Eröffnung Karpfensaison 2015 Heilsbronn

Bayerisches Staatsministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Staatsminister Helmut Brunner
Eröffnung der bayerischen Karpfensaison 2015
31. August 2015, Heilsbronn
Es gilt das gesprochene Wort!
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Anrede!
Ein herzliches Grüß Gott zur Eröffnung der bayerischen Karpfensaison 2015! Seit Jahrhunderten wird
Karpfen in den Monaten mit „r“ (von September bis April) abgefischt und verspeist. Schließlich bereitet der Transport
des Karpfens in der kalten Jahreszeit weniger Probleme. Auch würde man bei einer Abfischung mitten im
Sommer die verbleibende Jahreszeit für sein Wachstum
nicht mehr nutzen. Der Genuss ist also zeitlich begrenzt. Deshalb weisen wir heute ausdrücklich auf den
Saison-Beginn hin. Dass Heilsbronn den richtigen
Rahmen dafür bietet, haben wir gerade erlebt.
I. Heilsbronn und der „Fischraub“
Vielen Dank für diese spektakuläre Abfischung, die an
den historischen Fischraub im Mittelalter erinnert, als
das Zisterzienserkloster Heilsbronn den Arbeitern kaum
noch Lohn auszahlte und sich deren resolute Frauen
kurzentschlossen Karpfen als Ausgleich holten! Sie sehen: Damals wie heute gilt die Feststellung von MargaSeite |1
ret Thatcher: „Wenn Sie etwas wirklich getan haben
wollen, wenden Sie sich an Ihre Frau!“
Den Verantwortlichen der Stadt, insbesondere Herrn
1. Bürgermeister Dr. Jürgen Pfeiffer, Herrn 3. Bürgermeister Peter Stemmer und Herrn Johann Hausmann
sowie den Darstellerinnen der „Raubenden Frauen“ vielen Dank. Dank und Anerkennung gebühren auch der
Stadtkapelle Heilsbronn mit ihrem Vorsitzenden Wolfgang Prager und Chefdirigenten Claus Bernecker.
Ihr Schauspiel hat uns auch daran erinnert, dass Karpfen schon im Mittelalter, aber auch später eine wichtige
Eiweißquelle für die menschliche Ernährung war. Das
spiegelte sich auch im Preis wider: Im 17. Jahrhundert
kostete ein Kilo Karpfen ca. 12 Kreuzer, was dem
Verdienst eines Tagelöhners bzw. dem Preis von sechs
Maß Bier entsprach. Auf das Nürnberger Volksfest umgerechnet – also rund 60 € je Kilo. Diese Preise würde
ich Ihnen auch heute noch wünschen!
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II. Teichwirtschaft in Bayern und Franken
Bayerns Teichwirte bewirtschaften etwa 20.000 Hektar
– verteilt auf mindestens 30.000 Einzelteiche – und erzeugen mit 6.000 Tonnen jährlich rund 55 Prozent der
deutschen Produktion. Mittelfranken als größter bayerischer Produzent steuert allein 40 Prozent zur bayerischen Erzeugung bei. Nur etwa 50 der 8.500 bayerischen Karpfenteichbetriebe (72 % der deutschen Betriebe) werden im Haupterwerb geführt. Das zeigt, wie kleinteilig
unsere Strukturen (Durchschnittliche Betriebsgröße: 2,5 ha) sind.
III. Herausforderungen
Hohe Verluste durch Wildtiere und steigende bürokratische Auflagen zählen sicher zu den größten Herausforderungen für Bayerns Teichwirte.
Zwar haben wir im Freistaat dank Artenschutzrechtlicher Ausnahme-Verordnung (AAV) und Allgemeinverfügungen die deutschlandweit umfassendsten Mög-
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lichkeiten zur Abwehr des Kormorans. Doch die Verluste, die dieser fischfressende Zugvogel der Teichwirtschaft zufügt, sind nach wie vor enorm. Darauf hat auch
die Regierung in Mittelfranken reagiert: Ein gemeinsames Untersuchungsprojekt von Naturschutz und
Fischerei in EU-Vogelschutzgebieten des Aischgrundes
konnte nachweisen, dass eine geregelte Bejagung des
Kormorans selbst in diesen Gebieten nicht zur Vergrämung seltener und gefährdeter Vogelarten führt! Herr
Regierungspräsident Dr. Bauer, Frau Dr. Kluxen, herzlichen Dank, dass Sie die Anliegen der Teichwirte so
ernst nehmen.
Leider ist der Kormoran nicht die einzige Tierart, die in
den Teichen große Schäden verursacht. Zunehmend
Probleme bereitet zum Beispiel der Fischotter. Mit dem
Fischotter-Managementplan wollen wir auf drei Wegen den Teichwirten helfen: Wir
 fördern Zaunbau zur Abwehr
 bieten Beratung durch einen Otterberater und
 leisten Entschädigungszahlungen.
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Darüber hinaus arbeiten wir zurzeit an einem Monitoring-Netz, um die Ausbreitung des Fischotters in ganz
Bayern zu erfassen.
IV. Staatliche Unterstützung
Wir setzen alles daran, dass unsere teichwirtschaftlichen Familienbetriebe eine Zukunft haben! Unsere
einmalige Teich-Kulturlandschaft, die vielen seltenen
Tieren und Pflanzen Lebensraum bietet, kann nur durch
Bewirtschaftung erhalten bleiben! Um das zu gewährleisten, fördern wir über das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) die traditionelle, extensive
Wirtschaftsweise mit etwa 480.000 € pro Jahr (270 Betriebe
mit 2.400 ha Teichfläche). Investitionen in Teich- und Hälter-
anlagen sowie Verarbeitungs- und Direktvermarktungsräume unterstützen wir im Rahmen des Europäischen
Fischereifonds (EFF) bzw. über sein Nachfolgeprogramm (EMFF). In der zurückliegenden Förderperiode
kam ein Drittel der fast 900 bayerischen Anträge aus
Mittelfranken, wo wir Investitionen von rund 7,5 Mio. €
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anstoßen konnten. Allein in den beiden mittelfränkischen Fischwirtschaftsgebieten „Karpfenland Romantisches Franken“ (Ansbach) und „Karpfenland
Aischgründer Karpfen“ (Höchstadt, Neustadt) beliefen sich
diese Investitionen auf 2,3 Mio. €. Ein herausragendes
Beispiel dafür ist das „Teichwirtschaftliche Informationsund Verarbeitungszentrum“ der Familie Sindel in Unterahorn. Sie sehen: Staatliche Hilfe ist das eine, Eigeninitiative das andere. Dafür Dank und Respekt!
V. Der Karpfen – ein Naturprodukt
Seit Jahrhunderten hat sich die Karpfenteichwirtschaft
kaum verändert. Bayerns Teichwirte wirtschaften naturnah und extensiv. Die familiären Strukturen stehen für Tradition. Es gibt hier eben keine industrielle
Aquakultur. Stattdessen stehen mit durchschnittlich
15 m² Teichfläche jedem Karpfen viel „Lebensraum“
und Natur zur Verfügung!
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Karpfen ist ein Naturprodukt: Der Fisch ernährt sich nur
von eiweißreichen Kleinlebewesen im Teich, dem
Zooplankton, und erhält zur Ergänzung Getreide –
sonst nichts! Von der Einmaligkeit und hohen Qualität
des fränkischen Karpfens konnte auch die EUKommission überzeugt werden. Ich freue mich, dass es
uns gelungen ist, die regionale Herkunft über die geschützte geografische Angabe (ggA) „Frankenkarpfen“ zu sichern.
Auch heuer dürfen wir uns trotz Hitzerekorde auf eine
tolle Qualität freuen. Ich kann nur an alle Verbraucher
appellieren: Greifen Sie zu heimischem Karpfen und
verbinden Sie Gaumenfreuden mit Nachhaltigkeit. Sie
leisten Sie damit einen Beitrag zum Erhalt der landeskulturell und ökologisch wertvollen Teichlandschaft!
V. Schluss
Ich danke allen, die sich für die Karpfenteichwirtschaft
und damit auch für unsere Heimat einsetzen:
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 der Außenstelle für Karpfenteichwirtschaft,
 den Fachberatungen der Bezirke,
 der Teichgenossenschaft Ansbach mit Landrat Dr.
Jürgen Ludwig an der Spitze
 dem Verband Bayerischer Berufsfischer mit Albert
Deß, MdEP, und Günter Gabsteiger als Doppelspitze sowie der Fachzeitschrift „Fischer und Teichwirt“ als deutschlandweitem Sprachorgan
 und nicht zuletzt dem Landesfischereiverband mit
seinem Präsidenten Herrn Prof. Albert Göttle sowie
Vizepräsidenten Alfred Stier.
Ich darf Sie jetzt – auch im Namen der Teichgenossenschaft Ansbach – zu einem typischen fränkischen Karpfenessen einladen. Seit 1907 bewirtschaftet die Familie
Spelter das Traditionsgasthaus „Goldener Stern“,
mittlerweile in der vierten Generation. Wer im „Karpfenland“ Franken solange besteht, der kann Karpfen backen! Damit ist die Karpfensaison 2015 eröffnet!
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