Kantonsfinanzen: Kein Grund zur Euphorie

1 Medienmitteilung
Kantonsfinanzen: Kein Grund
zur Euphorie
Die Erfolgsrechnung des Kantons St.Gallen schliesst mit einem operativen
Überschuss von 107,8 Mio. Franken um rund 183 Mio. Franken besser ab als
budgetiert. Diese erfreulichen Zahlen wohnt die Gefahr inne, dass sie den
Blick auf die finanzpolitischen Realitäten im Kanton verstellen: Der aktuelle
Überschuss ist primär auf glückliche Umstände zurückzuführen. Mittelfristig
hat St.Gallen nach wie vor ein Ausgabenproblem. Zu Euphorie respektive
­finanziellen Experimenten besteht daher kein Anlass.
Die heute vom Kanton präsentierte Erfolgsrechnung für das Jahr 2015 mit einem Ertragsüberschuss von 154,5 Mio. Franken erscheint auf den ersten Blick wie ein üppig gefülltes Osternest.
Nach Ausklammerung der Bezüge aus dem freien und besonderen Eigenkapital sowie der ausserordentlichen Positionen resultiert ein operativer Überschuss von 107,8 Mio. Franken.
Einmalige Effekte
Bei genauerer Betrachtung der Zahlen zeigt sich indes ein viel nüchternes Bild. So ist der bessere Rechungsabschluss in erster Linie auf die nicht budgetierte Gewinnausschüttung der
Schweizerischen Nationalbank (SNB) von 80,7 Mio. Franken zurückzuführen. Ebenso nahm
der Kanton aus den Kantonssteuern und den Anteilen der direkten Bundessteuern rund
38 Mio. Franken mehr ein.
Glückliche Umstände und nicht die erfolgreiche Reduktion der Ausgaben haben dem Kanton
somit das gute Ergebnis beschert. 2015 ist der Gesamtaufwand des Kantons um fast 100 Mio.
Franken (2,2 Prozent) gestiegen, während das Bruttoinlandprodukt real um 0,9 Prozent gewachsen ist. Die Staatsquote im Kantons St.Gallen steigt somit weiter an.
An der grundlegenden Einschätzung der FDP zu den finanziellen Perspektiven des Kantons
ändert der Rechnungsabschluss daher nichts. Auf dem Weg zur angestrebten Sanierung des
Staatshauhalts bewegt sich der Kanton St.Gallen nach wie vor auf sehr dünnem Eis. Trotz der
in der Vergangenheit getroffenen Massnahmen bleibt für finanzielle Abenteuer – etwa übereilte Forderungen nach Steuersenkungen – respektive für kostspielige Klientelpolitik kein Platz.
Dies belegt auch der von der Regierung im Januar 2016 präsentierte Aufgaben- und Finanzplan (AFP) für die Jahre 2017 bis 2019. Im laufenden Jahr sowie in den Jahren 2018 und 2019
rechnet die Regierung mit Defiziten im mittleren zweistelligen Millionenbereich.
Gang der Wirtschaft ist entscheidend
Mittelfristig wird der finanzielle Horizont des Kantons massgeblich durch den Gang der Wirtschaft bestimmt. Sollte das Wirtschaftswachstum in den nächsten Jahren geringer ausfallen
als im errechneten Szenario, das der Kanton im AFP zugrunde gelegt hat, wird dies unweigerlich einen direkten Einfluss auf die Steuereinnahmen des Kantons haben. Die finanziellen
­Unwägbarkeiten bei der Umsetzung der Unternehmenssteuerreform III (Bund) und der
­Sanierung der Pensionskasse für das Staatspersonal (Kanton) machen exakte Voraussagen
­unmöglich.
2 Medienmitteilung
Eigenkapital äufnen
Nach wie vor verfügt der Kanton St.Gallen dank seines Eigenkapitals über einen Puffer, mit
dem Defizite in der laufenden Rechnung geglättet werden können. Um den daraus resultierenden finanziellen Spielraum auf längere Sicht erhalten respektive stärken zu können, ist es sehr
wichtig, den Bestand des Eigenkapitals langfristig zu stabilisieren. Folgerichtig begrüsst die
FDP den Vorschlag der Regierung, den ausgewiesenen Erfolgsüberschuss vollständig zur
­Äufnung des freien Eigenkapitals – die erste seit dem Jahr 2009 – zu verwenden.