Technical Writing muss auch verständlich sein! - GMP

GMP-BERATER Tage 2015
Teilnehmer-Handout
Technical Writing muss auch
verständlich sein!
Verständliches Schreiben als Handwerk
29. Oktober 2015, Freiburg-Munzingen,
GMP-BERATER Tage 2015
Prof. Dr. Christoph Fasel, www.fasel.de
Wie man verständlich schreibt
● Aufmerksamkeitsspannen heute: Wie heute gelesen
wird
● Habe ich eine Kernbotschaft, die es wert ist, meinem
Leser mitgeteilt zu werden?
●
●
●
●
Klartext schreiben: Kurze Sätze, Nominalstil meiden
Das richtige Wort nutzen: Bullshit-Bingo unterlassen
Verben großzügig einsetzen – mit Adjektiven knausern
Abkürzungen, Fremdwörter und Fachkauderwelsch
vermeiden
● Die Kraft des deutschen Hauptsatzes nutzen
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Will hier wirklich jemand
kommunizieren?
Die EU-Kommission hat eine neue Richtlinie
veröffentlicht.
Der Grund ist, dass, sobald die Verordnung (EU) Nr.
536/2014 auf klinische Studien anwendbar wird, die
Herstellung und die Einfuhr von IMPs für den Einsatz in
klinischen Studien nach dieser Verordnung nicht mehr
nach den GMP-Grundsätzen für IMPs gemäß Richtlinie
2003/94/EG erfolgen kann. Dann müssen sie gemäß den
Verordnungen der Delegierten Rechtsakte oder anderen
spezifischen Verordnungen hergestellt oder importiert
werden. Daher ist es notwendig, dass die Directive
2003/94/EG durch einen neuen Durchführungsrechtsakt
zu Grundsätzen und Leitlinien zur guten
Herstellungspraxis für Humanarzneimittel (ohne IMPs)
überarbeitet wird.
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Die Drei-Sekunden-Regel
Merksatz für jeden Autor, der etwas mitteilen will:
Sie haben genau drei Sekunden Zeit, Ihren Leser zu
fangen.
Und danach eine Masse hinreißender Chancen, ihn
umgehend wieder zu verlieren.
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Kernbotschaft: So kann man den Leser
auch vergraulen - 110 Wörter für die
Katz
1. Einleitung
Die im letzten Jahr verabschiedete sogenannte Fälschungsrichtlinie
2011/62/EU [1], die im Rahmen der 16. AMG-Novelle gerade in
deutsches Recht umgesetzt wird, fordert zum einen auf jeder
Arzneimittelverpackung die Anbringung von Sicherheitsmerkmalen,
mit denen die Echtheit des Arzneimittels überprüft und einzelne
Packungen identifiziert werden. Zum anderen sollen zusätzlich
Vorrichtungen bzw. Merkmale an der Verpackung vorhanden sein, die
potentielle Manipulationen sichtbar machen. Bezüglich
Manipulationsschutz haben Arzneimittel- und Packmittel-Hersteller
und andere interessierte Kreise eine deutsche Norm erarbeitet und in
die europäische Normenorganisation CEN eingebracht, wo sie
gemeinsam mit den CEN-Mitgliedern – nationale
Normenorganisationen in Europa und europäische Herstellerverbände
– harmonisiert und dabei weiter detailliert wird.
Darüber soll an dieser Stelle aber nicht weiter berichtet werden. ...
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Wo steckt die Kernaussage?
„Die erste, ja schon für sich alleine beinahe ausreichende
Regel des guten Stils ist, dass man etwas zu sagen habe:
oh, damit kommt man weit!“
Arthur Schopenhauer
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Wo steckt die Kernaussage?
„Es genügt nicht allein, nichts zu sagen zu haben.
Man muss zusätzlich auch noch unfähig sein,
es ausdrücken zu können!“
(Journalisten-Bonmot)
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Regel 1: Habe einen Küchenzuruf
Aus einem Fachbeitrag:
Ein nur auf den ersten Blick banal
erscheinender Faktor von kaum zu
unterschätzender Bedeutung ist nach
Überzeugung des Autors die Firmenkultur des
Herstellungsbetriebs.
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Regel 1: Habe einen Küchenzuruf
Die Analyse:
Ein nur auf den ersten Blick banal erscheinender Faktor
von kaum zu unterschätzender Bedeutung ist nach
Überzeugung des Autors die Firmenkultur des
Herstellungsbetriebs.
 Satzlänge überschritten: Maximal 18 Wörter pro Satz
 Stopfsatz gewählt: Schachtelkonstruktion
 Partizipialkonstruktion: Unnötig verzwickt zu verstehen
 Nominalstil: Uncharmant, leseunfreundlich
 Kernaussage des Textes bleibt schemenhaft
= Fünf Lesehindernisse auf einmal
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Regel 1: Habe einen Küchenzuruf
Die Lösung:
Den entscheidenden Beitrag für das Gelingen eines QM
leistet die Firmenkultur. Keineswegs banal – wie der
Autor aus langjähriger Erfahrung weiß.
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Regel Nummer 2: Meide Bullshit-Bingo
Begonnen wurde die Optimierung der
Trainingsmanagementsoftware, indem die
strukturierenden Elemente, wie die
Schulungsgruppen, die Dokumente und
Themen Einteilung, die Trainingsmatrix, die
überarbeiteten Verantwortlichkeiten (von
zentral zu dezentral) und die damit
verbundene erweiterte Nutzung der
Trainingsmanagementsoftware durch weitere
Systembenutzer umgesetzt wurden.
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Regel Nummer 2: Meide Bullshit-Bingo
Die Analyse:
Begonnen wurde die Optimierung der
Trainingsmanagementsoft-ware, indem die strukturierenden
Elemente, wie die Schulungs-gruppen, die Dokumente und
Themen Einteilung, die Trainings-matrix, die überarbeiteten
Verantwortlichkeiten (von zentral zu dezentral) und die damit
verbundene erweiterte Nutzung der
Trainingsmanagementsoftware durch weitere System Benutzer
umgesetzt wurden.
 Satzlänge gewaltig überschritten: 41 Wörter
 Modewörter: „Optimierung“, „strukturierend“,
„Elemente“.....
 Silbenschleppzüge: Nach der 3. Silbe sinkt das Leserinteresse
 Passiv: Wer ist hier Ross, wer Reiter?
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= Vier Lesehindernisse auf einmal
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Regel Nummer 2: Meide Bullshit-Bingo
Die Lösung:
Wir haben unser Programm zum Management-Training
verbessert. Neue Schulungsgruppen, mehr Dokumente und
mehr Themen erleichtern nun die Anwendung. Zudem haben
jetzt weitere Benutzer Zugang. Damit können Sie das
Programm in Zukunft auch dezentral einsetzen.
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Regel Nummer 3: Folge der Logik
Beispiel
Falls während der Herstellung Abweichungen
beobachtet wurden, sind vom betreffenden
Schichtleiter, der Gruppenleiter und der GMPCompliance Manager oder der Leiter der
Herstellung zu informieren.
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Regel Nummer 3: Folge der Logik
Die Analyse:
Falls während der Herstellung Abweichungen
beobachtet wurden, sind vom betreffenden Schichtleiter,
der Gruppenleiter und der GMP-Compliance Manager
oder der Leiter der Herstellung zu informieren.
 Das Wichtigste steht im Nebensatz
 Der Relativsatz lässt die Einzelbotschaften verblassen
 Aufzählungen gehen im Lauftext unter
= Drei Lesehindernisse auf einmal
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Regel Nummer 3: Folge der Logik
Die Lösung:
Weichen die Werte bei der Herstellung ab, informiert der
Schichtleiter sofort den
● Gruppenleiter und
● GMP-Compliance Manager oder
● den Leiter der Herstellung.
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Regel Nummer 4:
Löse Dich vom Fachchinesisch
Wenn man sich darüber hinaus noch
veranschaulicht, dass in Abhängigkeit von
Sterilisationsanlagengeometrie und genutzten
Verpackungseinheit(en) ein Verhältnis von
erreichter Maximal- zu Minimaldosis (≥ 25 kGy)
von 1,4 zu 1 bestehen kann [14], d. h., im
Maximum können 35 kGy erreicht, wenn
mindestens 25 kGy angestrebt werden, dann
wird die Frage nach geringeren Dosen – im
Verhältnis zur Referenzsterilisationsdosis –
drängender (nicht nur aus
Produktkompatibilitäts-, sondern auch aus
ökonomischen Gründen).
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Regel Nummer 4:
Löse Dich vom Fachchinesisch
Die Analyse:
Wenn man sich darüber hinaus noch veranschaulicht, dass in
Abhängigkeit von Sterilisationsanlagengeometrie und genutzten
Verpackungseinheit(en) ein Verhältnis von erreichter Maximal- zu
Minimaldosis (≥ 25 kGy) von 1,4 zu 1 bestehen kann [14], d. h., im
Maximum können 35 kGy erreicht, wenn mindestens 25 kGy angestrebt
werden, dann wird die Frage nach geringeren Dosen – im Verhältnis zur
Referenzsterilisationsdosis – drängender (nicht nur aus
Produktkompatibilitäts-, sondern auch aus ökonomischen Gründen).
 Stopfsatz: Mehrere Verschachtelungen ineinander geschoben
 Satzlänge inakzeptabel
 Silbenschleppzüge: „Referenzsterilisationsdosis“
 Triumph des Fachargons plus integriertem Rechenbeispiel
= Drei Lesehindernisse auf einmal
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Regel Nummer 4:
Löse Dich vom Fachchinesisch
Die Lösung
In der Produktion schwanken die Strahlungsdosen zwischen 25 und 35
Gray. Das liegt an der Konstruktion der Anlagen, aber auch an den
Verpackungen. Das kostet Geld – und lässt die Qualität schwanken. Aus
diesem Grund sollten Unternehmen sich fragen, ob der bisherige DosisMaßstab für die Sterilisation so weiter gelten sollte.
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Regel Nummer 5:
Schreibe klar und kraftvoll
Beispiel
„Im Mittelpunkt des Kongresses stehen drei Problemkreise: Die
technische Realisierbarkeit neuer audiovisueller
Kommunikationsmittel in ihrer jeweiligen Relation zur
wirtschaftlichen Praktikabilität und zur kundenseitigen
Akzeptanz.“
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Regel Nummer 5:
Schreibe klar und kraftvoll
Die Analyse:
„Im Mittelpunkt des Kongresses stehen drei Problemkreise: Die
technische Realisierbarkeit neuer audiovisueller
Kommunikationsmittel in ihrer jeweiligen Relation zur
wirtschaftlichen Praktikabilität und zur kundenseitigen
Akzeptanz.“
 Blähdeutsch: „Problemkreise“, „Mittelpunkt des Kongresses“...
 Nominalstil: „Die technische Realisierbarkeit“ ....
 Überbordende Adjektive: „technisch“, „audiovisuell“ ....
= Drei Lesehindernisse auf einmal
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Regel Nummer 5:
Schreibe klar und kraftvoll
Die Lösung:
Der Kongress will für die neuen Medien klären,
was die Technik kann, was die Wirtschaft will
und was die Leute mögen.
Zum Vergleich noch einmal die Ausgangsfassung:
Im Mittelpunkt des Kongresses stehen drei Problemkreise: Die
technische Realisierbarkeit neuer audiovisueller
Kommunikationsmittel in ihrer jeweiligen Relation zur
wirtschaftlichen Praktikabilität und zur kundenseitigen
Akzeptanz.“
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