pm (S p−1 ) := Pm (R p )|S p−1 die Menge aller Einschränkungen auf S p−1 von homogenen Polynomen vom Grad m.
Wir bezeichnen mit Hm (S p−1 ) := Hm (R p )|S p−1 die Menge aller Einschränkungen auf
S p−1 von harmonischen homogenen Polynomen vom Grad m. Hm (S p−1 ) wird Vektorraum aller Kugelfunktionen vom Grad m genannt.
4.3.2 Bemerkung. Kennt man von einem homogenen Polynom den Homogenitätsgrad
und die Werte auf S p−1 , dann kennt man es bereits auf ganz R p . Somit gilt Pm (S p−1 ) Pm (R p ) und Hm (S p−1 ) Hm (R p ).
Kennt man den Homogenitätsgrad nicht, ist ein allgemeines homogenes Polynom
noch nicht durch die Werte auf S p−1 bestimmt. Zum Beispiel ist kxk2m |S p−1 ≡ 1 für
alle m ≥ 0. Bei harmonischen Polynomen ist die Situation anders. Wenn zwei harmonische Polynome auf S p−1 übereinstimmen folgt aus dem Maximumsprinzip, dass
sie sogar auf K1 (0) gleich sind. Wegen Fakta 4.1.2 (6) müssen sie damit auf ganz R p
übereinstimmen. Insbesondere gilt


[

p−1
span  H j (S ) ∩ Hm (S p−1 ) = {0}.
j,m
4.3.3 Bemerkung. Wegen der Tatsache kxk2 = 1 für alle x ∈ S p−1 , Satz 4.2.7 und
Bemerkung 4.3.2 gilt
b m2 c
M
p−1
Pm (S ) =
Hm−2 j (S p−1 ).
j=0
In der nächsten Proposition werden wir sehen, dass diese Zerlegung sogar orthogonal
ist.
4.3.4 Proposition. Sei f ∈ Hm (S p−1 ) und g ∈ Hn (S p−1 ), wobei m , n. Dann sind f
und g orthogonal, d.h. h f, gi = 0.
4.3. ZERLEGUNG VON L2 (S P−1 )
75
Beweis. Aus dem Greenschen Integralsatz (Satz 2.1.8) folgt
Z
∂f
∂g
(y) − g(y)
(y) dσ(y) = 0.
f (y)
∂v(y)
∂v(y)
S p−1
Wir berechnen
∂f
∂
∂
(y) = t=0 f (y + ty) = t=0 (1 + t)m f (y) = m f (y)
∂v(y)
∂t
∂t
bzw.
und erhalten damit
∂g
(y) = ng(y)
∂v(y)
Z
(n − m)
f g dσ = 0.
S p−1
Aus n , m folgt h f, gi = 0.
q
An dieser Stelle brauchen wir einen bekannten Satz über Hilberträume.
4.3.5 Satz. Sei H ein Hilbertraum und H j eine Folge von Teilmengen, sodass gilt:
• H j ist ein abgeschlossener Unterraum für alle j.
• Die H j sind paarweise orthogonal.
S
• Die Lineare Hülle von j H j ist dicht in H.
P
Dann gibt es für jedes x ∈ H eindeutige x j ∈ H j , sodass x =L j x j gilt. In diesem Fall
sagt man, H ist die direkte Summe der H j und schreibt H =
j H j.
4.3.6 Satz. Es gilt
L2 (S p−1 ) =
∞
M
H j (S p−1 ).
j=0
Beweis. Wir überprüfen die Voraussetzungen von Satz 4.3.5. Da die H j (S p−1 )
endlichdimensionale Unterräume sind, sind sie abgeschlossen. Die Orthogonalität
haben wir bereits in Proposition 4.3.4 gesehen.
S
S
Wegen Bemerkung 4.3.3 gilt span ∞j=0 H j (S p−1 ) = span ∞j=0 P j (S p−1 ) =
R[x1 , . . . , x p ]|S p−1 . Nach dem Satz von Stone-Weierstrass liegt die Menge aller Polynome eingeschränkt auf S p−1 dicht im Raum aller stetigen Funktionen auf S p−1
bezüglich der Supremumsnorm. Damit liegen sie auch dicht bezüglich der L2 (S p−1 )
Norm, da diese in einem endlichen Maßraum schwächer als die Supremumsnorm ist.
Die stetigen Funktionen wiederum liegen dicht in L2 (S p−1 ) bezüglich der L2 (S p−1 )
S
Norm. Insgesamt erhalten wir, dass die Lineare Hülle von ∞j=0 H j (S p−1 ) dicht in
L2 (S p−1 ) bezüglich der L2 (S p−1 ) Norm ist.
q
4.3.7 Beispiel. Wir wollen den vorangegangenen Satz für den Fall p = 2 verdeutlichen. Da zm holomorph ist, sind Re(zm ), Im(zm ) ∈ Hm (R2 ). Aus Korollar 4.2.10 bzw.
Bemerkung 4.2.11 wissen wir, dass Hm (R2 ) zweidimensional ist für m ≥ 1. Also
ist Hm (R2 ) = span{Re(zm ), Im(zm )}. Wenn wir S 1 mit [0, 2π) mittels der Abbildung
t 7→ (cos(ϑ), sin(ϑ))T identifizieren, erhalten wir Hm (S 1 ) span{cos(mϑ), sin(mϑ)}.
Das heißt im Fall p = 2 liefert der vorangegangene Satz die klassische Fourierreihenentwicklung.
76
KAPITEL 4. KUGELFUNKTIONEN
4.4
Zonale Kugelfunktionen
Für ein festes x ∈ S p−1 betrachten wir das Funktional Λ : Hm (S p−1 ) → R mit
Λ( f ) = f (x). Da Hm (S p−1 ) ein endlichdimensionaler Hilbertraum ist, lässt sich jedes Funktional eindeutig darstellen als Skalarprodukt mit einem festen Element aus
Hm (S p−1 ). Also gibt es eine eindeutige Funktion Zm (x, . ) ∈ Hm (S p−1 ), sodass für alle
f ∈ Hm (S p−1 ) gilt
Z
f (x) = Λ( f ) = h f, Zm (x, . )i =
f (y) Zm (x, y) dσ(y).
(4.2)
S p−1
4.4.1 Definition. Wir nennen die Funktion Zm (x, . ) ∈ Hm (S p−1 ), die durch (4.2)
definiert ist, die zonale Kugelfunktion vom Grad m mit Pol x.
4.4.2 Beispiel. Im Fall p = 2 können wir Zm (x, y) explizit berechnen. Klarerweise
ist Z0 = 1. Sei also m ≥ 1. In Beispiel 4.3.7 haben wir gesehen, dass Hm (S 1 ) span{cos(mϑ), sin(mϑ)}. Also gibt es Konstanten a, b ∈ R mit
Zm (cos(ϕ) + i sin(ϕ), cos(ϑ) + i sin(ϑ)) = a cos(mϑ) + b sin(mϑ).
Es muss gelten
cos(mϕ) = hcos(m . ), Zm (cos(ϕ) + i sin(ϕ), . )i
=
1
2π
Z2π
cos(mϑ) · [a cos(mϑ) + b sin(mϑ)] dϑ
0
a
= .
2
Analog berechnet man b = 2 sin(mϕ). Insgesamt erhält man
Zm (cos(ϕ) + i sin(ϕ), cos(ϑ) + i sin(ϑ)) = 2 cos(mϕ) cos(mϑ) + 2 sin(mϕ) sin(mϑ)
= 2 cos(m(ϑ − ϕ)).
4.4.3 Bemerkung. Sei U ∈ R p×p orthogonal und f ∈ Pm (R p ). Da U x in jeder Komponente ein homogenes Polynom vom Grad 1 ist, ist f (U x) wieder in Pm (R p ) (Homogenitätsgrade multiplizieren sich beim Einsetzen). Ist f sogar harmonisch, so haben
wir in Bemerkung 1.1.13 gesehen, dass dann f ◦ U ebenfalls harmonisch ist. Also
ist Hm (R p ) invariant unter orthogonalen Transformationen. Da ein orthogonales U die
Norm erhält, gilt U(S p−1 ) = S p−1 . Somit ist auch Hm (S p−1 ) invariant unter orthogonalen Transformationen.
4.4.4 Proposition. Seien x, y ∈ S p−1 , dann gilt:
(i) Zm (x, y) = Zm (y, x).
(ii) Zm (U x, y) = Zm (x, U −1 y) für alle orthogonalen U ∈ R p×p .
(iii) Zm (x, x) = dim Hm (S p−1 ).
(iv) |Zm (x, y)| ≤ dim Hm (S p−1 ).
4.4. ZONALE KUGELFUNKTIONEN
77
Beweis. ad (i): Sei k = dim Hm (S p−1 ) und e1 , . . . ek eine Orthonormalbasis von
Hm (S p−1 ).
k
k
X
X
Zm (x, . ) =
hZm (x, . ), e j ie j =
e j (x)e j
j=1
j=1
Also folgt
Zm (x, y) =
k
X
e j (x)e j (y) =
k
X
e j (y)e j (x) = Zm (y, x).
(4.3)
j=1
j=1
ad (ii): Sei f ∈ Hm (S p−1 ), dann gilt
h f, Zm (U x, . )i = f (U x)
= ( f ◦ U)(x)
Z
=
( f ◦ U)(y)Zm (x, y) dσ(y)
S p−1
=
Z
f (y)Zm (x, U −1 y) dσ(y)
S p−1
= h f, Zm (x, U −1 . )i
Dabei haben wir verwendet, dass Hm (S p−1 ) und σ invariant unter orthogonalen Transformationen sind (siehe Bemerkung 4.4.3).
ad (iii): Wegen Punkt (ii) gilt für alle orthogonalen U ∈ R p×p
Zm (U x, U x) = Zm (x, x).
Da man je zwei Punkte in S p−1 durch eine orthogonale Transformation ineinander
überführen kann, ist die Funktion x 7→ Zm (x, x) konstant. Wegen (4.3) gilt
Zm (x, x) =
k
X
e j (x)2 .
j=1
Wenn wir auf beiden Seiten der Gleichung integrieren, erhalten wir
Zm (x, x) =
Z
Zm (y, y) dσ(y) =
S p−1
Z X
k
S p−1
j=1
e j (y)2 dσ(y) =
k
X
he j , e j i = k.
j=1
ad (iv): Es gilt wegen (iii)
kZm (x, . )k22 = hZm (x, . ), Zm (x, . )i = Zm (x, x) = dim Hm (S p−1 ).
Aus der Schwarzschen Ungleichung folgt
|Zm (x, y)| = |hZm ( . , y), Zm (x, . )i| ≤ kZm ( . , y)k2 kZm (x, . )k2 = dim Hm (S p−1 ).
q
4.4.5 Satz. Sei f ∈ L2 (S p−1 ) und sei pm ∈ Hm (S p−1 ) die orthogonale Projektion von f
auf Hm (S p−1 ). Dann gilt
pm (x) = h f, Zm (x, . )i.
78
KAPITEL 4. KUGELFUNKTIONEN
Beweis. Nach Satz 4.3.6 können wir f eindeutig schreiben als
f =
∞
X
pj
j=0
mit p j ∈ H j (S p−1 ), wobei die Reihe in der L2 (S p−1 ) Norm konvergiert.
∞
∞
X
X
h f, Zm (x, . )i = h
p j , Zm (x, . )i =
hp j , Zm (x, . )i = hpm , Zm (x, . )i = pm (x)
j=0
j=0
In der vorletzten Gleichheit haben wir ausgenützt, dass Zm (x, . ) in Hm (S p−1 ) ist und
die H j (S p−1 ) paarweise orthogonal sind.
q
4.5
Eine Entwicklung des Poisson Kerns
4.5.1 Bemerkung. Sei f ∈ Hm (S p−1 ), dann können wir f eindeutig zu einem Element
aus Hm (R p ) fortsetzen. Wir werden nicht streng zwischen der Funktion f und seiner
Fortsetzung unterscheiden. Insbesondere betrachten wir auch Zm ( . , y) für ein festes
y ∈ S p−1 als Element von Hm (R p ). Wir wollen jetzt zeigen, dass sich Gleichung (4.2)
auf ganz R p erweitern lässt. Dazu sei zunächst x ∈ R p \ {0}.
Z
Z
x
x
f (x) = kxkm f (
) = kxkm
, y) dσ(y) =
f (y) Zm (
f (y) Zm (x, y) dσ(y) (4.4)
kxk
kxk
S p−1
S p−1
P
Die Darstellung Zm (x, y) = kj=1 e j (x)e j (y) wie in (4.3) gilt auch für alle x ∈ R p . Daraus
sehen wir, dass Zm auf K1 (0) × S p−1 stetig und damit beschränkt ist. Somit ist der letzte
Ausdruck in (4.4) stetig in x. Da f ebenfalls stetig ist, stimmen der erste und der letzte
Ausdruck in (4.4) auch bei x = 0 überein.
4.5.2 Satz. Sei f ein Polynom auf R p vom Grad ≤ m. Dann gilt
m Z
X
P[ f |S p−1 ](x) =
f (y) Z j (x, y) dσ(y),
j=0
S p−1
für alle x ∈ U1 (0).
Beweis. Wegen Satz 4.2.1 ist P[ f |S p−1 ] wieder ein Polynom mit Grad ≤ m. Wir können
also schreiben
m
X
P[ f |S p−1 ] =
p j,
j=0
p
wobei p j ∈ H j (R ). Für alle x ∈ U1 (0) gilt
Z
Z X
m
f (y) Zk (x, y) dσ(y) =
p j (y) Zk (x, y) dσ(y)
S p−1
S p−1
=
j=0
Z
pk (y) Zk (x, y) dσ(y)
S p−1
= pk (x).
4.6. EINE GEOMETRISCHE CHARAKTERISIERUNG
79
Dabei haben wir in der ersten Gleichheit verwendet, dass f und P[ f |S p−1 ] auf S p−1
übereinstimmen. In der zweiten Gleichheit haben wir die Orthogonalität von Kugelfunktionen ausgenützt und in der dritten Gleichheit haben wir (4.4) ausgenützt.
Summieren liefert die gewünschte Aussage.
q
4.5.3 Satz. Für alle x ∈ U1 (0) gilt
℘(x, y) =
∞
X
Z j (x, y).
j=0
Dabei konvergiert die Reihe absolut und gleichmäßig auf allen Mengen der Form K ×
S p−1 mit K ⊆ U1 (0) kompakt.
Beweis. Wir zeigen zuerst die Konvergenzeigenschaften. Sei zunächst x, y ∈ S p−1 .
Nach Proposition 4.4.4 (iv) gilt |Z j (x, y)| ≤ dim H j (S p−1 ). Wegen Korollar 4.2.10
können wir abschätzen
!
p+ j−1
|Z j (x, y)| ≤
≤ (p + j − 1) p−1 ≤ C j p−1 ,
p−1
wobei C ≥ 0 nicht von j abhängt. Für ein x ∈ U1 (0) erhalten wir also die Abschätzung
(vgl. Bemerkung 4.5.1)
Z j (x, y) ≤ C j p−1 kxk j .
(4.5)
Da jedes kompakte K ⊆ U1 (0) sogar K ⊆ Ur (0) mit einem r < 1 erfüllt, erhalten
wir aus dem Weierstraß Kriterium die gewünschten Konvergenzeigenschaften, da wir
C j p−1 r j als Majorante verwenden können.
Sei x ∈ U1 (0) fest. Aus den bewiesenen Konvergenzeigenschaften, Satz 4.5.2, der
Orthogonalität von Kugelfunktionen und Bemerkung 4.3.3 folgt
Z
Z
∞
∞
X
X
Z j (x, y) dσ(y) =
f (y)Z j (x, y) dσ(y)
f (y)
S p−1
j=0
j=0
=
S p−1
grad(
Xf )
Z
j=0
S p−1
f (y)Z j (x, y) dσ(y)
= P[ f |S p−1 ](x)
Z
=
f (y)℘(x, y) dσ(y)
S p−1
für jedes Polynom f . Da die Polynome dicht im L2 (S p−1 ) liegen, folgt
P
℘(x, y) = ∞j=0 Z j (x, y) für fast alle y ∈ S p−1 . Da beide Funktionen stetig sind,
muss die Gleichheit sogar für alle y ∈ S p−1 gelten.
q
4.6
Eine geometrische Charakterisierung
4.6.1 Definition. Wir nennen eine Funktion f : S p−1 → R zonal mit Pol x ∈ S p−1 ,
wenn f konstant auf H ∩ S p−1 für jede zu x orthogonale Hyperebene H ist.
80
KAPITEL 4. KUGELFUNKTIONEN
4.6.2 Proposition. Sei x ∈ S p−1 . Zm (x, . ) ist zonal mit Pol x.
Beweis. Sei H eine zu x orthogonale Hyperebene und y, z ∈ H ∩ S p−1 . Bezeichne mit
π : R p → x⊥ die orthogonale Projektion auf x⊥ , d.h.
π(w) = w − hw, xix
Wegen kπ(y)k = kπ(z)k gibt es eine orthogonale Abbildung T : x⊥ → x⊥ , mit T (π(y)) =
π(z). Definiere U : R p → R p durch
U(w) := T (π(w)) + hw, xix.
Eine kurze Rechnung zeigt, dass U orthogonal ist, wobei U(x) = x und U(y) = z. Mit
Proposition 4.4.4 (ii) folgt
Zm (x, z) = Zm (U x, z) = Zm (x, U −1 z) = Zm (x, y).
q
Unser nächstes Ziel ist es zu zeigen, dass Zm (x, . ) bis auf Skalierung die einzige
zonale Funktion mit Pol x ∈ S p−1 in Hm (S p−1 ) ist.
4.6.3 Definition. Wir nennen eine Funktion f : R p → R radial, wenn f konstant auf
rS p−1 für alle r ≥ 0 ist.
4.6.4 Lemma. Sei f ein Polynom vom Grad m auf R p . f ist genau dann radial, wenn
m gerade ist und f die Form
m
2
X
c j kxk2 j
f (x) =
j=0
hat.
Beweis. Sei zunächst f ∈ P j (R p ) und radial. Auf S p−1 nimmt f den konstanten Wert
c an. Wegen der Homogenität folgt f (x) = ckxk j . Damit f ein Polynom ist, muss
entweder c = 0 oder j gerade sein.
Sei f jetzt ein beliebiges radiales Polynom vom Grad m. Wir schreiben f als f =
Pm
p×p
.
j=0 p j . Da f radial ist, folgt f ◦ U = f für alle orthogonalen U ∈ R
m
X
j=0
pj = f = f ◦ U =
m
X
pj ◦ U
j=0
Wegen p j ◦ U ∈ P j (R p ) folgt p j = p j ◦ U. Weil das für alle orthogonalen U ∈ R p×p
gilt, sind alle p j radial. Aus dem ersten Teil des Beweises folgt, dass f die gewünschte
Form hat.
Die umgekehrte Richtung ist trivial.
q
4.6.5 Lemma. Sei h ein harmonisches Polynom auf R p R p−1 × R und h( . , y) radial
für alle y ∈ R. Sei weiters h(0, y) = 0 für alle y ∈ R, dann folgt h ≡ 0.
4.6. EINE GEOMETRISCHE CHARAKTERISIERUNG
81
Beweis. Für jedes y ∈ R wenden wir Lemma 4.6.4 auf h( . , y) an und erhalten

∞
∞
∞
X X
X X
 α X

k
α k


c j (y) kxk2 j .
h(x, y) =
cα,k x y =
 cα,k y  x =
α∈N p−1 k=0
α∈N p−1
k=0
j=0
Dabei sind alle auftretenden Summen eigentlich endlich.
0 = ∆h(x, y)
∞
X
∆(c j (y) kxk2 j )
=
j=0
=
∞
X
j=0
c00j (y) kxk2 j +
∞
X
2 j(2 j + p − 3) c j (y) kxk2( j−1)
j=1
∞ h
X
i
c00j (y) + 2( j + 1)(2 j + p − 1) c j+1 (y) kxk2 j
=
j=0
Also folgt c00j (y) + 2( j + 1)(2 j + p − 1) c j+1 (y) = 0 für alle j ≥ 0. Außerdem ist
c0 (y) = h(0, y) = 0 für alle y ∈ R laut Voraussetzung. Mit vollständiger Induktion folgt
c j ≡ 0 für alle j ≥ 0 und damit h ≡ 0.
q
4.6.6 Bemerkung. Lemma 4.6.5 kann folgendermaßen umformuliert werden. Die lineare Abbildung h 7→ h(0, . ) ist injektiv auf der Menge
n
o
h : R p−1 × R → R | h harmonisches Polynom ∧ h( . , y) radial ∀y ∈ R .
4.6.7 Satz. Sei x ∈ S p−1 und f ∈ Hm (S p−1 ). Dann ist f genau dann zonal mit Pol x,
wenn f ein skalares Vielfaches von Zm (x, . ) ist.
Beweis. Wir haben bereits in Proposition 4.6.2 gesehen, dass Zm (x, . ) und damit jedes
skalare Vielfache zonal mit Pol x ist.
Sei also f ∈ Hm (S p−1 ) zonal mit Pol x. Da H0 (S p−1 ) = span{1} ist, können wir o.B.d.A.
m ≥ 1 annehmen. Sei zunächst x = e p , wobei e p der p-te kanonische Basisvektor ist.
Sei (s, t) ∈ R p R p−1 × R. Für (s, t) ∈ S p−1 und T ∈ R(p−1)×(p−1) orthogonal gilt
f (T s, t) = f (s, t).
Wegen der Homogenität von f gilt die Gleichung sogar für alle (s, t) ∈ R p . Also
ist
f ( . , t) radial für alle t ∈ R. Mit dem gleichen Argument ist auch Zm e p , ( . , t) radial
für alle t ∈ R. Außerdem gilt
f (0, t) = f (te p ) = tm f (e p ) = c tm Zm (e p , e p ) = c Zm (e p , te p ) = c Zm e p , (0, t) ,
f (e )
p
wobei c = dim Hm (S
p−1 ) ist. Nach Bemerkung 4.6.6 ist f = c Zm .
Für ein beliebiges x ∈ S p−1 wähle ein orthogonales U ∈ R p×p mit U x = e p . Dann ist
f ◦ U zonal mit Pol e p . Also ist f ◦ U ein skalares Vielfaches von Zm (e p , . ) bzw. f
ein skalares Vielfaches von Zm (e p , U −1 . ). Nach Proposition 4.4.4 (ii) gilt schließlich
Zm (e p , U −1 . ) = Zm (Ue p , . ) = Zm (x, . ).
q
82
KAPITEL 4. KUGELFUNKTIONEN
Kapitel 5
Analytische Funktionen
5.1
Reihen
In diesem Abschnitt sei A eine höchstens abzählbare Menge. Die Menge E(A) aller endlichen Teilmengen von A zusammen mit ⊆ bildet eine gerichtete Menge. Für
limE∈E(A) xE schreiben wir auch limE⊆A xE .
5.1.1 Definition. Für cα ∈ [0, +∞], α ∈ A definieren wir
X
X
cα := lim
cα ∈ [0, +∞].
α∈A
E⊆A
α∈E
P
Sei X ein Banachraum und cα ∈ X, α ∈ A. Falls α∈A kcα k < +∞ sagen wir, dass
P
die Reihe α∈A cα absolut konvergiert und definieren
X
X
cα ∈ X.
cα := lim
α∈A
E⊆A
α∈E
5.1.2 Bemerkung.
P
(i) Für cα ∈ [0, +∞], α ∈ A ist das Netz limE⊆A α∈E cα monoton steigend. Falls
P
beschränkt ist, konvergiert es wegen den Vollständigkeit von R geα∈E cα E⊆A
P
P
gen supE⊆A α∈E cα . Falls
α∈E cα E⊆APunbeschränkt ist, konvergiert das Netz
gegen +∞, also ebenfalls gegen supE⊆A α∈E cα .
P
(ii) Sei X ein Banachraum und cα ∈ X, α ∈ A und sei α∈A cα absolut konvergent. Für
jedes ε > 0 gibt es eine endliche Menge E0 ⊆ A, sodass
X
kcα k < ε.
α∈A\E0
Damit folgt für zwei endliche Mengen E1 , E2 ⊇ E0 , dass
X
X
X
X
X
X
k
cα −
cα k = k
cα −
cα k ≤
kcα k ≤
kcα k < ε.
α∈E1
α∈E2
Also ist limE⊆A
konvergent.
α∈E1 \E2
P
α∈E cα
α∈E2 \E1
α∈E1 ∆E2
α∈A\E0
ein Cauchy-Netz und wegen der Vollständigkeit von X
Sei weiterhin X ein Banachraum und cα ∈ X, α ∈ A.
83
84
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
(iii) Falls A eine endliche Menge ist, hat die gerichtete Menge hE(A), ⊆i ein größtes
P
P
Element und zwar A. Damit ist limE⊆A α∈E cα = α∈A cα .
(iv) Sei τ eine Anordnung von A, d.h. eine bijektive Abbildung von N nach A. Die
Folge der Partialsummen
n
X
X
cτ(k) =
cα
α∈{τ(1),...,τ(n)}
k=1
P
P
ist ein Teilnetz von α∈A cα . Also folgt aus der absoluten Konvergenz von α∈A cα
P∞
die (gewöhnliche) absolute Konvergenz von k=1 cτ(k) und zwar gegen den selben
P
Grenzwert. Im Falle der absoluten Konvergenz von ∞
k=1 cτ(k) folgt aus (i) und
der Tatsache, dass jede endliche Teilmenge von A in einer Menge der Bauart
P
{τ(1), . . . , τ(n)} enthalten ist, die absolute Konvergenz von α∈A cα . Nach dem
vorigen Argument stimmen die Grenzwerte wieder überein.
5.1.3 Satz. Sei Ai , i ∈ I eine Partition von A in höchstens abzählbar viele Mengen.
(i) Sei cα ∈ [0, +∞], α ∈ A, dann gilt
XX
cα =
X
cα .
α∈A
i∈I α∈Ai
(ii) Sei X ein Banachraum und cα ∈ X, α ∈ A. Dann konvergiert
P P
absolut, wenn i∈I α∈Ai kcα k < +∞. In diesem Fall gilt
XX
cα =
X
P
α∈A cα
genau dann
cα .
α∈A
i∈I α∈Ai
Beweis. (i) folgt direkt aus Bemerkung 5.1.2 (i), dem Satz über iterierte Suprema und
der Tatsache, dass supm∈M am + supn∈N bn = sup(m,n)∈M×N am + bn .
X
X
XX
cα
sup
cα = sup
J⊆I i∈J Ei ⊆Ai α∈E
i
i∈I α∈Ai
= sup
sup
XX
J⊆I Ei ⊆Ai , i∈J i∈J α∈E
i
= sup sup
S
J⊆I E⊆
= sup
X
i∈J
X
cα
cα
Ai α∈E
cα
E⊆A α∈E
=
X
cα
α∈A
ad (ii): Der erste Teil der Aussage folgt aus (i). Für den zweiten Teil bemerken wir
P
P P
zunächst, dass wegen i∈I α∈Ai kcα k < +∞ auch α∈Ai kcα k < +∞, i ∈ I und somit
P
P
P
c für alle i ∈ I absolut konvergiert. Außerdem ist wegen i∈I k α∈Ai cα k ≤
i α
Pα∈AP
P P
i∈I
α∈Ai kcα k < +∞ auch die Reihe
i∈I
α∈Ai cα absolut konvergent.
P
Sei nun ε > 0 gegeben. Wähle E ⊆ A endlich, sodass α∈A\E kcα k < ε. Wähle
P
P
S
J ⊆ I endlich, sodass i∈I\J α∈Ai kcα k < ε und E ⊆ i∈J Ai . Wähle für alle i ∈ J
5.1. REIHEN
85
P
ein endliches Ei ⊆ Ai , sodass
können wir abschätzen
XX
X
k
cα −
cα k
i∈I α∈Ai
≤ k
XX
XX
i∈I\J α∈Ai
< ε + |J| ·
kcα k <
ε
|J|
für alle i ∈ J und E ⊆
S
i∈J
Ei . Jetzt
α∈A
cα −
i∈I α∈Ai
≤
α∈Ai \Ei
XX
cα k + k
i∈J α∈Ai
kcα k +
ε
+ε
|J|
XX
cα −
i∈J α∈Ai
X X
X
kcα k +
i∈J α∈Ai \Ei
XX
cα k + k
i∈J α∈Ei
XX
i∈J α∈Ei
cα −
X
cα k
α∈A
kcα k
α∈A\E
= 3ε.
q
5.1.4 Fakta.
(i) Sei B eine weitere abzählbare Menge. Im Sinne von Satz 5.1.3 erhalten wir als
Korollar
XX
X
XX
cα,β =
cα,β =
cα,β
α∈A β∈B
(α,β)∈A×B
β∈B α∈A
N0p
(ii) Sei A =
und π eine Permutation von {1, . . . , p}. Im Sinne von Satz 5.1.3
erhalten wir als Korollar
X
X
X
cα =
...
ckπ(1) ,...,kπ(p) .
p
α∈N0
k1 ∈N0
k p ∈N0
(iii) Sei A = N0p . Im Sinne von Satz 5.1.3 erhalten wir als Korollar
XX
X
cα =
cα .
p
α∈N0
k∈N0 |α|=k
(iv) Ist X eine Banach-Algebra und hat man p-viele absolut konvergente Reihen
P
P
p
k∈N0 a1,k bis
k∈N0 a p,k und setzt man für (α1 , . . . , α p )P = α ∈ N0 cα :=
a1,α1 · . . . · a p,α p , so folgt aus (ii) unmittelbar, dass dann α∈N0p cα absolut konvergiert, wobei
X
X
X
cα =
a1,k · . . . ·
a p,k
α∈N0p
k∈N0
k∈N0
(v) Offensichtlich gilt das Majorentenkriterium: Gilt kdα k ≤ cα ∈ [0, +∞), so folgt
P
P
aus α∈A cα < +∞, dass α∈A dα in X absolut konvergiert.
(vi) Sei M ⊆ R p und X = C(M, R) versehen mit der Supremumsnorm. Sind dann
P
fα ∈ X, α ∈ A, sodass α∈A fα absolut konvergiert, so sagen wir, dass die FunkP
tionenreihe α∈A fα auf M absolut konvergiert.
In dem Fall folgt wegen | fα (x)| ≤ k fα k∞ für jedes x ∈ M die absolute Konvergenz
P
von α∈A fα (x) in R. Da das Punktauswerten stetig ist, ist der Grenzwert von
P
f (∈ C(M, R)) ausgewertet an einem x ∈ M gerade der Grenzwert von
Pα∈A α
f
α∈A α (x).
P
P
Insbesondere ist x 7→ α∈A fα (x) stetig,und die Funktionenreihe α∈A fα konvergiert gleichmäßig gegen diese Funktion.
86
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
5.2
Potenzreihen
P
Wir betrachten nun Potenzreihen α∈N0p cα xα in p Variablen, wobei cα ∈ R, α ∈
N0p und x ∈ R p . Wir bezeichnen mit K((cα )α∈N0p ) die Menge aller x ∈ R p , sodass
P
α
α∈N0p cα x in R absolut konvergiert. Offensichtlich ist immer 0 ∈ K((cα )α∈N0p ).
Aus dem Majorentenkriterium Fakta 5.1.4 (v) folgt sofort, dass mit y ∈ K((cα )α∈N0p )
auch R(y) ⊆ K((cα )α∈N0p ), wobei
R(y) := {x ∈ R p : |x j | ≤ |y j |, j = 1, . . . , p}.
5.2.1 Beispiel. Ist x ∈ R p mit max{|x j | : j = 1, . . . , p} =: kxk∞ < 1, so folgt aus Fakta
5.1.4 (iv), angewandt auf X = R
X
xα =
p
α∈N0
1
.
(1 − x1 ) . . . (1 − x p )
Aus der Theorie der Potenzreihen in einer Variablen ist bekannt, dass für |xl | < 1 die
P
∂m 1
∂m k
Reihe ∞
k=0 ∂xlm xl = ∂xlm 1−xl auch absolut konvergiert für l = 1, . . . , p und m ∈ N0 .
Wenden wir nochmals Fakta 5.1.4 (iv) an, so gilt daher sogar
X
Dβ x α =
α∈N0p
X
α∈N0p , α≥β
1
α!
xα−β = Dβ
.
(α − β)!
(1 − x1 ) . . . (1 − x p )
(5.1)
für alle β ∈ N0p . Ist x = (r, . . . , r), so folgt
X
p
α∈N0 , α≥β
α!
1
r|α|−|β| = Dβ
(α − β)!
(1 − x1 ) . . . (1 − x p )
!
.
(5.2)
r=x1 =...=x p
5.2.2 Lemma. Für alle α ∈ N0p sei cα ∈ R. Weiters sei y ∈ R p mit y j , 0, j = 1, . . . , p,
so, dass die Menge {cα yα : α ∈ N0p } beschränkt ist1 . Dann konvergiert
X
cα x α ,
α∈N0p
für jedes x aus dem Rechteck
R(y) := {x ∈ R p : |x j | < |y j |, j = 1, . . . , p}.
P
Für jedes r ∈ (0, 1) konvergiert die Reihe α∈N0p cα xα absolut als Funktionenreihe auf
der Menge rR(y) und daher absolut als Funktionenreihe auf jeder kompakten Teilmenge von R(y).
P
Weiters liegt die Funktion x 7→ f (x) := α∈N0p cα xα sogar in C ∞ (R(y)), wobei für
p
β ∈ N0
X
Dβ f (x) =
cα Dβ xα ,
(5.3)
α∈N0p
im gleichen Konvergenzsinne wie
1 Insbesondere
P
α∈N0p
cα xα .
ist das der Fall, wenn y ∈ K((cα )α∈N p ).
0
5.2. POTENZREIHEN
87
Beweis. Ist |cα yα | ≤ M und r ∈ (0, 1), so gilt für x ∈ rR(y)
|cα xα | = |cα yα | · |
xα
| ≤ M · r|α| .
yα
P
Wegen Beispiel 5.2.1 konvergiert α∈N0p r|α| = (1 − r)−p und wegen dem MajoranP
α
tenkriterium auch α∈N0p cα x . Da diese Abschätzung unabhängig von x ∈ rR(y) ist,
konvergiert diese Reihe absolut als Funktionenreihe auf der Menge rR(y). Insbesondere ist f auf dieser Menge stetig. Da r ∈ (0, 1) beliebig war, ist f auf ganz R(y) stetig.
Ist β ∈ N0p fest und α ∈ N0p beliebig, so gilt cα Dβ xα = 0, wenn β α. Anderenfalls
gilt
|cα Dβ xα | =
xα−β
M
α!
1
α!
|cα yα | · | β | · | α−β | ≤ | β | ·
r|α|−|β| .
(α − β)!
y
y
y
(α − β)!
Wegen (5.2) und wegen dem Majorantenkriterium konvergiert auch die Reihe
P
β α
α∈N0p cα D x absolut. Wieder ist die Abschätzung unabhängig von x ∈ rR(y). Also konvergiert auch diese Reihe absolut als Funktionenreihe auf der Menge rR(y). Wie
P
oben folgt auch, dass x 7→ α∈N0p cα Dβ xα auf R(y) stetig ist.
(5.3) samt f ∈ C m (R(y)) beweisen wir durch Vollständige Induktion nach m = |β|.
Wir wissen schon, dass f ∈ C 0 (R(y)) = C(R(y)), womit der Induktionsanfang |β| = 0
erledigt ist.
P
Ist |β| > 0, so ist oBdA. β p > 0. Wir betrachten α∈N0p cα Dβ−(0,...,0,1) xα und
P
β α
p
α∈N0 cα D x bei festgehaltenen ersten p − 1 Variablen x1 , . . . , x p−1 als Funktion von
x p ∈ (−r|y p |, +r|y p |) ⊆ (−|y p |, +|y p |) mit 0 < r < 1. Da beide Reihen gleichmäßig
konvergieren, folgt aus dem entsprechenden Resultat für Funktionenfolgen (vgl. Bemerkung 5.1.2 (iv), abhängig von einer reellen Variablen, dass
X
∂ X
cα Dβ−(0,...,0,1) xα =
c α Dβ x α .
∂x p
p
p
α∈N0
α∈N0
Nach Induktionsvoraussetzung ist die linke Seite gerade Dβ−(0,...,0,1) f (x). Aus der
Beliebigkeit von r ∈ (0, 1) folgt (5.3) und daher f ∈ C |β| (R(y)).
q
P
5.2.3 Lemma. Sei α∈N0p cα xα eine Potenzreihe, sodass K((cα )α∈N0p ) nichtleeres InneP
res hat. Dann konvergiert die Potenzreihe α∈N0p cα xα auf allen kompakten Teilmengen
von K((cα )α∈N0p )◦ absolut als Funktionenreihe.
Beweis. Sei K ⊆ K((cα )α∈N0p )◦ kompakt. Für jedes x ∈ K gibt es ein s x > 1,
sodass s x x ∈ K((cα )α∈N0p )◦ . Wegen x ∈ sx2+1 R(s x x) ist sx2+1 R(s x x), x ∈ K eine offene
P
Überdeckung von K. Da die Potenzreihe α∈N0p cα xα auf allen diesen Rechtecken
absolut als Funktionenreihe konvergiert (siehe Lemma 5.2.2) und bereits endlich viele
P
dieser Rechtecke ausreichen um K zu überdecken, konvergiert α∈N0p cα xα auch auf K
absolut als Funktionenreihe.
q
5.2.4 Bemerkung. Im Gegensatz zu Potenzreihen, die nur von einer Variablen
abhängen, lässt sich die Menge aller x ∈ R p , für die die Potenzreihe konvergiert, nicht
durch einen Konvergenzradius genau beschreiben.
88
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
Wir können wegen Lemma 5.2.2 und Lemma 5.2.3 aber sagen, dass wenn
K((cα )α∈N0p ) zumindest einen Punkt x mit x j , 0, j = 1, . . . , p enthält, K((cα )α∈N0p )◦
nicht leer ist und 0 enthält. Die Potenzreihe konvergiert dann auf allen kompakten Teilmengen von K((cα )α∈N0p )◦ absolut als Funktionenreihe und stellt auf K((cα )α∈N0p )◦ eine
C ∞ -Funktion dar, wobei dort (5.3) gilt. Somit gilt auch
Dα f (0)
.
α!
P
P
5.2.5 Bemerkung. Für zwei Potenzreihen α∈N0p cα xα und α∈N0p dα xα mit x ∈
K((cα )α∈N0p ) ∩ K((dα )α∈N0p ) folgt aus Satz 5.1.3 (vgl. auch Fakta 5.1.4)


X
X
X
X  X

α
α
β1 +β2


cα x ·
dα x =
cβ1 · dβ2 x
=
cβ1 · dβ2  xα ,
cα =
p
α∈N0
p
α∈N0
p
p
α∈N0 β1 +β2 =α
p
(β1 ,β2 )∈N0 ×N0
wobei die erhaltene Reihe wieder absolut konvergiert.
P
5.2.6 Lemma. Ist f (t) := n∈N0 bn tn eine relle Potenzreihe in einer Variablen mit
P
Konvergenzradius R > 0. Ist φ(x) := α∈N0p cα xα eine Potenzreihe in p Variablen,
sodass K((cα )α∈N0p ) eine Nullumgebung enthält und sodass |c(0,...,0) | < R, dann ist f ◦
φ(x) für x aus einer gewissen Nullumgebung U(0) als Grenzwert einer dort absolut
konvergenten Potenzreihe in p Variablen darstellbar, dh.
X Dα f ◦ φ(0)
xα .
f ◦ φ(x) =
α!
p
α∈N0
Beweis. Der Beweis erfolgt durch direktes Einsetzen und Umformen. Satz 5.1.3 stellt
dabei sicher, dass wir alle Umformungen tatsächlich machen dürfen.
Da K((cα )α∈N0p ) eine Nullumgebung enthält und wegen |c(0,...,0) | < R gibt es eine
P
n
P
Nullumbegung U(0), sodass n∈N0 |bn | α∈N0p |cα xα | < +∞ für alle x ∈ U(0). Umformen liefert

n
 X

X X
X
X


|cβ1 | · . . . · |cβn | |xα |
|bn |
|bn | 
|cα xα | =
 p

p
n∈N0
n∈N0
α∈N0 β1 +...+βn =α
α∈N0


X
X  X



|cβ1 | · . . . · |cβn | |xα |.
=
|bn |
p
α∈N0 n∈N0
β1 +...+βn =α
Durch die gleiche Rechnung ohne Beträge erhält man schließlich


X  X
X


f ◦ φ(x) =
bn
cβ1 · . . . · cβn  xα
α∈N0p n∈N0
β1 +...+βn =α
für alle x ∈ U(0).
q
5.2.7 Definition. Sei G ⊆ R p offen. Eine Funktion f : G → R heißt reell analytisch,
falls es zu jedem a ∈ G Koeffizienten cα ∈ R, α ∈ N0p , gibt sodass
X
cα (x − a)α
(5.4)
α∈N0p
für alle x in einer gewissen Umgebung U(a) ⊆ G von a absolut gegen f (x) konvergiert.
5.2. POTENZREIHEN
89
P
5.2.8 Beispiel. Sei f (x) = α∈N0p cα xα eine Potenzreihe, sodass G = K((cα )α∈N0p )◦
nicht leer ist. Dann ist f : G → R reell analytisch. Dies kann folgendermaßen gezeigt
werden:
Beweis. Zuerst zeigt man z.B. mittels vollständiger Induktion nach |α| oder mit Hilfe
des klassischen Binomailsatzes
X
α!
· xβ1 · yβ2
(x + y)α =
β
!
β
!
1
2
β +β =α
1
2
für x, y ∈ R p und α ∈ N0p . Sei nun a ein beliebiger Punkt aus G. In einer Umgebung von
a gilt sicher |a| + |x − a| ∈ G, wobei der Betrag hier komponentenweise zu verstehen
ist. Satz 5.1.3 garantiert wieder, dass wir die folgende Rechnung machen dürfen.
X
f (x) =
cα xα
α∈N0p
=
X
cα (a + (x − a))α
p
α∈N0
=
X
cα
p
α∈N0

X 

=

α!
· aβ1 · (x − a)β2
β
!
β
!
1
2
β1 +β2 =α

X

α!
· aβ1  (x − a)β2
cα ·
β1 ! β2 !
X
β2 ∈N0p α−β1 =β2
q
Da es in jeder Umgebung eines Punktes a ∈ R p Punke x mit x j , a j , j = 1, . . . , p,
gibt, folgt aus Lemma 5.2.2 unmittelbar
5.2.9 Korollar. Ist αf : G → R reell analytisch, so gilt f ∈ C ∞ (G), wobei für a ∈ G in
(5.4) immer cα = D α!f (a) . Für β ∈ N0p gilt
Dβ f (x) =
X Dα f (a)
Dβ (x − a)α , x ∈ U(a).
α!
p
α∈N0
5.2.10 Korollar. Ist G ein Gebiet, f : G → R reell analytisch und gilt f = 0 auf einer
nichtleeren, offenen Teilmenge von G, so folgt f ≡ 0.
Beweis. Das Innere W der Menge {a ∈ G : f (a) = 0} ist laut Voraussetzung nicht leer
und klarerweise offen. Ist a ∈ G ∩ ∂W, so gilt a = limn→∞ an mit an ∈ W. Da f in einer
Umgebung von an identisch verschwindet, tun das auch alle partiellen Ableitungen
Dα f . Da diese auch alle stetig sind, folgt
0 = lim Dα f (an ) = Dα f (a).
n→∞
Da f reell analytisch ist, folgt aus Korollar 5.2.9, dass f auf einer Umgebung von a
identisch verschwindet, dh. a ∈ W. Da G zusammenhängend ist, muss W = G.
q
5.2.11 Lemma. Jedes harmonische h : G → R ist reell analytisch auf G.
90
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
Beweis. Da mit h auch x 7→ h(a + rx) harmonisch ist, genügt es zu zeigen, dass
eine auf einer offenen Obermenge von K1 (0) harmonische Funktion lokal um 0 in eine
Potenzreihe entwickelbar ist.
Wegen Lemma 5.2.6 und Bemerkung 5.2.5 lässt sich
X X
p
℘(x, y) = (1 − kxk2 ) · (1 + kxk2 − 2hx, yi)− 2 =
cα,β xα yβ
(5.5)
p
p
α∈N0 β∈N0
in eine Potenzreihe in 2p-Variablen entwickeln. Um den
Konvergenzbereich abp
P − 2p k
zuschätzen bemerken wir zunächst, dass (1 + t)− 2 = ∞
k=0 k t Konvergenzradius 1
hat. Sei δ ∈ (0, 1) so klein, dass δ2 +4δ < 1. Für x ∈ Uδ (0) und y ∈ U2 (0) folgt dann nach
Cauchy-Schwarz | kxk2 −2hx, yi | < 1. Damit konvergiert (5.5) für (x, y) ∈ Uδ (0)×U2 (0)
(siehe Beweis von Lemma 5.2.6). Wegen Lemma 5.2.3 konvergiert (5.5) absolut als
Funktionenreihe auf K 2δ (0) × S p−1 .
Also folgt für x ∈ K 2δ (0) wegen der Gleichmäßigkeit der Konvergenz in y (vgl.
Bemerkung 5.1.2 (iv))
Z
X Z X
h(x) =
℘(x, y) · h(y) dσ(y) =
cα,β yβ · h(y) dσ(y)xα
α∈N0p S p−1 β∈N0p
S p−1
wobei auch diese Reihe absolut als Funktionenreihe in x ∈ K 2δ (0) konvergiert, wie man
sich leicht überzeugt.
q
5.2.12 Korollar. Sei G ⊆ R p ein Gebiet und h : G → R harmonisch. Hat h ein lokales
Maximum, dh. h(a) ≥ h(x) für alle x in einer gewissen Umgebung U(a) von a, so ist h
konstant. Entsprechendes gilt für ein lokales Minimum.
Beweis. ObdA. sei U(a) offen. Nach Korollar 2.4.4 ist h konstant auf U(a) und nach
Korollar 5.2.10 überall konstant.
q
Kommen wir wieder zu Potenzreihen um die Null zurück. Sei
X
f (x) :=
cα x α ,
α∈N0p
für x in einer gewissen Umgebung U(0) der 0 ∈ R p als Funktionenreihe absolut konvergent. Aus Satz 5.1.3 (vgl. auch Fakta 5.1.4) folgt, dass dann auch die (klassische)
Reihe


∞ X
∞
X
 X


cα xα  =:
pm (x)
(5.6)
m=0 |α|=m
m=0
als Funktionenreihe auf U(0) absolut konvergiert und zwar gegen die selbe Grenzfunktion f (x). Offensichtlich sind die pm homogene Polynome vom Grad m.
Somit lassen sich reell analytische f : G → R lokal um jedes a ∈ G, dh. auf einer
Umgebung U(a), als absolut konvergente Reihe
f (x) =
∞
X
pm (x − a),
(5.7)
m=0
α
P
darstellen, wobei pm (x − a) = |α|=m D α!f (a) (x − a)α .
Das nächste Lemma zeigt, dass die Polynome pm in (5.6) eindeutig durch f bestimmt sind.
5.2. POTENZREIHEN
91
5.2.13 Lemma. Seien pm , qm , m ∈ N0 , homogene Polynome vom Grad m. Gilt nun
∞
X
∞
X
pm (x) =
qm (x),
m=0
m=0
für alle x in einer gewissen Nullumgebung U(0) ⊆ R p , wobei für alle solche x diese
Reihen punktweise konvergieren, so folgt pm = qm für alle m ∈ N0 .
Beweis. Sei r > 0 so klein, dass Ur (0) ⊆ U(0). Ist y ∈ S p−1 und t ∈ (−r, r), so folgt
ty ∈ Ur (0) und daher gilt
∞
X
tm pm (y) =
m=0
∞
X
∞
X
pm (ty) =
m=0
qm (ty) =
m=0
∞
X
tm qm (y),
m=0
wobei diese Gleichheit wieder die Konvergenz der Reihen beinhaltet. Insbesondere
P
P∞ m
m
haben die Potenzreihen ∞
m=0 t pm (y) und
m=0 t pm (y) in der Variable t einen Konvergenzradius ≥ r. Da für solche Reihen die Grenzfunktion eindeutig die Koeffizienten
festlegt, folgt pm (y) = qm (y) für jedes y ∈ S p−1 . Da pm und qm homogen sind, folgt
daraus pm = qm , vgl. Fakta 4.1.2, 2.
q
5.2.14 Satz. Sei G ⊆ R p offen eine Funktion h : G → R ist genau dann harmonisch,
wenn h reell analytisch ist und für alle a ∈ G die homogenen Polynome pm vom Grad
m in (5.7) alle auch harmonisch sind.
In diesem Fall gilt für Ur (a) ⊆ G, dass (5.7) absolut und gleichmäßig auf allen
kompakten Teilmengen von Ur (a) konvergiert.
Beweis. Ist h harmonisch, so folgt aus Lemma 5.2.11, dass h reell analytisch ist. Sei
a ∈ G und seien die pm wie in (5.7). Aus Korollar 5.2.9 folgt für x ∈ U(a)
0 = 4h(x) =
∞
X
4pm (x − a).
m=0
Aus Fakta 4.1.2, 3, folgt, dass
∂2
∂x2j
pm entweder verschwindet oder ein homogenes Po-
lynom vom Grad m − 2 ist. Also gilt dasselbe für 4pm . Da die Nullfunktion auch von
der Nullreihe dargestellt wird, folgt aus Lemma 5.2.13, dass 4pm = 0.
Sei umgekehrt h : G → R reell analytisch. Da auf U(a) die Reihe (5.7) gleichmäßig
konvergiert folgt aus Proposition 2.4.1 sofort 4(h|U(a) ) ≡ 0.
Es bleiben noch die zusätzlichen Konvergenzeigenschaften zu zeigen. Zunächst sei
h harmonisch auf einer Obermenge von K1 (0). Nach Satz 4.5.3 gilt
h(x) =
Z
h(y)℘(x, y) dσ(y) =
∞ Z
X
h(y)Zm (x, y) dσ(y).
m=0 p−1
S
S p−1
h(y)Zm (x, y) dσ(y) ∈ Hm (R p ) muss wegen Lemma 5.2.13 pm (x) =
h(y)Zm (x, y) dσ(y) gelten. Wie im Beweis von Satz 4.5.3 erhalten wir
S p−1
Da
R
R
S p−1
Z
|pm (x)| ≤ Cm
p−1
m
kxk
S p−1
|h(y)| dσ(y)
92
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
P
und damit konvergiert die Reihe ∞
m=0 pm (x) auf allen kompakten Teilmengen von
U1 (0) absolut und gleichmäßig.
Sei nun h harmonisch auf Ur (a). Mittels einer Verschiebung und einer Streckung
und dem gerade Bewiesenen erhalten wir für jede Kugel U s (a) mit 0 < s < r die
zusätzlichen Konvergenzeigenschaften. Da ein kompaktes K ⊆ Ur (a) sogar in einem
U s (a) mit 0 < s < r enthalten sein muss, erhalten wir die zusätzlichen Konvergenzeigenschaften für ganz Ur (a).
q
5.3
Zerlegung harmonischer Funktionen
Zunächst wollen wir auf eine unmittelbare Folgerung von Lemma 2.2.3 aufmerksam
machen.
2
5.3.1 Lemma. Sei h : R p → R in C00
(R p ). Dann gilt für jedes x ∈ R p im Fall p = 2
Z
1
h(x) =
ln kt − xk 4h(t) dλ p (t),
µ(S 1 )
R2
und im Fall p > 2
1
h(x) =
(2 − p)µ(S p−1 )
Z
kt − xk2−p 4h(t) dλ p (t).
Rp
Beweis. Sei x ∈ R p und r > 1 so groß, dass h(x) = 0 wenn x < Ur (x). Lemma 2.2.3
angewandt auf ξ 7→ h(x + rξ) ergibt wegen h(x + rξ) = 0 für kξk = 1
Z
1
h(x) = h(x + r0) =
w0 (t)r2 (4h)(rt + x) dλ p (t) =
µ(S p−1 )
U1 (0)
1
µ(S p−1 )
Z
w0
t − x
r
r2−p 4h(t) dλ p (t).
Ur (x)
2−p
Dabei ist w0 ( t−x
= ln k t−x
r )r
r k = ln kt − xk − ln r im Fall p = 2 und
1
2−p
2−p
w0 ( t−x
)r
=
·
(kt
−
xk
− r2−p ) im Fall p > 2. Aus der Greenschen
r
2−p
2.1.8 angewandt auf G = Ur (x), g = 1 und h, folgt
Z
Z
4h(t) dλ p (t) =
Ur (x)
∂h
(y) dµ(y) = 0.
∂v(y)
x+rS p−1
Also folgt im Fall p = 2
1
h(x) =
µ(S 1 )
Z
ln kt − xk4h(t) dλ p (t),
Ur (x)
und im Fall p > 2
1
h(x) =
(2 − p)µ(S p−1 )
Z
kt − xk2−p 4h(t) dλ p (t).
Ur (x)
Formel, Satz
5.3. ZERLEGUNG HARMONISCHER FUNKTIONEN
93
Da der Integrand außerhalb von Ur (x) verschwindet, kann man den Integrationsbereich
durch R p ersetzen.
q
5.3.2 Bemerkung. Ist K ⊆ R p kompakt und ϕ : R p → R eine beschränkte messbare
Funktion, die außerhalb von K verschwindet, und bezeichne g(t) = µ(S1 1 ) ln ktk im Fall
1
2−p
p = 2 und g(t) = (2−p)µ(S
im Fall p > 2, so existiert wegen Bemerkung 2.2.2
p−1 ) ktk
das Integral
Z
Z
f (x) =
g(t − x)ϕ(t) dλ p (t) =
g(t − x)ϕ(t) dλ p (t),
Rp
K
für jedes x ∈ R p . Wir wissen auch, dass auf K c die Funktion x 7→ g(t − x)ϕ(t) harmonisch ist und zwar für jedes t ∈ K. Zudem sind (x, t) 7→ g(t − x), (x, t) 7→ ∂x∂ k g(t − x)
sowie (x, t) 7→ ∂x∂k ∂xl g(t − x) für alle j, k ∈ {1, . . . , p} auf (x, t) ∈ K c × K stetig.
Also sind für jede kompakte Teilmenge F ⊆ K c die Funktionen (x, t) 7→ g(t −
2
x)ϕ(t), (x, t) 7→ ∂x∂ k g(t − x)ϕ(t) sowie (x, t) 7→ ∂x∂k ∂xl g(t − x)ϕ(t) gleichmäßig auf F × K
beschränkt. Wegen Proposition 1.1.8 ist somit die Funktion f auf K c harmonisch.
2
Die eben betrachtete Funktion ist eine Art Faltung, vgl. Analysis 3. Punkto Faltung
sei an folgende Sachverhalte erinnert.
5.3.3 Fakta.
1
1. Die Funktion g : R → [0, +∞) mit g(ξ) = 0, ξ ≤ 0, g(ξ) = e− ξ liegt in C ∞ (R).
g(ξ)
Somit liegt auch g : R → [0, +∞) definiert durch f (ξ) = g(ξ)+g(1−ξ)
in C ∞ (R) und
nimmt nur Werte in [0, 1] an, wobei f (ξ) = 1, ξ ≥ 1 und f (ξ) = 0, ξ ≤ 0.
Schließlich ist auch h : R → [0, +∞), h(ξ) = f (ξ + 2) f (2 − ξ) in C ∞ (R) mit
Werten in [0, 1], sodass h([−1, 1]) = {1} und h(R \ (−2, 2)) = {0}.
R
2. Setzen wir c := K (0) h(kyk22 ) dλ p (y), so ist die Funktion (δ > 0)
2
kδ (x) :=
 2
 kxk2 
1
 2 
h
d
δ
cδ
als Zusammensetzung von C ∞ -Funktionen selber C ∞ von R p nach R, nimmt auf
Kδ (0) den Wert c 1δd an, und hat einen Träger, der in K2δ (0) enthalten ist. Dabei
gilt kkδ k1 = 1.
3. Ist B ⊆ R p eine beschränkte Borelteilmenge, so ist die Faltung
Z
kδ ∗ 1B (x) =
1B (y)kδ (x − y) dλd (y)
Rp
als Faltung zweier beschränkter und integrierbarer Funktionen eine beschränkte
und integrierbare Funktion. Weil kδ unendlich oft differenzierbar ist, gilt dasselbe
auch für kδ ∗ 1B .
Genauer gilt, dass kδ ∗ 1B nur Werte in [0, 1] annimmt, wobei kδ ∗ 1B (x) = 1, falls
K2δ (x) ⊆ B und kδ ∗ 1B (x) = 0, falls K2δ (x) ∩ B = ∅.
94
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
4. Ist K eine kompakte Teilmenge einer offenen Menge G ⊆ R p , so folgt 5δ :=
d(K, Gc ) > 0. Ist nun B = K2δ (K) := {x ∈ R : d(x, K) ≤ 2δ}, so folgt kδ ∗ 1B (x) =
1, x ∈ K und kδ ∗ 1B (x) = 0 für x < K4δ (K) ⊆ G.
Also ist kδ ∗ 1B eine C ∞ (R p ) Funktion mit Werten in [0, 1] und Träger in G, die
auf K den Wert 1 annimmt.
5.3.4 Satz. Sei K eine kompakte Teilmenge einer offenen Menge G ⊆ R p . Weiters sei
h : G \ K → R harmonisch. Dann gibt es eine eindeutige Zerlegung
h=v+w
von h, derart, dass v : G → R und w : R p \ K → R harmonisch sind, und dass
limkxk→+∞ w(x) = 0 im Fall p > 2 und limkxk→+∞ w(x) − b ln kxk = 0 für ein gewisses
b ∈ R im Fall p = 2.
Beweis. Zunächst nehmen wir G als beschränkt an. Für jedes r > 0 betrachten wir
Ar := {x ∈ R p : d(x, K) ≥ r, d(x, Gc ) ≥ r} = Ur (K)c ∩ Ur (Gc )c ,
Br := {x ∈ R p : d(x, K) > r, d(x, Gc ) > r} = Kr (K)c ∩ Kr (Gc )c .
Da x 7→ kxk, x 7→ d(x, K) und x 7→ d(x, Gc ) stetig sind, ist Ar abgeschlossen und Br
offen. Außerdem gilt Br ⊆ Ar ⊆ G \ K, da Ar wegen d(x, K) ≥ r bzw. d(x, Gc ) ≥ r
keinen Punkt mit K bzw. Gc gemein haben kann. Somit ist Ar sogar kompakt.
Schließlich gilt Br ⊆ Ar ⊆ Bs ⊆ A s für r < s und
[
[
Br = G \ K,
Ar =
r>0
r>0
da ein x ∈ G \ K positiven Abstand zu Gc und zu K hat. Insbesondere ist Br , ∅ für
r ≤ r0 mit einem r0 > 0.
Nach Fakta 5.3.3 gibt es eine C ∞ (R p ) Funktion φr mit Werten in [0, 1] und Träger
∞
in G \ K, die auf Ar den Wert 1 annimmt. Damit ist h · φr in C00
(R p ), wenn wir h · φr
außerhalb von G \ K mit 0 fortsetzen.
Ist g definiert wie in Bemerkung 5.3.2, so gilt für x ∈ R p wegen Lemma 5.3.1
Z
(h · φr )(x) =
g(t − x) 4(h · φr )(t) dλ p (t).
Rp
Da h · φr auf der offenen Menge Br konstant eins ist, gilt 4(h · φr )(t) = 0, t ∈ Br . Also
gilt
supp 4(h · φr ) ⊆ G \ (K ∪ Br ) = (G \ K) ∩ (Kr (Gc ) ∪ Kr (K)) ⊆ (G ∩ Kr (Gc )) ∪ Kr (K),
wobei für r ∈ (0, r0 ] so klein, dass 2r < d(K, Gc ) die Mengen Kr (Gc ) und Kr (K)
disjunkt sind. Für solch kleine r > 0 gilt dann
Z
(h · φr )(x) =
g(t − x) 4(h · φr )(t) · 1G∩Kr (Gc ) (t) dλ p (t) +
Rp
|
{z
}
=:vr (x)
Z
g(t − x) 4(h · φr )(t) · 1Kr (K) (t) dλ p (t) .
Rp
|
{z
=:wr (x)
}
5.3. ZERLEGUNG HARMONISCHER FUNKTIONEN
95
Die Funktionen vr und wr sind überall definiert und erfüllen für x ∈ Ar sicherlich h(x) =
(h·φr )(x) = vr (x)+wr (x). Wegen Bemerkung 5.3.2 sind sie auf Kr (Gc )c ⊆ (G∩Kr (Gc ))c
bzw. Kr (K)c harmonisch.
1
2−p
Im Fall p > 2 gilt g(t) = (2−p)µ(S
. Somit folgt aus dem Satz von der bep−1 ) ktk
schränkten Konvergenz, dass limkxk→+∞ wr (x) = 0. Im Fall p = 2 gilt g(t) = µ(S1 1 ) ln ktk
und damit
Z
Z
1
1
kt − xk
wr (x) − ln kxk
4(h · φr )(t) dλ p (t).
4(h · φr )(t) dλ p (t) =
ln
1
1
kxk
µ(S )
µ(S )
Kr (K)
Kr (K)
|
{z
}
=:br
Wegen
kt − xk2
ktk2
(x, t)
|(x, t)|
ktk
=
−2
+ 1 mit
≤
kxk
kxk2
kxk2
kxk2
kxk2
und wegen dem Satz von der beschränkten Konvergenz gilt
lim wr (x) − br ln kxk = 0.
kxk→+∞
c
)
, r0 ), so gilt
Ist nun 0 < s < r, wobei r, s ∈ (0, min( d(K,G
2
v s (x) + w s (x) = h(x) = vr (x) + wr (x), für alle x ∈ Ar ⊆ A s .
Nun ist aber wr (x) − w s (x) harmonisch zumindest auf Kr (K)c ⊆ K s (K)c . Auf Kr (Gc )c ⊆
K s (Gc )c ist v s (x) − vr (x) harmonisch. Zudem stimmen auf
Kr (K)c ∩ Kr (Gc )c = {x ∈ R p : d(x, Gc ) > r, d(x, K) > r} = Br ⊆ Ar
diese Funktionen überein. Also hat wr (x) − w s (x) eine harmonische Erweiterung f auf
Kr (Gc )c ∪ Kr (K)c = (Kr (Gc ) ∩ Kr (K))c = R p .
Nun gilt aber limkxk→+∞ f (x) = 0 im Fall p > 2 und limkxk→+∞ f (x) − b ln kxk = 0
für ein b ∈ R im Fall p = 2. In jedem Falle folgt
lim
kxk→+∞
f (x)
= 0.
kxk
Wegen Proposition 2.5.1 muss f konstant sein, was im Fall p = 2 insbesondere b = 0
impliziert. In jedem Fall folgt nun aus limkxk→+∞ f (x) = 0, dass f ≡ 0 bzw. v s (x) =
vr (x) und wr (x) = w s (x) für x ∈ Br . Im Fall p = 2 folgt insbesondere auch br = b s .
S
S
Wegen r>0 Kr (Gc )c = G und r>0 Kr (K)c = K c sind durch v(x) := vr , x ∈ Kr (Gc )c
und w(x) := wr (x), x ∈ Kr (K)c zwei harmonische Funktionen v : G → R und
w : R p \ K → R definiert, die besagte Eigenschaften haben.
Ist G nicht beschränkt, so betrachten wir G̃ := G ∩ UR , wobei R > 0 so groß ist,
dass K ⊆ UR (0). Aus dem bewiesenem Fall erhält man eine Zerlegung
h = ṽ + w
von h auf G̃ \ K, sodass ṽ : G̃ → R und w : R p \ K → R harmonisch sind, wobei w
besagtes Grenzverhalten bei ∞ aufweist.
Nun ist aber v := h − w sogar auf G \ K definiert und als Differenz zweier
harmonischer Funktionen harmonisch. Zudem stimmt sie auf G̃ \ K (⊆ G \ K)
96
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
mit ṽ überein. Setzen wir noch v(x) := ṽ(x) für x ∈ K (⊆ G̃), so erhalten wir eine harmonische Erweiterung v : G → R von ṽ, die auf G \ K sicherlich h = v+w erfüllt.
Der Beweis der Eindeutigkeit ist ähnlich wie oben der Nachweis, dass die vr und
wr nicht von r abhängen. Wir nehmen also an, dass auf G \ K
v1 + w1 = h = v2 + w2
mit harmonischen v1 , v2 : G → R und w1 , w2 : R p \ K → R, sodass w1 und w2 besagtes
Grenzverhalten bei ∞ aufweisen.
Es folgt (v1 − v2 )|G\K = (w2 − w1 )|G\K , wobei v1 − v2 : G → R und w2 − w1 :
R p \ K → R harmonisch sind. Also ist f := (v1 − v2 ) ∪ (w2 − w1 ) : R p → R harmonisch,
wobei limkxk→+∞ f (x) = 0 im Fall p > 2 und limkxk→+∞ f (x) − b ln kxk = 0 für ein b ∈ R
im Fall p = 2. In jedem Fall folgt
lim
kxk→+∞
f (x)
= 0.
kxk
Wegen Proposition 2.5.1 muss f konstant sein, was im Fall p = 2 insbesondere b = 0
impliziert. In jedem Fall folgt nun aus limkxk→+∞ f (x) = 0, dass f ≡ 0 bzw. v1 = v2
und w1 = w2 .
q
Wir wollen diesen Satz auf die spezielle Situation anwenden, dass K einpunktig ist.
5.3.5 Satz (Satz von Bocher). Sei G ⊆ R p , a ∈ G und h : G \ {a} → R harmonisch,
sodass
lim sup r p−1 inf h(x) ≥ 0,
(5.8)
x∈a+rS p−1
r&0
oder sodass
lim inf r p−1
r&0
sup
h(x) ≤ 0.
(5.9)
x∈a+rS p−1
Dann gibt es eine harmonische Funktion v : G → R und eine Konstante b ∈ R, sodass
für x ∈ G \ {a}



v(x) − b ln kx − ak , p = 2
h(x) = 
(5.10)

v(x) + bkx − ak2−p , p > 2
Erfüllt h : G \ {a} → R nun h ≥ c bzw. h ≤ c für ein c ∈ R, so hat h auch eine derartige
Darstellung, wobei aber zusätzlich b ≥ 0 bzw. b ≤ 0.
Beweis. Klarerweise können wir a = 0 annehmen. Satz 5.3.4 liefert uns eine Zerlegung
h=v+w
von h, derart, dass v : G → R und w : R p \ {0} → R harmonisch sind, und dass
limkxk→+∞ w(x) = 0 im Fall p > 2 sowie limkxk→+∞ w(x) − b ln kxk = 0 für ein gewisses
b ∈ R im Fall p = 2.
Wir setzen f (x) := w(x) im Fall p > 2 und f (x) := w(x) − b ln kxk im Fall p = 2.
Wegen limkxk→+∞ f (x) = 0 folgt aus Korollar 2.5.16, dass sich die Kelvintransformation K[ f ] : R p \ {0} → R harmonisch auf R p fortsetzen lässt. Zudem folgt aus (5.8)
lim sup inf
r%+∞ kxk=r
f (x∗ )
K[ f ](x)
= lim sup inf p−1 =
r
r%+∞ kxk=r r
5.4. HARMONISCHE FUNKTIONEN AUF KREISRINGEN
lim sup r p−1
r&0
inf f (x) = lim sup r p−1
x∈rS p−1
r&0
inf w(x) = lim sup r p−1
x∈rS p−1
r&0
97
inf h(x) ≥ 0.
x∈rS p−1
Die drittletzte Gleichheit folgt aus r ln r → 0 für r & 0 im Falle p = 2. Die vorletzte
Gleichheit folgt aus der Stetigkeit von v bei 0 und die letzte aus der Voraussetzung.
Wegen Proposition 2.5.1 muss K[ f ] konstant sein.
Im Fall p = 2 gilt wegen K[ f ](0) = limkxk→+∞ f (x) = 0 sogar K[ f ] = 0 und daher
f = 0 bzw. w(x) = −b ln kxk. Im Fall p > 2 ist K[ f ](x) = kx∗ k p−2 · f (x∗ ) = b für alle
x ∈ G und daher f (x) = bkxk2−p für ein b ∈ R.
Falls (5.9) gilt, so gilt (5.8) für die Funktion −h und damit folgt der Satz auch in
diesem Fall.
Schließlich folgt aus h ≥ c bzw. h ≤ c, dass (5.8) bzw. (5.9) gilt. Also hat h die
angegebene Darstellung (5.10). Wäre dabei b < 0 bzw. b > 0, so folgte aus (5.10)
wegen der Stetigkeit von v bei a für x hinreichend nahe bei a der Widerspruch h < 0
bzw. h > 0.
q
5.3.6 Korollar. Ist h : U1 (0) \ {0} → R harmonisch derart,
dass h(x) nur von kxk abhängt, dh. h(x) = h(y), falls kxk = kyk,
oder dass, h (5.8) oder (5.9) mit a = 0 erfüllt und dass limkxk%1 h(x) = c (∈ R),
so gilt



c − b ln kxk
h(x) = 

c + b(kxk2−p − 1)
,p=2
,p>2
für b, c ∈ R.
Beweis. Im Fall, dass h(x) nur von kxk abhängt, gilt offensichtlich inf x∈rS p−1 h(x) =
sup x∈rS p−1 h(x) für r ∈ (0, 1). Da immer lim inf r&0 ... ≤ lim supr&0 ..., muss (5.8) oder
(5.9) mit a = 0 erfüllt sein. Also hat h wegen Satz 5.3.5 in jedem Fall die Form (5.10)
mit a = 0.
Gilt limkxk%1 h(x) = c, so folgt aus (5.10), dass limkxk%1 v(x) = c im Fall p = 2 und
limkxk%1 v(x) = c − b im Fall p > 2. Satz 2.5.11 angewandt auf v und −v ergibt v ≡ c
bzw. v ≡ c − b.
Im Fall, dass h(x) nur von kxk abhängt, gilt für jedes r ∈ (0, 1) sicherlich
limkxk%r h(x) = h(ry) für irgendein festes y ∈ S p−1 . Es folgt limkxk%r v(x) = h(ry)+b ln r
im Fall p = 2 und limkxk%r v(x) = h(ry) − br2−p im Fall p > 2. Wieder aus Satz 2.5.11
folgt v ≡ h(ry) + b ln r bzw. v ≡ h(ry) − br2−p und daher h(x) = h(ry) + b ln r − b ln kxk
bzw. h(x) = h(ry) − br2−p + bkxk2−p auf Ur (0).
Offensichtlich hängt h(ry) + b ln r bzw. h(ry) − br2−p nicht von r ab, dh. stimmt
überein mit limr%1 h(ry) + b ln r = c bzw. limr%1 h(ry) − br2−p = c − b, wobei
c = limkxk%1 h(x) existiert.
q
5.4
Harmonische Funktionen auf Kreisringen
In diesem Abschnitt wollen wir uns mit Harmonischen Funktionen beschäftigen, die
auf einem Gebiet der Form {x ∈ R p : r0 < kx − ak < r1 } = Ur1 (a) \ Kr0 (a) definiert
sind, wobei r0 ∈ [0, +∞), r1 ∈ (0, +∞] und r0 < r1 . So ein Gebiet nennen wir einen
98
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
Kreisring. Ein Kreisring ist also das Gebiet zwischen zwei konzentrischen Kreisen,
ein punktierter Kreis, das Komplement von einem Kreis oder R p \ {a}. Wir haben bereits gesehen, wie sich eine harmonische Funktion, die auf einem Kreis definiert ist,
in eine Reihe von homogenen harmonischen Polynomen entwickeln lässt. Analog zu
Laurent Reihen von holomorphen Funktionen wollen wir nun harmonische Funktionen
auf Kreisringen in Reihen entwickeln.
5.4.1 Satz (Laurent Reihe). Sei h eine harmonische Funktion auf einem Kreisring A
um a. Dann gibt es eindeutige homogene harmonische Polynome pm und qm vom Grad
m, für alle m ∈ N0 , sodass im Fall p > 2
h(x) =
∞
X
pm (x − a) +
m=0
∞
X
qm (x − a)
kx
− ak2m+p−2
m=0
und im Fall p = 2
h(x) =
∞
X
pm (x − a) + q0 ln kx − ak +
m=0
∞
X
qm (x − a)
m=1
kx − ak2m
für alle x ∈ A gilt. Die Konvergenz erfolgt dabei auf allen kompakten Teilmengen von
A absolut und gleichmäßig.
Beweis. Der Beweis besteht aus einer Kombination von Satz 5.3.4, der Kelvin Transformation und Satz 5.2.14.
Sei o.B.d.A. A = {x ∈ R p : r0 < kxk < r1 }. Nach Satz 5.3.4 gibt es eine (eindeutige) Zerlegung h = v + w wobei v harmonisch auf Ur1 (0) ist und w harmonisch auf
R p \ Kr0 (0) ist.
Wegen Satz 5.2.14 gibt es homogene harmonische Polynome pm (x), sodass
v(x) =
∞
X
pm (x),
m=0
wobei die Gleichung für alle x ∈ Ur1 (0) gilt und die Konvergenz absolut und lokal
gleichmäßig ist.
Wegen den Eindeutigkeitseigenschaften aus Satz 5.3.4 folgt aus Korollar 2.5.16, dass
sich K[w] im Fall p > 2 bzw. K[v(.) − q0 ln k.k] im Fall p = 2 harmonisch auf U r1 (0)
0
fortsetzen lässt. Im Fall p = 2 folgt außerdem K[v(.) − q0 ln k.k](0) = 0. Wie oben
erhalten wir eine Darstellung mit den gewünschten Konvergenzeigenschaften. Also
K[w](x) =
∞
X
qm (x)
m=0
im Fall p > 2 bzw.
∞
X
K v(.) − q0 ln k.k (x) =
qm (x)
m=1
im Fall p = 2. Wenn wir nun auf beiden Seiten die Kelvin Transformation anwenden
erhalten wir
∞
∞
X
1 X
x
qm (x)
w(x) =
q
(
)
=
m
p−2
2
kxk
kxk
kxk2m+p−2
m=0
m=0
5.4. HARMONISCHE FUNKTIONEN AUF KREISRINGEN
99
im Fall p > 2 bzw.
w(x) − q0 ln kxk =
∞
X
qm (
m=1
∞
X
x
qm (x)
)
=
kxk2
kxk2m
m=1
im Fall p = 2. Dabei haben wir die homogenität der qm ausgenützt.
Durch Zusammensetzen der Entwicklungen von v und w erhalten wir eine Entwicklung
von h der gesuchten Form.
Die Eindeutigkeit folgt aus der Eindeutigkeit der Zerlegung h = v + w und der
Eindeutigkeit der Reihenentwicklung (siehe Lemma 5.2.13).
q
5.4.2 Bemerkung. Sei G ⊆ R p offen, a ∈ G und h eine harmonische Funktion auf
G \ {a}. Dann sagen wir, dass h eine isolierte Singularität bei a hat. Nach Satz 5.4.1
können wir h in eine Laurentreihe um a entwickeln. Satz 5.4.1 sagt außerdem, dass die
Laurentreihe unabhängig davon ist, welchen punktierten Kreis A ⊆ G \ {a} wir wählen.
Wir nennen im Fall p > 2
∞
X
qm (x − a)
kx − ak2m+p−2
m=0
und im Fall p = 2
q0 ln kx − ak +
∞
X
qm (x − a)
m=1
kx − ak2m
den Hauptteil der Laurentreihe.
Als nächstes werden wir isolierte Singularitäten mittels des Hauptteils klassifizieren.
5.4.3 Definition. Sei h eine harmonische Funktion mit isolierter Singularität bei a.
• a ist eine hebbare Singularität, wenn alle qm im Hauptteil identisch Null sind.
• a ist ein Pol, wenn alle bis auf endlich viele qm im Hauptteil identisch Null sind
(aber nicht alle qm identisch Null sind). Wenn M ≥ 0 die größte ganze Zahl mit
q M . 0 ist, dann nennen wir a einen Pol der Ordnung M + p − 2. Ein Pol der
Ordnung p − 2 heißt auch fundamentaler Pol.
• a ist eine wesentliche Singularität, wenn unendlich viele qm im Hauptteil nicht
identisch Null sind.
5.4.4 Bemerkung. Die nächsten beiden Sätze erklären, warum die Ordnung von einem
Pol so definiert wurde.
5.4.5 Bemerkung. Im Fall p > 2 liegt genau dann ein fundamentaler Pol vor, wenn der
Hauptteil ein skalares Vielfaches (, 0) von kx − ak2−p ist.
Im Fall p = 2 liegt genau dann ein fundamentaler Pol vor, wenn der Hauptteil ein
skalares Vielfaches (, 0) von ln kx − ak ist.
5.4.6 Beispiel. Sei α ein Multiindex und p > 2. Die Funktion Dα kxk2−p hat einen Pol
der Ordnung |α| + p − 2 bei 0.
5.4.7 Satz. (p > 2) Sei h eine harmonische Funktion mit isolierter Singularität bei a.
100
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
(i) a ist eine hebbare Singularität genau dann, wenn
lim kx − ak p−2 |h(x)| = 0.
x→a
(ii) a ist ein Pol der Ordnung M + p − 2 genau dann, wenn
0 < lim sup kx − ak M+p−2 |h(x)| < +∞.
x→a
(iii) a ist eine wesentliche Singularität genau dann, wenn
lim sup kx − akN |h(x)| = +∞
x→a
für alle N ∈ N.
Beweis. (i) folgt aus Satz 2.5.15 und der Tatsache, dass h genau dann bei a fortsetzbar
ist, wenn der Hauptteil verschwindet.
ad (ii): Angenommen h hat einen Pol der Ordnung M + p − 2 bei a.
M
X
q
(x
−
a)
m
lim sup kx − ak M+p−2 |h(x)| = lim sup kx − ak M+p−2 · m=0 kx − ak2m+p−2 x→a
x→a
!
M
X
x − a M−m
qm
= lim sup kx − ak
kx − ak x→a m=0
∈ (0, +∞)
= sup |q M (y)|
y∈S p−1
Gelte umgekehrt 0 < lim sup x→a kx − ak M+p−2 |h(x)| < +∞ und bezeichne w den HauptC
teil von h. Dann gibt es eine Konstante C < +∞, sodass |w(a + ry)| ≤ r M+p−2
für kleine
p−1
r > 0 und y ∈ S . Aus der Orthogonalität von Kugelfunktionen verschiedenen Grades folgt
R
R
∞
q (y)2 dσ(y)
q (y)2 dσ(y) X
S p−1 m
S p−1 j
≤
r2 j+2p−4
r2m+2p−4
m=0
!2
Z
∞
X
qm (y)
dσ(y)
=
rm+p−2
m=0
S p−1
=
Z
∞
X
m=0
=
Z
qm (ry)
r2m+p−2
!2
dσ(y)
S p−1
w(a + ry)2 dσ(y)
S p−1
≤
C2
r2M+2p−4
.
Für j > M folgt
Z
r→0
q j (y)2 dσ(y) ≤ C 2 r2( j−M) −→ 0
S p−1
5.4. HARMONISCHE FUNKTIONEN AUF KREISRINGEN
101
und damit ist q j identisch Null. Wegen der Rechnung weiter oben gilt
0 < lim sup x→a kx − ak M+p−2 |h(x)| = supy∈S p−1 |q M (y)|, und damit ist q M nicht
identisch Null. Also ist a ein Pol der Ordnung M + p − 2.
ad (iii): Angenommen es gilt lim sup x→a kx − akN |h(x)| = +∞, für alle N ∈ N. Wegen
(i) und (ii) kann a nur eine wesentliche Singularität sein.
Sei umgekehrt a eine wesentliche Singularität. Angenommen es gibt ein N ∈ N,
sodass lim sup x→a kx − akN |h(x)| < +∞. Mit dem gleichen Argument wie bei (ii) folgt,
dass alle q j ab einem Index identisch Null sind. Ein Widerspruch dazu, dass a eine
wesentliche Singularität ist.
q
5.4.8 Satz. (p = 2) Sei h eine harmonische Funktion mit isolierter Singularität bei a.
(i) a ist eine hebbare Singularität genau dann, wenn
h(x) = 0.
lim x→a ln kx − ak (ii) a ist ein fundamentaler Pol genau dann, wenn
h(x) < +∞.
0 < lim x→a ln kx − ak (iii) a ist ein Pol der Ordnung M > 0 genau dann, wenn
0 < lim sup kx − ak M |h(x)| < +∞.
x→a
(iv) a ist eine wesentliche Singularität genau dann, wenn
lim sup kx − akN |h(x)| = +∞
x→a
für alle N ∈ N.
Beweis. (i) folgt aus Satz 2.5.15 und der Tatsache, dass h genau dann bei a fortsetzbar
ist, wenn der Hauptteil verschwindet.
ad (ii): Angenommen a ist ein fundamentaler Pol.
q ln kx − ak h(x) = lim 0
= |q0 | ∈ (0, +∞)
lim x→a
x→a ln kx − ak
ln kx − ak Gelte umgekehrt 0 < lim x→a ln h(x)
kx−ak < +∞, dann folgt
∞
X
1
qm (x − a)
< +∞.
lim 2m
x→a kx − ak ln kx − ak m=1
Analog zum Fall p > 2 folgt für j ≥ 1
Z
r→0
q j (y)2 dσ(y) ≤ C 2 (ln r)2 r2 j −→ 0,
S p−1
und damit ist q j identisch Null. Wegen der Rechnung weiter oben gilt
0 < lim x→a ln h(x)
kx−ak = |q0 |. Also ist q0 ungleich Null.
Die Punkte (iii) und (iv) lassen sich ebenfalls analog zum Fall p > 2 zeigen.
q
102
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
5.4.9 Satz. Sei h eine harmonische Funktion und a eine wesentliche Singularität oder
ein Pol mit Ordnung > p − 2. Dann wird jede reelle Zahl in der Nähe von a unendlich
oft angenommen.
Beweis. Angenommen es gibt eine punktierte Umgebung von a, sodass h nach
oben oder nach unten beschränkt ist. Dann folgt aus dem Satz von Bocher (Satz
5.3.5), dass a (höchstens) ein Pol der Ordnung p − 2 ist. Ein Widerspruch. Also
ist h (Ur (a) \ {a}) weder nach unten noch nach oben beschränkt, für alle hinrechend
kleinen r > 0. Da Ur (a) \ {a} und damit auch h (Ur (a) \ {a}) zusammenhängend ist,
muss h (Ur (a) \ {a}) = R gelten.
q
5.4.10 Definition. Sei h eine harmonische Funktion mit isolierter Singularität bei a.
Wir nennen den Koeffizienten q0 aus der Laurent Reihe von h um a das Residuum von
h bei a.
Resa (h) := q0
5.4.11 Satz. Sei G offen, a ∈ G und h : G \ {a} → R eine harmonische Funktion. Für
alle Kr (a) ⊆ G gilt im Fall p > 2
1
Resa (h) =
(2 − p)p λ p (K1 (0))
Z
∂Ur (a)
∂h
(y) dµ(y)
∂v(y)
und im Fall p = 2
Resa (h) =
1
2π
Z
∂Ur (a)
∂h
(y) dµ(y).
∂v(y)
Beweis. Zuerst sei p > 2. O.B.d.A. gelte a = 0. Wir entwickeln h in eine Laurentreihe
um 0
h(x) =
∞
X
m=0
pm (x) +
∞
X
qm (x)
.
2m+p−2
kxk
m=0
Die erste Summe verschwindet beim Integrieren, weil sie harmonisch auf einer offenen
Obermenge von Kr (a) ist (siehe Beispiel 2.1.9). Wir berechnen
y
qm (y + t kyk
)
qm (x)
∂ ∂ x=y
=
y 2m+p−2
t=0
2m+p−2
∂v(y)
∂t
kxk
ky + t kyk k
t
∂
qm (y)
= t=0 (1 + )2−p−m 2m+p−2
∂t
r
r
qm (y)
= (2 − p − m) 2m+p−1
r
5.4. HARMONISCHE FUNKTIONEN AUF KREISRINGEN
103
und damit
Z
∞
X
∂h
(2 − p − m)
(y) dµ(y) =
∂v(y)
r2m+p−1
m=0
Z
∂Ur (0)
qm (y) dµ(y)
∂Ur (0)
∞
X
(2 − p − m)
µ(∂Ur (0)) qm (0)
=
r2m+p−1
m=0
(2 − p)
µ(∂Ur (0)) q0
r p−1
= (2 − p) µ(S p−1 ) q0
=
= (2 − p) p λ p (K1 (0)) q0 .
Bei der zweiten Gleichheit haben wir die Mittelwerteigenschaft (Korollar 2.2.5) ausgenützt. Umformen liefert das Gewünschte.
Im Fall p = 2 geht man analog vor. Zusätzlich berechnet man noch
∂ ∂
y
x=y ln kxk = t=0 ln ky + t
k
∂v(y)
∂t
kyk
∂
= t=0 ln(r + t)
∂t
1
= .
r
Damit erhält man
Z
∂Ur (0)
∂h
1
(y) dµ(y) = µ(∂Ur (0)) q0 = 2π q0 .
∂v(y)
r
q
5.4.12 Satz (Residuen Satz). Sei G ⊆ R p offen und beschränkt, sodass ∂G eine orientierbare (p − 1)-dimensionale Mannigfaltigkeit ist. Weiters seien a1 , . . . , ak ∈ G voneinander verschiedene Punkte und h eine harmonische Funktion auf einer offenen Obermenge von G \ {a1 , . . . , ak }. Dann gilt im Fall p > 2
Z
∂G
k
X
∂h
(y) dµ(y) = (2 − p)p λ p (K1 (0))
Resai (h)
∂v(y)
i=1
und im Fall p = 2
Z
∂G
k
X
∂h
Resai (h).
(y) dµ(y) = 2π
∂v(y)
i=1
Beweis. Wähle r > 0 so klein, dass Kr (a1 ), . . . , Kr (ak ) paarweise disjunkt sind und
S
alle in G enthalten sind. Sei O := G \ ki=1 Kr (ai ). Dann folgt aus dem Greenschen
Integralsatz (bzw. Beispiel 2.1.9)
Z
∂h
(y) dµ(y) = 0.
∂v(y)
∂O
104
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
Damit erhält man im Fall p > 2
Z
∂G
k
X
∂h
(y) dµ(y) = −
∂v(y)
i=1
k
Z
∂Ur (ai )
X
∂h
(y) dµ(y) = (2 − p)p λ p (K1 (0))
Resai (h)
∂v(y)
i=1
und im Fall p = 2
Z
∂G
k
X
∂h
Resai (h).
(y) dµ(y) = 2π
∂v(y)
i=1
Dabei ist zu beachten, dass wir ∂Ur (ai ) als Teil von ∂G betrachten und v(y) deswegen
in das Innere von Ur (ai ) zeigt.
q
5.5
Eine Entwicklung des Poisson Kerns für Kreisringe
In diesem Abschnitt wollen wir das Dirichletproblem für beschränkte Kreisringe explizit lösen. Da eine Verschiebung bzw. Streckung im Argument nichts an der Harmonizität einer Funktion ändert, können wir o.B.d.A annehmen, dass der Kreisring die
Form A = {x ∈ R p : r0 < kxk < 1} mit r0 > 0 hat.
5.5.1 Lemma. Im Fall p = 2 sei m > 0 und im Fall p > 2 sei m ≥ 0. Sei weiters
f ∈ Hm (S p−1 ). Dann gilt für die Funktion
h(x) =
1−
1
r 2m+p−2
0
kxk
− r02m+p−2
f (x),
dass h(x) = f (x) für alle x ∈ S p−1 und h(x) = 0 für alle x ∈ r0 S p−1 . Außerdem ist h
stetig auf A und harmonisch auf A.
Beweis. Die Kelvintransformierte von f berechnet sich aufgrund der Homogenität
durch
!
1
x
1
K[ f ](x) =
f
=
f (x).
kxk p−2 kxk2
kxk2m+p−2
Also gilt
h(x) =
1
1−
r02m+p−2
f (x) − r02m+p−2 K[ f ](x) .
Damit ist h harmonisch auf R p \ {0} ⊇ A. Die anderen Eigenschaften sind leicht
nachzurechnen.
q
5.5.2 Lemma. Sei p = 2 und m = 0. Sei weiters f ∈ Hm (S p−1 ). Dann gilt für die
Funktion
ln kxk − ln r0
h(x) =
f (x),
− ln r0
dass h(x) = f (x) für alle x ∈ S p−1 und h(x) = 0 für alle x ∈ r0 S p−1 . Außerdem ist h
stetig auf A und harmonisch auf A.
5.5. EINE ENTWICKLUNG DES POISSON KERNS FÜR KREISRINGE
105
Beweis. Da ln kxk harmonisch ist und f (x) konstant ist, sind alle Eigenschaften leicht
nachzurechnen.
q
5.5.3 Bemerkung. Wir verwenden in diesem Abschnitt die Bezeichnungen
bm (x) =
1−
1
r 2m+p−2
0
kxk
− r02m+p−2
im Fall p = 2, m > 0 bzw. p > 2, m ≥ 0 und
bm (x) =
ln kxk − ln r0
− ln r0
im Fall p = 2 und m = 0.
Damit können wir die Funktion h aus den letzten beiden Lemmas anschreiben als
Z
Z
h(x) = bm (x) f (x) = bm (x)
f (y)Zm (x, y) dσ(y) =
f (y)bm (x)Zm (x, y) dσ(y).
S p−1
S p−1
5.5.4 Lemma. Sei f eine Summe von Kugelfunktionen mit Grad ≤ m. Dann gilt für die
Funktion
Z
m
X
h(x) =
b j (x)Z j (x, y) dσ(y),
f (y) ·
j=0
S p−1
dass h(x) = f (x) für alle x ∈ S p−1 und h(x) = 0 für alle x ∈ r0 S p−1 . Außerdem ist h
stetig auf A und harmonisch auf A.
Beweis. Folgt aus Lemma 5.5.1 und Lemma 5.5.2 durch Summation (siehe auch
Bemerkung 5.5.3).
q
Analoge Überlegungen führen auf das folgende Lemma. Dabei verwenden wir die
Bezeichnung
!m+p−2
1 − kxk2m+p−2
−m r0
cm (x) = kxk
kxk
1 − r2m+p−2
0
im Fall p = 2, m > 0 bzw. p > 2, m ≥ 0 und
cm (x) =
ln kxk
ln r0
im Fall p = 2 und m = 0.
5.5.5 Lemma. Sei f : r0 S p−1 → R eine Funktion, sodass x 7→ f (r0 x), x ∈ S p−1 eine
Summe von Kugelfunktionen mit Grad ≤ m ist. Dann gilt für die Funktion
h(x) =
Z
f (r0 y) ·
S p−1
m
X
c j (x)Z j (x, y) dσ(y),
j=0
dass h(x) = f (x) für alle x ∈ r0 S p−1 und h(x) = 0 für alle x ∈ S p−1 . Außerdem ist h
stetig auf A und harmonisch auf A.
106
KAPITEL 5. ANALYTISCHE FUNKTIONEN
5.5.6 Definition. Der Poissonkern von A ist definiert durch
℘A (x, y) =
∞
X
b j (x)Z j (x, y) für x ∈ A, y ∈ S p−1
j=0
und durch
℘A (x, r0 y) =
∞
X
c j (x)Z j (x, y) für x ∈ A, y ∈ S p−1 .
j=0
5.5.7 Lemma. ℘A ist wohldefiniert, stetig auf A × ∂A und x 7→ ℘A (x, y) ist harmonisch
für jedes feste y ∈ ∂A.
r j+p−2
0
Beweis. Aus |b j (x)| ≤ 1 bzw. |c j (x)| ≤ kxk− j kxk
folgt mit (4.5), dass
r j+p−2
|b j (x)Z j (x, y)| ≤ C j p−1 kxk j bzw. |c j (x)Z j (x, y)| ≤ C j p−1 kxk0
. Damit konvergieren
die Reihen in der Definition von ℘A absolut und gleichmäßig auf K × S p−1 für alle
kompakten K ⊆ A.
Da alle b j ,c j und Z j stetig sind, ist damit auch ℘A stetig. Für jedes feste y ∈ ∂A ist
Z j ( . , y) ∈ H j (S p−1 ). Aus den vorangegangenen Lemmas folgt, dass alle b j ( . )Z j ( . , y)
bzw. c j ( . )Z j ( . , y) harmonisch sind. Wegen der gleichmäßigen Konvergenz ist auch
℘A ( . , y) harmonisch (siehe Proposition 2.4.1 (ii) ).
q
5.5.8 Bemerkung. Für eine Funktion f ∈ C(∂A) verwenden wir die Bezeichnung
Z
Z
PA [ f ](x) =
f (y)℘A (x, y) dσ(y) +
f (r0 y)℘A (x, r0 y) dσ(y)
S p−1
S p−1
für alle x ∈ A. Der nächste Satz zeigt, dass PA [ f ] das Dirichlet Problem für A löst.
5.5.9 Satz. Sei f ∈ C(∂A). Die Funktion h = f ∪ PA [ f ] ist stetig auf A und harmonisch
auf A.
Beweis. Falls f |S p−1 und f (r0 . )|S p−1 Summen von Kugelfunktionen sind, wissen wir
aus den vorangegangenen Lemmas, dass h stetig auf A und harmonisch auf A ist.
Für ein beliebiges f folgt aus dem Satz von Stone-Weierstrass, dass wir f durch eine
Folge fn gleichmäßig annähern können, wobei fn |S p−1 und fn (r0 . )|S p−1 Summen von
Kugelfunktionen sind für alle n ∈ N. Wegen der gleichmäßigen Konvergenz der fn und
der Stetigkeit von ℘A gilt limn→∞ PA [ fn ](x) = PA [ f ](x) für x ∈ A. Setze hn = fn ∪
PA [ fn ], dann konvergiert hn punktweise gegen h auf A. Wegen dem Maximumsprinzip
gilt
khn − hm kA ≤ khn − hm k∂A = k fn − fm k∂A .
Also konvergiert hn gleichmäßig auf A gegen h. Damit ist h stetig auf A und harmonisch auf A (siehe Proposition 2.4.1 (ii) ).
q
Literaturverzeichnis
[ABR] S. AXLER, P. BOURDON, W. RAMEY: Harmonic Function Theory,
Springer-Verlag, New York 2001.
[H]
L. L. HELMS: Potential Theory, Springer-Verlag, London 2009.
[HK]
W. K. HAYMAN and P. B. KENNEDY: Subharmonic Functions I, Academic
Press, London, 1976.
[R]
W. RUDIN: Real and Complex Analysis, McGraw Hill, 1974.
107
Index
Alexandroff-Kompaktifizierung, 11
Laurent Reihe, 98
Barriere
schwache, lokale, 63
starke, 60
Maße
harmonische, 55
Majorante
harmonische, 65
kleinste harmonische, 65
Mannigfaltigkeit, 13
Maximumsprinzip, 29
Mittelwerteigenschaft, 22
Multiindex, 69
Cauchy-Riemannschen
chungen, 8
Differentielglei-
Dirichlet Problem, 24, 25
Divergenz, 2
Einbettung, 13
Folge
lokal gleichmäßig beschränkt, 25
Funktion
harmonische, 1
reell analytische, 88
subharmonische, 34
Gaußscher Integralsatz, 17
Grad, 69
Gradient, 2
Greenscher Integralsatz, 18
halbstetig
von oben, 31
harmonisch, 1
Harnacksche Ungleichung, 27
Hauptteil, 99
Involution, 10
Kelvin Transformierte, 11
konform, 9
Konvergenz
lokal gleichmäßige, 25
Kreisring, 98
Kugelfunktion, 74
zonale, 76
Laplace, 1
Nabla, 2
Oberflächenmaß, 15
Perronsche Funktion, 49
Perronsches System, 49
lokales, 64
Phragmen-Lindelöf, 35
Poisson-Darstellung, 21
Poisson-Kern, 5
Poissonkern
für Kreisringe, 106
Pol, 99
fundamentaler, 99
Polynom
homogenes, 69
Polynom in mehreren Variablen, 69
Prinzip von Harnack, 29
Projektion
kanonische, 72
Punkt
regulär, 59
radial, 80
Residuen Satz, 103
resolutiv, 53
Satz von Bocher, 96
Singularität
hebbare, 99
108
INDEX
isolierte, 99
wesentliche, 99
Spiegelungsprinzip, 38
subharmonisch, 34
zonal, 79
109