Erben und Erwerben Das Erbrecht regelt, wem das Vermögen einer verstorbenen Person zukommt. Wer seinen Nachlass rechtzeitig regelt, schafft eine stabilisierende Rechtssicherheit für sich selbst und alle Beteiligten. Die neue EU-Verordnung, die mit 17. August 2015 in Kraft tritt, bringt Neuerungen für Fälle mit internationalen Anknüpfungspunkten, etwa bei Doppelstaatsbürgerschaft, Wohnsitz im Ausland oder ausländischen Vermögenswerten. Was wird vererbt? Das österreichische Erbrecht regelt, wem ein Vermögen einer verstorbenen Person (Erblasser/in) zukommt. Der Erbe oder die Erbin hat das subjektive Recht, das gesamte Vermögen oder Teile davon für sich in Anspruch zu nehmen. Vererblich sind beispielsweise Liegenschaften, Sparguthaben, Schmuck, Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche, eine Abfertigung gemäß dem Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz (BMVG) sowie Abfertigungen nach dem Angestelltengesetz (Abfertigung alt), Lebensversicherungen ohne Angabe eines Begünstigten, Urheber- und Patentrechte sowie landwirtschaftliche und nicht landwirtschaftliche Unternehmen. Wenn die verstorbene Person verschuldet war, müssen die Erben die Erbschaft nicht annehmen. Höchstpersönliche Rechte und Pflichten, beispielsweise das Wohnrecht, Unterhaltsansprüche oder eine Gewerbeberechtigung, sind nicht vererblich. Wie wird man zum Erben bzw zur Erbin berufen? Erbe oder Erbin wird man entweder durch die gesetzliche Erbfolge oder durch eine letztwillige Verfügung (Testament). Für den Fall, dass ein Erblasser keine Regelung trifft, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Hier erben der Ehegatte sowie die nächsten Verwandten des Verstorbenen. War der Erblasser unverheiratet und kinderlos, so erben die Eltern des Erblassers sowie Geschwister, wenn zumindest ein Elternteil vorverstorben ist. Hinterlässt der Erblasser Kinder, jedoch keinen Ehegatten, so erben die Kinder zu gleichen Teilen. Hinterlässt der Erblasser einen Ehegatten, so erben Ehegatten neben Eltern und (aufgrund des Vorversterbens zumindest eines Elternteils) Geschwistern zwei Drittel. Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland Hinterlässt der Erblasser einen Ehegatten und Kinder und gibt es gemeinsame Kinder, so erhält der überlebende Ehegatte in Österreich ein Drittel, in Deutschland wahlweise den Nießbrauch der Vermögenswerte des Erblassers oder das Eigentum an einem Viertel der Vermögenswerte. Gibt es Kinder, die nicht aus der Ehe mit dem überlebenden Ehegatten stammen, so erhält der Ehegatte das Eigentum an einem Viertel der Vermögenswerte. Welche erbrechtlichen Regelungen gibt es für Lebensgemeinschaften (gültig für Österreich und Deutschland)? Überlebende Partner einer eingetragenen Partnerschaft haben einen gesetzlichen Erbanspruch. Lebensgefährten sowie nicht eingetragene Partner können durch Testament bedacht werden. Testament Jede testierfähige Person kann die Vermögensregelung nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit per Testament bestimmen. Gemäß §§ 552 ff ABGB muss ein gültiges Testament eigenhändig geschrieben und sollte mit Datum und Ort unterzeichnet werden. Testamente können auf Wunsch im Testamentsregister eingetragen werden. Derzeit sind zirka 1,75 Millionen Stück in Österreich registriert. Die Kosten für die anwaltliche oder notarielle Errichtung liegen überschaubar zwischen hundertsiebzig und zweihundertfünfzig Euro. Wer will, kann das Testament jederzeit wieder abändern. Das Testament dient in erster Linie zur Absicherung für Notfälle, die aus Krankheiten, Unfällen oder plötzlichem Tod des Verstorbenen heraus entstehen. Ein Testament muss keinesfalls geheim bleiben. Im Gegenteil. Es ist sinnvoll, die Erben noch zu Lebzeiten zu informieren, um Erbstreitigkeiten zu vermeiden. Pflichtteilsrecht Zu beachten ist dabei, dass nach österreichischem Erbrecht niemand gänzlich frei über sein Eigentum verfügen kann, ohne den gesetzlichen Erben zumindest ihren Pflichtteil zu lassen. Wenn der Erblasser seinen Nachlass beispielsweise durch ein Testament jemand anders zuspricht, hat Mann oder Frau sowie ein Kind immer das Recht, den Pflichtteil zu erhalten. Dieser beträgt überwiegend die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist ein reiner Geldanspruch, der nach Abzug aller Verlassenschaftspassiva und aller Verfahrenskosten erfolgt und daher keinen Anspruch auf Nachlassgegenstände begründet. . Erbvertrag zwischen Ehegatten Die staatliche Ehe ist ein Vertrag mit Rechten und Pflichten. Ohne abweichende Verträge gilt in Österreich der gesetzliche Stand der Gütertrennung gemäß § 1237 ABGB. Jeder Ehegatte behält das Eigentum, das er in die Ehe eingebracht hat. Neben einem wechselseitigen Testament hat die Rechtsordnung für Ehegatten eine besondere Form für Erbschaften geschaffen: Per Notariatsakt können Eheleute gemäß § 1249 ABGB vertraglich die Gütergemeinschaft festlegen und einen Erbvertrag schließen. Die Gütergemeinschaft bedeutet, dass der überlebende Ehegatte die Hälfte des Eigentums, das vom Vertrag betroffen ist, erhält. Nur Ehegatten oder Personen, die in eingetragener Partnerschaft leben, können Erbverträge schließen. Dadurch versprechen sie dem anderen ihren Nachlass oder einen Teil davon und der andere nimmt dies vertraglich an. Zu berücksichtigen ist, dass ein Ehe- und Erbvertrag nur mit Einverständnis des Ehegatten wieder geändert werden kann. Die Kosten für eine Vertragserrichtung sollten auf jeden Fall verglichen und gegebenenfalls verhandelt werden. Bemessungsgrundlage ist das beinhaltende Vermögen, davon sind ca. 1 oder 2 % zu entrichten. Der Vertrag selbst könnte auch ohne Anwalt oder Notar erstellt, sollte jedoch in jedem Fall rechtlich und parteiisch überprüft werden. Die Beurkundung selbst kann beim Notar oder bei Gericht erledigt werden, zudem ist noch eine Beurkundungsgebühr zu bezahlen. Das neue EU-Erbrecht Die neue EU-Erbrechtsverordnung Nr. 650/2012, EU-ErbVO trägt der gestiegenen Mobilität der EU-Bürger Rechnung und räumt mehr Wahlfreiheit ein, wenn es um die Wahl der nationalen Rechtsordnung geht. Wenn ein EU-Bürger in Österreich lebt und hier stirbt, sind ab 17. August nur mehr österreichische Gerichte zuständig. Sie wenden dabei ausschließlich österreichisches Recht an, sofern der Erblasser nichts anderes vereinbart hat. Hier kommt nun die Wahlfreiheit ins Spiel. Per Testament kann ein Erblasser stattdessen auch das Erbrecht des Staates wählen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Rund zehn Prozent aller Erbfälle in Europa weisen einen grenzüberschreitenden Bezug auf. Jährlich sind das rund 450.000 Erbfälle mit einem Nachlasswert von mehr als hundert Milliarden Euro. Die neue Verordnung bringt auch Vorteile für Paare mit unterschiedlichen Staatsbürgerschaften. Sie können künftig ihre Verlassenschaft nach einem gemeinsamen Recht regeln. Die neue Erbrechtsverordnung gilt für Todesfälle ab dem 17. August 2015 in allen EULändern mit Ausnahme von Dänemark, Irland und Großbritannien. Wer im EU-Ausland lebt oder einen Umzug innerhalb der EU vorhat, sollte sich bei Notar oder Anwalt informieren und beraten lassen. Denn die gesetzlichen Pflichtteilansprüche sind in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich geregelt. Erbschaftssteuer Mit dem 1.8.2008 wurde in Österreich die Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschafft. §§ Wer erbt den Hof? Für den Fall, dass die Übergeber keine Entscheidung treffen, wer den Betrieb erhalten soll, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Darauf sind die zivilrechtlichen Erbregelungen nach dem ABGB, dem Anerbengesetz und die regional unterschiedlichen Landesgesetze anzuwenden. Beispielsweise priorisiert das Tiroler Höfegesetz zur Bestimmung des Anerben bei der gesetzlichen Erbfolge Personen, die zur Land- und Forstwirtschaft erzogen wurden, auf dem Hof aufgewachsen und sozial unversorgt sind. Unter gleich nahen Miterben gibt das höhere Alter den Ausschlag (siehe §§ 17, 19 ff Tiroler Höfegesetz in der Fassung von 12.2.2012). In anderen Regionen sowie in vielen Teilen Deutschlands kennt man das Jüngstenerbrecht, das das jüngste Kind zum Erben bestimmt. Für die weichenden Erben entsteht ein Pflichtteilsanspruch gemäß § 536 ABGB iV §§ 762, der je nach Erbhofeigenschaft oder keiner Erbhofeigenschaft entweder vom Ertrags- oder vom Verkehrswert berechnet wird. Ob die Erbhofeigenschaft vorliegt, ist vom Gericht festzustellen. Als Erbhof gilt ein Landwirtschaftsbetrieb mit einer eigenen Hofstelle, die bei einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung einen Ertrag für den ortsüblichen Lebensunterhalt für mindestens zwei erwachsene Personen abdeckt. Nach dem Grundsatz des „Wohlbestehenkönnens“ ist der Ertragswert der Orientierungspunkt für die Abfindung der weichenden Erben. Ohne Einigung auf einen Ertragswert wird vom Gericht per Sachverständigengutachten ein Übernahmswert nach billigem Ermessen festzulegen sein. Im Todesfall hat das Verlassenschaftsgericht, das zuständige Bezirksgericht, den Übernahmswert nach Außerstreitrecht mit Beschluss festzusetzen. Die Noterben können den Beschluss durch das Rechtsmittel des Rekurses bekämpfen, wenn sie mit der Höhe des Übernahmswertes und somit ihrem Erbteil nicht einverstanden sind. Erbschaftsklagen können vermieden werden, wenn der Hof noch zu Lebzeiten, bestenfalls im Einvernehmen mit den Erben, übergeben wird.
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