PDF ausgabe 2016-22 - Deutsche Gesundheits Nachrichten

Ausgabe | 22
10. Juni 2016
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Wirtschaft
Unternehmen kämpft um Patent für gentechnisch veränderte Tiere
Mehrere Sammeleinsprüche zu dem Patent hat das Patentamt bereits abgelehnt. Nun versuchen es Kritiker mit einer Beschwerde
E
ine besser Welt Dank einer besseren
DNA“ – damit wirbt die US-Firma Intrexon auf ihrer Internetseite. Das Unternehmen aus der Biotech-Branche arbeitet
unter anderen an der gentechnischen
Veränderung von Tieren. Hierzu hat sie
zahlreiche Patente – unter anderem auch
beim Europäischen Patentamt – angemeldet. Doch obwohl dies teilweise bereits
vier Jahre her ist, startet in Europa erneut
ein Angriff auf die Patente von Intrexon.
Im Fokus stehen die Patente EP1572862
und EP1456346. Mit diesen Patenten hat sich
der US-Konzern nicht nur die Methodik zur
gentechnischen Veränderung von Tieren
gesichert, sondern auch die Verwertung
der Tiere: Tiere wie Mäuse, Ratten, Katzen,
Hunde, Schweine und auch Schimpansen.
Dabei baut Intrexon beispielsweise Gene
von Insekten in die DNA von Säugetieren
ein, um auf deren Erbgut Einfluss nehmen
zu können.
Ähnlich ging auch die US-Firma Altor
Bioscience vor. Es hatte 2013 vom Europäischen Patentamt ein Patent EP1409646 A4
Kritiker fürchten einen weiteren Anstieg der „spezialisierten“ Versuchstiere für die Pharmabranche.
Foto: Flickr/ Hannes/CC by nc nd 2.0
erhalten, in dem der Konzern menschliches
Erbgut in die DNA von Affen verpflanzt.
Das hätte die Affen zu Produzenten von
menschlichen Antikörpern machen können:
Ein lukratives Geschäft mit den Pharmafirmen. 2015 hat das Europäische Patentamt
aber dieses Patent nach einem Einspruch
mehrere Organisationen widerrufen.
Die Sammeleinsprüche gegen die Patente von Intrexon wurden vom Patentamt
2015 abgelehnt. Wenngleich das Patentamt
festgestellt hatte, dass die Patente von Intrexon keinen medizinischen Nutzen hätten.
Nun geht der Streit um die Patente auf
gentechnische veränderte Tiere in eine neue
Runde. Zusammen mit Organisationen wie
dem Deutschen Tierschutzbund, der AlbertSchweitzer Stiftung, Pro Wildlife und Jane
Goodall hat Testbiotech, ein Institut für
Folgenabschätzung in der Biotechnologie,
nun eine Beschwerde eingereicht.
„Die Erteilung derartiger Patente führt
dazu, dass Unternehmen versuchen, gentechnisch veränderte Tiere auch dann gewinnbringend zu vermarkten, wenn kein
medizinischer Nutzen zu erwarten ist“, sagt
Christoph Then von Testbiotech. „Patentamt
und Patentinhaber machen Tierversuche
gemeinsam zu einem unmoralischen Geschäft.“ Zu den Aufsichtsmitgliedern des
Konzerns gehört unter anderem auch Robert
B. Shapiro, der 1992 bis 2000 für Monsanto
direkt arbeitete. Zehn Jahre zuvor war er bei
der NutraSweet Company, einem Tochterunternehmen von Monsanto tätig.
Testbiotech zufolge wurden vom Eu-
Analyse
Ausgaben für Krebs steigen signifikant
Derzeit gibt es etwa 70 verschiedene
Arzneimittel zur Anwendung bei Krebserkrankungen und der Markt für Krebsmedikationen steigt. 2015 erreichte der Markt
ein Volumen von 107 Milliarden Dollar. Für
Pharmafirmen wie auch für Biotech-Unternehmen und Start-ups bietet sich damit ein
lukratives Geschäft. Entsprechend stiegen
die weltweiten Ausgaben für Krebsbehandlungen und Medikamente im vergangenen
Jahr um 11, 5 Prozent. Und dass, obwohl noch
nicht einmal alle Behandlungsmethoden in
jedem Land zugänglich sind.
So ist davon auszugehen, dass die Onkologie auch in den kommenden Jahren
weiterhin ein Wachstumsmarkt bleiben
wird. Die IMS Health Study rechnet mit
einem Wachstum zwischen 7,5 und 10,5
Prozent bis 2010 und einem Marktvolumen
von schätzungsweise 150 Milliarden Dollar.
Demnach sollen sich derzeit mehr als 500
Unternehmen auf dem Onkologie-Feld
bewegen.
Diese Woche erhielt der Schweizer
Roche-Konzern von der US-Arzneimittelbehörde FDA grünes Licht für sein Medikament
Tecentriq. Die Arznei darf zur Behandlung
von lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Blasenkrebs bei Patienten eingesetzt
werden, bei denen eine Chemotherapie nicht
gewirkt hat. Die Zulassung gilt vorläufig
und erfolgte nach einer beschleunigten
Begutachtung durch die Behörde. Roche
will mit Tecentriq auch andere Krebsarten
behandeln. Bei Lungenkrebs etwa stuft die
FDA das auch unter dem Namen Atezolizumab bekannte Medikament wie schon
bei Blasenkrebs als Therapiedurchbruch
(Breakthrough Therapy) ein.
Der Pharma- und Chemiekonzern Merck
arbeitet weiter an seiner Krebsimmuntherapie Avelumab. In einer klinischen Studie der
Phase II zur Behandlung einer seltenen und
bösartigen Form des Hautkrebses hätten 29,5
Prozent der Patienten auf das Mittel angesprochen. Knapp zehn Prozent der Patienten,
die alle zuvor bereits eine Chemotherapie
erhielten und deren Erkrankung danach
fortgeschritten war, seien nach einer knapp
sechsmonatigen Behandlung mit Avelumab
tumorfrei gewesen.
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ropäischen Patentamt insgesamt bereits
rund 5.000 Patente auf Tiere angemeldet.
Mehr als 1.500 hat das Europäische Patentamt angenommen. Bei vielen handelt es
sich um gentechnisch veränderte Tiere.
„Verschiedene Firmen haben sich auf das
Geschäft mit diesen Versuchstieren spezialisiert und bewerben deren Verkauf massiv“,
10. Juni 2016
heißt es in der Beschwerde. So hat auch die
Max-Planck Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften ein Patent auf gentechnisch
veränderte Tiere erhalten.
Wirtschaft
Bayern Kapital investiert in Münchner Start-up
Ein Start-up aus München setzt hier an und will Roboter zur Mobilisierung von Intensivpatienten entwickeln
D
ie Robotisierung in Krankenhäusern
ist kaum aufzuhalten. Der Kostendruck bei gleichzeitigem Personalmangel
wird zu einem Umdenken in der Versorgung der Patienten führen. 30 Prozent
der deutschen Krankenhäuser konnten
2015 trotz eines gestiegenen Umsatzes
keinen Jahresüberschuss erwirtschaften.
Und auch die Aussichten für dieses Jahr
sind nicht gut. Zwei Drittel rechnen einer
Roland-Berger Studie zufolge mit einer
weiteren Eintrübung.
Ohne gute finanzielle Grundlagen
wird es jedoch schwer fallen, zusätzliches
Personal zu finden. Die Qualität in den
Krankenhäusern droht zu sinken. Mit Blick
auf den demografischen Wandel wird sich
die Situation wohl noch verschärfen. Denn
trotz fehlender Fachkräfte auch im Pflegebereich, werden zukünftig eigentlich noch
mehr Pfleger gesucht werden.
Das ist der Ansatz des 2015 gegründeten
Die Nachfrage nach technischer Unterstützung bei der Mobilisierung von Patienten ist gegeben.
Foto: Flickr/ Lwp Kommunikáció /CC by 2.0
Münchner Start-ups ReActive Robotics.
Das junge Unternehmen arbeitet an der
Entwicklung von Robotern, die helfen sollen,
Patienten auf Intensivstationen zu mobilisieren. Die Mobilisierung von Patienten
ist für das Pflegepersonal und auch Therapeuten ein anstrengender körperlicher Akt.
Die Robotechnik von ReActive Robotics soll
hier Abhilfe schaffen.
„Mittels robotischer Module, die nach
Bedarf am Patientenbett befestigt werden,
können Patienten direkt in ihrem Bett
mobilisiert werden“, so das Unternehmen.
Dadurch entfalle, im Gegensatz zu verfügbaren Lösungen, der zeitintensive und für
den Intensivpatienten gefährliche Transfer
auf ein separates Therapiegerät.
Persönlichkeiten wie Gerd Hirzinger
vom DLR und Hubert Seitz von der Schoen
Kliniken Group gehören zu den Beratern
des jungen Unternehmens. Die letzte Finanzierungsrunde hat gezeigt, dass ein
wirklicher Bedarf besteht. Nach eigenen
Angaben haben Bayern Kapital, die TQGroup und Lead Investor MTIP MedTech
Innovation Partners AG dem Unternehmen
einen siebenstelligen Investitionsbetrag
zugesagt. Mit dem Geld sollen mehrere
Prototypen für klinische Studien 2017
entwickelt werden. Anfang 2018 soll das
Produkt auf den Markt kommen.
Forschung
Forscher arbeiten an einer Krebsimpfung
Ein deutsches Unternehmen hat erfolgreiche Tests für eine Immuntherapie bei Patienten mit Hautkrebs durchgeführt
D
er Mainzer Wissenschaftler Ugur
Sahin steht zusammen mit seiner
Firma BioNTech AG und dem Partnerinstitut für transatlantische Forschung
(TRON) kurz vor einem Durchbruch in
der Krebsforschung. Im Wissensmagazin
Nature veröffentlichte Sahin eine Studie
mit dem „weltweit ersten Beispiel einer
klinisch relevanten und systemischen mRNA-Krebsimmuntherapie“ („Systemische
RNA-Zuführung zu dendritischen Zellen
nutzt antivirale Abwehr für Krebsimmuntherapie”).
Hintergrund der Studie ist eine Metho-
de, mit der die körpereigenen Abwehrkräfte
aktiviert werden, um Krebszellen zu zerstören. Zwar wäre das eigene Immunsystem
theoretisch in der Lage, die Krebszellen zu
vernichten, doch meist erkennt der Körper
die Krebszellen nicht als Feinde an. Hier
haben die Wissenschaftler angesetzt. Dabei
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werden Nanopartikel mit einem mRNAImpfstoff auf dendritische Zellen in den
Lymphknoten, im Knochenmark und in
der Milz gerichtet.
Das Immunsystem geht von einer
Viruserkrankung aus und ließ die körpereigenen Abwehrkräfte auf die vermeintliche Erkrankung los. Dadurch, dass die
Nanopartikel auch Informationen über
die Krebszellen enthielten, machten sie es
den Abwehrzellen möglich, die Tumore zu
finden. „Der duale Mechanismus bezieht
sowohl adaptive (T-Zell-vermittelte) als
auch angeborene (Typ I Interferon (IFN)vermittelte) Immunantworten ein“, so die
Wissenschaftler.
„Unsere Studie stellt neuartige, besonders stark wirksame Krebsimpfstoffe vor,
welche die effiziente Steuerung des Immunsystems gegen ein großes Spektrum von
Tumorantigenen ermöglicht“, sagte Ugur
Sahin. „Dies ist ein bedeutender Schritt,
um unser Ziel zu erreichen, vollständig personalisierte Krebsimmuntherapien für alle
Arten von Krebs verfügbar und anwendbar
zu machen.”
Eine erfolgreiche Phase-I-Studie bestä-
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Der Mainzer Wissenschaftler Sahin will seine Methode auch bei anderen Tumorarten anwenden.
Foto: Flickr/ Yale Rosen/ CC by sa 2.0
tigte den Erfolg. So war es möglich, bei drei
Patienten mit fortgeschrittenem Hautkrebs
das eigene Immunsystem zur Zerstörung
der Krebszellen zu bringen. Im Gegensatz
zu einer Chemotherapie beispielsweise sei
der Impfstoff sehr gut verträglich. Derzeit
arbeitet Sahin auch daran, andere Krebsarten
mit diesem „Impfstoff“ zu behandeln.
Forschung
Wissenschaftler machen Kernspin für Zahnmedizin möglich
Wissenschaftler in Freiburg haben jetzt eine Möglichkeit gefunden, ein strahlungsfreies Bildgebungsverfahren zu nutzen
J
so die Wissenschaftler. So werde
edes Jahr werden allein in
eine Auflösungsgenauigkeit von
Deutschland bis zu 48 Millionen
etwa einem Drittel Millimeter
Röntgenaufnahmen von Zähnen
erreicht, die der des Röntgens
und Kiefern gemacht. Die Röntgennahekommt. Die Spule selbst
strahlung ist seit langem in der Kribenötigt keine eigene Energie ist
tik. Vor allem aber, seit eine amerinach Aussage des Uniklinikums
kanische Studie vor den Folgen des
vollkommen ungefährlich. Die
häufigen Röntgens für die Zähne
Spule erzeugt eine Hyperpolawarnte. Eine wirklich Alternative
Mit der Doppelspule aus Kupfer (links) sind deutlich prägab es bislang jedoch nicht. Am
risation und verstärkt dadurch
zisere MRT-Bilder als bisher möglich. Ein Silikonmantel
ehesten wäre die strahlungsfreie macht die Verwendung für Patienten besonders schonend.
das MRT-Signal. Hierbei wird eine
Foto: Ludwig et al. / Scientific Reports
Magnetresonanztomografie (MRT)
höhere Anzahl von Kernspins
eine Lösung. Sie ist strahlungsfrei
polarisiert. Dadurch wird das
und könnte auch Nerven sowie das
Signal stärker.
Zahnfleisch darstellen.
Die Spule lässt sich nach Aussagen der
über die Zahnbereiche gestülpt. Diese kann
Doch bisher waren die Bilder für Zahn- das MRT-Signal bis zu zehn Mal verstärken. Forscher mit allen MRT-Geräten verbinden. Im
ärzte nicht hochauflösend genug und die Die Spule ist kaum höher als ein Zentimeter Uniklinikum kommt sie bereits zum Einsatz.
Aufnahme dauerte zu lang. Wissenschaftler und setzt sich aus zwei parallel angeordneten „Vor einer Operation können wir Kieferknound Ärzte des Uniklinikum Freiburg haben Metallringen zusammen.
chen, Gefäß-Nerven-Stränge und das umge„Aufgrund ihrer elektrophysikalischen bende Weichgewebe darstellen und so bei der
nun einen Weg gefunden, das MRT bald in der
Zahnmedizin nutzen zu können. Das Team hat Eigenschaften verstärkt die Doppelspule die Operation besonders schonend vorgehen, ohne
dazu eine kabellose Doppelspule aus Metall MRT-Signale des umschlossenen Gewebes“, den Nerv zu treffen“, so Katja Nelson weiter.
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Pharma
Arzneimittel-Importeure kämpfen für Importquote
Der Deutsche Apothekerverband und die AOK Baden-Württemberg fordern ein Ende der Importquote
K
ostenersparnisse, Rabattverträge, Lieferengpässe – die deutschen Apotheken haben mit etlichen Schwierigkeiten
zu kämpfen. Aus diesem Grund forderte
der Deutsche Apothekerverband (DAV)
zusammen mit der AOK Baden-Württemberg zu Beginn des Monats ein Ende der
Importquote für Arzneimittel. Der Verband der Arzneimittelimporteure hält die
Forderung für überzogen.
Bisher sind die Apotheker verpflichtet,
mindestens fünf Prozent ihres Umsatzes
mit Fertigarzneimitteln bei den Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung
mit Importarzneimitteln zu erzielen. Dem
DAV und der AOK zufolge lohne sich der
damit verbundene bürokratische Aufwand
für die Apotheker nicht. Schließlich würden
mit Importarzneimitteln deutlich weniger
Der Pharmamarkt bleibt ein hart umkämpfter Markt.
Einsparungen erreicht werden als mit Rabattverträgen.
Allein die Rabattverträge hätten mit 3,6
Milliarden Euro im vergangenen Jahr fast
das 30-fache dessen, was durch Quoten bei
Importen erwirtschaftet werden konnte, einsparen können. Die Arzneimittelimporteure
rechnen hingegen vor, dass sich die direkten
Einsparungen im patentgeschützten Segment durch Importe auf Basis verfügbarer
Marktdaten auf 240 Millionen summieren.
„Des Weiteren entlasten Importarzneimittel
mit geschätzten ca. 3 Milliarden Euro aus
dem indirekten Wettbewerbseffekt zusätzlich die Kostenträger im RX-Bereich und
liegen damit nicht weit von den genannten
Einsparungen der Rabattverträge im generischen Bereich.“
Die bisherige Situation sei wettbewerbs-
widriger Marktdirigismus pur, kritisiert der
AOK-Vorstandsvorsitzender Christopher
Hermann. „Die Reimportquote ist reine
Planwirtschaft und nützt vor allem den
Reimporteuren selbst.“ Das Argument, die
Importquote enge die Apotheker zu stark
ein, lassen die Importeure jedoch ebenfalls
nicht gelten.
Vielmehr seien eine restriktive Belieferung der jeweiligen Märkte durch die
Originalhersteller, Marktrücknahmen aus
preispolitischen Überlegungen, Produktionsprobleme auch bei Zulieferern oder
unvorhersehbare Nachfragesteigerungen
als Gründe zu nennen. „Das von der Industrie vorgeschobene Argument hat lediglich
zum Ziel, den Wettbewerb durch den Import
zu torpedieren und zur eigenen Gewinnmaximierung die Märkte abzuschotten“.
Foto: Flickr/Pablo/CC by sa 2.0
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Gentechnik
Wissenschaftler entdecken Gen für Multiple Sklerose
Wissenschaftler haben eine Genmutation gefunden, auf die Multiple Sklerose zurückgeführt werden kann
W
eltweit leben schätzungsweise 2,5
Millionen Menschen mit einer
Multiplen Sklerose MS. In Deutschland
sind es dem Bundesversicherungsamt
zufolge etwa 200.000. Die entzündliche
Erkrankung des Zentralen Nervensystems tritt besonders häufig im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf. Von Patient
zu Patient sind der Schweregrad und die
Schnelligkeit der auf den Ausbruch der
Krankheit folgenden Beschwerden unterschiedlich. Eine Heilung ist bisher nicht
möglich.
Das liegt auch daran, dass die wirkliche Ursache einer Multiplen Sklerose
bisher noch nicht geklärt werden konnte.
In jedem Fall aber spielt das körpereigene
Immunsystem eine Rolle. Während sich
das Immunsystem eigentlich bei einer
Erkrankung gegen die entsprechenden
Erreger der Krankheit wendet, richtet es
sich bei MS gegen den eigenen Körper.
Forscher der University of British
Columbia haben jetzt in diesem Zusammenhang jedoch eine wichtige Entdeckung
gemacht. Sie haben eine Genmutation
entdeckt, die für den Ausbruch der Krankheit verantwortlich sein soll. Wer die Genmutation in sich trägt, erkranke zu einer
Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent an MS,
so die Wissenschaftler.
Dies führt dazu, dass Teile des zentralen Nervensystems nicht mehr kommunizieren können, was wiederum zu einer
Vielzahl von Anzeichen und Symptomen
führt, darunter physische, mentale und
manchmal auch psychiatrische Probleme.
Das Auftreten von MS kann unterschiedliche Formen annehmen. So können neue
Symptome entweder in isolierten Schüben
(schubförmige MS) auftreten oder sich über
Zeit aufbauen (progressive MS). Zwischen
den Schüben können die Symptome gänzlich verschwinden. Jedoch treten häufig
permanente neurologische Probleme auf,
insbesondere im weiteren Krankheitsver-
lauf. MS wird üblicherweise basierend auf
den sichtbaren Anzeichen und Symptomen
sowie als Ergebnis von unterstützenden
medizinischen Tests diagnostiziert.
In ihren Forschungen nutzten die
Wissenschaftler Proben von 4.400 an MS
Erkrankten und 8.600 Proben von deren
nächsten Verwandten. Dabei fiel ihnen
eine Familie mit fünf MS-Fällen in zwei
gistriert. Schätzungen der Wissenschaftler zufolge haben Menschen, die diese
Mutation aufweisen, eine 70-prozentige
Wahrscheinlichkeit, an MS zu erkranken.
Im Zuge der Untersuchungen entdeckten
die Wissenschaftler noch andere Veränderungen an demselben Gen. Diese kommen
häufiger vor und können ebenfalls als MSRisiko betrachtet werden.
Bei der Multiplen Sklerose greift das eigene Immunsystem das zentrale Nervensystem an.
Foto: Flickr/Marcus Goral/ Cc by nc nd 2.0
Generationen auf. Als sie deren Erbgut untersuchten, fanden sie heraus, dass auf dem
Gen NR1H3 an einem kurzen Abschnitt die
Richtung invertiert war. Die Mutation führe
zu einem Verlust der Genfunktion, heißt es
in der dazu veröffentlichten Studie. Damit
wird die Synthese des Regulations-Proteins
LXRA verhindert. Dieses Protein aktiviert
normalerweise die immunregulierenden,
myelinschützenden und entzündungshemmenden Gene.
Die Wissenschaftler fanden daraufhin
noch eine Familie mit dieser Mutation.
Auch hier waren mehrere MS-Fälle re-
Interessant werden in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse der
Forschungsprojekte der EVotec AG sein.
Diese hatte im Herbst 2014 drei Projekte
vorgestellt, die von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
unterstützt werden. Die jeweiligen wissenschaftlichen Ansätze wurden von dem
Deutschen Rheuma-Forschungszentrum
(DRFZ) sowie dem Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf (UKE) entwickelt.
Bis 2017 sollen fünf Millionen Euro in die
Entwicklung neuer Therapien und Medikamente fließen.
Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV).
Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Julia Jurrmann, Cüneyt Yilmaz. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright:
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