1.4. Funktionen, Kurven und Parameterdarstellungen Reellwertige Relationen und Funktionen Eine reellwertige Relation ist eine beliebige Teilmenge F der Ebene R2 (also eine ebene "Fläche"). Von einer reellen Funktion spricht man, wenn es sich um eine Relation handelt, bei der es zu jedem x höchstens ein y gibt, so daß (x, y) in F liegt. Die Menge aller x, zu denen ein solches y existiert, heißt Definitionsbereich oder Quelle von F; das zu x gehörige y wird mit F(x) bezeichnet und Bild von x genannt. Die Menge aller solchen Bilder y heißt Wertebereich von F. Relation = "Teich", Funktion = "Fluss" Beispiel 1: Parabeln Die Normalparabel {(x,y) : y = x2} ist eine Funktion, nicht hingegen die "liegende Parabel" {(x,y) : x = y2} ! Denn hier gibt es zu jedem x > 0 zwei Werte y mit x = y2. Graphisch werden reelle Funktionen durch Kurven wiedergegeben. Es gibt aber auch Kurven, die keiner Funktion im obigen Sinne entsprechen (nämlich, wenn senkrechte Geraden die Kurve mehrfach schneiden). Beispiel 2: Eine rotierende Sinuskurve Für jeden festen Winkel α ist f( x, α ) = ( x cos( α ) − sin( x ) sin( α ), x sin( α ) + sin( x ) cos( α ) ) eine um den Winkel α in der Ebene gedrehte Sinuskurve f( x, 0 ) = sin( x ) . (Warum das so ist, klären wir, wenn wir Drehungen genauer behandeln.) f( x, 0 ) 1 f x, π 5 1 f x, π 4 1 f x, π 3 Diese Kurven sind nur für Drehungen zwischen − π 4 und π 4 Funktionen! Parameterdarstellungen von Kurven Wir werden in einem späteren Kapitel noch genauer auf diese wichtige Darstellungsform eingehen, wollen aber schon hier die einfachsten Grundlagen erwähnen, da sie in der Praxis immer wieder gebraucht werden. Die bequemste und vielseitigste Möglichkeit, Kurven mathematisch zu beschreiben, liefern die reellen Parameterdarstellungen. Das sind Abbildungen von einem reellen Intervall A nach R2, R3 oder allgemein Rn, geschrieben g : A --> Rn . Man interpretiert sie als einen zeitlichen Durchlauf der Kurve, wobei jedem Zeitpunkt t ein Kurvenpunkt g(t) = (x(t),y(t)) oder g(t) = (g1( t ),g2( t )) (bei ebenen Kurven) g(t) = (x(t),y(t),z(t)) oder g(t) = (g1( t ),g2( t ),g3( t )) (bei Raumkurven) zugeordnet wird. Üblich sind auch Schreibweisen wie x(t) = (x1( t ),x2( t )) oder x(t) = (x( t ),y( t )) , oder man setzt einen Pfeil über das Funktionssymbol, um anzudeuten, dass es sich um eine vektorwertige Funktion (mit mehreren Koordinaten) handelt. Beispiel 3: Das Blatt des Descartes Nach Descartes ist das Kartesische Koordinatensystem benannt. Wir verdanken ihm aber auch die Entdeckung und Beschreibung schöner Kurven. Zum Beispiel ist x3 + y3 = 3 a x y für festes a > 0 die Gleichung einer Kurve. Wie sieht sie aus? Eine der vielen Parameterdarstellungen lautet x= 3 a t3 3 a t6 , y= 1 + t9 1 + t9 (Die hohen Potenzen von t haben wir gewählt, um einen einigermaßen nachvollziehbaren Kurvendurchlauf zu bekommen.) Für a = 1 ergibt sich folgender Verlauf : Variation des zusätzlichen Parameters a = 1...10 liefert folgende Kurvenbilder: Beispiel 4: Die rutschende Leiter und die gleichschenklige Schubkurbel Mathe versucht, nach altbayerischer Tradition bei Inge fensterln zu gehen. Leider gerät dabei die Leiter ins Rutschen und Mathe landet unsanft auf dem Boden der Tatsachen. Auf welcher Kurve bewegt sich der Mittelpunkt der Leiter, während sie von der Wand wegrutscht? Hat die Leiter die Länge d und ihr Fußpunkt den Abstand a von der Wand, so hat der höchste Punkt die Ordinate h = d2 − a2 und diese verhält sich zum Abstand a wie die Höhe y des Leiterpunktes (x,y) zu a − x. Daher wird die Seitenkante der Leiter beschrieben durch die Strecke { (x, (a − x) d2 − a2 a ) : x = 0 ... a} . Der Mittelpunkt hat somit die Koordinaten a d2 − a2 ( , ). 2 2 Er bewegt sich also auf einem Kreis vom Durchmesser d ! Bei mechanischen Getrieben kann Mathe seine unangenehme Erfahrung positiv umsetzen und eine geradlinige Bewegung in eine kreisförmige transformieren (oder umgekehrt). Beispiel 7: Rotationen Wir haben zuvor schon mehrfach Figuren rotieren lassen. Wie geht das mathematisch? Bei einer Drehung um den Winkel α (im Gegenuhrzeigersinn!) bewegt man (x,0) nach (x cos( α ), x sin( α )) (0,y) nach (−y sin( α ), y cos( α )) und folglich (x,y) nach (x cos( α ) − y sin( α ), x sin( α ) + y cos( α )). Die Drehung um α wird daher beschrieben durch die Abbildung Dα von R2 in R2 mit Dα(x,y) = (x cos( α ) − y sin( α ), x sin( α ) + y cos( α )). Koordinatentransformation: x' = x cos( α ) − y sin( α ) y' = x sin( α ) + y cos( α ) Und nun der große Wagen am Firmament:
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