Präsentation Erbrecht

Erbrecht
Gesetzliche Erbfolge, Erbvertrag und Testament
Vorweggenommene Erbfolge einschließlich
höferechtlicher Besonderheiten
Vortrag am 28.10.2015 im Katholischen Pfarrheim Beelen
von Richter am OLG Hamm Andreas Hornung
Einleitung:
• Kein juristischer Fachvortrag, sondern:
• Praktischer Leitfaden:
- Wer erbt, wenn ich nichts regele?
- Wann sind ein Testament oder ein Erbvertrag sinnvoll?
- Was muss ich bei der Erstellung besonders
beachten? Brauche ich einen Notar?
- Was sollte drinstehen? Wen sollte ich
informieren?
- Werden – wenn ja wie – vorweggenommene Leistungen auf das Erbe angerechnet?
I. Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB:
Das Vermögen des Erblassers geht als Ganzes
auf eine oder mehrere Personen (Miterben in
Erbengemeinschaft) über.
=> Ganz wichtig: Nach deutschem Erbrecht
können nicht einzelne Gegenstände vererbt
werden (Falsch: „Mein Sohn erbt mein Unternehmen, meine Frau erbt mein Haus, meine
Tochter erbt mein Ferienhaus.“). Einzelne
Gegenstände können nur Gegenstand von
Vermächtnissen sein. Testamente, die das
nicht beachten, schaden mehr, als dass sie
helfen!
1) Grundlage der Erbfolge:
Wer erbt, kann auf zwei unterschiedlichen
Grundlagen berufen:
 Gesetzliche Erbfolge: Der Erblasser trifft keine
Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) => Es greift die gesetzliche Erbfolge mit
Erben verschiedener Ordnungen, §§ 1924 ff. BGB.
Sind z. B. Erben erster Ordnung vorhanden, gehen
die Verwandten 2. Ordnung leer aus, § 1930 BGB.
 Gewillkürte Erbfolge: Erblasser trifft eine
Verfügung von Todes wegen (Testament,
Erbvertrag).
=> Nur wirksam, wenn der Erblasser testierfähig
bei der Abfassung gewesen ist.
=> Wenn Testament/Erbvertrag wirksam, bekommt
ausgeschlossener Erbe nur den Pflichtteil = Hälfte
des gesetzlichen Erbteils.
2) Gesetzliche Erbfolge:
a) 1. Ordnung, § 1924 BGB: Abkömmlinge =
Kinder, Enkel, Urenkel des Erblassers erben auf
ihrer jeweiligen Ebene zu gleichen Teilen.
Der überlebende Ehegatte erbt daneben grunds.
zu ¼ (§ 1931 I 1 BGB), wenn er mit dem Erblasser im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, ein weiteres
Viertel (sog. „Bonner Quart“, § 1371 I BGB), insgesamt also im Regelfall die Hälfte.
=> Fall: Mann stirbt ohne Testament, hinterlässt
eine Frau, drei volljährige Kinder.
=> Erbschein: Frau ½, 3 Kinder jeweils zu 1/6.
b) 2. Ordnung, § 1925 BGB:
- Eltern des Erblassers und deren
Abkömmlinge = Geschwister des Erblassers.
- Greift nur, wenn Erblasser keine eigenen
Abkömmlinge hat.
- Leben die Eltern des Erblassers zurzeit des
Erbfalls, so erben sie allein zu gleichen Teilen,
die Geschwister des Erblassers gehen dann
leer aus.
- Lebt ein Elternteil nicht mehr, treten an seine
Stelle seine Abkömmlinge = Geschwister des
Erblassers – wenn von diesen welche nicht
mehr leben, deren Kinder zu gleichen Teilen.
c) 3. Ordnung, § 1926 BGB (in der Praxis
selten): Großeltern des Erblasser und
deren Abkömmlinge.
- Greift nur, wenn der Erblasser keine
lebenden Abkömmlinge hat, dessen
Eltern nicht mehr leben und er auch
keine lebenden Geschwister hat.
 Leben Großeltern noch, erben sie in
diesem Falle allein zu gleichen Teilen
und die Abkömmlinge der Großeltern
gegen leer aus.
d) 4. Ordnung, § 1928 BGB: Noch seltener, Urgroßeltern des Erblassers erben.
3) Erbschein beantragen oder Erbe ausschlagen?
An welches Gericht muss ich mich wenden?
a) In beiden Fällen:
 Antrag an bzw. Erklärung gegenüber dem
Nachlassgericht, das ist das örtlich zuständige AG,
für Beelen z. B. Warendorf.
b) Wozu Erbschein?
 Legitimation, um allein oder in Erbengemeinschaft
z. B. im Grundbuch oder bei Bank als Rechtsnachfolger
eingetragen zu werden. => Weichende Erben werden
schriftlich zum Erbscheinsantrag angehört.
c) Wann ausschlagen?
 Wenn der Nachlass überschuldet ist. Wichtig:
Nur zulässig binnen 6 Wochen ab Kenntnis vom
Anfall des Erbes.
II. Näheres zu Testament und
Erbvertrag:
1) Testierfreiheit:
Erblasser kann grundsätzlich frei
bedenken, wen er möchte. Es gilt
grunds. die zeitlich zuletzt abgefasste
Verfügung von Todes wegen.
a) Grundsatz:
- Privatschriftliches Testament muss handschriftlich, datiert und unterschrieben sein.
- Notarielles Testament hat keinen Vorrang.
b) Aber:
- Ist relevantes Vermögen vorhanden und
der Fall nicht eindeutig: Zum Notar gehen!
2)
Beispiel für ein handschriftliches Testament:
- “Berliner Ehegattentestament“, § 2269 BGB:
Durch handschriftlich von einem Ehegatten verfasstes,
am besten vom anderen Ehegatten mit einem handschriftlichen Satz als auch sein Wille bestätigtes, von
beiden datiertes und unterschriebenes Testament:
=> setzen sich die Ehegatten für den Fall ihres Todes
wechselseitig als Alleinerben ein;
=> setzen sie ihre Kinder zu gleichen Teilen als
Schlusserben nach dem Tod des Längstlebenden ein.
=> Bzgl. einzelner Gegenstände (z. B. Schmuck an
Tochter, Waffensammlung an Sohn) sind ausdrückl.
Vermächtnisse möglich.
=> Wichtig: Ehegatten sollten sich nicht als Vorerben
und Kinder nicht als Nacherben bezeichnen! Das
meint etwas Anderes: Vorerbe verwaltet Vermögen nur
für Nacherben und ist nicht in der Verfügung frei!
3) Wollen Ehegatten noch höhere wechselseitige Bindung => Notarieller Erbvertrag
=> Wollen die Ehegatten wechselseitig sicher gehen, dass
nicht ein Ehegatte durch ein späteres Testament einseitig die
Regelungen ändern kann, insbesondere nicht abändernde
Regeln bzgl. der wechselseitigen Einsetzung und der Kinder
als Schlusserben testieren können soll:
=> Notariellen Erbvertrag nach §§ 2274 ff. BGB schließen mit
verbindlicher wechselseitiger Erbeinsetzung und nicht
einseitig abänderbarer Bestimmung der Schlusserben.
4) Wen informieren?
 Die bedachten Erben sollten zu Lebzeiten wissen,
wo Testament/Erbvertrag aufbewahrt wird.
 Außerdem: Testamente/Erbverträge sollten in der
Nachlassabteilung des AG hinterlegt werden.
III. Zusammenfassung Testament/Erbvertrag
 Handschriftlich oder notariell.
 Einzeln oder wechselseitig (höhere
Bindung).
 Höchste Bindung hat Erbvertrag
 Nur einfache Regeln sollten ohne Notar
gemacht werden.
 Einzelne Gegenstände nicht als solche
vererben, geht nur als Vermächtnis.
 Sonst müssen Einzelwerte für Erbscheinsquoten ermittelt werden.
IV. Vorweggenommene Erbfolge:

Machen Eltern ihren Kindern zu Lebzeiten finanzielle
Zuwendungen von Gewicht (z. B. Geld oder Grundstück für
Immobilienkauf):
Unbedingt genau schriftlich festhalten, vor allem auch klar regeln:
- Soll die Zuwendung eine Schenkung sein (wenn ja, an Kind und
dessen Partner oder nur an Kind?) oder auf den späteren Erbanspruch angerechnet werden?
- Im letztgenannten Fall sollte das zeitgleiche oder spätere Testament/Erbvertrag auf jeden Fall vor dem Notar gemacht werden,
damit die Regelung der Anrechnung auf das Erbe eindeutig ist
und nicht verschiedene Auslegungen zulässt. Beim privatschriftlichen Testament geht das ganz häufig schief und führt zu
schlimmen Erbauseinandersetzungen zwischen den Kindern!

Jedenfalls gilt § 2315 BGB: Ist feststellbar, dass Eltern und Kind
eine Zuwendung unter Lebenden im obigen Sinne wollten, wird
die Zuwendung zumindest auf den Pflichtteilsanspruch (s. o., ½
des gesetzlichen Erbteils, wenn man vom Erbe ausgeschlossen
wird) angerechnet.
 Unabhängig davon besteht ein
Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB):
 Macht der Erblasser an Dritte in den letzten 10
Jahren vor seinem Tode Schenkungen, so sind
diese grunds. fiktiv dem Nachlass hinzuzurechnen,
und zwar im letzten Jahr vor dem Tode in voller
Höhe, im vorletzten Jahr um 9/10 ihres Wertes etc.
 Dadurch erhöht sich der Nachlass zwar nicht
tatsächlich, aber der vom Erbe ausgeschlossene
Pflichtteilsberechtigte bekommt einen höheren
Pflichtteil. => Anspruch gegen die Erben.
 Sinn: Eine gezielte Schmälerung der Erbmasse z.B.
durch vorweggenommene Erbfolge zum Nachteil
der Pflichtteilsberechtigten soll vermieden werden.
V. Auseinandersetzung einer
Erbengemeinschaft
1)
Ist kein gesetzlicher oder gewillkürter Alleinerbe
vorhanden, sondern mehrere Erben zu gleichen
oder unterschiedlichen Teilen, entsteht an dem
gesamten Vermögen des Erblasser gem. § 2032
BGB eine Erbengemeinschaft.
=> Sogenannte Gesamthandsgemeinschaft, d. h.
das gemeinschaftliche Vermögen, insb. einzelne
Gegenstände (z. B. Grundstück), kann grunds. nur
gemeinschaftlich verwaltet und veräußert werden
(§ 2038 BGB).
2)
Jeder Miterbe kann jederzeit Auseinandersetzung
der Erbengemeinschaft verlangen.
=> Möglichkeiten:
a) Notarieller Erbauseinandersetzungsvertrag;
b) Zur Not Klage gegen Miterben vor Gericht.
3) Wer Streitigkeiten besonders gut
vorbeugen will, macht Folgendes:
Entweder in einer notariellen Urkunde oder
in zwei zeitgleich aufgesetzten getrennten
notariellen Urkunden regelt der Erblasser
oder regeln die Eheleute zu Lebzeiten:
a) Die genaue Erbfolge mit den Erbquoten
der jeweiligen Miterben => wichtig für die
Erteilung des Erbscheins (s. o.);
b) Einen Erbauseinandersetzungsvertrag
mit einer Teilungsanordnung: Durch
Zuweisung welcher Gegenstände an wen
- ggf. durch welche Abfindungszahlungen werden die Erbquoten praktisch umgesetzt?
VI. Besonderheiten des
Höferechts
1)
Besonderheiten greifen nur, wenn Grundeigentum
im Grundbuch ausdrücklich gemäß § 1 HöfeO als
„Hof gemäß der Höfeordnung“ oder „Ehegattenhof
gemäß der Höfeordnung“ eingetragen ist.
2)
Wichtigste Besonderheit:
Ein landwirtschaftlicher Hof im Sinne der Höfeordnung darf vom Landwirt oder dem in Gütergemeinschaft lebenden Ehepaar zu Lebzeiten oder von
Todes wegen nicht an eine Miteigentümer/Erbengemeinschaft übertragen werden, sondern nur an
einen einzelnen Hoferben oder (selten) an ein
Hoferben-Ehepaar in Gütergemeinschaft => Sinn:
Der Hof soll in seinem Bestand geschützt werden.
3) Wer ist Hoferbe?
a) Derjenige, der in einer Verfügung von Todes wegen
– in aller Regel notariell – zum Hoferben bestimmt
worden ist oder dem schon zu Lebzeiten durch Hofübergabevertrag der Hof übertragen worden ist.
b) Wenn keine solche vertragliche Regelung existiert:
§ 6 Abs. 1 Nr. 1+2 HöfeO: Derjenige, dem vom Erblasser die Bewirtschaftung des Hofes übertragen worden ist (z.B. durch Pachtvertrag) oder der jedenfalls
dahingehend ausgebildet worden ist und beschäftigt
wird.
c) Wenn a) und b) nicht vorliegen, greift in NRW in der
Regel das Ältestenrecht des § 6 Abs. 1 Nr. 3 HöfeO:
Der älteste Abkömmling erbt den Hof.
4) Weichende Erben (die also den Hof nicht erben):
 Wiederum zum Schutz des Hofbestandes berechnen sich nach § 12 HöfeO die Pflichtteilsansprüche /
Abfindungen der weichenden Erben nicht nach dem
tatsächlichen Verkehrswert, sondern in der Regel nach
dem – viel niedrigeren – 1 1/2 –fachen Einheitswert.
 Das verstößt nur dann nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG im Verhältnis zum Hoferben,
wenn tatsächlich ein wirtschaftsfähiger Hof im Sinne
der Höfeordnung vorliegt. Ggf. kann jeder Betroffene
durch ein Feststellungsverfahren nach § 11 HöfeVfO
die Hofeigenschaft klären lassen.
 Veräußert der Erbe/Hofübernehmer allerdings
nachträglich Grundstücke u. a., besteht gemäß § 13
HöfeO ein Nachabfindungsanspruch nach dem
tatsächlichen Verkehrswert.
5) Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts:
In allen Angelegenheiten der HöfeO entscheidet
gemäß § 1 LwVG das Landwirtschaftsgericht (für
Beelen eine Abteilung des Amtsgerichts Warendorf):
a) Hofübergabeverträge bedürfen der gerichtlichen
Genehmigung nach § 17 HöfeO.
b) Im Erbfall entscheidet das Lw-Gericht durch sog.
„Erbschein nebst Hoffolgezeugnis“ sowohl über die
allgemeine Erbfolge (s. o. I.-V.) als auch über die
Hoferbfolge gemäß § 18 HöfeO.
c) Bei Streit über die Höhe einer Abfindung nach § 12
HöfeO oder Nachabfindung nach § 13 HöfeO
=> besser durch Übergabevertrag wasserdicht regeln.
d) Feststellung der Hofeigenschaft nach § 11 HöfeVfO