Prof. Dr. Bernd Maelicke, Hamburg [email protected] Das Knast-Dilemma: Wegsperren oder resozialisieren? Eine Streitschrift Die wichtigsten Thesen: 1. Das Gefängnis allein resozialisiert nicht. Es kann bestenfalls auf eine gelingende Resozialisierung nach der Entlassung vorbereiten. 2. Die Subkultur in den Gefängnissen ist so stark, dass negative Einflüsse der Mitgefangenen dominieren und mögliche Erfolge der Behandlungsprogramme gefährden. 3. Über die Hälfte der derzeit Gefangenen müssten aus Gründen der „Gefährlichkeit“, der „Sozialschädlichkeit“ oder der „Normverdeutlichung“ nicht inhaftiert werden. Ca. 40% verbüßen eine Freiheitsstrafe unter einem Jahr, ca. 20% unter sechs Monaten, bis zu 10% Ersatzfreiheitsstrafen. 4. 90 % der aufgewendeten Mittel der Justiz fließen zZt in die stationäre Resozialisierung, diese hat zugleich die höchsten Rückfallquoten. 10% werden für ambulante Maßnahmen ( Soziale Dienste der Justiz und Freie Straffälligenhilfe ) verwendet mit weitaus geringeren Rückfallquoten. 5. Entscheidend für Erfolge und Mißerfolge der Resozialisierung ist die Zeit nach der Entlassung. Hier sind bereits im ersten Jahr bis zu 40% der Rückfälle festzustellen. 6. Nur ca. 30% der Gefangenen werden auf Bewährung entlassen und bekommen einen Bewährungshelfer. Für ca. 70% mangelt es an Sozialer Hilfe und Betreuung. 7. An Personal- und Sachkosten wendet Hamburg pro Gefangenen pro Jahr 59.800 EUR auf, Bayern dagegen 29.600 EUR. Sind die Rückfallquoten in HH entsprechend geringer? (Insgesamt schwanken die Rückfallraten der Länder nach Freiheitsstrafe ohne Bewährung zwischen 38,2 und 70 Prozent). 8. Rechtlich, fachlich, organisatorisch, finanziell und personell fehlen in den Ländern Gesamtkonzepte / Masterpläne/ Reso-Gesetze für eine verzahnte ambulante und stationäre Resozialisierung. 9. Erforderlich ist eine Umsteuerung im bisherigen Reso-System: weniger Inhaftierte, mehr Bewährungshilfe, Übergangsmanagement für alle Entlassene, Ausbau der Freien Straffälligenhilfe. 10. Nur mit einer solchen systematischen Umsteuerung können Rückfälle reduziert, die Resozialisierung der Täter verbessert und die Interessen der Opfer besser wahrgenommen werden.
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