24 Pflanze BAUERNBLATT | 5. März 2016 ■ Maßnahmen zur Grünlandverbesserung An den „Nachwuchs“ denken In den verschiedenen Grünlandregionen Schleswig-Holsteins zeigen die Grünlandflächen sehr unterschiedliche Erträge und Futterqualitäten. Neben dem Einfluss der jeweiligen Standortbedingungen beruhen die Unterschiede vor allem auf der Art und Intensität der Bewirtschaftung und der damit zusammenhängenden Narbenzusammensetzung. Die heterogenen Witterungsbedingungen lassen die Leistungen auch zwischen den Jahren schwanken. Für die Sicherung der Leistungsfähigkeit der Grünlandbestände kommt der Narbenpflege im Frühjahr eine besondere Bedeutung zu. Der vergangene Herbst und der Winter haben mit überwiegend milden und nassen Bedingungen auf dem Grünland in Schleswig-Holstein zu wenigen Narbenschäden geführt. Probleme bereiteten mancherorts eher die vielen Niederschläge und das lang anhaltende Wachstum bis weit in den November hinein. Vielerorts wurde das Grünland erfolgreich mit Schafen abgeweidet, aber noch viele Bestände gingen überwachsen in den Winter. Solche Flächen müssen in diesem Frühjahr bei der Narbenpflege besonders beachtet werden. In jedem Jahr wird das Grünland durch eine angepasste Narbenpflege im Frühjahr wieder fit für die neue Saison gemacht. Auch die vor Winter „gut hingestellten“ Grasnarben, das heißt Narben, die kurz in den Winter gegangen sind, müssen eine angemessene Narbenpflege erfahren. Bestandesführung im Frühjahr Die Narbenpflege kann beginnen, sobald keine starken Nachtfröste mehr auftreten, das Grünland frei von Reif ist und die Flächen befahrbar und ausreichend Intensiv genutzte Grünlandnarben sollen überwiegend aus hochwertigen Gräsern zusammengesetzt sein. Foto: Hans Christian Hinrichsen abgetrocknet sind. Sie sollte bis zum Schossen abgeschlossen sein, später können die Pflegemaßnahmen die Grasnarbe bedeutend schädigen. Von Anfang/Mitte März bis Anfang April ist die beste Zeit, um Verfilzungen und überständiges Material auszukämmen, Maulwurfshaufen einzuebnen und Auswinterungsschäden und Lücken aus der vorjährigen Nutzung zu beheben (siehe Übersicht). Zusätzlich zum Lüften der Narbe regt das Striegeln oder Schleppen die Bestockung der Gräser an (Achtung: Gestriegelte Narben sind in den ersten Tagen frostempfindlich!). Bei einer gleichzeitigen Übersaat mit Qualitätssaatgut ist auf ein gleichmäßiges Ausbringen der Saat im oder hinter dem Striegelbereich zu achten, damit anschließend Übersicht: Pflegemaßnahmen zu Vegetationsbeginn Narbenpflege im Frühjahr Striegeln/ Schleppen Walzen Übersaat/ Nachsaat Neuansaat Jan. Febr. März April Mai auch auf den abgeschleppten Bodenerhebungen Saatgut liegt. Eine Saatgutapplikation vor der Schleppe oder dem Striegel oder gar vor dem Schlepper wirkt hier suboptimal. Mit Walzen können der Bodenschluss einer aufgefrorenen Grünlandnarbe wiederhergestellt und Tritt- und Fahrspuren eingeebnet werden. Walzen wird nur dann empfohlen, wenn der Standort zum Hochfrieren neigt oder kleine Steine oder Bodenunebenheiten eingedrückt werden sollen, um die Mahd und Ernte zu erleichtern. Es besteht jedoch dabei die Gefahr von Verdichtungsschäden, insbesondere beim Walzen zu feuchter Böden und auf schweren Böden. Die erste Stickstoffdüngung sollte bereits vor beziehungsweise zum Vegetationsbeginn durchgeführt werden. Die Ausbringung von Gülle und Stallmist in zu hohen Gaben oder mit schlechter Verteilung kann dazu führen, dass die Kulturgräser darunter ersticken und der Pflanzenschutzmittel vorsichtig verwenden. Vor Verwendung stets Etikett und Produktinformationen lesen, Warnhinweise und -symbole beachten. ■ BAUERNBLATT | 5. März 2016 Bestand verunkrautet. Eine ausge- rung der Jungpflanzen sind eine wogene Stickstoffgabe fördert die ausreichende Bodenfeuchte und Entwicklung der Bestände (recht- eine geringe Konkurrenz der Altzeitige N-Versorgung fördert die narbe wichtig. Alternativ bietet Bestockung), die Ertragsleistung sich auch die zweite Augusthälfte und die Qualität des ersten Auf- als Nachsaattermin an, wenn die wuchses, beispielsweise den Pro- Konkurrenzkraft des Altbestandes teingehalt (siehe Artikel Bedarfs- allmählich nachlässt. Anschließend gerechte Düngung zu Grünland, Seite 32). Das Ziel der Frühjahrspflege sind gesunde, dichte und stabile Grünlandbestände mit hohen Anteilen an leistungsfähigen Pflanzenarten. Nach dem Winter zeigt eine Narbenbonitur auf den Grünlandflächen, von denen energiereiches Grundfutter gewonnen werden soll, welche Erträge und Qua- Maulwurfshaufen bieten Angriffsflächen für das litäten erwartet wer- Einwandern unerwünschter Arten. den können. Eine nachhaltig hohe Ertragsfähigkeit soll die Fläche am besten durch Bedes Bestandes basiert auf einem weidung kurzgehalten werden. hohen Anteil an Gräsern. Es wer- Die Vorteile der Nachsaat ergeben den Narben mit mehr als 80 % sich aus dem Erhalt der Narbe und wertvollen Gräsern angestrebt, die der Bodenstruktur: restlichen 20 % können sich Fut- ●●wertvolle, standortangepasste terleguminosen und schmackhafArten bleiben erhalten, te Kräuter teilen. Weißklee im Be- ●●geringes Ansaatrisiko, stand erhöht den Rohprotein- und ●●kaum Futterausfall, Mineralstoffgehalt sowie die Nut- ●●rascher Narbenschluss und Trittzungselastizität. Ein gewisser Anfestigkeit, teil an Kräutern wie Löwenzahn ●●Nährstofffreisetzung nicht erhöht, und Spitzwegerich ist erwünscht und wird von den Tieren gerne ge- ●●niedrigere Kosten für Saatgut fressen. Gebietsweise sind wegen und Aussaat als bei Neuansaat. starker Wühlmaus- und Maulwurf Schwierigkeiten bereiten der aktivitäten oder eines Tipula- oder Nachsaat höhere Anteile an sehr Drahtwurmbefalls Lücken in der konkurrenzkräftigen Gräsern. BeiGrünlandnarbe entstanden. Solche spielsweise die Gemeine Rispe geschädigten Flächen benötigen kann den Nachsaaterfolg erhebunbedingt eine Nach- oder Über- lich mindern. Und aufgrund starker saat, um zu verhindern, dass sich in Verunkrautungen durchgeführte den Lücken Ungräser und Unkräu- Pflanzenschutzmaßnahmen zieter ansiedeln. Unerwünschte Ar- hen Wartezeiten bis zur nächsten ten in der Narbe sollten dazu an- Nutzung nach sich (mehr dazu im regen, das Management zu hinter- folgenden Artikel). Von allen wertfragen, da die Bewirtschaftung die vollen Gräsern kann sich Deutsches Zusammensetzung des Bewuchses Weidelgras mit seiner konkurrenzentscheidend beeinflusst. Und nur kräftigen Jugendentwicklung am wer sein Grünland kennt, kann es besten in der Altnarbe etablieren. effektiv bewirtschaften. Bei der Es erreicht hohe Energiekonzentsachgemäßen Pflege und Nutzung rationen und verbessert damit die des Grünlandes ist das konsequen- Qualität des Aufwuchses. Bei niedte Dichthalten der Narbe generell riger Stickstoffdüngung kann die der zentrale Aspekt. Mischung mit etwas Weißklee ergänzt werden, um die Futterqualität des Bestandes zu erhöhen. Zügige Entwicklung Die Standardmischungen GV, GVder Nachsaat spät und GV-Klee haben sich für Bei Nachsaaten bis Anfang April die Nachsaat bewährt. Sie enthalsorgt eine flache Aussaat für eine ten nur Deutsches Weidelgras mit zügige Entwicklung. Für die Kei- von der Arbeitsgemeinschaft der mung der Samen und die Etablie- norddeutschen Landwirtschafts- WIRKT! AUCH BEI RESISTENZEN ienennicht b ch i gefährl B4 Wirkungssicheres und systemisches Insektizid für Ackerbau-Kulturen • gegen beißende und saugende Insekten • hervorragende Dauerwirkung • wirksam auch bei hohen Temperaturen Kostenloses AgrarTelefon: 0 800-220 220 9 • www.agrar.bayer.de Pflanze BAUERNBLATT | 5. März 2016 ■ kammern geprüften und empfohlenen Sorten. Hier kommen besonders die leistungsstarken, ausdauernden Sorten zum Einsatz. Während in der GV alle drei Reifegruppen vertreten sind, umfasst die GV-spät ausschließlich Sorten aus der mittleren und späten Reifegruppe. Neuansaaten besser im Spätsommer Hier ist eine Nachsaat erforderlich, um die Narbenlücken schnell zu beheben. Fotos (2): Dr. Johannes Thaysen Abtötung des Altbestandes angeraten. Eine Direktsaat kommt auf nicht pflugfähigen oder umbruchempfindlichen Standorten infrage. In Wasserschutzgebieten wird dieses Verfahren eingesetzt, um Nährstoffausträge gering zu halten. Spezialmaschinen wie Scheiben-, Fräsoder Schlitzdrillmaschinen bringen das Saatgut in den zuvor abgetöteten Altbestand (Totalherbizid). Auch hier wird auf eine geringe Saattiefe und anschließendes Walzen geachtet. Denn Grassamen sind Feinsämereien mit Tausendkorngewichten, je nach Gräserart und Ploi- die, von 0,2 bis 4,5 g. Die optimale Saatstärke für die empfohlenen Mischungen beträgt 30 (bis 35) kg/ha. Mischungen für Neuan- und Nachsaaten Die Standortgegebenheiten und die geplante Nutzungsintensität auf der Grünlandfläche sind die wichtigsten Aspekte bei der Mischungswahl. Es stehen unterschiedliche Qualitätsstandardmischungen aus verschiedenen Grasarten und Sorten zur Verfügung (siehe Tabelle). Mit steigender In- Qualitätsstandard mischungen GII sehr trockene Standorte Mähweide/mittelintensiv GI bessere Lagen, nutzungsintensiv Standorteignung/ Nutzungsintensität bessere Lagen, nutzungsintensiv Tabelle: Zusammensetzung und Einsatzempfehlung der Qualitätsstandardmischungen für Grünland alle Standorte, Mähweide/ mittelintensiv Nachsaaten und Narbenpflege können jedoch nicht alles richten. Haben die Narben einen hohen Queckenanteil und sind stark verunkrautet, wird eine Neuansaat empfohlen (bei hohem Queckenanteil ist unbedingt der Einsatz eines Totalherbizides erforderlich). Der optimale Termin liegt im Spätsommer oder Herbst, ist aber bei den einzelnen Mischungen recht unterschiedlich. Grünlandmischungen wie die GII sollten wegen der enthaltenen Arten Wiesenrispe und Wiesenschwingel bis Anfang September in der Erde sein. Mischungen mit einem hohen Deutsch-Weidelgras-Anteil wie die GIII können bis Mitte September und Deutsch-Weidelgras-betonte Mischungen wie die GIII-S, GV oder A5 sogar noch später ausgedrillt werden. Sollte eine Frühjahrsansaat unbedingt erforderlich sein, bietet eine Untersaat zu Getreide-GPS eine Möglichkeit zu ihrer Etablierung. Eine Alternative ist die Frühjahrsansaat der nicht winterharten A2 mit oder ohne Klee zur schnellen Futtergewinnung. Die höheren Kosten der Neuansaat rechnen sich schnell, denn: ●●die gewünschte Pflanzenzusammensetzung ist schnell erreicht, ●●die Ertrags- und Qualitätsleistung ist höher, ●●Bodenunebenheiten werden ausgeglichen und die Befahrbarkeit damit verbessert. Die Neuansaat ist nach einem Umbruch oder im umbruchlosen Verfahren als Direktsaat möglich. Nach einer wendenden Bodenbearbeitung mit Pflug oder Fräse wird ein feinkrümeliges Saatbett hergerichtet für eine flache Drillsaat von etwa 1 cm Tiefe. Anschließendes Anwalzen für guten Bodenschluss fördert einen gleichmäßigen Aufgang und die Anfangsentwicklung, birgt allerdings die Gefahr von Erosion in sich. Wenn der Altbestand sehr verfilzt ist, leistet die Fräse vor dem Pflügen wertvolle Dienste. Bei einem zu hohen Anteil an hartnäckigen Wurzelunkräutern und/ oder Ungräsern ist die komplette frisch-feucht/ extensive Nutzung 26 GIII GIII-S G IV Nachsaaten und Wechselgrünland GV GV- GVKlee spät Gewichtsanteile der Pflanzenarten in % Deutsches Weidelgras früh mittel spät Wiesenlieschgras Wiesenrispe Wiesenschwingel Rotschwingel Knaulgras Weißklee* Aussaatmenge in kg/ha 3 3 4 17 10 47 10 6 13 17 17 17 10 20 6 20 20 27 17 10 6 30 kg 20 20 37 17 6 27 17 10 40 6 25 25 50 - 20 20 50 10 10-30 kg 50 50 - * Die Mischungen Standard GI und Standard GII sind auch ohne Weißklee erhältlich. Bei reduzierter Stickstoffdüngung und häufiger Nutzung wird die Verwendung von Weißklee in den Mischungen empfohlen. tensität der geplanten Nutzung erhöht sich in den Mischungen GI (extensive Nutzung) bis GIII-S (intensive Schnittnutzung) der Anteil des Deutschen Weidelgrases, während die Anzahl der beteiligten Arten Rotschwingel, Wiesenschwingel, Wiesenrispe sinkt. Nur Wiesenlieschgras bleibt stets bei 17 %. Die GIV eignet sich mit dem Knaulgras für sehr trockene Standorte und mittelintensive Nutzung. Die GV enthält nur Deutsches Weidelgras für Nachsaaten und Wechselgrünland. Die Mischungs- und Sortenempfehlung basiert auf den Sortenprüfungen der nordwestdeutschen Landwirtschaftskammern. Sie wird als „Grünes Faltblatt“ (Standardmischungen für Grünland) herausgegeben und ist auch im Internet unter http://www.lksh. de unter Pflanze -> Gruenlandund Ackerfutterbau->Downloads Aussaatenmischungen Grünland abrufbar. Die nächste Auflage erscheint im Sommer 2016. FAZIT Leistungsfähige Grünlandbestände benötigen eine intensive Pflege im Frühjahr. Die Narbe muss jetzt von Verfilzungen, überständigem Material und Maulwurfshaufen befreit und Lücken durch eine Nachsaat mit Qualitätssaatgut geschlossen werden. In stark geschädigten Beständen oder bei hohem Queckenund Unkrautbesatz wird eine Neusaat empfohlen, die jedoch erst ab dem Spätsommer durchgeführt werden sollte. Für Nach- und Neuansaat gibt es die Qualitätsstandardmischungen, die sich aus verschiedenen Grasarten und -sorten zusammensetzen und für unterschiedliche Standorte und Nutzungsintensitäten konzipiert sind. Das Ziel sind hohe Anteile an leistungsfähigen und hochwertigen Pflanzenarten. Es lohnt sich, das Grünland genauer anzuschauen und zu wissen, was dort wächst. Liesel Schnibbe Landwirtschaftskammer Tel.: 0 43 31-94 53-316 [email protected] Hans Christian Hinrichsen Landwirtschaftskammer Tel.: 0 46 21-30 60 93-11 [email protected]
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