Das Gesicht – Spiegel der Seele Bei uns daheim gab es ein altes Sprichwort, das da lautete: Schau einem Menschen ins Gesicht, dann weißt du, mit wem du es zu tun hast. Aus Gesichtern kann man Herkunft, Gefühle und viel über das Wesen eines Menschen ablesen. Jedes Gesicht sieht anders aus, und das hat durchaus seinen Sinn. Denn am Gesicht erkennt man Menschen wieder. Am Gesicht unterscheiden wir Freund und Feind – was schon für unsere frühesten Vorfahren über Leben und Tod entscheiden konnte. Warum sehen Menschen aus den verschiedensten Teilen der Erde so unterschiedlich aus? Wissenschaftler führen dies auf klimatische Anpassungen zurück. So sind gekräuselte Haare einiger tropischer Völker deshalb entstanden, um den Kopf vor Hitze zu schützen. Die spärliche Gesichtsbehaarung der Tibetaner kam deshalb zustande, weil ein Bart am Gesicht festfrieren würde und gefährliche Verletzungen entstehen könnten. Bei Menschen, die in der Wüste leben, haben sich im Laufe ihrer Entwicklungsgeschichte grosse, vorstehende Nasen durchgesetzt, die die eingeatmete Wüstenluft befeuchten können, ehe sie das empfindliche Lungengewebe erreicht. Und das flache gutgepolsterte Gesicht der Eskimos und deren Hautfalte zwischen Nasenrücken und innerem Augenlid haben sich zum Schutz gegen Minustemperaturen entwickelt. Sogar für die Fortpflanzung sind Gesichter von Bedeutung. Sie dienen dazu, Aufmerksamkeit zu erregen und strahlen sexuelle Anziehungskraft aus. Damit erhöhen sie die Überlebens- und Fortpflanzungschancen eines Menschen. Die Formel für Schönheit könnte also heissen: Überleben des sexuell attraktivsten. Schönheitsideale stellen eine Art sexuellen Wunschkatalog dar – und verändern sich von Epoche zu Epoche. Bei den Frauen unseres Kulturkreises hat sich das Schönheitsideal allein in den letzten 40 Jahren enorm gewandelt: von der betont weiblichen, stark geschminkten Diva à la Marilyn Monroe oder Grace Kelly hin zur sportlichen, emanzipierten, selbständigen Frau, deren Gesicht frisch und natürlich aussieht. Die Gesichter einer Epoche werden auch von ererbten Faktoren geprägt. Anthropologen erklären, wie sich unser Gesicht im Laufe der Evolution entwickelt hat: Die geraden, nach vorne stehenden Augen entwickelten unsere affenartige Vorfahren, um beim Sprung von Ast zu Ast genau die Entfernung abschätzen zu können. Die Kieferund Wangenpartien haben zu tun mit den Ernährungsgewohnheiten unserer Vorväter. Immer mehr Gesichtsmuskeln entwickelten sich, um sich im Hordenleben der Zwischeneiszeit ohne viele Worte verständigen zu können. 40 000 Jahre dauerte es, bis Menschengesichter Mitgefühl und Lächeln ausdrücken konnten. Gefühle und Gedanken prägen Mimik, Züge und Falten ebenso wie klimatische Einflüsse. So sieht das Gesicht eines Griesgrams im Alter anders aus als das eines glücklichen Menschen, der für ein freundliches Lächeln nur 17 Gesichtsmuskeln benötigt. Um böse, bitter oder wütend dreinzuschauen, braucht man hingegen 43 Gesichtsmuskeln. Aber nicht nur Anthropologen haben Studien über Gesichter betrieben. Auch in der Kunst, zum Beispiel bei Film und Theater, hat man sich die Kraft eines Lächelns oder den tiefen Blick ins Auge zunutze gemacht. Denken wir doch an Léhars Operette „Im Land des Lächelns“ oder an den berühmten Film „Casablanca“, wo Humphrey Bogart zu Ingrid Bergmann immer wieder sagte: „Schau mir in die Augen Kleines“. Da Lächeln schön macht und Lachen gesund ist, kann man nur jedem immer wieder raten: „Ein Tag, an dem man nicht mindestens einmal gelächelt hat, ist ein verlorener Tag.“ (Charlie Chaplin)
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