Befristete Arbeitsverträge und Try & Hire – was der Chef dazu

Befristete Arbeitsverträge und Try &
Hire – was der Chef dazu wissen
MUSS!
Wollten Sie bei einer Neueinstellung auch schon einmal auf Nummer sicher gehen? Machten Sie auch
schon die Erfahrung, dass die Probezeit zu kurz war,
um festzustellen, ob Ihr neuer Mitarbeiter zum Unternehmen passt und umgekehrt?
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, wie der zuständige Richter Ihren Arbeitsvertrag qualifiziert. Bei vier
aufeinanderfolgenden Arbeitsverträgen mit demselben Arbeitgeber und über die gleiche Arbeit in knapp
zwei Jahren lassen sich aber kaum objektive Gründe
finden, welche die Kettenverträge zu rechtfertigen
vermögen.
Die Kündigungsfristen sind im Obligationenrecht festgeschrieben und gelten nur bei unbefristeten Arbeitsverträgen. Das sieht im ersten Jahr eine Kündigungsfrist von einem Monat, vom zweiten bis und mit dem
neunten Dienstjahr zwei Monate und ab dem neunten
Dienstjahr drei Monate vor, jeweils auf das Ende eines
Monats. Man kann indvidualvertraglich auch längere
Kündigungsfristen vereinbaren, kürzere Kündigungsfristen sind hingegen nicht erlaubt.
Bei befristeten Arbeitsverhältnissen kommt eine ordentliche Kündigung grundsätzlich nicht in Betracht!
Aus der Praxis kann ich berichten, dass es nicht wenige
Mitarbeitende gibt, bei denen die Arbeitsmotivation
nach der Probezeit merklich nachlässt. Oft trifft dann
auch eine Häufung krankheitsbedingter Absenzen auf.
So gut wie in der Probezeit werden diese Mitarbeitenden nie wieder arbeiten.
Bei all Ihren Überlegungen zu einer Neueinstellung
sollten Sie das Try & Hire nicht ausser Betracht lassen.
Machen Sie doch einen befristeten Arbeitsvertrag für
sechs Monate. Wenn alles gut verläuft, dann wandeln
Sie diesen in einen unbefristeten Arbeitsvertrag um.
Während sechs Monaten werden Sie ein umfassenderes Bild Ihres neuen Mitarbeiters bzw. Mitarbeiterin
erhalten.
Viele Arbeitgeber wollen in diesem Zusammenhang
besonders schlau sein und machen nach dem ersten
befristeten Arbeitsvertrag einen zweiten und dann,
weil es so schön war, auch noch einen dritten und vierten. Eine solche Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverträge ist aber unzulässig. Das sind dann sogenannte Kettenverträge. Die Rechtsprechung qualifiziert ein Arbeitsverhältnis ab dem vierten befristeten
Arbeitsvertrag in Folge grundsätzlich als unbefristetes
Arbeitsverhältnis.
Damit haben Sie als Arbeitgeber, ob Sie wollen oder
nicht, einen neuen Mitarbeiter mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag, obwohl Sie keinen entsprechenden
Vertrag aufgesetzt hatten.
Durch Fortsetzung eines befristeten Arbeitsverhältnisses ohne neuen Vertrag, mutiert dieses zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Es greifen zwei (widerlegbare) Vermutungen, nämlich jene der Fortsetzung
des Arbeitsverhältnisses und jene seiner Umwandlung
in ein unbefristetes Verhältnis. Es ist den Parteien unbenommen, erneut ein befristetes Arbeitsverhältnis zu
vereinbaren. Einzige Schranke bildet jedoch das Verbot der Gesetzesumgehung. Mithin darf mit dem Abschluss von sich ablösenden befristeten Verträgen
(Kettenverträgen) nicht die Umgehung der Kündigungsschutzbestimmungen oder der gesetzlichen Sozialleistungen umgangen werden.
Ausgenommen sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung «Ketten»-Saisonnierverträge (BGE 129 III
618, E. 6.2). Ebenfalls ausgenommen sind Verträge von
Lehrbeauftragten an Mittelschulen, Berufsschulen und
Universitäten. Für sie gilt diese Regel nicht, weil ihr Engagement von der nicht voraussehbaren Anzahl eingeschriebener Schüler, bzw. Studenten abhängt. Eine
weitere Ausnahme bilden Bühnenengagements. Auch
auf ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers kann
ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart
werden.
Richard Permann
Leiter Rechtsdienst
Verband Schweizerischer Elektro-Installationsfirmen
www.vsei.ch