Über die Entfaltung des Potenzials von KAIZEN und die

KAIZEN – Beyond Process Optimization
Über die Entfaltung des Potenzials
von KAIZEN und die Implementierung
in das alltägliche Projektgeschäft
Nicht immer ist die Bezifferung der monetären Ersparnis das bestmögliche Projektergebnis. Das KAIZEN-Prinzip zeigt, wie Berater auf eine nachhaltige Verbesserungskultur hin arbeiten können – ganz im Sinne des Kunden.
KAI – Change
ie Methodenvielfalt in der Prozessoptimierung gleicht
D
einem Dschungel, der zunehmend undurchdringbarer wird.
Der Hauptfokus der gängigen Methoden zielt stets darauf ­­ab,
die Elemente Qualität, Zeit, Kosten und Ressourcen in ein
optimales Gleichgewicht zu bringen. Unternehmen müssen
­
dementsprechend ihre Fragestellungen und Zielsetzungen in
der Prozessoptimierung gegen die zur Verfügung stehenden
Methoden spiegeln, um die Leistung ihres Unternehmens zu
steigern und ihre Verbesserungspotenziale auszuschöpfen.
Eine Vielzahl der Optimierungsprojekte zielt dabei aber nicht
auf eine nachhaltige Verbesserungskultur ab. Dies ist wenig verwunderlich, haben sie doch zumeist den klaren Auftrag, schnell
Erfolge zu zeigen. Die Folge sind Maßnahmen, die in kürzester
Zeit, mit geringem finanziellen Investment und möglichst ohne
große Veränderungen umgesetzt werden sollen, um nicht die
eigene Veränderungsbereitschaft auf die Probe zu stellen. Es
gilt jedoch vielmehr, eine permanente Optimierungskultur zu
schaffen, in der die Abwendung vom Status Quo sowie die Sensibilisierung und Integration aller betroffenen Mitarbeiter explizit gefordert ist.
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ZEN – Good
Diese Herausforderung stellt sich auch in vielen Beratungsprojekten. Insbesondere große Konzerne investieren eher in komplexe Strategieprojekte mit einer großen Zielvision, während
direkt umsetzbare Verbesserungsmaßnahmen zumeist unbeachtet bleiben. Dabei müssen sich top-down Vorgehensweise
innerhalb komplexer Projekte und konkrete, pragmatisch umsetzbare Optimierungen bottom-up nicht ausschließen. Gerade
in strategischen Transformationsprojekten, Restrukturierungsmaßnahmen oder im Rahmen der Harmonisierung komplexer
IT-Landschaften muss es das Ziel sein, eine Arbeitskultur zu
schaffen, in der Prozessstörungen nicht mehr einfach akzeptiert,
sondern diskutiert und proaktiv Verbesserungsmaßnahmen ergriffen werden. Und genau an dieser Stelle kann das KAIZENPrinzip der kontinuierlichen Verbesserung sein volles Potenzial
entfalten.
Effizienz durch Kulturwandel
KAIZEN (Kai = Veränderung, Zen = zum Besseren) ist eine
japanische Managementphilosophie, die auf die Identifizierung
sowie Vermeidung von Fehlern und Ineffizienzen im Unterneh-
men abzielt und klaren Grundprinzipien folgt. Im Fokus stehen
hierbei nicht die großen Innovationen, sondern die Vielzahl
an Verbesserungsvorschlägen, die sich aus der Einbindung aller Mitarbeiter ergeben. Wesentlich sind hierbei deren schnelle
Umsetzung und die Sichtbarkeit der Erfolge.
Die Lösung liegt darin, Verschwendung sehen zu lernen, Handlungsspielräume zu nutzen und Verantwortung zu übernehmen.
Dieser Ansatz muss implizit in das Beratungsgeschäft eingebracht werden, indem die KAIZEN-Kultur im Beratungsalltag
verankert und geeignete Elemente sowie Methoden im Sinne
des Kunden adaptiert werden. Die KAIZEN-Philosophie muss
den Berater im alltäglichen Projektgeschäft begleiten. Dabei
erfolgt ein permanenter Erfahrungsaustausch und Know-howTransfer hinsichtlich der Vorgehensweise zur Identifizierung
und Umsetzung von Optimierungspotenzialen nach KAIZEN.
Dies gilt sowohl im Projekt vor Ort für die Prozesse innerhalb
der Unternehmen als auch für die eigenen Projektmanagementund Supportprozesse. Nach dem Ambassadorenprinzip wird
dadurch der Kunde für Verschwendung sowie pragmatisch umsetzbare Verbesserungspotenziale sensibilisiert und der erforderliche Kulturwandel unterstützt. Über Ineffizienzen und Fehler
sowie potenzielle Lösungsalternativen muss diskutiert werden
dürfen. Erst wenn die bewusste Auseinandersetzung mit den
Ursachen der Verschwendung möglich ist, kann die notwendige
permanente Optimierungskultur entstehen.
Leben Beratungsunternehmen nicht genau von der
Verschwendung ihrer Kunden?
Es mag absurd klingen, dass ein Beratungsunternehmen nicht
nur auf die große Gesamtlösung für den Kunden fokussiert,
sondern mit kleinen pragmatischen Schritten anhand einer bereits seit Mitte der 1980er Jahre angewendeten Methode Verschwendung im Unternehmen abschaffen möchte. Der Grund
liegt jedoch auf der Hand – es ergibt sich hier eine klare WinWin-Situation.
Im Unternehmen selbst entsteht mit dem „Erleben“ der konkreten Verbesserungen von der eigentlichen Identifizierung
der Prozessstörung bis zur Umsetzung entsprechender Verbesserungsmaßnahmen eine neue Arbeitskultur, die auch nach
dem Ende der Beratungsprojekte nachhaltig bestehen bleibt
Jeder Mitarbeiter wird dahingehend sensibilisiert, die eigenen
Arbeitsabläufe kontinuierlich zu hinterfragen und mit kleinen
Schritten im eigenen Wirkungskreis kurzfristig zu verbessern
beziehungsweise nach Optimierungspotenzial zu suchen. Dieses
Potenzial muss als Chance betrachtet werden, die Verschwendung in Arbeitsschritten zu reduzieren.
Klassische Fragen sind zum Beispiel:
• Was mache ich wann, wie lange, wie oft und vor allem
warum?
• Was ist das Ziel meiner Handlung? Erreiche ich meine
Ziele in dem Arbeitsschritt?
• Wie kann ich Aufwand in Arbeitsschritten reduzieren?
Wie kann ich den Ertrag der Arbeitsschritte erhöhen?
• Welche Arbeitsschritte sind nicht zielführend,
redundant oder sehr arbeitsintensiv, und warum ist das so?
Dies fördert die Auseinandersetzung und Identifikation der
Mitarbeiter mit ihren Aufgaben, führt zu mehr Eigenverantwortung bei den Mitarbeitern und letztendlich auch zu einer
höheren Mitarbeitermotivation und -zufriedenheit. Motivierte
und zufriedene Mitarbeiter wiederum zeigen eine höhere
­Leistungsbereitschaft.
Aus komplexeren Herausforderungen, welche nicht auf Arbeitsebene in kurzer Zeit optimiert werden können, ergeben sich
langfristige Handlungsoptionen, die strukturiert in die weitere
Geschäftsentwicklung und in langfristige Verbesserungsmaßnahmen eingebracht werden können.
Auf der anderen Seite entsteht neben der effizienteren Projektarbeit eine neue Qualität hinsichtlich der Kundenbindung. Durch
kurzfristig realisierte Quick Wins wird das Vertrauen in den
Erfolg der aktuellen Zusammenarbeit gesteigert, die zugesprochene Kompetenz und Reputation erhöht. Die ­komplexeren
Handlungsoptionen können dadurch in eine langfristige und
nachhaltige – für beide Seiten gewinnbringende – Zusammenarbeit münden.
KAIZEN zielt auf langfristige Effekte
Die positiven Effekte der kontinuierlichen Verbesserung nach
dem KAIZEN-Prinzip sind in der Regel nicht immer monetär
eindeutig bewertbar. Dies gilt insbesondere für die Service- und
Dienstleistungsbranche, in der die Prozesse häufig hochintegrativ und komplex sind und hohe Anforderungen an ihre Flexibilität gestellt werden. Es geht jedoch auch nicht darum, die
jeweiligen Einzelmaßnahmen oder auch die Verbesserungen in
ihrer Gesamtheit in einer monetären Ersparnis zu beziffern. Es
geht darum, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der langfristig durch viele kleine punktuelle Optimierungen bei relativ
geringen Invests implizit die Leistungsfähigkeit und Kunden­
orientierung des Unternehmens gesteigert wird.
Meike Bosse und Theresa Zeuzem beraten Unternehmen zum
Themengebiet Transformation & People Management.
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