Ausgabe 05 Juli 2016 STG .Spektrum Willensvollstreckung Zeitlicher Ablauf Erbschaft mit Willensvollstrecker Tod Erblasser Ernennung Willensvollstrecker Im Testament Einführung Testamentarische Klausel im Erbvertrag Wahrnehmen des Mandates durch Willensvollstrecker Verwaltung des Erbes Ausrichten der Vermächtnisse Weitere beratende Aufgaben Stirbt ein naher Verwandter oder enger Freund, bedeutet dies für die Hinterbliebenen oft einen schweren Verlust. Der Trauer kann jedoch in vielen Fällen nicht der gebührende Raum gelassen Ausarbeitung Teilungsvorschlag werden, weil die Erben sich gezwungenermassen mit den admi- Erbteilung nistrativen Folgen des Todesfalles auseinandersetzen müssen. Diese Flut von Aufgaben verschiedenster Art kann zu einer Überforderung führen, welche jedoch mit fachkundiger Unterstützung eines Willensvollstreckers vermieden werden kann. Zuweisung Erbteile an Erben Erstellen Schlussbericht Erstellen Schlussabrechnung 2 Aufgaben und Tätigkeiten des Willensvollstreckers Neben den klassischen Aufgaben kann der fachkundige Willensvollstrecker beratend tätig werden. Er kann beispielsweise die unterjährige Steuererklärung des Verstorbenen ausfüllen, das Verrechnungssteuerguthaben auf Zinsen und Divi- Gemäss Art. 518 Schweizerisches Zivilgesetzbuch wird der denden zurückfordern und die für die Erben voraussichtlich Willensvollstrecker (umgangssprachlich auch Testamentsvoll- anfallenden Erbschaftssteuern ausrechnen und treuhänderisch strecker) vom Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung (Testa- einbehalten. Weiter weiss der Fachmann wie vorgegangen wer- ment, testamentarische Klausel im Erbvertrag) beauftragt, die den muss, wenn unklar ist, ob der Erblasser noch Schulden Erbschaft zu verwalten, die erblasserischen Schulden zu hatte. Er kann weiter Antwort darauf geben, wer berechtigt ist, bezahlen, Vermächtnisse auszurichten und die Erbschaft nach über Bankkonten und Wertschriftendepots zu verfügen. den erblasserischen Anordnungen zu teilen. Aus dieser sehr generellen Formulierung fliessen verschiedenste Aufgaben, vor allem im Bereich der Verwaltung der Erb- Weshalb braucht es einen Willensvollstrecker? schaft. Welche Tätigkeiten genau anfallen, unterscheidet sich von Erbfall zu Erbfall und ist von Faktoren abhängig wie Umfang und Bestandteile des Nachlasses sowie den erblasserischen Die Gründe in seiner letztwilligen Verfügung einen Willensvoll- Anordnungen. Unter die Verwaltung der Erbschaft kann der strecker zu ernennen sind zahlreich. Viele Erblasser möchten Unterhalt von (in- und ausländischen) Liegenschaften, Kündi- ihre Nachkommen vor der mit einem Erbfall anfallenden Auf- gungen und Abschlüsse von Verträgen, die Begleichung von gabenflut bewahren. Andere ziehen einen neutralen Dritten als Schulden oder der Verkauf von vom Kurszerfall bedrohten Willensvollstrecker vor, weil das Erbe dadurch strikt nach dem Wertpapieren fallen. Besteht dringender Geldbedarf, kann der Willen des Verstorbenen und ohne Eigeninteresse der Erben Willensvollstrecker Erbschaftssachen verkaufen, um Bargeld für verteilt wird. Ein solcher Dritter kann insbesondere dann von Schuldendeckung zu erhalten. Muss das Erbe gegenüber Mit- grossem Nutzen sein, wenn zahlreiche Erben existieren, recht- erben oder Dritten gesichert werden (Miterben sind unberech- lich anspruchsvolle Familienverhältnisse wie Patchwork-Fami- tigterweise im Besitz von Erbschaftssachen), ist der Willens- lien vorliegen oder die Nachkommen unerfahren, untereinander vollstrecker berechtigt, die notwendigen Massnahmen zur uneinig oder zerstritten sind. Insbesondere im Fall von zerstrit- Widerherstellung des rechtmässigen Zustands durchzusetzen tenen Erbengemeinschaften kann sich der Willensvollstrecker und notfalls Klage zu erheben. als ausserordentlich wertvoll erweisen. Kommen die Parteien untereinander zu keiner Lösung und blockieren sich gegenseitig, Diese Phase der Verwaltung stellt die Vorbereitung zur effekti- kann er als neutraler Dritter vermitteln, Streit schlichten und ven Erbteilung dar. Um die Erbteilung vorzunehmen, werden weitere Lösungswege aufzeigen. beim verheirateten Erblasser zuerst die güterrechtlichen Ansprüche des überlebenden Ehegatten berechnet. Nach dieser güter- Weiter kann der Erblasser mit der Beauftragung eines Fachman- rechtlichen Auseinandersetzung erfolgt in einem zweiten Schritt nes sicherstellen, dass die Erbabwicklung administrativ und die erbrechtliche Auseinandersetzung zur Ermittlung des rechtlich korrekt verläuft und auch schwierige Sachverhalte Gesamtnachlasses sowie die Erbteile der Erben. wie der Verkauf von in- und ausländischen Immobilien, die Verteilung von Unternehmensbeteiligungen oder die Erbabwicklung Weil eine Erbschaft oft nicht nur aus Bargeld besteht, sondern mit Erben im Ausland professionell betreut werden. auch aus Liegenschaften und wertvollen Objekten wie Bilder, Schmuck und Wertpapiere, arbeitet der Willensvollstrecker einen In tatsächlicher Hinsicht führt die Beauftragung eines professio- Teilungsplan für die Nachlasssachen aus. Dieser weist jedem nellen Dritten, welcher selbst kein Erbe ist, zu einer Beschleuni- Erbe in Höhe seines Erbteils Bargeld und/oder Erbschafts- gung der Erbabwicklung. In der Praxis erhält der Willensvollstre- sachen zu. Hat der Erblasser in seinem Testament bereits cker deutlich schneller (d.h. nach wenigen Wochen anstatt nach gewisse Wertgegenstände einer Person vermacht oder vererbt, Monaten) die Verfügungsmacht über alle Konten des Erblassers ist der Willensvollstrecker bei der Ausarbeitung des Teilungsvor- als wenn dies von der Erbengemeinschaft beantragt wird. Weil schlags an diese Anweisungen gebunden. Lehnen die Erben den der Willensvollstrecker zentral alle Geschäfte führt und nicht alle Teilungsvorschlag ab, kann der Willensvollstrecker die Teilung Erben gemeinsam jede einzelne Handlung vornehmen müssen, mittels Klage an das zuständige Gericht durchsetzen. verkürzen sich die Entscheidwege erheblich. Dadurch erfolgt eine erste (Teil-)Auszahlung in der Regel deutlich schneller. Für 3 die Erben kann sich diese (Teil-)Auszahlung als wichtig erweisen, weil sie ab dem Todeszeitpunkt des Erblassers bereits Ver- Kann ich einen einmal gewählten Willensvollstrecker auswechseln? mögenssteuern zu entrichten haben, auch wenn sie noch keinen Zugriff auf ihren Erbanteil haben. Die Wahl eines Willensvollstreckers ist nicht in Stein gemeisselt. Möchte der Erblasser eine andere Person beauftragen, wird er dies in der Regel in einem (neuen) Testament festhalten oder Wen setze ich als Willensvollstrecker ein? im Erbvertrag vereinbaren. Die jeweiligen Formerfordernisse der beiden Verfügungsarten müssen jedoch beachtet werden. Grundsätzlich ist die Einsetzung einer Privatperson (natürliche Der gültig eingesetzte Willensvollstrecker kann von den Erben Person) oder einer Unternehmung (juristische Person) möglich. nicht abgewählt werden, selbst wenn alle Erben dies einstimmig Wird eine natürliche Person für das Amt des Willensvollstreckers entscheiden. Eine Absetzung kann nur durch die zuständige bestimmt, muss diese das Mandat persönlich ausüben und Behörde oder das zuständige Zivilgericht und auf Klage hin kann sich höchstens für einzelne Aufgaben (professionelle) erfolgen. Hilfe holen. Möchte der Erblasser sicher sein, dass der von ihm bestimmte Willensvollstrecker nicht verhindert oder vorverstorben ist, emp- Honorar des Willensvollstreckers fiehlt sich die Einsetzung einer juristischen Person, weil diese das Mandat übernehmen kann, solange sie als Unternehmung existiert. Sie ist somit permanent präsent und handlungsfähig. Wenn ein Willensvollstrecker tätig wird, hat er üblicherweise Wird ein bereits mit den familiären und finanziellen Verhältnis- Anspruch auf angemessene Vergütung und Ersatz seiner sen betrauter Rechtsanwalt, Treuhänder oder Steuerberater Auslagen. Die Höhe der Vergütung kann der Erblasser in seinem eingesetzt, kann sich dieser sich in kürzerer Zeit in die Nachlass- Testament oder im Erbvertrag festlegen. Wird eine Vergütung abwicklung einarbeiten. durch den Erblasser bereits im Voraus festgelegt, lohnt es sich, diese mit dem Willensvollstrecker zu besprechen. So kann verhindert werden, dass der Willensvollstrecker sein Mandat ablehnt, weil die Entschädigung zu tief angesetzt wurde. Von der Wie setze ich einen Willensvollstrecker ein? Festlegung eines Pauschalhonorars raten wir ab, da dessen Höhe unangemessen sein und somit gegen Bundesrecht verstossen kann. Der Willensvollstrecker muss vom Erblasser eingesetzt werden. Dies geschieht im (privaten oder öffentlich beurkundeten) Wird kein explizites Honorar festgelegt, so stellt der mit der Testament oder mittels testamentarischer Klausel im Ehe- und Willensvollstreckung beauftragte Fachmann (Rechtsanwalt, Erbvertrag oder Erbvertrag. Für die Einsetzung reicht ein simpler Treuhänder, Steuerberater oder Bank) in der Regel Rechnung Satz wie bspw. «Mit der Willensvollstreckung beauftrage ich X.». über die von ihm geleisteten Arbeitsstunden zu seinem üblichen Nach dem Tod des Erblassers ernennt das zuständige Erb- Stundenansatz. schaftsamt die im Testament oder Erbvertrag genannte Person zum Willensvollstrecker und stellt ihm eine Willensvollstreckerbescheinigung aus. Mit dieser kann er sich in seiner Funktion gegenüber Banken, Behörden und Erben ausweisen. Welche Rechte haben die Erben gegenüber dem Willensvollstrecker? Bei der Ausübung seiner Arbeit ist der Willensvollstrecker als verlängerter Arm des Erblassers ausschliesslich an dessen Anordnungen gebunden. Dabei muss er stets seine Neutralität wahren und alle Erben gleich behandeln. Dies zeigt sich bspw. in der Pflicht, Abschlagszahlungen jeweils an alle Erben (und nicht bloss an einzelne) vorzunehmen. Seine neutrale Stellung 4 führt auch dazu, dass der Willensvollstrecker nicht als Beistand (ehemals Vormund) eines schwachen, hilfsbedürftigen Erben Ende der Willensvollstreckung agieren kann. Weiter haben die Erben ein Recht auf jederzeitige umfassende Auskunft über die Tätigkeiten des Willensvollstre- Das Amt des Willensvollstreckers endet in der Regel mit dem ckers und das Recht auf periodische Rechenschaftsablegung. Abschluss der Erbteilung, das heisst wenn der ganze Nachlass Dies bedeutet, dass der Willensvollstrecker die Erben von sich auf alle Erbberechtigten verteilt wurde. Nach der Erbteilung aus regelmässig über den Sachstand im betreffenden Erbfall auf erstellt der Willensvollstrecker einen Schlussbericht und eine dem Laufenden zu halten hat. Neben den genannten Rechten Schlussabrechnung. besteht für die Erben eine Beschwerdemöglichkeit wegen mangelhafter Mandatsausübung oder Schadenersatzansprüche Tritt der Willensvollstrecker zurück, verstirbt er oder ist er verhin- gegen den Willensvollstrecker. dert und wurde keine Ersatzperson vom Erblasser bestimmt, erhält die Erbengemeinschaft die Verfügungsmacht über die Erbschaft. Dies bedeutet, dass alle Erben gemeinsam über die Der Willensvollstrecker in länderübergreifenden Erbfällen weiteren Handlungen entscheiden müssen. Wird der Willensvollstrecker in einem grenzüberschreitenden Fazit Erbfall tätig, stellt sich die Frage nach welchem Recht er sich dabei richten muss und welche Behörden international zuständig sind. Diese Fragen gilt es im jeweiligen Fall sorgfältig abzu- Um den Erbfall für die Nachkommen nicht zum administrativen klären und auch allfällig zuständige ausländische Behörden Hindernislauf zu machen, kann sich der Erblasser einen frühzeitig miteinzubeziehen. starken Partner an die Seite holen, welcher seinen Willen nach seinem Ableben durchsetzt. Der eingesetzte Willensvollstrecker Im Zusammenhang mit Erbfällen, in welchen der Erblasser sei- ist jedoch mehr als der verlängerte Arm des Erblassers. nen gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem EU-Staat (mit Aus- Aufgrund seiner übergeordneten und neutralen Stellung ist er nahme von Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich) Vermittler, Streitschlichter und zentrale Anlaufstelle für offene hatte, Vermögenswerte in einem EU-Staat hinterlässt oder in Fragen und Probleme. Weil die gesamte Erbschaftsverwaltung seiner letztwilligen Verfügung eine Rechtswahl zugunsten des durch ihn betreut wird, können die Erben deutlich schneller über Rechts eines EU-Staates trifft, gilt ab dem 17. August 2015 die ihren Erbanteil verfügen als in einem Erbfall ohne Willensvoll- EU Erbrechtsverordnung. Sie regelt im Bereich des Zivilrechts strecker. alle Aspekte der Rechtsnachfolge von Todes wegen und umfasst auch den Übergang von Vermögenswerten sowie von Rechten und Pflichten infolge des Todesfalls. Weil es sich dabei um eine weitreichende Neuregelung handelt, sind noch nicht alle offenen Fragen geklärt und die Unterstützung durch einen fachkundigen Fabia Spiess Ginés F. García Rechtsanwältin Leiter Recht, Rechtsanwalt +41 61 277 01 33 +41 61 277 01 15 [email protected] [email protected] GESTALTUNG: JULIA CURTY . WWW.SUPERSCRIPT.CH Dritten erscheint ratsam.
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