(THS) bei Menschen mit neurologischen Bewegungsstörungen

Wachkraniotomie zur Sondenimplantation für
die Tiefenhirnstimulation bei Menschen mit
neurologischen Bewegungsstörungen –
Erfahrungen der Betroffenen
Eine qualitativ-deskriptive Studie
21.9.2015 3-Länderkonferenz, Konstanz
Sabine Molls, RN, MScN
Gutachterinnen: Prof.Dr.C.Mischke, Prof.Dr.E.-M.Panfil
VZ 2013dsfasdfasdfsadffsssssf
t
▶ Fachbereich
Gesundheit/Pflege
Berner
Fachhochschule
| Haute école spécialisée bernoise | Bern University of Applied Sciences
Hintergrund
▶
Wachkraniotomie: erprobt und etabliert
(Bulsara, Johnson & Villavincencio, 2005; Meyer et al., 2001)
▶
Tiefenhirnstimulation reduziert motorische Einschränkungen bei
neurologischen Bewegungsstörungen
(Schirmer, 2005; Little et al., 2013)
▶
Patient(inn)en: wach, mittels stereotaktischem Rahmen fixiert
(Seemann, Zech, Lange, Hansen & Hansen, 2013; Little et al., 2013)
▶
Quantitative Studien: Angst, Schmerzen durch Schädelfixation und
Lagerung, richtige Entscheidung
(Whittle, Midgley, Georges, Pringle & Taylor, 2005; Wrede et al., 2011; Manchella et al., 2011; Wahab,
Grundy & Weidmann, 2011; Beez et al., 2013)
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Quelle: www.srf.ch, 31.5.2014
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Hintergrund/Forschungsfrage
▶
Qualitative Studien:
▶ wirksame Therapie/Furcht vor Komplikationen/Präoperative
Ablenkung
▶ Konzentration auf Rolle während der Wachkraniotomie
▶ Selbstkontrolle bewahren
(Palese, Skrap, Visioli & Zannini, 2008; Khu et al., 2010).
▶
Vertrauen in Neurochirurgen ist Ressource
(Fletcher, Das Nair, Macniven, Basu & Byrne, 2012).
▶
Keine qualitativen Studien zur Wachkraniotomie von Patient(inn)en
mit neurologischer Bewegungsstörung
▶ Unterschiedliche Krankheitsstadien
▶ Unterschiedlich Zeit für Entscheidungsfindung
(Khu et al., 2010; Pinsker, 2010)
▶
Wie erfahren Patient(inn)en die Wachkraniotomie zur Implantation von
Sonden für die Tiefenhirnstimulation zur Behandlung von
neurologischen Bewegungsstörungen?
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Methodik I
▶
Qualitativ-deskriptives Design
▶
Einschlusskriterien:
▶ 3 bis 8 Monate nach Wachkraniotomie
▶ neurologischen Bewegungsstörung
▶ Deutschsprachig
▶ Alter über 18 Jahre
▶
Ausschlusskriterien:
▶ Spracheinschränkungen
▶ Keine neurologische Erkrankung als Indikation
▶
Geplante Stichprobengrösse von 10 Teilnehmenden
▶
Datensammlung:
Semistrukturierte Einzelinterviews basierend auf Interviewleitfaden
von Palese et al. (2008)
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Methodik II
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Inhaltsanalyse nach Mayring (2010)
1. Deduktive Analyse:
Vorläufiges Kategoriensystem: Qualitative Studien Palese et al.
(2008), Khu et al. (2010), Fletcher et al. (2012)
2. Induktive Analyse:
Nicht zugewiesene Textpassagen
▶
Ethische Aspekte
▶ Positives Votum der kantonalen Ethikkommission (218/14)
▶ Deutsches Register Klinischer Studien (DRKS00007188)
▶ Internationalen Registrationsplattform der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) (DRKS00007188)
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Ergebnisse
9 von 12 Angefragten nahmen teil
▶ Geschlecht: 4 Frauen, 5 Männer
▶ Alter: 64.2 Jahre (44-80)
▶ Krankheitsdauer: 14 Jahre (10-17)
▶ Operationsdauer: 7.3 Stunden (6-8)
▶
▶
Modifiziertes Kategoriensystem
Präoperative
Anliegen
Intraoperative
Anliegen
Postoperative
Anliegen
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Präoperative Anliegen
▶
▶
Präoperative
Anliegen
Intraoperative
Anliegen
Postoperative
Anliegen
Operation als Option
▶ Indikation für Wachkraniotomie
„Und ich habe mich als
verstehen
Mitarbeiter [gefühlt], also jetzt
arbeiten wir zusammen an der
▶ Rolle und Haltung während der
richtigen Platzierung der Sonde.“
Operation definieren
(I:aü, 458-511)
„Ich musste diese Medikamente
absetzen. Und dann habe ich
Eingeschränkte Lebensqualität
immer gedacht, was mache ich
aufgrund der Krankheit
denn, wenn ich Dyskinesien
bewegt zur Operation
[während der Operation] habe.“
„Das Resultat hat mich mehr
(I:oi, 377-384)
interessiert.“ (I:eo, 6-29)
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Intraoperative Anliegen
▶
Situation unter Kontrolle
halten mit einer Bezugsperson
“Sie ist einfach ein Bindeglied,
die auch eine gewisse Kontrolle
übernimmt. Also Kontrolle über
mich selber, wo ich einen Horror
habe, sie zu verlieren.“ (I:ar, 200-214)
„Nachher ist das gegangen,
gegangen, gegangen, die sieben
Stunden und der Schluss ist der
totale Horror geworden.“ (I:ar, 23-43)
Präoperative
Anliegen
Intraoperative
Anliegen
Postoperative
Anliegen
▶
Patient(inn)en erlebten die
Wachkraniotomie positiv
▶
Vertrauen in den Chirurgen ,
den Neurologen und das
Operationsteam war wichtig
„Der gleiche Chirurg, der einen
berät vorher, der gleiche
Neurologe, zu beiden hatten wir,
die ganze Familie, Vertrauen
gewonnen...“ (I:ar, 557-564)
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Postoperative Anliegen
▶
Präoperative
Anliegen
Intraoperative
Anliegen
Postoperative
Anliegen
Wahrnehmung der Reduktion
der neurologischen
Bewegungsstörung
„Man hat ja ein Erfolgserlebnis
[...] wenn das aufhört, das
Zittern. Und ich habe gemerkt,
heu, ich habe ja plötzlich wieder
Gefühl.“ (I:eo, 1008-1016)
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Diskussion I
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Gemeinsamkeiten mit Studien von Teilnehmenden mit Hirntumor
(Palese et al., 2008; Khu et al., 2010; Fletcher et al., 2012)
Umfassende Information
▶ Ablenkung aufgrund Nervosität
▶ Beibehaltung der Selbstkontrolle
▶ Positive Erfahrung der Wachkraniotomie
 Diagnose- und symptomunabhängige Aspekte des Eingriffes
▶
(Pinsker, 2010)
▶
Wahl der Wachkraniotomie als Option
Entspricht gestellten Indikationen (Bulsara et al., 2005; Miocinovic et al., 2013)
Betroffene mit Hirntumor Entscheidungsfindung unter Zeitdruck (Khu
et al., 2010).
▶
Angst vor intraoperativen Dyskinesien
Indikation spät im Krankheitsverlauf mit ausgeprägten Symptomen
(Pinsker, 2011)
OP-Indikation wird früher gestellt
(Schüpbach,et al., 2013)
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Diskussion II
▶
Lange Operationsdauer belastet die Betroffenen
Signifikant längere Dauer als bei Betroffenen mit einem Hirntumor
(Brown et al., 2013)
▶
Vertrauen in erweitertes Behandlungsteam
Bei neurologischer Bewegungsstörung grösseres Behandlungsteam
über längere Zeit involviert (Pinsker, 2011)
▶
Bezugspersonen als Unterstützung wahrgenommen
Bezugspersonen können kritische Situationen und Eingriffe für
Betroffenen erträglicher gestalten (Shenolikar, Balkrishnan & Hall, 2004)
▶
Erleichterung bei Symptomverbesserung
Verbesserung der motorischen Fähigkeiten hat einen positiven
Einfluss auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität (Dowing, Shenton &
Salek, 2006)
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Limitationen und Stärken
Limitationen
▶ Teilnehmende wurden alle an der selben Klinik behandelt
▶ Stichprobengrösse nicht erreicht
▶ Mögliche Nicht-Teilnahme von Menschen mit schlechten Erfahrungen
bei der Wachkraniotomie
Stärken
▶ Erste Erkenntnisse zur Erfahrung von Menschen mit
Bewegungsstörung bei der Wachkraniotomie
▶ Argumentative Interpretationsabsicherung
▶ Kommunikative Validierung
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Schlussfolgerungen
▶
Erster Einblick in Erfahrung der Wachkraniotomie zur
Sondenimplantation mit neurologischer Bewegungsstörung
 Teilnehmende erleben Eingriff positiv
 Gemeinsame Aspekte mit Betroffenen mit Hirntumorerkrankung
 krankheitsspezifische Herausforderungen
▶
Relevanz für klinischen Alltag
▶ Angst vor intraoperativen Dyskinesien
▶ Lange Operationsdauer
▶ Bezugsperson, Vertrauen in das erweiterte Operationsteam
▶
Relevanz für Pflegeforschung
▶ Bestätigung, Erweiterung/Vertiefung der Ergebnisse
▶ Entscheidungsfindung zur Wachkraniotomie
▶ Konsequenzen im postoperativen Alltag
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Vielen Dank!
Fragen?
[email protected]
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Literatur I
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Beez, T., Boge, K., Wager, M., Whittle, I., Fontaine, D., Spena, G., Braun, S., Szelényi, A., Bello, L.,
Duffau, G. & Sabel, M. (2013). Tolerance of Awake Surgery for Glioma: A prospective European
Low Grade Glioma Network Multicenter Study. Acta neurochirurgica, 155, 1301-1308.
Brown, T., Shah, AH., Bregy, A., Shah, NH., Thambuswamy, M., Barbarite, E., Ruhrmann, T. &
Komotar, RJ. (2013). Awake Craniotomy for Brain Tumor Resektion : The Rule rather than the
Exception ?. Journal of neurosurcical Anesthesiology, 25(3), 240-247.
Bulsara, K.R., Johnson, J. & Villavicencio A.T. (2005). Improvements in Brain Tumor Surgery: The
Modern History of Awake Craniotomies. Neurosurgery Focus, 18(4), [keine Angaben zur
Seitenzahl].
Dowding, C., Shenton, C.& Salek, S. (2006). A Review of the Health-Related Quality of Life and
Economic Impact of Parkinson’s Disease. Drugs Aging, 23(9), 693-721.
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phenomenological analysis of the patient experience of awake craniotomy: Brain tumor diagnosis
to discharge. British Journal of Health Psychology (2012), 17, 828- 842
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Literatur II
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Miocinovic, S., Somayajula, S., Chitnis, S. & Vitek, J. (2013). History, Applications and
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Palese, A., Skrap, M., Visioli, S. & Zannini, L. (2008). The Experience of Patients undergoing
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Thieme Verlag.
Schirmer, M. (2005). Neurochirurgie. München: Urban und Fischer Verlag.
Schuepbach, W.M.M., Rau, J., Knudsen, J., Volkmann, P., Krack, P., Timmermann, L., ... Deuschl,
G. (2013). Neurostimulation for Parkinson’s Disease with Early Motor Complications. The New
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Seemann, M., Zech, N., Lange, M., Hansen, J. & Hansen, E. (2013). Anästhesiologische Aspekte
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Wahab, S.S., Grundy, P.L., Weidmann, C. (2011). Patient Experience and Satisfaction with awake
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Neurosurgery, 113, 880-884.
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