Marktversagen und Rechtfertigung für wirtschaftspolitische Eingriffe

S.D. Josten
Marktversagen und Rechtfertigung für wirtschaftspolitische Eingriffe des Staates
Allokation
Marktversagen führt zu ineffizienter
Allokation
► Staat betreibt Allokationspolitik
Stabilisierung
Distribution
Markt ist instabil,
starke konjunkturelle Schwankungen
Markt ist effizient,
Verteilung aber ungerecht
► Staat betreibt Stabilisierungspolitik
► Staat betreibt Umverteilung
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Formen allokativen Marktversagens
Wohlfahrtsökonomisches Referenzmodell
► vollkommene Konkurrenz
► unbegrenzte Teilbarkeit aller Güter und Faktoren
► perfekte Eigentumsordnung
► ausschließlich rivale Wirtschaftsgüter
► vollständige Markttransparenz und Information
Allokativer Marktversagensgrund
unvollkommener Wettbewerb
Unteilbarkeiten und natürliche Monopole
externe Effekte
öffentliche Güter
asymmetrische Informationsverteilung
Hauptsätze der Wohlfahrtsökonomik:
1. Jedes Marktgleichgewicht ist ein Pareto-Optimum
2. Jedes Pareto-Optimum kann als Marktgleichgewicht
erreicht werden
Rechtfertigung für wirtschaftspolitische
Eingriffes des Staates
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BEDINGUNGEN FÜR DEN VOLLKOMMENEN MARKT
BEDINGUNGEN FÜR DEN VOLLKOMMENEN MARKT
1. Das gehandelte Gut ist sachlich gleichartig (homogen). Die Homogenität der Güter ist dann gegeben, wenn sie sich im
Urteil der Nachfrager weder in der Qualität noch in Aufmachung oder Verpackung unterscheiden.
2. Einziges Kriterium für den Abschluss einer Transaktion ist, dass weder für den Käufer noch für den Verkäufer ein besseres
Geschäft möglich ist. Es bestehen also keine persönlichen Präferenzen zwischen den Marktteilnehmern. Es ist
unerheblich, bei wem gekauft und an wen verkauft wird.
3. Es gibt keine räumlichen Differenzierungen. Käufer und Verkäufer befinden sich z.B. am selben Ort.
4. Es gibt keine zeitlichen Differenzierungen, z.B. in Form von unterschiedlichen Lieferfristen.
5. Jeder Marktteilnehmer kennt alle Preisforderungen bzw. Gebote der anderen Marktseite, es herrscht also vollständige
Markttransparenz.
Wenn eine oder mehrere dieser Bedingungen nicht erfüllt sind, wird der Markt als unvollkommen bezeichnet.
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KLASSIFIKATION VON MARKTFORMEN
Klassifikation der Marktformen für vollkommene Märkte
VOLLKOMMENE MÄRKTE
viele kleine Nachfrager
wenige mittlere Nachfrager
ein großer Nachfrager
viele kleine Anbieter
vollständige Konkurrenz
Oligopson
Monopson
wenige mittlere Anbieter
Oligopol
bilaterales Oligopol
beschränktes Monopson
ein großer Anbieter
Monopol
beschränktes Monopol
bilaterales Monopol
Klassifikation vollkommener und unvollkommener Märkte
ZAHL DER ANBIETER
viele kleine
wenige mittlere
ein großer
vollkommener Markt
unvollkommener Markt
vollständige Konkurrenz
monopolistische Konkurrenz
homogenes Oligopol
heterogenes Oligopol
reines Monopol
monopolistische Preisdifferenzierung
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Vergleich von Monopol und Polypol
► Polypol: Preisnehmer (Mengenanpasser), Gewinnmaximum: p = GK (Nullgewinn)
► Monopol: Preisfixierer, konjekturale Preis-Absatz-Funktion (PAF), Gewinnmaximum: GE = GK
Preis
Monopolgewinn
= pMpKMC
PM
PK
C
Wohlfahrtsverlust durch
Monopol = MKC
M
K
GK
p(q), PAF
XM
GE
XK
Menge
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Preisbildung im Monopol
ohne potentielle Konkurrenz
► Marktzutrittsbarrieren (Patente, Regulierungen)
► Annahme: Monopolist kennte Marktnachfragekurve
► Zielsetzung des Monopolisten: Gewinn max!
 Grenzerlös = Grenzkosten
 geringere Menge, höherer Preis und mehr Gewinn als bei vollständiger Konkurrenz
= gesellschaftlich nicht wünschenswert
mit potentieller Konkurrenz
► limitierte Gewinnerzielung
► Abschreckung potentieller Konkurrenten
 „Limit Pricing“; Problem: nicht glaubwürdig  nicht wirksam
 Reservekapazitäten = „sunk costs“ als Marktzutrittsbarrieren
monopolistische Preisdifferenzierung
► personelle Preisdifferenzierung
► zeitliche Preisdifferenzierung
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Preisbildung im Oligopol
► strategische Interdependenz  3 mögliche Verhaltensweisen:
Preisstarrheit
► Verzicht auf aktive Preispolitik
► Einzelner Anbieter:
 P  Konkurrenten: P=  N G
 P  Konkurrenten: P  N= G
 P=
Ruinöser Wettbewerb
► kein Leistungswettbewerb, sondern Kampfpreise
Preisabsprachen, Kartellbildung
► Vertrag  Kartell
► abgestimmtes Verhalten („Frühstückskartell“)
wie Monopol
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Preisbildung bei monopolistischem Wettbewerb
► zahlreiche Anbieter und Nachfrager
► Marktzutritt und -abgang sind einfach
wie bei vollkommener Konkurrenz
► Unternehmen nehmen die Preise ihrer Konkurrenten als gegeben an
► Unterschied zu vollkommener Konkurrenz: Produktdifferenzierung  Markt unvollkommen
► kurzfristig: jeder Anbieter besitzt gewissen Spielraum, seine Preise zu erhöhen oder zu senken
 (hohe) Gewinne möglich
► solange positive Gewinn im Markt: neue Anbieter treten hinzu
► langfristig: Gewinne Null
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Implikationen für die Wirtschaftspolitik
► Wettbewerbspolitik als wesentlicher Teil der staatlichen Ordnungspolitik
► Zu bekämpfende Wettbewerbsbeschränkungen:

horizontale und vertikale Absprachen (z.B. Kartelle)

Behinderung
anderer
Unternehmen
durch
diskriminierendes
Verhalten
Lieferverweigerung)

Ausbeutungsverhalten durch marktbeherrschende Unternehmen

Unternehmenskonzentrationen, sofern diese zu marktbeherrschenden Stellungen führen
► Träger und gesetzliche Grundlagen der Wettbewerbspolitik:

national: Bundeskartellamt, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB, seit 1958)

europäisch: Europäische Kommission, EU-Fusionskontrollverordnung (seit 1990)
► Wettbewerbspolitische Maßnahmen:

grundsätzliches Kartellverbot

Fusionskontrolle

Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen und genehmigte Kartelle
(z.B.
Boykott,
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Natürliches Monopol: Grundlagen
► Natürliches Monopol = Weil es kostengünstiger produziert als jede größere Anzahl von Anbietern, vereinigt
ein einziges Unternehmen die Marktnachfrage nach einem Gut komplett auf sich
► Unteilbarkeiten: das Angebot am Markt kann nur in großen Sprüngen variiert werden (v.a. leitungsgebundene Versorgung, z.B. Elektrizitätswesen, Telekommunikation, Eisenbahn)
► Subadditivität der Kosten: C(Q) < C(q1) + C(q2) + C(q3) + …+ C(qn), mit q1 + q2 + q3 +…+ q1 = Q
(C Gesamtkosten der Produktion, Q gesamte Produktionsmenge, qi in Unternehmen i gefertigte Gütermenge)
► Ein ökonomisches Kennzeichen der Subbadditivität ist die Existenz sinkender Durchschnittskosten
► Eine allgemeine Erklärung für sinkende Durchschnittskosten sind steigende Skalenerträge (eine
proportionale Erhöhung des Faktoreinsatzes führt zu einer überproportionalen Erhöhung der Produktion)
► Ob eine bestimmte Branche ein natürliches Monopol ist, hängt ab vom Verhältnis der Produktionsmenge, bei
der die Durchschnittskosten minimiert werden, zur Größe des Marktes insgesamt

Die Marktgröße hängt ihrerseits im Wesentlichen von den Transportkosten ab

Die Produktionsmenge, bei der die Durchschnittskosten minimiert werden, hängt teilweise von der Höhe
der Fixkosten ab
► Weil sowohl Produktionstechnologien als auch Transportkosten sich mit der Zeit verändern, kann sich auch
die Marktstruktur einer Branche im Zeitablauf ändern
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Allokationseffekte eines natürlichen Monopols: Graphische Analyse
Preis
Nachfrage
PC
C
D
G
F
B
DK
PDK
A
PGK
XC
GE
XDK
XGK
GK
Menge
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Allokationseffekte eines natürlichen Monopols: Erläuterung
► Effiziente Bereitstellungsmenge eines (privaten) Gutes: Grenzkosten der Produktion = marginale
Zahlungsbereitschaft, d.h. hier: Menge xGK
► Aber wenn Menge xGK zum Grenzkostenpreis an die Nachfrager abgegeben wird, machen die Unternehmen
Verluste, denn Durchschnittskosten liegen oberhalb der Grenzkosten = Preis
► Es wird sich nur ein Unternehmen im Markt behaupten, und zwar jenes, dem es gelingt, die
produktionsbedingten Größenvorteile am besten auszunutzen  natürliches Monopol
► Problem: Alleinanbieter wird

nicht die effiziente Menge xGK produzieren,

nicht einmal die Menge xDK produzieren,

zum Cournot-Preis pc die Menge xc anbieten, bei der GK = GE  Gewinn max.
► natürlicher Monopolist produziert eine kleinere Menge zu einem höheren Preis als im Wettbewerbsfall
► Folglich wird die Konsumentenrente verringert

zum Teil in Produzentenrente umgewandelt

anderer Teil: gesamtwirtschaftlicher Wohlfahrtsverlust = Fläche CAB
► Zudem sind unternehmensinterne Ineffizienzen („X-Ineffizienzen“) wahrscheinlich
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Natürliches Monopol: Wirtschaftspolitische Strategien
► Öffentliche Unternehmen: Staat übernimmt selbst die Produktion des Gutes
 Staatliches Angebot zum Durchschnittskostenpreis
 Staatliches Angebot zum Grenzkostenpreis (Verlustdeckung durch Steuern)
 Typisch: massives Kostenproblem
► Regulierung privater Produzenten: private Produktion + staatliche Regulierung
 Erfolgreiche Regulierung: Marktgleichgewicht (pDK, xDK)
 Problem 1: Informations- und Kontrollproblem (asymmetrische Informationsverteilung)
 Problem 2: „regulatory capture“
► Wettbewerbsförderung:
 Deregulierung bestreitbarer Märkte (Problem: hohe „sunk costs“)
 Versteigerung einer zeitlich befristeten Monopolstellung („Wettbewerb um den Markt statt Wettbewerb
im Markt“)