Ukraine - ein Land der Korruption und Enttäuschung Mittwoch, 24. Februar 2016 Von Jan Tscherny, Journalist, Politologe Auch wenn ein Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union formal steht, zeigen aktuelle Zahlen, dass die ukrainische Wirtschaft noch einiges zu wünschen übrig lässt. Die Gründe für die Misere: Korruption, sowie das permanente Umgehen von Steuerzahlungen. Zahlreiche Skandale haben das Land in den letzten Monaten und Jahren erschüttert, selbst die größten Optimisten im Westen zweifeln, ob die Ukraine wirklich in die Europäische Union eingegliedert werden kann. Auch Deutschland sieht kritisch in Richtung Kiew. An eine Integration der ukrainischen Wirtschaft glaubt niemand mehr so richtig. Was die Ukraine angeht, ist Außenminister Steinmeier Kummer gewohnt. Wichtigstes Thema des ersten Kiew-Besuchs mit seinem neuen französischen Kollegen Jean-Marc Ayrault ist die aktuelle Regierungskrise gewesen. 97 Prozent des Exports werden in "Steuerparadiese" transferiert Am 1. Januar 2016 kam die Ukraine der Europäischen Union ein Stück näher. Seit Jahresbeginn trat nämlich das Abkommen in Kraft. Auch wenn dieses Ereignis vielversprechend für das Land war, gab der EU-Botschafter Jan Tombinski zu, dass es wohl mindestens zwei Jahre dauern würde, bis erste Ergebnisse sichtbar würden. Auch Zahlen, die vom polnischen Rechnungshofpräsidenten Krzysztof Kwiatkowski vorgelegt wurden, zeigen, dass das Land tief im Sumpf der Korruption steckt. So belegen die Statistiken, dass 97 Prozent der Einnahmen durch Exporte in „Steuerparadiese" und nicht in die Staatskasse fließen würden. Foto: Crisis in Ukraine/dpa Es gibt kein Vertrauen mehr Auch wenn das Assoziierungsabkommen nicht automatisch dafür sorgt, dass das Land in die Europäische Union aufgenommen wird, fördert es jedoch die Integration und weckt des Weiteren die Hoffnung auf Investitionen aus dem Ausland. Doch nicht nur Deutschland und andere EU-Länder sorgen sich um die Wettbewerbsfähigkeit, auch die Ukrainer selbst sind unsicher, ob die heimischen Unternehmen dem Druck standhalten können. Steinmeier hat Kiew gemahnt: «Wir erwarten von allen politisch Verantwortlichen, jetzt nicht noch mehr Zeit zu verlieren und politische Grabenkämpfe zu unterlassen.» Die begonnenen Reformen dürften nun «nicht auf halbem Weg stecken bleiben». Wobei: Die meisten Ukrainer wären froh, wenn wenigstens der halbe Weg schon hinter ihnen läge. Und auch mit der deutsch-französischen Mahnung, dem «Geist des Maidan» treu zu bleiben, ist die Sache nicht so einfach: Wer auf dem Platz war, kommt nicht gerade mit dem Eindruck zurück, dass viel davon übrig ist. Fakt ist, dass sich das Land einerseits reformieren muss, aber andererseits Skandale vor allem im Bezug auf die Korruption - der Vergangenheit angehören müssen. Eine Umfrage von AmCham, einer amerikanischen Handelskammer, hat ergeben, dass 98 Prozent der befragten US-Firmen die Meinung vertreten, dass die Ukraine mitten im Korruptionssumpf stecken würde. Vor allem die Justiz soll stark betroffen sein: 87 Prozent sehen Gerichte als Problem, 61 Prozent sprechen von korrupten Staatsanwaltschaften. 2016 sieht düster aus Das Land leidet seit rund zwei Jahren unter einer Rezession. Im Jahr 2014 ging das Bruttoinlandsprodukt um ganze 7,5 Prozent zurück. 2015 wurde ein Rückgang von 11 Prozent festgestellt. Auch wenn 2016 ein Wachstum erzielt werden kann, wird dieses derart gering ausfallen, dass keine spürbaren Veränderungen erwartet werden können.Die nächsten Monate dürften nun entscheidend dafür werden, wie es mit der Ukraine weitergeht - auch, ob die Friedensvereinbarungen für den Osten des Landes, die vor einem Jahr in Minsk unterschrieben wurden, noch eine Chance haben. Befürchtet wird, dass wegen der Regierungskrise alles noch länger dauert als ohnehin schon. Steinmeier dazu:. «Die Welt wartet darauf, dass es Fortschritte geben wird. Wir können nicht hinnehmen, dass der vereinbarte Waffenstillstand immer wieder durchbrochen wird.» Quelle: WE/DPA
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