mein wahres gesicht - aufbrechen ins leben

MEIN WAHRES GESICHT Wie oft fürchtete ich das Gesicht zu verlieren, wenn ich dieses täte oder jenes, wenn ich sagte, was ich wirklich denke und von Gewohnheiten ließe, die allen inzwischen vertraut. So polierte ich die Fassade, trug mehr und mehr Farbe auf, kittete die Risse längst bevor andere sie entdeckten und schuf so im Laufe der Jahre nichts als Maske auf Maske. So ging in der Tat mein Gesicht ganz verloren; was außen zu sehen das war gar nicht ich selbst. Tief unter den Masken kauerte ich spielte Rolle um Rolle im Theater des Scheins. Nur auf der Bühne fand mein Leben statt, nach jeder Aufführung war ich wie tot. Die Last der Masken drückte mich nieder; ich brauchte Krücke um Krücke um sie zu tragen. Und eines Tages war´s dann soweit: Keine Krücke konnte mehr halten das enorme Gewicht. Ich brach zusammen unter der Last und stürzte zu Boden mitten im Spiel. Als der Applaus dann verstummte, war unüberhörbar und laut der Schrei meiner Seele zu hören. Wurden nun meine schlimmsten Befürchtungen wahr? Nein! Denn als ich glaubte, nun endgültig mein Gesicht zu verlieren, da splitterte die Fassade, Maske um Maske zerbrach, und der Blick wurde frei auf mein wahres Gesicht. Dieses Gesicht will ich nie mehr verlieren, nie wieder will ich mit Masken es tarnen. Ich will ICH SELBST sein und LEBEN und auf der Bühne des Scheins nie mehr ein Schauspiel geben. © Hannelore Bares