Einfach erklärt . . . Warum? Interview mit Alumnus Dr. Sebastian

Forschung 21
Einfach erklärt . . . Warum?
Interview mit Alumnus Dr. Sebastian Trimpe
2007 hat er mit gleich zwei Titeln, dem Diplom in Elektrotechnik und dem MBA in Technology
Management, seine Alma Mater verlassen, um an der Eidgenössischen Technischen Hochschule
(ETH) Zürich zu promovieren. Heute ist Dr. Trimpe Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für
Intelligente Systeme in Tübingen. Im vergangenen Jahr gewann der gebürtige Niedersachse mit
einer allgemeinverständlich geschriebenen Kurzversion seiner Doktorarbeit den bundesweit ausgeschriebenen Klaus-Tschira-Preis (S. 36). spektrum sprach mit dem 33-jährigen Wissenschaftler
über seine Motivation, komplizierte wissenschaftliche Sachverhalte in allgemeinverständlicher
Sprache wiederzugeben.
Warum haben Sie Ihre Doktorarbeit in
allgemeinverständlicher Sprache für
ein breiteres Publikum quasi übersetzt
und woher kam die Initialzündung?
Mein Doktorvater an der ETH Zürich, Raffaello D'Andrea, hat mich ermuntert, mich
für den Klaus Tschira Preis für verständliche Wissenschaft zu bewerben. Auch
wenn es mein erster Versuch war, meine
Doktorarbeit in Textform allgemeinverständlich zu kommunizieren, so hatte ich
zuvor schon verschiedene Gelegenheiten,
mit Menschen außerhalb der Forschung
über meine Arbeit ins Gespräch zu kommen. Zum Beispiel haben wir mein Forschungsprojekt während öffentlicher
Veranstaltungen wie der „Nacht der Forschung" in Zürich vorgestellt. Außerdem
habe ich meine Arbeit mehrfach vor Schülergruppen präsentiert. Nichtsdestotrotz
hat es dann noch einige Zeit gebraucht,
meinen Beitrag gut zu formulieren.
Foto: Irene Ilter
Wieviel Zeit haben Sie investiert, um
ihre Doktorarbeit wie im Wettbewerb
gefordert „in gehobener Umgangssprache“ und unter Berücksichtigung journalistischer Kriterien auf wenigen
Seiten zusammen zu fassen?
Insgesamt etwa eine Woche Vollzeit.
Fachsprachen und ein hohes
Abstraktionsniveau kennzeichnen die
Wissenschaften!
Sprache klar und verständlich ausdrücken zu können?
Idealerweise ist das Ergebnis von Forschung ein Erkenntnisgewinn, der irgendwann der Gesellschaft zu Gute kommt.
Durch verständliches Erklären können
Wissenschaftler diese Verbindung stärken
und sich in gesellschaftliche Diskurse einbringen. Nicht zuletzt kommt viel Geld für
die Forschung aus öffentlichen Mitteln.
Daher haben wir als Forscher auch eine
Pflicht, unser Tun verständlich zu erklären.
Mir scheint, dass Fachsprache und Abstraktion eine effiziente und präzise Kommunikation unter Fachleuten ermöglichen
und daher für die Wissenschaft wichtig
sind. Wie jeder andere muss ich auch als
Wissenschaftler meine Sprache möglichst
gut meinem Gesprächspartner anpassen.
Mit einem Kollegen kommuniziere ich anders als mit einem Zehntklässler. Das ist
sicher nicht immer einfach und erfordert
auch Übung.
Von Einstein soll der Satz stammen:
„So einfach wie möglich erklären, aber
nicht einfacher.“ Warum ist es wichtig,
sich als Forscher auch in anschaulicher
Der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Jürgen Mittelstraß hat sich einst
mit dem Satz „Das Einfache, auch in
der Sprache, ist der Feind der eigenen
Bedeutungsvermutung“ an die Wissenschaften gewandt.
Ich glaube nicht, dass ein Wissenschaftler
nur durch die Verwendung einer klaren
Sprache an Bedeutung verliert – sofern
die Sprache zwar klar, aber nicht übermäßig vereinfachend ist. Im Gegenteil. In der
Wissenschaft sollte der Sinngehalt eines
Ergebnisses oder einer Aussage entscheidend sein. Wenn ich den Inhalt durch den
Gebrauch von Fachsprache aber vor
Fachfremden gewissermaßen verstecke,
kann keine erfolgreiche Kommunikation
stattfinden. Ich denke, dass das am Ende
schadet.
Interview: JKW