KAIZEN – Beyond Process Optimization Über die Entfaltung des Potenzials von KAIZEN und die Implementierung in das alltägliche Projektgeschäft Nicht immer ist die Bezifferung der monetären Ersparnis das bestmögliche Projektergebnis. Das KAIZEN-Prinzip zeigt, wie Berater auf eine nachhaltige Verbesserungskultur hin arbeiten können – ganz im Sinne des Kunden. KAI – Change ie Methodenvielfalt in der Prozessoptimierung gleicht D einem Dschungel, der zunehmend undurchdringbarer wird. Der Hauptfokus der gängigen Methoden zielt stets darauf ab, die Elemente Qualität, Zeit, Kosten und Ressourcen in ein optimales Gleichgewicht zu bringen. Unternehmen müssen dementsprechend ihre Fragestellungen und Zielsetzungen in der Prozessoptimierung gegen die zur Verfügung stehenden Methoden spiegeln, um die Leistung ihres Unternehmens zu steigern und ihre Verbesserungspotenziale auszuschöpfen. Eine Vielzahl der Optimierungsprojekte zielt dabei aber nicht auf eine nachhaltige Verbesserungskultur ab. Dies ist wenig verwunderlich, haben sie doch zumeist den klaren Auftrag, schnell Erfolge zu zeigen. Die Folge sind Maßnahmen, die in kürzester Zeit, mit geringem finanziellen Investment und möglichst ohne große Veränderungen umgesetzt werden sollen, um nicht die eigene Veränderungsbereitschaft auf die Probe zu stellen. Es gilt jedoch vielmehr, eine permanente Optimierungskultur zu schaffen, in der die Abwendung vom Status Quo sowie die Sensibilisierung und Integration aller betroffenen Mitarbeiter explizit gefordert ist. 20 Detecon Management Report blue • 2015 ZEN – Good Diese Herausforderung stellt sich auch in vielen Beratungsprojekten. Insbesondere große Konzerne investieren eher in komplexe Strategieprojekte mit einer großen Zielvision, während direkt umsetzbare Verbesserungsmaßnahmen zumeist unbeachtet bleiben. Dabei müssen sich top-down Vorgehensweise innerhalb komplexer Projekte und konkrete, pragmatisch umsetzbare Optimierungen bottom-up nicht ausschließen. Gerade in strategischen Transformationsprojekten, Restrukturierungsmaßnahmen oder im Rahmen der Harmonisierung komplexer IT-Landschaften muss es das Ziel sein, eine Arbeitskultur zu schaffen, in der Prozessstörungen nicht mehr einfach akzeptiert, sondern diskutiert und proaktiv Verbesserungsmaßnahmen ergriffen werden. Und genau an dieser Stelle kann das KAIZENPrinzip der kontinuierlichen Verbesserung sein volles Potenzial entfalten. Effizienz durch Kulturwandel KAIZEN (Kai = Veränderung, Zen = zum Besseren) ist eine japanische Managementphilosophie, die auf die Identifizierung sowie Vermeidung von Fehlern und Ineffizienzen im Unterneh- men abzielt und klaren Grundprinzipien folgt. Im Fokus stehen hierbei nicht die großen Innovationen, sondern die Vielzahl an Verbesserungsvorschlägen, die sich aus der Einbindung aller Mitarbeiter ergeben. Wesentlich sind hierbei deren schnelle Umsetzung und die Sichtbarkeit der Erfolge. Die Lösung liegt darin, Verschwendung sehen zu lernen, Handlungsspielräume zu nutzen und Verantwortung zu übernehmen. Dieser Ansatz muss implizit in das Beratungsgeschäft eingebracht werden, indem die KAIZEN-Kultur im Beratungsalltag verankert und geeignete Elemente sowie Methoden im Sinne des Kunden adaptiert werden. Die KAIZEN-Philosophie muss den Berater im alltäglichen Projektgeschäft begleiten. Dabei erfolgt ein permanenter Erfahrungsaustausch und Know-howTransfer hinsichtlich der Vorgehensweise zur Identifizierung und Umsetzung von Optimierungspotenzialen nach KAIZEN. Dies gilt sowohl im Projekt vor Ort für die Prozesse innerhalb der Unternehmen als auch für die eigenen Projektmanagementund Supportprozesse. Nach dem Ambassadorenprinzip wird dadurch der Kunde für Verschwendung sowie pragmatisch umsetzbare Verbesserungspotenziale sensibilisiert und der erforderliche Kulturwandel unterstützt. Über Ineffizienzen und Fehler sowie potenzielle Lösungsalternativen muss diskutiert werden dürfen. Erst wenn die bewusste Auseinandersetzung mit den Ursachen der Verschwendung möglich ist, kann die notwendige permanente Optimierungskultur entstehen. Leben Beratungsunternehmen nicht genau von der Verschwendung ihrer Kunden? Es mag absurd klingen, dass ein Beratungsunternehmen nicht nur auf die große Gesamtlösung für den Kunden fokussiert, sondern mit kleinen pragmatischen Schritten anhand einer bereits seit Mitte der 1980er Jahre angewendeten Methode Verschwendung im Unternehmen abschaffen möchte. Der Grund liegt jedoch auf der Hand – es ergibt sich hier eine klare WinWin-Situation. Im Unternehmen selbst entsteht mit dem „Erleben“ der konkreten Verbesserungen von der eigentlichen Identifizierung der Prozessstörung bis zur Umsetzung entsprechender Verbesserungsmaßnahmen eine neue Arbeitskultur, die auch nach dem Ende der Beratungsprojekte nachhaltig bestehen bleibt Jeder Mitarbeiter wird dahingehend sensibilisiert, die eigenen Arbeitsabläufe kontinuierlich zu hinterfragen und mit kleinen Schritten im eigenen Wirkungskreis kurzfristig zu verbessern beziehungsweise nach Optimierungspotenzial zu suchen. Dieses Potenzial muss als Chance betrachtet werden, die Verschwendung in Arbeitsschritten zu reduzieren. Klassische Fragen sind zum Beispiel: • Was mache ich wann, wie lange, wie oft und vor allem warum? • Was ist das Ziel meiner Handlung? Erreiche ich meine Ziele in dem Arbeitsschritt? • Wie kann ich Aufwand in Arbeitsschritten reduzieren? Wie kann ich den Ertrag der Arbeitsschritte erhöhen? • Welche Arbeitsschritte sind nicht zielführend, redundant oder sehr arbeitsintensiv, und warum ist das so? Dies fördert die Auseinandersetzung und Identifikation der Mitarbeiter mit ihren Aufgaben, führt zu mehr Eigenverantwortung bei den Mitarbeitern und letztendlich auch zu einer höheren Mitarbeitermotivation und -zufriedenheit. Motivierte und zufriedene Mitarbeiter wiederum zeigen eine höhere Leistungsbereitschaft. Aus komplexeren Herausforderungen, welche nicht auf Arbeitsebene in kurzer Zeit optimiert werden können, ergeben sich langfristige Handlungsoptionen, die strukturiert in die weitere Geschäftsentwicklung und in langfristige Verbesserungsmaßnahmen eingebracht werden können. Auf der anderen Seite entsteht neben der effizienteren Projektarbeit eine neue Qualität hinsichtlich der Kundenbindung. Durch kurzfristig realisierte Quick Wins wird das Vertrauen in den Erfolg der aktuellen Zusammenarbeit gesteigert, die zugesprochene Kompetenz und Reputation erhöht. Die komplexeren Handlungsoptionen können dadurch in eine langfristige und nachhaltige – für beide Seiten gewinnbringende – Zusammenarbeit münden. KAIZEN zielt auf langfristige Effekte Die positiven Effekte der kontinuierlichen Verbesserung nach dem KAIZEN-Prinzip sind in der Regel nicht immer monetär eindeutig bewertbar. Dies gilt insbesondere für die Service- und Dienstleistungsbranche, in der die Prozesse häufig hochintegrativ und komplex sind und hohe Anforderungen an ihre Flexibilität gestellt werden. Es geht jedoch auch nicht darum, die jeweiligen Einzelmaßnahmen oder auch die Verbesserungen in ihrer Gesamtheit in einer monetären Ersparnis zu beziffern. Es geht darum, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der langfristig durch viele kleine punktuelle Optimierungen bei relativ geringen Invests implizit die Leistungsfähigkeit und Kunden orientierung des Unternehmens gesteigert wird. Meike Bosse und Theresa Zeuzem beraten Unternehmen zum Themengebiet Transformation & People Management. 21 Detecon Management Report blue • 2015
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