vom 20. November 2015 (PDF 64 KB)

NeueZugerZeitungvom20.November2015
Soll der Kanton vier Schulen schliessen?
SPARPROGRAMM ⋅ Eine Kommission stellt eine brisante Forderung – und
damit eine ganze Reihe von Bildungsinstitutionen in Frage. Das kommt nicht
überall gut an.
Christian Peter Meier
Soll der Kanton Zug traditionelle Einrichtungen wie das Landwirtschaftliche Bildungs- und
Beratungszentrum im Schluechthof, die Fachmittelschule, die Wirtschaftsmittelschule oder
gar die Pädagogische Hochschule aus finanziellen Gründen schliessen? Über diese Frage hat
sich nun die Regierung Gedanken zu machen; sie soll «kritisch prüfen, ob sich der Kanton die
verschiedenen Bildungseinrichtungen auch in Zukunft noch leisten will und kann». Dies
fordert die erweiterte Staatswirtschaftskommission (Stawiko) in ihrem Bericht zum Budget
und zum Finanzplan.
Wie die Kommission ausführt, bestehe etwa bei der Fachmittelschule «ein rechnerisches
Einsparungspotenzial von 2,4 Millionen Franken pro Jahr». Dies vor dem Hintergrund, dass
diese Schule den Kanton derzeit jährlich 5,5 Millionen Franken kostet. Würden die rund 190
Zuger Schülerinnen und Schüler aber für die gleiche Ausbildung in einen anderen Kanton
geschickt, käme dies unseren Kanton nur auf 3,1 Millionen Franken zu stehen. Für den
Chamer Schluechthof stellt die Stawiko ähnliche Berechnungen an: Mit einer Aufhebung der
Institution kann der Kanton laut der Kommission rund eine Million Franken sparen.
Keine Denkverbote
«Ein temporärer Einbruch bei den Schülerzahlen der Fachmittelschule Zug war für uns
Anlass, uns mit diesem Angebot vertieft auseinanderzusetzen», sagt Stawiko-Präsidentin
Gabriela Ingold (FDP, Unterägeri). Dabei habe sich gezeigt, dass die Schule mit rund 200
Schülern eigentlich zu klein sei. «Optimalerweise hätte sie 400 Schülerinnen und Schüler.»
Auch bei den anderen erwähnten Bildungsstätten stelle sich die Frage, ob sie nicht zu klein
und damit im Verhältnis zu teuer seien. Ingold: «Wir sind der Meinung, dass man bei der
derzeitig dramatischen Finanzlage des Kantons auch die grossen Posten unter die Lupe
nehmen muss – ohne Denkverbote, aber natürlich mit offenem Resultat.»
«Materiell offen»
Genau dies betont auch Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel: «Es handelt sich hier um
einen materiell offenen Prüfungsantrag, den die Regierung – wie übrigens auch die Stawiko –
in einen Gesamtzusammenhang stellt.» Die Exekutive habe sich ja selber schon einen
ähnlichen Auftrag gegeben: «Im Rahmen des Projektes ‹Finanzen 2019› werden wir alle
Ausgaben auf den Prüfstand stellen – ohne Tabus. Das hat die Regierung bereits
kommuniziert, und darunter fallen auch die erwähnten Institutionen.» Welche der genannten
Schulen könnte denn am ehesten zur Disposition stehen? Auf solch konkrete Fragen kann und
will Michel derzeit noch nicht eingehen. Auch die Frage, ob es den Zuger Studierenden und
Schülern zuzumuten sei, für ihre Ausbildung in andere Kantone zu reisen und ob dort
überhaupt die Bereitschaft bestehe, Zugerinnen und Zuger auszubilden, bleibt vorerst im
Raum stehen. «Entsprechende Antworten ergeben sich erst aus dem Prüfprozess», versichert
Michel.
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Generell stehe die Regierung entsprechend ihrer Strategie für ein breites Bildungsangebot im
Kanton ein. «Doch dieses muss gleichzeitig auch dem Bedarf entsprechen.» Darum werde das
Angebot auch laufend angepasst, betont Michel. «Im Gewerblich-industriellen
Bildungszentrum zum Beispiel werden gewisse Lehrgänge nicht durchgeführt, wenn zu wenig
Schüler vorhanden sind. Dann schaut man, dass die Lernenden anderswo unterkommen.»
«Steuerzahler würden abwandern»
Kritisch reagiert man beim Lehrerinnen- und Lehrerverein des Kantons Zug auf die
Schliessungsidee: «Wir finden es falsch, an den Bildungsangeboten zu sparen. Der Kanton
kann sich diese Schulen leisten», sagt Vereinspräsidentin Barbara Kurth-Weimer und rechnet
vor, dass die möglichen Einsparungen etwa für die Fachmittelschule «gerade mal 20 Franken
pro Einwohner» betragen. Die Attraktivität des Kantons würde hingegen durch ein tieferes
Bildungsangebot leiden – und Schüler würden zu längeren Schulwegen gezwungen. «Durch
eine Schulschliessung würden zudem attraktive Arbeitsplätze und damit gute Steuerzahler
vom Kanton Zug abwandern. Der Kanton würde quasi am Ast sägen, auf dem er sitzt.»