Logfile 44: Transport und Lagerung von Arzneimitteln - GMP

LOGFILE Nr. 44 / November 2015
Maas & Peither AG – GMP-Verlag
Wie transportieren und lagern Sie Arzneimittel?
Das müssen Sie jetzt wissen!
von Dr. Sabine Paris
Am 28. und 29. Oktober 2015 fanden in Freiburg i. Br. die GMP-BERATER Tage im interaktiven
Format der GMP-DIALOGE statt. Die Gelegenheit zu intensiven Gesprächen mit Autoren, Inspektoren und Kollegen wurde auch dieses Jahr intensiv und ergebnisreich genutzt.
Einer der sechs GMP-Dialoge drehte sich um die Frage: Wie transportieren und lagern Sie Arzneimittel? Als Expertinnen diskutierten GMP-Inspektorin Dr. Petra Rempe (Bezirksregierung
Münster), Dr. Nicola Spiggelkötter (Knowledge & Support) und Simone Dietz (Grieshaber Logistics Group AG) mit den Teilnehmern über die praktische Umsetzung der Anforderungen der
GDP-Leitlinien.
Transport ist ein Prozess, der verifiziert werden muss
„Transport und Lagerung sind die qualitätsbestimmenden Schritte nach der Arzneimittelherstellung“, leitete Petra Rempe in ihrem Kurzvortrag in das spannende Thema ein. Sie ergänzte:
„Transport ist die mobile Form der Lagerung, so dass an beide Tätigkeiten grundsätzlich gleiche
Anforderungen gestellt werden“. Wichtig ist: Transport ist ein Prozess. Die Geeignetheit des
Prozesses muss durch Verifizierung gezeigt werden.
Die GMP-Inspektorin riet Großhändlern, sich folgende Fragen zu stellen:

Kennen Sie die Eigenschaften/Robustheit Ihrer Arzneimittel?

Kennen Sie die Temperaturverteilung in Ihrem Lager?

Kennen Sie Risiken Ihrer Transportwege?

Werden Sie über Abweichungen beim Transport informiert?

Haben Sie ein Prozedere zum Umgang bei Abweichungen der Lager-/Transportbedingungen?
Vielleicht antworten Sie darauf mit einem einfachen: „Ja!“ Die Antworten auf diese Fragen
sollten jedoch auf dokumentiertem Wissen basieren. Der Nachweis sollte anhand der aktuellen
Datenlage geführt werden können.
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Risikoanalyse ist das A und O
Die drei Expertinnen waren sich einig: Die Risikoanalyse ist das A und O der Transportverifizierung. „Der Großhändler muss seine Produktpalette kennen und die Risiken müssen ehrlich erhoben werden“, betonte Petra Rempe. Hinsichtlich der Methodik der Risikoanalyse stimmten die
Expertinnen überein, dass eine FMEA (Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse) in den meisten
Fällen nicht notwendig ist. „Wenn die Risiken gut eingeschätzt werden können, muss keine
FMEA gemacht werden“, so Nicola Spiggelkötter. „Das Fischgrät-Diagramm eignet sich auch sehr
gut für die direkte praktische Anwendung durch die Mitarbeiter“, ergänzte Petra Rempe.
Simone Dietz hob die Vorteile von Risikoanalysen hervor, die für verschiedene Produkte verschiedene Wege der Umsetzung erlauben. Sie riet Großhändlern, den Ergebnissen der Analysen
zu vertrauen und nicht z. B. dann trotzdem „zur Sicherheit“ jeder Lieferung einen Datenlogger
beizufügen.
Verifizierung von Normaltemperatur-Transporten
Produktkenntnis und Stabilitätsdaten sind maßgeblich für die Verifizierung von Normaltemperatur-Transporten. Was ist konkret zu tun, wenn beim Transport die Grenztemperaturen überbzw. unterschritten werden? „Der Großhändler muss Verfahren festlegen, wie mit diesen Fällen
umzugehen ist“, so Petra Rempe. Jeder Fall muss produktspezifisch bewertet werden, da z. B.
Temperaturüberschreitungen bei Salben im Allgemeinen kritischer sind als bei Tabletten.
„Auf keinen Fall sollte mit der mittleren kinetischen Temperatur (MKT) gearbeitet werden“,
warnte die GMP-Inspektorin, „denn Sie kennen die Temperaturverläufe sämtlicher zuvor erfolgter Transporte nicht!“ Dies empfiehlt auch das behördliche Frage- & Antwortpapier zum Betreiben eines Großhandels mit Arzneimitteln der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz
1
(ZLG) .
Simone Dietz berichtete, dass in den meisten Fällen bei der Überschreitung der Grenztemperatur
die Arzneimittel im Zweifel vernichtet werden.
Zusätzliche Stabilitätsdaten als wissenschaftliche Grundlage
Ältere Arzneimittelzulassungen enthalten zumeist keine Stabilitätsdaten bei 40 °C, so dass Auswirkungen von Temperaturüberschreitung der Normaltemperatur nicht beurteilt werden können. „Die Erhebung von zusätzlichen Stabilitätsdaten ist hier genau der richtige Weg. „Die
Daten bilden die wissenschaftliche Grundlage für den Umgang mit Abweichungen“, bestätigte
Petra Rempe.
Mechanische Robustheit beim Großhändler
Wie kann der Großhändler die mechanische Robustheit in der Transportverifizierung abbilden?
„Der Großhändler muss sich sein Portfolio risikobasiert näher ansehen“, riet Petra Rempe,
„Handele ich zum Beispiel mit Tabletten in Blistern, einzelverpackten Brausetabletten oder
Pulvermischungen (die sich trennen können)?“. „Die Verifizierung muss immer prospektiv ausgerichtet sein. Historische Daten können unterstützend eingesetzt werden“, ergänzte Simone
Dietz.
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Temperaturgeführte Transporte
Die Teilnehmer berichteten von ihre Erfahrungen mit Transportdienstleistern insbesondere zu
temperaturgeführten Transporten. Wichtig ist, dass der Auftraggeber die Anforderungen an den
Transport vorschreibt. Der mögliche Temperaturbereich sollte vertraglich festgelegt werden.
Auch lohnt es sich, den Transportdienstleister auf individuelle Absprachen anzusprechen. So
können z. B. Transportwege sowie Zeiten für Abholung und Auslieferung auch abweichend von
üblichen Standards festgelegt werden.
Paketdienstleister lassen sich oftmals nur schwierig vertraglich einbinden. Möglich ist in diesen
Fällen, Datenlogger in die Sendungen zu legen. Petra Rempe nannte als Alternativen qualifizierte Transportbehälter.
Re-Verifizierung der Transporte
In welcher Frequenz sollte eine Re-Verifizierung der Transporte erfolgen? Wie und in welchem
Umfang? Diese Fragen diskutierten die Teilnehmer zum Abschluss des Dialoges mit den Expertinnen.
„Die Frequenz ist abhängig von der Datenlage“, so Nicola Spiggelkötter. „Sie sollten sich einen
Zyklus risikobasiert vorgeben“, erläuterte Simone Dietz. „Dabei ist zu prüfen, ob eine ReVerifizierung überhaupt notwendig ist. Auch im Rahmen des Management Reviews wird das
Thema betrachtet. Ebenso besteht eine Verbindung zum Change Management.“
Petra Rempe wies auf Folgendes hin: „Die Re-Verifizierung muss in einigen Fällen in kürzeren
Intervallen erfolgen, so z. B. ganz zu Beginn oder auch bei Änderungen des Prozesses.“ „Bei
einer ständigen Überwachung mit Loggern bei temperaturgeführten Transporten ist ggf. keine
Re-Verifizierung notwendig bzw. erst nach einer gewissen Anzahl von Änderungen. Wichtig ist
es, Daten zu haben, diese auszuwerten und Trends zu erfassen“, schloss die GMP-Inspektorin.
Quelle:
1. Frage- und Antwortpapier zum Betreiben eines Großhandels mit Arzneimitteln, EFG 09
„Großhandel / Arzneimittelvertrieb“, Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten
https://www.zlg.de/index.php?eID=tx_nawsecuredl&u=0&file=fileadmin/downloads/AM/EFG/EFG
09/FuA_Final.pdf&hash=dfe7447546cb3b910bd365ec829976a2c3f9fad6
Autorin:
Dr. Sabine Paris, Redakteurin
Maas & Peither AG – GMP-Verlag, Schopfheim, Deutschland
E-mail: [email protected]
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