Der Prophet Jeremia - EKHN

Examensvorbereitung AT von Simon Ahäuser
Jeremia
Literatur:
• Franz-Josef Backhaus/ Ivo Meyer: Das Buch Jeremia, in: Erich Zenger/ Christian Frevel: Einleitung in das
Alte Testament, Stuttgart 82012, 548-577.
Der Prophet Jeremia
1.Bibelkunde und Sprache
1-6
Gerichtsworte unter König Joschija
7-20
Gerichtsworte unter König Jojakim
21-24
Worte gegen die Führer des Volkes
25
Ansage des Exils: Gericht über Juda, nach 70 Jahren auch über Babel; Bechervision
26
Tempelrede
27
Zeichenhandlung: Joch
28
Jeremia und Hananja (Konflikt: falsche Prophetie)
29
Brief an die Exilierten; Schemajas Brief an Zefanja
30-35
Heilsworte
36-45
Schülerbericht über die Leidensgeschichte Jeremias
46-51
Worte gegen fremde Völker
52
Geschichtlicher Anhang: die Zerstörung Jerusalems
1.1. Zeitliches Wirken Jeremias von 627-587
1-6
Frühzeitverkündigung unter Joschija vor 609
7-20
Regierungszeit Jojakims bis 598
21-22+24+27-29
597 bis Ende Jerusalems
40-44
Nach Beginn des Exils (Bericht)
1.2. Sprachliche Eigenarten von Jeremia
• Vielzahl von Zeitangaben (≠ chronologische Reihenfolge erkennbar).
• Einleitende Formeln haben gliedernde Funktion
• Kommunikation: unmarkierter Sprecherwechsel in wörtlicher Rede, Bezüge auf andere
biblische Texte
• Sprachliche Wiederholungen.
• Wechsel von Poesie und Prosa
• Typische dtr Terminologie:
◦ „Unheil bringen“
◦ „nach dem Leben trachten“
◦ „gegen Jahwe sündigen“„hinter anderen Gottheiten herlaufen“
◦ Bundesformel: „Ich werde euch Gott sein und ihr werdet mir Volk sein“
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Jeremia
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2. Entstehung
2.1. Quellenmodell (Duhm)
• Die wissenschaftliche Diskussion war lange bestimmt durch einen Kommentar von Duhm
(1901). Er sah den ältesten Bestandteil des Buches in den „Gedichten Jeremias“ in den
Kap. 1 bis 25. Ein zweiter Block bestand seiner Meinung nach im „Buch Baruchs“ (26-45).
• Spätere Ergänzungen fänden sich in allen Buchteilen. Auf den historischen Jeremia seien
nach Duhm nur etwa 280 Verse zurückzuführen, d.h. weniger als ein Viertel des Buches.
◦ Wenn er in der Zeit von Joschija geschrieben haben, warum erwähnt er dessen Reform
mit keinem Wort (auch bei Ezechiel keine Erwähnung).
◦ Gab es die überhaupt? Nach Berlejung ist sie ein deuteronomistisches Konstrukt
aufgrund der formelhaften Sprache.
2.2. Redaktionsgeschichtliches Modell (Thiel/Albertz)
• Es gibt sprachliche und inhaltliche Berührungen zwischen Jeremia und Dtn/DtrG.
• Sie stammen von einer Redaktion, die schriftliches Traditionsgut des Propheten
übernommen und durch literarische Entlehnungen aus Dtn/DtrG aktualisiert hat.
• Allerdings ist in den so genannten deuteronomistischen Texten zu unterscheiden zwischen
sprachlichen und sachlichen Deuteronomismen. Nach Weippert könnte der dtr Sprachstil
schon vorgelegen haben und sei kein redaktionelles Phänomen.
2.3. Verbindung von Schichten- und Fortschreibungsmodell (McKane)
• Zuerst war eine Sammlung von Worten durch Jeremia-Anhänger.
• Es folgten Erzählungen über Jeremia von Schafaniden, die ihre Rolle als Unterstützer
Jeremias betonen.
• Es kommt im Exil zu einer ersten Buchfassung, die dtr überarbeitet ist.
• Nachexilisch gibt es mehrere Redaktionen.
2.4. Synchrones Erklärungsmodell (Fischer)
• Literarkritische und redaktionskritische Überlegungen sind seiner Meinung nach keine Hilfe
bei der Erschließung des Jeremiabuches.
• Die sprachlichen Befunde, die intertextuellen Bezüge und die komplexe Gesamtkomposition
legen es nahe, Jeremia als einheitlich zu charakterisieren.
• Sein Autor hat vermutlich im 4.Jh. Das Buch verfasst und muss literarisch außerordentlich
begabt und in harter Auseinandersetzung mit Propheten und Priestern gewesen sein.
3. Wichtige Einzeltexte
3.1. Jer 1 als „Programm“ des Jeremiabuches
• Überschrift mit Datierungen – Jeremias Wort wird als JHWH-Wort qualifiziert (zentrale
Daten: Herrschaft Joschijas und Jojakims bis Zerstörung Jerusalems 587).
• Jeremia als Prophet für die Völker → Völker haben Zeugnis-/Kontrast-/Werkzeugfunktion.
• Berufung mit Vision vom Mandelzweig und vom überkochenden Kessel vom Norden +
Einwand Jeremias gegen Berufung (Gott kündigt Jeremia die schwere des Auftrags an).
• Verbkonstruktion ausreißen und niederreißen, aufbauen und einpflanzen (Zusammenhang
von Unheil – Heil, aber Dominanz der Gerichtsreden; Heilsworte v.a. 30-32 „Trostschrift“).
3.2. Tempelrede (Jer 7)
• Jeremia kündigt den Untergang des Tempels an aufgrund Götzen-/Fremdgötterverehrung.
• Jer 26: Bericht zur Tempelrede: Jeremia soll gerichtet werden, das Torgericht hält ihn aber
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Jeremia
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nicht für schuldig.
Begründung: Prophet Micha, der zur Zeit Hiskijas ebenfalls den Untergang des Tempels
verkündete und nicht getötet wurde, bewirkte Furcht vor JHWH.
→ einziger Beleg für Tempelrede Michas (3) außerhalb von Mi.
3.3. Konfessionen Jeremias
• Der Prophet leidet unter der Aufgabe. Er klagt Gott an.
• Hier spricht wohl nicht der historische Jeremia, sondern die Gruppe der Überlieferer, die
unter seinem Namen schreibt und sich zu den Gerechten zählt (Kratz).
◦ Daher könnten sie indirekt aber mögliche biographische Anhaltspunkte bieten.
11-12
„Ich aber war wie ein zahmes Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.“
15
„Wehe mir, Mutter, dass Du mich geboren hast.“
17
„O Herr heile mich, so werde ich heil.“
18
„Bitte um Hilfe gegen die Feinde „Soll denn Gutes mit Bösem vergolten werden?“
20
„Du hast mich betört, Herr, und ich habe mich betören lassen.“
3.4. Völkersprüche (Jer 25 + 46-51 MT)
• Unterschiedliche Position/Reihenfolge LXX/MT.
• Ursprünglich gab es von ihnen wohl mehrere Fassungen. Es wurde tendenziell eher Texte
hinzugefügt statt gekürzt.
• Einleitung durch das Bild vom Taumelbecher: „Nimm diesen Becher mit dem Wein meines
Zorn aus meiner Hand und lass daraus trinken alle Völker, zu denen ich dich sende, dass sie
trinken, taumeln und toll werden vor dem Schwert, das ich unter sie schicken will.“
◦ Dies geht unter anderem gegen Ägypten, Philister, Moab, Damaskus.
• JHWH ist in den Sprüchen Herr über die ganze Geschichte, erst zum Heil für Israel, dann
auch für die anderen Völker (spätere Texte) – Ergebnis des immer mehr monotheistisch
orientierten Gottesbildes (muss notwendig über Gegensatz Israel/Völker hinauskommen).
◦ Die Völker werden unterschiedlich bewertet – insgesamt etwas besser als in anderen
Büchern.
3.5. Konflikttexte – Sammlungen von Worten an Jeremias Gegner
• Polemische Worte gegen Falschpropheten (26-29) – Höhepunkt: Konflikt mit Hananja.
◦ Dieser sprach wie viele andere Propheten auch im Namen JHWHs, aber mit
gegenteiliger Aussage. Es setzten sich meistens die Unheilpropheten durch.
• Es finden sich weitere Texte zum Konflikt zwischen Jeremia und dem König (21-24; 3438): individuelle + institutionelle Kritik.
◦ Falschpropheten und judäisches Königtum werden als zwei Hauptgründe für
Eroberung und Zerstörung Jerusalems genannt.
3.6. Heilsworte (Jer 30-33)
• „Trostbüchlein für Ephraim“: „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn
schreiben, und sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein. Ich will ihnen ihre
Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken“ (31)
3.7. Zeichenhandlungen
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Jeremia
13
Vergraben des Gürtels + Krug mit Wein.
16
Jeremias Leben (Ehelosigkeit) wird zum Zeichen: Traurigkeit zeigt kommende Traurigkeit des Landes.
19
Töpfergleichnis – Jeremia zerbricht einen Krug für das kommende Ende Jerusalems (zur Strafe kommt er ins
Gefängnis).
27f.
Jeremia legt sich ein Joch um und fordert dazu auf, sich dem Joch der Babylonier zu beugen statt Krieg zu
riskieren – Hananja zerbricht das Joch.
32
Jeremia kauft einen Acker.
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4. Theologie
•
•
Die theologische Beurteilung hängt von der Entscheidung in der Entstehung von Jer ab.
Wenn es komplex war, gibt es überhaupt eine Theologie als in „geschlossenes
Gedankengebäude“?
4.1. Katastrophe von 587/6 als Grund der Katastrophe
• Fremdgötterverehrung (= Verlassen/Verrat JHWHs). Damit eng verknüpft ist die
Schuldthematik: JHWH wird verlassen (Weiblichkeitsmetaphorik: Jerusalem als schuldige
Frau).
• Starke Betonung des Tun-Ergehen-Zusammenhangs in der Schuldfrage. Es wird deutlich,
dass theologische und ethische Vorwürfe ineinander greifen.
• Das wird am Leitwort šæqær (Lug/Verlogenheit) deutlich: Nicht mehr das Recht JHWHs
bestimmt die Gesellschaftsordnung, sondern Täuschung, Betrug, Gewinn. Jeremia lehrt
dagegen v.a. Teile des dtn Gesetzes, die auf soziale Gerechtigkeit zielen.
4.2. Heil und Unheil / Bund
• Unheil ist sprachlich/konzeptionell vom JHWH-Krieg her formuliert.
◦ Die konventionelle Kriegsideologie wird aber umgekehrt: JHWH führt mit einem Volk
Krieg gegen sein Volk.
• Beschränkung der Auswirkung des Gerichts durch zeitliche Begrenzung.
◦ Schon in Kap.3 gibt es Heilszusagen für die Zeit nach dem Gericht: Jerusalem heißt
dann „Thron Davids“, die Völker werden sich beim Namen JHWHs versammeln und ein
davidischer Spross mit Namen „JHWH, unsere Gerechtigkeit“ wird regieren.
• Avd'x' tyriB.: entweder als „neuer Bund“ oder als „erneuerter Bund“ interpretierbar.
◦ Es stellt sich allerdings die Frage, ob beides eine echte Alternative bildet zum vorherigen
Bundesverständnis.
4.3. Umkehr
• Jeremia ist Umkehrprediger (Jer 7; 12; 25), aber wirkungslos (Gerichtsankündigung).
• Es ist eine Ätiologie für 587/6.
• Die Umkehrthematik ist jünger als Gerichtsankündigung.
◦ Gerichtsankündigung resultiert nicht aus der tatsächlichen Erfolglosigkeit von
Warnungen.
◦ Umkehrthematik nachexilisch verstärkt, um das Ausbleiben der Heilsperspektiven (Jer
30-33) zu erklären.