5 Gewöhnliche Differentialgleichungen

5
Gewöhnliche Differentialgleichungen
5.1
Slide 223
Einleitung & Begriffsbildung
Natürliches Wachstum
Eine Population bestehe zur Zeit t aus N (t) Individuen.
Die Population habe konstante Geburts- und Sterberate.
β = Anzahl Geburten pro Individuum und Zeiteinheit
δ = Anzahl Todesfälle pro Individuum und Zeiteinheit
Dann folgt
N (t + ∆t) = N (t) + β · N (t) · ∆t − δ · N (t) · ∆t
⇔
N (t + ∆t) − N (t)
= (β − δ)N (t)
∆t
Da N selbst im Zeitraum ∆t variiert, ist dies eine Näherung, die sich
durch Grenzwertbildung verbessern lässt, und man erhält (exakt):
lim
∆t→0
Slide 224
N (t + ∆t) − N (t)
= N 0 (t) = (β − δ)N (t)
∆t
Natürliches Wachstum
• Der Grenzprozess ∆ → 0, der zu
N 0 (t) = (β − δ)N (t)
führt, kann nur durchgeführt werden, wenn N (t) differenzierbar, also
insbesondere stetig ist.
• erscheint zunächst unrealistisch
. . . gilt aber im Grenzfall sehr großer Populationen N (t).
104
• im Bild der Chemie: für N (t) ≈ 6 · 1023 lägen die relativen Änderungen
für einen Erzeugungs- bzw. Zerfallsprozess in der Größenordnung 10−24
⇒ man kann N (t) mit kleinem relativen Fehler als stetige Funktion
auffassen
Slide 225
Natürliches Wachstum
• Damit erhält man als mathematisches Modell für den Prozess
N 0 (t) =
dN (t)
= (β − δ)N (t)
dt
• Dabei tritt eine Funktion N (t) und die Ableitung einer Funktion N 0 (t)
auf.
• eine solche Gleichung heißt Differentialgleichung, kurz DGL
• es können auch höhere Ableitungen vorkommen
• Man nennt den Grad der höchsten auftretenden Ableitung (hier ist das
1) auch die Ordnung der DGL
• z.B. ist y 000 (x) − 2y 0 (t) + y(t)4 = 0 eine DGL 3. Ordnung
• Die natürliche Wachstumsgleichung des Eingangsbeispiels ist eine DGL
1. Ordnung: y 0 (t) = ky(t) mit k ∈ R konstant.
Slide 226
Gewöhnliche vs. Partielle Differentialgleichungen
• gewöhnliche DGL: es kommen nur Ableitungen nach einer unabhängigen Variable (z.B. Ort oder Zeit) vor.
• Beispiel: Newtonsche Bewegungsgleichungen
↔ partielle DGL: es kommen Ableitungen nach mehreren unabhängigen
Variablen (z.B. Ort und Zeit) vor.
• Beispiel: Schrödingergleichung
Slide 227
105
gewöhnliche Differentialgleichung
Definition: gewöhnliche Differentialgleichung
Eine Gleichung, in der die Ableitungen einer unbekannten Funktion y = y(x) bis zum n-ten Grade
auftreten, heißt eine gewöhnliche Differentialgleichung
n-ter Ordnung
In impliziter Form lautet sie
F (x, y, y 0 , . . . , y (n) ) = 0
mit y (n) der höchsten vorkommenden Ableitung.
Kann man nach y (n) auflösen, so schreibt man die DGL
in der expliziten Form als
y (n) (x) = f (x, y, y 0 , . . . , y (n−1) )
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Beispiel: fallender Körper
• Ort: x(t)
• Geschwindigkeit
v(t) = ẋ(t) = x0 (t)
• Beschleunigung
a(t) = v̇(t) = v 0 (t) = x00 (t)
Newton’s Bewegungsgleichung
ẍ(t) = −g oder x00 (t) = −g oder x(2) (t) = −g
ist eine Differentialgleichung 2. Ordnung
deren Lösung ist eine Funktion x = x(t).
Slide 229
106
Beispiel: fallender Körper
Z
ẋ(t) = ẍ(t)dt = −gt + C1
Z
x(t) =
1
ẋ(t)dt = − gt2 + C1 t + C0
2
• wir erhalten die allgemeine Lösung
1
x(t) = − gt2 + C1 t + C0
2
• C1 und C0 sind Parameter, die mit den Anfangsbedingungen verknüpft
sind.
C0 = x(t = 0) = x0 Anfangshöhe
C1 = ẋ(t = 0) = v0 Anfangsgeschwindigkeit
Slide 230
Beispiel: fallender Körper
• die allgemeine Lösung ist vielseitig verwendbar
• Fallschirmsprung: x0 = 5 km,
v0 = 0
• senkrecht nach oben getretener Fußball: x0 = 1 m,
v0 = +30 m/s
• man spricht dann auch von partikulären Lösungen
• Eine DGL mit Anfangswerten nennt man auch ein Anfangswertproblem.
Slide 231
Beispiel: radioaktiver Zerfall
• Zerfall 1. Ordnung (Radioaktivität)
• die Rate (= Geschwindigkeit = Zahl / Zeiteinheit) von Atomzerfällen
ist proportional zur Zahl der Atome (empirische Beobachtung!)
dN
=−
k
· |{z}
N
|{z}
dt
|{z}
Geschwindigkeits- Zahl
Rate
konstante
Slide 232
107
Beispiel: Chemische Reaktion
A+A→B+C
(z.B. H2 O + H2 O → H3 O+ + OH− )
• Reaktion 2. Ordnung 2 Reaktionspartner ⇒ Reaktionswahrscheinlichkeit ∝ NA2
dNA
= −k̃NA2
dt
oder bei konstantem Volumen, wenn gilt [A] = NA /V ,
d[A]
= −k[A]2
dt
Slide 233
mit k = k̃ · V
Allgemeine Herangehensweise
• Es gibt keine allgemeinen Lösungsverfahren
• Lineare DGLen sind häufig leichter lösbar als nichtlineare (also solche,
in denen die Funktion und ihre Ableitung nicht nur linear vorkommen)
• in Chemie und Physik sind viele DGLen linear
• es müssen viele einzelne Klassen von DGLen untersucht werden.
Slide 234
Lösungsmannigfaltigkeit
• die allgemeine Lösung enthält n voneinander unabhängige Konstanten,
die erst durch die Anfangsbedingungen festgelegt werden
• spezielle Lösungen (partikuläre Lösungen) erhält man durch Festlegung
der Konstanten.
108
• manchmal gibt es noch Lösungen, die nicht aus den allgemeinen Lösungen durch Festlegung der Konstanten gewonnnen werden können. Diese
nennt man singuläre Lösungen
Im folgenden werden die Lösungswege für verschiedene Klassen von
DGLen, die in Chemie und Physik vorkommen, erarbeitet . . .
5.2
Slide 235
Differentialgleichungen mit getrennten Variablen
DGL mit getrennten Variablen
y 0 (t) = g(t) · h(y(t)) = g(t) · h(y)
Lösungsverfahren:
Division durch h(y) führt zu
y0
= g(t)
h(y)
falls h(y) 6= 0
unbestimmte Integration mit dem Substitutionsverfahren ergibt
Z
Z
Z
y0
dy
dt =
= g(t)dt
h(y)
h(y)
| {z }
Substitution
Slide 236
“salopp”
dy
y0
dt
=
= g(t) |·dt
h(y)
h(y)
dy
⇒
= g(t)dt
h(y)
Z
Z
dy
= g(t)dt
⇒
h(y)
109
Slide 237
Beispiel
natürliche Wachstumsgleichung
y0
dy
⇒
y
⇒ ln |y|
|y|
⇒ y(t)
Z
= −ky(t)
Z
= − kdt
= −kt + C1
= e−kt+C1
= C · e−kt mit C = eC1
C kann beliebige reelle Werte annehmen, auch C = 0!
Es gibt keine weiteren Lösungen.[0.4cm]
Das Verfahren funktioniert für lineare und nichtlineare DGLen
5.3
Slide 238
Lineare Differentialgleichungen 1. Ordnung
Lineare DGLen 1. Ordnung
Man unterscheidet:
• inhomogene lineare DGL 1. Ordnung
y 0 (t) + a(t)y(t) = f (t)
• homogene lineare DGL 1. Ordnung
y 0 (t) + a(t)y(t) = 0
Slide 239
110
Lineare
DGLen 1. Ordnung
Theorem:
Die allgemeine Lösung der inhomogenen linearen DGL
1. Ordnung ist die Summe einer speziellen Lösung (der
inhomogenen DGL) und der allgemeinen Lösung der
homogenen DGL.
Konsequenz: die spezielle Lösung darf man “raten”.
Slide 240
Lösungsverfahren
Allgemeine Lösung der homogenen DGL
• Ansatz: yh (t) = C · e−A(t) mit
dA(t)
= a(t)
dt
• Einsetzen:
yh0 (t) + a(t) · yh (t) = 0
dA(t)
+ a(t) · Ce−A(t) = 0
−Ce−A(t) ·
dt
dA(t)
=⇒
= a(t)
dt
Z
=⇒ A(t) =
a(t)dt + C̃
Dabei ist dann eC̃ = C.
• Kennt man a(t) (und das unbestimmte Integral von a(t)), so liefert der
Ansatz die Lösung der homogenen DGL.
Slide 241
Lösungsverfahren
Partikuläre Lösung der inhomogenen DGL
• die spezielle Lp̈osung der inhomogenen DGL findet man durch Variation der Konstanten
• dazu macht man die Annahme C → C(t)
111
• dieser Ansatz ist immer möglich und prinzipiell gerechtfertigt.
= C(t) · e−A(t)
= f (t)
ys (t)
0
⇒ ys (t) + a(t)ys (t)
0
−A(t)
C (t)e
+ C(t)e−A(t) · (−a(t))
+a(t) · C(t)e−A(t)
C 0 (t)e−A(t)
=⇒ C 0 (t)
Slide 242
= f (t)
= f (t)
= f (t) · eA(t)
Lösungsverfahren
Gesamtlösung
• Integriere C 0 (t):
Z
C(t) =
f (t)eA(t) dt
=⇒
y(t) = C · e
−A(t)
+e
−A(t)
Z
f (t)e+A(t) dt
(mit C ∈ R beliebig) ist die allgemeine Lösung von
y 0 + a(t)y = f (t)
(in der obigen Formel stehen nur Größen, die entweder Teil der Problemstellung waren (a(t), f (t)) oder sich aus diesen durch einfache
Integration (im Prinzip) berechnen lassen)
Slide 243
Beispiel
Allgemeine Lösung der homogenen DGL
y 0 (x) + 2xy = 2x mit y(0) = 0
• (x statt t als unabhängige Variable)
112
• homogene DGL yh0 (x) + 2xyh = 0 =⇒ yh0 = −2xyh
Z
Z
dyh
= −2 xdx
=⇒
yh
=⇒ ln|yh | = −x2 + C̃ =⇒ yh = C · e−x
Slide 244
2
Beispiel
Partikuläre Lösung der inhomogenen DGL
• Variation der Konstanten y = C(x)e−x
2
• Einsetzen in die DGL und Ausrechnen der Ableitung
2
C 0 (x) · e−x
y 0 + 2xy = 2x
2
− 2x · C(x) · e−x
2
+2x · C(x) · e−x
C 0 (x) · e
−x2
= 2x
= 2x
2
C 0 (x) = 2x · ex
Z
2
C(x) =
2x · ex dx
2
C(x) = ex + C̃
Slide 245
Beispiel
Gesamtlösung
2
• Einsetzen von y = 1 + C̃ · e−x in y 0 + 2xy = 2x:
2
2
−2xC̃e−x + 2x · (1 + C̃)e−x = 2x X
• Anfangsbedingung: y(0) = 0
=⇒ C̃ = −1
113
2
• Gesamtlösung des Anfangswertproblems: y = 1 − e−x [0.5cm]
• das war das formale Verfahren
• Man hätte diese DGL auch einfacher dadurch lösen könnnen, dass man
sofort die Substitution z := y − 1 z 0 = y 0 z0 = −1 gemacht hätte.
• Dann hätte man nur noch die homogene DGL lösen müssen und am
Schluss wieder z durch y − 1 ersetzen müssen
5.4
Slide 246
Lineare DGLen 2. Ordnung
Lineare DGL 2. Ordnung
• Die lineare DGL 2. Ordnung
y 00 (t) + a(t) · y 0 (t) + b(t) · y(t) = f (t)
kann nicht in allgemeiner Form gelöst werden
⇒ Man muss eine Fallunterscheidung durchführen.
Wir betrachten hier nur den wichtigen (einfachsten) Fall, wenn a und
b Konstanten sind.
Slide 247
Lineare DGLen 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten
Die DGL
y 00 (t) + ay 0 (t) + by(t) = f (t)
heißt lineare DGL 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten a und b.
Ihre Lösung ist wieder (wie für die lineare DGL 1. Ordnung) die
Summe aus einer speziellen Lösung der inhomogenen DGL und der
allgemeinen Lösung der homogenen DGL.
(Allerdings sind die Lösungswege im Detail verschieden.)
Slide 248
114
Lösung der homogenen DGL 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten
• Exponentialansatz für die homogene Lösung: yh = eλ·t mit λ ∈ C
• Einsetzen: =⇒
λ2 · eλt + a · λ · eλt + b · eλt = 0 : eλt
=⇒
=⇒
λ2 + aλ + b = 0
a2
a √
−b
λ = − ± D mit D =
2
4
• Es gibt 2 Lösungen!
Slide 249
Lösung der homogenen DGL 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten
• allgemein hat eine lineare DGL n. Ordnung n linear unabhängige Lösungen.
• hier müssen 3 Fälle unterschieden werden.
Fall 1: D > 0: beide Lösungen λ1/2 sind reell! y(t) = c1 eλ1 t + c2 eλ2 t = y1 (t) +
y2 (t) mit c1 , c2 ∈ R exponentiell abfallende Lösung mit 2 Zeitkonstanten
Fall 2: D = 0, also a2 = 4b: doppelte reelle Lösung! Die allgemeine Lösung
lautet dann: y(t) = (c1 + c2 t)eλ1 t mit c1 , c2 ∈ R (s.u.) sogenannter
aperiodischer Grenzfall
a
Fall 3: D < 0: zwei konjugierte komplexe Lösungen: λ1 = − + iω und λ2 =
2
√
a
− − iω mit ω = −D exponentiell abklingende periodische Lösungen
2
Slide 250
115
Fall 3: periodische Lösungen
exponentiell abklingende harmonische Schwingungen
Aus der Eulerschen Formel folgt dann
a
a
eλ1 t = e− 2 t eiωt = e− 2 t [cos(ωt) + i sin(ωt)]
a
a
eλ2 t = e− 2 t e−iωt = e− 2 t [cos(ωt) − i sin(ωt)]
es gibt 2 komplexe (zueinander komplex konjugierte) Lösungen =⇒
Real- und Imaginärteil sind ebenfalls Lösungen
=⇒ die allgemeine Lösung lautet entweder
a yh (t) = e− 2 t Ceiωt + C ∗ e−iωt
oder
C∈C
a
yh (t) = e− 2 t [c1 cos(ωt) + c2 sin(ωt)]
Slide 251
c1 , c2 ∈ R
Fall 3: periodische Lösungen
exponentiell abklingende harmonische Schwingungen
yh (t) = y1 (t) + y2 (t)
a = e− 2 t Ceiωt + C ∗ e−iωt
a
C∈C
= e− 2 t [c1 cos(ωt) + c2 sin(ωt)]
c1 , c2 ∈ R
• Die beiden Teilfunktionen y1 (t) und y2 (t) sind linear unabhängig!
αy1 (t) + βy2 (t) = 0
=⇒
α=β=0
• Wenn a = 0, dann handelt es sich um eine ideale, ungedämpfte harmonische Schwingung
Slide 252
116
Lösung der homogenen DGL 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten
• Schritt 2: Auffinden der speziellen Lösungen der inhomogenen DGL
y 00 + ay 0 + by = f (t)
gelingt durch “Raten” (auf ’mathematisch’: “Ansatz”)
• Für 2 Klassen von Funktionen f (t) gelingt ein solcher Ansatz
a) f (t) = eαt [a1 cos ωt + a2 sin ωt]
=⇒ Ansatz ys (t) = eαt [b1 cos ωt + b2 sin ωt]
b) f (t) = an tn + an−1 tn−1 + . . . + a1 t + a0
=⇒ Ansatz ys (t) = bn tn + bn−1 tn−1 + . . . + b1 t + b0
Slide 253
Beispiel
y 00 (x) + y(x) = x + x2
mit y0 = y(0) = 0 und y00 = y 0 (0) = 1
• homogene Lösung
a = 0, b = 1!!
=⇒ D = −1 =⇒ ω = 1
yh (x) = c1 cos x + c2 sin x
• inhomogene Lösung mit Ansatz
ys (x) = b0 + b1 x + b2 x2
. . . Einsetzen
Slide 254
117
Beispiel
• Ansatz ys (x) = b0 + b1 x + b2 x2
=⇒ ys0 (x) = b1 + 2b2 x
und
ys00 (x) = 2b2
• Einsetzen in die DGL y 00 + y = x + x2 ergibt:
2b2 + b0 + b1 x + b2 x2 = x + x2
• Damit diese Beziehung für alle x gilt, müssen die Koeffizienten der
Potenzen von x jeweils identisch sein.
=⇒
x0 :
x1 :
x2 :
0 = 2b2 + b0
1 = b1
1 = b2
=⇒ b0 = −2 =⇒ ys (x) = x2 + x − 2
Slide 255
Beispiel
• GesamtLösung
y(x) = c1 cos x + c2 sin x + x2 + x − 2
• Anfangswerte: y0 = 0 =⇒ c1 = 2, c2 beliebig
• 1. Ableitung: y 0 (x) = −2 sin x + c2 cos x + 2x + 1
• Anfangswerte: y00 = 1 =⇒ c2 = 0
• 2. Ableitung: y 00 (x) = −2 cos x + 2
• Probe: −2 cos x + 2 + 2 cos x + x2 + x − 2 = x2 + x X
118
5.5
Slide 256
Systeme von linearen DGLen
Systeme von linearen DGLen 1. Ordnung
• Wir betrachten das folgende System elementarer chemischer Reaktionen
A
k1
k2
k3
B
C
Die Konzentrationsänderungen mit der Zeit genügen den DGLen
dA
dt
dB
dt
dC
dt
Slide 257
= −k1 cA
=
k1 cA
−k2 cB +k3 cC
+k2 cB −k3 cC
=
Vektorschreibweise




A
−k1 0
0
• setze ~y =  B  und A =  k1 −k2 k3 
C
0
k2 −k3
• dann lauten die Gleichungen in Matrixschreibweise
~y 0 (t) = A~y (t)
• Wir versuchen wieder einen Exponentialansatz wie im Falle einer einzelnen Gleichung
also ~y (t) = eλt · ~z mit λ ∈ C und ~z ∈ Cn , ~z 6= 0
• Man erhält für jede Zeit t die(selbe) Eigenwertgleichung
λeλt~z = Aeλt~z
• Beachte: Eigenvektoren sind nur bis auf einen Faktor festgelegt.
Slide 258
119
Eigenwertgleichungen
• aus der linearen Algebra ist bekannt, dass das der Eigenwertgleichung
zugrunde liegende Gleichungssystem nur dann eine nichttriviale Lösung
hat, wenn die Determinante
|A − λEn | = 0
Auffinden der Nullstellen des charakteristischen Polynoms =⇒ Eigenwerte λi
Slide 259
Systeme
von Differentialgleichungen
1. Ordnung
Theorem:
DGL-Systeme 1. Ordnung
Lösungen eines Systems aus n DGLen 1. Ordnung mit konstanten
Koeffizienten ~y 0 (t) = Ay(t) mit A einer n × n-Matrix mit reellen
Koeffizienten:
• die allgemeine Lösung des DGL-Systems ist eine Linearkombination
von n linear unabhängigen (l.u.) Lösungen
• Man bestimmt zunächst die Eigenwerte. Zu jedem Eigenwert λi ist
eλi t eine Lösung
• Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten sind l.u.
• Kommt derselbe Eigenwert λi k-mal (k > 1) vor, so sind die insgesamt k Lösungen tm eλi t , m = 0, 1, . . . , k − 1 alle l.u. Lösungen
• Ist ein Eigenwert komplex, so sind der Realteil und der Imaginärteil
jeweils eine l.u. Lösung. Der ebenfalls vorkommende Eigenwert λ∗i
ergibt keine neuen Lösungen.
Slide 260
Beispiel


−1
0
0
3 
• Konkretisierung: k1 = 1, k2 = 2, k3 = 3 =⇒ A =  1 −2
0
2 −3
• Eigenwerte
−1 − λ
0
0
1
−2 − λ
3
|A − λE| = 0
2
−3 − λ
120
= (−1 − λ) [(−2 − λ)(−3 − λ) − 6]
= (−1 − λ) λ2 + 5λ + 6 − 6
= −(λ + 1)λ(λ + 5)
Slide 261
Beispiel
• Eigenwerte λ1 = −1, λ2 = 0, λ3 = −5
• Eigenvektor zu λ1 = −1 : ~zT = (−2, 1, 1)
• Eigenvektor zu λ2 = 0 : ~zT = (0, 3, 2)
• Eigenvektor zu λ3 = −5 : ~zT = (0, 1, −1)
• Die allgemeine Lösung lautet:


 


−2
0
0
y(t) = α1  1  e−t + α2  3  + α3  1  e−5t
1
2
−1
mit αi ∈ R
Slide 262
Beispiel
• Anfangsbedingungen: cA (0) = a, cB (0) = cC (0) = 0


 

  
−2
0
0
a







1
1
0 
α1
+ α2 3
+ α3
=
1
2
−1
0
a
a
a
• Lösung: α1 = − , α2 = + , α2 = −
2
5
10
Slide 263
121
Beispiel
man erhält
cA (t) = ae−t
3 1 −t
− e −
cB (t) = a
5 2
2 1 −t
cC (t) = a
− e +
5 2
Slide 264
1 −5t
e
10
1 −5t
e
10
Beispiel
Kinetik des Erreichens des chemischen Gleichgewichtes
��
������
������
������
����
����
����
����
��
����
Slide 265
��
��
��
��
��
��
Schlussbemerkungen
• Ein System aus n gekoppelten) linearen DGLen 1. Ordnung ist äquivalent zu einer linearen DGL n. Ordnung (Beweis durch Einsetzen)
• Analoges gilt in umgekehrter Richtung: Eine DGL 2. Ordnung ist äquivalent zu zwei DGLen 1. Ordnung
122
• Beispiel: Newtonsche Bewegungsgleichungen:
mx00 (t) = F (t)
Hamiltonsche Bewegungsgleichungen:
p0 (t) = F (t)
und
123
mx0 (t) = p(t)