Übergangsmanagement - Reso-Werkstatt

Stand 11.09.2016
Rückmeldung Länderumfrage „Ko plexleistu g Resozialisieru g“
Materialsammlung
Teil 1
Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen,
Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern
Prof. Dr. Bernd Maelicke – Universität Lüneburg – [email protected]
Christopher Wein – [email protected]
Wir möchten diese Dokumentation laufend aktualisieren. Senden
Sie uns gerne weitere relevante Materialien zu oder informieren Sie
uns über Neuerungen oder Änderungen.
Letzte Aktualisierung 11.09.2016:
-
Übergangsmanagement in Bremen – Verein Bremische Straffälligenbetreuung,
02.09.2016
Rückmeldung Länderumfrage Stand 11.09.2016
Land
Rückmeldung Fragebogen
Baden-Württemberg
Ja
Bayern
Ja
Berlin
Ja
Brandenburg
Ja
Bremen
Ja
Hamburg
Ja
Konzepte / Materialien
Ansprechpartner
ZAP, ReSo Adelsheim, INSA,
Ronny Stengel,
Nachsorge "Chance"
[email protected]
Arbeitsgruppe
Übergangsmanagement Optimierung des
Übergangsmanagements in Bayern,
Kooperationsvereinbarung
Maximilian Koeckritz
Bayrisches Staatsministerium für
[email protected]
Justiz und für Verbraucherschutz
und Regionaldirektion Bayern der
Bundesagentur für Arbeit,
Empfehlungsvereinbarung
Netzwerkportal, Beratungszentrum
Ursula Guth
[email protected]; Kai
Abraham [email protected]
HSI-Richtlinie
Andreas Behm,
[email protected];
Dietmar Kenter
[email protected]
Chance IV, WieNet, Step-by-Step,
Knastgewächse,
Übergangsmanagement in Bremen
Fachstelle Übergangsmanagement
und Kooperationsvereinbarung
JC/AA mit JVAen
Eduard Matt
[email protected]
Werner Marwede
[email protected]
NINJA, Nachqualifizierung im
Südwestverbund - Perspektive
Berufsabschluss,
Arbeitsmarkintegration für
jugendliche Strafgefangene - ArJuS,
Altersgruppenspezifische
Integrationsvorbereitung und
Übergangsmanagement für
ältere Inhaftierte,
Übergangsmanagement für zu einer
Geldstrafe verurteilte Personen im
Strafvollzug, Fördermanagement für
jugendliche Strafgefangene in
Hessen, NIA – Nachsorge und
Integration in Ausbildung und
Arbeit, Integrationsvereinbarung
InStar, FoKus,
Kooperationsvereinbarungen mit
JobCenter und AA
Hessen
Ja
Mecklenburg-Vorpommern
Ja
Niedersachsen
Ja
werden noch geliefert
Nordrhein-Westfalen
Ja
Gemeinschaftsinitiative B5, ÜM
Sucht, Üm für Sicherungsverwahrte
Rheinland-Pfalz
Ja
Anstoß, Anpfiff, PaJu u.a.
Saarland
Ja
KARO, AROG, Nachsorgestellen
Sachsen
Ja
Projekt "Heimspiel", ISONA
Lutwin Weilbächer,
[email protected]
Ramona Behrens,
[email protected]
Birgitte Elgeti-Starke, [email protected]
[email protected] ;
[email protected]
Michaela Hartmann
[email protected]
Alexaner Jochum,
[email protected]
Mathias Frankfurth
[email protected]
Sachsen-Anhalt
Ja
Schleswig-Holstein
Ja
Thüringen
Ja
Forensische Ambulanz, AntiGewalt-Training im Sozialen Dienst
der Justiz, „Zebra“ – Zentrum für
Entlassungshilfe, Beratung,
Resozialisierung und Anlaufstelle
zur Vermittlung gemeinnütziger
Arbeit „Moves“ - Mit offenem
Vollzug zur Erwerbstätigkeit und
Sozialintegration.
Kooperationserlasse,
Eckpunktvereinbarung zur
arbeitsmarktlichen Beratung,
Integrationsbegleitung, AQUARichtlinie, Landesprogramm Arbeit Ergänzende Förderkriterien B2,
Kooperationsvereinbarung Bildungsund Justizministerium,
Bildungsübersicht Vollzug 2016,
Kooperationsvereinbarung
Rentenversicherung Bund,
Forensische Ambulanz
B.I.S.S, Konzeption forensische
Ambulanzen der Justiz des
Freistaats Thüringen, - Zukunft:
PüMaS,
Kooperationsvereinbarungen zw.
Diversen Ministerien und
Kooperation der Sozialen Dienste,
weitere Materialien
Heike Hansen,
[email protected]
Dagmar Hirdes,
[email protected]
Doreen Tietz,
[email protected]
Baden-Württemberg
Prof. Dr. Bernd Maelicke, Universität Lüneburg
[email protected]
Christopher Wein, Fachhochschule Kiel
[email protected]
15. Januar 2016
Fragebogen zum Thema „Übergangsmanagement in der ambulanten und stationären
Resozialisierung“
Die beiden Autoren bereiten z.Zt. ein Buch mit dem Titel „Komplexleistung Resozialisierung“ vor, das
beim NOMOS-Verlag erscheinen wird.
In diesem Rahmen wird in einem Schwerpunkt-Kapitel die derzeitige Situation des
Übergangsmanagements in den 16 Bundesländern dargelegt. Um einen aktuellen Praxisstand
abbilden und jedes Land berücksichtigen zu können, bitten wir um Ihre Unterstützung.
Uns interessiert insbesondere der Entwicklungsstand von (Modell-)Projekten zum Thema
Übergangsmanagement. Dabei sind sowohl Projekte für die Zielgruppe der jugendlichen und
heranwachsenden StraftäterInnen wie auch für erwachsene StraftäterInnen von Bedeutung. Bitte
beantworten Sie deshalb für beide Zielgruppen getrennt die nachfolgenden Fragen.
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Übergangsmanagement“?
Unter Übergangsmanagement verstehen wir die umfassende Vorbereitung der Entlassung von
Strafgefangenen, das heißt die Planung, Vermittlung und Durchführung von (Re-)
Integrationsmaßnahmen für zur Entlassung anstehende Gefangener, insbesondere die strukturierte
Verknüpfung und Verzahnung von Behandlungsmaßnahmen des Strafvollzugs mit Hilfsangeboten
und Maßnahmen der nach der Entlassung für die Betroffenen zuständigen Stellen, insbesondere der
freien Straffälligenhilfe und der Bewährungshilfe. Übergangsmanagement umfasst weiter die
Beratung und Begleitung entlassener Frauen und Männer mit besonderem Hilfebedarf bis zur
koordinierten Übergabe an Einrichtungen und Dienste weiterführender und spezialisierter Hilfen.
Bitte nennen Sie die für das Übergangsmanagement (in ihrem Bundesland) relevanten rechtlichen
Grundlagen?
Die relevanten rechtlichen Grundlagen in Baden-Württemberg sind:
§§ 87 ff. JVollzGB III, §§ 83 ff. JVollzGB IV
In den Bundesländern sind verschiedene (Modell-)Projekte entstanden, die sich mit dem
Übergangsmanagement im Rahmen der ambulanten und stationären Resozialisierung befassen. Das
Buch möchte entsprechende „Best Practice“-Beispiele vorstellen. Bitte nennen Sie uns daher
Praxisbeispiele aus Ihrem Bundesland, die aus Ihrer Sicht für die angestrebte Resozialisierung
wirkungsvoll sind.
Im baden-württembergischen Strafvollzug gibt es insgesamt drei Projekte in privater
Trägerschaft (ZAP, INSA, ReSo Adelsheim), welche die Wiedereingliederung von
Strafentlassenen fördern. Diese Projekte werden mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds
finanziert und vom Justizministerium betreut. Daneben existiert das landesweite Projekt
„Nachsorgeprojekt Chance“ des Netzwerks Straffälligenhilfe, einem Zusammenschluss der drei
Straffälligenverbände in Baden-Württemberg. Derzeit wird überdies an einer
Kooperationsvereinbarung zur Integration Strafgefangener gearbeitet. Beteiligt sind neben
dem Justizministerium, das Sozialministerium, die Regionaldirektion Baden-Württemberg der
Bundesagentur für Arbeit, der Städtetag Baden-Württemberg, der Landkreistag BadenWürttemberg, der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg, die
Straffälligenverbände und die Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg.
Für eine konkrete Beschreibung der Projekte benötigen wir Informationen über die verschiedenen
Projekte. Bitte erläutern Sie für die o.a. Projekte die Rahmenbedingungen (Konzepte, Organisation,
Finanzierung, Personal) bzw. senden Sie uns entsprechende Informationsmaterialen zu.
I.
ESF-Projekte
Den drei durch Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten Projekte liegen folgende
Konzepte zugrunde:
1. INSA (Integration Straffälliger in Arbeit) in den Justizvollzugsanstalten Stuttgart,
Heimsheim, Offenburg und Schwäbisch Gmünd. Ziel des Projekts ist es, mit den
erwachsenen Gefangenen eine realistische berufliche Perspektive zu entwickeln.
Durch individuelle Beratung und Alltagsbegleitung werden die Teilnehmenden
stabilisiert und sie verbessern im Projekt ihre Beschäftigungsfähigkeit und damit ihre
Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Bei allen Aktivitäten und Projektangeboten stehen die
Ressourcen der Teilnehmenden im Vordergrund. Gemeinsam werden Wege in eine
Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt erarbeitet. Die Stabilität der
Beschäftigungsverhältnisse wird durch eine intensive Begleitung im Job erhöht. Ein
weiteres Ziel besteht darin, im Austausch mit drei transnationalen Partnern aus Italien
und Frankreich die Praxis zu reflektieren und Anregungen für die Praxis der
Straffälligenhilfe und der Arbeitsintegration zu gewinnen.
Projektträger ist die Werkstatt Parität und der Paritätische, Landesverband BadenWürttemberg. Ansprechpartner ist Herr Berndt Korten, Tel. 0711-2155 418, email
[email protected].
2. ZAP (Zukunft in Arbeit mit Perspektive) in der Justizvollzugsanstalt Ravensburg. Ziel des
Projektes ist es, junge Strafgefangene bei der Wiedereingliederung nach einer
Haftstrafe zu unterstützen. Das Projekt ZAP ist eine Koordinierungsstelle und stellt
bereits während der Haft die Verbindungen in die Arbeitswelt und zu den sozialen
Strukturen her. Maßnahmen sind neben individueller Beratung auch Trainingsmodule
zu
Arbeitsmarktvorbereitung,
Finanzkompetenztraining,
Training
sozialer
Kompetenzen,
ausbildungsbegleitende
Hilfen,
EDV-Schulungen
und
Teilqualifizierungen in Lagerlogistik, Gebäudereinigung und Fahrzeugpflege. Nach
Haftende stehen die Projektmitarbeiter im Rahmen der Nachbetreuung sowohl den
Haftentlassenen als auch Arbeitgebern als Ansprechpartner zur Verfügung.
Projektträger ist das Berufsfortbildungswerk Gemeinnützige Bildungseinrichtung des
DGB GmbH (bfw).
3. ReSo Adelsheim in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim. Ziel des Projektes ReSo Adelsheim ist
es, junge Strafgefangene bei der Wiedereingliederung nach der Haft zu unterstützen. Die
Insassen werden bereits vier bis sechs Monate vor Ende der Haftzeit in das Projekt
aufgenommen und durch gezielte Maßnahmen ihre Beschäftigungsfähigkeit und damit die
Aussicht auf dauerhafte berufliche und soziale Integration verbessert. Das Angebot des
Projektes umfasst die individuelle Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche,
Bewerbungstraining, Finanzkompetenztraining, Antigewalt- und Kompetenztraining sowie
die Nachbetreuung nach Haftende.
Projektträger ist das Berufsfortbildungswerk Gemeinnützige Bildungseinrichtung des
DGB GmbH (bfw).
Ansprechpartner für die Projekte ZAP und ReSo Adelsheim ist Herr Dieter Lichtner, Tel.
06221-330910, email [email protected].
II. Nachsorgeprojekt Chance
Alle Strafentlassenen, die nicht durch die Bewährungshilfe betreut werden, können auf freiwilliger
Basis im Rahmen des Nachsorgeprojekts von einen haupt- oder ehrenamtlichen Betreuer für einen
Zeitraum von drei bis sechs Monaten begleitet werden. Die Betreuung setzt in der Entlassungsphase
ein und wird am Entlassungsort weitergeführt. Die Strafentlassenen erhalten lebenspraktische Hilfen
in den zentralen Lebens- und Problembereichen Arbeit, Wohnung, Schulden, Sucht, Gestaltung
sozialer Beziehungen und der Freizeit. Das Nachsorgeprojekt Chance kann in Baden-Württemberg
flächendeckend in Anspruch genommen werden. Die Mittel stammen aus dem Justizhaushalt des
Landes Baden-Württemberg.
Näheres kann der Internetseite: http://www.projekt-chance.de entnommen werden.
Wir wollen auch, soweit möglich, vorliegend Evaluationsergebnisse der Projekte vorstellen. Senden
Sie uns deshalb bitte entsprechendes Datenmaterial oder andere Quellen zu oder benennen Sie uns
für diese Fragestellung bitte mögliche AnsprechpartnerInnen.
Hinsichtlich des Projekts „Nachsorgeprojekt Chance“ des Netzwerks Straffälligenhilfe liegt eine
Evaluation der kriminologischen Institute der Universitäten Heidelberg und Tübingen vor. Der
Evaluationsbericht kann unter der Internetseite http://www.projekt-chance.de/files/EvaluationNachsorge.pdf abgerufen werden.
Hinsichtlich der ESF-Projekte liegen uns (noch) keine Evaluationsergebnisse vor. Im Rahmen der
Förderung werden die Projekte durch das ISG - Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik
GmbH evaluiert.
Wir bitten um Rücksendung bis zum 1. März 2016 an o.g. Mail-Adressen oder postalisch an:
Prof. Dr. Bernd Maelicke
Deutsches Institut für Sozialwirtschaft, Ringstr. 35, 24114 Kiel
Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Mitwirkung.
Freundliche Grüße
Bernd Maelicke und Christopher Wein
Projekt "ZAP"
Zukunft in Arbeit mit Perspektive
Berufliche und soziale Integration von Strafgefangenen
Projektkonzept zur Beantragung im Rahmen des Europäischen Sozialfonds
in Baden-Württemberg
Stand : 26.06.2014
Inhaltsverzeichnis
1.
Ausgangslage …….......................................................................................3
2.
Ziele des Projektes ……................................................................................3
3.
Zielgruppe ..……...........................................................................................4
4.
Projektträger……..........................................................................................4
5.
Umsetzung der Ziele ….................................................................................5
6.
Qualitätsmanagement …..............................................................................9
1. Ausgangslage
Die berufliche und soziale Integration von Strafgefangenen gestaltet sich nach der Inhaftierung sehr
schwierig. Mit der Entlassung stehen die ehemaligen Strafgefangenen vor komplexen
Aufgabenstellungen. Die Schwierigkeiten liegen meist in der Arbeitsplatz- und Wohnungssuche,
aber auch in der Bewältigung des Alltags. Die ersten Monate nach der Haftentlassung sind für die
Betroffenen die große Herausforderung. Oft scheitern sie schon daran, vorhandene staatliche oder
sonstige Hilfen in Anspruch zu nehmen und behördliche Angelegenheiten kompetent zu klären.
Sozialisationsdefizite,
Suchtmittelmissbrauch,
lückenhafte
Erwerbsbiographien
und
andere
Vermittlungshemmnisse stehen häufig einer nachhaltigen Integration auf dem Arbeitsmarkt im
Weg. Verstärkt werden diese Umstände durch Isolation und Stigmatisierung, die eine Überwindung
der besonderen sozialen Schwierigkeiten ohne Beratung und persönlicher Unterstützung
erschweren. Resozialisierungsarbeit ist nur dann erfolgreich, wenn die Gefangenen frühzeitig und
umfassend auf die Entlassung vorbereitet werden und auch für die Zeit danach eine
Nachbetreuung sichergestellt ist. Vor allem müssen die Startbedingungen verbessert werden. Eine
wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration ist die Vermittlung sozialer Kompetenzen
sowie die Gewissheit, eine berufliche Perspektive zu haben. Durch arbeitsmarktvorbereitende
Maßnahmen,
eine
individuelle
Übergangsbegleitung
im
Rahmen
eines
gezielten
Übergangsmanagements und eine gute Nachsorge kann gesellschaftlicher Exklusion und einem
erneuten Abgleiten in die Straffälligkeit entgegengewirkt werden.
2. Ziele des Projektes
Das Projekt „ZAP – Zukunft in Arbeit mit Perspektive“ ist eine Koordinierungsstelle und stellt bereits
während der Haft die Verbindungen in die Arbeitswelt und zu den sozialen Strukturen her. Interne
und externe Netzwerke werden aufgebaut und erforderliche Maßnahmen durchgeführt. So werden
wichtige Grundlagen für die Zeit nach der Entlassung gelegt, die durch die Nachbetreuung
weitergeführt werden können.
Als zentrales Projekt richtet sich der Schwerpunkt nach dem Operationellen Programm des ESF
Baden-Württemberg, hier der Prioritätsachse B: Förderung der sozialen Inklusion und Bekämpfung
von Armut und jeglicher Diskriminierung benachteiligten Personen. Speziell fördert es die
Verbesserung
der
Beschäftigungsfähigkeit
von
Personen
mit
besonders
gravierenden
Vermittlungshemmnissen (ehemalige Strafgefangene) und zielt frühzeitig auf die Verminderung
von Qualifikationsdefiziten
Projekt ZAP
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sowie die soziale Stabilisierung der ehemaligen Strafgefangenen ab. So wird eine nachhaltige
Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der Benachteiligten erreicht und ihre Chancen für einen
beruflichen Neuanfang vor allem auf dem ersten Arbeitsmarkt erhöht.
3. Zielgruppe
Die Justizvollzugsanstalt Ravensburg ist zuständig für
•
Junge männliche Strafgefangene, die nach dem Erwachsenenstrafrecht zu Freiheitsstrafen
verurteilt wurden
•
Zu Jugendstrafen verurteilte, die gem. § 92 JGG aus dem Jugendstrafvollzug herausgenommen
worden sind
•
Untersuchungsgefangene aus dem Landgerichtsbezirk Ravensburg (Frauen und Männer)
•
Für erwachsene Strafgefangene, die in der hiesigen Region beheimatet sind
Im geschlossenen Vollzug stehen 352 Haftplätze zur Verfügung. Darüber hinaus können im
offenen Vollzug des Freigängerhauses 70 Gefangene sowie in der landwirtschaftlichen Außenstelle
Bettenreute 44 Gefangene untergebracht wer-den. In das Projekt können alle interessierten
Gefangenen aufgenommen werden mit Ausnahme der Untersuchungsgefangenen.
Die Problembereiche der Teilnehmer sind vielschichtig. Viele haben Biographien, in denen soziale
Benachteiligungen ersichtlich sind.
4. Projektträger
Projektträger ist die inab Ausbildungs- und Beschäftigungsgesellschaft des bfw mbH. Das
Mutterunternehmen ist das Berufsfortbildungswerk Gemeinnützige Bildungseinrichtung des DGB
GmbH (bfw), einer der größten Träger beruflicher Weiterbildung in Deutschland mit bundesweit 30
Geschäftsstellen, 150 Berufsbildungsstätten und jährlich ca. 50.000 Teilnehmern/innen.
Seit über 30 Jahren fördert das bfw aktiv die Aus- und Weiterbildung von Gefangenen in mehr als
40 Justizvollzugsanstalten in Deutschland und bietet rund 200 verschiedene Bildungsmöglichkeiten
an. Das Projekt wird durchgeführt in der Justizvollzugsanstalt Ravensburg.
Projekt ZAP
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5. Umsetzung der Ziele
Einige wichtige Faktoren für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft sind u. a. Teilhabe am
Arbeitsleben, zufriedenstellende Wohnsituation, sinnvolle Freizeitbeschäftigung, Existenzsicherung
und Klärung der finanziellen Situation. Das Eingliederungskonzept von ZAP greift wesentliche
Faktoren auf, die in einem standardisierten Verfahren ermittelt und in einem individuellen
Förderplan festgeschrieben werden. Durch Bildungsangebote während der Inhaftierung sollen die
Gefangenen in der Lage sein, ein normkonformes und selbstbestimmtes Leben zu führen. Durch
individuelle Förderpläne sollen Vermittlungshemmnisse und die Bedarfe der Gefangenen ermittelt
und bearbeitet werden.
1. Individuelle Beratungsleistungen
Bei der ersten Kontaktaufnahme mit dem Gefangenen werden die Ziele des Teilnehmers exploriert
und mit den Inhalten des Vollzugsplanes abgeglichen. Möchte der Teilnehmer zum Beispiel einen
Ausbildungsplatz in der Heimatregion und der hierfür erforderliche Freigängerstatus ist im
Vollzugsplan (noch) nicht vorgesehen, werden mit dem Teilnehmer die Schritte besprochen, die er
zur Abklärung seines Anliegens selbständig tun kann. Dann werden, nach einer Zielvereinbarung,
die einzelnen Handlungsschritte festgelegt. Hier ist darauf zu achten, dass der Teilnehmer aktiv in
diese Schritte mit einbezogen wird. So kann er selbsttätig Telefonate mit Behörden, Schulen,
Vermietern,
Handwerkskammern,
Krankenversicherungen,
Arbeitgebern
etc.
führen,
um
Informationen zu erhalten und um Weiteres zu veranlassen. Diese Selbsttätigkeit ist ein wichtiger
Schritt, um Selbständigkeit und Selbstwirksamkeit zu erfahren. Für die Gefangenen ist dies eine
große Herausforderung. Auch bei den darauffolgenden Terminen steht immer die Befähigung des
Teilnehmers im Hinblick auf die Zeit nach der Inhaftierung im Vordergrund. Die Handlungsfähigkeit
im Alltag soll gefördert werden. Er erhält Hilfe bei der Entwicklung von Perspektiven und der
Realisierung von Zielen.
2. Übergangsmanagement
Übergangsmanagement begleitet den Übergang vom Strafvollzug in die Gesellschaft. Es beginnt
frühzeitig, noch während der Inhaftierung, mit dem Fokus auf die Zeit danach. “Unter
Übergangsmanagement wird die umfassende Vorbereitung der Entlassung von Strafgefangenen
verstanden,
das
heißt
die
Planung,
Vermittlung
und
Durchführung
von
(Re-)
Integrationsmaßnahmen … insbesondere die strukturierte Verknüpfung und Verzahnung von
Behandlungsmaßnahmen des Strafvollzugs mit Hilfsangeboten und Maßnahmen der nach der
Entlassung für die Betroffenen zuständigen Stellen“ (Übergangsmanagement für junge Menschen
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zwischen Strafvollzug und Nachbetreuung Hrsg. DBH Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht
und Kriminalpolitik 2012, S 12).
3. Befähigung durch Trainingsmodule mit Profilpass
Durch Tagesseminare zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten erhalten die Gefangenen die
Möglichkeit, entsprechend dem persönlichen Förderplan ihre Kompetenzen zu fördern. In einem
von den Projektmitarbeitern gefertigten Profilpass werden die erlernten Inhalte festgeschrieben.
3.1.Arbeitsmarktvorbereitung (2 Tagesseminare)
Das Thema Arbeitsmarktvorbereitung ist ein wichtiger Bestandteil der Integrationsarbeit des
Projektes, da nur wenige Projektteilnehmer über fundierte Kenntnisse zu dieser Thematik verfügen.
Inhalte: Erwartungsprofile von Arbeitgebern, gängige Unterscheidung der Kompetenzen, eigenes
Kompetenzprofil erstellen. Arbeitsmarkterkundung,
Berufsgruppen und ihre Anforderungen, Abgleich: Anforderungsprofil versus Eigenprofil,
Bewerbungsverfahren und Kommunikation
Ziele: Die Gefangenen werden sensibilisiert für unterschiedliche Motive der Einarbeitung und für die
Anforderungen in der Arbeitswelt. Die Gefangenen kennen ihre eigenen Kompetenzen und
können so zielgerichtet ihre berufliche Planung bestimmen. Sie haben ein grundlegendes
Verständnis für den Bewerbungsprozess und können mit den Arbeitsmarktakteuren in Kontakt
treten und ihr Anliegen kommunizieren.
3.2.Finanzkompetenztraining
„Was kostet das Leben“ - mit diesem Seminar sollen die Gefangenen erlernen, vorhandene
staatliche oder sonstige Hilfen in Anspruch zu nehmen und behördliche Angelegenheiten
kompetent zu klären. Die Problematik der Verschuldung ist bei vielen der Inhaftierten vorhanden.
Inhalte: staatliche und sonstige Hilfen, Wirtschaftsplan erstellen, Haushalts-, Budgetberatung,
Existenzsicherung, präventive Beratung, Vorbereitung auf die Schuldnerberatung
Ziele: Steigerung der Finanzkompetenz, Befähigung zum kompetenten Umgang mit Anträgen /
Unterstützungsleistungen, Förderung eines selbstbestimmten Konsumverhaltens, Vorbereitung auf
die Schuldnerberatung beim Landratsamt.
3.3. Stärkung sozialer Kompetenzen
Hierbei geht es um die Erarbeitung eines realistischen Selbstbildes, um konstruktive
Kommunikationsformen und das lösungsorientierte Verhalten in Konfliktsituationen. Durch
Projekt ZAP
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praktische Wahrnehmungsübungen, Feedback, Rollentausch und Rollenspiele sollen die Teilnehmer
sensibilisiert werden.
3.4. Ausbildungsbegleitende Hilfen
In Kooperation mit den Ausbildungsbetrieben und den Berufsschullehrern werden individuelle
ausbildungsbegleitende
Hilfen
angeboten.
Diese
Unterstützungsleistung
wird
mit
dem
pädagogischen Dienst der JVA erstellt.
3.5. EDV-Schulung: Grundlagen und Spezifizierung
3.6. Teilqualifizierungen mit Zertifizierung durch die Kammern
Die Mehrheit der Inhaftierten verfügen bei Strafantritt über keinen Schulabschluss oder eine
abgeschlossene Berufsausbildung. Die JVA Ravensburg bietet verschiedene Ausbildungsberufe an.
Doch nicht alle Gefangenen eignen sich für eine Berufsausbildung. Dies kann viele Gründe haben;
etwa die zu kurze Haftzeit, oder der Gefangene bringt nicht die notwendigen schulischen
Voraussetzungen mit, die für eine qualifizierte Berufsausbildung erforderlich sind. Diesen Bedarf
greift das Projekt auf und organisiert mehrwöchige Qualifizierungsmaßnahmen für diese
Zielgruppe.
Die
aktuelle
Situation
auf
dem
Arbeitsmarkt
zeigt,
dass
entsprechende
Qualifizierungsmaßnahmen für Fachhelfer gefragt sind. Die Einstellungschancen steigen mit der
Qualifizierung.
Das Angebot umfasst:
•
Teilqualifizierung in der Lagerlogistik. Die Ausbildung dauert 6 Monate und wird in Kooperation
mit dem Vollzuglichen Arbeitswesen und dem Pädagogischen Dienst durchgeführt.
Zertifizierung durch die IHK Oberschwaben
•
Teilqualifizierung in der Gebäudereinigung. Die Ausbildung dauert 6 Monate und wird in
Kooperation mit dem VAW und dem Pädagogischen Dienst durchgeführt. Zertifizierung durch
die HWK Ulm.
•
Teilqualifizierung in der professionellen Fahrzeugpflege. Die Ausbildung dauert zwei Tage und
wird in Kooperation mit dem Ausbildungsbetrieb KFZ in der JVA Ravensburg durchgeführt. Eine
Ergänzung an die Teilqualifikation zum Gebäudereiniger ist möglich.
Projekt ZAP
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3.7 Infoveranstaltung Berufsberatung
Diese wird durch einen Berufsberater durchgeführt und soll in Gruppen stattfinden. Die Teilnehmer
sind Auszubildende und Hauptschüler der Anstalt. Wenn sich in dieser Informationsrunde der
Bedarf nach Einzelberatungen ergibt, wird das vom ZAP-Team organisiert.
4. Netzwerkarbeit
Das erarbeitete Eingliederungskonzept kann nur umgesetzt werden, wenn ein sinnvolles Netzwerk
aller Akteure aufgebaut wird. Das Netzwerk wird die unterschiedlichsten Einrichtungen vor Ort und
in der Region umfassen bis hin zu Betreuungsaufträgen an entsprechende karitative / soziale
Einrichtungen oder Bildungsträger außerhalb der Region.
5. Nachbetreuung
Vor der Entlassung findet ein Entlassgespräch mit dem Teilnehmer statt. Hierbei können
Netzwerkpartner eingebunden werden. Die aktuelle Situation wird besprochen, weitere
Handlungsschritte vereinbart und der erste Termin der Nachbetreuung wird zeitnah festgelegt. Die
Nachbetreuung ist als intensive Form der Einzelfallhilfe zu sehen und wichtiger Bestandteil der
Projektarbeit. Die während der Inhaftierung eingeleiteten Maßnahmen wie z.B. Termine bei der
Schuldnerberatung, Agentur für Arbeit, Vorstellungstermine bei Unternehmen etc. werden
durchgeführt und intensiv begleitet. Die Nachbetreuung erfordert eine individuelle Hilfestellung. Sie
setzt teilweise bei der Erarbeitung einer Tagesstruktur an und bezieht Überlegungen zur sinnvollen
Freizeitbeschäftigung mit ein. Die Mitarbeiter/innen der Nachbetreuung sind auch Ansprechpartner
für die Unternehmen. In Krisensituationen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer kann
regulierend eingegriffen werden, um Abbrüche zu vermeiden. Das Risiko ist groß, dass der
Teilnehmer wieder in frühere Verhaltensmuster zurückfällt, Probleme nicht aktiv bearbeitet und
Ziele aus den Augen verlieren. Deshalb ist es wichtig, als Berater nah am Teilnehmer zu sein und
den Kontakt zu halten. Wichtigster Faktor für eine erfolgreiche Nachbetreuung sind eine gelungene
Beziehungsarbeit während der Inhaftierung und eine umfassende Entlassvorbereitung. Die
Entlassvorbereitung findet idealerweise in Kooperation mit dem Sozialdienst, der Bewährungshilfe,
den zuständigen Behörden der sozialen Sicherung und der Arbeitsagentur statt.
Um dem
„Entlassungsloch“ vorzubeugen (der Entlassene weiß nicht wohin, wovon leben, was tun) muss die
Zeit nach der Entlassung gut geplant und strukturiert sein.
Projekt ZAP
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6. Methode
Nach der Methode des Case Managements wird die Projektarbeit durchgeführt. Der Blick ist
sowohl auf die Fallsteuerung, also auf den Teilnehmer, als auch auf die Systemsteuerung, das
bedarfsorientierte Netzwerk, gerichtet. Bereits während der Inhaftierung wird im Assessment mit
dem jeweiligen Teilnehmer die Ausgangslage analysiert und die individuellen Ziele festgelegt. Auf
dieser Grundlage ist die Hilfeplanung ausgerichtet. Grundsätzlich erhalten alle Teilnehmer das
Angebot, an den angebotenen Bildungsmodulen teilzunehmen.
Besonderheit der Projektarbeit:
•
Niederschwelligkeit – schneller Zugang zu ZAP
•
Autonomie – „neutrale“ Begleiter / unabhängig von Vollzug und Bewährungshilfe
•
Freiwilligkeit – selbstbestimmte Handlungen des Gefangenen
•
Betreuungsangebot auch nach der Entlassung
•
Beziehungsaufbau vor der Entlassung - Voraussetzung für die Nachbetreuung
•
ZAP arbeitet im Netz der Versorgung und Unterstützung
•
Einbeziehung der internen und externen Akteure in die einzelnen Handlungsschritte
6. Qualitätsmanagement
•
Erstellung individueller Förder-/Eingliederungspläne, die die Kompetenzen und Defizite/
Vermittlungshemmnisse
Unterstützung/Qualifizierung
und
das
der
Maß
Jugendlichen
der
jeweils
beschreiben.
notwendigen
Diese
Förder-
/Eingliederungspläne werden regelmäßig fortgeführt
•
permanente Projektdokumentation (PPD), die alle auf Verlauf und Entwicklung der
Beratungs-, Qualifizierungs- und Vermittlungsaktivitäten bezogenen Informationen des
Kurses erfasst. Hierzu zählen Monatsberichte, Statistiken, Protokolle usw.
•
Teamarbeit und regelmäßige Teamsitzungen mit allen Beteiligten zur Analyse und
Optimierung der Vermittlungs- und Förderprozesse
•
intensive Zusammenarbeit und Abstimmung aller an der Durchführung des Projektes
beteiligter Institutionen und Kooperationspartner/innen
Projekt ZAP
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Heidelberg/Ravensburg, 28. Juli 2015
Inhaltliche Projektleitung:
Beate Altmar, Brigitte Ratt
Gesamtprojektleitung:
Dieter Lichtner
Leiter Geschäftsstelle Heidelberg/Ravensburg
inab Ausbildungs- und Beschäftigungsgesellschaft des bfw mbH
Projekt ZAP
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Projekt ReSo Adelsheim
Schulische, berufliche, ausbildungsbegleitende und kulturelle
Integration junger Strafgefangener
Projektkonzept zur Beantragung im Rahmen des Europäischen Sozialfonds
in Baden-Württemberg
Stand : 28.07.2015
Inhaltsverzeichnis
1. Ausgangslage ...................................................................................................... 3
2. Ziele des Projektes ................................................................................................ 5
3. Zielgruppe ........................................................................................................... 4
4. Projektträger ........................................................................................................ 5
5. Umsetzung der Ziele ............................................................................................ 5
6. Qualitätsmanagement .......................................................................................... 6
7. Weitere Angebote ............................................................................................... 7
8. Nachbetreuung .................................................................................................... 9
Projekt ReSo Adelsheim
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28.07.2015
1. Ausgangslage
Die berufliche und soziale Integration von Jugendstrafgefangenen nach deren Entlassung
gestaltet sich, insbesondere nach Absolvierung längerer Haftstrafen, sehr schwierig.
Mit der Entlassung sehen sich die Jugendlichen und Heranwachsenden einer Fülle von Aufgaben
gegenüber, um die (Re-)Integration in Arbeit und Gesellschaft zu bewältigen. Das Modellprojekt
ReSo Adelsheim („Schulische, berufliche, ausbildungsbegleitende und kulturelle Integration
junger Strafgefangener“) setzt hier an und stellt Verbindungen bzw. Übergänge nach „draußen“
in die Arbeitswelt und zu deren sozialen Strukturen her.
Eine besondere Problematik zeigt sich bei der Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche. Deshalb ist das
Projekt eine Koordinierungsstelle, die den Jugendstrafgefangenen noch in der Haft, aber auch
danach, individuelle Förderung bietet und die Verbindung zwischen dem Vollzug und dem
Zugang zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt herstellt. Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die
Rückkehr aus dem Vollzug in das öffentliche Leben mit seinen aktuellen Anforderungen an
berufliche Qualifizierung und Integration (wie z. B. Mobilität, Flexibilität, Berufspraktika,
zeitgemäße Bewerbung etc.) zu erleichtern.
Der Bereich des Arbeitsmarktes wurde für die Integrationsbemühungen deshalb ausgesucht, da
der Beginn einer Arbeitstätigkeit oder einer Ausbildung nach einer verbüßten Jugendstrafe ein
großer Garant für eine gute Legalbewährung ist.
Durch Arbeit und den entsprechenden Verdienst können Menschen konsumieren und sich in
Gruppenverbände einfügen. Ohne entsprechendes Einkommen ist eine Teilhabe an vielen
Aktivitäten des öffentlichen Lebens nicht möglich, die aber gerade für junge Menschen wichtig
ist, um Identifikation zu erlangen. Außerdem ist Produktivität eine wichtige Voraussetzung, um
ihr Selbstwertempfinden aufzubauen bzw. zu stabilisieren.
2. Ziele des Projektes
Die Besonderheit des Projektes ReSo Adelsheim zeigt sich in der Verknüpfung der
Entlassungsvorbereitungen der Justizvollzugsanstalt, der Bewährungsauflagen des Gerichtes und
der Beratungsergebnisse der Bundesagentur für Arbeit. Die Besonderheit des Projektes ist die
Projekt ReSo Adelsheim
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Aufnahme
vor
Haftentlassung.
Die
vom
Sozialdienst
der
JVA
eingeleiteten
Entlassungsvorbereitungen sind ebenfalls Arbeitsvorgaben für die Betreuung nach der Entlassung.
Ebenso die vom Vollstreckungsleiter beim Amtsgericht Adelsheim bei einer „bedingten“
Entlassung (Reststrafe auf Bewährung) ausgesprochenen Bewährungsauflagen. Hier ist die
Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe angezeigt.
Als zentrales Projekt richtet sich der Schwerpunkt nach dem Operationellen Programm des ESF
Baden-Württemberg, hier der Prioritätsachse B: „Förderung der sozialen Inklusion und
Bekämpfung von Armut und jeglicher Diskriminierung“. Speziell fördert es die Verbesserung der
Beschäftigungsfähigkeit von Personen mit besonders gravierenden Vermittlungshemmnissen
(ehemalige Strafgefangene) und zielt frühzeitig auf die Verminderung von Qualifikationsdefiziten
sowie die soziale Stabilisierung der ehemaligen Strafgefangenen ab. So wird eine nachhaltige
Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der Benachteiligten erreicht und ihre Chancen für
einen beruflichen Neuanfang vor allem auf dem ersten Arbeitsmarkt erhöht.
3. Zielgruppe
Gefangene des Regelvollzuges, des intern gelockerten Vollzuges und Freigänger sind ca. 4 - 6
Monate vor der voraussichtlichen Entlassung potenzielle Kandidaten des Projektes ReSo
Adelsheim. Bei Auszubildenden mit der Notwendigkeit einer „Anschlusslehrstelle" müssen
allerdings wesentlich längere Vorlaufzeiten veranschlagt werden. Im Rahmen der personellen
Möglichkeiten werden auch Gefangene mit kürzeren Jugendstrafen (unter 4 Monaten) über das
Projektangebot informiert und können ggf. an Seminaren/Beratungsgesprächen teilnehmen.
Junge Gefangene in der Untersuchungshaft können nicht in das Projekt aufgenommen werden,
weil nicht vorhersehbar ist, ob es zu einer Verurteilung oder aber zu einer Entlassung beim
Hauptverhandlungstermin kommt.
Nach individuellem Bedarf und persönlicher Eignung, natürlich auch in Abhängigkeit von der
Haftzeit und den vorhandenen Möglichkeiten, nehmen die Projektteilnehmer entweder an
Maßnahmen zur schulischen oder beruflichen Qualifizierung teil oder verrichten Hilfstätigkeiten.
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Die wenigen Freigänger können in einem freien Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis in
einem Betrieb der freien Wirtschaft stehen, in seltenen Fällen auch eine weiterführende
öffentliche Schule oder eine Einrichtung zur beruflichen Förderung besuchen.
4. Projektträger
Projektträger ist das Berufsfortbildungswerk Gemeinnützige Bildungseinrichtung des DGB GmbH
(bfw), einer der größten Träger beruflicher Weiterbildung in Deutschland mit bundesweit 20
Geschäftsstellen, 120 Berufsbildungsstätten und jährlich ca. 50.000 Teilnehmern/innen.
Seit über 30 Jahren fördert das bfw aktiv die Aus- und Weiterbildung von Gefangenen in mehr als
50 Justizvollzugsanstalten in Deutschland und bietet rund 200 verschiedene
Bildungsmöglichkeiten an. Das Projekt wird durchgeführt in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim.
5. Umsetzung der Ziele
Die Methode des Case Management bietet sich für die Durchführung der Integrationsaufgaben
des Projektes an, da hier der Teilnehmer mit all seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt der Arbeit
steht. Der Case Manager schafft die notwendigen Verbindungen im Netzwerk rund um den
Teilnehmer.
Die Kooperation der Projektmitarbeiter/-innen mit der Bundesagentur für Arbeit bezieht sich
schwerpunktmäßig auf folgende Bereiche:
•
Arbeitsplatzsuche / Stellensuche, auch über die Landesarbeitsamts-Grenzen hinaus
•
Einbeziehung der Berufsberatung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen Gefangenen
•
Zugang und Nutzung der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit
•
Stellenangebote über Internet (Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit, IHK, HWK etc.)
•
Informationen über den regionalen Arbeitsmarkt
•
Suche eines Praktikumsplatzes
•
Suche eines Ausbildungsplatzes
•
„Assistierte Vermittlung“
•
Beurteilung der Notwendigkeit der Durchführung/Teilnahme eines Strafgefangenen an
beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen oder (betrieblichen) Trainingsmaßnahmen
Projekt ReSo Adelsheim
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Das erarbeitete Eingliederungskonzept kann nur umgesetzt werden, wenn ein sinnvolles
Netzwerk aller Akteure gegeben ist. Das Netzwerk umfasst die unterschiedlichsten Einrichtungen
vor Ort und in der Region bis hin zu Betreuungsaufträgen an entsprechende karitative/soziale
Einrichtungen oder Bildungsträger außerhalb der Region.
6. Qualitätsmanagement /Evaluation
•
Erstellung individueller Förder-/Eingliederungspläne, die die Kompetenzen und Defizite/
Vermittlungshemmnisse
Unterstützung/Qualifizierung
und
das
der
Maß
Jugendlichen
der
jeweils
beschreiben.
notwendigen
Diese
Förder-
/Eingliederungspläne werden regelmäßig fortgeführt
•
permanente Projektdokumentation (PPD), die alle auf Verlauf und Entwicklung der
Beratungs-, Qualifizierungs- und Vermittlungsaktivitäten bezogenen Informationen des
Kurses erfasst. Hierzu zählen Monatsberichte, Statistiken, Protokolle usw.
•
Teamarbeit und regelmäßige Teamsitzungen mit allen Beteiligten zur Analyse und
Optimierung der Vermittlungs- und Förderprozesse
•
intensive Zusammenarbeit und Abstimmung aller an der Durchführung des Projektes
beteiligter Institutionen und Kooperationspartner/innen
•
geplant ist zudem, das Projekt in die anstaltsinterne fortlaufende Evaluation des
Kriminologischen Dienstes zu integrieren
7. Weitere Angebote
Als einzelne Module lassen sich die im Projektverlauf angebotenen Gruppentrainings definieren.
Sie finden ein bis zwei Mal im Monat statt und sie werden von geschulten Fachkräften
durchgeführt, die in ständigem Kontakt mit den Projektmitarbeiterinnen stehen.
Bewerbungstraining
Das Bewerbungstraining ist ein wichtiger Bestandteil der Integrationsarbeit des Projektes, da nur
wenige Projektteilnehmer über fundiertes Kenntnisse zu dieser Thematik verfügen.
Inhalte:
•
Analyse des Ausbildungsmarktes und effektive Berufszielerreichung
•
Projektmanagement im Bewerbungsalltag
•
Sensibilisierung für Firmenkontakte und Telefonleitfaden
•
Bedürfnisse und Ansprüche der Firmen
•
Üben des Vorstellungsgesprächs/ Verhalten/ Kleidung
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Ziele:
•
Grundlegendes Verständnis für den Bewerbungsprozess
•
Formulieren aussagekräftiger Bewerbungsanschreiben
•
Sicherheit im Auftritt und in der persönlichen Vorstellung
Finanzkompetenztraining:
Die Problematik der Ver- und Überschuldung ist bei den Projektteilnehmern überproportional
vorhanden. Das Finanzkompetenztraining dient als Grundlage der Schuldnerberatung.
Inhalte:
•
Anamnese und Problembeschreibung
•
Forderungsüberprüfung, Schuldnerschutz in der
•
Zwangsvollstreckung
•
Hauhalts- Budgetberatung, Existenzsicherung
•
Präventive Beratung
•
Regulierung und/oder Entschuldung
Ziele:
•
Steigerung der Finanzkompetenz
•
Befähigung zu einem selbstbestimmten Konsumverhalten
•
Verbesserung der Handlungsfähigkeit für die Organisation
•
und Ordnung der eigenen Unterlagen
Für Projektteilnehmer, die die Dienstleistung einer Schuldnerberatung benötigen, findet eine dem
Einzelfall individuell angepasste Beratung statt. Ziel ist, dass die Insassen vor Haftentlassung über
sämtliche
benötigte
Unterlagen
verfügen
und
bereits
Kontakt
mit
der
zuständigen
Schuldnerberatung vor Ort aufgenommen haben. Es besteht auch die Möglichkeit, über den Dr.Traugott-Bender-Fonds oder andere Stiftungen eine erfolgreiche Entschuldung zu bewirken.
Wenn die Integration der Projektteilnehmer sinnvoll und nachhaltig gestaltet werden soll, ist eine
Entschuldung und die Beratung im zukünftigen Umgang mit Geld unumgänglich.
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Antigewalt- und Kompetenztraining
Die zwingende Notwendigkeit eines solchen Trainings ergibt sich aus dem nachweislich
wachsenden Anteil an Projektteilnehmern mit Migrationshintergrund, die Gewaltstraftaten verübt
haben.
Zielgruppe: Insassen der JVA Adelsheim, die aus der Überbewertung und Übererhöhung der
eigenen Gruppe, Ethnie oder des eigenen Kulturkreises Rechtfertigungen für Gewalttaten
gegenüber anderen konstruieren, die dieser Gruppe nicht angehören.
Ziele:
•
Verstehen und Verändern des Gewaltverhaltens
•
Fähigkeit entwickeln; Konflikte gewaltfrei zu lösen
•
Verantwortung für eigenes Handeln übernehmen
•
Distanz zu gewalttätigen Gruppen entwickeln
•
Aufbau persönlicher Stä rken
•
Entwickeln von Kommunikations-/Beziehungs- und Konfliktlösungsressourcen
•
Lernerfahrungen in das Alltagsleben transferieren
Das Trainingskonzept basiert auf dem akzeptierenden, annehmenden und demütigungsfreien
Ansatz. Die Vorauswahl der Teilnehmer trifft der Sozialdienst der JVA. Die endgültigen Teilnehmer
entscheiden die Trainer/innen nach den Einzelgesprächen. Die Trainingseinheiten mit maximal
acht Projektteilnehmern finden ein Mal wöchentlich über einen Zeitraum von zwei bis drei
Monaten statt. Das Gruppentraining besteht aus mehreren aufeinander aufbauenden Modulen.
Intensive Einzelgespräche sowie Familientage sind in das Training integriert.
Modul 1:
Auseinandersetzung mit Vorurteilsorientierungen
Modul 2:
Biographisches Verstehen – Aufarbeiten der eigenen Geschichte
Modul 3:
Entwicklung einer akzeptierenden, helfenden, und demokratischen
Gruppendynamik
Modul 4:
Gewaltkontext und Einfluss gewaltaffiner Cliquendynamik
Modul 5:
Konfrontation mit der Tat und Rekonstruktion gewalttätiger Handlungsabläufe
Modul 6:
Erlernen eines gewaltfreien, selbstsicheren Umgangs mit Konfliktsituationen
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Modul 7:
Entwicklung privater Unterstützungssysteme (Familientag)
Modul 8:
Haftentlassungsvorbereitung
Im Anschluss an den Trainingskurs wird die Option eines Stabilisierungscoachings bis zu einem
Jahr angeboten.
8. Nachbetreuung
Um die Eingliederungsbemühungen nachhaltig zu stabilisieren, ist die Nachbetreuung der
Projektteilnehmer ein notwendiger Bestandteil der Projektarbeit.
Je nach Dauer der Inhaftierung und Alter des Jugendlichen ist der Umfang der Nachbetreuung zu
gestalten. In einigen Fällen ist nicht nur die berufliche, sondern auch die soziale Integration
Bestandteil einer erfolgreichen Legalbewährung. In diesen Fällen ist der Kontakt mit
unterstützenden Hilfsorganisationen und Einrichtungen besonders wichtig.
Somit wird der Kontakt zum beruflichen und sozialen Umfeld bereits während der Inhaftierung
hergestellt und in der Nachbetreuungsphase weiter verfolgt.
Die
Teilnehmer
haben
nach
ihrer
Haftentlassung
fortwährend
die
Möglichkeit,
auf
Dienstleistungen des Projektes zurückzugreifen.
Nach der Entlassung ist eine Projektmitarbeiter/in ausschließlich mit der telefonischen Betreuung
der entlassenen Projektteilnehmer beschäftigt. Mit dieser intensiven Form der Betreuung ist
gewährleistet, dass negativ verlaufende Integrationsbemühungen frühzeitig erkannt werden und
der zuständige Projektbetreuer kurzfristig die Chance hat, für alle Beteiligten ein gemeinsames
und vermittelndes Gespräch herbeizuführen.
Da diese Form der Nachbetreuung aber noch weiter optimiert werden kann und soll, um die
Jugendlichen auch nach ihrer Entlassung noch effektiver und nachhaltiger zu unterstützen, ist
eine
intensivere
Zusammenarbeit
mit
der
Bewährungshilfe
NeuStart
geplant.
Der
Betreuungsrahmen muss dahin gehend wesentlich erweitert werden, da auch andere sich
zuständig zeigende Hilfseinrichtungen nach der Haftentlassung zu lange mit Erstterminen und
zeitnaher Hilfestellung warten. Die Jugendlichen können diese lange Verweildauer ohne
Ansprechpartner aber oft nur sehr schlecht kompensieren und einordnen, und eine erneute
Straffälligkeit scheint vorprogrammiert.
Projekt ReSo Adelsheim
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Heidelberg/Adelsheim, 28. Juli 2015
Inhaltliche Projektleitung:
Annette Fehl
Gesamtprojektleitung:
Dieter Lichtner
Leiter Geschäftsstelle Heidelberg/Mosbach
Berufsfortbildungswerk Gemeinnützige Bildungseinrichtung des DGB GmbH Heidelberg
Projekt ReSo Adelsheim
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Bayern
Bayerisches Staatsministerium der
Justiz
Bayerisches Staatsministerium der Justiz • 80097 München
Herrn
Prof. Dr. Bernd Maelicke
Universität Lüneburg
[email protected]
Sachbearbeiter
Herr Köckritz
Telefon
(089) 5597-1881
Herrn
Christopher Wein
Fachhochschule Kiel
[email protected]
Telefax
(0180) 1000965-00363
3,9 ct/min zzgl. gesetzl. USt.
E-Mail
[email protected]
nachrichtlich:
alle anderen Landesjustizverwaltungen
Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom
Bitte bei Antwort angeben
Unser Zeichen, Unsere Nachricht vom
18. Januar 2016
F3 - 4450E - VIIa - 732/2016
Datum
26. Februar 2016
Buchprojekt „Komplexleistung Resozialisierung“
Fragebogen zum Thema „Übergangsmanagement in der ambulanten und stationären Resozialisierung“
Sehr geehrter Herr Professor Maelicke,
sehr geehrter Herr Wein,
vielen Dank für Ihr Interesse am Übergangsmanagement im bayerischen Justizvollzug. Hinsichtlich der von Ihnen aufgeworfenen Fragen darf ich auf den ausführlichen Bericht der Arbeitsgruppe „Übergangsmanagement im bayerischen Justizvollzug“ Bezug nehmen. Der Bericht der Arbeitsgruppe sowie die geschlossenen
Vereinbarungen zur Optimierung des Übergangsmanagements wurden auf der
Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz unter
https://www.justiz.bayern.de/ministerium/projekte/  „Übergangsmanagement in
den bayerischen Justizvollzugsanstalten“
Hausanschrift
Prielmayerstr. 7
Justizpalast
80335 München
Haltestelle
Karlsplatz (Stachus)
S-Bahn, U-Bahn
Trambahn
Telefon
(089) 5597-01
(Vermittlung)
Telefax
5597-2322
E-Mail:
[email protected]
Internet:
http://www.justiz.bayern.de
2
eingestellt und sind dort abrufbar.
Für Rückfragen steht Ihnen Herr Regierungsoberinspektor Köckritz gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Geiger
Regierungsdirektor
Prof. Dr. Bernd Maelicke, Universität Lüneburg
[email protected]
Christopher Wein, Fachhochschule Kiel
[email protected]
15. Januar 2016
Fragebogen zum Thema „Übergangsmanagement in der ambulanten und stationären
Resozialisierung“
Die beiden Autoren bereiten z.Zt. ein Buch mit dem Titel „Komplexleistung Resozialisierung“ vor, das
beim NOMOS-Verlag erscheinen wird.
In diesem Rahmen wird in einem Schwerpunkt-Kapitel die derzeitige Situation des
Übergangsmanagements in den 16 Bundesländern dargelegt. Um einen aktuellen Praxisstand
abbilden und jedes Land berücksichtigen zu können, bitten wir um Ihre Unterstützung.
Uns interessiert insbesondere der Entwicklungsstand von (Modell-)Projekten zum Thema
Übergangsmanagement. Dabei sind sowohl Projekte für die Zielgruppe der jugendlichen und
heranwachsenden StraftäterInnen wie auch für erwachsene StraftäterInnen von Bedeutung. Bitte
beantworten Sie deshalb für beide Zielgruppen getrennt die nachfolgenden Fragen.
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Übergangsmanagement“?
siehe insbesondere Ziffer 1 des übersandten Berichts der AG „Übergangsmanagement im bayerischen
Justizvollzug"
Bitte nennen Sie die für das Übergangsmanagement (in ihrem Bundesland) relevanten rechtlichen
Grundlagen?
siehe insbesondere Ziffer 4 des übersandten Berichts der AG „Übergangsmanagement im
bayerischen Justizvollzug"
In den Bundesländern sind verschiedene (Modell-)Projekte entstanden, die sich mit dem
Übergangsmanagement im Rahmen der ambulanten und stationären Resozialisierung befassen. Das
Buch möchte entsprechende „Best Practice“-Beispiele vorstellen. Bitte nennen Sie uns daher
Praxisbeispiele aus Ihrem Bundesland, die aus Ihrer Sicht für die angestrebte Resozialisierung
wirkungsvoll sind.
siehe insbesondere die nachfolgenden Ziffern des übersandten Berichts der AG
„Übergangsmanagement im bayerischen Justizvollzug"
5.1.2 Projekte zur Arbeitsmarktintegration im bayerischen Justizvollzug
5.1.3 Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit der Regionaldirektion Bayern der
Bundesagentur für Arbeit (liegt als Anlage bei)
5.4 externe Schuldnerberatung
In Bayern wurde eine externe Schuldnerberatung eingeführt. Träger sind die Verbände der freien
Straffälligenhilfe. Das StMJ fördert diesen Bereich mit jährlich ca. 400.000 €
5.9 Zentrale Beratungsstellen für Straffälligenhilfe
Derzeit in Ansbach, Aschaffenburg, Augsburg, München, Nürnberg, Regensburg, Rosenheim und
Würzburg eingerichtet. Ein weiterer Ausbau zuvorderst in Bamberg, Bayreuth und Passau wird
angestrebt.
Hinsichtlich ESF geförderten Projekten darf ich auf Ziffer 8 des Berichts Bezug nehmen.
Ferner wurde mit den Spitzenverbänden öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege sowie dem
Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Frauen eine Empfehlungsvereinbarung
geschlossen. Die bisherigen Erfahren lassen den Schluss zu, dass insbesondere durch die Benennung
fester Ansprechpartner und die Durchführung Runder Tische das Übergangsmanagement der
einzelnen Anstalten deutlich erleichtert werden konnte.
Für eine konkrete Beschreibung der Projekte benötigen wir Informationen über die verschiedenen
Projekte. Bitte erläutern Sie für die o.a. Projekte die Rahmenbedingungen (Konzepte, Organisation,
Finanzierung, Personal) bzw. senden Sie uns entsprechende Informationsmaterialen zu.
siehe Anlagen
Wir wollen auch, soweit möglich, vorliegend Evaluationsergebnisse der Projekte vorstellen. Senden
Sie uns deshalb bitte entsprechendes Datenmaterial oder andere Quellen zu oder benennen Sie uns
für diese Fragestellung bitte mögliche AnsprechpartnerInnen.
Wir bitten um Rücksendung bis zum 1. März 2016 an o.g. Mail-Adressen oder postalisch an:
Prof. Dr. Bernd Maelicke
Deutsches Institut für Sozialwirtschaft, Ringstr. 35, 24114 Kiel
Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Mitwirkung.
Freundliche Grüße
Bernd Maelicke und Christopher Wein
Arbeitsgruppe
"Übergangsmanagement"
Optimierung des Übergangsmanagements in den bayerischen
Justizvollzugsanstalten
Bericht
der Arbeitsgruppe
"Übergangsmanagement"
Oktober 2012
www.justizvollzug-bayern.de
Inhaltsverzeichnis
1. BEGRIFFSBESTIMMUNG UND ZWECK ............................................................................. 7
2. AUFTRAG DER ARBEITSGRUPPE...................................................................................... 7
3. RESOZIALISIERUNG ALS VOLLZUGLICHE AUFGABE WÄHREND DER
GESAMTEN HAFTDAUER ................................................................................................... 9
4. RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN ......................................................................... 11
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.8
STARKE BETONUNG DES ÜBERGANGSMANAGEMENTS IM BAYERISCHEN
STRAFVOLLZUGSGESETZ (BAYSTVOLLZG) ......................................................................... 11
FRÜHZEITIGE KONTAKTAUFNAHME MIT DER BEWÄHRUNGSHILFE, DEN
AUFSICHTSSTELLEN FÜR DIE FÜHRUNGSAUFSICHT UND DEN EINRICHTUNGEN DER
STRAFENTLASSENENHILFE.................................................................................................. 11
VORÜBERGEHENDE HILFESTELLUNG NACH DER ENTLASSUNG IM EINZELFALL ..................... 12
SOZIALTHERAPIE IM ERWACHSENEN- UND JUGENDSTRAFVOLLZUG...................................... 12
NACHSORGE BEI VORANGEGANGENER SOZIALTHERAPEUTISCHER BEHANDLUNG .................. 14
AUFNAHME AUF FREIWILLIGER GRUNDLAGE....................................................................... 15
ENTLASSUNGSVORBEREITUNG FÜR JUNGE GEFANGENE........................................................ 15
"NOTANKER" FÜR JUNGE GEFANGENE ................................................................................ 15
5. BESONDERE PROBLEMLAGEN ....................................................................................... 16
5.1 ARBEIT .............................................................................................................................. 16
5.1.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 16
5.1.2 KONKRETE PROJEKTE ZUR ARBEITSMARKTINTEGRATION IM BAYERISCHEN
STRAFVOLLZUG............................................................................................................... 18
5.1.2.1 Projekt "FREI" Fachkräfte durch Reintegration Ehemaliger Inhaftierter
(Justizvollzugsanstalten St. Georgen-Bayreuth, Landsberg am Lech und
Nürnberg) ..................................................................................................................... 18
5.1.2.2 Projekt "Jobscout" (Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld) .............................................. 19
5.1.2.3 Projekt "MIGRA plus" (Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld) ........................................ 20
5.1.2.4 Projekt für Jugendstrafgefangene mit Migrationshintergrund
(Justizvollzugsanstalt Ebrach).......................................................................................... 23
5.1.2.5 Projekt "Perspektive" (Justizvollzugsanstalten Laufen-Lebenau und NeuburgHerrenwörth) ................................................................................................................. 24
5.1.2.6 Projekt "Leonhard – Unternehmertum für Gefangene" (Justizvollzugsanstalten
Landsberg am Lech und München) .................................................................................. 25
5.1.2.7 Projekt Brücken bauen - Potenziale nutzen (Justizvollzugsanstalt Nürnberg) ......................... 27
5.1.3 KOOPERATIONSVEREINBARUNG MIT DER REGIONALDIREKTION BAYERN DER
BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT ......................................................................................... 27
5.1.4 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 29
5.1.4.1 Verstärkte Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Betreuern .................................................. 29
5.1.4.2 Ausbau öffentlich geförderter Projekte zur beruflichen Reintegration von
Gefangenen ................................................................................................................... 29
-2-
5.2 BERUFLICHE BILDUNG ....................................................................................................... 29
5.2.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 29
5.2.2 ERREICHTE OPTIMIERUNGEN........................................................................................... 30
5.2.3 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 31
5.2.3.1 Kontakt mit den Vertretern der Industrie- und Handelskammern sowie den
Handwerkskammern ....................................................................................................... 31
5.2.3.2 Ausbau von Kontakten zu Unternehmen der freien Wirtschaft ............................................. 31
5.2.3.3 Verstärktes Angebot von Qualifizierungsbausteinen ........................................................... 32
5.2.3.4 Zentrale Ausbildungsstätten............................................................................................. 32
5.2.3.5 Ausbildungsangebote für inhaftierte Frauen....................................................................... 32
5.2.3.6 Beauftragter für die berufliche Bildung ............................................................................. 33
5.3 WOHNEN ........................................................................................................................... 33
5.3.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 33
5.3.2 ERREICHTE OPTIMIERUNGEN........................................................................................... 35
5.3.2.1 Übersicht über Übergangs- und betreute Wohneinrichtungen ............................................... 35
5.3.2.2 Analyse der Entlassströme 2011....................................................................................... 35
5.3.3 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 37
5.3.3.1 Ausbau von Wohnprojekten............................................................................................ 37
5.3.3.2 Befristete Mietausfallbürgschaften für Strafentlassene ........................................................ 38
5.3.3.3 Kooperationen mit den Sozialhilfeträgern, Jobcentern,
Wohnungsbaugesellschaften und den Trägern der freien Straffälligenhilfe ............................ 38
5.3.3.4 Übernahme der Miete bei kurzzeitiger Inhaftierung ............................................................ 38
5.4 SCHULDEN ......................................................................................................................... 39
5.4.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 39
5.4.1.1 Datenerhebung 2012 ....................................................................................................... 40
5.4.1.2 Bewertung der Datenerhebung 2012 ................................................................................. 42
5.4.2 ERREICHTE OPTIMIERUNGEN........................................................................................... 43
5.4.3 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 44
5.4.3.1 Datenerfassung .............................................................................................................. 44
5.4.3.2 Zusammenstellung von Soll und Haben ............................................................................ 44
5.4.3.3 Verstärkte Prävention während der Haft ............................................................................ 44
5.4.3.4 Fortbildungsangebot ....................................................................................................... 45
5.4.3.5 Musterschreiben zur Schuldenregulierung ......................................................................... 45
5.4.3.6 Informationsbroschüre für Gefangene ............................................................................... 45
5.4.3.7 Ausweitung der externen Beratungsangebote ..................................................................... 46
5.5 DROGEN UND SUCHT .......................................................................................................... 46
5.5.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 46
5.5.2 ERREICHTE OPTIMIERUNGEN........................................................................................... 49
5.5.2.1 Ausweitung der Betreuungskapazitäten ............................................................................. 49
5.5.2.2 Verbesserung der Zusammenarbeit mit der externen Suchtberatung...................................... 50
5.5.3 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 51
5.5.3.1 Informationsgruppe der externen Suchtberatung................................................................. 52
5.5.3.2 Informationsblatt bei Entlassung ...................................................................................... 52
5.5.3.3 Schulung in Notfallmaßnahmen ....................................................................................... 53
5.5.3.4 Übernahme der Kosten für Suchtentwöhnungstherapien Strafgefangener durch
Rentenversicherungsträger .............................................................................................. 54
5.5.3.5 Verteilung zusätzlicher Stellen für Externe Suchtberater ..................................................... 55
5.5.3.6 Substitution in Haft ........................................................................................................ 56
5.6 GESUNDHEITSFÜRSORGE .................................................................................................... 58
5.6.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 58
5.6.2 ERREICHTE OPTIMIERUNGEN........................................................................................... 59
5.6.2.1 Krankenversicherungsschutz bei Haftentlassung ................................................................ 59
-3-
5.6.3 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 59
5.6.3.1 Weitergabe von ärztlichen Befunden ................................................................................ 59
5.6.3.2 Terminvereinbarung mit weiterbehandelnden Ärzten aus der Haft heraus.............................. 59
5.7 AUSLÄNDER/MIGRATION .................................................................................................... 60
5.7.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 60
5.7.2 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 60
5.7.2.1 Projekte und Gruppenangebote ........................................................................................ 60
5.7.2.2 Zusammenarbeit mit Ausländerbehörden .......................................................................... 61
5.8
PSYCHOLOGISCHE, PSYCHOTHERAPEUTISCHE UND PSYCHIATRISCHE
VERSORGUNG .................................................................................................................... 61
5.8.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 61
5.8.2 ERREICHTE OPTIMIERUNGEN........................................................................................... 62
5.8.2.1 Gemeinsame Fortbildungsveranstaltung mit der Psychotherapeutenkammer
Bayern .......................................................................................................................... 62
5.8.2.2 Erhöhter Vergütungssatz für externe psychotherapeutische Leistungen ................................. 62
5.8.3 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 63
5.8.3.1 "Externe Psychotherapeutenliste" ..................................................................................... 63
5.9 ZENTRALE BERATUNGSSTELLEN FÜR STRAFFÄLLIGENHILFE................................................ 63
5.9.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 63
5.9.1.1 Münchner Zentralstelle für Straffälligenhilfe ..................................................................... 64
5.9.1.2 Zentralstelle für Straffälligenhilfe in Nürnberg................................................................... 65
5.9.1.3 Regensburger Beratungsstelle für Straffällige und Gefährdete (RBS).................................... 66
5.9.1.4 Zentrale Beratungsstelle für Wohnungslose und Strafentlassene in Würzburg ........................ 67
5.9.2 ERREICHTE OPTIMIERUNGEN........................................................................................... 68
5.9.2.1 Augsburg ...................................................................................................................... 68
5.9.2.2 Ingolstadt ...................................................................................................................... 68
5.9.3 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 69
5.9.3.1 Zusammenstellung aller Angebote der Straffälligenhilfe in Bayern....................................... 69
5.9.3.2 Arbeitsbedingungen für die Bediensteten der zentralen Beratungsstellen für
Straffälligenhilfe in den Justizvollzugsanstalten ................................................................. 69
5.10 BEWÄHRUNGSHILFE UND FÜHRUNGSAUFSICHT .................................................................... 69
5.10.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 69
5.10.2 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 73
5.10.2.1 Nutzung zentraler Kontaktadressen .................................................................................. 73
5.10.2.2 Erstkontakt vor Haftentlassung ........................................................................................ 73
5.10.2.3 Standardisierte Kontaktaufnahme bei Inhaftierung nach Bewährungswiderruf ....................... 73
5.10.2.4 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Bewährungshilfe und der
Straffälligenarbeit .......................................................................................................... 74
5.10.2.5 Rechtzeitige Beschlussfassung durch die Strafvollstreckungskammern ................................. 75
5.11 EHRENAMTLICHE MITWIRKUNG ......................................................................................... 76
5.11.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 76
5.11.2 ERREICHTE OPTIMIERUNGEN........................................................................................... 78
5.11.2.1 Fortbildungsangebot für ehrenamtliche Betreuer, die nach Haftentlassung tätig
bleiben wollen ............................................................................................................... 78
5.11.3 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 78
5.11.3.1 Gesamtkonzept für den Einsatz ehrenamtlicher Mitarbeiter in den
Justizvollzugsanstalten.................................................................................................... 78
5.11.3.2 Einheitliche Vorbereitung auf die ehrenamtliche Tätigkeit im Justizvollzug .......................... 79
5.11.3.3 Ausbau des ehrenamtlichen Engagements ......................................................................... 80
5.11.3.4 Datenerhebung............................................................................................................... 83
-4-
5.12 WEITERE SOZIALE HILFEN ................................................................................................. 83
5.12.1 ERREICHTE OPTIMIERUNGEN........................................................................................... 84
5.12.1.1 Personalausweise für Gefangene ...................................................................................... 84
5.12.1.2 Ehe- und Familienseminare ............................................................................................. 84
5.13 ORGANISATORISCHE MAßNAHMEN ..................................................................................... 85
5.13.1 BESTANDSAUFNAHME ...................................................................................................... 85
5.13.1.1 Runde Tische ................................................................................................................. 85
5.13.1.2 Einführung von Qualitätsstandards und Qualitätssicherung.................................................. 85
5.13.1.3 Fachliche Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Jugendhilfe und
Jugendstrafvollzug ......................................................................................................... 86
5.13.1.4 Haft-Entlassenen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter (HEADS) ............................................. 87
5.13.1.5 Entlassung von Gefangenen mit besonders hohem Risikopotential ....................................... 87
5.13.2 EMPFEHLUNGEN DER ARBEITSGRUPPE ............................................................................. 89
5.13.2.1 Datenvernetzung ............................................................................................................ 89
6. ZUSAMMENARBEIT MIT DEN VERBÄNDEN DER FREIEN
WOHLFAHRTSPFLEGE .................................................................................................... 89
6.1
6.2
ZUSAMMENARBEIT ............................................................................................................. 89
ONLINE-BERATUNGSANGEBOTE .......................................................................................... 90
7. ZUSAMMENARBEIT MIT DEM BAYERISCHEN LANDESVERBAND FÜR
GEFANGENENFÜRSORGE UND BEWÄHRUNGSHILFE E. V. (BAYLGB) ....................... 90
7.1
7.2
7.3
7.4
ORGANISATION .................................................................................................................. 90
AUFGABEN ......................................................................................................................... 91
ENGAGEMENT .................................................................................................................... 92
FINANZIERUNG .................................................................................................................. 93
8. FINANZIERUNG VON LEISTUNGEN IM RAHMEN DES
ÜBERGANGSMANAGEMENTS ......................................................................................... 93
8.1 STAATLICHE FINANZIERUNG .............................................................................................. 93
8.2 FÖRDERUNGSMÖGLICHKEITEN DURCH DEN EUROPÄISCHEN SOZIALFONDS (ESF) ................. 95
8.2.1 RESO-NORDVERBUND (BERLIN, BRANDENBURG, BREMEN, HAMBURG,
MECKLENBURG-VORPOMMERN, NIEDERSACHSEN, SCHLESWIG-HOLSTEIN) ....................... 96
8.2.2 SÜDWESTVERBUND (HESSEN, RHEINLAND-PFALZ, SAARLAND) .......................................... 96
8.2.3 ANDERE LÄNDER ............................................................................................................. 98
8.2.4 BAYERN .......................................................................................................................... 98
8.2.5 BEWERTUNG DER ESF-FÖRDERMÖGLICHKEITEN .............................................................. 99
9. RESÜMEE ......................................................................................................................... 101
10. ANLAGEN......................................................................................................................... 102
10.1 KOOPERATIONSVEREINBARUNG ZWISCHEN DEM STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ
UND FÜR VERBRAUCHERSCHUTZ UND DER REGIONALDIREKTION BAYERN DER
BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT .......................................................................................... 102
10.2 ABFRAGEMATRIX WOHNEINRICHTUNGEN FÜR HAFTENTLASSENE ...................................... 102
10.3 ÜBERSICHTLISTE DER WOHNPROJEKTE UND WOHNPLÄTZE DES BAYERISCHEN
LANDESVERBANDS FÜR GEFANGENENFÜRSORGE UND BEWÄHRUNGSHILFE E.V. .................. 102
-5-
10.4 BESCHREIBUNG DER ENTLASSSTRÖME AUS BAYERISCHEN
JUSTIZVOLLZUGSANSTALTEN FÜR DAS JAHR 2011.............................................................. 102
10.5 "ERSTE-HILFE"-MAPPE DES VEREINS "BREMISCHE STRAFFÄLLIGENBETREUUNG" ............ 102
10.6 "SCHULDEN UND INHAFTIERUNG - EINE BROSCHÜRE FÜR ÜBERSCHULDETE
GEFANGENE" ................................................................................................................... 102
10.7 ENTSCHEIDUNGSBÄUME ZUM KRANKENVERSICHERUNGSSCHUTZ NACH DER HAFT.............. 102
10.8 MUSTERSCHREIBEN KRANKENVERSICHERUNGSSCHUTZ NACH DER HAFT
(JUSTIZVOLLZUGSANSTALT AMBERG) ............................................................................... 102
10.9 JMS "LEISTUNGEN DES JUSTIZVOLLZUGS ZUR VERBESSERUNG DER
ZUSAMMENARBEIT MIT DER EXTERNEN SUCHTBERATUNG" ............................................... 102
10.10 BROSCHÜRE "INFORMATIONEN ZUR EHRENAMTLICHEN TÄTIGKEIT IM
JUSTIZVOLLZUG" ............................................................................................................. 102
10.11 BROSCHÜRE "MERKBLATT ÜBER DIE EHRENAMTLICHE TÄTIGKEIT IN DER
BEWÄHRUNGSHILFE" ....................................................................................................... 102
10.12 „SICHERHEITSUNTERWEISUNG“ DER JUSTIZVOLLZUGSANSTALT MÜNCHEN ....................... 102
-6-
1.
Begriffsbestimmung und Zweck
Übergangsmanagement umfasst insbesondere die Entlassungsvorbereitung in der abschließenden Phase des Vollzugs, das heißt die Vorbereitung der Entlassung der Gefangenen im engeren Sinne, die Planung,
Einleitung, Vermittlung und Durchführung von (Re-) Integrationsmaßnahmen für zur Entlassung anstehende Gefangene, besonders die strukturierte Verknüpfung und Verzahnung von Behandlungsmaßnahmen des
Vollzugs mit Hilfeangeboten und Maßnahmen der nach der Entlassung
für die Betroffenen zuständigen Stellen.
Durch Maßnahmen einer koordinierten Entlassungsvorbereitung soll die
Basis für einen bestmöglichen Übergang der Inhaftierten von der straff
geregelten Situation des Vollzugs zu der komplexen Lebenssituation
nach der Entlassung geschaffen und damit eine optimale soziale Reintegration der Gefangenen erreicht werden. Übergangsmanagement dient
dazu, gerade in der schwierigen Zeit unmittelbar nach der Entlassung einen Rückfall der Strafentlassenen in die Straffälligkeit zu vermeiden, indem Schnittstellenprobleme vermieden bzw. minimiert werden. Dem Gefangenen 1 soll eine "Brücke" in die Freiheit gebaut werden.
Zu einem optimalen Übergangsmanagement gehört im Interesse des
Schutzes der Allgemeinheit zwingend auch die Überwachung von Personen mit hohem Risikopotential, insbesondere von Sexual- und Gewaltstraftätern.
2.
Auftrag der Arbeitsgruppe
Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für
Verbraucherschutz vom 29. Juli 2009 wurde eine Arbeitsgruppe "Übergangsmanagement" eingesetzt mit dem Auftrag, bereits laufende oder
1
Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wurde bei allen Formulierungen auf eine Geschlechter
differenzierende Schreibweise verzichtet. Sämtliche Formulierungen sind geschlechtsneutral aufzufassen und berücksichtigen grundsätzlich im gleichen Maße die für Frauen und Männer relevanten
Aspekte im Kontext des behandelten Themas.
-7-
geplante Projekte des Übergangsmanagements, insbesondere Maßnahmen und Konzepte bayerischer Justizvollzugsanstalten, zu sichten,
zusammenzustellen und auszuwerten sowie die gewonnenen Erkenntnisse im Sinne von "best practice" für die Vollzugspraxis im Rahmen von
Empfehlungen nutzbar zu machen und gegebenenfalls Vorschläge zur
Optimierung des Übergangsmanagements zu unterbreiten.
Leiter der Arbeitsgruppe "Übergangsmanagement“ ist Ltd. Regierungsdirektor Peter Landauer, Leiter der Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld.
Der Arbeitsgruppe gehören derzeit ferner folgende Mitglieder an:
− Sozialamtfrau Angelika Baader, sozialpädagogischer Dienst der Justizvollzugsanstalt Amberg
− Manfred Drosta, Bayerischer Landesverband für Gefangenenfürsorge
und Bewährungshilfe e. V.
− Regierungsinspektor Maximilian Köckritz, Justizvollzugsanstalt München, derzeit an das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz abgeordnet
− Pastoralreferent Mario Kunz, seelsorgerischer Dienst der Justizvollzugsanstalt Nürnberg
− Nicole Lehnert, Leiterin der Münchner Zentralstelle für Straffälligenhilfe
− Oberregierungsrätin Barbara Lutz, psychologischer Dienst der Justizvollzugsanstalt St. Georgen-Bayreuth
− Norbert Merz, Landesarbeitsgemeinschaft ehrenamtlicher Mitarbeiter
im Strafvollzug Bayern e. V.
− Oberregierungsrat Sascha Rath, Abteilungsleiter in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg
− Amtmann im JVD Hermann Riedmann, Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes in der Justizvollzugsanstalt Würzburg
− Technischer Amtmann Stefan Schilfarth, Werkdienstleiter in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg
− Sozialamtsrätin Cornelia Schuh-Stötzel, Zentrale Koordinierungsstelle
Bewährungshilfe der Bayerischen Justiz
− Oberlehrerin im JVD Birgit Wirth, pädagogischer Dienst der Justizvollzugsanstalt Aichach
-8-
In der konstituierenden Sitzung am 23. September 2009 und in den weiteren Sitzungen hat sich die Arbeitsgruppe zum Ziel gesetzt, zunächst
eine Erfassung der in den bayerischen Justizvollzugsanstalten bereits
vorhandenen Strukturen des Übergangsmanagements vorzunehmen. In
Verfolgung dieser Absicht wurden Fragebogen entwickelt, auf deren
Grundlage die entsprechenden Daten erhoben wurden.
Im ersten Zwischenbericht der Arbeitsgruppe vom 20. Juni 2011 wurde
eine vorläufige Bewertung des von den Justizvollzugsanstalten übersandten Datenmaterials unter Nutzung einer von der IT-Leitstelle bei der
Bayerischen Justizvollzugsschule für diesen Zweck erstellten Datenbank
vorgenommen. Dieses bedurfte einer intensiven Auswertung, Vertiefung,
Akzentuierung sowie Diskussion innerhalb der Arbeitsgruppe.
In Ergänzung des Arbeitsauftrages hat sich die Arbeitsgruppe nicht nur
auf Empfehlungen beschränkt, sondern bereits konkrete Maßnahmen der
Optimierung des Übergangsmanagements in die Wege geleitet. So wurde z.B. eine Kooperationsvereinbarung mit der Regionaldirektion Bayern
der Bundesagentur für Arbeit erarbeitet und unterschriftsreif vorbereitet.
3.
Resozialisierung als vollzugliche Aufgabe
während der gesamten Haftdauer
Die Vorbereitung der Gefangenen auf ihre Entlassung beginnt nach dem
Verständnis des bayerischen Justizvollzugs nicht erst zu irgendeinem,
wie auch immer zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Ende einer oftmals
langjährigen Haft. Sie beginnt bereits am ersten Tag der Inhaftierung. Die
Behandlungsuntersuchung, die Erstellung und Fortentwicklung des Vollzugsplans, die verantwortungsvolle Gewährung von vollzugsöffnenden
Maßnahmen sowie das Übergangsmanagement in der Phase der Entlassung sind integrale Bestandteile eines Gesamtprozesses, in dessen
Mittelpunkt die Durchführung von vollzuglichen Behandlungsmaßnahmen
steht. Diese sollen an den für die Tat ursächlichen Defiziten aber auch
vorhandenen Ressourcen der Gefangenen ansetzen und diese befähi-9-
gen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
Die Bemühungen um die soziale Wiedereingliederung von Strafgefangenen sind äußerst vielseitig: Dabei kommt der Hinführung zu einer geregelten Arbeit und der beruflichen Aus- und Weiterbildung eine entscheidende Rolle zu. Deshalb ist im BayStVollzG geregelt, dass den Gefangenen unter Berücksichtigung von ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten und
Neigungen eine wirtschaftlich ergiebige Arbeit zugewiesen werden soll.
Demzufolge ist auch ein breit gefächertes, heutigen Bildungs- und
Markterfordernissen entsprechendes Arbeits-, Ausbildungs- und Fortbildungsangebot fester Bestandteil der Programme bayerischer Justizvollzugsanstalten. Angesichts der schwierigen sozialen Verhältnisse, aus
denen die Gefangenen häufig stammen, kommt im Rahmen der Bemühungen um deren Wiedereingliederung auch der Arbeit der Fachdienste hier insbesondere der medizinischen, pädagogischen, psychologischen,
seelsorgerischen und sozialpädagogischen Dienste - eine wichtige Funktion zu.
Gleiches gilt für die Sozialtherapie, die im bayerischen Justizvollzug derzeit erheblich ausgebaut wird. Bei drogenabhängigen bzw. suchtgefährdeten Gefangenen wird bereits während der Zeit des Vollzugs besonderer Wert auf eine Zusammenarbeit mit externen Suchberatern gelegt.
Eine wichtige Rolle spielt zudem die Heranführung der Gefangenen an
eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung. So können sie die Anstaltsbibliotheken nutzen, an Kursen oder kulturellen Veranstaltungen teilnehmen
und sich sportlich betätigen. Da auch tragfähige soziale Bindungen zu
Personen außerhalb der Justizvollzugsanstalt die Voraussetzungen für
das Gelingen der Wiedereingliederung entscheidend verbessern können,
werden solche Kontakte, vor allem auch zu Familienangehörigen, gefördert.
In der Phase der unmittelbaren Entlassungsvorbereitung schließlich werden die Gefangenen bei der Ordnung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen
und sozialen Angelegenheiten beraten und unterstützt. Die Mitarbeiter
der Sozialdienste in den Justizvollzugsanstalten informieren und beraten
-10-
nach den individuellen Bedürfnissen des Betroffenen in Bezug auf, Arbeit, Unterkunft und die Hilfsangebote vor Ort.
4.
Rechtliche Rahmenbedingungen
4.1
Starke Betonung des Übergangsmanagements im Bayerischen Strafvollzugsgesetz (BayStVollzG)
Entsprechend seiner großen Bedeutung erfolgt in Bayern durch das
BayStVollzG sowie in weiteren Regelungen eine starke Betonung des
Übergangsmanagements, um den Gefangenen den Übergang in die
Freiheit zu erleichtern. Der Zusammenarbeit der Justizvollzugsanstalten
mit vollzugsexternen Stellen wird dabei eine besonders große Bedeutung
zugemessen.
Daher sieht Art. 175 Abs. 2 BayStVollzG vor, dass die Anstalten mit Behörden, Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, Vereinen und Personen,
deren Einfluss die Eingliederung fördern kann (dies sind auch ehrenamtlich tätige Personen), eng zusammenarbeiten. Im Bereich des Jugendstrafvollzuges folgt das Gebot einer engen Zusammenarbeit mit fachbezogenen außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen aus Art.
126 Abs. 1 BayStVollzG.
4.2
Frühzeitige Kontaktaufnahme mit der Bewährungshilfe,
den Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht und den
Einrichtungen der Strafentlassenenhilfe
Art. 175 Abs. 4 BayStVollzG verpflichtet die Anstalten, soweit erforderlich, zur Entlassungsvorbereitung insbesondere mit der Bewährungshilfe,
den Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht und den Einrichtungen der
Strafentlassenenhilfe frühzeitig Kontakt aufzunehmen. Im Rahmen einer
sorgfältigen Entlassungsvorbereitung ist es gerade bei gefährlichen Gefangenen dringend geboten, möglichst frühzeitig mit den Stellen Kontakt
-11-
aufzunehmen, die nach der Entlassung der Gefangenen deren Betreuung übernehmen, um sie gegebenenfalls in die Entlassungsvorbereitung
gezielt einbinden zu können.
4.3
Vorübergehende Hilfestellung nach der Entlassung im
Einzelfall
Art. 81 BayStVollzG stellt eine wichtige Ergänzung zur Behandlung Gefangener und zur Zusammenarbeit mit anderen Stellen im Rahmen der
Entlassungsvorbereitung dar. Danach kann die Anstalt auf Antrag der
Gefangenen nach der Entlassung vorübergehend Hilfestellung im Einzelfall gewähren, soweit diese nicht anderweitig durchgeführt werden kann,
und der Erfolg der Behandlung der Gefangenen gefährdet ist. Hierdurch
wird eine punktuelle Fortführung der Betreuung ermöglicht, was helfen
kann, eine vorübergehende akute Krisensituation zu entschärfen.
4.4
Sozialtherapie im Erwachsenen- und Jugendstrafvollzug
Auch bei der Einrichtung von sozialtherapeutischen Abteilungen für Gewalt- und Sexualstraftäter handelt es sich im wohlverstandenen Sinne
um eine Maßnahme des praktizierten Übergangsmanagements im Erwachsenen- und Jugendstrafvollzug. Übergangsmanagement soll einen
reibungslosen Übergang aus dem Strafvollzug in ein Leben ohne Straftaten ermöglichen. Studien haben den empirischen Nachweis erbracht,
dass die Methoden der Sozialtherapie, einer besonders intensiven Form
der Behandlung von Straftätern, die Rückfallquote um ca. ein Drittel senken können.
Bis zum Inkrafttreten des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes waren in
den bayerischen Justizvollzugsanstalten 217 Behandlungsplätze in Sozialtherapeutischen Einrichtungen vorhanden, davon 168 für die Behandlung von Sexualstraftätern. Die seit 1998 geltende Differenzierung zwischen bestimmten Sexualstraftätern und anderen Gefangenen wurde im
seit 1.1.2008 geltenden Bayerischen Strafvollzugsgesetz weiter entwickelt. Gefangene, die wegen einer Sexualstraftat zu einer zeitigen Frei-12-
heitsstrafe von mehr als zwei Jahren oder zu einer Jugendstrafe verurteilt wurden, sind nach Art. 11 Abs. 1 und Art. 132 Abs. 1 BayStVollzG in
eine sozialtherapeutische Einrichtung zu verlegen, wenn die dort durchgeführte Behandlung angezeigt ist. Angezeigt ist diese insbesondere
dann, wenn der Gefangene zur Verringerung der Rückfallgefahr behandlungsbedürftig erscheint, wenn er behandlungsfähig ist und wenn die im
Normalvollzug zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten nicht
ausreichend erscheinen. Andere Gefangene, von denen schwerwiegende Straftaten gegen Leib oder Leben oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu erwarten sind, können (ab 2013: "sollen") gemäß Art. 11
Abs. 2 bzw. Art. 132 Abs. 2 BayStVollzG in eine sozialtherapeutische
Einrichtung verlegt werden, wenn deren besondere therapeutische Mittel
und soziale Hilfen zu ihrer Resozialisierung angezeigt sind.
In Bayern besteht seit 1972 die sozialtherapeutische Anstalt Erlangen mit
41 Plätzen (nur Einzelhaftplätze) für Gewalttäter, davon sechs im offenen
Vollzug. Sozialtherapeutische Abteilungen für Sexualstraftäter sind eingerichtet in den Justizvollzugsanstalten München, Würzburg, St. Georgen-Bayreuth, Straubing, Landsberg am Lech (jeweils 24 Haftplätze),
Amberg und Kaisheim (jeweils 16 Haftplätze). Der weitere Ausbau der
Sozialtherapie ist ein wesentlicher Eckpfeiler des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes. In der Umsetzung wurden zusätzlich zu den bereits im
Jahr 2008 vorhandenen 217 Therapieplätzen in den Justizvollzugsanstalten Aichach, Amberg, St. Georgen-Bayreuth, Ebrach, Kaisheim, München und Neuburg-Herrenwörth weitere 98 Plätze speziell für Gewaltstraftäter geschaffen. Aktuell stehen damit 168 Plätze für Sexualstraftäter
und 147 Plätze für Gewaltstraftäter zur Verfügung. Bis Ende des Jahres
2013/Anfang 2014 ist geplant, weitere 70 Therapieplätze für Gewaltstraftäter zu schaffen. Im gesamten bayerischen Vollzug können dann 385
Plätze in der Sozialtherapie angeboten werden. Ein Ausbau um weitere
24 Plätze ist bereits in Planung.
Speziell im Jugendstrafvollzug stehen in der Justizvollzugsanstalt Neuburg-Herrenwörth derzeit insgesamt 32 Behandlungsplätze (16 für Sexual- und 16 Plätze für Gewaltstraftäter) zur Verfügung. Die dortige Kapazität für Gewaltstraftäter wurde bereits zum Jahresende 2009 von acht auf
16 Plätze verdoppelt. Auch in der Jugendstrafvollzugsanstalt Ebrach
-13-
konnte bereits eine sozialtherapeutische Abteilung für Gewaltstraftäter
mit 10 Haftplätzen eingerichtet werden. Eine Erweiterung der Kapazität in
Ebrach sowie die Einrichtung einer sozialtherapeutischen Abteilung in
der Jugendstrafvollzugsanstalt Laufen-Lebenau sind geplant.
4.5
Nachsorge bei vorangegangener sozialtherapeutischer
Behandlung
Gem. Art. 119 BayStVollzG sollen die sozialtherapeutischen Einrichtungen bzw. Abteilungen der Justizvollzugsanstalten nach Entlassung der
Gefangenen die im Vollzug begonnene Betreuung vorübergehend fortführen, soweit diese nicht anderweitig durchgeführt werden kann, speziell
durch niedergelassene Psychiater oder Psychotherapeuten, forensische
Nachsorgeambulanzen oder die Bewährungshilfe bzw. weitere sozialpädagogische Angebote der Straffälligenhilfe. Die Nachbetreuung durch die
sozialtherapeutischen Abteilungen der Justizvollzugsanstalten in diesem
Sinne soll ein die Gefangenen stabilisierender Prozess und gleichzeitig
ein Abnabelungsprozess sein.
Ferner wurden für die Nachbetreuung von Verurteilten, die nach Verbüßung einer wegen einer Straftat gemäß §§ 174 bis 184 StGB verhängten
Freiheitsstrafe aus dem Justizvollzug entlassen worden sind, unter Führungsaufsicht oder Bewährung stehen und vom Gericht angewiesen
worden sind, sich psychotherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen, im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für
Verbraucherschutz durch freie Träger psychotherapeutische Fachambulanzen in München, Nürnberg und Würzburg geschaffen. Eine Erweiterung des Behandlungsangebots der psychotherapeutische Fachambulanzen auf gefährliche Gewaltstraftäter ist derzeit in Planung.
Nachbetreuung soll die Gefangenen in ihren Stärken unterstützen und an
ihren Schwächen arbeiten. Sie soll positives Verhalten verstärken, die
Lebenssituation der Gefangenen stabilisieren und die Gesellschaft effektiv vor gefährlichen Straftätern schützen.
-14-
4.6
Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
Gemäß Art. 120 BayStVollzG können frühere Gefangene unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag vorübergehend wieder in die sozialtherapeutische Einrichtung bzw. Abteilung der Justizvollzugsanstalt aufgenommen werden. Diese Möglichkeit der Aufnahme stellt eine Hilfemaßnahme im Sinne einer Krisenintervention bei akuter Rückfallgefahr dar.
4.7
Entlassungsvorbereitung für junge Gefangene
Junge Gefangene bedürfen einer besonders intensiven Entlassungsvorbereitung. Deshalb regelt Art. 136 Abs. 1 BayStVollzG, dass die Jugendstrafvollzugsanstalten rechtzeitig vor dem voraussichtlichen Entlassungstermin mit vertrauenswürdigen Dritten und Institutionen außerhalb des
Vollzugs zusammenarbeiten, um zu erreichen, dass die jungen Gefangenen bei der Entlassung über eine geeignete Unterbringung und eine
Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügen. Die Jugendämter und, soweit
angeordnet, die Bewährungshilfe werden unterrichtet. Bei minderjährigen
Gefangenen werden regelmäßig auch die Personensorgeberechtigten
einbezogen. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die bekannten Rückfallfaktoren, insbesondere Arbeits- und Wohnungslosigkeit, so weit wie möglich
auszuschließen. Die Anstrengungen aller an der Entlassungsvorbereitung Beteiligten konzentrieren sich darauf, entsprechende Angebote zu
erarbeiten und gemeinsam mit den Gefangenen realistische Zukunftsperspektiven zu entwickeln.
Auch bereits während des Vollzugs der Jugendstrafe wird über Art. 126
und Art. 127 BayStVollzG eine enge Zusammenarbeit mit Behörden und
freien Trägern sowie ehrenamtlich Tätigen geregelt.
4.8
"Notanker" für junge Gefangene
Für junge Gefangene sieht Art. 137 Abs. 2 BayStVollzG auf Antrag der
jungen Gefangenen die vorübergehende Fortführung der im Vollzug begonnenen Betreuung nach Entlassung vor, soweit sie nicht anderweitig
-15-
durchgeführt werden kann (sog. "Notanker"). Hierzu können junge Gefangene unter bestimmten Umständen in einer Abteilung des offenen
Vollzugs verbleiben oder in einer solchen nach ihrer Entlassung wieder
aufgenommen werden, wenn der Erfolg der Erziehung gefährdet und ein
Aufenthalt in der Jugendstrafanstalt aus diesem Grund gerechtfertigt ist.
Eine für diese Maßnahme geeignete Abteilung des offenen Vollzuges
bestand bereits in der Justizvollzugsanstalt Neuburg-Herrenwörth; neue
Abteilungen des offenen Vollzugs sind in den Justizvollzugsanstalten
Ebrach und Laufen-Lebenau im Juli bzw. September 2011 in Betrieb gegangen.
5.
Besondere Problemlagen
Die Arbeitsgruppe hat sich vertieft mit Problemlagen befasst, die in besonderem Maße die schwierige Lebenssituation von Entlassenen kennzeichnen.
5.1
Arbeit
5.1.1
Bestandsaufnahme
Nach Art. 2 Satz 2 BayStVollzG soll der Vollzug der Freiheitsstrafe die
Gefangenen befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne
Straftaten zu führen. Dieser Behandlungsauftrag kann nur verwirklicht
werden, wenn den Gefangenen bereits im Justizvollzugvollzug eine sinnvolle und nützliche Arbeit zugewiesen werden kann. Hierdurch sollen sie
an ein regelmäßiges, auf eigene Arbeit aufgebautes Leben gewöhnt
werden. Dies ist eine ganz entscheidende Voraussetzung für die spätere
Wiedereingliederung der entlassenen Strafgefangenen in die Gesellschaft. Das Bayerische Strafvollzugsgesetz bestimmt deshalb ausdrücklich (Art. 43), dass die Strafgefangenen verpflichtet sind, eine ihren Fähigkeiten angemessene Arbeit auszuüben (anders verhält es sich mit
den Untersuchungsgefangenen, die gemäß Art. 12 Abs. 1 BayUVollzG
auf Grund der bis zur Rechtskraft der Verurteilung für sie sprechenden
-16-
Unschuldsvermutung keine gesetzliche Arbeitspflicht trifft). Die Vollzugsbehörden sollen den Gefangenen wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und dabei ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen (Art. 39 Abs. 2 Satz 1 BayStVollzG).
Die Gewöhnung an eine regelmäßige Arbeit ist somit elementarer Bestandteil eines geordneten Behandlungsvollzugs. Arbeit ist zudem ein
ordnendes Element in der Anstalt und damit zugleich ein Beitrag zur Sicherheit.
Die Justizvollzugsanstalten verfügen über Kontakte zu den Industrie- und
Handelskammern, den Handwerkskammern, Innungen und privaten Bildungsträgern. Die Zusammenarbeit findet auch durch Besuche in den
Justizvollzugsanstalten, vor allem durch Handwerkskammern und Innungen, statt. Gesucht wird zudem der Kontakt zu Unternehmen der freien
Wirtschaft.
Entsprechend dem gesetzlichen Auftrag 2 unterhalten die Justizvollzugsanstalten sehr gute Kontakte zu den Agenturen für Arbeit, wobei in der
Regel dort konkrete Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Im Einzelnen bestehen jedoch Probleme bei der Erreichbarkeit der Ansprechpartner. Einzelne Agenturen für Arbeit haben zudem nicht die Möglichkeit,
Sprechstunden in den Anstalten anzubieten. Die unterschiedlichen Zuständigkeiten der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter werfen einige
Schwierigkeiten bei der Vermittlung in Arbeit auf.
In den größeren Justizvollzugsanstalten sind arbeitstherapeutische Betriebe mit 5 bis 22 Plätzen eingerichtet. Alle Betriebe werden von Bediensteten geleitet, die die Zusatzausbildung "Leiter eines arbeitstherapeutischen Betriebes" an der Bayerischen Justizvollzugsschule absolviert haben. Überwiegend sind zudem Psychologen und Sozialpädagogen, zum Teil auch externe Fachreferenten, bei der Betreuung dieser
Gefangenen tätig. Basisunterricht in den Fächern Deutsch und Mathematik sowie im Umgang mit Computern wird daneben angeboten.
2
Art. 126 Abs. 1, Art. 175 Abs. 3 BayStVollzG
-17-
5.1.2
Konkrete Projekte zur Arbeitsmarktintegration im bayerischen
Strafvollzug
Im Rahmen des Übergangsmanagements werden verschiedene Einzelprojekte zur Arbeitsmarktintegration gefördert. Solche Projekte ermöglichen es, den jeweiligen Bedürfnissen und Möglichkeiten der Inhaftierten
und zur Entlassung anstehenden Gefangenen gerecht zu werden. Eine
Anstalt mit überwiegend langjährig Inhaftierten muss gerade im Aus- und
Weiterbildungsbereich andere Prioritäten setzen als eine Anstalt, in der
vorwiegend kurzzeitige Freiheitsstrafen verbüßt werden. Das Angebot
einer Jugendstrafanstalt muss wiederum andere Schwerpunkte bilden.
Hierzu kommt, dass sich die Verhältnisse vor Ort, z. B. in Bezug auf Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten, erheblich unterscheiden können.
Exemplarisch sind folgende "Leuchtturmprojekte" zu nennen:
5.1.2.1
Projekt "FREI" Fachkräfte durch Reintegration Ehemaliger Inhaftierter
(Justizvollzugsanstalten St. Georgen-Bayreuth, Landsberg am Lech und
Nürnberg)
Das Projekt "FREI" (Fachkräfte durch Reintegration Ehemaliger Inhaftierter) der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz)
in den Justizvollzugsanstalten St. Georgen-Bayreuth, Landsberg am
Lech und Nürnberg soll dazu beitragen, die Öffentlichkeit und Betriebe
für die Potenziale der Gefangenen zu sensibilisieren und die Angebote
zur Nachqualifizierung von Inhaftierten zu evaluieren, zu erweitern und
zu vernetzen. Konkret sollen u. a. berufliche Übergangs- und Anschlussperspektiven für Inhaftierte und Entlassene entwickelt, die Zahl abschlussbezogener Nachqualifizierungen für gering qualifizierte Gefangene gesteigert, die Zahl von betrieblichen Übernahmen Haftentlassener
erhöht, ein spezielles Netzwerk entwickelt und einrichtungsübergreifende
Kooperationen initiiert werden. Ausbildungsmaßnahmen in anerkannten
Lehrberufen sollen so modularisiert werden, dass Gefangene, die eine
begonnene Ausbildung während des Vollzugs nicht abschließen können,
die Möglichkeit erhalten, während des Vollzugs absolvierte Ausbildungsabschnitte auf eine spätere Fortsetzung der Ausbildung nach der Entlassung anrechnen zu lassen. Hierfür sollen Kontakte zwischen den jeweili-18-
gen Ausbildungsbetrieben der Anstalten und in der beruflichen Bildung
tätigen privaten Arbeitgebern hergestellt werden.
In den kooperierenden Justizvollzugsanstalten werden der Bestand und
der Bedarf an Beratungs- und Nachqualifizierungsangeboten erhoben,
Inhaftierte beraten und das Übergangsmanagement zwischen dem Strafvollzug und den Bildungsakteuren unterstützt. Für die konkrete Umsetzung sind überregionale sowie regionale Koordinierungen geplant. Die
Aufgabe der regionalen Mitarbeiter ist es, sowohl Gefangene individuell
zum Thema Nachqualifizierung und berufliche Integration zu beraten als
auch Verantwortlichen der Justizvollzugsanstalten bei Bedarf Unterstützung zu geben, wenn abschlussorientierte Qualifizierungskonzepte auf
den Weg gebracht werden sollen (z.B. für Teilqualifizierungen, Externenprüfung, berufsbezogene Sprachkurse usw.). Das Programm trägt so dazu bei, die Bedarfe des Arbeitsmarktes hinsichtlich Fördermöglichkeiten,
Finanzierungsetats und Projekten von durchführenden Institutionen in
Kongruenz bringen.
Das Projekt "FREI" wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung aus Bundesmitteln des Programms "Perspektive Berufsabschluss" und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. Laufzeit des Projekts ist vom 1. September 2010 bis 31. August 2013.
5.1.2.2
Projekt "Jobscout" (Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld)
In der für junge männliche Erwachsene zuständigen Justizvollzugsanstalt
Niederschönenfeld wird seit 2009 das Projekt "Jobscout" durchgeführt.
Ziel des Projekts ist es, Gefangene, die bereits vor der Inhaftierung eine
Berufsausbildung absolviert haben oder in der Anstalt an bestimmten
Bildungsangeboten erfolgreich teilgenommen haben, während der Haft
oder kurz nach Haftende unmittelbar in eine Beschäftigung zu bringen.
Das Projekt beinhaltet Einzel-Coachings, Gruppen-Trainings, Arbeitsstellenvermittlung und eine sechsmonatige Nachbetreuung nach der Haft.
Das Projekt ist angegliedert an eine "Initiative Arbeit durch Management"
(IAM) des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz e.V. (DWBO) und der Deutschen Telekom und beinhaltet insbe-19-
sondere eine Einbindung ehrenamtlicher Betreuer als "Paten" für die betroffenen Gefangenen. Das Projekt wird durch den Bayer. Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. finanziell gefördert. Es kann nach seinem bisherigen Verlauf positiv beurteilt werden
und soll bei anhaltendem Erfolg fortgesetzt werden.
5.1.2.3
Projekt "MIGRA plus" (Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld)
In der Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld wurde zudem das Projekt
"MIGRA plus: Migranten den Berufs(wieder)einstieg ermöglichen – zielgerichtetes Übergangsmanagement entwickeln und Vielfalt gestalten"
verwirklicht. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem Berufsbildungswerk des DGB durchgeführt und im Rahmen des ESFBundesprogramms "XENOS – Integration und Vielfalt" insbesondere
durch Mittel der Europäischen Union (namentlich des Europäischen Sozialfonds) und zusätzliche Fördermittel des Bundes finanziell realisiert.
Ziel des Projekts ist eine verbesserte Arbeitsmarktintegration von Haftentlassenen gerade bei der kriminologisch relevanten Gruppe junger Erwachsener. Da die berufliche Integration der Gefangenen nach ihrer
Haftentlassung einen wesentlichen Faktor für die Vermeidung von Rückfällen darstellt, ist sie eine zentrale Voraussetzung für eine nachhaltige
soziale Integration der Haftentlassenen. Allerdings ist die Arbeitsmarktintegration von Haftentlassenen aufgrund einer komplexen Problemlage
schwierig:
 Die Mehrheit der Gefangenen verfügt nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung; zudem waren die meisten Gefangenen bereits
vor ihrer Inhaftierung arbeitslos bzw. gingen keiner regelmäßigen Beschäftigung nach.
 Ein überwiegend niedriges Bildungsniveau der Gefangenen in Verbindung mit einer häufig defizitären Sozialisation aufgrund gestörter
Familienverhältnisse bedingt eine eingeschränkte Kommunikations-,
Interaktions- und Konfliktfähigkeit sowie eine geringe Frustrationstoleranz. Diese sozialen Kompetenzen sind jedoch eine wesentliche
-20-
Voraussetzung für eine nachhaltige Integration in ein modernes Arbeitsleben. Insbesondere der Umgang mit interkultureller Vielfalt ist in
einer globalisierten Arbeitswelt von Bedeutung.
 Mit rund einem Drittel ist der Anteil der Gefangenen mit Migrationshintergrund in der Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld sehr hoch.
Bei dieser Personengruppe liegen in der Regel ein überdurchschnittlicher Bedarf an formalen Qualifikationen sowie interkulturell bedingte
Hindernisse bei der Arbeitsmarktintegration vor.
 Die Arbeitsmarktintegration von Gefangenen wird häufig zusätzlich
erschwert durch komplexe individuelle Problemlagen nach der Haftentlassung wie Orientierungsschwierigkeiten, Verschuldung, Wohnungsfragen u. a. m. Vor diesem Hintergrund erfordert die nachhaltige Arbeitsmarktintegration von Haftentlassenen neben formalen Qualifizierungsabschlüssen die Vermittlung von sozialen Kompetenzen
bzw. „Soft Skills“, die eine reflektierte Kommunikation und Interaktion
in vielfältigen und interkulturell geprägten Arbeitszusammenhängen
fördert, sowie ein auf individuelle Problemlagen zugeschnittenes
ganzheitliches Übergangsmanagement, das sich über den Zeitraum
der Haft hinaus erstreckt.
Die Strategie des Projekts "MIGRA plus“ besteht in einem Ansatz, der
die Integration der Haftentlassenen systematisch mit Aspekten von Vielfalt und Toleranz verknüpft und zugleich auf eine Nachhaltigkeit der Aktivitäten abzielt. Die Verknüpfung von Maßnahmen zum Abbau von Diskriminierungen und zur Förderung der Vielfalt schlägt sich mit einem zusätzlichen Ausbildungsangebot für Gefangene mit Migrationshintergrund
in einem Lehrgang für Gebäudereiniger nieder. Dadurch werden für diese Gefangenen zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten in einem Beruf
mit besonders hohen Vermittlungschancen geschaffen. Da diese Qualifizierung relativ geringe Bildungsvoraussetzungen hat, wird dabei zugleich
berücksichtigt, dass Migranten teilweise ein niedrigeres Bildungsniveau
und geringere Sprachkompetenzen haben. Das zusätzliche Angebot für
Gefangene mit Migrationshintergrund zur Teilqualifizierung als Gebäudereiniger wird integriert in das laufende Angebot dieser Qualifizierung innerhalb der Justizvollzugsanstalt. Auf diesem Wege ist eine interkulturel-21-
le Heterogenität der jeweiligen Gruppen gewährleistet, die bereits im
Rahmen der Qualifizierung die konstruktive Auseinandersetzung mit kulturellen Unterschiedlichkeiten in Arbeitszusammenhängen fördert.
Das Übergangsmanagement umfasst dabei die Betreuung sowohl in der
Zeit vor der Haftentlassung als auch in den sechs Monaten danach und
gewährleistet so eine kontinuierliche Betreuung sowohl der Vorbereitung
als auch der Umsetzung des Übergangs. Das Übergangsmanagement
enthält einerseits sämtliche Instrumente zur beruflichen Integration (Beratung, Berufsorientierung, Unterstützung bei Bewerbungen, Vermittlung
von Ausbildungs- und Praktikumsstellen, Vermittlung und Beratung bei
der Unterstützung durch die Arbeitsagentur und arbeitsmarktpolitische
Dienstleister, Betreuung bei der Integration im Betrieb), die flexibel auf
die individuellen Anforderungen der Haftinsassen abgestimmt werden
können. Andererseits wird auch Unterstützung bei der Bewältigung individueller sozialer Probleme angeboten, indem eine individuelle Problemanalyse und ein Hilfeplan erstellt werden sowie eine Vermittlung an entsprechende Träger von Unterstützungsleistungen erfolgt. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die berufliche Integration nicht an individuellen
sozialen Problemen scheitert. Grundlage dieses begleiteten Übergangs
ist die systematische und nachhaltige Vernetzung von Justizbehörden,
Arbeitsagentur, Bildungsträgern, Trägern sozialer Unterstützungsleistungen und Betrieben, die eine effiziente Kooperation dieser Akteure bei der
individuellen Gestaltung des Übergangs gewährleistet.
Die Vernetzung wird durch das Projekt aufgebaut und verstetigt. VielfaltSchulungen als Teil des Übergangsmanagements gewährleisten im Übrigen, dass neben formalen Qualifikationen auch „Soft Skills“ vermittelt
werden, die die Beschäftigungsfähigkeit und berufliche Mobilität der Gefangenen maßgeblich fördern. Um eine nachhaltige Implementierung der
Vielfalt-Schulungen zu gewährleisten, wurden diese praxisorientiert entwickelt.
Darüber hinaus werden auch Bedienstete der Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld in Workshops mit interkulturellen Problematiken und ihrer
Bewältigung vertraut gemacht. Durch diese Qualifizierung der Ausbilder
wurden die Inhalte der Vielfalt-Schulungen nachhaltig in der Justizvoll-22-
zugsanstalt Niederschönenfeld verankert, da die Ausbilder die Inhalte der
Weiterbildung nachfolgend als Handlungsprinzip tagtäglich anwenden
können. Darüber hinaus ist der Aufbau des Netzwerkes regionaler Akteure, die für die Gestaltung des Übergangs von der Haft in den Beruf relevant sind, eine Grundlage auch für künftige Kooperationen der Beteiligten beim Übergangsmanagement der Haftentlassenen.
Das Bundesverwaltungsamt hat Fördermittel für das Projekt bewilligt. Der
Bewilligungszeitraum dauerte zunächst bis 31. Januar 2012.
Für die darauffolgende Förderrunde des Bundesprogramms XENOS sollte durch die Münchner Tochtergesellschaft des Berufsbildungswerks des
DGB ein Folgeprojekt „MIGRAwork+ - Kooperation und Vernetzung am
Übergang von der Haft in den Beruf“ aufgelegt werden, das auf dem
Konzept von MIGRA plus aufbaut, dieses aber insbesondere in den
Komponenten Berufsqualifizierung, Netzwerkbildung sowie individuelles
Übergangsmanagement erweitert.
Die Förderung dieses Anschlussprojekts aus dem Bundesprogramm
XENOS wurde nicht bewilligt. Eine Fortführung über Haushaltsmittel des
Freistaates Bayern ist aufgrund der äußerst angespannten Haushaltslage derzeit nicht möglich.
5.1.2.4
Projekt für Jugendstrafgefangene mit Migrationshintergrund (Justizvollzugsanstalt Ebrach)
Es ist beabsichtigt, in Umsetzung des von der Europäischen Kommission
genehmigten Operationellen Programms "Zukunft in Bayern Europäischer Sozialfonds - Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung
in Bayern 2007 bis 2013" unter Förderung von dem Freistaat Bayern zugewiesenen ESF-Fördermitteln voraussichtlich in der Jugendstrafvollzugsanstalt Ebrach ein Projekt durchzuführen, im dessen Rahmen Jugendstrafgefangene mit Migrationshintergrund in ihrem Integrationsgrad
sowie insbesondere in ihrer Bewerbungs- und Arbeitsfähigkeit gestärkt
werden sollen. Dies soll durch eine Kombination von arbeitsmarktspezifischen Maßnahmen (z. B. Unterricht, Praktikumseinsätze u. a.) in engem
-23-
zeitlichen Zusammenhang vor der Haftentlassung sowie eine umfassende sozialpädagogische Betreuung und Nachsorge nach der Haftentlassung in enger Abstimmung mit der Agentur für Arbeit, der Bewährungshilfe und potenziellen Arbeitgebern erreicht werden. Das Projekt hat zum
Ziel, möglichst viele der Jugendstrafgefangenen mit Migrationshintergrund nach ihrem Haftantritt unmittelbar in den Arbeitsmarkt einzugliedern.
Insoweit liegt aktuell ein Projektantrag der „Gesellschaft für berufliche
und soziale Integration (gfi) gGmbH Bamberg“ vor, der diese Zielvorgabe
in den Blick genommen hat.
Der Projektantrag enthält folgende Schwerpunkte:
 Qualifizierung im Bereich Trockenbau mit anerkanntem Zertifikat
 Verzahnung der Faktoren Qualifizierung und individuelle Unterstützung
 Entlassplanung, Übergangsmanagement bereits in der Justizvollzugsanstalt
 Verzahnung und Vernetzung der beteiligten Akteure in und außerhalb
der Justizvollzugsanstalt
 „Integrationsteam“ zur Berufswegplanung
 Besondere Förderung von jungen Strafgefangenen mit Migrationshintergrund.
Für den Fall, dass das Genehmigungsverfahren durch das Bayerische
Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen insoweit positiv verläuft, verspricht das Projekt eine erhebliche Verbesserung der Voraussetzungen, unter denen Jugendstrafgefangene mit Migrationshintergrund aus der Haft entlassen werden können.
5.1.2.5
Projekt "Perspektive" (Justizvollzugsanstalten Laufen-Lebenau und Neuburg-Herrenwörth)
In den Jugendstrafvollzugsanstalten Laufen-Lebenau und NeuburgHerrenwörth läuft derzeit das Pilotprojekt "Perspektive" für eine Betreu-24-
ung ausgewählter Jugendstrafgefangener in der Phase vor ihrer Haftentlassung mit einer intensiven Nachbetreuung nach der Haftentlassung unter Einschluss von Fördermaßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt an. Das Projekt wird von der „hand-in gGmbH“ 3 unter Förderung
durch die HIT-Stiftung durchgeführt. Es beinhaltet als eine Art Mentorenprogramm neben individualisierten Hilfestellungen für die Haftentlassenen und erlebnispädagogischen Maßnahmen außerhalb des Vollzugs
auch eine enge Zusammenarbeit nicht nur mit der örtlich zuständigen
Bewährungshilfe, sondern insbesondere auch mit einem Netzwerk an
Unternehmen aus den Bereichen Holzverarbeitung, Maler- und Lackiererarbeiten, Fußbodentechnik, Landschaftspflege und Möbel- und BauSchreinerei im Hinblick auf die beabsichtigte Vermittlung in den ersten
Arbeitsmarkt.
Das Projekt bietet als Maßnahme des Übergangsmanagements interessante Ansätze; ob und in welcher Form eine dauerhafte Implementierung
des Projekts im bayerischen Justizvollzug möglich und Erfolg versprechend ist, muss einer Prüfung und Beurteilung nach Abschluss der Pilotphase überlassen bleiben.
5.1.2.6
Projekt "Leonhard - Unternehmertum für Gefangene" (Justizvollzugsanstalten Landsberg am Lech und München)
In der Justizvollzugsanstalt Landsberg a. Lech wurde im ersten Halbjahr
2011 durch die „Leonhard gGmbH“ ein erster Probelauf des Projekts
"Leonhard - Unternehmertum für Gefangene" durchgeführt. Infolge der
anstehenden Baumaßnahmen in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am
Lech wurde der nunmehr bereits dritte Lehrgang in der Justizvollzugsanstalt München angeboten. Ziel der Initiative war und ist die unternehmerische Qualifizierung von Gefangenen in bayerischen Justizvollzugsanstalten. Selbständigkeit nach der Entlassung stellt für eine nicht unerhebliche
Zahl von Gefangenen eine ernst zu nehmende berufliche Option dar. Daraus ergibt sich ein Bedarf an entsprechenden Vorbereitungs- und Unterstützungsmaßnahmen. Schon deshalb kann das Projekt das vorhandene
3
aus anderen, außervollzuglichen Projekten auch medienwirksam bekannt als "work and box company"
-25-
Angebot an Bildungsmaßnahmen im bayerischen Strafvollzug sinnvoll
ergänzen. Darüber hinaus soll das Projekt wichtige Schlüsselqualifikationen durch Bewerbungs- und Kommunikationstraining vermitteln, welche
auch unabhängig von einer angestrebten Selbständigkeit hilfreich für die
berufliche und soziale Eingliederung Gefangener sind. Wesentliche Inhalte des Projekts sind derzeit insbesondere:
 Vermittlung wirtschaftlicher Grundausbildung zu Gründung und Betrieb kleiner Unternehmen
 Vermittlung von Schlüsselkompetenzen und Werten
 Entwicklung eines Businessplans, also eines soliden Geschäftsplans
Das Projekt wurde zunächst ausschließlich durch private Mittel der
Gründer, Herrn Dr. Jopen (langjähriger Unternehmer und ehemaliger
Dozent der TU München im Bereich Unternehmensgründung) und seiner
Tochter, Frau Jopen, sowie privat eingeworbener Spenden finanziert.
Zwischenzeitlich erfolgt eine Förderung aus Mitteln des Europäischen
Sozialfonds (ESF) durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und
Sozialordnung, Familie und Frauen.
Ob und in welchem Umfang das Programm seine Ziele erreicht, lässt
sich allein anhand der ersten Probedurchläufe noch nicht verlässlich beurteilen. Die Überprüfung der Ergebnisse des ersten Probelaufs durch
Evaluationen von Prof. Dr. Dr. Patzelt (TU München) und den Kriminologischen Dienst des bayerischen Justizvollzugs hat ergeben, dass das
Projekt positive Ansätze hat, die eine Fortführung mit gewissen Modifikationen in der Justizvollzugsanstalt München als Ergänzung zu den sonstigen Bildungsmaßnahmen des bayerischen Justizvollzugs rechtfertigen.
Zu gegebener Zeit wird sodann geprüft werden, inwieweit die von den
Gründern des Projekts vorgesehenen weiteren Stufen 2 (Unterstützung
bei der Re-Integration und Arbeitsplatzbeschaffung, wöchentliches Business-Training und Mentoring durch Unternehmer und Führungskräfte)
und 3 (Unterstützung bei einer Unternehmensgründung (optional) und
Mentoring durch Unternehmer und Führungskräfte) weiterführend und zu
verwirklichen sind. Schon derzeit stellt allerdings die intensive Netzwerkbildung durch Herrn Dr. Jopen mit Vertretern der Wirtschaft ein bedeut-26-
sames Element im Sinne einer neuartigen und viel versprechenden Form
des Übergangsmanagements dar.
5.1.2.7
Projekt Brücken bauen - Potenziale nutzen (Justizvollzugsanstalt Nürnberg)
Die Arbeitsgruppe "Arbeitsmarktfonds“ der Bayrischen Staatsregierung
hat das Projekt „Brücken bauen – Potenziale nutzen“ des bfz mit der Justizvollzugsanstalt Nürnberg ab 1. Oktober 2012 zur Förderung für 2 Jahre
ausgewählt.
Die Inhalte des Projektes sind
 betreutes Übergangsmanagement (d.h. ein Sozialpädagoge baut innerhalb der Justizvollzugsanstalt Kontakt auf und begleitet die Haftentlassenen - mit Qualifizierungsprojekten in den Werkstätten des bfz
- bis zur beruflichen Integration)
 berufliche Orientierungsprojekte innerhalb der Justizvollzugsanstalt
Nürnberg
 Aufnahme Haftentlassener aus anderen Justizvollzugsanstalten, die
in die Region Nürnberg zurückkommen und über das bfz beruflich
qualifiziert und vermittelt werden sollen
Nach Einschätzung der Arbeitsgruppe wird sich das Hilfsangebot des bfz
zum Einstieg in den Arbeitsmarkt für haftentlassene Jugendliche und
junge Erwachsene als wertvolles Element nahtlos in das Übergangsmanagement einfügen, mit dem der Justizvollzug die vielfältigen und notwendigen Einzelmaßnahmen bei der Wiedereingliederung Haftentlassener in ein straffreies Leben bündelt.
5.1.3
Kooperationsvereinbarung mit der Regionaldirektion Bayern der
Bundesagentur für Arbeit
Eine wesentliche Säule des zukünftigen Gesamtkonzepts des Übergangsmanagements stellt die Verbesserung der Zusammenarbeit mit der
Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit dar. Zur Schaf-27-
fung einer flächendeckenden Struktur im Rahmen des Übergangsmanagements und Sicherstellung einer lückenlosen Platzierung Haftentlassener am Arbeitsmarkt hat die Arbeitsgruppe eine Kooperationsvereinbarung mit der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit ausgearbeitet (Anlage 10.1).
In dem Vereinbarungsentwurf wurde die Kooperation der Bundesagentur
für Arbeit mit den bayerischen Justizvollzugsanstalten bei die Vermittlung
Haftentlassener in Ausbildungsmaßnahmen und Arbeitsverhältnisse
festgelegt. Die Agenturen für Arbeit vor Ort werden regelmäßig Sprechstunden in den Justizvollzugsanstalten anbieten. Den Anstalten wird der
Zugang zu berufskundlichen Medien und digitalen Informationsquellen
der Bundesagentur für Arbeit ermöglicht. Ferner sollen Vermittlungsaktivitäten für Gefangene unter Berücksichtigung der Marktgegebenheiten
noch während der Haft eingeleitet werden. Insbesondere die engere
Vernetzung durch konkrete Ansprechpartner mit direkten Kontaktadressen, regelmäßigen Sprechstunden in den jeweiligen Justizvollzugsanstalten sowie ein gegenseitiger, flächendeckender Informationsaustausch
durch regelmäßige Veranstaltungen werden sichergestellt.
Zudem wird den Gefangenen ein Zugang zum berufskundlichen Internetangebot der Bundesagentur für Arbeit ermöglicht. Derzeit wird die
technische Umsetzung durch die IT – Leitstelle des bayerischen Justizvollzugs erarbeitet. Eine erste praktische Erprobung wird im Herbst des
Jahres 2012 in den Justizvollzugsanstalten Aichach, Landsberg am
Lech, München, Neuburg–Herrenwörth, Niederschönenfeld und Würzburg durchgeführt.
Des Weiteren wird die Bundesagentur für Arbeit die Justizvollzugsanstalten mit aktuellen berufskundlichen Printmedien sowie die Anstaltsbibliotheken mit BIZ - Infomappen für den Präsenzgebrauch ausstatten.
Die weitere Zusammenarbeit zur Umsetzung dieser Vereinbarung erfolgt
in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe, die weitere Detailvereinbarungen
erarbeitet, das Übergangsmanagement flächendeckend implementiert
und den Prozess weiterhin steuernd begleitet. Hierbei sollen auch Sonderzuständigkeiten für junge Gefangene, weibliche Gefangene und junge
-28-
erwachsene Gefangene erörtert und die Betreuung der genannten Gruppen optimiert werden.
5.1.4
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.1.4.1
Verstärkte Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Betreuern
Die Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Betreuern bei der Begleitung
von Gefangenen zu den Agenturen für Arbeit und hier insbesondere bei
der Unterstützung der Arbeitsvermittlung erscheint ein viel versprechender Ansatz und sollte intensiviert werden. Seitens der Landesarbeitsgemeinschaft der ehrenamtlichen Mitarbeiter im Strafvollzug Bayern e. V.
liegen diesbezüglich bereits positive Signale vor. Die Justizvollzugsanstalten sollten die Einbindung ehrenamtlicher Betreuer im Problembereich Arbeit im Rahmen der unter 5.11.2.1 empfohlenen anstaltsspezifischen Konzepterstellung berücksichtigen.
5.1.4.2
Ausbau öffentlich geförderter Projekte zur beruflichen Reintegration von
Gefangenen
Der weitere Ausbau von öffentlich geförderten Projekten zur beruflichen
Reintegration von Gefangenen ist geeignet, die Chancen der Gefangenen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Eine Ausweitung entsprechender
Projekte wäre, sofern sie positiv evaluiert werden, im Rahmen der insoweit erlangbaren Haushaltsmittel prüfenswert.
5.2
Berufliche Bildung
5.2.1
Bestandsaufnahme
Da gut ausgebildete Gefangene reelle Chancen haben, nach ihrer Haftentlassung eine Arbeitsstelle zu finden und damit ihren Lebensunterhalt
selbst zu verdienen, sieht das Bayerische Strafvollzugsgesetz in Art. 39
-29-
Abs. 4 vor, dass geeigneten Gefangenen Gelegenheit zur Berufsausbildung und zur beruflichen Weiterbildung gegeben werden soll.
In den größeren bayerischen Justizvollzugsanstalten besteht die Möglichkeit, in anerkannten Ausbildungsberufen einen Abschluss (Gesellenbrief, Facharbeiterbrief) zu erlangen. Insgesamt werden 63 Ausbildungsberufe (vom Änderungsschneider bis zum Zimmerer) angeboten. Ergänzt
wird das Angebot durch sonstige anerkannte Ausbildungsmaßnahmen
wie z. B. Schweißerkurse, Maschinenlehrgänge für Schreiner und durch
Kurzzeitausbildungsmaßnahmen, wie z. B. Gabelstaplerfahrerlehrgänge
oder berufsbildspezifische Grundlehrgänge (z.B. Metalltechnik, Gebäudeelektronik, Holz, Farbe).
Die Justizvollzugsanstalten sind insbesondere im Bereich des Jugendstrafvollzugs bemüht, dass junge Gefangene bei der Entlassung über eine geeignete Ausbildungsstelle verfügen bzw. ihre im Vollzug begonnene
Ausbildung in Freiheit fortsetzen können.
5.2.2
Erreichte Optimierungen
Die örtlichen Agenturen für Arbeit werden die Justizvollzugsanstalten
hinsichtlich der Arbeitsmarktrelevanz des justizvollzugsspezifischen Qualifizierungsportfolios beraten. So wird eine marktorientierte Ausbildung
und Beschäftigung während der Haft und eine eigenständige Existenzsicherung nach der Haft ermöglicht 4.
In wieweit von der Bundesagentur für Arbeit zusätzliche finanzielle Mittel
für die berufliche Förderung der Gefangenen zur Verfügung gestellt und
wie die Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der beruflichen Bildung
weiter verbessert werden kann, wird in der unter 5.1.3 genannten gemeinsamen Arbeitsgruppe erörtert.
4
vgl. Punkt II Nr. 1 Buchst. e der Kooperationsvereinbarung mit der Regionaldirektion Bayern der
Bundesagentur für Arbeit (Anlage 10.1)
-30-
5.2.3
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.2.3.1
Kontakt mit den Vertretern der Industrie- und Handelskammern sowie
den Handwerkskammern
Nach einer erfolgten Kontaktaufnahme des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz mit Vertretern der Industrieund Handelskammern sowie der Handwerkskammern zum Zwecke der
Erörterung einer Zertifizierung der im Justizvollzug angebotenen Qualifizierungsbausteine und einer Konzentration neuer Ausbildungsmaßnahmen in zentralen Ausbildungsstätten sollten diese von der Arbeitsgruppe
unterstützten Ansätze weiter verfolgt und vertieft werden. Ziel könnte eine Kooperationsvereinbarung vergleichbar der mit der Regionaldirektion
Bayern der Bundesagentur für Arbeit vorbereiteten Vereinbarung sein.
Ferner wird es für sinnvoll erachtet, Vertreter der am Sitz der Justizvollzugsanstalten örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammern bzw.
Handwerkskammern, z.B. deren Referenten für das Bildungs- und Prüfungswesen, in den Anstaltsbeirat zu berufen.
5.2.3.2
Ausbau von Kontakten zu Unternehmen der freien Wirtschaft
Der Ausbau von Kontakten zu Unternehmen der freien Wirtschaft könnte
dazu beitragen, dass Gefangene nach ihrer Entlassung ihre Ausbildung
fortsetzen können. Die Vertreter der Handwerkskammern regten für eine
Verbesserung der Zusammenarbeit von Justizvollzugsanstalten und
Ausbildungsbetrieben bei der Besprechung mit dem Bayerischen
Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (siehe Nr.
5.2.3.1) an, dass die Justizvollzugsanstalten verstärkt mit den örtlich angesiedelten Innungsbetrieben Kontakt aufnehmen sollten. Ferner sollten
auch Veranstaltungen für die örtlichen Vertreter der Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern durchgeführt werden (z.B.
"Tag der Arbeit"), um über die Ausbildungsmöglichkeiten innerhalb einer
Justizvollzugsanstalt zu informieren. Als "best practice" sind hier vor allem das Projekt "FREI" und die im Rahmen dessen durchgeführten Veranstaltungen zu nennen. Auch die von einzelnen Justizvollzugsanstalten
angebotenen "Unternehmertage“ führten nicht nur wirtschaftlich ergiebi-31-
ge Arbeit an die Anstaltsbetriebe heran, sondern brachten auch der gesellschaftlich relevanten Gruppe der Unternehmer und potentiellen Arbeitgeber die Problematik der Situation Haftentlassener näher.
5.2.3.3
Verstärktes Angebot von Qualifizierungsbausteinen
Für Gefangene mit kurzer Verweildauer und für Untersuchungsgefangene könnten verstärkt zertifizierte Qualifizierungsbausteine zur Vermittlung
beruflicher Handlungsfähigkeit angeboten werden. Als "best practice"
können hier die Angebote der Justizvollzugsanstalt Nürnberg genannt
werden.
5.2.3.4
Zentrale Ausbildungsstätten
Justizvollzugsanstalten, die keine berufliche Ausbildung anbieten, könnten verstärkt geeignete Gefangene in Abweichung vom Vollstreckungsplan in Anstalten verlegen, in denen ihnen eine Ausbildung ermöglicht
werden kann.
Die Konzentration von neuen Ausbildungsmaßnahmen innerhalb des
Justizvollzugs mit anschließender Verlegung von Gefangenen in diese
zentrale Ausbildungsstätten wird in der unter Nr. 5.1.3 genannten gemeinsamen Arbeitsgruppe unter Einbindung der Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern erörtert.
5.2.3.5
Ausbildungsangebote für inhaftierte Frauen
Inhaftierte Frauen werden derzeit insbesondere in klassischen Handwerksberufen wie z.B. Friseurin ausgebildet. Die Bundesagentur für Arbeit empfiehlt das Ausbildungsportfolio anzupassen und zu erweitern, um
die Vermittlungschancen in eine Erwerbstätigkeit nach der Haft weiter zu
verbessern. Ein optimiertes Ausbildungsangebot speziell für inhaftierte
Frauen wird in der unter Nr. 5.1.3 genannten gemeinsamen Arbeitsgrup-
-32-
pe unter Einbindung der Industrie- und Handelskammern sowie der
Handwerkskammern erörtert.
5.2.3.6
Beauftragter für die berufliche Bildung
Bewährt hat sich auch, einen Bediensteten zum Beauftragten für die berufliche Bildung zu bestellen, der die Maßnahmen der beruflichen Bildung
in der Anstalt koordiniert und die Kontakte zu den an der beruflichen Bildung beteiligten Stellen pflegt. Eine dementsprechende Organisationsform könnte allen mit beruflicher Bildung befassten Justizvollzugsanstalten empfohlen werden.
5.3
Wohnen
5.3.1
Bestandsaufnahme
Voraussetzung für eine erfolgreiche Resozialisierung nach der Entlassung ist u. a. eine gesicherte Wohnsituation. Nach dem Bayerischen
Strafvollzugsgesetz (Art. 79 Satz 3) ist den Gefangenen u. a. zu helfen,
Unterkunft für die Zeit nach der Entlassung zu finden.
Viele Gefangene bemühen sich unter Mithilfe des Sozialdienstes der Justizvollzugsanstalten um den Fortbestand eines eventuell vor der Inhaftierung vorhandenen Wohnraumes, z. B. durch die Mietübernahme durch
Sozialhilfeträger. Nicht selten jedoch kann vor der Inhaftierung gemieteter Wohnraum nicht weiter finanziert werden. Häufig benötigen Gefangene nach der Haftentlassung auch weitergehender Betreuung, insbesondere nach Durchführung einer Sozialtherapie.
Für die Unterbringung in stationären Einrichtungen ist rechtzeitig eine
Kostenzusage zu erwirken. Die Gefangenen sind hierbei häufig überfordert und bedürfen der Mithilfe des Sozialdienstes der Justizvollzugsanstalten. Entsprechend dem „Qualitäts-Handbuch: Standards und Qualitätssicherung für die Sozialdienste bei den Justizvollzugsanstalten in
-33-
Bayern“ unter dem dort aufgeführten „Schlüsselprozess 3 - Konkrete Entlassungsvorbereitung“ werden die Gefangenen dabei unterstützt, frühzeitig Kontakt zu den wohnungsvermittelnden Stellen aufzunehmen. Auch
eine "Fallübergabe" in problematischen Fällen ist dort festgelegt.
Bei optimaler Entlassungsvorbereitung wird rund 12 Monate vor der Entlassung Kontakt zu wohnungsvermittelnden Stellen, z. B. zum Wohnungsamt, aufgenommen, da oftmals lange Wartezeiten bestehen, bis
eine Wohnung zugeteilt werden kann. In Idealfällen können die Gefangenen im Rahmen von Vollzugslockerungen Termine selbst wahrnehmen.
Die Vermittlung in eine Übergangswohneinrichtung für Haftentlassene ist
für problematische Gefangene, wie z. B. Sexualstraftäter, ältere Gefangene, Gefangene mit erheblicher Suchtproblematik oder psychisch auffällige Gefangene, sehr schwierig. Oftmals wird eine Aufnahme von der
Einrichtung aus verschiedenen Gründen abgelehnt. Gegenüber den Gefangenen besteht mitunter eine ablehnende Haltung seitens der Mitarbeiter von Behörden, Wohnungsbaugesellschaften und anderen Einrichtungen. Gelegentlich wurde der Eindruck geschildert, dass der hilfesuchende Entlassene an eine andere Einrichtung "abgeschoben" werden soll.
Ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die
Grundsätze der Standard- und Qualitätssicherung für die Sozialdienste in
Bayern im Qualitätshandbuch 5 zusammengefasst sind. Dort ist im Rahmen des Abschnittes „Schlüsselprozess 3 - Konkrete Entlassungsvorbereitung“ als Mindeststandard für den Lebensbereich Wohnen festgelegt,
dass von den Sozialdiensten folgende Leistungen zu erbringen sind:
5
Stand: 1. Februar 2011
-34-

Lebensbereich Wohnsituation
Mindest-Standards
Indikatoren und Merkmale
Abklärung und Bewertung von Auffälligkeiten
Bei Feststellung “Eine Unterkunft nach der
hinsichtlich der Wohnsituation und Beratung
Entlassung ist gesichert: Nein” (Checkliste im
über Handlungsbedarfe.
Anhang) wird der Gefangene über geeignete
Betreuungsangebote informiert und erhält die
Anschriften.
Bei Bedarf Unterstützung bei den
notwendigen Aktivitäten.
Die Ergebnisse und Vereinbarungen zu diesem
Lebensbereich (z.B. Aushändigung von
Bei Bedarf (Unterstützung der )
Kontaktaufnahme zu weiteren relevanten
Partnern außerhalb des Vollzugs mit dem Ziel
der Kooperation bzw. Fallübernahme.
Anschriften, Kontaktaufnahmen, Stellung von
Anträgen, Bestätigungen etc.) und die eventuelle
Verweigerung der Mitarbeit werden im noch zu
installierenden IT-Modul Sozialdienst dokumentiert.
5.3.2
Erreichte Optimierungen
5.3.2.1
Übersicht über Übergangs- und betreute Wohneinrichtungen
In Zusammenarbeit mit den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege, dem Verband der bayerischen Bezirke, dem Bayerischen Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. und den
Justizvollzugsanstalten wird eine Übersicht von Übergangs- und betreuten Wohneinrichtungen für Haftentlassene erstellt. Es ist beabsichtigt, im
Portal "Übergangsmanagement" eine Abfragemaske durch die ITLeitstelle des bayerischen Justizvollzugs zu hinterlegen, die eine vereinfachte Suche nach Unterkünften für die Zeit nach der Haft ermöglicht.
Die Abfragematrix, nach deren Kriterien die Abfragemaske erstellt werden soll, ist als Anlage 10.2 beigefügt. Eine Übersicht über die Wohnprojekte und Wohnplätze des Bayerischen Landesverbandes für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. ist als Anlage 10.3 beigefügt.
5.3.2.2
Analyse der Entlassströme 2011
Der Kriminologische Dienst des bayerischen Justizvollzugs hat in einer
Analyse der Entlassströme 2011 (Anlage 10.4) eine Übersicht über Entlassene ohne festen Wohnsitz vor und nach der Inhaftierung erstellt, die
gemeinsam mit den Entlassorten eine Bedarfsanalyse für den Ausbau
von Wohneinrichtungen ermöglicht. Zum Haftantritt gaben fast doppelt so
viele Personen an, keinen festen Wohnsitz zu haben wie zum Zeitpunkt
-35-
ihrer Entlassung. In den Justizvollzugsanstalten München, Nürnberg,
Bernau, Augsburg und Landsberg am Lech wurden die meisten Gefangenen ohne festen Wohnsitz aufgenommen, wobei insbesondere in den
Justizvollzugsanstalten Bernau und Landsberg am Lech für (fast) alle bis
zum Zeitpunkt ihrer Entlassung die Wohnsituation geklärt wurde.
Tabelle 1: Anzahl der von verschiedenen Justizvollzugsanstalten Aufgenommenen und
6
Entlassenen ohne festen Wohnsitz
JVA
München
Nürnberg
Bernau
Aichach
Würzburg
Bayreuth
Augsburg
Regensburg
Kempten
Landshut
Bamberg
Hof
Amberg
Aschaffenburg
Landsberg a. Lech
Traunstein
Kaisheim
Weiden
Passau
Memmingen
Ebrach
Eichstätt
Laufen-Lebenau
Neuburg-Herrenwörth
Niederschönenfeld
Schweinfurt
Neuburg a. d. Donau
Bad-Reichenhall
Ansbach
Mühldorf
Kronach
Straubing
Garmisch-Patenkirchen
Erding
Ingolstadt
Erlangen
Gesamt
Entlassene
2.516
2.488
834
811
664
603
585
541
529
509
421
377
351
346
315
308
301
266
264
244
214
208
195
175
174
149
149
143
143
139
129
113
112
93
63
6
15.478
o.f.W.vorher
828
336
207
59
66
11
128
20
23
49
31
14
64
33
104
24
1
9
6
23
28
3
1
6
0
11
20
14
13
4
11
7
13
10
0
1
2.178
o.f.W.nachher
703
207
9
20
14
1
121
6
17
10
0
1
5
4
0
0
0
4
0
5
0
1
0
0
0
7
9
7
4
0
1
0
0
3
1
0
1.160
Differenz
125
129
198
39
52
10
7
14
6
39
31
13
59
29
104
24
1
5
6
18
28
2
1
6
0
4
11
7
9
4
10
7
13
7
-1
1
1.018
Tabelle 2: Die größten bayerischen Städte mit Einwohnerzahlen, Zahl und Dichte der dort
7
zum Zeitpunkt ihrer Inhaftierung bzw. Entlassung Ansässigen
6
Aus: "Beschreibung der Entlassströme aus bayerischen Justizvollzugsanstalten für das Jahr 2011";
dort Tabelle 6, Seite 17.
-36-
Entlassene
Stadt
München
Nürnberg
Augsburg
Regensburg
Würzburg
Ingolstadt
Fürth
Erlangen
Bayreuth
Bamberg
Aschaffenburg
Landshut
Kempten
Rosenheim
Neu-Ulm
Schweinfurt
Passau
Hof
Freising
Straubing
Einwohner
1.353.186
505.664
264.708
135.520
133.799
125.088
114.628
105.629
72.683
70.004
68.678
63.258
62.060
61.299
53.504
53.415
50.594
46.286
45.223
44.450
5.3.3
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.3.3.1
Ausbau von Wohnprojekten
Nvorher
1.392
1.254
594
216
145
196
265
116
245
99
112
132
234
77
42
84
64
142
14
68
Dichtevorher
103
248
224
159
108
157
231
110
337
141
163
209
377
126
78
157
126
307
31
153
Nnachher
1.563
1.293
690
215
161
196
276
114
104
96
111
142
100
102
33
71
61
107
14
76
DichteNachher
116
256
261
159
120
157
241
108
143
137
162
224
161
166
62
133
121
231
31
171
Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege sowie der Bayerische Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. betreuen
derzeit zahlreiche Wohnprojekte in ganz Bayern.
Ein Ausbau der Wohnprojekte, im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten, insbesondere in Ballungszentren wie München, Nürnberg oder
Augsburg, wäre wünschenswert.
7
Aus: "Beschreibung der Entlassströme aus bayerischen Justizvollzugsanstalten für das Jahr 2011";
dort Tabelle 10, Seite 23.
-37-
5.3.3.2
Befristete Mietausfallbürgschaften für Strafentlassene
Um die Vermittlung von Haftentlassenen in eigene Wohnungen weiter zu
optimieren, könnte angebracht sein, dass bei Bedarf zeitlich befristete
(ca. 6 Monate) Mietausfallbürgschaften für Strafentlassene etwa durch
Träger der freien Straffälligenhilfe oder den Bayerischen Landesverband
für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. übernommen werden,
soweit nicht andere Kostenträger vorhanden sind.
5.3.3.3
Kooperationen mit den Sozialhilfeträgern, Jobcentern, Wohnungsbaugesellschaften und den Trägern der freien Straffälligenhilfe
Um die Wohnsituation der Haftentlassenen zu verbessern und für ausreichende Unterkünfte zu sorgen, könnte eine Kooperationsvereinbarung
mit den originär zuständigen Kommunen (Sozialhilfeträger und Jobcenter) sowie Wohnungsbaugesellschaften und insbesondere auch mit den
Trägern der freien Straffälligenhilfe, die betreute Wohnplätze auch für
problematische Gefangene anbieten, geschlossen werden. Ziel sollte
sein, dass für alle Haftentlassene eine auf sie zugeschnittene (gegebenenfalls betreute) Wohnmöglichkeit zur Verfügung steht, sie nicht obdachlos sind und sie sich nicht selbst überlassen werden.
5.3.3.4
Übernahme der Miete bei kurzzeitiger Inhaftierung
In Anbetracht der Engpässe auf dem Wohnungsmarkt kommt dem Erhalt
des Wohnraums bei kurzzeitiger Inhaftierung besondere Bedeutung zu.
Derzeit ist eine Mietübernahme von den Sozialhilfeträgern nach § 35
SGB XII bei kurzen Strafen auf sechs Monate begrenzt. Erfahrungen
zeigen, dass viele Personen bereits vor Ablauf der Endstrafe entlassen
werden und somit die tatsächliche Haftzeit geringer war als die festgelegte oder für einen Teil der Haftzeit die Miete noch aus eigenen Mitteln
übernommen werden konnte. Die Verlängerung der Frist auf ca. zwölf
Monate würde demnach zur Vermeidung weiterer Kosten bei späteren
Anmietungen, zu deutlich mehr Wohnungserhalten und zu einer geringeren Nachfrage in der öffentlichen Unterbringung führen. Bei Verlust der
-38-
Wohnung droht zudem ein Verlust der gesamten persönlichen Habe.
Diese muss meist nach Haft auf Kosten der Sozialhilfeträger neu beschafft werden.
5.4
Schulden
5.4.1
Bestandsaufnahme
Zu den Aufgaben des Justizvollzugs gehört auch, die Gefangenen bei
der Ordnung ihrer wirtschaftlichen Angelegenheiten zu beraten und zu
unterstützen (Art. 79 Satz 1 BayStVollzG). Hierzu zählt u.a. die Hilfe bei
der Regulierung und Tilgung der Schulden.
Sehr viele Inhaftierte sind verschuldet und haben Zahlungsrückstände.
Häufig fehlt ihnen der Überblick über eingegangene Geschäftsverbindungen und vertragliche Obliegenheiten. Vertragsurkunden, Quittungen,
Rechnungen sowie sonstige Belege sind oftmals nicht verfügbar.
Die Fachdienste in den Justizvollzugsanstalten werden vor große Herausforderungen gestellt, die erforderliche Unterstützung zu leisten.
Sprechstunden externer Fachkräfte werden nur im beschränkten Umfang
in den Justizvollzugsanstalten angeboten.
Für die Schuldnerberatung sind grundsätzlich die Sozialhilfeträger zuständig. Die Aufgaben werden mit Unterstützung der Sozialhilfeträger
auch von Schuldnerberatungsstellen, die in der Trägerschaft der freien
Wohlfahrtspflege geführt werden, wahrgenommen.
Insolvenzberatung als Voraussetzung für ein Verbraucherinsolvenzverfahren wird von Insolvenzberatungsstellen der freien Wohlfahrtspflege
geleistet. Diese werden vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit
und Sozialordnung, Familie und Frauen gefördert.
Haftentlassene können diese Leistungen wie alle anderen Bürger in Anspruch nehmen.
-39-
Ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die
Grundsätze der Standard- und Qualitätssicherung für die Sozialdienste in
Bayern im Qualitätshandbuch 8 zusammengefasst sind. Dort ist im Rahmen des Abschnittes „Schlüsselprozess 3 - Konkrete Entlassungsvorbereitung“ als Mindeststandard für den Lebensbereich Finanzen festgelegt,
dass von den Sozialdiensten folgende Leistungen zu erbringen sind:

Lebensbereich Finanzen
Mindest-Standards
Indikatoren und Merkmale
Abklärung und Bewertung von Auffälligkeiten
Auffälligkeiten werden thematisiert.
hinsichtlich der finanziellen Situation und
Beratung über Handlungsbedarfe z.B:





Schulden und Forderungen
Informationen werden gegeben, z.B. zu
Schuldnerberatung, Rechtsberatung etc.
Schadenswiedergutmachung gegenüber
Opfer
Die Ergebnisse und Vereinbarungen zu diesem
Unterhaltsverpflichtungen
Lebensbereich (z.B. Aushändigung von
Kontensituation
Anschriften, Kontaktaufnahmen, Stellung von
Verträge
Anträgen, Bestätigungen etc.) und die eventuelle
Bei Bedarf Unterstützung bei den notwendigen
Aktivitäten.
Verweigerung der Mitarbeit werden im noch zu
installierenden IT-Modul Sozialdienst
dokumentiert.
Bei Bedarf Unterstützung der Kontaktaufnahme
zu weiteren relevanten Partnern außerhalb des
Vollzugs mit dem Ziel der Kooperation bzw.
Fallübernahme.
5.4.1.1
Datenerhebung 2012
Die Ergebnisse einer im Juli 2012 durchgeführten Umfrage sollen nachfolgend kurz dargestellt werden:
I.
a.
In 30 von 36 (83%) Anstalten werden Gefangene bei Bedarf an externe
Beratungsstellen verwiesen.
(Ausnahme: Bamberg, Ebrach, Passau, Schweinfurt, Straubing und
Traunstein)
8
Stand: 1. Februar 2011
-40-
b.
In 32 von 36 (89%) Anstalten erhalten Gefangene durch Fachdienste Unterstützung.
(Ausnahme: Bad Reichenhall, Garmisch-Partenkirchen, Neuburg an der
Donau, Würzburg)
c.
In 7 von 36 (19%) Anstalten erhalten Gefangene qualifizierte Unterstützung durch das Anstaltspersonal.
II.
Fragen zur finanziellen Situation mit eventuell entsprechendem Beratungsbedarf sind in 28 von 36 (77%) Anstalten Bestandteil der Zugangsgespräche.
(Ausnahme: Bamberg, Eichstätt, Kaisheim, Kronach, Neuburg an der
Donau, Neuburg-Herrenwörth, Niederschönenfeld, Regensburg)
III.
In 14 von 36 (39%) Anstalten verfügen Bedienstete über spezielle Qualifikation;
davon in 13 Anstalten 16 Mitarbeiter des Sozialdienstes und in einer Anstalt ein Mitarbeiter des pädagogischen Dienstes.
IV.
In 9 von 36 (25%) Anstalten wird keine externe Schuldnerberatung angeboten.
(Ansbach, Augsburg, Bernau, Ebrach, Erding, Neuburg an der Donau,
Laufen-Lebenau, Passau, Straubing)
In den weiteren 27 Anstalten sind 15 Schuldnerberatungen des Caritasverbandes 9, 9 des Diakonischen Werkes, 1 der Arbeiterwohlfahrt, 9 von
Vereinigungen der Straffälligenhilfe und 8 sonstige vertreten.
9
Genannt ist nur der jeweilige Spitzenverband
-41-
V.
Als Beratungsangebot der externen Schuldnerberatung wurden genannt:
6 mal Prävention
16 mal erste Schritte (Sichtung und Feststellung von Ansprüchen)
22 mal Regulierung in einfach gelagerten Fällen
17 mal umfassende Schuldnerberatung
20 mal Insolvenzberatung
8 mal sonstige Informationen
VI.
Durch das interne Angebot (I. b. und c.) werden mehr als 7.000 Gefangene erreicht.
VII.
Durch das externe Angebot (IV.) werden mehr als 1.400 Gefangene erreicht.
VIII.
In 19 von 36 Anstalten wird das Beratungsangebot als ausreichend eingeschätzt.
In den weiteren Anstalten - darunter alle Jugendstrafanstalten - wird ein
zusätzlicher Beratungsbedarf in Höhe von 12,65 Planstellen vermutet.
5.4.1.2
Bewertung der Datenerhebung 2012
Die Angaben beruhen zum Teil auf bloßen Schätzungen der Befragten.
Die Ergebnisse basieren also nicht auf gemessenen Werten, sondern auf
persönlichen Vermutungen. Eine konkrete Datenerhebung ist aufgrund
von fehlenden Statistiken bzw. erfassten Daten nicht möglich. Die unten
angegebenen Prozentwerte beziehen sich auf alle Gefangenen einer
Justizvollzugsanstalt. Insbesondere bei Haftarten wie z.B. Abschiebehaft,
Ersatzfreiheitsstrafe, Untersuchungshaft und Zivilhaft wird aufgrund der
relativ kurzen Verweildauer eine Schuldnerberatung zumeist nicht angezeigt sein. Es ist daher anzunehmen, dass die Zahl der tatsächlich erreichten bedürftigen Gefangenen um ein Vielfaches höher ist.
-42-
In 19 von 36 Anstalten wird das Beratungsangebot als ausreichend eingeschätzt. Interne und externe Beratungsangebote zusammengefasst erreichen bei ihnen ca. 20,73% der Gefangenen.
Anstalten, die einen zusätzlichen Beratungsbedarf sehen, erreichen –
ebenfalls interne und externe Beratungsangebote zusammengefasst –
immerhin ca. 51,25 % der dortigen Gefangenen.
In Justizvollzugsanstalten, in denen zentrale Beratungsstellen mit spezialisierter Schuldnerberatung tätig sind, werden nur ca. 23,3 % der Gefangenen erreicht.
Die Arbeitsgruppe interpretiert die vorliegenden Ergebnisse der Umfrage
dahingehend, dass Justizvollzugsanstalten, in denen eine intensive Auseinandersetzung mit dieser Thematik erfolgt, erkannt haben, dass sie mit
den derzeitigen Ressourcen dem Problem nicht in vollem Umfang gerecht werden können, obwohl bereits ein erheblicher Anteil der Gefangenen von den bestehenden Angeboten erreicht wird. Dort, wo kein Verbesserungsbedarf gesehen wird, würden eine Ergänzung der Sozialanamnese beim Zugang und ein näheres Hinterfragen der Gesamtproblematik zu ähnlichen Erkenntnissen führen.
5.4.2
Erreichte Optimierungen
Bei den Haushaltsverhandlungen zum Doppelhaushalt 2013/2014 konnte
eine Aufstockung der Haushaltsmittel bei Kap. 04 05 Tit. 681 02 um
260.000,- Euro erreicht werden. Diese Haushaltsmittel könnten für eine
Teilfinanzierung von externen Beratungsleistungen im Bereich der
Schuldnerberatung an die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege
zweckgebunden ausgereicht werden.
-43-
5.4.3
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.4.3.1
Datenerfassung
Um die Anzahl an überschuldeten Gefangenen in bayerischen Justizvollzugsanstalten feststellen zu können, wird empfohlen, diese edvtechnisch (ggfs. im Rahmen des Verfahrens IT-Vollzug) zu erfassen. Eine Abfrage der Schuldensituation sollte regelmäßig sowohl bei den Aufnahmegesprächen als auch bei der Entlassungsvorbereitung durch den
Sozialdienst erfolgen. Diese Daten sind bisher edv-technisch nicht auswertbar.
5.4.3.2
Zusammenstellung von Soll und Haben
Die Erfahrung in allen Justizvollzugsanstalten hat gezeigt, dass Inhaftierte bei Beginn der Schuldnerberatung häufig über keinerlei oder nur über
unvollständige Unterlagen zu ihren finanziellen Verpflichtungen verfügen.
Somit sollten vorrangig Maßnahmen ergriffen werden, welche die Vervollständigung der Unterlagen zum Ziel haben.
5.4.3.3
Verstärkte Prävention während der Haft
Schuldnerberatung ist nicht zuletzt auch Bildungsarbeit. Da Gefangene
leichter erreichbar sind als Entlassene, sollte die Prävention während der
Haft intensiviert werden.
Ferner sind Maßnahmen der Schuldnerberatung und -regulierung in der
Regel langwierige Angelegenheiten, die etwa beim Vollzug kürzer Haftstrafen nicht abgeschlossen werden können, sodass insbesondere der
Prävention während der Haft besondere Bedeutung zukommt.
-44-
5.4.3.4
Fortbildungsangebot
Nach Ansicht der Arbeitsgruppe sollten für die Bediensteten des Justizvollzugs und der Bewährungshilfe Fortbildungsveranstaltungen von der
Bayerischen Justizvollzugsschule in Straubing angeboten werden. Der
Bayerische Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. wäre bereit, an entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen mitzuwirken.
Ziel einer solchen Fortbildungsveranstaltung sollte sein, dass die Bediensteten die Gefangenen bei der Regulierung ihrer Schulden unterstützen können. Insbesondere zu Beginn der Inhaftierung sollten die Gefangenen bei der Abmeldung von Leistungen sowie Meldungen gegenüber
Behörden und bereits vorhandenen Gläubigern unterstützt werden.
Dadurch würde dazu beigetragen, einem weiteren Anstieg der Verschuldung durch die Inhaftierung vorzubeugen.
5.4.3.5
Musterschreiben zur Schuldenregulierung
Im Modul Sozialdienst des Verfahrens IT - Vollzug könnte eine Sammlung von einheitlichen Musterschreiben zur Schuldenregulierung hinterlegt werden, die den Gefangenen bei Bedarf zu Verfügung gestellt werden könnten. Als "best practice" kann hier die "Erste-Hilfe"-Mappe des
Vereins "Bremische Straffälligenbetreuung" genannt werden. Das Copyright würde gegen eine Schutzgebühr von einmalig 500,00 Euro zur Verfügung gestellt werden. Eine Aktualisierung der Formblätter könnte über
eine noch zu bestimmende zentrale Stelle z.B. die Bayerische Justizvollzugschule in Straubing erfolgen. Die "Erste-Hilfe"-Mappe ist als Anlage
10.5 beigefügt.
5.4.3.6
Informationsbroschüre für Gefangene
Aus Sicht der Arbeitsgruppe ist die vom Resozialisierungsfonds für Straffällige in Wiesbaden herausgegebene und in der Anlage 10.6 beigefügte
Broschüre "Schulden und Inhaftierung - Eine Broschüre für überschulde-45-
te Gefangene" 10 für die Unterstützung bei der Schuldenregulierung gut
geeignet.
Aufgrund des umfangreich zur Verfügung stehenden Materials zur
Schuldnerberatung und Schuldenbefreiung im Internet sollte von der Erarbeitung einer eigenen Broschüre abgesehen werden, zumal der Pflegeaufwand aufgrund sich ändernder rechtlicher Grundlagen und entsprechender Rechtsprechung nicht unerheblich und schwer leistbar sein dürfte. Alternativ wäre nach den der Arbeitsgruppe aktuell vorliegenden Informationen ein Bezug der Broschüre "Schulden und Inhaftierung - Eine
Broschüre für überschuldete Gefangene" für einen Erstattungsbetrag von
0,50 Euro je Exemplar möglich.
Es wird angeregt, die Broschüre den Justizvollzugsanstalten in geeigneter Weise zur Verfügung zu stellen.
5.4.3.7
Ausweitung der externen Beratungsangebote
Erstrebenswert wäre es, wenn externe Schuldnerberatungsstellen regelmäßig Sprechstunden in den Justizvollzugsanstalten anbieten und die
Gefangenen insoweit unterstützen würden. Eine Teilfinanzierung könnte
durch die Aufstockung der Haushaltsmittel bei Kap. 04 05 Tit. 681 02 erfolgen (vgl. Nr. 5.4.2).
5.5
Drogen und Sucht
5.5.1
Bestandsaufnahme
In den bayerischen Justizvollzugsanstalten befinden sich zahlreiche
suchtmittelabhängige und suchtmittelgefährdete Gefangene. Deren Betreuung stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. In den Anstalten besteht deshalb ein differenziertes Angebot für suchtmittelabhängige und suchtmittelgefährdete Gefangene.
10
www.resofonds-hessen.de
-46-
Die Behandlung der Suchtabhängigen in den bayerischen Justizvollzugsanstalten obliegt je nach den örtlichen Gegebenheiten eigenen, nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Fachkräften. Besonderer
Wert wird auf die Zusammenarbeit mit geeigneten Behandlungs- und Beratungseinrichtungen außerhalb des Vollzuges gelegt. Die Betreuung
suchtmittelabhängiger und suchtmittelgefährdeter Gefangener erfolgt in
den bayerischen Justizvollzugsanstalten durch vollzugsexterne Fachkräfte. Die Fachkräfte der Suchthilfe beraten suchtmittelabhängige und
suchtmittelgefährdete Gefangene insbesondere über Therapiemöglichkeiten und vermitteln gegebenenfalls die Gefangenen auch in Therapieeinrichtungen. Die Fachkräfte unterstützen die Gefangenen zudem bei
der Klärung der Kostenübernahme nach Entlassung. Das Bayerische
Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit fördert die durch Fachkräfte der Suchtkrankenhilfe sichergestellte externe Suchtberatung in den
bayerischen Justizvollzugsanstalten.
In einigen Justizvollzugsanstalten engagieren sich Selbsthilfegruppen
(z.B. Anonyme Alkoholiker) bei der Betreuung suchtmittelabhängiger und
suchtmittelgefährdeter Gefangener. Ergänzt werden diese Maßnahmen
durch Angebote der Justizvollzugsanstalten in Form von Rückfallpräventionstrainings oder "Suchtgruppen", die in der Regel vom Psychologischen Dienst oder Sozialdienst durchgeführt werden.
Oft kann der Kontakt der Gefangenen zu den Suchtberatungsstellen
nach der Entlassung aufrecht erhalten werden. In vielen Fällen kann
während der Haft ein Kostenträger für anschließende Rehabilitationsoder Therapiemaßnahmen ermittelt werden.
Im Vordergrund der Behandlung Drogenabhängiger in den bayerischen
Justizvollzugsanstalten steht zunächst der körperliche Entzug unter ärztlicher Betreuung. Im Anschluss daran soll auch ein psychischer Entzug
erreicht werden. Dies geschieht vor allem in Einzel- und Gruppentherapie. Hinzu kommen z. B. die Heranführung an eine geregelte Beschäftigung durch Zuweisung geeigneter Arbeit oder durch Beschäftigungstherapie, die Durchführung schulischer oder beruflicher Bildungsmaßnahmen, die Eingliederung in Wohn- und in Freizeitgruppen innerhalb der
-47-
Anstalt sowie die Verstärkung oder Herstellung tragfähiger Bindungen zu
geeigneten Personen außerhalb der Anstalt. Suchtkranke Gefangene
sollen zu einer an den Justizvollzug anschließenden Langzeittherapie
motiviert und befähigt werden.
Ergänzt werden diese Maßnahmen durch Informations- und Aufklärungsveranstaltungen zum Thema „Drogenmissbrauch“. Die Aufklärung über
die medizinischen und sozialen Folgen des Missbrauchs bezieht auch
solche Gefangene mit ein, die bisher keine oder nur wenig Erfahrung mit
Drogen haben oder gefährdet erscheinen.
Flankierend werden Gefangene über die Infektionswege und -risiken umfassend informiert, für eine Infektionsgefahr sensibilisiert und damit eine
entsprechend positive Verhaltensänderung herbeigeführt. Hierfür stehen
Informationsmaterialien zur Verfügung, die auch die notwendige Aufklärung der Gefangenen und der Bediensteten sowohl über HIV als auch
über Hepatitis verbessern. Diese Informationsmaterialien stehen auch in
den wichtigsten Fremdsprachen zur Verfügung.
Der Freistaat Bayern finanziert derzeit insgesamt 48,84 Stellen der externen Suchtberatung. Bei den Haushaltsverhandlungen zum Doppelhaushalt 2013/2014 konnte eine Erhöhung des entsprechenden Haushaltsansatzes erreicht werden. Damit können künftig mindestens vier zusätzliche Stellen für die externe Suchtberatung finanziert werden.
Zusätzlich befasst sich eine vom Staatsministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz eingesetzte Arbeitsgruppe 11 mit den Optimierungsmöglichkeiten der Behandlung und Betreuung suchtmittelabhängiger und
suchtmittelgefährdeter Gefangener in Haft.
In jeder Justizvollzugsanstalt ist ein Bediensteter bestimmt, der für die
Organisation und Koordination von Maßnahmen zur Bekämpfung des
Drogenmissbrauchs zuständig ist. Diesem Bediensteten obliegen insbesondere die Vorbereitung und Durchführung einschlägiger Fortbildungsveranstaltungen für die Vollzugsbediensteten, die Organisation und Ko-
11
Arbeitsgruppe "Behandlung und Betreuung suchtgefährdeter bzw. suchtabhängiger Gefangener";
Leiter der Arbeitsgruppe ist Herr Ltd. RD Stumpf, JVA München
-48-
ordination von Maßnahmen zur Beratung, Betreuung und Entlassungsvorbereitung für suchtmittelabhängige und suchtmittelgefährdete Gefangene sowie der Kontakt zu anderen Stellen und Einrichtungen, die sich
mit der Bekämpfung des Drogenmissbrauchs befassen.
5.5.2
Erreichte Optimierungen
5.5.2.1
Ausweitung der Betreuungskapazitäten
Die Arbeitsgruppen "Übergangsmanagement“ und "Behandlung und Betreuung suchtgefährdeter bzw. suchtabhängiger Gefangener“ kommen
nach Auswertung des erhobenen umfangreichen Datenmaterials zu dem
Schluss, dass mit der Beschlussfassung über den Staatshaushalt
2013/2014 und der darin enthaltenen Erweiterung die für die Betreuung
und Behandlung von suchtabhängigen und suchtgefährdeten Gefangenen zur Verfügung stehenden Stellen für externe Suchtberater in den
Justizvollzugsanstalten dem jeweiligen Bedarf entsprechend zugewiesen
sind. Eine Neuverteilung bzw. Umverteilung erscheint nicht notwendig.
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit hat bereits zum 1. August 2009 die bis dahin vorhandenen 42,76 Stellenanteile
der externen Suchtberatung auf 48,84 Stellenanteile aufgestockt.
-49-
Die folgende Übersicht zeigt die Verteilung der Stellen auf die jeweiligen
Anstalten:
ESB - Stellen pro Anstalt
8
7
6
5
4
3
2
1
In H
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ls
Ka tad
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0
Eine Analyse der leistbaren Stunden der externen Suchtberatung durch
die Arbeitgruppe „Behandlung und Betreuung suchtgefährdeter bzw.
suchtabhängiger Gefangener“ hat ergeben, dass einige Justizvollzugsanstalten unterdurchschnittlich versorgt sind.
Die Arbeitsgruppen empfehlen daher eine Ausweitung der Beratungskapazitäten in diesen Justizvollzugsanstalten.
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, das die
Ergebnisse und Empfehlungen der Arbeitsgruppen zu der Verteilung der
vorhandenen Kapazitäten teilt, hat vor dem Hintergrund der wachsenden
Bedeutung der Behandlung von suchtgefährdeten und suchtabhängigen
Gefangenen zusätzliche Fördermittel für weitere Stellen für mindestens
vier zusätzliche externe Suchtberater im Doppelhaushalt 2013/2014 zur
Verfügung gestellt.
5.5.2.2
Verbesserung der Zusammenarbeit mit der externen Suchtberatung
Mit JMS vom 30. August 2011, Gz. 4558 – VIIa – 7806/11, wurde der
erste Entwurf für eine Rahmenleistungsbeschreibung der externen
Suchtberatung im bayerischen Justizvollzug, welcher von der Koordinie-50-
rungsstelle der bayerischen Suchthilfe zur Verfügung gestellt worden
war, den Justizvollzugsanstalten zur Stellungnahme übersandt. Zudem
wurde um Mitteilung gebeten, welche Unterstützungsleistungen den externen Drogenberatern gewährt werden. Seitens der Arbeitsgruppe "Behandlung und Betreuung suchtgefährdeter bzw. suchtabhängiger Gefangener“ wurden unter Berücksichtigung der vorgelegten Stellungnahmen
Empfehlungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit der externen
Suchtberatung erarbeitet, welche Standards bei der Gestaltung und Ausstattung der Arbeitsplätze der Mitarbeiter der externen Suchtberatung in
den Justizvollzugsanstalten setzen. Mit JMS vom 10. April 2012, Gz.
4550 – VII a – 6713/08, wurden die Justizvollzugsanstalten gebeten, die
Empfehlungen der Arbeitsgruppe zeitnah umzusetzen.
Ergänzend wurde für den Bereich der Datenverarbeitung mit weiterem
JMS vom 11. Juni 2012, Gz. 4550 – VII a – 6713/08, die Nutzung des Internets in den Justizvollzugsanstalten durch die externe Suchtberatung
geregelt. Auf Antrag ist hiernach Mitarbeitern der externen Suchtberatung der Zugang zum Internet unter Verwendung ihrer eigenen Kommunikationsgeräte (vornehmlich Laptops) zu ermöglichen.
5.5.3
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
Eine Vielzahl von Gefangenen mit Suchtproblematik wird in stationäre,
eine weitere Zahl in teilstationäre oder ambulante Therapie vermittelt. Die
Arbeitsgruppen gehen des Weiteren davon aus, dass die Entlassungsvorbereitung bei denjenigen Gefangenen als gut bezeichnet werden
kann, die Kontakt mit der externen Suchtberatung oder den Fachdiensten der Anstalten haben.
Letztlich geht es an dieser Stelle aus Sicht der Arbeitsgruppen vor allem
darum, auch diejenigen Gefangenen mit Suchtproblematik zu erreichen,
die während ihrer Inhaftierung keinen Kontakt zu externen Suchtberatung, Fachdiensten der Anstalt oder sonstigen externen Beratungsstellen
aufnehmen.
-51-
5.5.3.1
Informationsgruppe der externen Suchtberatung
Gefangene mit Suchtproblematik, deren Entlassung planbar ist, könnten
zudem durch ein entsprechendes jeweils einmaliges Gruppenangebot
der externen Suchtberatung erreicht werden. Die Häufigkeit dieser Veranstaltung sollte sich nach der Zuständigkeit der Anstalt und der Zahl der
in nächster Zeit zu Entlassenden richten.
Aufgabe des Justizvollzugs wäre es, die zu entlassenden Gefangenen
festzustellen und zur Teilnahme an dieser Gruppe anzuhalten. Die ITLeitstelle des bayerischen Vollzugs könnte hier datenverarbeitungstechnische Unterstützung leisten. Die Inhalte dieser Gruppe könnten sich an
den Inhalten des Informationsblatts orientieren.
5.5.3.2
Informationsblatt bei Entlassung
Es wird empfohlen, allen Gefangenen mit dem im eingesetzten EDV Verfahren IT - Vollzug versehenen BtM-Vermerk "Konsum" im Rahmen
der Entlassungsverhandlung ein Informationsblatt dokumentiert auszuhändigen, das neben hilfreichen Adressen auch Warnhinweise vor erneutem Konsum nach Entwöhnung enthält. Für Drogenkonsumenten ist
die Zeit nach der Haft aufgrund Abstinenz während der Haft besonders
risikoreich.
Die Arbeitsgruppe "Behandlung und Betreuung suchtgefährdeter bzw.
suchtabhängiger Gefangener“ hat ein entsprechendes Informationsblatt
entwickelt, welches mit der Koordinierungsstelle der bayerischen Suchthilfe abgestimmt wurde. Es enthält neben Warnhinweisen hinsichtlich
des Konsums von Drogen nach Haftentlassung wichtige (Notfall-) Adressen und sieht zudem Platz für eine anstaltsspezifische Auflistung relevanter Hilfsangebote vor.
-52-
Informationsblatt, ohne die anstaltsspezifischen Auflistungen der örtlichen Hilfsangebote:
5.5.3.3
Schulung in Notfallmaßnahmen
Aus den Justizvollzugsanstalten Kaisheim und Nürnberg wurde über positive Erfahrungen mit der Schulung suchtabhängiger Gefangener in Notfallmaßnahmen bzw. Erster Hilfe nach Drogenkonsum berichtet. Diese
positiven Erfahrungen sollten zum Anlass genommen werden, z. B. die
externe Suchtberatung oder andere geeignete Externe, eventuell auch
-53-
Ehrenamtliche, für die Durchführung solcher Angebote zu gewinnen und
die Gefangenen zur Teilnahme zu motivieren.
5.5.3.4
Übernahme der Kosten für Suchtentwöhnungstherapien Strafgefangener
durch Rentenversicherungsträger
Die Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung in Bayern haben
ihre Praxis bei der Entscheidung über Anträge suchtmittelabhängiger
Strafgefangener auf Übernahme der Kosten für Rehabilitationstherapien
nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI geändert. Bisher entsprach es gängiger
Praxis der Rentenversicherungsbehörden, auf Anregung externer Suchtberatungsstellen in den Justizvollzugsanstalten die Übernahme der Kosten für entsprechende Therapien unter der aufschiebenden Bedingung
zu bewilligen, dass der Antragsteller zu einem bestimmten Zeitpunkt (regelmäßig dem 2/3-Zeitpunkt) aus der Strafhaft entlassen wird. Dies hat
den zustängigen Strafvollstreckungskammern in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen genügt, um bei therapiewilligen Verurteilten unter
Berücksichtigung des erlittenen Strafeindrucks eine positive Sozialprognose zu bejahen und die Reststrafe mit der Weisung, die in Rede stehende Therapie zu absolvieren, zur Bewährung auszusetzen. Seit geraumer Zeit lehnen es die regionalen Rentenversicherungsbehörden indes ab, in derartigen Konstellationen eine aufschiebend bedingte Kostenzusage zu erteilen. Sie berufen sich hierfür auf § 12 Abs. 1 Nr. 5 SGB
VI. In dieser Vorschrift heißt es, dass Leistungen zur Teilhabe nicht für
Versicherte erbracht werden, die sich in Haft befinden.
Das Landessozialgericht Hessen hatte in einem Beschluss vom 6. Januar 2011 bestätigt durch den Beschluss vom 9. Juni 2011 in einem obiter
dictum die Auffassung vertreten, dass für die Prüfung der tatsächlichen
Voraussetzungen jenes Leistungsausschlusstatbestandes auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen sei und eine aufschiebend
bedingte Leistungszusage für den Fall einer vorzeitigen Entlassung aus
der Haft von § 32 SGB X nicht gedeckt sei.
Konsequenz dieser geänderten Bewilligungspraxis ist, dass es in entsprechenden Fällen an der Grundlage für eine vorzeitige Reststrafen-54-
aussetzung zum 2/3-Zeitpunkt fehlt, weil ohne Kostenübernahmezusage
des Rentenversicherungsträgers kein nahtloser Übergang aus der Haft in
die Therapie gewährleistet ist.
Die Arbeitsgruppe "Übergangmanagement" hält eine Rückkehr zur früheren Praxis, wonach bei geeigneten Gefangenen Kostenzusagen für
Suchtentwöhnungstherapien unter der aufschiebenden Bedingung ihrer
vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft erteilt worden waren, im Hinblick
auf einen bestmöglichen Übergang von Gefangenen mit entsprechenden
Problemlagen für unbedingt notwendig, zumal die von der Deutschen
Rentenversicherung eingenommene Rechtsposition nicht zwingend erscheint. Entsprechende Bemühungen wurden und werden seitens der
Landesjustizverwaltungen, der Wohlfahrtsverbände und der mit der Betreuung suchtmittelabhängiger befassten Einrichtungen unternommen.
5.5.3.5
Verteilung zusätzlicher Stellen für externe Suchtberater
Die Arbeitsgruppe "Behandlung und Betreuung suchtgefährdeter bzw.
suchtabhängiger Gefangener“ hat in ihrem Bericht zur Sitzung am 28.
Februar 2012 in der Justizvollzugsanstalt München hinsichtlich der Vorgehensweise bei der Prüfung der Verteilung der Stellen der Externen
Suchtberatung (ESB) auf die Justizvollzugsanstalten Folgendes ausgeführt:
„Der in der Grafik dargestellte Ansatz „leistbare Stunden der ESB je Gefangenem mit BtM-Vermerk“ stellt einen denkbaren Weg dar, sich der
Frage der Verteilung der Stellen auf die Justizvollzugsanstalten zu nähern. Dieser Ansatz berücksichtigt jedoch nicht Art und Intensität der Betreuung der suchtgefährdeten Gefangenen, wie sie sich u. a. aus der Zuständigkeit der einzelnen Anstalten ergeben könnte. Die Daten zu dieser
Grafik geben lediglich die Zahl der am Stichtag mit einem BtM-Vermerk
belegten Gefangenen wieder, nicht aber – wie dies z. B. für Untersuchungshaftanstalten typisch ist – die Fluktuation der Gefangenenpopulation. Dieser jährliche „Durchsatz“ an Gefangenen, der über die im Kalenderjahr jeweils vergebene höchste Buchnummer zu beschreiben wäre,
könnte aus unserer Sicht in Verbindung mit weiteren Parametern ein wei-55-
terer möglicher Ansatzpunkt sein, den Beratungsbedarf zu erfassen und
gegebenenfalls näher zu konkretisieren.“
Ergänzend hierzu ist aus Sicht der Arbeitsgruppe "Übergangsmanagement“ darauf hinzuweisen, dass sich externe Suchtberatung neben den
Gefangenen mit Drogenproblemen ebenso an Inhaftierte, bei denen eine
Alkoholerkrankung oder Alkoholgefährdung sowie ein zwanghaftes
Spielverhalten vorliegt, richtet. Der in diesem Bereich liegende Bedarf an
Beratung sollte bei einer etwaigen Analyse der Kapazitäten der externen
Suchtberatung zukünftig nicht unberücksichtigt bleiben, um noch aussagekräftigere Ergebnisse zu erhalten. Freilich existiert neben dem seitens
der Justizvollzugsanstalten verwendeten „BtM-Vermerk“ kein entsprechender „Alkohol-Vermerk“. Stöver 12 zitiert Untersuchungen, die zum Ergebnis kommen, dass der Anteil Alkoholabhängiger in Gefängnissen
ähnlich hoch sei, wie der der Abhängigen von illegalen Drogen.
5.5.3.6
Substitution in Haft
Auch im Hinblick auf die Richtlinien der Bundesärztekammer vom 19.
Februar 2010 stellt eine Betäubungsmittelabstinenz nach wie vor das
oberste und endgültige Ziel einer Behandlung von Opiatabhängigen dar.
Eine entzugsorientierte Behandlung kann in den Justizvollzugsanstalten
schon deshalb zur Erreichung des Ziels einer Betäubungsmittelabstinenz
geeigneter sein als die Substitution, da die Gefahr einer anderweitigen
Versorgung mit Betäubungsmitteln im Vergleich zum Leben außerhalb
der Haftanstalten jedenfalls deutlich reduziert ist und den Vollzugszielen,
insbesondere der Vorbereitung der Gefangenen auf ein straffreies Leben
in Freiheit, hierdurch in besonderem Maße Rechnung getragen werden
kann.
Zudem können Indikationen, die in Freiheit eine Substitution erforderlich
machen, in Haft wegfallen. So ist die Grundversorgung durch Unterkunft,
Ernährung und medizinische Behandlung im Vollzug gesichert, der Tagesablauf durch Arbeit, Ausbildungsangebote sowie Freizeit strukturiert.
12
„Drogenabhängige Menschen in Haft“, in: Handbuch der Resozialisierung, Nomos 2009
-56-
Ferner kommen Verelendung und Verwahrlosung als Hauptgründe für
eine langfristige Substitution in Freiheit im Justizvollzug nicht zum Tragen.
Die Gleichstellung der Inhaftierung mit Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalten bedingt jedoch, dass der behandelnde Arzt jeweils im
Einzelfall die Voraussetzungen einer Beendigung bzw. eines Abbruchs
einer bereits begonnen Therapie sowie die Einleitung einer Substitutionstherapie Opiatabhängiger besonders sorgfältig zu prüfen und zu dokumentieren hat.
Eine substitutionsgestützte Behandlung wird dann indiziert sein, wenn
diese in Abwägung aller entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte gegenüber primär abstinenzorientierten Therapieformen die erfolgversprechendere Behandlung darstellt. Insofern stellt die individuelle, qualifizierte ärztliche Beurteilung der jeweiligen Erfolgsaussichten dieser Behandlungsform das wesentliche Entscheidungskriterium für oder gegen die
Einleitung bzw. den Abbruch einer Substitutionstherapie Opiatabhängiger
dar. Hierbei ist auch zu berücksichtigten, dass sich die Entscheidung
auch an den Vorgaben des BayStVollzG, insbesondere in Art. 2 und 5,
orientieren muss.
Ob eine Substitutionsbehandlung im Justizvollzug begonnen, fortgesetzt
oder beendet wird, erfolgt allein aufgrund einer individuellen, qualifizierten ärztlichen Beurteilung des Einzelfalles durch die in der jeweiligen
Justizvollzugsanstalt tätigen Anstaltsärzte im Rahmen der medizinischen
Indikation (lege artis).
Im Sinne eines individuell auf den Einzelfall bezogenen Übergangsmanagements empfiehlt die Arbeitsgruppe, die bestehende Praxis beizubehalten.
-57-
5.6
Gesundheitsfürsorge
5.6.1
Bestandsaufnahme
Die Gefangenen haben nach dem Bayerischen Strafvollzugsgesetz (Art.
58 ff.) Anspruch auf Gesundheitsfürsorge, die sich grundsätzlich an den
Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen orientiert.
Die medizinische Versorgung wird durch haupt- und nebenamtliche Ärzte
sichergestellt. In den größeren Justizvollzugsanstalten sind Krankenabteilungen eingerichtet. Wenn eine ausreichende medizinische Behandlung innerhalb den Anstalten nicht möglich ist, werden die Gefangenen in
Krankenhäuser außerhalb des Justizvollzugs verlegt. Eine psychiatrisch
erforderliche Akutversorgung erfolgt in den psychiatrischen Abteilungen
zweier Justizvollzugsanstalten.
Haftentlassene sind durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder durch Einsetzen von Sozialleistungen, z. B. Arbeitslosengeld, in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. In der
Zeit bis zum Vorliegen einer entsprechenden Pflichtversicherung sind
Gefangene grundsätzlich gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V kraft Gesetzes
versichert. Zur Durchführung der Versicherungspflicht ist eine Meldung
der für die Versicherung im Betracht kommenden Person bei der zuständigen Krankenkasse erforderlich. Bei den Gefangenen wird frühzeitig darauf hingewirkt und sie werden auch dabei unterstützt, rechtzeitig vor der
Entlassung eine Anzeige zur Durchführung der Versicherungspflicht nach
§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bei der zuständigen Krankenkasse zu stellen.
Die Gefangenen werden auch angehalten, bei dem zuständigen Sozialleistungsträger Termine zur Abgabe der für die Erlangung eines Krankenversicherungsschutzes erforderlichen Erklärungen bereits aus der
Haft heraus unter Erläuterung des bestehenden Eilbedürfnisses zu vereinbaren. Ferner werden die betreffenden Gefangenen auch darüber informiert, welche Unterlagen sie bei der zuständigen Behörde vorzulegen
haben. Erforderlichenfalls werden sie bei der Zusammenstellung der Unterlagen unterstützt.
-58-
Gefangene, die aus gesundheitlichen Gründen auf eine regelmäßige
Medikamenteneinnahme angewiesen sind, erhalten von der Anstalt bei
der Entlassung für einen gewissen Zeitraum entsprechende Medikamente ausgehändigt, um Notfälle zu überbrücken.
5.6.2
Erreichte Optimierungen
5.6.2.1
Krankenversicherungsschutz bei Haftentlassung
Die Unterarbeitsgruppe "Haft/Suchthilfe“ der Arbeitsgruppe "Schnittstellen des Drogen- und Suchtrates“ des von der Drogenbeauftragten des
Bundes eingerichteten Drogen- und Suchtrats hat Entscheidungsbäume
zum Krankenversicherungsschutz nach der Haft erstellt. Diese Entscheidungsbäume wurden den Justizvollzugsanstalten im Sinne von "best
practice" mit Schreiben vom 18. Juni 2012, Gz. 4310 - VIIa - 9298/11,
übersandt und sind als Anlage 10.7 beigefügt. Ferner ist ein Musterschreiben der Justizvollzugsanstalt Amberg als "best practice" als Anlage
10.8 beigefügt.
5.6.3
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.6.3.1
Weitergabe von ärztlichen Befunden
Mit Zustimmung und Mitwirkung der Gefangenen können während der
Haft erhobene ärztliche Befunde an die Hausärzte und weiterführend behandelnden Ärzte der Entlassenen übergeben werden, um eine Weiterbehandlung nach der Haft zeitnah und erleichtert zu ermöglichen.
5.6.3.2
Terminvereinbarung mit weiterbehandelnden Ärzten aus der Haft heraus
Bei abzusehender Behandlungsbedürftigkeit nach Entlassung bzw. bei
einer erforderlichen Fortsetzung der ärztlichen Behandlung könnte mit
Zustimmung und Mitwirkung der Gefangenen rechtzeitig vor Haftentlas-
-59-
sung durch den ärztlichen Dienst ein Termin bei den weiterbehandelnden
Ärzten zeitnah nach dem Entlassungszeitpunkt vereinbart werden.
5.7
Ausländer/Migration
5.7.1
Bestandsaufnahme
In den bayerischen Justizvollzugsanstalten waren am 31. März 2012 insgesamt 3.825 Gefangene, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit
besitzen, untergebracht. Dies entspricht einem Anteil an allen zu diesem
Zeitpunkt Inhaftierten von rund 31 %.
In den Justizvollzugsanstalten finden Deutschkurse für Spätaussiedler
und Ausländer sowie Integrationskurse des Bundesamts für Migration
und Flüchtlinge statt.
Von den Justizvollzugsanstalten werden der Aufenthaltsstatus Gefangener mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Zusammenarbeit mit den
Ausländerbehörden geklärt und Kontakte zur Vertretung des Heimatstaates des Gefangenen vermittelt.
5.7.2
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.7.2.1
Projekte und Gruppenangebote
Die Betreuung Gefangener mit ausländischer Staatsangehörigkeit könnte
durch spezielle Projekte und spezifische Gruppenangebote freier Träger
verbessert werden. Vermittelt werden könnte staatsbürgerliches Grundwissen, um zum Abbau von Vorurteilen und zur Integration beizutragen.
Hierbei könnte von den Justizvollzugsanstalten Kontakt zu den Trägern
der freien Wohlfahrtspflege, gemeinnützigen Vereinen, z.B. Sport- und
Kulturvereinen, die Ausländer betreuen, sowie zu den Konsulaten aufgenommen werden.
-60-
5.7.2.2
Zusammenarbeit mit Ausländerbehörden
Die Zusammenarbeit mit den Ausländerbehörden könnte von den Justizvollzugsanstalten intensiviert werden, damit der ausländerrechtliche Status und die Möglichkeit einer Abschiebung frühzeitig geklärt werden können. Entsprechende Kenntnisse haben erhebliche Auswirkungen auf die
Vollzugsplanung und die Behandlung der Inhaftierten mit ausländischer
Staatsangehörigkeit. Die Arbeitsgruppe empfiehlt, zu prüfen, inwieweit
über die bereits bestehende gute Kooperation hinaus noch weitere Verbesserungen bei der Zusammenarbeit mit den Ausländerbehörden erreicht werden können.
5.8
Psychologische, psychotherapeutische und psychiatrische Versorgung
5.8.1
Bestandsaufnahme
Die psychologischen, psychotherapeutischen und psychiatrischen Angebote der Justizvollzugsanstalten dienen dazu, die für die Tat ursächlichen
Defizite der Gefangenen abzubauen, zur Lösung persönlicher Schwierigkeiten beizutragen und die Entlassung vorzubereiten (Art. 74 und 76
BayStVollzG).
Die Behandlung von Sexual- und Gewaltstraftätern erfolgt überwiegend
in den sozialtherapeutischen Einrichtungen bzw. Abteilungen der Justizvollzugsanstalten. Therapieangebote zur Persönlichkeitsstabilisierung
und Rückfallvermeidung werden durch anstaltseigene und externe psychologische Psychotherapeuten und Psychiater unterbreitet. Psychologische Behandlung und Beratung erfolgen auf vielfältige Weise durch den
psychologischen Dienst der Justizvollzugsanstalten. Daneben werden in
den Justizvollzugsanstalten niederschwellige Behandlungsangebote, wie
z. B. Anti-Gewalt-Trainings, bereitgehalten.
Für die Zeit nach der Entlassung stehen für die Nachsorge entlassener
Gefangener die psychotherapeutischen Fachambulanzen für Sexualstraf-61-
täter in München, Nürnberg und Würzburg zur Verfügung. Entlassene
Gefangene können auch vorübergehend wieder in einer sozialtherapeutischen Einrichtung des Justizvollzugs betreut werden. Zum Teil wird die
Nachsorge von Sexualstraftätern durch niedergelassene Psychotherapeuten durchgeführt.
5.8.2
Erreichte Optimierungen
5.8.2.1
Gemeinsame Fortbildungsveranstaltung mit der Psychotherapeutenkammer Bayern
Im März 2012 fand in den Räumlichkeiten des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz eine Fortbildungsveranstaltung „Psychotherapie mit (Sexual-)Straftätern" statt, die in Kooperation
der Psychotherapeutenkammer Bayern mit dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, den Psychotherapeutischen Fachambulanzen für Sexualstraftäter in München, Nürnberg und
Würzburg und den Sozialtherapeutischen Einrichtungen in Amberg und
Erlangen durchgeführt wurde.
Ziel war u.a. die Gewinnung von niedergelassenen Psychotherapeuten
für eine Betreuung und Behandlung von Straftätern nach der Haft, um
das Angebot der derzeit stark ausgelasteten psychotherapeutischen
Fachambulanzen für Sexualstraftäter zu ergänzen und die therapeutische Versorgung von Gewaltstraftätern zu verbessern.
5.8.2.2
Erhöhter Vergütungssatz für externe psychotherapeutische Leistungen
Geeignete Psychotherapeuten für eine Nachsorgebehandlung sind unter
den für die Justizvollzugsanstalten geltenden Rahmenbedingungen der
Vergütung (einfacher Satz GoÄ) kaum zu gewinnen. Um die Nachsorgebehandlung von Haftentlassenen insbesondere außerhalb des Einzugsbereichs der psychotherapeutischen Fachambulanzen für Sexualstraftäter vorzubereiten, wurde deshalb mit JMS vom 3. August 2012, Gz. 4428
-62-
- VII a - 7363/12 und 4428 - VII a - 1974/97, der Gewährung einer Vergütung bis zu dem 2,3-fachen Satz der GOÄ generell zugestimmt.
5.8.3
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.8.3.1
"Externe Psychotherapeutenliste"
Um die Zusammenarbeit mit externen Psychotherapeuten zu verstärken
und eine entsprechende Versorgung der Gefangenen sicherzustellen,
könnte unter Einbeziehung des Kriminologischen Dienstes und der IT Leitstelle eine Liste der Psychotherapeuten mit den jeweiligen Behandlungsangeboten, die zu einer Betreuung von Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten und nach der Entlassung bereit sind, erstellt und den
Justizvollzugsanstalten zur Verfügung gestellt werden. Derzeit erfolgt in
Zusammenarbeit mit der Psychotherapeutenkammer Bayern eine entsprechende Werbemaßnahme. Außerdem soll für interessierte Psychotherapeuten eine weitere, vertiefende Fortbildungsveranstaltung angeboten werden.
5.9
Zentrale Beratungsstellen für Straffälligenhilfe
5.9.1
Bestandsaufnahme
Zentrale Anlaufstellen für Haftentlassene sind in München, Nürnberg,
Regensburg und Würzburg eingerichtet.
Die zentralen Beratungsstellen für Straffälligenhilfe sind Arbeits- und Bürogemeinschaften verschiedener Einrichtungen und Behörden. Aufgabe
der Zentralstellen ist es, die vielfältigen Angebote für Strafentlassene
besser zu koordinieren, sie an einem Ort zu konzentrieren und sie so für
die Betroffenen leichter zugänglich zu machen. In den Zentralstellen leistet eine Mehrzahl von Einrichtungen gebündelt Hilfe und erspart dadurch
den Strafentlassenen weite Wege.
-63-
Die zentralen Beratungsstellen für Straffälligenhilfe halten auch Sprechstunden für Gefangene in den Justizvollzugsanstalten Amberg, St. Georgen-Bayreuth, Bernau, Landsberg am Lech, München, Nürnberg, Regensburg, Schweinfurt und Würzburg ab. Sie leisten eine unverzichtbare
Hilfe bei der Betreuung in der schwierigen Zeit nach der Entlassung.
Die gute Kooperation der Justizvollzugsanstalten mit den freien Trägern
der Straffälligenhilfe und den örtlichen Kommunen sowie Behörden spiegelt sich insbesondere in der Zusammenarbeit in den zentralen Beratungsstellen für Straffälligenhilfe in München, Nürnberg, Regensburg und
Würzburg wieder. Diesen obliegt in enger Zusammenarbeit mit den im
Vollzug Verantwortlichen die Vorbereitung der Entlassung und die umfassende persönliche Beratung und Betreuung von Strafentlassenen, die
nicht unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht stehen. Die Zentralstellen bieten "Hilfe aus einer Hand" an und halten ein breites Beratungsund Hilfeangebot vor. Sie können so bestmöglich auf die Defizite, die die
Gefangenen häufig in vielen sozialen und wirtschaftlichen Bereichen
aufweisen, reagieren. Vor allem leisten sie Hilfe bei der Entwicklung einer positiven Lebensperspektive, bei der Aufrechterhaltung bestehender
familiärer Beziehungen, beim Aufbau tragfähiger sozialer Kontakte, bei
der Wohnraum- und Arbeitsbeschaffung, der Schuldnerberatung und der
Beratung bei bestehender Suchtproblematik. Die Arbeit der Zentralstellen
setzt bereits im Vollzug und insbesondere im Stadium der Entlassungsvorbereitung ein. Damit werden vollzugliche und vollzugsexterne Reintegrationshilfen optimal vernetzt und organisationsübergreifende Förderketten geschaffen.
5.9.1.1
Münchner Zentralstelle für Straffälligenhilfe
o
Träger
-
Bayerischer Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e. V.
-
Justizvollzugsanstalt München
-
Katholischer Männerfürsorgeverein München e. V.
-
Landeshauptstadt München – Sozialreferat
Beratendes Mitglied: Agentur für Arbeit München
-64-
o
Zuständigkeit und Aufgaben 13
Der/Die Münchner Zentralstelle für Straffälligenhilfe
-
obliegt die Entlassungsvorbereitung männlicher Strafgefangener
der Justizvollzugsanstalten München, Landsberg am Lech und
Bernau sowie deren Nachbetreuung,
-
ist zuständig für straffällig gewordene Männer, die innerhalb eines
Zeitraumes von 6 Monaten nach der Entlassung erstmals Hilfsorganisationen aufsuchen,
-
berät im Rahmen des Modellprogramms "Betreuung suchtabhängiger und suchtgefährdeter Gefangener in den Justizvollzugsanstalten durch externe Fachkräfte" männliche Jugendliche und erwachsene Männer mit Suchtproblematik (Alkohol, Medikamente,
Spiele) in der Justizvollzugsanstalt München und nachsorgend in
der Zentralstelle (auch unter Bewährungsaufsicht stehend),
-
führt für überschuldete inhaftierte, strafentlassene oder wohnungslose Münchner Bürger Schuldner- und Insolvenzberatung
durch,
-
vermittelt erwachsene Männer in gemeinnützige Arbeit zur Vermeidung einer Ersatzfreiheitsstrafe oder im Rahmen einer Bewährungsauflage.
Die Münchner Zentralstelle für Straffälligenhilfe ist mit Ausnahme der
Schulder- und Insolvenzberatung und der Vermittlung in gemeinnützige Arbeit in der Regel nicht zuständig für Personen, die unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht stehen sowie für Jugendliche und
Wohnungslose.
5.9.1.2
Zentralstelle für Straffälligenhilfe in Nürnberg
o
Träger
-
Arbeiterwohlfahrt Nürnberg e. V.
-
Bayerischer Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e. V.
13
Beratungsangebot nur für Männer
-65-
o
-
Caritasverband Nürnberg e. V.
-
Justizvollzugsanstalt Nürnberg
-
Stadtmission Nürnberg e. V.
Zuständigkeit und Aufgaben 14
Die Zentralstelle für Strafentlassenenhilfe Nürnberg
-
vermittelt Behördenkontakte,
-
unterstützt bei finanziellen Schwierigkeiten,
-
hilft bei persönlichen Problemen,
-
vermittelt in andere soziale Einrichtungen (Suchthilfe usw.),
-
informiert über Wohn- und Unterkunftsmöglichkeiten in Nürnberg,
-
unterstützt bei der Recherche (Zeitungen, Internet) nach Wohnungsanzeigen und bei der Kontaktaufnahme zu Vermietern,
-
berät, interveniert und vermittelt weiter bei Schulden,
-
unterstützt bei Antragstellungen,
-
unterstützt bei der Anfertigung von Bewerbungsunterlagen,
-
gibt lebenspraktische Hilfestellungen,
-
berät bei anstehender Inhaftierung,
-
betreut Gefangene in den Justizvollzugsanstalten Amberg,
St. Georgen-Bayreuth und Nürnberg.
5.9.1.3
Regensburger Beratungsstelle für Straffällige und Gefährdete (RBS)
o
Träger
-
Bayerischer Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e. V.
14
-
Justizvollzugsanstalt Regensburg
-
Kontakt Regensburg e. V.
-
Landkreis Regensburg
-
Stadt Regensburg
Beratungsangebot für Männer und Frauen
-66-
o
Zuständigkeit und Aufgaben 15
Die Regensburger Beratungsstelle für Straffällige und Gefährdete
-
ist zuständig für die umfassende Betreuung von Gefangenen und
Strafentlassenen in Stadt und Landkreis Regensburg,
-
leistet im Rahmen der umfassenden Betreuung
o
Beratung und persönliche Betreuung für den Hilfesuchenden,
o
Unterstützung bei der Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche,
o
Unterstützung bei Behörden- und Ämterangelegenheiten,
o
Unterstützung
bei finanziellen Schwierigkeiten (z. B.
Schuldnerberatung).
Die Beratungsstelle ist nicht zuständig für Personen, die unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht stehen.
5.9.1.4
Zentrale Beratungsstelle für Wohnungslose und Strafentlassene in
Würzburg
o
Träger
-
Bayerischer Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e. V.
15
-
Caritasverband für die Diözese Würzburg e. V.
-
Diakonisches Werk Würzburg e. V.
-
Justizvollzugsanstalt Würzburg
-
Stadt Würzburg
Beratungsangebot für Männer und Frauen
-67-
o
Zuständigkeiten und Aufgaben 16
Die Zentrale Beratungsstelle für Wohnungslose und Strafentlassene
in Würzburg
-
leistet ambulante Hilfe gemäß §§ 67 - 69 SGB XII und der hierzu
ergangenen Rechtsverordnung (Hilfe bei besonderen sozialen
Schwierigkeiten),
-
bietet Übernachtungsmöglichkeiten in der Kurzzeitübernachtung
(in der Regel beschränkt auf 7 Übernachtungen nacheinander) an
unter Inanspruchnahme von Sachleistungen oder Hilfe zum Lebensunterhalt,
-
bietet "Betreutes Wohnen" mit qualifizierter Beratung und Begleitung durch Sozialpädagogen an,
-
bietet ambulante Nachbetreuung nach Auszug aus dem "Betreuten Wohnen" an.
5.9.2
Erreichte Optimierungen
5.9.2.1
Augsburg
In Augsburg werden derzeit Gespräche über die Einrichtung einer weiteren zentralen Anlaufstelle für Strafentlassene geführt.
5.9.2.2
Ingolstadt
In Ingolstadt werden derzeit Gespräche über die Einrichtung einer weiteren zentralen Anlaufstelle für Strafentlassene geführt.
16
Beratungsangebot nur für Männer
-68-
5.9.3
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.9.3.1
Zusammenstellung aller Angebote der Straffälligenhilfe in Bayern
Wünschenswert wäre eine Übersichtsliste/-karte über alle Angebote der
Straffälligenhilfe in Bayern für die Justizvollzugsanstalten, um die Entlassungsvorbereitung und in Einzelfällen erforderliche Fallübergabe zu erleichtern. Hierzu wäre eine neuerliche Kontaktaufnahme mit den freien
Trägern erforderlich, um entsprechende Informationen über deren Angebote zu erhalten.
5.9.3.2
Arbeitsbedingungen für die Bediensteten der zentralen Beratungsstellen
für Straffälligenhilfe in den Justizvollzugsanstalten
Die Bediensteten der zentralen Beratungsstellen für Straffälligenhilfe leisten einen wertvollen Beitrag für ein gelingendes Übergangsmanagement
in den Justizvollzugsanstalten. Um die Zusammenarbeit weiter zu verbessern, sollten die Justizvollzugsanstalt den Bediensteten der zentralen
Beratungsstellen für Straffälligenhilfe nach Möglichkeit geeignete Räumlichkeiten sowie eine Mitnahme deren Laptops gestatten. Die Arbeitsgruppe empfiehlt, die mit JMS vom 10. April 2012, Gz. 4550 – VII a –
6713/08 (Anlage 10.9) festgelegten Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter der Externen Suchtberatung auch für die Bediensteten der zentralen Beratungsstellen für Straffälligenhilfe zu schaffen.
5.10
Bewährungshilfe und Führungsaufsicht
5.10.1
Bestandsaufnahme
Die Zusammenarbeit mit Stellen, die nach der Entlassung der Gefangenen deren Betreuung übernehmen, ist von entscheidender Bedeutung,
wenn die Wiedereingliederung der Gefangenen Erfolg haben soll. Artikel
175 Abs. 4 BayStVollzG verpflichtet daher die Justizvollzugsanstalten,
soweit dies erforderlich ist, zur Entlassungsvorbereitung insbesondere
mit der Bewährungshilfe, den Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht
-69-
und den Einrichtungen der Strafentlassenenhilfe frühzeitig Kontakt aufzunehmen.
Umgekehrt ist für den Erfolg von Maßnahmen der Bewährungshilfe, Führungsaufsicht und Gerichtshilfe eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit ihrer Organe mit den Gerichten, Staatsanwaltschaften und
Justizvollzugsanstalten u. a. von besonderer Bedeutung (vgl. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz über Bewährungshilfe, Führungsaufsicht und Gerichtshilfe (BewHBek) vom 15. Januar 2003 (JMBl S. 30), geändert durch Bekanntmachung vom 28. Juni 2004 (JMBl S. 132) ).
Die Verzahnung des Justizvollzugs und der Bewährungshilfe wird durch
eine enge Zusammenarbeit der Justizvollzugsanstalten und der Zentralen Koordinierungsstelle Bewährungshilfe der Bayerischen Justiz gefördert. Die Koordinierungsstelle ist seit dem 1. Dezember 2002 beim Oberlandesgericht München eingerichtet. Ihr sind umfangreiche Aufgaben beratender, koordinierender und konzeptioneller Art mit landesweiter Zuständigkeit in Fragen der Bewährungshilfe, Führungsaufsicht und Gerichtshilfe zugewiesen. Der Justizvollzug bzw. die Koordinierungsstelle
organisieren regelmäßig Dienstbesprechungen, in deren Rahmen insbesondere Fragen im Zusammenhang mit dem Übergangsmanagement der
Gefangenen thematisiert und die Vorgehensweise aller Beteiligten koordiniert und abgestimmt werden.
Bewährungshilfe soll die soziale Integration ihrer Probanden in Staat und
Gesellschaft fördern und diese unterstützen, ein Leben ohne Straftaten
zu führen. Die unter Leitung der Zentralen Koordinierungsstelle Bewährungshilfe der Bayerischen Justiz entwickelten „Qualitätsstandards in der
Bewährungshilfe in Bayern“ (5. Auflage, Stand: Mai 2012) stellen verbindliche, qualitative Anforderungen an die Bewährungshilfe dar und beschreiben deren Tätigkeit näher. Im Hinblick auf das Übergangsmanagement finden sich dort Empfehlungen zur „Schnittstellenpflege“. Hierbei geht es u.a. darum, Schnittstellen der Bewährungshilfe u.a. zum Justizvollzug ausfindig zu machen und deren Leistungsumfang zu beschreiben, aber auch Formen der Zusammenarbeit zu vereinbaren.
-70-
Für die Zusammenarbeit mit dem Justizvollzug existieren mehrere relevante Schnittstellen:
 Entlassung aus der Haft nach Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung oder nach Vollverbüßung und Eintritt von Führungsaufsicht,
 Inhaftierung nach erfolgtem Widerruf einer Bewährung und
 Inhaftierung während angeordneter Führungsaufsicht.
Entsprechende Schnittstellenregelungen trifft die VV Nr. 2 zu Art. 175
BayStVollzG in den Absätzen 3 und 4.
Hiernach nimmt die Anstalt frühzeitig mit der Bewährungshilfe Kontakt
auf, um die Betreuungsmaßnahmen für die Gefangenen abzustimmen,
wenn zu erwarten ist, dass eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung erfolgt und ein Bewährungshelfer oder eine Bewährungshelferin
beigeordnet werden wird. Gleiches gilt, wenn nach der Entlassung Führungsaufsicht eintritt (VV Nr. 2 Abs. 3 zu Art. 175 BayStVollzG).
Weitere Maßgaben enthält hierzu das „Qualitäts-Handbuch: Standards
und Qualitätssicherung für die Sozialdienste bei den Justizvollzugsanstalten in Bayern“ unter dem dort aufgeführten Abschnitt „Schlüsselprozess 3 - Konkrete Entlassungsvorbereitung“. Mittels einer verbindlich
eingesetzten Checkliste zur Entlassungssituation ist u. a. die Feststellung
zu dokumentieren, ob Bewährungs- oder Führungsaufsicht angeordnet
und ob bereits eine Kontaktaufnahme erfolgt ist.
Die Bewährungshilfe arbeitet ihrerseits mit der Anstalt im Rahmen der
Entlassungsvorbereitung schon während des Vollzuges zusammen, um
einen bestmöglichen Übergang der Betreuung zu gewährleisten (VV Nr.
2 Abs. 4 zu Art. 175 BayStVollzG). Zudem regelt Satz 4 der Nr. 7.1.1.2
BewHBek, dass es angezeigt sein kann, dass der Bewährungshelfer zur
Vorbereitung der Entlassung eines Verurteilten auch mit der Vollzugsanstalt oder über diese mit dem Verurteilten Fühlung aufnimmt. Nach den
„Qualitätsstandards in der Bewährungshilfe in Bayern“ erfolgt zeitnah vor
der Entlassung eine Vorstellung, eine Information über Erreichbarkeit
sowie das Angebot von Hilfe und Unterstützung (S. 9), wobei auch Kontakte in der Haftanstalt vorgesehen sind (S. 19).
-71-
Zur Verdeutlichung der optimalen Informationsflüsse soll die nachfolgende grafische Darstellung dienen:
-72-
5.10.2
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.10.2.1 Nutzung zentraler Kontaktadressen
Zwischen der Bewährungshilfe und dem Sozialdienst in den Justizvollzugsanstalten bestehen hin und wieder Unklarheiten über die jeweilige
Zuständigkeit. Zur Herstellung der Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren wird seitens der Arbeitsgruppe die Nutzung zentraler Kontaktadressen empfohlen. Hierfür bieten sich die E-Mail-Adressen der
Poststellen der Justizvollzugsanstalten an. Auf Seiten der Bewährungshilfe könnten neben den bereits bestehenden E-Mail Adressen der Leitenden Bewährungshelfer Funktionsadressen wie z.B. [email protected] eingerichtet werden. Es böte sich zudem an, die
Kontaktdaten im später zu nutzenden Portal Übergangsmanagement zu
hinterlegen.
An gleicher Stelle könnten zudem die jeweils aktualisierten Geschäftsverteilungspläne der Bewährungshilfe eingepflegt werden.
5.10.2.2 Erstkontakt vor Haftentlassung
Die Arbeitsgruppe hält es für erstrebenswert, dass der Erstkontakt der
Bewährungshilfe mit der inhaftierten Person noch vor Haftentlassung
stattfindet. Ein solcher könnte bei Eignung der Gefangenen für Vollzugslockerungen in der Dienststelle der Bewährungshilfe stattfinden, anderenfalls in der Justizvollzugsanstalt oder in schriftlicher Form. Gleichzeitig
könnte eine verbindliche Abstimmung der Maßnahmen der Entlassungsvorbereitung gemeinsam mit dem Sozialdienst der Justizvollzugsanstalt
geregelt werden.
5.10.2.3 Standardisierte Kontaktaufnahme bei Inhaftierung nach Bewährungswiderruf
Für die Situation der (erstmaligen) Inhaftierung nach Widerruf einer Bewährung sowie Inhaftierung bei Anordnung von Führungsaufsicht emp-73-
fiehlt die Arbeitsgruppe eine standardisierte Kontaktaufnahme seitens
der Justizvollzugsanstalten mit der Bewährungshilfe. Dort im Laufe des
Bewährungs- oder Führungsaufsichtsverfahrens erhobene Daten sollten
aus Sicht des Justizvollzugs zum Zwecke der Vollzugsplanerstellung an
die Justizvollzugsanstalten übermittelt werden. Hierdurch wäre zum einen ein Informationsfluss gewährleistet, zum anderen würden zeitaufwändige Doppelerhebungen vermieden. Zudem könnte die Kontinuität
der Angaben der Verurteilten geprüft werden. In welchem Umfang ein
solcher Datenaustausch stattfinden kann, muss allerdings noch mit der
Bewährungshilfe im Einzelnen erörtert werden.
5.10.2.4 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Bewährungshilfe und der Straffälligenarbeit
Die Befugnis zur Datenübermittlung durch die Bewährungshilfe ist
eine Grundvoraussetzung für die Zusammenarbeit bei der Überwachung
besonders gefährlicher Sexual- und Gewaltstraftäter sowie mit dem Justiz- und Maßregelvollzug bei der Entlassungsvorbereitung. Bewährungshelfer sind allerdings nach § 203 Absatz 1 Nummer 5 StGB schweigepflichtig und dürfen Daten an Dritte nur bei erteilter Schweigepflichtsentbindung des Probanden oder auf gesetzlicher Grundlage übermitteln.
Die Zusammenarbeit zwischen Bewährungshilfe, Vollstreckungsbehörde
und Justizvollzug könnte durch den Gesetzentwurf zur Stärkung der Bewährungshilfe und der Straffälligenarbeit, BT-Drs. 17/6854 vom 25. August 2011, weiter optimiert werden.
Der Gesetzentwurf will eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für einen direkten Informationsaustausch zwischen Bewährungshilfe und Justizbzw. Maßregelvollzug in der StPO schaffen. Damit soll die Einrichtung
eines entsprechenden, bereits jetzt - ohne Einwilligung der Probanden rechtlich möglichen Informationsaustausches gefördert werden.
-74-
5.10.2.5 Rechtzeitige Beschlussfassung durch die Strafvollstreckungskammern
Bewährungshilfe und Justizvollzug sind auf eine frühzeitige Übersendung
der Bewährungs- bzw. Führungsaufsichtsbeschlüsse der Strafvollstreckungskammern angewiesen, um entsprechende Vorbereitungen noch
vor der Entlassung zu gewährleisten. Gemäß Nr. 7.1.2.2 BewHBek unterrichtet der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts, das die
Bewährungsaufsicht angeordnet hat, den Bewährungshelfer unverzüglich
über jede gerichtliche Entscheidung, durch die eine Bewährungsaufsicht
angeordnet wird. Gleiches gilt gemäß Nr. 7.2.3 BewHBek sinngemäß für
die Führungsaufsicht. Die Bewährungshilfe ist hierbei insbesondere auf
die in Nr. 7.1.2.4 BewHBek aufgeführten Unterlagen (z.B. Gutachten,
Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt) angewiesen. Die Arbeitsgruppe
erachtet für eine Übersendung einen Zeitraum von 6 Wochen vor dem
Entlassungstermin als noch ausreichend aber auch allgemein anzustreben. Es wird empfohlen, diese Thematik seitens der Justizvollzugsanstalten sowie der Bewährungshilfe unmittelbar vor Ort mit den Strafvollstreckungskammern zu thematisieren. Auf überregionaler Ebene bieten sich
zudem die an der Bayerischen Justizvollzugsschule angebotene „Tagung
für Mitglieder der Strafsenate und Vollstreckungskammern, Mitarbeiter
der Generalstaatsanwaltschaften sowie juristische Mitarbeiter im Justizvollzug“ als auch die seitens der Zentralen Koordinierungsstelle Bewährungshilfe der Bayerischen Justiz organisierten Dienstbesprechungen als
Plattform für einen Austausch an, um die rechtzeitige Beschlussfassung
und Übersendung an die zuständigen Stellen zu erörtern.
-75-
5.11
Ehrenamtliche Mitwirkung
5.11.1
Bestandsaufnahme
In den Justizvollzugsanstalten wirken seit vielen Jahren ehrenamtliche
Mitarbeiter bei der Betreuung von Gefangenen mit. So sind im bayerischen Justizvollzug ca. 590 Bürgerinnen und Bürger zur Einzelbetreuung
von Strafgefangenen (ehrenamtliche Betreuer) und rd. 860 weitere Personen als sonst zur Mithilfe bei der Betreuung und Behandlung der Gefangenen (ehrenamtliche Mitarbeiter) zugelassen. Sie leiten Gesprächs-,
Sport- und sonstige Freizeitgruppen der Gefangenen, beraten sie in persönlichen Konfliktsituationen, helfen Wohnungen und Arbeitsstellen zu
vermitteln und begleiten Gefangene bei Ausgängen.
Bei Fragen und Anliegen können sich die ehrenamtlich Tätigen in jeder
Justizvollzugsanstalt an einen ihnen bekannten Kontaktbeamten wenden, zu dessen dienstlichen Aufgaben die Unterstützung der Ehrenamtlichen gehört.
Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
hält überdies für interessierte Bürgerinnen und Bürger die Broschüre „Informationen zur ehrenamtlichen Tätigkeit im Strafvollzug“ (Anlage 10.10)
vor. Daneben betreibt die Landesarbeitsgemeinschaft ehrenamtlicher
Mitarbeiter im Strafvollzug Bayern e.V. (LAG e.V.) die Homepage
www.ehrenamt-im-strafvollzug.de mit einer Fülle weiterer Informationen
hinsichtlich des ehrenamtlichen Engagements, insbesondere bezogen
auf die einzelnen bayerischen Justizvollzugsanstalten. Die Landesarbeitsgemeinschaft ehrenamtlicher Mitarbeiter im Strafvollzug Bayern e.V.
führt zudem regelmäßig Grundkurse zur Vorbereitung ehrenamtlicher
Mitarbeiter auf ihre Tätigkeit im Vollzug durch. Jährliche Fortbildungsveranstaltungen für ehrenamtliche Mitarbeiter werden an der Bayerischen
Justizvollzugsschule in Straubing angeboten. Zusätzlich finden Informationsveranstaltungen in den Justizvollzugsanstalten sowie jährliche Treffen der jeweiligen Anstaltsleitung mit den in ihrer Anstalt tätigen Ehrenamtlichen statt.
-76-
Darüber hinaus hält das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz engen Kontakt sowohl zu den beteiligten externen
Organisationen als auch zu einzelnen ehrenamtlichen Mitarbeitern, etwa
durch die regelmäßige Teilnahme an überregionalen Tagungen der ehrenamtlichen Mitarbeiter ("Augsburger Gespräche" der Landesarbeitsgemeinschaft ehrenamtlicher Mitarbeiter im Strafvollzug Bayern e.V. sowie Tagung für die ehrenamtlichen Mitarbeiter und deren Betreuer in den
Anstalten in der Bayerischen Justizvollzugsschule in Straubing). Dadurch
und insbesondere durch den regelmäßigen Kontakt mit dem Vorstand
der Landesarbeitsgemeinschaft ehrenamtlicher Mitarbeiter im Strafvollzug Bayern e. V. ist eine stetige Weiterentwicklung und Verbesserung
der Zusammenarbeit ehrenamtlicher Betreuer mit dem bayerischen Justizvollzug gewährleistet.
In der Bewährungshilfe sind derzeit ca. 160 ehrenamtliche Mitarbeiter tätig. Der ehrenamtliche Mitarbeiter wird anlassbezogen unter der Anleitung des hauptamtlichen Bewährungshelfers und mit Zustimmung des
Probanden tätig. Er kann kontinuierlich oder punktuell für einen einzelnen
bzw. mehrere Probanden eingesetzt werden. Ehrenamtliche Mitarbeiter
sollen nur für Aufgabenstellungen herangezogen werden, die kein besonderes sozialarbeiterisches Wissen oder Können erfordern.
Der hauptamtliche Bewährungshelfer, der ehrenamtliche Mitarbeiter und
der Proband entscheiden jeweils über die konkrete Form der Zusammenarbeit. Über den Bewährungsverlauf lässt sich der hauptamtliche
Bewährungshelfer regelmäßig vom ehrenamtlichen Mitarbeiter unterrichten. Zuständig für die Betreuung ist und bleibt der jeweilige hauptamtliche Bewährungshelfer.
Ehrenamtliche Mitarbeiter können unter anderem in folgenden Bereichen
eingesetzt werden:
 Wohnraumbeschaffung
 Freizeitgestaltung
 Schuldenregulierung
 Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche
 Begleitung bei Behördengängen
-77-
 Unterstützung bei Gruppen-, Projekt- und Öffentlichkeitsarbeit
 Unterstützung bei Alltagsproblemen aller Art.
Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
hält überdies für interessierte Bürgerinnen und Bürger die Broschüre
„Merkblatt über die ehrenamtliche Tätigkeit in der Bewährungshilfe“ (Anlage 10.11) vor.
5.11.2
Erreichte Optimierungen
5.11.2.1 Fortbildungsangebot für ehrenamtliche Betreuer, die nach Haftentlassung tätig bleiben wollen
Die weitere Begleitung Inhaftierter über die Zeit der Entlassung hinaus
stellt ehrenamtliche Betreuer vor gänzlich neue Herausforderungen wie
das geänderte Nähe-/Distanzverhältnis und die Anforderungen von der
Bewährungshilfe an ehrenamtlich Tätige.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt für diesen Personenkreis eine vertiefte Fortbildung. Hierfür könnte eine weitere Fortbildungsveranstaltung unter Einbeziehung von Fachkräften der Bewährungshilfe entwickelt und ggf. an
der Bayerischen Justizvollzugsschule angeboten werden.
5.11.3
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.11.3.1 Gesamtkonzept für den Einsatz ehrenamtlicher Mitarbeiter in den Justizvollzugsanstalten
Die Arbeitsgruppe empfiehlt die Erstellung anstaltsspezifischer Gesamtkonzepte hinsichtlich des Engagements ehrenamtlicher Mitarbeiter.
-78-
Eckpfeiler eines solchen Konzeptes wären zuvorderst:
 Beschreibung und Bewertung des IST-Zustandes,
 Analyse der Bereiche, in denen ehrenamtliche Mitarbeiter in Ergänzung zum anstaltspezifischen Behandlungskonzept tätig werden
können,
 Formulierung eines spezifischen Anforderungsprofils,
 gezielte und aufgabenbezogene Gewinnung und Auswahl,
 Vorbereitung auf die Tätigkeit und Fortbildung,
 Betreuung und Begleitung sowie
 Wertschätzung der ehrenamtlichen Tätigkeit.
Das Anforderungsprofil für ehrenamtliche Mitarbeiter variiert zum einen
nach dem konkreten Betätigungsfeld in Absprache mit der Justizvollzugsanstalt, zum anderen nach der Zuständigkeit der jeweiligen Vollzugsanstalt nach dem Vollstreckungsplan für den Freistaat Bayern. Die
Formulierung eines Anforderungsprofils sollte daher anstaltsbezogen erfolgen. Nach Ansicht der Arbeitsgruppe „Übergangsmanagement“ müssen ehrenamtliche Mitarbeiter im Justizvollzug jedoch grundsätzlich für
diese Aufgabe besonders geeignet und motiviert sein. Zudem muss es
sich um Personen handeln, die bereit sind, mit der Justiz zusammenzuarbeiten sowie sich beraten und qualifizieren zu lassen. Weitere allgemeine Anforderungen wären etwa Verlässlichkeit, Diskretion und konsequentes Vorgehen.
5.11.3.2 Einheitliche Vorbereitung auf die ehrenamtliche Tätigkeit im Justizvollzug
Ehrenamtliche Betreuer sind in den Justizvollzugsanstalten in unterschiedlicher Intensität und mit verschiedenen Aufgabenstellungen tätig.
Die Vorbereitung auf ihre Aufgaben erfolgt nicht nach einheitlichen Kriterien.
Unabhängig vom späteren Einsatz sollten ehrenamtliche Betreuer jedoch
nach möglichst einheitlichen Kriterien auf ihre Aufgabe vorbereitet werden. Die seitens der Landesarbeitsgemeinschaft ehrenamtliche Mitarbeiter im Strafvollzug Bayern e. V. seit vielen Jahren durchgeführten Vorbe-79-
reitungskurse haben sich nach Auffassung der Arbeitsgruppe bewährt
und insofern einen Maßstab gesetzt. Nach Auffassung der Arbeitsgruppe
wird es grundsätzlich für erstrebenswert erachtet, dass möglichst jeder
ehrenamtlich Betreuer, der erstmals im Vollzug tätig wird, einen - auch
von im Einzugsbereich einer Justizvollzugsanstalt tätigen anderen Trägern ehrenamtlichen Engagements im Justizvollzug angebotenen - Vorbereitungskurs mit entsprechender Intensität absolviert.
Ergänzend zu Nr. 1 Abs. 4 VV zu Art. 175 BayStVollzG wird eine weitergehende Information der ehrenamtlichen Mitarbeiter nach dem Beispiel
der „Sicherheitsunterweisung“ der Justizvollzugsanstalt München empfohlen (Anlage 10.12). Hierin sind neben einführenden Informationen sowohl zum bayerischen Justizvollzug als auch zum Aufbau und der Organisation einer Justizvollzugsanstalt insbesondere die wesentlichen Berufspflichten der Vollzugsbediensteten sowie einschlägige Dienstanweisungen der Justizvollzugsanstalt enthalten. Ein entsprechendes Informationspapier könnte seitens der Justizvollzugsanstalten um die jeweils getroffenen Einzelregelungen vor Ort ergänzt werden.
5.11.3.3 Ausbau des ehrenamtlichen Engagements
Die Kapazitäten der ehrenamtlichen Betreuer in Relation zur Belegungsfähigkeit der Justizvollzugsanstalten stellen sich im Landesvergleich zum
Teil sehr unterschiedlich dar. In einigen Justizvollzugsanstalten sind
überdurchschnittlich viele ehrenamtliche Betreuer aktiv, in verwaltungsmäßig angegliederten (kleineren) Anstalten sind teilweise nur sehr wenige tätig.
Der in der nachfolgenden grafischen Darstellung im roten Kästchen angegebene Wert entspricht dem Durchschnitt.
-80-
Die Arbeitsgruppe erachtet einen Ausbau der Kapazitäten vorrangig in
den Schwerpunktbereichen
 junge Gefangene (insbesondere zur Unterstützung bei der Integration
am Arbeitsmarkt),
-81-
 langstrafige Gefangene und Sicherungsverwahrte (vor dem Hintergrund des Abbruchs sozialer Beziehungen) sowie
 weibliche Gefangene (im Hinblick auf das Bestehen besonderer
Problemlagen)
für erstrebenswert.
Zur Gewinnung ehrenamtliche Tätiger hat sich nach Auffassung der Arbeitsgruppe die direkte Ansprache potentieller Interessenten über lokale
Tageszeitungen durch die LAG e.V. oder einen im örtlichen Einzugsbereich einer Justizvollzugsanstalt tätigen anderen Trägers ehrenamtlichen
Engagements in Justizvollzug oder die jeweilige Justizvollzugsanstalt in
der Vergangenheit bewährt. Um die Anzahl von ehrenamtlich Tätigen im
Justizvollzug aber auch in der Bewährungshilfe zu erweitern, bedarf es
nach Ansicht der Arbeitsgruppe regelmäßiger flächendeckender Werbung.
-82-
5.11.3.4 Datenerhebung
Die Zahl der ehrenamtlich Tätigen im bayerischen Justizvollzug wird seitens des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz alle zwei Jahre bei den Justizvollzugsanstalten erhoben. Die
aktuelle Übersicht weist den entsprechenden Stand vom 31. März 2011
aus. Sie differenziert zudem gemäß Nr. 1 Abs. 1 VV zu Art. 175 BayStVollzG zwischen „ehrenamtlichen Betreuern“ sowie „sonstiger ehrenamtlicher Tätigkeit in der Anstalt“. Im Rahmen einer Abfrage bei den Justizvollzugsanstalten durch die Arbeitsgruppe wurde deutlich, dass insofern
seitens der Justizvollzugsanstalten eine unterschiedliche Datenerfassung
erfolgt. Teilweise werden etwa Fachkräfte externer Stellen, welche
hauptamtlich in der Justizvollzugsanstalt tätig sind (z.B. Mitarbeiter der
Suchtberatungsstellen) in der Statistik geführt. Die Arbeitsgruppe empfiehlt die Ausarbeitung einer klaren Maßgabe für die Datenerhebung als
Grundlage für die Statistik unter Einbeziehung des Kriminologischen
Dienstes des Bayerischen Justizvollzugs. Zudem könnte die Übersicht
über die Zahl der ehrenamtlich Tätigen im bayerischen Justizvollzug um
die Angabe des konkreten Angebotes durch ehrenamtliche Mitarbeiter
ergänzt werden.
5.12
Weitere soziale Hilfen
Ziel der sozialen Hilfen für Gefangene ist nicht nur die erforderliche Unterstützung bei der Regelung der äußeren Angelegenheiten der Gefangenen, sondern auch die notwendige Hilfe zur Bewältigung persönlicher
Probleme. Soziale Hilfen für Gefangene sind nicht nur von den Bediensteten der Justizvollzugsanstalten zu leisten, sondern sind ein wichtiges
Anwendungsfeld der Zusammenarbeit nach Art. 175 Abs. 2 bis 4 BayStVollzG. Die sozialpädagogischen Hilfen der Justizvollzugsanstalten zur
Entlassung und im Rahmen des Übergangsmanagements sind ein wesentlicher Teil des Qualitäts-Handbuchs "Standards und Qualitätssicherung für die Sozialdienste bei den Justizvollzugsanstalten in Bayern".
-83-
5.12.1
Erreichte Optimierungen
5.12.1.1 Personalausweise für Gefangene
Mit JMS vom 21. Juni 2012, 4510 - VIIa - 2372/08, wurden die Anstalten
gebeten sicherzustellen, dass jeder Gefangene zum Zeitpunkt der Entlassung im Besitz von gültigen Personaldokumenten ist, um sich nach
der Haftentlassung bei notwendigen Ämtergängen ausweisen zu können.
5.12.1.2 Ehe- und Familienseminare
Ehe- und Familienseminare dienen der Aufrechterhaltung und Festigung
ehelicher bzw. partnerschaftlicher Beziehungen während der Haft. Sie
werden zum Teil als vollzugsinterne Seminare unter der Leitung verschiedener Fachdienste, teilweise in Zusammenarbeit mit externen Mitarbeitern von Ehe- und Familienberatungsstellen freier Träger angeboten. Für lockerungsgeeignete Gefangene besteht die Möglichkeit zur
Teilnahme an externen Familienseminaren, z. B. an Langzeitseminaren
mit einer Dauer von regelmäßig zehn Tagen und an den Wochenendeheseminaren von jeweils Freitag bis Sonntag.
Das ursprünglich nur im nordbayerischen Raum bestehende Angebot für
Familienseminare konnte auf den südbayerischen Raum ausgeweitet
werden.
-84-
5.13
Organisatorische Maßnahmen
5.13.1
Bestandsaufnahme
5.13.1.1 Runde Tische
Zur Optimierung der Entlassungsvorbereitung und zur besseren Verzahnung von Angeboten vor und nach der Entlassung von Gefangenen wurde vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz angeordnet, dass die Justizvollzugsanstalten regelmäßig sogenannte "runde Tische" anbieten sollen, bei denen Vertreter von Bewährungshilfe, psychotherapeutischen Fachambulanzen, Behörden, Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, Kirchen und Vereinen sowie Personen,
deren Einfluss die Eingliederung von Gefangenen fördern kann (z.B. ehrenamtliche Betreuer), mit Verantwortlichen der Anstalt zusammenkommen. Erfahrungen zeigen, dass sowohl grundsätzliche Fragen als auch
Probleme im Einzelfall im Rahmen dieser Treffen geklärt werden können.
Es werden Reibungsverluste vermieden und Synergieeffekte generiert.
5.13.1.2 Einführung von Qualitätsstandards und Qualitätssicherung
Standardisierung und Qualitätssicherung wurden für den Bereich der
Bewährungshilfe und für den Bereich des Sozialdienstes bei den Justizvollzugsanstalten erarbeitet.
Die Qualitätsstandards in der Bewährungshilfe beinhalten eine Reihe
von Festlegungen für die Behandlung von Risikoprobanden. Sie enthalten z.B. eine Kriterienliste als Arbeitsgrundlage für die Bewährungshelfer
bei der Einschätzung der Rückfallrisiken und Gefährdungsmomente. Risikoprobanden werden lediglich erfahrenen Bewährungshelfern unterstellt. Die Qualitätsstandards sehen keine spezialisierten Bewährungshelfer vor, wie sie etwa in Hessen für rückfallgefährdete Sexualstraftäter
eingesetzt werden. In den letzten Jahren sind alle bayerischen Bewährungshilfedienststellen im Umgang mit Sexualstraftätern fortgebildet worden.
-85-
Die von den Sozialarbeitern bei den Justizvollzugsanstalten umzusetzenden Qualitätsstandards sind in den Schlüsselprozessen eines
Qualitätshandbuchs dokumentiert. Im Abschnitt "Konkrete Entlassungsvorbereitung" werden Qualitätsstandards der Umsetzung und Indikatoren
der Zielerreichung für das Übergangsmanagement beschrieben. Durchgängiges Qualitätsmerkmal der konkreten Entlassungsvorbereitung ist
die bei Bedarf einzuleitende Vernetzung mit den jeweils relevanten Hilfesystemen außerhalb des Vollzugs (staatliche Stellen, freie Träger, Ehrenamtliche).
5.13.1.3 Fachliche Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Jugendstrafvollzug
Der Landesjugendhilfeausschuss hat am 11. März 2010 fachliche Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Jugendstrafvollzug
beschlossen, welche die Zusammenarbeit aller mit der Betreuung und
Eingliederung von Jugendstrafgefangenen befassten Stellen vereinheitlichen und intensivieren sollen. An der Erarbeitung dieser Empfehlungen
durch einen ad-hoc-Ausschuss des Landesjugendhilfeausschusses waren auch der Leiter der Arbeitsgruppe "Übergangsmanagement“ und weitere Vertreter des bayerischen Justizvollzugs beteiligt.
Die Handlungsempfehlungen beschreiben standardisierte Verfahrensabläufe, die ein gelingendes Miteinander der Kooperationspartner ermöglichen sollen. Dazu dienen u. a. die Darstellung der gesetzlichen Arbeitsgrundlagen, sowie deren Ausführungsbestimmungen und die Interpretation fachlich-qualitativer Standards. Die Empfehlungen betonen, dass die
Vorbereitung der Wiedereingliederung mit dem Tag der Aufnahme in den
Vollzug beginnt und Themen wie Schulabschluss und Berufsausbildung
höchste Priorität haben. Der besondere Schwerpunkt der Empfehlungen
liegt dabei insbesondere auf der Betreuung schon im Vollzug sowie der
Entlassungsvorbereitung und der Gewährung weiterführender Hilfen im
Sinne eines umfassenden Übergangsmanagements durch Justizvollzugsanstalt sowie Bewährungshilfe, Jugendämter, Strafentlassenenhilfe,
Sozialämter und Bezirke, Arbeitsverwaltung einschließlich "Jobcenter".
-86-
5.13.1.4 Haft-Entlassenen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter (HEADS)
Wie bereits ausgeführt, gehört zu einem optimalen Übergangsmanagement im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit zwingend auch die
Überwachung von Gefangenen mit hohem Risikopotential, insbesondere
von
Sexualstraftätern.
In
diesem
Zusammenhang
ist
die
Haft-
Entlassenen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter (HEADS) zu nennen.
Seit dem 1. Oktober 2006 findet ein Informationsaustausch zwischen
Justiz, Polizei und Maßregelvollzug über entlassene rückfallgefährdete
Sexualstraftäter, die unter Führungsaufsicht oder Bewährung stehen,
statt. Die zuständige Staatsanwaltschaft unterrichtet die Zentralstelle
HEADS vor der Entlassung und übermittelt die für die polizeiliche Bewertung erforderlichen Unterlagen. Eine Evaluation der bisherigen Umsetzung des Konzepts HEADS hat ergeben, dass dieses als Erfolg bezeichnet werden kann. Das Risikomanagement im Zusammenhang mit gefährlichen Sexualstraftaten wurde insoweit entscheidend verbessert, denn
deren Überwachung kann nun deutlich intensiver und engmaschiger
durchgeführt werden. Als besonders wirkungsvoll haben sich dabei die
durchführten Gefährder- und Gefährdetenansprachen sowie die Einrichtung "runder Tische" erwiesen.
5.13.1.5 Entlassung von Gefangenen mit besonders hohem Risikopotential
Speziell im Zusammenhang mit der Entlassung von Gefangenen mit besonders hohem Risikopotential, insbesondere von Sexualstraftätern, bedarf es - auch im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit - weiterer
flankierender Maßnahmen im Rahmen des Übergangsmanagements.
So ist für den Eintritt der Führungsaufsicht bei gefährlichen (Sexual-)
Straftätern angeordnet, dass die Möglichkeiten, welche die Führungsaufsicht bietet, frühzeitig und umfassend ausgeschöpft werden, um "Betreuungslücken" für den kritischen und besonders betreuungsintensiven Zeitraum unmittelbar nach der Entlassung zu vermeiden. Die Vollstreckungsbehörde hat für eine frühzeitige Einleitung der Führungsaufsicht
-87-
zu sorgen. Die Justizvollzugsanstalt unterbreitet hierfür im Rahmen ihrer
Anhörung zugleich einen begründeten Vorschlag zur Erteilung von Weisungen nach § 68 b StGB, wenn sie bestimmte Weisungen aufgrund der
bei der Behandlung der Gefangenen im Vollzug gewonnenen Erkenntnisse für sachgerecht hält. Dabei ist es in der Regel angezeigt, dass die
Anstalt bereits vorher mit der Bewährungshilfe Kontakt aufnimmt, um die
angeregten Weisungen abzustimmen.
Bei der Anregung von Weisungen ist u. a. stets zu prüfen, ob eine Therapieweisung in Betracht kommt. Eine solche kann insbesondere dann
angezeigt sein, wenn der Verurteilte bereits während der Haft eine Therapie begonnen, aber noch nicht abgeschlossen hat oder eine für notwendig erachtete Therapie während der Haft verweigert oder abgebrochen hat. Soweit erforderlich, nimmt die Justizvollzugsanstalt zur Entlassungsvorbereitung insbesondere mit der Bewährungshilfe, den Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht und den Einrichtungen der Strafentlassenenhilfe frühzeitig Kontakt auf. Bedarf ein Gefangener nach seiner Entlassung aus Sicht der Justizvollzugsanstalt einer nachgehenden
therapeutischen Behandlung, setzt sich die Justizvollzugsanstalt so frühzeitig mit dem Leiter der in Betracht kommenden externen Therapiestelle
oder einem externen Therapeuten in Verbindung, dass der Gefangene
möglichst zeitnah nach seiner Entlassung dort die Behandlung fortsetzen
kann.
Eine solche Therapie kann beispielsweise in den psychotherapeutischen
Fachambulanzen erfolgen. Psychotherapeutische Fachambulanzen für
Sexualstraftäter wurden bereits in München, Nürnberg und Würzburg
eingerichtet, denen vom Gericht im Rahmen der Führungsaufsicht oder
Strafaussetzung zur Bewährung zur Vermeidung von Rückfalltaten eine
Therapie- und/oder Vorstellungsweisung erteilt worden ist; eine Erweiterung des Behandlungsangebots der psychotherapeutischen Fachambulanz auf gefährliche Gewaltstraftäter ist geplant.
-88-
5.13.2
Empfehlungen der Arbeitsgruppe
5.13.2.1 Datenvernetzung
Die Arbeitsgruppe schlägt vor, Checklisten einzuführen sowie die Verwaltungsabläufe verstärkt mit EDV-Unterstützung zu erledigen, um Verfahrensweisen in den Justizvollzugsanstalten zu standardisieren und damit
auch die Zusammenarbeit mit den Externen zu optimieren. Als weiterer
Schritt könnte eine Schnittstelle zwischen dem in der Bewährungshilfe
eingesetzten Verfahren SoPart zu dem vom Justizvollzug verwendete
Verfahren IT-Vollzug geschaffen werden, um eine einheitliche Datenbasis in Justizvollzug und Bewährungshilfe zu schaffen. Hierbei wäre insbesondere von Vorteil, dass die Daten der Probanden von den einzelnen
Akteuren nicht mehrfach und damit zeitaufwendig erhoben werden müssten.
6.
Zusammenarbeit mit den Verbänden der freien
Wohlfahrtspflege
6.1
Zusammenarbeit
Die bayerischen Justizvollzugsanstalten arbeiten eng und vertrauensvoll
mit den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege bei der Wiedereingliederung der Gefangenen zusammen. Die Betreuung der Gefangenen während der Haft durch karitative Einrichtungen hat im bayerischen Justizvollzug einen hohen Stellenwert. Ein umfangreiches Hilfeangebot wird
vorgehalten. Das Angebot ist als ganzheitliche und durchgängige Hilfe
organisiert und umfasst alle Maßnahmen zur Stärkung und Förderung
der persönlichen Fähigkeiten. Folgende Hilfeangebote sind exemplarisch
zu nennen: Durchführung von Ehe-, Partnerschafts- und Familienseminaren innerhalb und außerhalb der Justizvollzugsanstalten, Betreuung
suchtabhängiger und suchtgefährdeter Gefangener, Beratung und Betreuung von Gefangenen in Einzelfragen, insbesondere auch in Konfliktsituationen, Vermittlung von Gefangenen in trägereigene Wohneinrich-89-
tungen, Schuldnerberatung, Anti-Gewalt-Training, Gesprächsgruppen,
Freizeitkurse, Begleitung von Gefangenen bei Ausgängen.
6.2
Online-Beratungsangebote
Verbände der freien Wohlfahrtspflege unterhalten im Rahmen ihrer Internetauftritte umfangreiche Online-Beratungsangebote, die Hilfesuchenden
ebenso wie Auskunftspersonen als Orientierungshilfe und Informationsquelle dienlich sein können. Die Internetseite der Landesarbeitsgemeinschaft ehrenamtlicher Mitarbeiter im Strafvollzug Bayern e.V.
http://www.ehrenamt-im-strafvollzug.de bietet hierzu eine Fülle weiterführender Links.
7.
Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e. V. (BayLGB)
7.1
Organisation
Besonders erwähnenswert ist u. a. die Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V.
(BayLGB). Er ist ein justiznaher Träger der Straffälligenhilfe. Der BayLGB
ist landesweit nahezu die einzige Organisation, die ausschließlich Aufgaben der sozialen Hilfe für Gefangene und Strafentlassene erfüllt. Mit seinen vielfältigen Aufgaben trägt er zur Integration Straffälliger und damit
zur Sicherheit der Allgemeinheit bei.
Der Landesverband gliedert sich in 21 Bezirksvereine, die den größeren
bayerischen Justizvollzugsanstalten zugeordnet sind. Nahezu bei allen
übrigen bayerischen Justizvollzugsanstalten sind Bezirksstellen eingerichtet, die Bezirksvereinen angegliedert sind. Bezirksvereine und Bezirksstellen üben die unmittelbare Fürsorgetätigkeit aus. Vorsitzender
des Bezirksvereins ist der jeweilige Leiter der Justizvollzugsanstalt.
-90-
Der Landesverband betreut in mehreren Städten derzeit 24 Wohnprojekte. Er ist Träger zahlreicher schulischer und beruflicher Bildungsmaßnahmen für Gefangene und erfüllt weitere wichtige Aufgaben der sozialen Hilfe für Gefangene und Strafentlassene. Ferner unterstützt er die
Bewährungshilfe, Führungsaufsicht und Gerichtshilfe.
7.2
Aufgaben
Der Landesverband erfüllt in Bayern Aufgaben der sozialen Hilfe für Gefangene und Strafentlassene. Er unterstützt ferner die Bewährungshilfe,
die Führungsaufsicht und die Gerichtshilfe.
Besondere Aufgabenschwerpunkte sind derzeit
 Überlassung von Wohnraum an Strafentlassene und Probanden der
Bewährungshilfe,
 Übernahme der Trägerschaft für schulische und berufliche Bildungsmaßnahmen für Gefangene,
 Einrichtung und Unterhaltung von zentralen Anlaufstellen für Strafentlassene,
 Unterstützung von Straffälligen bei der Bewältigung ihrer wirtschaftlichen Notlagen durch Übernahme von Bürgschaften und Ausreichung
von Darlehen,
 Zusammenarbeit mit und Unterstützung der Bewährungshilfe sowie
von Einrichtungen der Straffälligenhilfe.
-91-
7.3
Engagement
Der Landesverband
 betreut in Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Donauwörth, Erlangen,
Fürth, Kolbermoor, München, Regensburg, Rosenheim, Straubing,
Weiden und Würzburg 24 Wohnprojekte. Insgesamt stehen 54
Wohnplätze für Haftentlassene und Probanden der Bewährungshilfe
zur Verfügung. Die Wohnplätze werden von hauptamtlichen Kräften
des Landesverbands, von ehrenamtlichen Mitarbeitern, von Bewährungshelfern oder örtlichen Vereinen der Straffälligenhilfe unter Mitwirkung der jeweiligen Justizvollzugsanstalt betreut,
 ist Träger zahlreicher schulischer und beruflicher Bildungsmaßnahmen für Gefangene in Justizvollzugsanstalten,
 unterhält zusammen mit anderen Trägern zentrale Beratungsstellen
für Strafentlassene in München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg und leistet einen entscheidenden Beitrag zu deren Finanzierung,
 ist Träger eines Resozialisierungsfonds zur Förderung der wirtschaftlichen Wiedereingliederung von Straffälligen,
 stellt den Bewährungshelfern Mittel für die wirtschaftliche Unterstützung ihrer Probanden zur Verfügung,
 fördert die Durchführung von Ehe- und Familienseminaren für Strafgefangene und deren Angehörige,
 übernimmt die nicht gedeckten Kosten bei der Therapie gewaltbereiter Täter.
Seit Bestehen des Resozialisierungsfonds (1986) wurden mit Unterstützung des BayLGB Schulden in Höhe von über 12 Millionen € reguliert.
Auf diese Weise wurden mehr als 700 Straffällige bei der Bewältigung ihrer wirtschaftlichen Notlagen und damit bei ihrer Wiedereingliederung gefördert.
-92-
7.4
Finanzierung
Der Landesverband ist in finanzieller Hinsicht entscheidend auf Spenden
und die Zuweisung von Geldbußen durch die Gerichte und Staatsanwaltschaften angewiesen. Er erhält ferner jährlich einen Zuschuss aus Haushaltsmitteln des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.
Der Bayerische Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. leistet mit seinen sozialen Hilfen einen wichtigen Beitrag
zur Sicherheit der Allgemeinheit, indem er zur Verhinderung der Rückfälligkeit von Straftätern beiträgt. Jede finanzielle Zuwendung an den Landesverband kommt unmittelbar den hilfsbedürftigen Straffälligen zugute
und fördert deren Wiedereingliederung in die Gesellschaft.
8.
Finanzierung von Leistungen im Rahmen des
Übergangsmanagements
8.1
Staatliche Finanzierung
Bei den Diskussionen im Bereich des Übergangsmanagements wird immer wieder die Frage der Finanzierung aufgeworfen. Die Träger der öffentlichen und freien Straffälligenhilfe erheben immer wieder die Forderung nach staatlicher Unterstützung und Förderung.
Bereits bei der Behandlung des Antrags der Abgeordneten Margarete
Bause u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 13. Juli
2010, LT-Drs. 16/5606, betreffend "Übergangsmanagement ausbauen!",
wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung,
Familie und Frauen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die gegebenenfalls nach der Haft erforderliche Betreuung und Unterstützung von
Strafentlassenen den Behörden und Einrichtungen, die jede andere Bürgerin oder jeder andere Bürger auch in Anspruch nehmen kann, insbesondere den Sozialhilfeträgern obliegt, soweit nicht das Bayerische
-93-
Strafvollzugsgesetz ausdrücklich hiervon Ausnahmen vorsieht, wie z. B.
bei der vorübergehenden Aufnahme von früheren Gefangenen in die sozialtherapeutische Einrichtung gemäß Art. 120 BayStVollzG. Die finanzielle Unterstützung der Tätigkeit der Einrichtungen der Strafentlassenenhilfe kann allenfalls durch andere Ressorts erfolgen, wie z. B. die Förderung der externen Suchtberatung durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit oder der Ehe- und Familienseminare
durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung,
Familie und Frauen.
Strafentlassene und deren Angehörige gehören zum Personenkreis im
Sinne des § 67 SGB XII, der von den Sozialhilfeträgern zu betreuen ist.
In § 1 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten wird ausdrücklich auf die sozialen Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit der Straffälligkeit vorliegen, hingewiesen. Zu dem Hilfeangebot zählen insbesondere Beratung
und persönliche Unterstützung für die Hilfesuchenden und für ihre Angehörigen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung, bei der Vermittlung in Ausbildung, bei der Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes sowie bei Aufbau und Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen
und der Gestaltung des Alltags. In der Beratung und Unterstützung können auch die Verbände der freien Wohlfahrtspflege einbezogen werden
(§ 11 Abs. 5 SGB XII).
Die Feststellung des im Einzelfall bestehenden Bedarfs und die Leistungserbringung obliegen ausschließlich den Sozialhilfeträgern. Diese
können sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben allerdings der Hilfe Dritter,
insbesondere gemeinnütziger Träger, bedienen. Die Träger der Sozialhilfe handeln im eigenen Wirkungskreis und unterliegen daher keinen fachlichen Weisungen des Staates. Der Staat kann den Trägern der Sozialhilfe keine Vorgaben machen, wie sie ihre Aufgaben erfüllen. Er kann allenfalls Anregungen geben oder Empfehlungen aussprechen. Nur wenn die
Aufgaben nicht oder nicht in ordnungsgemäßer Weise erfüllt werden,
kann der Staat eingreifen. In jedem Fall liegt die Verantwortung für die
konkrete Aufgabenerfüllung beim Sozialhilfeträger, unabhängig davon,
ob er die Aufgaben selbst erfüllt oder sich der Hilfe Dritter bedient.
-94-
Die Sozialhilfeträger entscheiden eigenverantwortlich, ob sie bei ihrer
Aufgabenerfüllung auf Einrichtungen der Freien Straffälligenhilfe zurückgreifen. Ihnen obliegt es auch, in ihrem Zuständigkeitsbereich den Bedarf
an Einrichtungen und Diensten zu ermitteln und die notwendige Infrastruktur - selbst oder mit Hilfe Dritter - zu schaffen und vorzuhalten.
Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie
und Frauen hat dem Caritasverband und dem Diakonischen Werk anlässlich der Übersendung des Positionspapiers "Übergangsmanagement
- Übergänge von der Haft in die Freiheit gemeinsam erfolgreich gestalten" am 24. August 2010 u. a. mitgeteilt, dass sich der Freistaat Bayern
für nicht unmittelbar zuständig sieht, die Hilfeangebote den Haftentlassenen zur Verfügung zu stellen, sondern es vielmehr die Träger der Sozialhilfe sind, die sich dieser Aufgabe stellen müssen. Das Bayerische
Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen hat
gebeten, das Positionspapier zunächst den Kommunalen Spitzenverbänden vorzustellen und mit diesen zu diskutieren. Es hat sich ferner bereit erklärt, alle betroffenen Institutionen (Kommunale Spitzenverbände,
Justizministerium) einzuladen, wenn eine Lösung nur durch ein moderierendes Gespräch möglich ist.
8.2
Förderungsmöglichkeiten durch den Europäischen Sozialfonds (ESF)
In verschiedenen Bereichen wird zur Finanzierung von vollzuglichen
Maßnahmen auf Fördermöglichkeiten des Europäischen Sozialfonds zurückgegriffen.
-95-
8.2.1
Reso-Nordverbund (Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein)
Die Justizministerien von Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben sich
zum "Reso-Nordverbund" zusammengeschlossen.
Die Kooperation betrifft die Bereiche Bildung, Ausbildung und arbeitsmarktpolitische Programme zur beruflichen und sozialen Integration von
Straffälligen und Haftentlassenen. Ziel ist es, auf der Grundlage der Fördervorgaben (Europäischer Sozialfonds, Sozialgesetzbücher II und III)
Standards zur Verbesserung der Bildungs- und Arbeitsintegration von
Straffälligen zu entwickeln und vor Ort zu erproben. Dies umfasst auch
Maßnahmen im Anschluss an die Haftverbüßung. Die Herstellung der
nötigen Infrastruktur erfolgt durch verschiedene Projekte in den Bereichen:
 Interner Transfer (Wissenstransfer, Wissensmanagement)
 Evaluation und Monitoring, Bildungscontrolling
 Maßnahmen auf Basis von SGB II und III
 Umsetzung und Ausbau des e-learning im Strafvollzug.
8.2.2
Südwestverbund (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland)
Die Justizministerien von Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland haben
sich zu einem "Südwestverbund" zusammengeschlossen, dessen Ziel
die gemeinsame Durchführung innovativer Projekte im Strafvollzug ist.
Bislang wird im Südwestverbund soweit bekannt lediglich das Projekt
"Nachqualifizierung von Strafgefangenen im Südwestverbund" durchgeführt.
Durch das Projekt soll der Strukturaufbau für die Nachqualifizierung von
Strafgefangenen auf politischer, anstaltsbezogener und individueller
Ebene in den Regionen gefördert werden. Ziel ist es, Anschlussperspektiven zu schaffen, an welche die Inhaftierten mit Kompetenzen anknüpfen
können, die sie vor und während der Haft erworben haben. Dafür werden
-96-
Kooperationsbeziehungen zu Netzwerken ausgebaut und bestehende
Angebote, Verfahrensweisen und Förderinstrumente für die Nachqualifizierung genutzt. Dabei stehen folgenden Aufgaben im Zentrum:
 Erhebung vorhandener Qualifizierungsangebote bzgl. ihrer Anwendbarkeit für Nachqualifizierung sowie Erhebung und Analyse des
Nachqualifizierungsbedarfs der Straffälligen
 Beratung und Fortbildung der JVA-Mitarbeitenden und der Fachdienste Motivierung der Betroffenen zur Nachqualifizierung, Ausweitung des Berufsspektrums
 Initiierung von Qualifizierungsangeboten, die anschlussfähig im Förderrahmen von SGB II / III in und außerhalb der Justizvollzugsanstalten durchgeführt werden
 Ansprache und Sensibilisierung von JVA-internen und externen Unternehmen zum Thema Nachqualifizierung von Häftlingen und Haftentlassenen
 Vernetzung und Abstimmung von Zuständigkeiten, Verfahrens- und
Qualitätsstandards mit den zuständigen Institutionen und deren Beratung zum Handlungsfeld Nachqualifizierung
 Öffnung von Zugängen zur abschlussorientierten Nachqualifizierung
für Straffällige mit und ohne Migrationshintergrund sowie für Männer
und Frauen auf konzeptioneller, organisatorischer und Verfahrensebene.
Das Projekt beinhaltet eine Abstimmung mit Arbeitsagenturen, Kammern,
Jobcentern und Bildungsträgern und greift die Erfahrungen anderer Projekte zur Nachqualifizierung auf und kooperiert mit dem Übergangsmanagement des Erwachsenenvollzugs.
Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik GmbH (INBAS) in neun Justizvollzugsanstalten, davon einer Jugendstrafvollzugsanstalt, durchgeführt und
aus dem Bundesprogramm "Perspektive Berufsabschluss" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit Mitteln des Europäischen
Sozialfonds sowie Bundesmitteln finanziert
-97-
8.2.3
Andere Länder
Die übrigen Länder nehmen, soweit ersichtlich, ohne länderübergreifende Kooperationen in verschiedenem Umfang an den Fördermöglichkeiten
des Europäischen Sozialfonds teil.
8.2.4
Bayern
In der aktuellen Förderperiode 2007 bis 2013 war es dem Bayerischen
Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz erstmals möglich, Fördermittel des Europäischen Sozialfonds für die Durchführung von
Projekten im bayerischen Justizvollzug zu erlangen. Mit den dem Bund
zugewiesenen ESF-Fördermitteln werden die oben bereits beschriebenen Projekte "MIGRA Plus" und "FREI" sowie bei positivem Verlauf des
Genehmigungsverfahrens mit den dem Freistaat Bayern zugewiesenen
ESF-Mitteln das Projekt "Brücken-Bau" im bayerischen Justizvollzug gefördert.
Das Projekt "Leonhard" wurde zunächst ausschließlich durch private Mittel der Gründer, Herrn Dr. Jopen (langjähriger Unternehmer und ehemaliger Dozent der TU München im Bereich Unternehmensgründung) und
seiner Tochter, Frau Jopen, sowie privat eingeworbener Spenden finanziert. Zwischenzeitlich erfolgt eine Förderung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen.
Das bayerische Projekt "FREI" entspricht dabei im Wesentlichen dem im
Südwestverbund durchgeführten Projekt "Nachqualifizierung von Strafgefangenen im Südwestverbund"; beide werden aus demselben Bundesprogramm "Perspektive Berufsabschluss" gefördert.
-98-
8.2.5
Bewertung der ESF-Fördermöglichkeiten
Die bayerischen Erfahrungen mit den Fördermöglichkeiten des Europäischen Sozialfonds zeigen, dass diese mit einem äußerst hohen Aufwand
verbunden sind. Die Europäische Union stellt hohe Anforderungen beispielsweise an Antragstellung, Verwendungsnachweise und Kontrollmöglichkeiten.
Zugleich stellen die Fördermöglichkeiten aus dem Europäischen Sozialfonds wegen der Notwendigkeit einer nationalen Kofinanzierung der Projekte in unterschiedlicher Höhe (bis zu 50%) durchaus keine Gratisfinanzierung dar. Da eine rein technische Kofinanzierung beispielsweise durch
die Anrechnung von Haftkostensätzen nur eingeschränkt möglich ist,
muss auch bei einer ESF-Förderung normalerweise stets ein anderweitiger Mittelzufluss sichergestellt werden.
Darüber hinaus birgt speziell die in den Ländern des "Nordverbunds"
durchgeführte intensive Verknüpfung von vollzuglichen Maßnahmen im
Bereich der schulischen und beruflichen Bildung der Gefangenen eine
nicht zu unterschätzende Gefahr in sich: Einerseits gibt es auf europäischer Ebene Bestrebungen, die Fördervolumina des Europäischen Sozialfonds zugunsten anderer Strukturfonds zu beschneiden. Vor diesem
Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die aktuellen
Fördermittel auch in zukünftigen Förderperioden in gleichem Umfang zur
Verfügung stehen werden. Andererseits ist auch eine Verlagerung der
Förderschwerpunkte festzustellen: Im Vergleich zum vergangenen Förderzeitraum ist eine deutliche Schwerpunktverlagerung aus Konvergenzgründen in Richtung Osteuropa festzustellen, die sich tendenziell auch
angesichts künftiger Erweiterungspläne der Europäischen Union zu Lasten Deutschlands fortsetzen dürfte. Das bedeutet, dass schon aus diesem Grund die Fördervolumina, welche Deutschland zur Verfügung stehen, weiter zurückgehen werden. Die Konsequenz für diejenigen Länder,
welche für ihre vollzuglichen Maßnahmen im Schwerpunkt allein auf die
ESF-Förderung stützen, wird sein, dass langfristig deren Projekte im bisher praktizierten Umfang kaum mehr durchführbar bzw. finanzierbar sein
werden.
-99-
Um insoweit von den letztlich durch die Staatsregierung kaum beeinflussbaren Entwicklungen auf europäischer Ebene unabhängig zu sein,
werden im bayerischen Justizvollzug insbesondere Projekte im Bereich
der schulischen und beruflichen Bildung regelmäßig im klassischen Wege durch den Staatshaushalt finanziert. Dies ermöglicht dem bayerischen
Justizvollzug die kontinuierliche und zielgerichtete Durchführung sinnvoller Maßnahmen auch und gerade im Bereich des Übergangsmanagements. Von besonderer Bedeutung ist dabei insbesondere auch die
Schaffung entsprechender Planstellen im Justizvollzug. Von den insgesamt 5.405 Planstellen im bayerischen Justizvollzug sind 52 Planstellen
solche für Lehrer und 483 solche für den Werkdienst. Gerade der Werkdienst, also die Beschäftigung von Handwerksmeistern in den Anstaltsbetrieben insbesondere zur Ausbildung von Gefangenen, stellt aus hiesiger Sicht angesichts des niedrigen Ausbildungsstandes der Gefangenen
(rund 30% der bayerischen Gefangenen verfügen bei Haftantritt über
keine abgeschlossene Schulbildung, rund 50% über keine abgeschlossene Berufsausbildung) ein bedeutsames Element dar, welches den
Übergang in ein Leben ohne Straftaten massiv erleichtern kann. Viele
andere Länder kennen den Einsatz eines speziellen Werkdienstes demgegenüber nicht und kaufen stattdessen insoweit externe Leistungen ein.
Insgesamt ist festzustellen, dass der Einsatz von ESF-Fördermitteln aus
fachlicher Sicht durchaus geeignet ist, Modell- und Leuchtturmprojekte
durch eine zeitlich begrenzte Anfinanzierung auf den Weg zu bringen.
Angesichts der Unwägbarkeiten der Entwicklungen auf europäischer
Ebene sind ESF-Fördermittel aber für die dauerhafte Finanzierung von
Projekten weniger geeignet.
-100-
9.
Resümee
Als Resümee kann festgehalten werden, dass in den bayerischen
Justizvollzugsanstalten je nach Größe und Zuständigkeit eine Vielfalt von Angeboten zur Entlassungsvorbereitung und zur Planung
des Übergangs aller Verurteilten in die Freiheit auf breiter Ebene
vorhanden ist, ohne dass diese bislang immer unter dem Begriff
Übergangsmanagement erfasst worden sind.
Es gilt, durch Abstimmung der verschiedenen Prozesse und enge Kooperation aller Beteiligter die Hilfeangebote zu vernetzen und etwaige
Schnittstellenprobleme zu vermeiden, um damit den Übergang der Inhaftierten nach der Entlassung zu erleichtern und zu optimieren.
Die während des Vollzugs bewährte Zusammenarbeit mit den Verbänden
der freien Wohlfahrtspflege, den ehrenamtlichen Betreuern und allen bei
der Betreuung Gefangener engagierten Einrichtungen und Institutionen
wird nach der Entlassung der Gefangenen fortgesetzt. Zu nennen sind
insbesondere die Zentralstellen für Straffälligenhilfe, die während der
Haft Kontakt zu den Gefangenen aufnehmen und nach deren Entlassung
die Betreuung nahtlos fortsetzen. Damit wird eine durchgängige Hilfeleistung erbracht und Lücken in der Stabilisierung Straffälliger vermieden.
-101-
10.
Anlagen
10.1
Kooperationsvereinbarung zwischen dem Staatsministerium der
Justiz und für Verbraucherschutz und der Regionaldirektion Bayern
der Bundesagentur für Arbeit
10.2
Abfragematrix Wohneinrichtungen für Haftentlassene
10.3
Übersichtliste der Wohnprojekte und Wohnplätze des Bayerischen
Landesverbands für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V.
10.4
Beschreibung der Entlassströme aus bayerischen Justizvollzugsanstalten für das Jahr 2011
10.5
"Erste-Hilfe"-Mappe des Vereins "Bremische Straffälligenbetreuung"
10.6
"Schulden und Inhaftierung - Eine Broschüre für überschuldete Gefangene"
10.7
Entscheidungsbäume zum Krankenversicherungsschutz nach der
Haft
10.8
Musterschreiben Krankenversicherungsschutz nach der Haft (Justizvollzugsanstalt Amberg)
10.9
JMS "Leistungen des Justizvollzugs zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit der externen Suchtberatung"
10.10
Broschüre "Informationen zur ehrenamtlichen Tätigkeit im Strafvollzug"
10.11
Broschüre "Merkblatt über die ehrenamtliche Tätigkeit in der Bewährungshilfe"
10.12
„Sicherheitsunterweisung“ der Justizvollzugsanstalt München
-102-
e
Bundesagentur f ür Arbeit
Bayerisches Staatsministerium der
Justiz und für Verbraucherschutz
Regionaldirektion Bayern
Kooperationsvereinbarung
zwischen
dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
und
der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit
-2-
1.
Präambel
Nach Art. 39 Abs. 2 Satz 2 Bayerisches Strafvollzugsgesetz (BayStVollzG) trägt
die Justizvollzugsanstalt im Zusammenwirken mit den Vereinigungen und Stellen
des Arbeits- und Wirtschaftslebens dazu bei, dass die Gefangenen beruflich
gefördert, beraten und vermittelt werden. Die Justizvollzugsanstalt stellt durch
geeignete organisatorische Maßnahmen sicher, dass die Bundesagentur für Arbeit
die ihr obliegenden Aufgaben wie Berufsberatung , Ausbildungsvermittlung und
Arbeitsvermittlung durchführen kann (Art. 175 Abs. 3 BayStVollzG).
In
Bayern existieren
36 Justizvollzugsanstalten und derzeit vier Zentrale
Beratungsstellen für Straffälligenhilfe; zwei weitere Zentrale Beratungsstellen
sollen gegründet werden. In den Justizvollzugsanstalten werden jährlich in mehr
als 60 Berufen anerkannte Ausbildungsmaßnahmen durchgeführt. Für eine
dauerhafte (Re-)lntegration in die Gesellschaft sollen Gefangene an eine
Lebensführung ohne Straftaten, eine wirtschaftlich ergiebige Arbeit und eine
nachhaltige Platzierung am Arbeitsmarkt herangeführt werden .
Die
(Wieder-)
Eingliederung
Strafentlassener
in
die
Gesellschaft
hängt
entscheidend davon ab, dass ihre Integration in den Arbeitsmarkt zeitnah zur
Entlassung gelingt und so die Rückfallwahrscheinlichkeit erheblich sinkt. Durch die
Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit nach der Haft wird damit ein wertvoller
Beitrag für die Sicherheit der Bevölkerung geleistet.
Die erfolgreiche Resozialisierung ist somit Aufgabe aller Partner und Akteure auf
dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, insbesondere des Justizvollzugs und der
Bundesagentur für Arbeit.
-3-
II.
Ziel und Umsetzung
Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und die
Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit vereinbaren daher eine
enge Zusammenarbeit zur Schaffung einer flächendeckenden Struktur im Rahmen
des Übergangsmanagements von der Haft in die Freiheit. Zur lückenlosen
Platzierung Haftentlassener am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt soll Folgendes
sichergestellt werden :
1. Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen der Agentur für Arbeit, den
Jobcentern und den Justizvollzugsanstalten
a) Während der Haft obliegt die Beratung und Vermittlung der Agentur für
Arbeit am Ort der Justizvollzugsanstalten (im Folgenden örtliche
Agentur/en für Arbeit) . Im Übrigen ist für die Erbringung von Leistungen die
Bestimmung des§ 22 Abs.3 SGB III maßgeblich. Nach der Haftentlassung
gilt hinsichtlich der Zuständigkeit für den Vollzug der Rechtsvorschriften
des SGB II und SGB III das Wohnortprinzip.
b) Alle Agenturen für Arbeit und Justizvollzugsanstalten benennen jeweils
konkrete Ansprechpersonen (mit direkter Telefonnummer und E - Mail
Adresse) für das Übergangsmanagement. Diese stellen die direkte
Kommunikation zwischen den Justizvollzugsanstalten und den örtlichen
Agenturen für Arbeit sicher. Eine Weitergabe der Kontaktdaten der
Ansprechpartner an Dritte findet nicht statt.
c) Die Justizvollzugsanstalten stellen den örtlichen Agenturen für Arbeit einen
geeignet ausgestatteten Büroraum zur Verfügung und gestatten das
Mitführen und die Nutzung eines UMTS - fähigen Kommunikationsgerätes
für einen Zugriff auf das Netzwerk der Bundesagentur für Arbeit
ausschließlich durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Agenturen für
Arbeit.
d) Die örtlichen Agenturen für Arbeit beraten die Justizvollzugsanstalten
hinsichtlich
der
Arbeitsmarktrelevanz
Qualifizierungsportfolios.
des
justizvollzugsspezifischen
-4-
e) Das
Qualifizierungsportfolio
Justizvollzugsanstalten
werden
und
Übergangsmanagement
durch
das
Instrumentarium
der
der
Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der gesetzlichen Regelungen
ergänzt.
f)
Die Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit versorgt die
Justizvollzugsanstalten
mit
aktuellen
berufskundlichen
Medien
und
unterstützt die Justizvollzugsanstalten hinsichtlich des Zugriffs auf digitale
Informationsquellen der Bundesagentur für Arbeit.
g) Die Justizvollzugsanstalten bieten bedarfsbezogen und in Abstimmung mit
den Agenturen für Arbeit vollzugsspezifische Einweisungen für die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agenturen für Arbeit an.
h) Es werden Veranstaltungen zum gegenseitigen Informationsaustausch
nach regelmäßigem Turnus vereinbart.
2.
Beratungs- und Vermittlungsangebote für Gefangene
a) Die Gefangenen können spätestens ab dem sechsten Monat vor der
voraussichtlichen
Entlassung
das
Dienstleistungsangebot
der
Bundesagentur für Arbeit (z.B. Beratung, Vermittlungsvorbereitung) in
Anspruch nehmen. Bei einer Vollzugsdauer bis zu sechs Monaten erfolgt
das Beratungsgespräch zeitnah zum Beratungswunsch der Gefangenen .
b) Die örtlichen Agenturen für Arbeit sollen Vermittlungsaktivitäten für
Gefangene unter Berücksichtigung der Marktgegebenheiten in einem
angemessenen Zeitraum noch während der Haft einleiten.
c) Die örtlichen Agenturen für Arbeit bieten regelmäßige Sprechstunden in
den
Justizvollzugsanstalten
an .
Ausgestaltung
und
Häufigkeit
der
Sprechstunden werden zwischen den örtlichen Agenturen für Arbeit und
Justizvollzugsanstalten bedarfsbezogen abgestimmt.
d) Die Justizvollzugsanstalten unterstützen die Gefangenen bei Bedarf beim
Ausfüllen des sog. Arbeitspaketes und leiten es an den Ansprechpartner
-5-
der für die Justizvollzugsanstalt zuständigen Agentur für Arbeit weiter.
Darüber hinaus sind die Justizvollzugsanstalten den Gefangenen im
Rahmen
der
vollzuglichen
Möglichkeiten
bei
der
Erstellung
von
Bewerbungsunterlagen behilflich .
e) Die Gefangenen sind vor Haftentlassung auf deren Antrag durch die
Ansprechpartner des Justizvollzugs und der Agenturen für Arbeit bei einer
zeitnahen Term inierung im Jobcenter zu unterstützen , wenn absehbar
wird , dass sie dem Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuches II
unterfallen.
f) Haftentlassene,
die
nach
§
88
in
Verbindung
mit
§
23
Jugendgerichtsgesetz (JGG) bzw. §§ 57 , 57a, in Verbindung mit § 56c
Strafgesetzbuch (StGB) die Weisung haben , mit der Agentur für Arbeit
Kontakt aufzunehmen , werden von der zuständigen Agentur für Arbeit
entsprechend ihren vermittlungsrelevanten Handlungsbedarfen betreut. Die
Rückmeldung
über
den
Vermittlungsverlauf
erfolgt
nach
den
datenschutzrechtlichen Bestimmungen an die zuständige Bewährungshilfe.
3.
Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung während der Haft
a) Bei der Vollzugsplanung sollen die örtlichen Agenturen für Arbeit beratend
und unter Berücksichtigung des bisherigen beruflichen Werdegangs der
Inhaftierten mitwirken .
b) Die
berufliche
Förderung
der
Inhaftierten
obliegt
vorrangig
den
Justizvollzuganstalten. Die örtlichen Agenturen für Arbeit ergänzen den
Einsatz von
Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Aus- und
Weiterbildung in Abstimmung mit den jeweiligen Justizvollzugsanstalten
auf
Grund lage
der
Bestimmungen
des
SGB
III.
Hierbei
sollen
gegebenenfalls individuelle Problemlagen sowie der Arbeitsmarkt am
zukünftigen Wohnort besondere Berücksichtigung finden.
-6-
III.
Gremien
Die weitere Zusammenarbeit zur Umsetzung dieser Vereinbarung erfolgt:
1.
in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe , bestehend aus Mitgliedern der vom
Bayerischen
eingesetzten
Staatsministerium
Arbeitsgruppe
der
Justiz
und
für
„Übergangsmanagement
Verbraucherschutz
im
bayerischen
Justizvollzug", und der Regionaldirektion Bayern, die
-
weitere Detailvereinbarungen erarbeitet,
-
das Übergangsmanagement flächendeckend implementiert,
-
den Prozess weiterh in steuernd begleitet.
2. durch die Empfehlung an die Leiter der Justizvollzugsanstalten , die örtlichen
Agenturen für Arbeit zur Mitarbeit in den Anstaltsbei räten im Rahmen der
Bestimmungen des Bayerischen Strafvollzugsgesetztes zu berufen .
3. durch die beratende Mitwirkung der örtlichen Agenturen für Arbeit in den
Kuratorien und Beiräten der Zentralen Beratungsstellen für Straffälligenhilfe im
Rahmen deren Statuten .
IV.
Weiterentwicklung
Die oben genannten Detailvereinbarungen zum Verfahren werden jeweils Anlage
zu dieser Kooperationsvereinbarung .
V.
Datenschutz
Personenbezogene Daten können mit Einverständnis der oder des Gefangenen
übermittelt werden . Hierbei sind sowohl die Vorschriften über den Datenschutz
nach dem BayStVollzG und BayUVollzG als auch die für die Agenturen für Arbeit
und Jobcenter geltenden Vorschriften zum Schutz der Sozialdaten nach den
Sozialgesetzbüchern 1, II , III und X zu berücksichtigen .
-7-
VI.
Veröffentlichung
Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und die
Regionaldirektion
Veröffentlichung
Bayern
der
Bundesagentur
dieser Vereinbarung
auf ihren
für
Arbeit
Internetseiten
stellen
sicher
eine
und
unterrichten die Öffentlichkeit über das gemeinsame Vorgehen .
VII.
Inkrafttreten, Dauer und Gültigkeitsbereich
Die Vereinbarung tritt am Tag der Unterzeichnung in Kraft. Sie gilt unbefristet für
die Justizvollzugsanstalten und die Agenturen für Arbeit in Bayern und kann von
jedem Kooperationspartner mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines
Kalenderjahres gekündigt werden , ohne dass es der Angabe von Gründen bedarf.
Die bestehende Verwaltungsvorschrift des Bayerischen Staatsministeriums der
Justiz und für Verbraucherschutz „Zusammenarbeit der Justizvollzugsanstalten mit
den Agenturen für Arbeit", Gz. 4450 - VII a - 11352/00 vom 8. August 2006, sowie
die Rundverfügung Nr. 54/81 - 5318 des Landesarbeitsamtes Nordbayern vom
17. August 1981 und Nr. 156/79 - 5318 des Landesarbeitsamtes Südbayern vom
12. September 1979 und deren Ergänzungen bezüglich der Zusammenarbeit
treten mit Wirksamwerden der vorliegenden Kooperationsvereinbarung außer
Kraft und werden in Teilen durch noch zu entwerfende Detailvereinbarungen
ersetzt.
München , den
.A .Ok
ber 20 12
Nürnberg , den .2 . oktober 2012
Dr. Beate Merk
Ralf Holtzwart
Bayerische Staatsministerin der Justiz
und für Verbraucherschutz
Vorsitzender der Geschäftsführung
der Regionaldirektion Bayern der
Bundesagentur für Arbeit
Empfehlungsvereinbarung zur weiteren
Verbesserung der Wiedereingliederung von
Strafentlassenen unterzeichnet /
Justizminister Bausback: "Optimale
Vernetzung aller Akteure ist wichtiger
Beitrag für den Opferschutz!"
Mit dem Ziel, die Wiedereingliederung von Strafentlassenen weiter zu verbessern, haben das Bayerische Staatsministerium
der Justiz, das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, die Regionaldirektion Bayern
der Bundesagentur für Arbeit, der Bayerische Städtetag, der Bayerische Landkreistag, der Bayerische Bezirketag und die
Freie Wohlfahrtspflege Bayern eine Empfehlungsvereinbarung unterzeichnet.
Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback zu diesem Anlass: "Eine optimale Vernetzung aller Akteure im Bereich
der Straffälligenhilfe nützt nicht nur den einzelnen Gefangenen. Wir leisten damit auch einen wichtigen Beitrag für den
Schutz der Bevölkerung vor neuen Straftaten und damit für den Opferschutz." Die Erfahrung zeige: "Stehen Strafgefangene
bei ihrer Entlassung in Lohn und Brot und haben sie eine feste Unterkunft, sind ihre Chancen, nicht rückfällig zu werden,
deutlich besser." Resozialisierung könne aber nur dann nachhaltig sein, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. "Genau
hier setzen wir mit unserer Vereinbarung an: Künftig soll die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure auf regionaler
Ebene gestärkt werden, um den Übergang aus der Haft in das Leben in Freiheit noch weiter zu verbessern. Regelmäßige
"Runde Tische" fördern dabei den Informations- und Erfahrungsaustausch."
Hintergrund:
Das sog. Übergangsmanagement ist wesentlicher Baustein für eine gelungene Resozialisierung. Hierzu gehört insbesondere
die Verknüpfung und Verzahnung von Behandlungsmaßnahmen des Justizvollzugs mit Hilfsangeboten der nach der
Entlassung für die Gefangenen zuständigen Stellen. Die unterzeichnete Vereinbarung regelt die Grundsätze der
Zusammenarbeit zwischen den Agenturen für Arbeit, den Jobcentern, den kommunalen Gebietskörperschaften, den
Verbänden der freien Straffälligenhilfe und den Justizvollzugsanstalten sowie die Ausgestaltung von Beratungs- und
Vermittlungsangeboten während der Haft. In der Vereinbarung wurde insbesondere Folgendes geregelt:
•
•
•
•
•
Alle Kooperationspartner benennen jeweils konkrete Ansprechpartner für das Übergangsmanagement, um einen
lückenlosen Informationsaustausch sicherzustellen.
Den Kooperationspartnern werden geeignete Büroräume in den Anstalten für die Beratung der Gefangenen zur
Verfügung gestellt.
Die Sozialleistungsträger unterstützen die Justizvollzugsanstalten bei der Beratung über leistungsrechtliche
Bestimmungen des SGB II, SGB III und SGB XII.
Die Freie Wohlfahrtspflege Bayern benennt gegenüber dem Staatsministerium der Justiz Einrichtungen und
Dienste, deren Aufgabe die Mitwirkung bei der Wiedereingliederung von haftentlassenen Menschen in die
Gesellschaft ist.
Die Kooperationspartner leiten bereits während der Haftzeit geeignete Beratungs- und Vermittlungsaktivitäten zur
Vermeidung von Wohnungslosigkeit und zur zeitnahen Aufnahme einer Beschäftigung ein.
Berlin
Senatsverwaltung für Justiz
und Verbraucherschutz
1
Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz
Salzburger Str. 21 - 25 10825 Berlin
Geschäftszeichen (bitte immer angeben)
III A 5 – 4450/19
Bearb.: Hr. Abraham
Prof. Dr. Bernd Maelicke, Universität Lüneburg
[email protected]
Telefon (0 30) 90 13 -3268
(Vermittlg.)
90 13-0
(Intern)
9 13
Christopher Wein, Fachhochschule Kiel
[email protected]
PC-Fax:
9(0)28-37 38
Internet: www.berlin.de/senjust
E-Mail: [email protected]
Datum:
25. April 2016
Fragebogen zum Thema „Übergangsmanagement in der
ambulanten und stationären Resozialisierung“
Die Angaben zum Thema Übergangsmanagement im Berliner Justizvollzug wurde
entsprechend Ihrer Fragestellungen vorgenommen:
1. Was verstehen Sie unter dem Begriff „Übergangsmanagement“?
Übergangsmanagement ist eine systematisch geplante, fallbezogene und fallübergreifende
Verknüpfung vollzugsinterner Behandlungs-, Erziehungs- und Fördermaßnahmen mit vollzugsexternen Reintegrationshilfen für Gefangene, die in enger Kooperation zwischen Justizbehörden,
Einrichtungen der Straffälligenhilfe und kompetenten Dritten zu organisieren ist. Das
Übergangsmanagement verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, an dem verschiedene Institutionen
beteiligt sind. Es ist mehr als Entlassungsvorbereitung. Übergangs-management bedingt eine
systematische Schaffung von organisationsübergreifenden Förderketten zur erfolgreichen
Wiedereingliederung von Strafgefangenen und geht über die Haftentlassung hinaus. Die
Freiheitsentziehung ist so durchzuführen, dass sie den betroffenen Personen die Wiedereingliederung
in die Gesellschaft erleichtert. Der Vollzug ist so auszugestalten, dass die Gefangenen fähig werden,
in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
Diese Aufgabe ist aufgrund der Unterschiedlichkeit der Gefangenen eine komplexe Herausforderung,
zumal mehr als die Hälfte aller eingewiesenen Gefangenen nur einen Zeitraum von unter 12 Monaten
in Haft verbringt. Im Jahr 2014 sind 8.400 Inhaftierte aus dem Berliner Justizvollzug entlassen worden,
davon 1.550 aus der Untersuchungshaft.
Bitte nennen Sie die für das Übergangsmanagement (in ihrem Bundesland) relevanten rechtlichen
Grundlagen?
Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe in Berlin
(Berliner Strafvollzugsgesetz – StVollzG Bln) und die analogen Regelungen in den Nebengesetzen
des Jugendstrafvollzuges, der Untersuchungshaft, der Sicherungsverwahrung
Insbesondere:
Abschnitt 2:
Aufnahme- und Diagnostikverfahren, Vollzugs- und Eingliederungsplanung
Abschnitt 5:
Arbeitstherapeutische Maßnahmen, Arbeitstraining, schulische und berufliche
Qualifizierungsmaßnahmen und Arbeit
Abschnitt 7:
Lockerungen und sonstige Aufenthalte außerhalb der Anstalt
Abschnitt 8:
Vorbereitung der Eingliederung, Entlassung und nachgehende Betreuung
2. In den Bundesländern sind verschiedene (Modell-)Projekte entstanden, die sich mit dem
Übergangsmanagement im Rahmen der ambulanten und stationären Resozialisierung
befassen. Das
Buch möchte entsprechende „Best Practice“-Beispiele vorstellen. Bitte nennen Sie uns daher
Praxisbeispiele aus Ihrem Bundesland, die aus Ihrer Sicht für die angestrebte Resozialisierung
wirkungsvoll sind.
Kooperationen/Absprachen
Zur Sicherung eines zielgerichteten Übergangsmanagements liegen Kooperationsvereinbarungen
mit folgenden Einrichtungen vor:
-
Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg (Netzwerk, Standards
beruflicher Wiedereingliederung Haftentlassener)
Soziale Dienste der Justiz, Gerichts- und Bewährungshilfe (Übernahme, Übergabe)
Jugendbewährungshilfe (Übernahme, Übergabe)
Deutsche Rentenversicherung Bund (Kostenübernahme bei Suchtentwöhnungsbehandlungen)
Darüber hinaus gibt es zielgruppenorientierte Absprachen zum Übergangsmanagement:
-
mit den Intensivtäterabteilungen und anderen Bereichen der Berliner Polizei,
mit Trägern der freien Straffälligenhilfe,
mit der Forensisch-Therapeutische Ambulanz
Unterstützung durch Freie Träger
Die Aufgaben des Übergangsmanagement werden in einzelnen Schwerpunkten Freien Trägern
übertragen. Dieses erfolgt bei folgenden Projekten im Rahmen von Finanzierungen über
Zuwendungsmittel, Dienstleistungsverträgen mit den Vollzugsanstalten und über Honorarmittel.
Beispielhaft als sog. „Best Practice“-können das seit mehreren Jahren bestehende und in 2016
auszubauende Netzwerkportal und das Beratungszentrum der Jugendstrafanstalt erwähnt werden,
die eine Vernetzung verschiedener Akteure im Übergangsmanagement sicherstellen.
3. Für eine konkrete Beschreibung der Projekte benötigen wir Informationen über die
verschiedenen Projekte. Bitte erläutern Sie für die o.a. Projekte die Rahmenbedingungen
(Konzepte, Organisation, Finanzierung, Personal) bzw. senden Sie uns entsprechende
Informationsmaterialen zu.
Wir wollen auch, soweit möglich, vorliegend Evaluationsergebnisse der Projekte vorstellen.
Senden Sie bitte entsprechendes Datenmaterial oder andere Quellen zu oder benennen Sie
uns für diese Fragestellung bitte mögliche AnsprechpartnerInnen.
Netzwerkportal siehe Anlage 1.
Ansprechpartner:
IBI - Institut für Bildung in der Informationsgesellschaft gGmbH
Frau Svenje Marten
Salzufer 22, 10587 Berlin
030 – 330 99 89 - 0
www.ibi.tu-berlin.de
Beratungszentrum siehe Anlage 2.
Ansprechpartner:
Jugendstrafanstalt Berlin
Frau Silke Postler
Friedrich-Olbricht-Damm 40, 13627 Berlin
030) - 90144-2509
[email protected]
http://www.berlin.de/justizvollzug/anstalten/jugendstrafanstalt-berlin/wasmachenwir/beratungszentrum/
Im Auftrag
Kai Abraham
Netzwerk Integration von Haftentlassenen
Svenje Marten
22.04.2016
Das Informationsportal www.passage-berlin.eu
Entstehung
Das Portal wurde im Rahmen der Projekte Passage und Passage+ (2009 – 2015) entwickelt.
Bereits bei Antragsstellung des Projektes war vorgesehen, die Netzwerkarbeit für den Berliner Strafvollzug digital zu unterstützen, um möglichst viele Personen an den Informationen
und Prozessen teilhaben zu lassen. Es wurde eine öffentliche Domain geschaffen, auf der Informationen zum Thema Übergangsmanagement gebündelt wurden.
Diese kann nun von justizinternen und externen Mitarbeitenden genutzt werden. Die Gestaltung der Seite war und ist stark angebunden an die parallel stattfindende Netzwerkarbeit.
Das heißt, Inhalte und Form des Angebotes beruhen einerseits auf Anregungen der Netzwerkpartner/-innen und andererseits auf den Ergebnissen der Netzwerkarbeit, etwa Dokumentationen von Fachveranstaltungen oder Ergebnissen von Arbeitskreisen.
Nach Ablauf der Projektförderung hat die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz
Berlin entschieden, sowohl das Portal als auch die Netzwerkarbeit weiter zu finanzieren.
Aktuell wird ein Relaunch der Seite vorbereitet. Inhalte und Design sollen überarbeitet werden. Die URL der Seite wird sich in diesem Zuge noch einmal ändern.
Inhalt
Zu den zur Verfügung gestellten Informationen zählen:
• Übersicht von Beratungs- und Hilfeangeboten
• Checklisten und Formulare
• Zusammenstellung übergangsrelevanter Informationen (z.B.: aktuelle Verfahren der Leistungsträger)
• Veranstaltungshinweise
• Hinweise zu Materialien von Verbänden und Trägern der Straffälligenhilfe
• Informationen und Materialien aus der parallel stattfindenden thematischen Gremienarbeit
(z.B. zusammengefasste Vorträge und Präsentationen von Referent/-innen)
© IBI – Institut für Bildung in der Informationsgesellschaft l www.ibi.tu-berlin.de
1 von 2
Netzwerk Integration von Haftentlassenen
Svenje Marten
22.04.2016
Die Mehrheit der Informationen wird über externe Verlinkungen zur Verfügung gestellt,
Nutzer/-innen erreichen so schnell die jeweiligen Originalseiten, etwa aus dem Angebot von
berlin.de. Auf diese Weise kann die Aktualität der Daten bestmöglich sichergestellt werden.
Finanzierung
01.01.2009 – 30.06.2015 (Berliner Landes ESF, kofinanziert durch die SenJustV)
01.07.2015 – 31.12.2015 (Zwischenfinanzierung durch die Jugendstrafanstalt Berlin)
01.01.2016 – 31.12.2017 (Haushaltsmittel der SenJustV; Dienstleistungsvertrag)
Anmerkung: Die einzelnen Summen sind nur schwer eindeutig zu ermitteln, da sowohl bei
der ESF-Förderung als auch im Rahmen des Dienstleistungsvertrages auch andere Komponenten finanziert wurden/werden.
Personal
In allen Phasen wurde das Portal gestaltet und betreut durch das IBI – Institut für Bildung in
der Informationsgesellschaft gGmbH (www.ibi.tu-berlin.de).
© IBI – Institut für Bildung in der Informationsgesellschaft l www.ibi.tu-berlin.de
2 von 2
Jugendstrafanstalt Berlin
Silke Postler
Sozialdienstkoordinatorin / Leiterin Beratungszentrum
Tel. 030 / 90 144 2509
13 627 Berlin, 21.8.2014
Beratungszentrum Jugendstrafanstalt Berlin
Das Beratungszentrum Jugendstrafanstalt Berlin versteht sich als ein Knotenpunkt
zwischen justizeigenen Bereichen und externen Beratungs- und Hilfeeinrichtungen.
Mit der Eröffnung des Beratungszentrums im Oktober 2012 wurde eine Dienststelle
eröffnet, die sich im geschlossenen Bereich (Haus 5 / Kurzstraferbereich) der
Jugendstrafanstalt befindet und über 4 ausgestattete Beratungsräume verfügt.
Von den 4 Beratungsräumen wird einer fest von 2 Mitarbeiter_innen der Agentur für
Arbeit (Arbeitsvermittlung/ Berufsberatung) genutzt.
Ein Beratungsraum ist die Anlaufstelle für 2 Mitarbeiter_innen des Projektes
´Startpunkt` (ein Projekt der Jugendhilfe im vollzuglichen Übergangsmanagement)
und 2 Mitarbeitern des Projektes ´Passage+ - Netzwerkbezogene Weiterentwicklung
des vollzuglichen Übergangsmanagement in der Jugendstrafanstalt Berlin`. Die
anderen 2 Beratungsräume werden flexibel von den externen Berater_innen freier
Träger (Schuldnerberatung, Suchtberatung, allgemeine Wohnberatung ect.) und den
externen Kooperationspartner_innen (Jugendgerichtshilfe, Jugend-bewährungshilfe,
polizeilicher Intensivtätersachbearbeiter_innen) anderer Dienststellen genutzt.
Das Übergangsmanagement stimmt die internen und externen Prozesse
verschiedenster staatlicher und nicht-staatlicher Institutionen aufeinander ab, um die
Entlassung jedes Einzelnen zu optimieren. Dabei ist die Entlassungsvorbereitung
genauso wichtig wie die Nachsorge/ Begleitung über die Haft hinaus. In Kenntnis der
speziellen Problematik des Einzelnen sollen Betreuungs- und idealerweise
Beziehungskontinuität auch nach der Entlassung aufrechterhalten werden. Dazu
sollen die Netzwerkstrukturen staatlicher Institutionen und freier Jugendhilfeträger
genutzt werden.
Die Entlassungsvorbereitung ist integrativer Bestandteil der Vollzugsplanung.
Die fachliche Steuerung des Entlassungsprozesses obliegt den jeweiligen
Gruppenleiter_innen des Sozialdienstes der JSA Berlin. Das Beratungszentrum
unterstützt diesen Prozess im Sinne des § 19 des Berliner
Jugendstrafvollzugsgesetzes.
Das Beratungszentrum arbeitet mit einem Kernangebot. In der nachfolgenden
Auflistung stellen sich die inhaltlichen Schwerpunkte des Beratungszentrums JSA
Berlin nach Prioritäten wie folgt da:
Ziel
1:
Jeder
Inhaftierte
wird
entsprechend seiner Voraussetzungen
und den Möglichkeiten des Arbeits- und
Ausbildungsmarktes
hinsichtlich
der
Berufswahl beraten. Jeder Inhaftierte, der
die entsprechenden Voraussetzungen
erfüllt, hat nach der Inhaftierung einen
Ausbildungs-, Schul-, Maßnahmen- oder
Arbeitsplatz.
Ziel 2: Jeder Inhaftierte mit einer Stoffund Suchtproblematik vor und während
der Haft erhält einen Überblick über
existierende und geeignete Beratungsund Therapieangebote. Alle möglichen
Vorbereitungen
sind
während
der
Inhaftierung
getroffen,
damit
der
Inhaftierte
Suchtberatungsund
–therapieangebote nach der Inhaftierung
weiterhin in Anspruch nehmen kann.
Ziel 3: Kein Inhaftierter ist ungewollt nach
seiner Inhaftierung obdachlos oder muss
auf für seine Reintegration schädliche
Wohnmöglichkeiten zurückgreifen. Alle
möglichen Vorbereitungen sind während
der Inhaftierung getroffen, damit der
Inhaftierte Angebote des Betreuten
Wohnens in Anspruch nehmen kann.
Beratung
und
Vermittlung
zu
Ausbildung, Berufswahl, Qualifizierung
und Arbeit
Kompetenzfeststellung, Berufsberatung,
Bewerbungsunterlagen erstellen, Arbeits,
Ausbildungs-,
Schulund
Maßnahmevermittlung
Stoff- und Suchtberatung
Vorbereitung von Terminen bei finanzierenden Institutionen. Begleitung zu
den
Institutionen
und
den
durchführenden Einrichtungen.
Beratung zu Betreuten Wohnformen
Vorbereitung von Terminen bei der
bezirklichen Soziale Wohnhilfe und dem
zuständigen Jugendamt. Begleitung zu
den Institutionen und den Einrichtungen
Ziel 4: Jeder Inhaftierte hat einen
Überblick über seine finanzielle Situation
insbesondere seiner Schulden. Jeder
Inhaftierte hat während der Inhaftierung
bereits regelmäßigen Kontakt mit der
nach der Inhaftierung zuständigen
Schuldnerberatungsstelle.
Die
Regulierung der Schulden startet in der
Haft und wird nahtlos nach der
Inhaftierung fortgesetzt.
Ziel 5: Jeder Inhaftierte hat die
Möglichkeit zu einer Person während der
Inhaftierung ein Vertrauensverhältnis
aufzubauen, um nach der Inhaftierung an
der Beseitigung der noch bestehenden
Problemlagen mit der gleichen Person
weiterzuarbeiten und Stabilität für sich
selbst zu erreichen.
Schuldnerberatung
und
Schuldenregulierung
Besorgung aller Unterlagen, Situationsanalyse, Regulierung, Begleitung zu den
zuständigen bezirklichen Stellen
Ziel 6: Der Lebensunterhalt jedes
Inhaftierten nach der Haftentlassung ist
abgesichert. Alle möglichen Vorbereitungen sind während der Inhaftierung
getroffen.
Beratung zum Lebensunterhalt
Prüfung der Ansprüche, Vorbereitung
und
Einreichung
von
Anträgen,
Begleitung zu den entsprechenden
Institutionen
Ziel
7:
Jeder
Inhaftierte
mit
psychosozialen Problemlagen wird über
mögliche
Therapien
und
Beratungsmöglichkeiten nach der Haft
informiert. Alle möglichen Vorbereitungen
sind während der Inhaftierung getroffen,
damit der Inhaftierte psychosoziale
Beratung oder -Therapie in Anspruch
nehmen kann.
Ziel 8: Jeder Inhaftierte mit ungeklärtem
oder ungünstigem Aufenthaltsstatus wird
bereits während der Inhaftierung in
geeignete
Qualifizierungsmaßnahmen
nach der Inhaftierung vermittelt. Die
Qualifizierungsberatung und ggf. eine
Rechtsberatung
zielen
auf
die
Verbesserung des Aufenthaltsstatus ab.
Psychosoziale Beratung, Kinder und
Familie
Feststellung des Bedarfes, Vorbereitung
von Terminen bei den zuständigen
Institutionen,
Begleitung
zu
den
Institutionen und den Einrichtungen
Gez. Postler
Generalistische Übergangsbegleitung
Ansprechpartner_innen im Rahmen auch
persönlicher Beziehungen für alle
Problemlagen,
Unterstützung
und
Begleitung
Beratung
und
Integration
von
Inhaftierten mit Migrationshintergrund
Brandenburg
Sehr geehrter Herr Professor Maelicke,
gemäß unserer Abstimmung erhalten Sie hiermit – gewissermaßen als Abschlag – die Antworten zu
den Fragen I und II des Fragebogens:
Frage 1:
Was verstehen Sie unter dem Begriff des Übergangsmanagement?
Im Verständnis des Ministeriums der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes
Brandenburg ist Übergangsmanagement ein systematischer, zielgerichteter Prozess, der
vollzugsinterne Maßnahmen zur sozialen und beruflichen Eingliederung mit vollzugsexternen
Reintegrationshilfen verknüpft. Dieser Prozess bedarf eines umfassenden Konzeptes zur Reduzierung
der Rückfallgefahr sowie zur sozialen Integration von Inhaftierten bzw. Haftentlassenen, auf dessen
Grundlage die Institutionen und Personen, deren Unterstützung die soziale Eingliederung effektiv
fördern kann, in einem Netzwerk zusammenwirken.
Frage 2:
Bitte nennen Sie die für das Übergangsmanagement (in ihrem Bundesland) relevanten
rechtlichen Grundlagen.
Die im Land Brandenburg für das Übergangsmanagement relevanten rechtlichen Grundlagen sind
insbesondere folgende Vorschriften des Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes (BbgJVollzG): § 8
Abs. 2 u. 5, § 11 Abs. 1 Satz 3, § 14 Abs. 5 Sätze 2 u. 3 sowie Abs. 7, § 15 Abs. 4, § 25 Abs. 4, § 29
Abs. 7, § 50, § 52.
Ab der kommenden Woche werde ich für einige Monate an eine andere Behörde abgeordnet. Unser
neuer Abteilungsleiter, Herr Dr. Behm, wird in dieser Zeit die Leitung meines Referates zusätzlich
übernehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Kenter
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie des Ministeriums der Justiz des Landes Brandenburg zur Förderung der Haftvermeidung durch soziale
Intergration (HSI) vom 7. Oktober 2014
1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen
1.1
Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie, der §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung
(LHO) und der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften (VV) sowie des Operationellen
Programms des Landes Brandenburg für den Europäischen Sozialfonds (ESF) im Zeitraum
2014 - 2020, Prioritätsachse B Zuwendungen aus Mitteln des ESF und des Landes mit
dem Ziel einer arbeitsmarktlichen und sozialen Integration von Strafgefangenen, jungen
haftgefährdeten Straftätern, Haftentlassenen sowie zu Geldstrafe Verurteilten, die zur Abwendung
der Ersatzfreiheitsstrafe gemeinnützige Arbeiten verrichten. Die Förderung von integrations- und
berufsfördernden Maßnahmen zielt auf die Erhöhung der Arbeitsmarktchancen für diese Gruppe.
1.2
Das Land Brandenburg fördert den Zugang Straffälliger und von Inhaftierung bedrohter Menschen
zum Arbeitsmarkt und deren Eingliederung in das Erwerbsleben. Ziel der Richtlinie ist die
Unterstützung der Resozialisierung von Straffälligen durch nachhaltige (Re-)Integration in
Arbeit und Ausbildung. Die Arbeitsmarktchancen der Zielgruppe sollen durch ein verbessertes
Übergangsmanagement (Haftbegleitung, Entlassungsvorbereitung, Vermittlung in Beschäftigung,
Qualifizierung und Arbeit sowie Vernetzung der Akteure), die Förderung von Beschäftigung statt
Strafe sowie die Entwicklung von Lebens- und Arbeitsperspektiven mit straffällig gewordenen
Jugendlichen und Heranwachsenden durch integrations- und berufsfördernde Maßnahmen erhöht
werden.
1.3
Auf die Gewährung der Zuwendung besteht kein Rechtsanspruch. Vielmehr entscheidet die
Bewilligungsstelle auf Grund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren
Haushaltsmittel.
1.4
Das Gender-Mainstreaming-Prinzip ist anzuwenden, das heißt, bei der Planung, Durchführung
und Begleitung von Maßnahmen sind ihre Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und
Männern aktiv zu berücksichtigen und in der Berichterstattung darzustellen. Die vorgesehenen
gleichstellungsfördernden Maßnahmen sind im Förderantrag darzustellen, erzielte Ergebnisse sind
in der Berichterstattung zu dokumentieren.
1.5
Der Grundsatz der Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung im Hinblick auf Geschlecht,
Rasse, ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung, eine Behinderung, das Alter oder
die sexuelle Ausrichtung ist einzuhalten. Die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen zu
den nach dieser Richtlinie unterstützten Maßnahmen ist zu berücksichtigen und auf verbesserte
Teilhabemöglichkeiten hinzuwirken. Die vorgesehenen Maßnahmen sind im Förderantrag
darzustellen und die erzielten Ergebnisse in der Berichterstattung zu dokumentieren.
1.6
Das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung ist entsprechend Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr.
1303/2013 hinsichtlich Umweltschutz, Ressourceneffizienz, Klimaschutz, Anpassung an den
Klimawandel, biologische Vielfalt, Katastrophenresistenz und Risikoprävention und -management
Bestandteil des Operationellen Programms. Der vorgesehene Beitrag einer Maßnahme zur
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
1
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
nachhaltigen Entwicklung ist im Förderantrag darzustellen und die erzielten Ergebnisse sind in der
Berichterstattung zu dokumentieren.
2
Gegenstand der Förderung
Gefördert werden:
2.1
die Unterstützung der Resozialisierung von Straffälligen durch Beratung, Begleitung und
Vermittlung in Arbeit und Beschäftigung innerhalb und außerhalb des Strafvollzuges durch
Anlauf- und Beratungsstellen, die jeweils einer oder mehreren Justizvollzugsanstalten im Lande
zugeordnet sind – Projektfeld Anlauf- und Beratungsstellen,
2.2
die Unterstützung der Resozialisierung durch Beratung, Vermittlung, Kontrolle und Begleitung von
Verurteilten, die ihre Geldstrafe nicht zahlen können und sich bereit erklären, zur Abwendung einer
Ersatzfreiheitsstrafe gemeinnützige Arbeit zu leisten oder die Geldstrafe in Raten abzuzahlen,
sowie eine darüber hinausgehende Begleitung und Vermittlung der Klienten in Arbeit und
Beschäftigung – Projektfeld Arbeit statt Strafe,
2.3
soziale Gruppenarbeit mit flankierender Einzelfallhilfe für straffällige Jugendliche und
Heranwachsende im Alter von 14 bis 21 Jahren zur Entwicklung von Lebens- und
Arbeitsperspektiven durch integrations- und berufsfördernde Maßnahmen – Projektfeld
Sozialpädagogische und berufsorientierende ambulante Angebote für Jugendliche und
Heranwachsende,
2.4
die Koordinierung und fachliche Unterstützung der Zusammenarbeit der Umsetzenden der
Projektfelder nach den Nummern 2.1 bis 2.3 im Einvernehmen mit dem MdJ – Projektfeld
Netzwerkkordination.
3
4
Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind:
a
für die Anlauf- und Beratungsstellen: Träger der sozialen Arbeit mit Arbeitsschwerpunkt
Straffälligenhilfe beziehungsweise Resozialisierung, Bildungs- und Beschäftigungsträger,
b
für das Projektfeld „Arbeit statt Strafe“: Träger der sozialen Arbeit mit Arbeitsschwerpunkt
Straffälligenhilfe beziehungsweise Resozialisierung, Bildungs- und Beschäftigungsträger,
c
für die sozialpädagogischen und berufsorientierenden ambulanten Angebote für Jugendliche und
Heranwachsende: Anerkannte Träger der freien Jugendhilfe mit Arbeitsschwerpunkt Straffälligenhilfe
beziehungsweise Resozialisierung,
d
für die Netzwerkkoordination: Träger der sozialen Arbeit, Institutionen der freien Wirtschaft mit
Arbeitsschwerpunkt Projekt- und Netzwerkmanagement beziehungsweise Informationsmanagement
und Erfahrungen in der Straffälligenhilfe.
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Projektfeld Anlauf- und Beratungsstellen
4.1.1
Je Landgerichtsbezirk kann ein Zuwendungsempfänger eine Förderung für eine Anlauf- und
Beratungsstelle in der/den dort ansässigen Justizvollzugsanstalt/Justizvollzugsanstalten
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
2
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
des Landes Brandenburg (Brandenburg an der Havel, Cottbus-Dissenchen, Luckau-Duben,
Neuruppin Wulkow und Wriezen) erhalten. Ein Zuwendungsempfänger kann auch für mehrere
Landgerichtsbezirke eine Förderung erhalten. Der Zuwendungsempfänger soll seinen Standort in
der Nähe der Justizvollzugsanstalt/Justizvollzugsanstalten haben.
4.1.2
Der Zuwendungsempfänger muss über Erfahrung mit der Zielgruppe verfügen und muss im Land
Brandenburg mit einer Betriebsstätte/Niederlassung ansässig sein.
4.1.3
Die Maßnahmen der Anlauf- und Beratungsstellen richten sich an Straffällige innerhalb und
außerhalb des Strafvollzugs, die nach der Haftentlassung keinem Bewährungshelfer unterstellt
sind. Darüber hinaus richtet sich die Maßnahme auch an erwerbslose Haftentlassene und
zu Bewährungsstrafen Verurteilte, die in Bezug auf Arbeit und Beschäftigung eine gezielte
Hilfestellung benötigen und wünschen.
4.1.4
Die Zuwendungsempfänger haben neben den Aufgaben nach Nummer 6 insbesondere folgende
Aufgaben zu erfüllen:
4.1.5
a
Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der Zielgruppe durch stufenweise aufeinander
aufbauende sowie individuell zugeschnittene Unterstützungs- und Fördermaßnahmen
(Einzelberatung, Gruppenarbeit) im Rahmen der Entlassungsvorbereitung (ca. sechs bis neun
Monate vor der Haftentlassung) und einer Nachbetreuung nach der Haftentlassung (bis zu
einem Jahr, eine längere Nachbetreuung bis zu zwei Jahren ist in begründeten Einzelfällen
möglich),
b
Feststellung, Verringerung und/oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
c
Heranführung der Zielgruppe an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt,
d
Vermittlung der Zielgruppe in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
oder Heranführung in eine selbstständige Tätigkeit unter Rückgriff auf vorhandene
Beratungsstrukturen,
e
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme,
f
Vernetzung auf kommunaler und Landesebene (Durchführung runder Tische mit
Kooperationspartnern vor Ort, Stakeholdertreffen, Teilnahme und Durchführung von HSIRegionalkonferenzen, Koordinationstreffen mit den übrigen HSI Partnern, etc.),
g
Dokumentation der Arbeit mit den Gefangenen und Austausch mit der Justizvollzugsanstalt
über den Verlauf der Maßnahme,
h
Erstellung eines Beitrags für den durch die Netzwerkkoordination zu erstellenden
Jahresbericht,
i
Abschluss einer Kooperationsvereinbarung über die Zusammenarbeit mit den übrigen HSINetzwerkpartnern.
Im Projektfeld Anlauf- und Beratungsstellen soll jeweils eine (qualifizierte) Vollzeitkraft im
Verlauf eines Jahres 80 Teilnehmende beraten und gegebenenfalls begleiten. Davon sollen
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
3
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
mindestens 11 Prozent der Teilnehmenden in Maßnahmen der Berufsvorbereitung, in Praktika,
in Berufsausbildung, in sozialversicherungspflichtige Arbeit oder geringfügige Beschäftigung
vermittelt beziehungsweise bei der Gründung unterstützt werden. Werden die Vorgaben nicht
erreicht, kann die Förderung anteilig reduziert werden, wenn der Zuwendungsempfänger keine
hinreichenden Gründe für das Verfehlen darlegt.
4.1.6
Der Zuwendungsempfänger muss sicherstellen, dass die Person/Personen, die die Aufgaben
wahrnimmt beziehungsweise wahrnehmen, über eine ausreichende Qualifikation - nachgewiesen
durch entsprechende Hochschul- oder Berufsabschlüsse oder mehrjährige einschlägige
Berufserfahrung in der Arbeit mit Straffälligen - verfügt beziehungsweise verfügen.
4.1.7
Der Zuwendungsempfänger hat ein eigenständiges Konzept einzureichen, welches die unter
Nummer 4.1 aufgeführten Anforderungen beinhaltet.
4.2
Projekt Arbeit statt Strafe
4.2.1
In jedem Landgerichtsbezirk kann ein Zuwendungsempfänger in diesem Projektfeld gefördert
werden, wobei ein Zuwendungsempfänger auch in mehreren Landgerichtsbezirken tätig sein kann.
4.2.2
Der Zuwendungsempfänger muss über Erfahrung mit dieser Zielgruppe verfügen und muss im
Land Brandenburg mit einer Betriebsstätte/Niederlassung ansässig sein.
4.2.3
Die Maßnahmen im Projektfeld Arbeit statt Strafe richten sich an Verurteilte, die ihre Geldstrafe
nicht zahlen können und sich bereit erklären, zur Abwendung einer Ersatzfreiheitsstrafe
gemeinnützige Arbeit zu leisten oder die Geldstrafe in Raten abzuzahlen.
4.2.4
Die Zuwendungsempfänger haben neben den Aufgaben nach Nummer 6 insbesondere folgende
Aufgaben zu erfüllen:
a
Beratung zu den Verfahrensabläufen und möglichen Hilfen im Rahmen des Erstgesprächs,
b
an den Ressourcen des Klienten orientierte Feststellung, Verringerung und/oder Beseitigung
von Vermittlungshemmnissen,
c
passgenaue Vermittlung in gemeinnützige Arbeit und Kontrolle der Ableistung,
d
Arbeitsmarktcoaching,
e
Unterstützung und Begleitung bei der Ableistung der gemeinnützigen Arbeit (Beratung
zu den Themen: Konflikte am Arbeitsplatz, Wechsel der Einsatzstelle, Unterstützung bei
Psychosozialen Konflikten und Krisen),
f
Dokumentation der Vermittlungs- und Beratungsarbeit, Erfassung der abgeleisteten
Arbeitsstunden und Bericht an die Justizbehörden,
g
Akquise, Kontaktpflege und Beratung von Einsatz- und Arbeitsstellen,
h
Unterstützung bei der Beantragung von Ratenzahlungen beziehungsweise dem Antrag auf
Stundung,
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
4
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
i
Vernetzung auf kommunaler und Landesebene (Durchführung runder Tische mit
Kooperationspartnern vor Ort, Stakeholdertreffen, Teilnahme und Durchführung von HSIRegionalkonferenzen, Koordinationstreffen mit den übrigen HSI Partnern etc.),
j
Erstellung eines Beitrags für den durch die Netzwerkkoordination zu erstellenden
Jahresbericht,
k
Abschluss einer Kooperationsvereinbarung über die Zusammenarbeit mit den übrigen HSINetzwerkpartnern.
l
Nach und gegebenenfalls während Ableistung der gemeinnützigen Arbeit:
•
aa) Vermittlung in Arbeit und Beschäftigung oder darauf vorbereitende Maßnahmen im
Anschluss an die gemeinnützige Arbeit zur Tilgung der Geldstrafe,
•
bb) Möglichkeit der Begleitung in der Anfangsphase der Beschäftigung bis zu einer
Dauer von neun Monaten (längere Zeiten sind in Einzelfällen möglich und müssen
begründet werden).
4.2.5
Im Projektfeld Arbeit statt Strafe soll jeweils eine (qualifizierte) Vollzeitkraft im Verlauf eines
Jahres 220 Teilnehmende erreichen (beraten, in gemeinnützige Arbeit vermitteln und
begleiten). Mindestens 75 Prozent der Teilnehmenden sollen die Maßnahme erfolgreich
abschließen, das heißt Haft vermeiden, indem die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe
abgewendet wird. Ausgehend von dieser Zahl sollen mindestens 10 Prozent der Teilnehmenden
zudem in Maßnahmen der Berufsvorbereitung, in Praktika, in Berufsausbildung, in
sozialversicherungspflichtige Arbeit oder geringfügige Beschäftigung vermittelt werden.
Werden die Vorgaben nicht erreicht, kann die Förderung anteilig reduziert werden, wenn der
Zuwendungsempfänger keine hinreichenden Gründe für das Verfehlen darlegt.
4.2.6
Der Zuwendungsempfänger muss sicherstellen, dass die Person/Personen, die die Aufgaben
wahrnimmt beziehungsweise wahrnehmen, über eine ausreichende Qualifikation - nachgewiesen
durch entsprechende Hochschul- oder Berufsabschlüsse oder mehrjährige einschlägige
Berufserfahrung in der Arbeit mit Straffälligen - verfügt beziehungsweise verfügen.
4.2.7
Der Zuwendungsempfänger hat ein eigenständiges Konzept einzureichen, welches die unter
Nummer 4.2 aufgeführten Anforderungen beinhaltet.
4.3
Projektfeld Sozialpädagogische und berufsorientierende ambulante Angebote für
Jugendliche und Heranwachsende
4.3.1
Je Landkreis oder kreisfreie Stadt kann ein Zuwendungsempfänger im Projektfeld gefördert
werden, wobei ein Zuwendungsempfänger auch in mehreren Landkreisen oder kreisfreien Städten
tätig sein kann.
4.3.2
Der Zuwendungsempfänger muss über Erfahrung mit dieser Zielgruppe verfügen, muss im Land
Brandenburg mit einer Betriebsstätte/Niederlassung ansässig sein und über einen „Letter of Intent“
des Landkreises oder der kreisfreien Stadt bezüglich der Mitfinanzierung verfügen.
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
5
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
4.3.3
Die Maßnahmen im Projektfeld Sozialpädagogische und berufsorientierende ambulante Angebote
richten sich an straffällige Jugendliche und Heranwachsende im Alter von 14 bis 21 Jahren,
die tatzeitnah - vor einer Gerichtsverhandlung - in einer Verbindung aus Gruppenarbeit und
flankierender Einzelfallhilfe in ihren sozialen Kompetenzen gefördert und bei der Bildungs- und
Berufsorientierung unterstützt werden.
4.3.4
Die Zuwendungsempfänger haben neben den Aufgaben nach Nummer 6 insbesondere folgende
Aufgaben zu erfüllen:
a
Projektdarstellung und Klärung der Teilnahmebereitschaft, der Teilnahmevoraussetzungen im
Rahmen eines Vorgespräches,
b
Durchführung ambulanter, sozialer Gruppenarbeiten zu den Themen: Selbstbild, Stärken/
Schwächen, Auseinandersetzung mit der Tat/Entwicklung eines Unrechtsbewusstseins,
Integration in Bildung und Arbeit, Befähigung zur Legal- und Sozialbewährung durch
Anerkennen gesellschaftlicher Werte und Normen (Rückfallvermeidung),
c
Begleitung der Gruppenarbeit durch vertiefende Einzelgespräche,
d
nachgehende Begleitung und Betreuung bis zu einem Jahr,
e
Vernetzung auf kommunaler und Landesebene (Durchführung runder Tische mit
Kooperationspartnern vor Ort, Stakeholdertreffen, Teilnahme und Durchführung von HSIRegionalkonferenzen, Koordinationstreffen mit den übrigen HSI Partnern etc.),
f
Dokumentation der Arbeit mit der Zielgruppe,
g
Erstellung eines Beitrags für den durch die Netzwerkkoordination zu erstellenden
Jahresbericht,
h
Abschluss einer Kooperationsvereinbarung über die Zusammenarbeit mit den übrigen
Netzwerkpartnern.
4.3.5
Jeweils ein Team bestehend aus zwei Trainerinnen/Trainern (Vollzeit) soll im Verlauf eines Jahres
mindestens 24 neue Teilnehmende der Zielgruppe bei einer Gruppenstärke (offene Gruppe) von
sechs bis zehn Teilnehmenden erreichen. Mindestens 60 Prozent der Teilnehmenden sollen
die Gruppenarbeit erfolgreich abschließen (durchgängige, regelmäßige Teilnahme). Von den
Teilnehmenden sollen mindestens 30 Prozent in Maßnahmen der Berufsvorbereitung, in Praktika,
in Berufsausbildung, in sozialversicherungspflichtige Arbeit oder geringfügige Beschäftigung
vermittelt werden. Werden die Vorgaben nicht erreicht, kann die Förderung anteilig reduziert
werden, wenn der Zuwendungsempfänger keine hinreichenden Gründe für das Verfehlen darlegt.
4.3.6
Der Zuwendungsempfänger muss sicherstellen, dass die Person/Personen, die die Aufgaben
wahrnimmt beziehungsweise wahrnehmen, über eine ausreichende Qualifikation - nachgewiesen
durch entsprechende Hochschul- oder Berufsabschlüsse oder mehrjährige einschlägige
Berufserfahrung in der Arbeit mit Straffälligen - verfügt beziehungsweise verfügen.
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
6
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
4.3.7
Der Zuwendungsempfänger hat ein eigenständiges Konzept einzureichen, welches die unter
Nummer 4.3 aufgeführten Anforderungen beinhaltet.
4.4
Netzwerkkoordination
4.4.1
Für die Aufgaben der Koordination des HSI-Netzwerkes kann im Land Brandenburg ein
Zuwendungsempfänger gefördert werden.
4.4.2
Der Zuwendungsempfänger muss über einschlägige Erfahrungen in der Koordination von sozialen
Netzwerken verfügen und muss im Land Brandenburg mit einer Betriebsstätte/Niederlassung
ansässig sein.
4.4.3
Der Zuwendungsempfänger hat neben den Aufgaben nach Nummer 6 insbesondere folgende
Aufgaben zu erfüllen:
a
Umsetzung der fachlichen Weiterentwicklung der drei Projektfelder nach Vorgaben des
Ministeriums der Justiz,
b
ständige Pflege der Kontakte mit und zwischen den HSI-Netzwerkpartnern,
c
Kooperationspflege zwischen den Sozialen Diensten der Justiz, dem Sozialdienst in den
Justizvollzugsanstalten und den beteiligten Jugendämtern,
d
bedarfs- und entwicklungsorientierte Initiierung und Koordination der internen Weiterbildung
der Mitarbeiter nach den Nummern 2.1 bis 2.3,
e
Unterstützung und Koordination der Programmsteuerung und Qualitätssicherung inklusive
Auswertung der Statistiken,
f
Erarbeitung, Erprobung und Implementierung qualitativer Standards in den HSI-Projektfeldern
unter Einbeziehung aller relevanten Akteure,
g
Koordination, Organisation und Moderation von HSI-spezifischen Veranstaltungen sowie HSIinternen Zusammenkünften (zum Beispiel Koordinationstreffen, Netzwerktreffen, Konferenz
mit den Geschäftsführern der HSI-Partner, Arbeitstreffen innerhalb der Projektfelder),
h
Öffentlichkeitsarbeit in Zusammenarbeit mit dem Ministerium der Justiz,
i
Fertigung von mindestens drei Newslettern pro Jahr für die HSI-Träger und deren
Kooperationspartner (Justizvollzugsanstalten, Soziale Dienste, Jugendämter etc),
j
pro Projektjahr mindestens 30 Eingaben von News auf der HSI-Homepage,
k
Veröffentlichung von Flyern zur Arbeit in den HSI-Projektfeldern und zur Kooperation mit
Arbeitgebern,
l
Teilnahme an projektbezogenen Tagungen, Seminaren, Messen und Veranstaltungen,
m
Erstellung des HSI-Jahresberichts für das MdJ als Grundlage zur Weiterentwicklung des
Projekts,
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
7
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
n
Supervision der Regionalkonferenzen,
o
Transfer und Erprobung von Erkenntnissen aus HSI-Transnational (Arbeitgeberpool),
p
Vorbereitung, Teilnahme und Protokollierung der Trägerbesuche in Abstimmung mit dem
Ministerium der Justiz,
q
viermal pro Projektjahr: Moderation und Fachberatung der Arbeitsgruppen Ambulante
Maßnahmen, Arbeit statt Strafe und Anlauf- und Beratungsstellen,
r
Teilnahme an mindestens drei überregionalen Fachveranstaltungen pro Projektjahr,
s
Fertigung eines Trägerberichts je HSI-Koordinationssitzung,
t
mindestens 20 Weitergaben von Materialien/fachlichen Inputs,
u
mindestens zwei Steuerkreissitzungen zwischen Netzwerkkoordination und Ministerium der
Justiz pro Jahr,
v
Fortschreibung des Kooperationsvertrages nach Vorgaben des Ministeriums der Justiz für die
Träger des HSI-Netzwerkes.
Darüber hinaus ist eine internetbasierte Informations- und Kommunikationsplattform zu betreiben,
die
•
aa) in einem passwortgeschützten Intranet sowohl Tools für die Dokumentation (Berichte,
Protokolle, Termine etc.) und die netzwerkübergreifende interne Auswertung von
Daten (Statistik), die für die interne Programmsteuerung und Qualitätsentwicklung des
Netzwerkes erforderlich sind, bereithält als auch landesweit recherchierte Stellen- und
Integrationsangebote für die HSI-Träger bereitstellt,
•
bb) auf einer Homepage die gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit des HSI-Netzwerkes - in
Kooperation mit den HSI-Partnern - darstellt. Dazu gehören Veröffentlichungen sowie
Informationen rund um HSI- spezifische Themen der Beratungs- und Integrationsarbeit
sowie der Newsletter, themen- und/oder anlassbezogene Dossiers und Berichte sowie einen
Newsbereich. Darüber hinaus soll das im Netzwerk generierte Erfahrungswissen in der
Fachöffentlichkeit regional und überregional kommuniziert und nach außen vertreten werden.
In Bezug auf die Stellen- und Integrationsangebote sind folgende Leistungen zu erbringen:
•
Einstellung von mindestens 700 neu recherchierten Jobangeboten pro Jahr, die für die
Zielgruppe geeignet sind,
•
individuelle Recherchen für mindestens 25 Bewerberinnen und Bewerber (Teilnehmende
nach den Nummern 4.1 bis 4.3) pro Jahr.
Werden die Vorgaben nicht erreicht, kann die Förderung anteilig reduziert werden, wenn der
Zuwendungsempfänger keine hinreichenden Gründe für das Verfehlen darlegt.
4.4.4
Der Zuwendungsempfänger muss sicherstellen, dass die Person/Personen, die die
Aufgaben wahrnimmt beziehungsweise wahrnehmen, über eine ausreichende Qualifikation
- nachgewiesen durch entsprechende Hochschul- oder Berufsabschlüsse oder mehrjährige
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
8
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
einschlägige Berufserfahrung im Projekt- und Netzwerkmanagement beziehungsweise im
Informationsmanagement und Erfahrungen in der Straffälligenhilfe - verfügt beziehungsweise
verfügen.
4.4.5
5
Der Zuwendungsempfänger hat ein eigenständiges Konzept einzureichen, welches die unter
Nummer 4.4 aufgeführten Anforderungen beinhaltet.
Art und Umfang, Höhe der Zuwendung
5.1
Zuwendungsart: Projektförderung
5.2
Finanzierungsart:
•
Vollfinanzierung bei den Nummern 2.1, 2.2 und 2.4,
•
Fehlbedarfsfinanzierung bei Nummer 2.3
5.3
Form der Zuwendung: Zuschuss
5.4
Bemessungsgrundlage:
Die förderfähigen Gesamtausgaben umfassen:
5.4.1
beim Projektfeld Anlauf- und Beratungsstellen nach Nummer 2.1:
5.4.2
5.4.3
a
die direkten Personalausgaben, die die Ausgaben für eigenes Personal und für Honorarkräfte
umfassen, wobei die Honorarkräfte ausschließlich für die in Nummer 4.1 definierten Aufgaben
eingesetzt werden können,
b
für alle übrigen Ausgaben einschließlich der Beiträge zu den Berufsgenossenschaften eine
Pauschale nach Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1304/2013 in Höhe von 10
Prozent der Personalausgaben nach Buchstabe a,
beim Projektfeld Arbeit statt Strafe nach Nummer 2.2:
a
die direkten Personalausgaben, die die Ausgaben für eigenes Personal und für Honorarkräfte
umfassen, wobei die Honorarkräfte ausschließlich für die in Nummer 4.2 definierten Aufgaben
eingesetzt werden,
b
für alle übrigen Ausgaben einschließlich der Beiträge zu den Berufsgenossenschaften eine
Pauschale nach Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1304/2013 in Höhe von 20
Prozent der Personalausgaben nach Buchstabe a,
beim Projektfeld Sozialpädagogische und berufsorientierende ambulante Angebote für Jugendliche
und Heranwachsende nach Nummer 2.3:
a
die direkten Personalausgaben, die die Ausgaben für eigenes Personal und für Honorarkräfte
umfassen, wobei die Honorarkräfte ausschließlich für die in Nummer 4.3 definierten Aufgaben
eingesetzt werden können,
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
9
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
b
für alle übrigen Ausgaben einschließlich der Beiträge zu den Berufsgenossenschaften eine
Pauschale nach Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1304/2013 in Höhe von 16,5
Prozent der Personalausgaben nach Buchstabe a,
5.4.4
beim Projektfeld Netzwerkkoordination nach Nummer 2.4:
Personal- und Sachausgaben
5.5
Die Förderung aus dem ESF beträgt maximal 75 Prozent der zuwendungsfähigen
Gesamtausgaben. Die nationale Kofinanzierung erfolgt aus Landesmitteln. Im Projektfeld
Sozialpädagogische und berufsorientierende ambulante Angebote für Jugendliche und
Heranwachsende nach Nummer 2.3 haben sich die jeweiligen Landkreise beziehungsweise
kreisfreien Städte mindestens in Höhe von 15 Prozent der gesamtzuschussfähigen Ausgaben zu
beteiligen.
6
Sonstige Zuwendungsbestimmungen
6.1
Die Zuwendungsempfänger müssen an Maßnahmen zur Qualitätssicherung mitwirken. Diese
beinhalten unter anderem die Überwachung der Ablauforganisation und Reflexion der eigenen
Tätigkeit anhand einheitlicher Qualitätsstandards, die Auswertung von Vor-Ort-Besuchen des
Ministeriums der Justiz und der Netzwerkkoordination, Erfahrungsaustausche sowie die Teilnahme
an möglichen wissenschaftlichen Evaluationen.
6.2
Der Zuwendungsempfänger ist verpflichtet dem Ministerium der Justiz und der Bewilligungsstelle
auch außerhalb der Verwendungsnachweisprüfung Auskünfte zu erteilen, die für die Beurteilung
des Erfolgs der Förderung erforderlich sind. Gegenüber der Bewilligungsstelle haben die
Zuwendungsempfänger in den Projektfeldern Anlauf- und Beratungsstellen, Arbeit statt Strafe
und Sozialpädagogische und berufsorientierende ambulante Angebote für Jugendliche und
Heranwachsende nach jedem Quartal bis zum 15. des Folgemonats einen Bericht zu den aktuellen
Teilnehmerzahlen und den für jedes Projektfeld individuell festgelegten Vorgaben zu erbringen.
Die Netzwerkkordination hat gegenüber der Bewilligungsstelle zum Ende eines Kalenderjahres den
Nachweis über die Erledigung der festgelegten Vorgaben zu erbringen.
6.3
Pflichten zur Information und Kommunikation
Gemäß Artikel 115 Absatz 3 und Anhang XII Nummer 2.2.1 bis Nummer 2.2.3 der Verordnung
(EU) Nr. 1303/2013 sind die Begünstigten der ESF-Förderung verpflichtet, bei allen Informationsund Kommunikationsmaßnahmen auf die Unterstützung aus dem ESF hinzuweisen, während
der Durchführung der Maßnahmen die Öffentlichkeit über die Unterstützung aus dem ESF
und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der geförderten Maßnahmen über die Finanzierung
durch den ESF zu informieren. Dabei ist auf die Förderung des Ministeriums der Justiz (MdJ)
aus Mitteln des ESF so hinzuweisen, dass die fördernde Rolle des MdJ und der Europäischen
Union für die Aktivitäten nach dieser Richtlinie zum Ausdruck gebracht wird. Dies ist auch in allen
öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Maßnahmen der Zuwendungsempfänger zum Ausdruck zu
bringen. Detaillierte Angaben zu den Vorgaben sowie Arbeitshilfen und Unterstützungsangebote
sind im „Merkblatt zur Information und Kommunikation ESF-geförderter Projekte“ auf der
Website www.esf.brandenburg.de veröffentlicht. Das Merkblatt ist für die Zuwendungsempfänger
verbindlich.
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
10
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
6.4
Liste der Vorhaben
Gemäß Artikel 115 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 wird eine Liste der Vorhaben
geführt und öffentlich zugänglich gemacht. Die Begünstigten der ESF-Förderung erklären sich bei
Annahme der Finanzierung damit einverstanden, dass sie in die zu veröffentlichende Liste der
Vorhaben aufgenommen werden.
Es werden folgende Daten aller Vorhaben veröffentlicht:
a
Name des Begünstigten (Nennung ausschließlich von juristischen Personen und nicht von
natürlichen Personen)
b
Bezeichnung des Vorhabens
c
Zusammenfassung des Vorhabens
d
Datum des Beginns des Vorhabens
e
Datum des Endes des Vorhabens (voraussichtliches Datum des Abschlusses der konkreten
Arbeiten oder der vollständigen Durchführung des Vorhabens)
f
Gesamtbetrag der förderfähigen Ausgaben des Vorhabens
g
Kofinanzierungssatz der Europäischen Union pro Prioritätsachse des Operationellen
Programms für den ESF im Land Brandenburg
h
Postleitzahl des Vorhabens oder andere angemessene Standortindikatoren
i
Land
j
Bezeichnung der Interventionskategorie für das Vorhaben gemäß Artikel 96 Absatz 2
Unterabsatz 1 Buchstabe b Ziffer vi der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013.
6.5
Eine Förderung ist ausgeschlossen, wenn eine weitere Förderung aus Mitteln der Strukturfonds
der Europäischen Union – Europäischer Sozialfonds (ESF) und Europäischer Fonds für regionale
Entwicklung (EFRE) –, dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen
Raums (ELER), aus den regional übergreifenden Operationellen Programmen des Bundes für
den ESF oder eine Förderung aus anderen Förderprogrammen der Europäischen Union für den
genannten Zuwendungszweck erfolgt.
6.6
Zur Antragsbearbeitung, Aus- und Bewertung der Förderung (Wirkungskontrolle) und zur
Erstellung einer Förderstatistik erfasst die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB)
statistische Daten auf der Grundlage bestehender und vorbehaltlich noch zu erlassender EUBestimmungen für den Strukturfondsförderzeitraum 2014 – 2020. Das betrifft insbesondere
Informationen zu den Maßnahmen/Projekten, den geförderten Unternehmen und Personen,
den geförderten Personengruppen, der Art der Beschäftigung, der Höhe und Dauer der
Förderung, dem Geschlecht, dem Bildungsabschluss und dem Status der Betreuten vor
Maßnahmebeginn sowie zum Verbleib nach der Förderung in der notwendigen Differenzierung.
Die im Zusammenhang mit den beantragten Zuwendungen stehenden Daten werden
auf Datenträgern gespeichert. Mit seinem Antrag erklärt sich der Antragstellende damit
einverstanden, die notwendigen Daten für die Projektbegleitung, Projektbewertung/Evaluierung,
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
11
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Projektfinanzverwaltung und Überprüfung/Prüfung zu erheben, zu speichern und an die
beauftragten Stellen weiterzuleiten. Die Erfüllung der Berichtspflichten und die Erhebung und
Pflege der Daten sind Voraussetzung für den Abruf von Fördermitteln des Landes Brandenburg bei
der Europäischen Kommission und deren Auszahlung an die Projektträger.
Die Zuwendungsempfänger/Zuwendungsempfängerinnen sind verpflichtet, die gemeinsamen
Output- und Ergebnisindikatoren für ESF-Interventionen gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr.
1304/2013 als auch weitere programmrelevante Daten zu erheben und dem Zuwendungsgeber
zu vorgegebenen Zeitpunkten zu übermitteln. Dazu erheben sie diese Daten bei den am
Projekt Teilnehmenden und am Projekt beteiligten Partner/Partnerinnen. Insbesondere die
am Projekt Teilnehmenden werden durch den Projektträger über die Notwendigkeit, die
Rechtmäßigkeit und den Umfang der Datenerhebung und -verarbeitung informiert und dieser holt
die entsprechenden Bestätigungen ein. Die Daten bilden die Grundlage für die Berichtspflichten
der ESF-Verwaltungsbehörde gegenüber der Europäischen Kommission. Zudem sind die
Zuwendungsempfänger/die Begünstigten verpflichtet, mit den für das Monitoring und die
Evaluierung des Programms beauftragten Stellen zusammenzuarbeiten. Insbesondere müssen
sie die erforderlichen Projektdaten zur finanziellen und materiellen Steuerung in das bei der
Bewilligungsstelle ILB eingerichtete IT-System regelmäßig eingeben. Fehlende Daten können
Zahlungsaussetzungen zur Folge haben.
6.7
7
Es sind die Förderbedingungen für das Operationelle Programm des Landes Brandenburg für den
Europäischen Sozialfonds in der Förderperiode 2014 – 2020 zu beachten.
Verfahren
7.1
Antragsverfahren
Anträge auf Förderung einschließlich des erforderlichen Konzepts sind zu einem bestimmten
Stichtag über das Internet-Portal der Bewilligungsstelle ILB zu stellen (siehe OnlineAntragsverfahren unter www.ilb.de). Hier wird auch der jeweilige Stichtag für die Einreichung der
Anträge bekannt gegeben.
7.2
Die Auswahl der Projekte erfolgt durch die ILB unter Einbeziehung eines fachlichen Votums.
7.3
Bewilligungsverfahren
Die Bewilligungsstelle ILB entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen auf Grundlage der
eingereichten Antragsunterlagen.
7.4
Mittelanforderungs- und Auszahlungsverfahren
Die Auszahlung der Zuwendung erfolgt nach Mittelanforderung gemäß Nummer 1.4 der
Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen für Projektförderungen (ANBest-P).
Die Anforderung der Mittel erfolgt elektronisch. Für die Anforderung bewilligter Zuwendungen ist
das im ILB-Portal bereitgestellte Formular „Mittelanforderung“ zu verwenden.
7.5
Verwendungsnachweisverfahren
Es ist ein Verwendungsnachweis nach Nummer 6 ff. ANBest-P einzureichen. Ein Nachweis der
pauschalierten Ausgaben anhand von Belegen ist nicht notwendig.
7.6
Zu beachtende Vorschriften
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
12
Richtlinie
Arbeit
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis
und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des
Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu §
44 LHO und die ANBest-P, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden
sind. Über die LHO und die ANBest-P hinaus sind die Regelungen auf der Grundlage bestehender
und vorbehaltlich noch zu erlassender Bestimmungen der EU für den Strukturfondsförderzeitraum
2014 – 2020 zu beachten, insbesondere bezüglich der Auszahlungs- und Abrechnungsverfahren.
Das Land Brandenburg kann nach Inkrafttreten dieser Richtlinie abweichende spezifische
Nebenbestimmungen für aus dem ESF finanzierte Förderungen erlassen. Diese werden sodann
Bestandteil der zu beachtenden Vorschriften. Bei bereits bewilligten Förderungen kann die
Bewilligungsbehörde die Anwendung der spezifischen Nebenbestimmungen für aus dem
ESF finanzierte Förderungen nachträglich durch Änderung der Bewilligung zum Gegenstand
der Förderung machen. Die Bewilligungsbehörde ist berechtigt, Bücher, Belege und sonstige
Geschäftsunterlagen anzufordern sowie die Verwendung der Zuwendung durch örtliche
Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen. Der Zuwendungsempfänger
hat die erforderlichen Unterlagen bereitzuhalten und die notwendigen Auskünfte zu erteilen. Der
Landesrechnungshof ist gemäß § 88 Absatz 1 und § 91 LHO zur Prüfung berechtigt. Des Weiteren
sind der Europäische Rechnungshof, die Europäische Kommission, der Bundesrechnungshof,
die für den ESF in Brandenburg zuständige Verwaltungs-, Bescheinigungs- und Prüfbehörde
sowie deren beauftragte Dritte berechtigt, bei dem Zuwendungsempfänger zu prüfen. Die
Zuwendungsempfänger sind verpflichtet, diesen Stellen im Rahmen der Überprüfung Einblick
in die Geschäftsunterlagen und Zugang zu den Geschäftsräumen zu gewähren und alle in
Zusammenhang mit der Verwendung der Zuwendung stehenden Auskünfte zu erteilen.
7.7
8
Subventionserhebliche Tatsachen
Gemäß dem Brandenburgischen Subventionsgesetz vom 11. November 1996 (GVBI. I
S. 306) gelten für Leistungen nach Landesrecht, die Subventionen im Sinne des § 264
des Strafgesetzbuches (StGB) sind, die §§ 2 bis 6 des Gesetzes gegen missbräuchliche
Inanspruchnahme von Subventionen vom 29. Juli 1976 (BGBI. I S. 2034). Die Bewilligungsbehörde
hat gegenüber den Antragstellern in geeigneter Weise deutlich zu machen, dass es sich
bei den Zuwendungen in der gewerblichen Wirtschaft um Subventionen im Sinne von § 264
StGB handelt. Die subventionserheblichen Tatsachen im Sinne des § 264 StGB werden
dem Zuwendungsempfänger im Rahmen des Antrags- und Bewilligungsverfahrens als
subventionserheblich bezeichnet.
Geltungsdauer
Diese Richtlinie tritt am 7. Oktober 2014 in Kraft und am 31. Dezember 2017 außer Kraft.
/
Haftvermeidung durch soziale Integration (HSI)
Richtlinie
Stand 10.2014
13
Bremen
Prof. Dr. Bernd Maelicke, Universität Lüneburg
[email protected]
Christopher Wein, Fachhochschule Kiel
[email protected]
15. Januar 2016
Fragebogen zum Thema „Übergangsmanagement in der ambulanten und stationären
Resozialisierung“
Die beiden Autoren bereiten z.Zt. ein Buch mit dem Titel „Komplexleistung Resozialisierung“ vor, das
beim NOMOS-Verlag erscheinen wird.
In diesem Rahmen wird in einem Schwerpunkt-Kapitel die derzeitige Situation des
Übergangsmanagements in den 16 Bundesländern dargelegt. Um einen aktuellen Praxisstand
abbilden und jedes Land berücksichtigen zu können, bitten wir um Ihre Unterstützung.
Uns interessiert insbesondere der Entwicklungsstand von (Modell-)Projekten zum Thema
Übergangsmanagement. Dabei sind sowohl Projekte für die Zielgruppe der jugendlichen und
heranwachsenden StraftäterInnen wie auch für erwachsene StraftäterInnen von Bedeutung. Bitte
beantworten Sie deshalb für beide Zielgruppen getrennt die nachfolgenden Fragen.
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Übergangsmanagement“?
Mit dem Begriff Übergangsmanagement werden alle Strategien und Maßnahmen, die zur
Wiedereingliederung von Ex-Strafgefangenen und Ex-Straffälligen sich als notwendig erwiesen haben,
erfasst. Hierzu gehören insbesondere eine durchgehende Betreuung der Personen, ein umfassendes
Assessment, das Training von schulischen und beruflichen Qualifikationen, aber auch von sozialen
Kompetenzen. Der Übergang von Haft in Freiheit ist hierbei eine besondere Problemlage; die
Notwendigkeit einer Nachsorge ist ausgeprägt. Zur Umsetzung ist eine Ressort-übergreifende
Kooperation notwendig.
Folglich umfasst die Strategie Übergangsmanagement mindestens drei (zusammenhängende) Ebenen der
Bearbeitung:
1) Die Fall-Ebene (Assessment, Berufswegeplanung, Qualifikation, Intensivbetreuung u.v.m.)
2) Die Ebene der Organisation (Kooperation, Schnittstellenproblematiken, Kommunikationsfluss,
gemeinschaftliches Vorgehen u.v.m.)
3) Die gesellschaftliche Ebene (rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen; Abbau
gesellschaftlicher Vorurteile; Einbezug der Zivilgesellschaft u.v.m.)
Bitte nennen Sie die für das Übergangsmanagement (in ihrem Bundesland) relevanten rechtlichen
Grundlagen?
Dies sind insbesondere folgende Vorschriften des Bremischen Strafvollzugsgesetzes:
§ 8 Vollzugs- und Eingliederungsplanung
§ 9 Inhalt des Vollzugs- und Eingliederungsplan
§ 42 Vorbereitung der Eingliederung
§ 43 Entlassung
§ 44 Nachgehende Betreuung
§ 45 Verbleib oder Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
In den Bundesländern sind verschiedene (Modell-)Projekte entstanden, die sich mit dem
Übergangsmanagement im Rahmen der ambulanten und stationären Resozialisierung befassen. Das
Buch möchte entsprechende „Best Practice“-Beispiele vorstellen. Bitte nennen Sie uns daher
Praxisbeispiele aus Ihrem Bundesland, die aus Ihrer Sicht für die angestrebte Resozialisierung
wirkungsvoll sind.
In Bremen werden seit über 20 Jahren Projekte zur Wiedereingliederung von Straffälligen
durchgeführt, auf deren Basis das Konzept des Übergangsmanagements entwickelt wurde und
die diese Strategie weiter umsetzen. Zu nennen sind hier insbesondere:
Der Projektverbund Chance (Teilprojekte in und außerhalb des Vollzuges; Maßnahmen
zur schulischen und beruflichen Qualifizierung; Betreuung, Berufshilfe; auch:
Beschäftigungsmöglichkeiten (gemeinnützige Arbeit)
Die Projekte Knastgewächse und IGEL (Beschäftigungsmöglichkeiten für Ex-Straffällige
(gemeinnützige Arbeit) im Bereich Landschafts- und Gartenbau – mit Betreuung)
Das Projekt Step-by-Step (Arbeitstherapeutisch orientierte Maßnahme im Jugendvollzug
und im Erwachsenenvollzug zur Herstellung erster Beschäftigungsfähigkeit)
Das Projekt WieNeT (Aufbau eines Wiedereingliederungsnetzwerkes in Bremen)
(Intensivbetreuung von Teilnehmern im Nachsorgebereich; Herstellung der
Kooperationsbeziehungen zu weiteren Institutionen, insbesondere dem Jobcenter, und weiteren
Arbeitsmarktakteuren)
Für eine konkrete Beschreibung der Projekte benötigen wir Informationen über die verschiedenen
Projekte. Bitte erläutern Sie für die o.a. Projekte die Rahmenbedingungen (Konzepte, Organisation,
Finanzierung, Personal) bzw. senden Sie uns entsprechende Informationsmaterialen zu.
-
Hierzu wird auf die beigefügten Anlagen verwiesen (Rahmenkonzept Chance-Netzwerk;
Projektskizze WieNeT; Fachartikel zu Step-by-Step; Fachartikel zu Knastgewächse
Wir wollen auch, soweit möglich, vorliegend Evaluationsergebnisse der Projekte vorstellen. Senden
Sie uns deshalb bitte entsprechendes Datenmaterial oder andere Quellen zu oder benennen Sie uns
für diese Fragestellung bitte mögliche AnsprechpartnerInnen.
Evaluationsergebnisse liegen nicht vor.
Die positive Einschätzung der Projekte beruht insofern auf den Erfahrungen der Einschätzenden.
Ansprechpartner:
Dr. Eduard Matt
[email protected]
Wir bitten um Rücksendung bis zum 1. März 2016 an o.g. Mail-Adressen oder postalisch an:
Prof. Dr. Bernd Maelicke
Deutsches Institut für Sozialwirtschaft, Ringstr. 35, 24114 Kiel
Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Mitwirkung.
Freundliche Grüße
Bernd Maelicke und Christopher Wein
Prof. Dr. Bernd Maelicke, Universität Lüneburg
[email protected]
Christopher Wein, Fachhochschule Kiel
[email protected]
15. Januar 2016
Fragebogen zum Thema „Übergangsmanagement in der ambulanten und stationären
Resozialisierung“
Die beiden Autoren bereiten z.Zt. ein Buch mit dem Titel „Komplexleistung Resozialisierung“ vor, das
beim NOMOS-Verlag erscheinen wird.
In diesem Rahmen wird in einem Schwerpunkt-Kapitel die derzeitige Situation des
Übergangsmanagements in den 16 Bundesländern dargelegt. Um einen aktuellen Praxisstand
abbilden und jedes Land berücksichtigen zu können, bitten wir um Ihre Unterstützung.
Uns interessiert insbesondere der Entwicklungsstand von (Modell-)Projekten zum Thema
Übergangsmanagement. Dabei sind sowohl Projekte für die Zielgruppe der jugendlichen und
heranwachsenden StraftäterInnen wie auch für erwachsene StraftäterInnen von Bedeutung. Bitte
beantworten Sie deshalb für beide Zielgruppen getrennt die nachfolgenden Fragen.
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Übergangsmanagement“?
Mit dem Begriff Übergangsmanagement werden alle Strategien und Maßnahmen, die zur
Wiedereingliederung von Ex-Strafgefangenen und Ex-Straffälligen sich als notwendig erwiesen haben,
erfasst. Hierzu gehören insbesondere eine durchgehende Betreuung der Personen, ein umfassendes
Assessment, das Training von schulischen und beruflichen Qualifikationen, aber auch von sozialen
Kompetenzen. Der Übergang von Haft in Freiheit ist hierbei eine besondere Problemlage; die
Notwendigkeit einer Nachsorge ist ausgeprägt. Zur Umsetzung ist eine Ressort-übergreifende
Kooperation notwendig.
Folglich umfasst die Strategie Übergangsmanagement mindestens drei (zusammenhängende) Ebenen der
Bearbeitung:
1) Die Fall-Ebene (Assessment, Berufswegeplanung, Qualifikation, Intensivbetreuung u.v.m.)
2) Die Ebene der Organisation (Kooperation, Schnittstellenproblematiken, Kommunikationsfluss,
gemeinschaftliches Vorgehen u.v.m.)
3) Die gesellschaftliche Ebene (rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen; Abbau
gesellschaftlicher Vorurteile; Einbezug der Zivilgesellschaft u.v.m.)
Bitte nennen Sie die für das Übergangsmanagement (in ihrem Bundesland) relevanten rechtlichen
Grundlagen?
Dies sind insbesondere folgende Vorschriften des Bremischen Strafvollzugsgesetzes:
§ 8 Vollzugs- und Eingliederungsplanung
§ 9 Inhalt des Vollzugs- und Eingliederungsplan
§ 42 Vorbereitung der Eingliederung
§ 43 Entlassung
§ 44 Nachgehende Betreuung
§ 45 Verbleib oder Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
In den Bundesländern sind verschiedene (Modell-)Projekte entstanden, die sich mit dem
Übergangsmanagement im Rahmen der ambulanten und stationären Resozialisierung befassen. Das
Buch möchte entsprechende „Best Practice“-Beispiele vorstellen. Bitte nennen Sie uns daher
Praxisbeispiele aus Ihrem Bundesland, die aus Ihrer Sicht für die angestrebte Resozialisierung
wirkungsvoll sind.
In Bremen werden seit über 20 Jahren Projekte zur Wiedereingliederung von Straffälligen
durchgeführt, auf deren Basis das Konzept des Übergangsmanagements entwickelt wurde und
die diese Strategie weiter umsetzen. Zu nennen sind hier insbesondere:
Der Projektverbund Chance (Teilprojekte in und außerhalb des Vollzuges; Maßnahmen
zur schulischen und beruflichen Qualifizierung; Betreuung, Berufshilfe; auch:
Beschäftigungsmöglichkeiten (gemeinnützige Arbeit)
Die Projekte Knastgewächse und IGEL (Beschäftigungsmöglichkeiten für Ex-Straffällige
(gemeinnützige Arbeit) im Bereich Landschafts- und Gartenbau – mit Betreuung)
Das Projekt Step-by-Step (Arbeitstherapeutisch orientierte Maßnahme im Jugendvollzug
und im Erwachsenenvollzug zur Herstellung erster Beschäftigungsfähigkeit)
Das Projekt WieNeT (Aufbau eines Wiedereingliederungsnetzwerkes in Bremen)
(Intensivbetreuung von Teilnehmern im Nachsorgebereich; Herstellung der
Kooperationsbeziehungen zu weiteren Institutionen, insbesondere dem Jobcenter, und weiteren
Arbeitsmarktakteuren)
Für eine konkrete Beschreibung der Projekte benötigen wir Informationen über die verschiedenen
Projekte. Bitte erläutern Sie für die o.a. Projekte die Rahmenbedingungen (Konzepte, Organisation,
Finanzierung, Personal) bzw. senden Sie uns entsprechende Informationsmaterialen zu.
-
Hierzu wird auf die beigefügten Anlagen verwiesen (Rahmenkonzept Chance-Netzwerk;
Projektskizze WieNeT; Fachartikel zu Step-by-Step; Fachartikel zu Knastgewächse
Wir wollen auch, soweit möglich, vorliegend Evaluationsergebnisse der Projekte vorstellen. Senden
Sie uns deshalb bitte entsprechendes Datenmaterial oder andere Quellen zu oder benennen Sie uns
für diese Fragestellung bitte mögliche AnsprechpartnerInnen.
Evaluationsergebnisse liegen nicht vor.
Die positive Einschätzung der Projekte beruht insofern auf den Erfahrungen der Einschätzenden.
Ansprechpartner:
Dr. Eduard Matt
[email protected]
Wir bitten um Rücksendung bis zum 1. März 2016 an o.g. Mail-Adressen oder postalisch an:
Prof. Dr. Bernd Maelicke
Deutsches Institut für Sozialwirtschaft, Ringstr. 35, 24114 Kiel
Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Mitwirkung.
Freundliche Grüße
Bernd Maelicke und Christopher Wein
Übergangsmanagement in Bremen
– Beratung und Unterstützung zum Zeitpunkt der (Neu)Inhaftierung bzw. Haftantritt sowie
zur Vorbereitung auf die Haftentlassung Die folgenden Einrichtungen/Projekte der freien Straffälligenhilfe werden finanziell getragen von der
Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen und Sport sowie dem Senator für Justiz und Verfassung
Bremen und beinhalten u. a. Aufgaben im Rahmen des Übergangsmanagements.
Die Rechtsgrundlagen liegen neben Regelungen nach dem Brem.StVollzG auch in §§ 67/68 SGB XII, §
11 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII; § 16a Nr. 3 SGB II
1. Zentralstelle für Straffälligenhilfe in der Stadtgemeinde Bremen
Kooperationsvereinbarung zum Betrieb einer Zentralstelle für Straffälligenhilfe (ZST)
seit 1977, aktualisierte Fassung 13.12.2002, zwischen dem
- Verein Bremische Straffälligenbetreuung (VBS)
- Amt für Soziale Dienste in Bremen
Kooperationsgemeinschaft zum Zwecke der schnellen und unbürokratischen Hilfe bei
Straffälligkeit, Inhaftierung, Entlassungsvorbereitung und nach Haftentlassung unter einem
Dach:
A. Offene Sozialberatungsstelle
Den Mitarbeiter/innen des freien Trägers obliegt das Fallmanagement zur Klärung der
Lebenslage, Beratung und Unterstützung in persönlichen, wirtschaftlichen, sozialen,
familiären, beruflichen und behördlichen Angelegenheiten sowie die Vermittlung zu
weiteren relevanten Hilfen.
Grundlage ist die zwischen der senatorischen Behörde für Soziales sowie dem Verein
abgestimmte Leistungsbeschreibung vom 02.06.2014.
Träger: Verein Bremische Straffälligenbetreuung
B. Amt für Soziale Dienste, Zentrale Wirtschaftliche Hilfen,
für Straffällige, Wohnungslose und Drogenabhängige:
Klärung und Bewilligung sozialhilferechtlicher Ansprüche sowie die Begutachtung und
Hilfeplanfortschreibung für kostenpflichtige Maßnahmen (ambulantes und
teilstationäres betreutes/begleitetes Wohnen) im Zusammenwirken mit dem Verein
Bremische Straffälligenbetreuung.
-
Offene Sprechzeiten an drei Vormittagen und nach Absprache
Wöchentliche Sprechstunden im Männer- und Frauenvollzug der JVA Bremen
Die Zentralstelle für Straffälligenhilfe befindet sich im Stadtzentrum am
Bahnhofsplatz und im gleichen Gebäude mit der Zentralen Fachstelle Wohnen.
Rechtsgrundlagen: Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten
gemäß §§ 67 – 69; § 11 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII; § 16a Nr. 3 SGB II
1
2. Gruppenarbeit mit substituierten Inhaftierten und Haftentlassenen
Seit 1993 integrales Unterstützungsprojekt der Sozialberatungsstelle des Vereins Bremische
Straffälligenbetreuung (VBS) im Rahmen der Entlassungsvorbereitung aus Haft und der
Nachentlassenenhilfe.
- Kooperationsprojekt zwischen dem VBS und der JVA Bremen.
- Konzept:
Wöchentliche Gruppensitzungen außerhalb der Anstalt mit bis zu 8 Teilnehmern,
Leitung: 2 Sozialpadägogen, beschäftigt in der Sozialberatungsstelle und im
Entlassungsvorbereitungspool der JVA Bremen (EVB-Pool)
Themen und Aktivitäten: Sucht und Substitution, Gesundheitliche Probleme und
Prävention, Freizeitverhalten und –möglichkeiten außerhalb der Drogenszene, Suche
nach Substitutionsärzten, Vorbereitung auf die Haftentlassung, Ausbildungs- und
Beschäftigungsmöglichkeiten nach Haft, Besuche kultureller und sportlicher
Einrichtungen und Veranstaltungen, Tagesausflüge.
Träger: Verein Bremische Straffälligenbetreuung
Finanzierung: Senatorische Behörden für Justiz und Verfassung sowie Soziales
(Personalkosten), Spenden/Bußgelder (Sachmittel)
3. Zentrale Fachstelle Wohnen (ZFW)
Bei der Zentralen Fachstelle Wohnen handelt es sich um eine öffentlich-private Partnerschaft
(Public –privat-Partnership (PPP)) zwischen dem öffentlichen Träger Amt für Soziale Dienste
und einzelnen Trägern der freien Straffälligen-, Drogen- und Wohnungslosenhilfe in Bremen,
zuständig für erwachsene Männer und Frauen, die obdachlos sind, von Wohnungslosigkeit
bedroht sind oder in ungesicherten Wohnverhältnissen leben.
Für den Personenkreis Straffällige, von Straffälligkeit und Strafe Bedrohte, Inhaftierte,
Haftentlassene und deren Angehörige mit einer Wohnungsnotfallproblematik besteht seit
dem 01.04.2006 eine Leistungsvereinbarung zwischen dem Senator für Arbeit, Frauen,
Gesundheit, Jugend und Soziales und dem Verein Bremische Straffälligenbetreuung (VBS) zur
Beteiligung an der Einrichtung und am Betrieb einer Zentralen Fachstelle Wohnen (ZFW).
Grundlage ist die zwischen der senatorischen Behörde für Soziales sowie dem Verein
abgestimmte Leistungsbeschreibung vom 03.09.2014.
Der Verein Bremische Straffälligenbetreuung ist zuständig für
- Erwachsene Straffälligen, von Straffälligkeit und Strafe Bedrohte, Inhaftierte und
Haftentlassene mit einer Wohnungsnotfallproblematik sowie deren Angehörige
- Straffällige erwachsene wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Männer
und Frauen, die aus einer Justizvollzugsanstalt oder gleichartigen Einrichtung (z.B.
Forensik etc.) entlassen werden
- Inhaftierte erwachsene Männer und Frauen im Rahmen der
EntlassungsvorbereitungInhaftierte erwachsene Männer und Frauen, denen aufgrund
der Inhaftierung Wohnungsverlust droht (Wohnungssicherung)
2
Zentrale Leistungen im Rahmen des Übergangsmanagements:
- Wöchentliche Sprechstunden im Männervollzug sowie im Frauenvollzug der JVA Bremen:
Beratung von Inhaftierten zum Wohnungserhalt und Verhinderung von Wohnungsverlust
bei Inhaftierung/Haftantritt
- Unterstützung bei der Wohnungssuche im Rahmen der Entlassungsvorbereitung (EVB)
und der Wohnungsanmietung sowie Verhinderung von Wohnungslosigkeit durch ggf.
Vermittlung in Notunterkünfte
- Vermittlung zu weiterführenden Hilfesystemen, insb. für Straffällige, Suchtkranke,
Psychisch Kranke etc..
Rechtsgrundlagen: Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten
gemäß §§ 67 – 69; § 11 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII; § 16a Nr. 3 SGB II
4. VBS Schuldner- und Insolvenzberatung für Straffällige, Inhaftierte im offenen und
geschlossenen Vollzug, Haftentlassene und deren Angehörige.
-
-
-
Gemäß Anstaltsverfügung von 11/2015 wird seit 01.01.2016 werden Inhaftierte bei der
Schuldenregulierung unterstützt. Dies auf der Grundlage des BremStrVollzG vom
01.01.2015, § 5 Soziale Hilfe. Die Schuldner- und Insolvenzberatung wird vom Verein
Bremische Straffälligenbetreuung durchgeführt.
Bis zum 31.12.15 konnte die Schuldnerberatung lediglich als Sondierungsgespräch im
Rahmen der Entlassungsvorbereitung angeboten werden.
Die Unterstützung bei der Schuldenregulierung umfasst die professionelle Schuldnerund Insolvenzberatung durch Fachberater der VBS Schuldner- und Insolvenzberatung.
In Haft begonnene und noch nicht abgeschlossene Regulierungsverfahren werden nach
Haftentlassung durch die Schuldnerberatungsstelle weiterhin begleitet und zum
Abschluss gebracht.
„Erste- Hilfe-Mappe“ für Inhaftierte und Bedienstete des Vollzuges. Die Mappe enthält
Informationen und Formschreiben zur Kündigung von Verträgen, etc.
Träger: Verein Bremische Straffälligenbetreuung. Gründung der spezialisierten
Schuldnerberatung für Straffällige 1980.
Finanzierung:
-Senator für Justiz und Verfassung: Schuldner- und Insolvenzberatung für Inhaftierte
(Jugend-, Männer- und Frauenvollzug)
-Senatorin für Soziales: Schuldnerberatung für Inhaftierte des offenen Vollzugs, für
Straffällige, Haftentlassene (Jugendliche und Erwachsene) und Angehörige
5. Schuldenregulierungsfonds
für Straffällige, Inhaftierte, Haftentlassene und deren Angehörige.
Der Schuldenregulierungsfonds oder Resozialisierungsfonds wurde 1985 beim Verein
Bremische Straffälligenbetreuung eingerichtet. Gründungsmitglieder sind der Senator für
3
Justiz und Verfassung, die Sozialen Dienste der Justiz sowie einige freie Träger der
Straffälligen- und Drogenhilfe in Bremen, die Einlagen in den Fonds erbracht haben.
Über den Fonds werden Bürgschaften bei Darlehensaufnahme der Schuldner gegenüber
der Sparkasse Bremen vom Vorstand des Trägers übernommen.
Der Fonds ist eine Entschuldungshilfe im Rahmen der Schuldenregulierung für
überschuldete straffällig gewordene, inhaftierte oder haftentlassene Männer und Frauen
und deren Angehörige.
Finanzierung: Die Personalkosten für die Fondsverwaltung und Betreuung der Fondsfälle
werden vom Senator für Justiz und Verfassung getragen.
6. Entlassungsvorbereitungspool (EVB-Pool)
Arbeitsgemeinschaft zwischen der JVA Bremen und den beiden freien Trägern der
Straffälligenhilfe, Hoppenbank e.V. und Verein Bremische Straffälligenbetreuung.
Die Koordination liegt bei der JVA Bremen.
Aufgaben:
Beratung und Vermittlung von inhaftierten Frauen und Männern in kostenpflichtige
Maßnahmen (Betreutes und begleitetes Wohnen, Alkohol- oder Drogentherapie, Langzeitund Wiedereingliederungshilfen) im Hilfesystem für Straffällige, Drogenabhängige und
Psychisch Kranke.
Die Beratung und Unterstützung kann freiwillig in Anspruch genommen werden.
Finanzierung: Senator für Justiz und Verfassung
7. Intensiv Begleitetes Wohnen, Sozialtherapeutisches Wohnheim, Aufsuchende Hilfen
Die Träger der freien Straffälligenhilfe, VereinBremische Straffälligenbetreuung u. Hoppenbank e.V.,
sind Träger von Wohnprojekten für Straffällige und Haftentlassene. Es handelt sich um ambulante
sowie teilstationäre Begleitung in Projekthäusern und im Einzelbetreuten Wohnen.
Maßnahmebeginn: In begründeten Fällen 3 Monate vor Haftentlassung möglich.
Betreuungsdauer: bis 24 Monate
Vermittlung: Die Vermittlung erfolgt aus Haft über den Entlassungsvorbereitungspool (EVB-Pool).
Bei Straffälligen und bereits Haftentlassenen vermittelt die Sozialberatungsstelle des
Vereins Bremische Straffälligenhilfe oder das Jobcenter Bremen.
Gutachterlicher Fachdienst: Zentrale Wirtschaftliche Hilfen des Amtes für Soziale Dienste
Rechtsgrundlagen: §§ 67-68 SGB XII; § 16a Nr. 3 SGB II
Bremen, den 02.09.2016
Elke Bahl, Verein Bremische Strafälligenbetreuung
4
1
Stand 28.08.2015
Rahmenkonzept Chance Netzwerk
Mit den im ESF beantragten Projekten im Bereich Straffälligenarbeit wird die
erfolgreiche Arbeit des Projektverbundes Chance aus Chance I bis Chance IV zur
systematischen Betreuung von Straffälligen mit dem Ziel der Wiedereingliederung
fortgesetzt und weiterentwickelt werden. Der Projektverbund Chance ist erfolgreich
in der Wiedereingliederung von Ex- Gefangenen und Ex-Straffälligen tätig. In den
Jahren hat sich ein Netzwerk unterschiedlicher Projekte und Träger, oftmals durch
weitere Fördermittel finanziert, gebildet, so dass hier der Begriff Chance-Netzwerk
zur Umschreibung genutzt werden wird. Die aktuelle Förderphase Phase von
Chance IV endete am 31.12.2014. Weitere Förderungen für den Zeitraum nach
dem 01.01.2015 wurden und werden beantragt.
Der im Jahr 2000 gegründete Projektverbund Chance zielt langfristig auf eine
Verbesserung und Systematisierung der beruflichen und sozialen Wiedereingliederung von (Ex-)Strafgefangenen und (Ex-)Straffälligen ab. In diesem
Rahmen werden Konzeptionen einer systematischen Wiedereingliederungsstrategie entwickelt und umgesetzt. Wiedereingliederung wird als Prozess
aufgefasst und umfasst sowohl die Zeit in der Haft als auch die Zeit danach. Zu
gestalten ist folglich ein entsprechender Förderkorridor, der sowohl die
unterschiedlichen Bereiche als auch die Bedarfe der TeilnehmerInnen abdeckt.
Beginnend mit ersten fachpraktischen Qualifizierungen und (Wieder-)Herstellung
von Beschäftigungsfähigkeit in der Justizvollzugsanstalt wird der Übergang von
Haft oder Straffälligkeit in Freiheit mit Aspekten der Nachbetreuung / Nachsorge
verbunden. In den bislang vier Förderperioden wurden hierbei unterschiedliche
Ansätze und Schwerpunkte entwickelt, ausgetestet und auf ihre Wirksamkeit
überprüft. Der Schwerpunkt der vollzuglichen Bildung und Qualifizierung zu Beginn
der ersten Förderphase wurde in den nachfolgenden Phasen mit Maßnahmen, die
den Übergang von Haft in Freiheit und die Nachsorge umfassen, ausgebaut.
Aufgrund der Erfahrungen des Projektverbundes hat sich hierbei die Notwendigkeit
von Netzwerkarbeit und institutionsübergreifender systematischen Ansätzen
gezeigt. Eine Institution oder Träger alleine ist nicht in der Lage die vielfältigen
Bedarfe sowie die Bearbeitung der bei den meisten Personen vorliegenden
multiplen Problemlagen zur Überwindung der Integrationshemmnisse im Rahmen
der berufsorientierten und sozialen Wiedereingliederung zu leisten. Von erheblicher
Bedeutung ist eine systematische und übergreifende Kooperation von Institutionen
und Ressorts. In der Förderphase Chance IV kam ein deutlicherer Bezug auf die
Einbindung und das Verhältnis zum Stadtteil hinzu. Die Armutsbekämpfung, die
Verhinderung der Verfestigung langfristiger Langzeitarbeitslosigkeit ist eine weitere
Zielsetzung. Unter dem Begriff Übergangsmanagement hat der Gedanke der
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2
systematischen Wiedereingliederungspolitik
europäische Diskussion gefunden.
Eingang
in
die
deutsche
und
Angestrebt wird weiterhin die Ein-/ und Anbindung des Quartiers. Die Erkenntnisse
aus der Netzwerkarbeit der Projektpartnerschaft und Institutionen wie zum Beispiel
den Sozialen Diensten der Justiz (Bewährungshilfe/Führungsaufsicht) hatten
gezeigt, dass überproportional viele der Klienten nach Haftentlassung in den
Stadtteilen Oslebshausen und Gröpelingen verbleiben. Dies ist u.a. neben der
Anhängigkeit an SGB II-Leistungen mit erheblichen Problembelastungen der
Stadtteile verbunden, die gemeinschaftlich angegangen werden sollten.
Der Projektverbund Chance liefert sowohl systematische als auch fachpraktische
Erfahrungen und Erkenntnisse, die in die Weiterentwicklung einer systematischen
Wiedereingliederungspolitik für Benachteiligte eingehen. Sowohl die Konzeption als
auch die praktische Umsetzung findet große Zustimmung in der deutschen
Diskussion. Viele Ansätze wurden von anderen Ländern aufgegriffen und in ihre
Systematiken eingebunden.
Zur konkreten Arbeit des Projektverbundes Chance gehören
die Projekte der praktischen Umsetzung in und außerhalb der JVA,
die Bildung und Zusammenarbeit in Netzwerken, in denen die
Konzeptualisierungen der Wiedereingliederungsstrategien diskutiert und
verbreitet werden (lokal, national wie transnational).
Die Einbindung und Teilhabe an weiteren Netzwerkverbünden und der
Austausch von Best-Practise
Mit der Zielgruppe der Strafgefangenen und der (Ex-)Strafgefangenen befasst sich
das Projekt mit einer besonders schwierigen Klientel. Auf der einen Seite findet sich
ein sehr hoher Anteil von Langzeitarbeitslosen, auf der anderen Seite vielfältige
Vermittlungshemmnisse / multiple Problemlagen (Drogenkonsum, veraltete
und/oder nicht vorhandene Qualifikationen; Schulverweigerer; soziale Auffälligkeiten, Schulden, lang anhaltender sozialer Ausschluss u.a.).
Einige Zahlen: Die JVA Bremen verfügt über ca. 750 Haftplätze; ca. 1000 Personen
werden jedes Jahr aus der Strafe entlassen. Der Anteil ohne deutsche Staatsangehörigkeit
beträgt ca. 32% für den gesamten Vollzug in Bremen (ca. 22% für die Bundesrepublik).
(Innerhalb der einzelnen Abteilungen ist der Anteil dabei unterschiedlich. So ist der Anteil
im Untersuchungshaftbereich und im Jugendbereich überdurchschnittlich, im Erwachsenenbereich unterdurchschnittlich. Hinzu kommen weitere Personen mit Migrationshintergrund (z.B. Aussiedler sowie Eingebürgerte.) Der Frauenanteil liegt unter 5%. Die
Bremer Bewährungshilfe hat ca. 2800 Klienten. Von diesen sind ca. 2/3 ohne
Beschäftigung. Über 60% der Strafgefangenen waren bereits vor Inhaftierung
langzeitarbeitlos. Bei den Meisten liegen nur geringe schulische und berufliche
Qualifikationen vor.
Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt werden durch das Stigma Straffälligkeit noch
zusätzlich eingeschränkt. Besonders schwierig gestaltet sich der Übergang aus der
C:\Users\Christopher\Desktop\SicherungStick\Komplexleistung_Resozialisierung\Antworten fuer Buch\Bremen\Bremen3_BKonzept_Chance_Netz.doc
3
Haft in Freiheit, aus einer hoch vorgegebenen Struktur in eine Situation, in der der
Entlassene sein Leben wieder völlig selbst bestimmen muss. Für sehr viele
Entlassene stellt dieser Übergang eine besondere Risikolage dar, oftmals
bezeichnet als das so genannte 'Entlassungsloch'. Bei Nicht-Gelingen ist der
Übergang verbunden mit einem hohen Rückfallrisiko in Straffälligkeit. Es bedarf
eines außergewöhnlichen und langfristigen Aufwandes, diese Klientel sozial zu
integrieren (Soziale Teilhabe) ebenso wie in Beschäftigung zu bringen, zu halten
bzw. wieder in den Arbeitsmarkt oder in Beschäftigung zu integrieren. Zugleich
zeichnet sich die Klientel der Strafgefangenen allgemein durch ein hohes
Rückfallrisiko in Straffälligkeit aus.1
Die beantragten Vorhaben werden an die Vorerfahrungen von Chance I bis Chance
IV anknüpfen, diese ggf. weiter ausbauen sowie an geänderte Förderbedingungen
anpassen. Das Konzept der Entwicklung und des Ausbaus eines integrationsorientierten Förderkorridors soll weiter verfolgt werden. Beginnend mit einem
entsprechenden Screening beim Zugang in der JVA, verbunden mit der Erstellung
eines Integrationsplanes, der die Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit bzw. den
Erhalt und Ausbau von beruflichen und sozialen Kompetenzen in Maßnahmen in
der Anstalt projektiert und deren Umsetzung organisiert, hin zu einer deutlichen
Entlassungsvorbereitung, in der Beratung und nach Möglichkeit bereits Vermittlung
in Ausbildung, Beschäftigung und Arbeit für die Zeit spätestens nach der Haft
organisiert werden. Eine Nachbetreuung sowohl in beruflichen als auch in
psychosozialen Fragen soll eine Stabilisierung der Lebenslagen bei den Klienten
bewirken. Gemeinnützige Beschäftigungsmöglichkeiten für die Zeit direkt nach der
Haftentlassung werden vorgehalten, um den Übergang besser zu strukturieren.
Zwecks Umsetzung des Integrationsplanes ist ein entsprechendes Übergangsmanagement organisiert worden. Hierzu gehört die Schaffung einer systematischen
Betreuungsstruktur, das Vorhalten von Beschäftigungsmöglichkeiten, die
Vermittlung in Arbeit und/oder an andere Hilfe-Systeme. Es gilt, möglichst viele für
den Prozess relevante Institutionen in den Prozess einzubinden. Der
Nachsorgebereich wird weiterhin räumlich konzentriert im KompetenzCentrum
(Sonnemannstrasse 6) angesiedelt sein.
Zur Verbesserung der Chancen der schwierigen Klientel wird als neuer Weg eine
systematische Organisation des Übergangs aus der JVA in die Nachbetreuung
geschaffen. Zur Gesamtstrategie des Übergangsmanagements gehört die
Bereitstellung von gemeinnützigen Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb der
1
Gemäß der deutschen Rückfallstatistik werden von den aus der Haft mit Endstrafe entlassen im Erwachsenenbereich jeder Vierte, im Jugendbereich jeder Dritte innerhalt der folgenden 3
Jahre wieder inhaftiert werden. Bezogen auf jegliche Verurteilungen werden ca. 48% aus dem allgemeinen Strafvollzug, und ca. 55% aus dem Jugendvollzug rückfällig werden. (Jörg-Martin Jehle;
Hans-Jörg Albrecht; Sabine Hohmann-Fricke; Carina Tetal: Legalbewährung nach strafrechtlichen
Sanktionen. Eine bundesweite Rückfalluntersuchung 2004-2007. Hg. vom Bundesministerium der
Justiz. Berlin 2010)
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JVA sowie der Zugang und die Vermittlung in soziale Hilfeinstitutionen. Die
Schaffung eines Netzwerkes aller beteiligten Institutionen - Arbeitsmarktakteure,
Soziale Dienste der Justiz, Sozialdienst der JVA, Freie Straffälligenhilfe u.a. - ist
hierzu notwendig. Erst das Zusammenwirken der Institutionen im Projektverbund,
erst ein vernetztes Vorgehen verspricht ein erfolgreiches Handeln. Zwecks
konzeptueller Weiterentwicklung, Um- und Durchsetzung dieser Strategie
einschließlich der Netzwerkarbeit, des Wissenstransfers und der internen
Begleitung und Unterstützung der Teilprojekte ist eine Gesamtkoordination
notwendig.
Weiterhin sollen Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung im und außerhalb
des Vollzug(es) in der ESF-Förderphase weiter an die gegebenen Bedingungen
angepasst werden. Eine enge Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit Bremen
und dem Jobcenter als wesentliche Arbeitsmarktakteure ist in Form der
bedarfsgerechten Zuarbeit und Einbindung des dortigen Fachwissens und der
Fachkompetenzen der Institutionen angedacht.2 Festzuhalten ist, dass Bremen mit
der Implementierung des KompetenzCentrums als zentrale Managementstelle aller
für den Straffälligenbereich erforderlichen gebündelten Fachkompetenzen einen
Vorbildcharakter für die berufsorientierte Integration und damit Vermeidung von
Langzeitarbeitslosigkeit bei Straffälligen hat. Die Einbindung der Agentur für Arbeit
Bremen und dem Jobcenter wird hier als ein wesentlicher Bestandteil gesehen.
Die Gesamtkonzeption hat sich zugleich als Ausdruck einer wissenschaftlichen, auf
evidenz-basierten Konzeption für eine systematische und Erfolg versprechende
Wiedereingliederungspolitik erwiesen, die auf den folgenden zentralen
Komponenten basiert:
- Ermittlung der Bedarfe im Vollzug; Integrationsplanung
- Verbindung der Arbeit im Vollzug mit einer Betreuung nach der Haftentlassung
- Qualifizierung im Vollzug mit einer
Vermittlungsarbeit, soziales Training
entsprechenden
Betreuungs-
und
- Strukturierung des Übergangs zur Vermeidung des ‚Entlassungsloches’
- Bereitstellung von Beschäftigungsmöglichkeiten direkt im Anschluss an die Haft
- Betreuung nach der Entlassung; Stabilisierung der Lebenslagen, soziales
Training
- Abbau von Vermittlungshemmnissen (weiterer Problemlagen) unter Zuhilfenahme weiterer Institutionen (Übergangsnetzwerk)
2
Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit ist in der letzten Förderphase in Form einer
Kooperationsvereinbarung zwischen Senator für Justiz, Sozialen Diensten der Justiz, JVA, Agentur
für Arbeit, Bremen und Bremerhaven und den Job-Centern Bremen und Bremerhaven vom
01.05.2012 festgehalten worden.
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Erst die Verbindung der Arbeiten in den Anstalten mit der Strukturierung des
Übergangs und einer systematischen Nachbetreuung hat sich als Erfolg
versprechend erwiesen. Sie ist zugleich von kriminalpräventiver Relevanz, zeigt
sich bei Umsetzung doch ein deutlicher Rückgang des Rückfallrisikos.3
Projektstruktur und Teilprojekte im Projektverbund Chance / Chance
Netzwerk
Zur Durchführung der Konzeption sind Maßnahmen in den folgenden Bereichen
notwendig:
-
Abklärung Beschäftigungsfähigkeit im Vollzug
-
Beschäftigung und Training im Vollzug
-
Betreuung und Vermittlung in Beschäftigung und Arbeit, sowohl bereits aus
dem Vollzug heraus, als auch in der Phase nach Haftentlassung
-
Beratung und Betreuung in der Nachhaftzeit / Nachsorge
-
Beschäftigungsangebote als Übergangsangebot nach Entlassung
-
Integrationsunterstützende Maßnahmen
-
die Koordination der Aufgaben
In der aktuellen Förderphase sind die jeweiligen aus ESF-Mitteln zu fördernden
Teilprojekte an unterschiedlichen Stellen im Gesamtverlauf der Stationen von
Straffälligkeit verortet. Es finden sich sowohl Projekte
in der Justizvollzugsanstalt,
Im Übergang von Haft in Freiheit und
im Nachsorgebereich außerhalb der Anstalt.
In der JVA
Angesichts der Heterogenität der Klientel der Justizvollzugsanstalt sind
unterschiedliche Maßnahmen notwendig sowie insbesondere gerade auch eine
entsprechende Steuerung der Verläufe.
3
Entsprechende Ergebnisse finden sich in den ersten Meta-Evaluationen und Darlegungen
zu einer evidenzbasierten Praxis für den Bereich der Wiedereingliederung von (Ex-)Strafgefangenen. So zeigen amerikanische Meta-Analysen eine Rückfallreduktion nach qualifizierender Arbeitsmaßnahme im Vollzug von 5,9 bis 7,8%, nach grundlegenden Bildungsprogrammen 5,1 bis 7,8%,
nach beruflichen Qualifizierungsangeboten zwischen 9 und 12,6% (siehe z.B. Steve Aos; Marna
Miller; Elizabeth Drake: Evidence-based adult corrections programs: What works and what does not.
Olympia: Washington State Institute for Public Policy 2006).
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6
So erfolgt im Zugang der JVA, bei Haftaufnahme eine erste entsprechende
Bedarfseinschätzung. Abgeklärt werden Fähigkeiten und Fertigkeiten der
Aufzunehmenden mit entsprechenden weiteren Empfehlungen. M.a.W. die (kleine
Gruppe) der gut qualifizierten wird in die Betriebe vermittelt (ggf. gar bereits für den
offenen Vollzug vorgeschlagen). Die mit deutlichen schulischen Defiziten (und der
Bereitschaft, diese zu beheben) ausgestatteten Personen werden in die Schule
vermittelt. Es findet sich aber ebenso eine große Gruppe von Personen, bei denen
eine erste Abschätzung ihrer Bedarfe, Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht eindeutig
entscheidbar ist. Damit diese Gruppe besser betreut und erfasst wird, ist ein
entsprechendes Angebot notwendig (Projekt Lernwerkstatt Arbeit).
Die erfolgreiche Arbeit der Qualifizierung im Vollzug soll durch die justizeigenen
Angebote im schulischen und im beruflichen Bereich erfolgen, die durch Angebote
externer Träger ergänzt werden sollen.
Das Projekt EDV-Bremerhaven (Angebot für männliche Inhaftierte in der JVA
Bremerhaven)4 bietet einen ersten Einstieg in das Training von EDV-Kenntnissen
und damit in kulturelle Kenntnisse, die einer sozialen Teilhabe förderlich sind. Es
soll langfristig übergehen in eine justizeigene Maßnahme oder ggf. aus einem
anderen Bereich gefördert werden.
Im Rahmen des Projektes Lernwerkstatt Arbeit liegt eine Maßnahme vor für
besonders
schwierige
Klienten,
deren
Beschäftigungsfähigkeit
durch
arbeitstherapeutische Maßnahmen wieder verbessert werden sollen.
Der Fokus des Projektes ‚Lernwerkstatt Arbeit‘ in der JVA liegt vor allem auf
Wiederherstellung von Beschäftigungsfähigkeit. Es gilt, in den unklaren Fällen die
Fähigkeiten und Fertigkeiten der Teilnehmer, ihre Entwicklungspotentiale und
mögliche weitere Werdegänge zu erfassen, und eine Berufswegeplanung und
Integrationsplanung zu ermitteln und in Gang zu bringen sowie Arbeitsfähigkeiten
und Arbeitskompetenzen zu bestimmen, zu fördern und zu festigen.
Das Projekt Diagnose, Assessment, Profiling in der JVA Bremen (Oslebshausen)
leistet seit vielen Jahren erfolgreich eine Festigung und Herstellung von
Beschäftigungsfähigkeit durch den Aufbau erster handwerklicher Fähigkeiten und
Arbeitstugenden (für Personen, die über die entsprechenden sozialen
Kompetenzen zur Teilnahme verfügen).
Es finden sich drei Projekte in der Anstalt:
1. Lernwerkstatt Arbeit (durchgeführt durch Hoppenbank und JVA Bremen)
2. Diagnose, Profiling und Assessment (durchgeführt durch die JVA Bremen)
3. EDV-Kurs Bremerhaven (durchgeführt vom bfw)
4
Aufgrund der vorübergehenden Schließung der Teilanstalt in Bremerhaven zwecks
Sanierung wird die Maßnahme in Oslebshausen stattfinden.
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Zunächst zu den Maßnahmen in der JVA Bremen mit den beiden Standorten
Oslebshausen und Bremerhaven.
Das Projekt Lernwerkstatt Arbeit ist eine arbeitstherapeutisch orientierte
Maßnahme für besonders schwierige und arbeitsentwöhnte Teilnehmer. In der
Maßnahme DPA erfolgt ein Training von handwerklichen Fertigkeiten für bereits
sozial und lerntechnisch stabile Teilnehmer.
In beiden geht es um die Feststellung, Festigung und Training von
Arbeitstugenden, und damit um die Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit als
Voraussetzung weiterer sozialer Teilhabe. Die Zuweisung zu den jeweiligen
Teilprojekten bestimmt sich bereits über den Zugang (der Zugangserhebung) in der
Anstalt: So werden die Personen mit psychischen und Verhaltensauffälligkeiten,
nicht einschätzbaren Arbeitsverhalten in die arbeitstherapeutisch orientierte
Maßnahme verwiesen. Dort gilt es, durch entsprechende Maßnahmen, durch
praktische Tätigkeiten, die Möglichkeiten der Person und die Möglichkeiten der
Verbesserung von Fähigkeiten und Fertigkeiten einzuschätzen und ggf. bereits in
den praktischen Tätigkeiten zu trainieren und zu verbessern. Aufgrund der
vorliegenden schwierigen psychosozialen Lage ist hier eine besondere Betreuung
und Anleitung notwendig. Personen ohne Verhaltensauffälligkeiten, deren
Einschätzung von Arbeitstugenden und Beschäftigungsfähigkeit aufgrund
langjähriger Arbeitslosigkeit oder veralteten Qualifikationen nicht eingeschätzt
werden können, gelangen gleich in das Teilprojekt DPA. Bei letzteren liegt ein
geringerer Bedarf an sozialpädagogischer Betreuung vor.
•
Lernwerkstatt Arbeit (durchgeführt durch Hoppenbank e.V. und JVA
Bremen)
Angesichts der Ausgangslage der Insassen (besonders schlechte schulische und
berufliche Qualifikationen; Drogenkonsum, oftmals nur sehr geringe
Arbeitserfahrungen, psychische und soziale Auffälligkeiten u.a.) erweisen sich
spezifische Maßnahmen zur (Wieder-)Herstellung von sozialen Kompetenzen,
Beschäftigungsfähigkeit als notwendig. So soll für besonders belastete Klienten
(insbesondere aus dem Bereich der Sozialtherapie, aber auch aus anderen
Abteilungen) eine arbeitstherapeutische Maßnahme geschaffen werden. In den
durch EFRE-Mittel geschaffenen Räumlichkeiten soll eine Abklärung der
Möglichkeiten der Person ebenso wie eine Wiederheranführung an die Arbeitswelt
unter fachlicher Anleitung erfolgen. Das Projekt ist gewissermaßen ergebnisoffen:
Je nach Einschätzung kann in der Nachfolge eine Vermittlung in andere
Maßnahmen, in Betriebe o.a. erfolgen, aber ebenso ein Vorschlag zu einer
therapeutischen Maßnahme oder gar zu einer Berentung.
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8
Geschaffen werden durch das Projekt Grundstrukturen einer behandlungsbezogenen fachlichen Wiedereingliederungsstruktur. (Diese soll im Folgenden
durch weitere Projekte ergänzt werden (Schulung des Personals, Austausch von
best practice u.a.).
•
Diagnose, Profiling und Assessment (durchgeführt von der JVA)
In dieser niederschwelligen Maßnahme erfolgt eine erste Testung und Abklärung
von berufs- und bildungsbezogenen Kompetenzen und Arbeitstugenden im
handwerklich- motorischen Bereich. Zielgruppe sind Inhaftierte Männer, die weder
über arbeitsmarktrelevante Fertigkeiten noch einschlägige berufspraktische
Erfahrungen verfügen und deren Beschäftigungsfähigkeit wieder hergestellt werden
muss. Neben der systematischen Testung mit hamet2, werden die Teilnehmer in
fachpraktischen Übungen angeleitet und erprobt. Eingeschätzt werden Arbeits- und
Sozialverhalten sowie die weiteren beruflichen Möglichkeiten der Teilnehmer im
handwerklichen Bereich. Die Organisation der Maßnahme wurde im Verlauf
optimiert. Neben Bewerbungsverfahren der potentiellen Teilnehmenden wurden die
Zugangsvoraussetzungen feinjustiert. In der Folge konnte die Anzahl der
Fehlzuweisungen und/oder frühzeitigen Abbrüche deutlich verringert werden. Im
Sozialbeobachtungsbogen werden die Entwicklung von Kompetenzen u.a. erfasst,
insbesondere Teamfähigkeit und Lernfortschritte.
Motivationsfördernd sind die greifbaren Erfolgserlebnisse in der praktischen Arbeit
(in den Bereichen Holz, Metall und Farbe). Durch die Herstellung von
Gegenständen für gemeinnützige Einrichtungen (Herstellen von Spielzeug und
Gerätschaften für Kindergärten und andere sozialen Einrichtungen, insbesondere
im Stadtteil) können die Teilnehmenden der Gemeinschaft etwas Positives
zurückzugeben. Durch das feedback der Einrichtungen erfahren die Teilnehmenden Wertschätzung, was wiederum das Lernverhalten fördert. Diese teilweise sehr
neuen Erfahrungen wirken sich positiv auf das Selbstbild der Teilnehmenden aus.
Weiterhin werden von einigen Teilnehmern Einzelstücke hergestellt, die ihre
Kompetenzen vorzeigbar unter Beweis stellen (z.B. bei Bewerbungen). Für die Zeit
nach der Maßnahme werden entsprechende Perspektiven entwickelt. Umgesetzt
werden diese durch die weitere Vermittlung in die Betriebe der JVA.
Zugleich wirkt die durch die Spenden der Gemeinschaft zugute kommende Arbeit
sich positiv auf das Bild von Straffälligen in der Gesellschaft aus und zeigt eine gute
Außenwirkung (siehe die entsprechenden Pressemitteilungen über das Teilprojekt).
Die Maßnahme wird von den Teilnehmenden sehr gut angenommen. Die Maßnahme bewirkt bei den Teilnehmenden, eine realistische und arbeitsmarktorientierte Vorstellung für eine berufliche Perspektive zu entwickeln.
•
EDV-Kurs Bremerhaven (durchgeführt vom bfw) (in Bremen)
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Kenntnisse im EDV-Bereich werden heute für alle Bürger als grundlegende
Fähigkeiten angesehen. Gerade im Bereich der Straffälligen fehlen diese
Kenntnisse auffallend häufig. Zugleich lässt sich der EDV Bereich für das Training
von basic skills (Rechnen, Schreiben, Lesen, Allgemeinwissen) und sozialer
Kompetenzen gut nutzen.
Der EDV-Kurs kann auf eine langjährige und gute Praxis in der JVA zurück blicken.
Die Insassen nehmen das Kursangebot sehr gut an. Gerade der EDV-Kurs ist in
der Lage, den unterschiedlichen Fähigkeiten, Voraussetzungen und Möglichkeiten
der Teilnehmenden Rechnung zu tragen. Eine Binnendifferenzierung sichert eine
für jeden Teilnehmenden optimale Lernsituation. Es besteht eine ständige
Nachfrage (zur Teilnahme, dem Angebot von aufbauenden Fortgeschrittenenkursen etc.). Die gute Lernerfahrung wird von den Teilnehmenden positiv an andere
Inhaftierte weiterempfohlen. So hatte die Maßnahmeevaluation hohe Weiterempfehlungsraten ergeben. Zugleich zeigt sich ein für das Gefängnis untypische
Verhaltensweise in dem Kurs: die Insassen helfen sich gegenseitig. Sozialverhalten
und Teamfähigkeit werden neben der reinen Wissensvermittlung aktiv gefördert.
Dies ist ein Aspekt, der angesichts der prekären Problemlagen von
Strafgefangenen von besonderer positiver Bedeutung ist.
Durch eine passgenaue Binnendifferenzierung und einzelfallbezogene
Leistungsanforderungen, gelingt es selbst das stark vertretene ‚Drehtür-Klientels’
zu erreichen und damit Lernerfolge umzusetzen. Der Kursleiter strebt an,
wenigstens einen der Durchgänge für die Leistungsstärkeren durchzuführen. Dies
ist wie ein aufbauender Fortgeschrittenenkurs zu verstehen. Teilnehmer für einen
Durchgang sind vorhanden. Ggf. sind auch kleinere Kurse im Frauenvollzug
umsetzbar.
Da dieser Kurs neben seiner sozialintegrativen Funktion ebenso eine
qualifizierende Funktion hat, die die Verortung im Bereich ‚Sozialer Teilhabe‘ nicht
eindeutig macht, soll dieser Kurs überführt werden in anstaltseigene Angebote.
Eine Förderung aus einem anderen Schwerpunkt ist ebenfalls denkbar.
Außerhalb der JVA / der Übergang
Der weiter auszubauende und zu gestaltende Element wird in Chance Netzwerk
zum einen in der Gestaltung des Übergangs von Haft in Freiheit liegen, zum
anderen im Bereich außerhalb der JVA im ‚KompetenzCentrum’ liegen. Durch die
Bündelung der für den Straffälligenbereich und die Wiedereingliederung der
Haftentlassenen relevanten Dienste (BA, Jobcenter; Berufshilfe, Soziale Dienste
der Justiz, Straffälligenhilfeträger u. a. ) kann auf der sozialen und juristischen Seite
eine effektive, schnelle und zielgerichtete Unterstützung der Klienten erfolgen.
Zugleich ist eine hohe Einbindung der Klienten in das Geschehen (soziale
Kontrolle) gegeben. Durch den Versuch, die Ex-Gefangenen in einer
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Betreuungsstruktur zu halten sowie sie einer beschäftigungsorientierten
Tagesstrukturierung durch die Bereitstellung von Beschäftigung nach Möglichkeit
direkt nach der Haft zuzuführen, kann das so genannte Entlassungsloch minimiert
und ein unstrukturierter Übergang in Freiheit mit hoher Wahrscheinlichkeit des
Scheiterns abgefedert werden. Dieser Eingliederungskorridor, beginnend nach
individuellem Bedarf mit Beratung und Betreuung, Stabilisierung und erster
Beschäftigung in ‚In-Jobs’ und damit gemeinschaftsdienlichen Arbeiten bis hin zur
weiteren Vermittlung in Arbeit soll hier umgesetzt werden. Durch die vorhandenen
Dienste soll in Kooperation mit diesen ebenso eine Beratung und Vermittlung in
Ausbildung, Beschäftigung und Arbeit erfolgen. Unterschiedliche Angebote gilt es
vorzuhalten, sowohl Beschäftigung und Qualifizierung als gerade auch
niedrigschwellige Angebote (Tagesstrukturierung mit Schulungen).
Zur Durchführung der Gesamtperspektive ist das KompetenzCentrum zentrale Ort.
Es ermöglicht die Organisation des Übergangsmanagements. Es sichert und
gewährleistet die Verbindung der sozialen Betreuung durch die Dienstleister mit
Maßnahmen der Beschäftigung. Das Angebot ist grundsätzlich weiter ausbaubar,
d.h. es können ggf. weitere Maßnahmen angedockt werden, sei es zur Ausweitung
der Perspektiven (z.B. Arbeiten im Jugendbereich, Angehörigenarbeit), sei es zur
zahlenmäßigen Ausweitung der Beschäftigungsangebote. Durch die Organisation
des KompetenzCentrums wird eine ausweitbare Grundinfrastruktur geschaffen.
Im Bereich außerhalb der Anstalt finden sich weitere Projekte:
1. Übergang Haft Freiheit / Übergangsgestaltung mit den Teilprojekten
a. die Berufshilfe (durchgeführt durch den Hoppenbank e.V.),
b. Betreuung von Geldstrafenabarbeitern (Vermeidung Ersatzfreiheitsstrafe)
2. die Bildhauerwerkstatt Außenwerkstatt (durchgeführt vom Verein Mauern
Öffnen) (diverse Fördermittelgeber),
3. Flankeirende Maßnahmen / Integrationsmodule (organisiert durch die
Gesamtkoordination; durchgeführt durch den Hoppenbank e.V.; Verein für
Bremische Straffälligenhilfe u.a.) sowie
4. die Gesamtkoordination (durchgeführt beim Senator für Justiz und
Verfassung)
Zugleich gilt es die Organisation des KompetenzCentrums zu leisten.
Zentral wird weiterhin die Anbindung an weitere Projekte aus anderen
Förderbereichen sein. So gilt es insbesondere die Kooperation mit den
beschäftigungsbezogenen Maßnahmen (gemeinnützige Arbeit, gefördert durch das
Jobcenter) zu leisten und aufrechtzuerhalten. Diese Maßnahmen wird durch das
Förderwerk umgesetzt (im KompetenzCentrum, im Blockland).
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Im Nachsorgebereich gilt es, den Übergang von Haft in Freiheit zu strukturieren,
eine intensive Betreuung in sozialen und beruflichen Aspekten zu leisten sowie den
TeilnehmerInnen erste Möglichkeiten zur Beschäftigung (gemeinnützige Arbeit) zu
bieten. Beratung und Vermittlung in Arbeit sind weitere Aspekte der Organisation im
Bereich der Arbeit der Partner im Chance-Netzwerk.
•
InJob (Durchführung durch Förderwerk; Förderung durch Jobcenter)
Die Bereitstellung von Beschäftigungsplätzen für die Zielgruppe der
Haftentlassenen erfolgt im Teilprojekt ‚InJob’ im KompetenzCentrum. Ein Angebot
von Beschäftigungsstellen gemeinnütziger Arbeit wird vorgehalten. Angeboten
werden Beschäftigungen mit unterschiedlichen Anforderungsstufen. Für die oftmals
arbeitsmarktferne Klientel sind diese Angebote von besonderer Bedeutung. Unter
Anleitung werden erste Arbeitserfahrungen gewonnen. Damit ist eine positive
Selbstverstärkung verbunden.
Diese sind in das Chance-Netzwerk in Form einer Kooperation eingebunden. Die
Koordination und Vernetzung mit weiteren Beschäftigungsträgern sowie dem
Straffälligennetzwerk ist ebenfalls zu leisten.
Zurzeit werden ca. 25 InJob-Stellen als Beschäftigungsplätze vorgehalten. Die
Anleitung und Betreuung dieser Plätze erfolgt durch die Aufwendungen im Rahmen
der InJobs.
Mit dem Ausbau und der Gestaltung des Straffälligen-Netzwerkes können weitere
Beschäftigungsgelegenheiten und Vermittlungsmöglichkeiten im In-Job und
anderen Bereichen geschaffen werden.
Angesichts oftmals vorliegender physischer und psychischer Einschränkungen
haben sich die niederschwelligen Angebote als besonders wirksam erwiesen.
Aufgrund der meist vorliegenden multiplen Problemlagen der Klientel besteht die
Notwendigkeit der begleitenden sozialpädagogischen Betreuung um die Lern- und
Arbeitsfähigkeit zu stützen. Die Maßnahme wirkt persönlich stabilisierend und
fördert die soziale und berufliche Integration. Die Organisation des
KompetenzCentrums als Ort diverser Dienste ist hier von Vorteil. Das Angebot wird
gut angenommen.
Übergangsgestaltung:
Der Übergang von Haft in Freiheit bedarf der Unterstützung, damit zum einen die
Klienten nicht in das so genannte Entlassungsloch fallen, zum anderen sie bereits
in Haft beginnen können, erste Schritte zur Bewältigung der Aufgaben in Freiheit zu
unternehmen. Praktisch bedeutet dies insbesondere die Abklärung der finanziellen
Situation (Anträge von Arbeitslosengeld I, bzw. in der Regel II) und der Versuch,
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eine Arbeit zu finden und zu halten. Fragen der sozialen Integration werden ebenso
einer Bearbeitung zugeführt (Wohnen, Therapie u.a.). In diesem Prozess
unterstützt die Berufshilfe die Klienten, sei es bereits in der Anstalt, sei es im
Nachhaftbereich draußen.
•
die Berufshilfe (durchgeführt durch den Hoppenbank e.V.)
Die Berufshilfe übernimmt seit vielen Jahren die zentrale Rolle in beruflicher
Betreuung, Beratung und Vermittlung in beruflichen Fragen in und außerhalb der
Justizvollzugsanstalt. Das Jobcenter schätzt die profunde Fachkenntnis und Nähe
der Maßnahme zur Klientel. Die Berufshilfe leistet eine sehr gute
einzelfallbezogene Klientenarbeit. Der Erfolg zeigt sich auch in den guten
Ergebnissen / der Vermittlung der Klientel. Die guten Vermittlungszahlen
angesichts der schwierigen Klientel verdeutlichen den Erfolg des Projektes. Die
Berufshilfe ist als Ansprechpartner die vermittelnde Stelle zwischen Klientel und
Jobcenter/Agentur für Arbeit in und außerhalb der Anstalt. Sie ist an den
Standorten in Bremen Mitte und Bremen Nord (dort bei den Sozialen Diensten der
Justiz) sowie im KompetenzCentrum vertreten. Erste Kontakte können bereits in
der Anstalt hergestellt werden. (Aufgrund des Leistungsausschlusses nach dem
SGB II im Strafvollzug, wird dieser Bereich in der JVA aus ESF Mitteln finanziert
und die Beratung von SGB II-Klientel außerhalb über das Jobcenter.)
Die zentrale Rolle der Beratung in und außerhalb der Anstalt in Bezug auf
beschäftigungsbezogene Aspekte, die damit verbundene Vermittlungstätigkeit
sowie die Betreuung in der Zeit nach der Entlassung soll durch das im
KompetenzCentrum angesiedelte Berufshilfe-Projekt erfolgen.
Neben der Beratungs- und Betreuungs- und Vermittlungsarbeit für die Klientel der
Zielgruppe kommt der Berufshilfe weiterhin eine zentrale Bedeutung in der
Koordinierung der Vernetzung der arbeitsmarktrelevanten Akteure zur
Verbesserung der Zusammenarbeit zu. Durch Potentialanalysen, Profiling und
Assessment soll die Berufshilfe die Klienten in das Netzwerk der Beschäftigung und
Arbeit einbinden und bei Problemen zusammen mit anderen Akteuren
intervenieren. Zugleich ist die Berufshilfe Ansprechpartnerin für Arbeitgeber und
Klienten die bereits in Arbeitsverhältnissen stehen, bei auftretenden Problemlagen.
•
Ableistung gemeinnütziger Arbeit zur Vermeidung von
Ersatzfreiheitsstrafen (soziale Betreuung erfolgt im ESF Projekt der
Hoppenbank e.V.; Umsetzung der praktischen Arbeiten durch das
Förderwerk im Rahmen einer Jobcenter-Maßnahme)
Im Rahmen der Möglichkeiten des Kompetenzcentrums werden ebenso Stellen
gemeinnütziger Arbeit angeboten zur Abarbeitung einer Geldstrafe (Vermeidung
von Ersatzfreiheitsstrafen) (6 – 12 Abarbeitungsplätzen), insbesondere für ExGefangene. Diese werden hierbei angeleitet und betreut. Die soziale Lage dieser
Klienten ist nicht grundsätzlich unterschiedlich zu der der anderen Ex-Straffälligen.
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13
•
Integrationsunterstützende Maßnahmen / flankierende Maßnahmen
Zwecks Umsetzung einer Perspektive sozialer Teilhabe sind weitere kleinere
Interventionsprojekte geplant, die einer erfolgreichen Wiedereingliederung
förderlich sind. So sollen spezifische Beratungsprojekte, kleine Maßnahmen sowie
Beratungsprojekte auf die multiplen Problemlagen reagieren, positive
Unterstützungen und Erfahrungen ermöglichen, Netzwerke sichern und eine
Perspektive für einen Ausstieg aus Straffälligkeit fördern.
Gedacht ist zurzeit an Maßnahmen wie Abstinenzberatung in der Anstalt. Das
Kleinprojekt ‚Ich lese für Dich‘ gehört ins Feld Angehörigenarbeit, es sichert soziale
Beziehungen. Ein Projekt zur Tagesstrukturierung und zum Training der Aktivitäten
des alltäglichen Lebens ist ein weiteres Element. Die Betreuung durch
Ehrenamtliche wird über ein weiteres Modul geregelt. Gesundheitsförderung von
Frauen ebenso wie besondere Angehörigenarbeit mit inhaftierten Frauen sind
weitere Maßnahmen. Auch ein Erziehungstraining für Väter in der Haft ebenso wie
Theaterprojekte gehören zu integrationsunterstützenden Maßnahmen. Weitere
Projekte sind denkbar.
Mit diesen Kleinprojekten werden spezifische Unterstützungsleistungen angeboten,
die den sozialen Wiedereingliederungsprozess unterstützen.
Die inhaltliche Abklärung und Organisation soll durch die Gesamtkoordination beim
Senator für Justiz und Verfassung erfolgen. Die Maßnahmen werden von
unterschiedlichen Trägern umgesetzt.
•
das KompetenzCentrum (mitorganisiert durch alle Beteiligten)
Im Rahmen des KompetenzCentrums sind ergänzend Dienste zur Betreuung in
psychosozialen Fragen (Drogen, Schulden, Arbeit) organisiert. Die Konzeption des
KompetenzCentrums, als integrative Infrastruktur der Versorgung der Klienten mit
psychosozialen und berufsbezogenen Diensten, gehört ebenso zur Aufgabe des
Teilprojektes (in Kooperation mit der Gesamtkoordination). Ziel ist der Aufbau eines
Betreuungszentrums, in dem alle relevanten Institutionen, die zu einem
umfassenden Wiedereingliederungskonzept gehören, vertreten sind.
Zugleich gilt es, die Zusammenarbeit unterschiedlicher Institutionen zu koordinieren
und damit die Schnittstellenproblematiken zu minimieren. Durch regelmäßige
Treffen im KompetenzCentrum wird diese Aufgabe ebenfalls mit bearbeitet.
Weiterhin gilt es, die Diskussion und Verbreitung des Modells – überregional, vor
Ort, (in Kooperation mit der Gesamtkoordination) zu leisten. Eine engere An- und
Einbindung in den Stadtteil wird in ersten Schritten aufgebaut.
Damit ergibt sich als weitere Aufgabe die Kooperation mit zukünftigen Projekten im
Bereich der Straffälligenarbeit auszubauen, hier insbesondere zukünftige Projekte
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in der ehemaligen Frauen- und Jugendanstalt Blockland. Das dort seit April 2015
ansässige, aus Bundes-ESF-Mitteln geförderte Projekt ‚IGEL‘ gilt es einzubinden
und zu unterstützen, sowie die aus EFRE-Mittel aufgebaute Infrastruktur weiter zu
sichern. (Entsprechende Anschlussprojekte sind in Planung.)
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15
•
die Bildhauerwerkstatt Außenwerkstatt (durchgeführt vom Verein
Mauern Öffnen)
Die Bildhauerwerkstatt Außenwerkstatt ist räumlich neben dem KompetenzCentrum
untergebracht. Auf diese Weise werden die Angebote und Beratungsleistungen des
KompetenzCentrums ebenfalls gut mitgenutzt.
In der Außenwerkstatt werden 5 Ganztags-Beschäftigungsstellen für Straffällige.
(Männer und Frauen), Ex-Strafgefangene wie auch Teilnehmende aus dem
Offenen Vollzug bereitgehalten. Teilnehmende erfahren eine umsetzbare
Tagesstrukturierung. Kunstwerke für den öffentlichen Raum, die im Vollzug
geschaffen werden, können durch Initiative der Außenwerkstatt an ihren
Bestimmungsort transportiert und aufgebaut werden. Alle hierbei anfallenden
Arbeiten werden von der Außenwerkstatt übernommen. Zusätzlich können
bestehende Kunstwerke in der Stadt Bremen durch diese Außenwerkstatt gereinigt
und restauriert werden. Eine kontinuierliche Beschäftigung der Personen in Haft
und in der Nachhaftzeit ist möglich.
Neben Reinigungs- und Pflegearbeiten von Kunstobjekten im Öffentlichen Raum,
handwerklichen Grundkenntnissen, werden eigene künstlerischer Arbeit gefertigt.
Es werden grundlegende praktische Fertigkeiten trainiert, ebenso wie
Arbeitstugenden und Sozialverhalten. Durch die kompetente Anleitung der
Fachkräfte erfolgt eine gute Wiederherstellung von Beschäftigungsfähigkeit und
deren Erhalt. Die Maßnahme wird sehr gut angenommen. Gendergesichtspunkte
werden hervorragend in die Maßnahme eingebunden. So hatte zum Beispiel eine
weibliche Teilnehmerin aus dem Offenen Vollzug mit entgegenstehenden
Rollenvorstellungen („Das ist die Aufgabe des Mannes“) erstmalig ein Erfolgserlebnis durch die Anleitung zum Bildaufhängen („Nagel in die Wand schlagen“ und
Nutzung einer Bohrmaschine), das sie beflügelte es in ihrem Alltag umzusetzen
und mehr Selbstständigkeit zu entwickeln.
Aufgrund ihrer Arbeit (Kunst im öffentlichen Raum, Arbeiten für gemeinnützige u.a.
Institutionen) zeigt sich eine deutliche positive öffentliche Wirkung.
Im Aufbau ist eine weitere Außenwerkstatt auf dem Blockland-Gelände.
•
die Gesamtkoordination (durchgeführt beim Senator für Justiz und
Verfassung)
Die beim Senator für Justiz und Verfassung angesiedelte Gesamtkoordination des
Projektverbundes koordiniert die Trägergemeinschaft und die Einzelprojekte.
Die strukturelle Weiterentwicklung und Organisationsentwicklung des KompetenzCentrums gehört mit zu den Aufgaben. Die Einbettung und Entwicklung des
Projektverbundes sowie die Einbindung und Schnittstellenmanagement weiterer
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Maßnahmen für Straffällige wird erarbeitet und gesteuert (z.B. Projekt „BIWAQIII“Projekt „IGEL“; Netzwerk der Projekte im Strafvollzug sowie des
Übergangsmanagements). Anschlüsse an entsprechende Netzwerke, Diskussionen
und Wissenstransfer sind hier ebenso zu nennen.
Das Teilprojekt Koordination hat die Aufgabe, die einzelnen Stränge des Projektvorhabens zu koordinieren und insbesondere den Transfer zu anderen Projektverbünden im Bereich der Wiedereingliederung Straffälliger sowie zu den
relevanten Arbeitsmarktakteuren sicher zu stellen. Die Organisation der Umsetzung
der Integrationsprojekte zählt ebenso zu den Aufgaben. Entsprechende
Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzungsarbeit ist in Kooperation mit den anderen
Teilprojekten (mit Arbeitgebern, BA u. a.) zu leisten. Eine Weiterentwicklung des
KompetenzCentrums wird durch die Gesamtkoordination zu initiieren sein, sei es im
Sinne der konzeptuellen Weiterentwicklung, sei es in Form von Unterstützung in
der
Netzwerkarbeit
und
der
Akquirierung
weiterer
Projekte
und
Beschäftigungsangebote. Der Gesamtrahmen der Wiedereingliederungsstrategie
ist aufgrund der Zuständigkeit allein beim Senator für Justiz und Verfassung durch
die Gesamtkoordination umsetzbar.
Übersicht:
Plätze
Dauer
TN
p.a.
EDV-Qualifizierung / Sozialkompetenz 9
Bremerhaven
3 Monate
36
Arbeitstherapeutische Maßnahme
9
6 Monate
18
Diagnose, Profiling, Assessment,
9
2 Monate
54
124
EFS/gemeinnützige Arbeit
6-12 Stellen
Außenwerkstatt ( davon 2 In-Jobs)
5
1 Jahr
5
55
1 Jahr
40-45
Berufshilfe Vermittlungsfälle in In-Jobs
(Straffälligennetzwerk)
Berufshilfe : Beratungsangebote
Ergänzend/Nach Möglichkeit (Gefördert
durch Jobcenter):
240
25 Stellen
2 Jahre
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Beschäftigungsmöglichkeiten MAE
Dimensionen des Gesamtvorhabens:
Innovatorische Elemente der Maßnahme
Mit der verstärkten Aktivität im außervollzuglichen Bereich, mit der Konzeption des
Übergangsmanagements in der Umsetzung des KompetenzCentrums wird eine
weitere Ausdifferenzierung der bereits in Chance I gestarteten (Wieder-)Eingliederungsstrategie (Förderkorridor, Eingliederungskorridor) umgesetzt. Hier geht es
gerade darum, die Nahtstelle zwischen Vollzug und Freiheit, das so genannte
‚Entlassungsloch’ mit seinen oftmals vorliegenden negativen Konsequenzen
(zurück in die Szene, in die Arbeitslosigkeit, in die Kriminalität) zu überbrücken.
Mit dem Auf- und weiteren Ausbau des KompetenzCentrums wird zugleich neben
der Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten eine neue Form der
Betreuungsorganisation aufgebaut. Es entsteht ein Dienstleistungszentrum, in dem
alle für den Wiedereingliederungsprozess zentralen Institutionen in Form von
dauernder Anwesenheit oder über Sprechstundenzeiten vor Ort direkt erreichbar
sind (BA, Jobcenter, Bewährungshilfe, Freie Straffälligenhilfe, Schuldenberatung,
Drogenberatung usw. ebenso wie Beschäftigungsträger mit Angeboten). Diese
Bündelung der Dienste ist hochgradig innovativ und wurde bereits in der
vorausgegangenen Förderphase von Fachexperten anderer Bundesländer als
beispielhaft dargestellt.
Mit der Konzeption einer systematischen Wiedereingliederungsstrategie kommt
immer deutlicher die Notwendigkeit ins Blickfeld, das Geschehen in der
Gesellschaft mit umzusetzen. Öffentliche Stigmata müssen abgebaut werden,
ebenso wie Vorurteile bei Arbeitgebern bezüglich einer Einstellung von ExStraffälligen. Die Aufgabe stellt sich, das Geschehen stärker lokal zu verorten, d.h.
in den Stadtteil. Dort leben die Personen, dort müssen die multiplen Problemlagen
–mit unterschiedlichen Institutionen u.a.- bearbeitet werden. Zugleich ist
aufzuzeigen, dass die Ex-Straffälligen ebenfalls einen Beitrag zur positiven
Gestaltung des Stadtteils beitragen (im Rahmen der gemeinnützigen Arbeit).
Zwecks Umsetzung einer sozialen Wiedereingliederung ist die Vernetzung mit dem
Stadtteil notwendig und zu fördern.
Regionale Kooperationen/Kooperationsstrukturen
Für ein erfolgreiches Übergangsmanagement ist eine effektive Vernetzung mit
weiteren Akteuren (Fördermittelgeber, BA, Jobcenter, Handwerkskammer,
Innungen, Arbeitgeber, Zeitarbeitsorganisationen, Bildungsträger u.v.m. im Bereich
der beruflichen Wiedereingliederung sowie der Freien Straffälligenhilfe, SozialC:\Users\Christopher\Desktop\SicherungStick\Komplexleistung_Resozialisierung\Antworten fuer Buch\Bremen\Bremen3_BKonzept_Chance_Netz.doc
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dienste, Wohnungsgesellschaften, Gesundheitsamt, Vereinen, Kirchen u.v.m. für
die soziale Integration und die Bewältigung von Problemlagen) notwendig. Die
bestehenden erfolgreichen Kooperationen im Rahmen von Chance, insbesondere
mit der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter Bremen, gilt es weiter auszubauen.
Im Bereich der Renovierungsarbeiten der JVA erfolgen zur Zeit besonders viele
Kooperationen mit externen Betrieben, Handels- und Industriekammern u. a., so
dass hier die Arbeitsmarktakteure stärker ins Spiel kommen. Im
KompetenzCentrum sind ebenso ehrenamtliche Kräfte in der Straffälligenhilfe
unterstützend tätig.
Arbeitsmarkt-, sozial- und wirtschaftsstrukturpolitische Bedeutung des
Vorhabens (Nutzen)
Sowohl die Gruppe der Ex-Strafgefangenen als auch die Klientel der Bewährungshilfe zeichnen sich durch einen hohen Anteil an Langzeitarbeitslosigkeit und damit
durch Abhängigkeit von den Sozialhilfesystemen aus. Weniger als 1/5 der Gruppe
geht einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Mit der Strategie des
Übergangsmanagements sollen durch die Vermittlungsarbeit möglichst schnell die
beschäftigungsfähigen Personen an Arbeit und Beschäftigung herangeführt und in
den Arbeitsmarkt integriert werden. Für die größere Gruppe der Klientel soll durch
Tagesstrukturierung im Rahmen gemeinschaftsdienlicher Arbeiten ihre
Arbeitsfähigkeit hergestellt und/oder erhalten und auf diese Weise ihre Chancen auf
dem Arbeitsmarkt deutlich verbessert werden.
Durch die Verbesserung der Integrationschancen der Klientel wird das Risiko der
Langzeitarbeitslosigkeit verringert und die Dauer des Bezuges von Sozialleistungen
reduziert. Aus kriminalpolitischer Perspektive ist mit dieser Strategie eine
Verringerung des Rückfallrisikos zu erwarten. Langfristig kann diese Entwicklung
bei weiterem zahlenmäßigen Ausbau zur Senkung von Gemeinkosten führen.
Transfer der Ergebnisse
Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit werden die Ergebnisse präsentiert und
verbreitet werden (Web-Site http://www.chance-bremen.de).
Durch die Einbindung in den RESO-Nordverbund und weitere Netzwerke bestehen
gute Transfermöglichkeiten. Weiterhin ist eine enge Zusammenarbeit mit dem
Südwest-Verbund und dem Land Nordrhein-Westfalen vorgesehen. Im Rahmen der
Aktivitäten der im Bereich Straffälligkeit arbeitenden Netzwerke werden
beispielsweise auf Tagungen und Arbeitstreffen weiterhin die Ergebnisse
ausgetauscht. Durch die Organisation von Workshops soll Wissen (good practice)
im Chance-Netzwerk verbreitet und dergestalt in die laufende Projektarbeit mit
eingebunden werden.
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Mit der Konzeption des Übergangsmanagements und seinen im Chance-Netzwerk
umzusetzenden
Elementen
(Integrationsplan,
Vernetzungsstrukturen,
Nachbetreuung) wird weiterhin ein Bereich bearbeitet, der bundesweit von hohem
und aktuellem Interesse ist.
Gender Mainstreaming
Da die 'Lebenswelt Gefängnis' immer noch sehr stark patriarchal geprägt ist, ist hier
weiterhin auf unterschiedlichsten Ebenen an der Durchsetzung der Gender
Perspektive zu arbeiten. So gilt es bei der Durchführung der Maßnahmen dieses
Querschnittsthema weiter umzusetzen und eine für eine Gleichstellung der
Geschlechter geeignete Umgangsform zu entwickeln (bei Insassen und Personal).
Generell wird es in Bezug auf die Gleichstellung von männlichen und weiblichen
Gefangenen bezüglich der Weiterbildungsmöglichkeiten und arbeitsmarktvorbereitenden Maßnahmen erforderlich sein, die Lage der weiblichen Gefangenen mit
zu beachten. Mit Hilfe von Gender Mainstreaming sollen die Planungen und
Perspektiven zur Weiterbildung und Berufsvorbereitung den ungleichen
Bedürfnissen von Frauen und Männern im Strafvollzug angepasst werden.
Mit der Zielsetzung, Diskriminierung und Ausgrenzung zu vermeiden und gleiche
Zugangschancen auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen, sollen die unterschiedliche
Situationen der Frauen und Männer erkannt, analysiert und verbessert werden.
In den Teilprojekten Berufshilfe, Außenwerkstatt der Bildhauer und im sozialintegrativen Modul werden weiterhin Teilnehmerplätze für Frauen vorgehalten.
Menschen mit Migrationshintergrund
Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund im Straffälligenbereich lässt
sich nur schwer angeben. Der Anteil der Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit beträgt in der JVA Bremen ca. 32%. Zu den Personen mit
Migrationshintergrund ist hier aber ebenso die Gruppe der Aussiedler
hinzuzurechnen (zusätzlich ca. 10-15%). Über den Anteil der Personen, die die
deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben, eingebürgert sind, ist nichts
bekannt. Innerhalb der einzelnen Abteilung ist der Anteil unterschiedlich.
In den meisten durchgeführten Maßnahmen der beruflichen Förderung war der
Migrationshintergrund bei der Durchführung kein Hindernis. Den Personen ist es,
so haben die Erfahrungen aus den vorherigen Projektphasen gezeigt, möglich,
sich schnell in die Maßnahmestrukturen zu integrieren und kooperativ und konstruktiv mit den Personen ohne Migrationshintergrund zu interagieren. Die Zusammenarbeit der Teilnehmer erwies sich als produktiv. Sie zeigten ein hohes Maß
an Lernfähigkeit. In diesem Kontext konnten die Personen gut in die Durchführung
integriert werden. Insofern wird im Projektverbund in den berufsbezogenen
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Maßnahmen eine Strategie der ‚Integration durch Praxis’ vertreten, also ein
Migrationshintergrund nicht zu einer Ausgrenzung in spezifische nur für diese
Gruppe zugängliche Kurse zu organisieren, sondern grundsätzlich diesbezüglich
keine Unterschiede zwischen den Teilnehmern zu machen. (Zugleich wird
kriminalpräventiv auf diese Weise einer Subkultur-Bildung im Vollzug vorgebeugt.)
Bildungspolitische Bedeutung des Vorhabens
Mit dem Vorhaben werden zwei bildungspolitische Ziele verfolgt. Zum einen geht es
darum, diese besonders bildungsferne Klientel, gekennzeichnet durch mangelnde
schulische und berufliche Qualifikationen, oftmals verbunden mit einer
Schulverweigerungshaltung, wieder dem Bildungsprozess zuzuführen.
Zum anderen wird das Bildungsgeschehen in der Vollzugsanstalt verbessert,
insbesondere durch Bemühungen die Standards, die außerhalb der Anstalt gelten,
einzuführen und umzusetzen. Die Bildungsprozesse in der Anstalt sollen in
Richtung des allgemeinen Arbeitsmarktes angepasst werden. Hierbei handelt es
sich um einen intensiven, fortlaufenden Prozess.
Regionale und überregionale Bedeutung des Vorhabens
Mit der zentralen Umsetzung des Übergangsmanagements einschließlich der
Organisation des KompetenzCentrums wird eine bisher einmalige Organisationsform der Betreuung von Strafgefangenen in Deutschland geschaffen.
Regional kann der Erfolg der dort geleisteten Arbeit (langfristig) zu einer Senkung
der Gemeinkosten (Sozialleistungen usw.) führen. Eine Verbesserung der
Arbeitsmarktsituation, durch Reduzierung von Langzeitarbeitslosigkeit und Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit für die Klientel, kann für den Bremischen Markt
einschließlich einer Kostenersparnis (Sozialleistungen, Unterkunftskosten – Kosten
der Länder) erfolgen. Eine verbesserte Integration wirkt sich auf das Stadtbild aus.
Die Verbesserung der Integrationschancen kann sich ebenfalls positiv auf eine
Reduzierung der Rückfallgefahr der Klienten auswirken. Damit wird ebenso die
öffentliche Sicherheit gestärkt, die kriminalpräventive Dimension ist nicht zu unterschätzen. Insgesamt kann hier eine Aufwertung des Bremischen Wirtschaftsraums,
eine höhere Standortqualität in Bremen und Bremerhaven erfolgen.
Damit hat Chance V zugleich und weiterhin einen Pilotcharakter, der ebenso
überregional von Bedeutung ist. Bremen nimmt eine Vorreiterrolle in der
Neuorganisation des Straffälligenhilfebereiches gerade unter dem klassischen
Aspekt der Resozialisierung ein. Gestärkt wird weiterhin die bisher bereits
bestehende zentrale Rolle Bremens in der Diskussion im Bereich der
Wiedereingliederung, sei es regional, national oder auf der Europäischen Ebene.
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Abbildung: Schaubild zur Struktur des Chance-Netzwerkes
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11. September 2016
Eduard Matt
c/o Senator für Justiz und Verfassung Bremen
Richtweg 16-22
28195 Bremen
Tel.: 0421 – 361 – 10870
E-Mail: [email protected]
Das WieNeT
Wiedereingliederung von Straffälligen als Netzwerkaufgabe
(01.09.2015 – 31.08.2019)
Geplante Aktivitäten:
Aufzubauen ist ein Wiedereingliederungs-Netzwerk für Ex-Strafgefangene und ExStraffällige. Orientiert ist dieses an einer Konzeption der durchgehenden und
intensiven Betreuung und den Überlegungen des Übergangsmanagements zur
sozialen und vor allem der arbeitsmarktorientierten Wiedereingliederung. Zwecks
Umsetzung ist eine Kooperation mit diversen unterschiedlichen Institutionen, Behörden
und Vereinen notwendig. Zu erstellen ist ein umfassendes Ressort-übergreifendes und
möglichst alle betroffenen Institutionen und Einrichtungen einbeziehendes Netzwerk
zwischen Sozialen Diensten der Justiz, JVA, dem JobCenter, Freien Trägern der
Straffälligenhilfe, Bildungs- und Beschäftigungsträgern sowie weiteren Akteuren des
Arbeitsmarktes (Zeitarbeitsfirmen, Unternehmen) und weiteren Behörden (Senator für
Soziales. Gesundheit u.a.).
Die Umsetzung erfordert eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem
JobCenter. Kontakte zum Arbeitsmarkt gilt es systematisch zu organisieren und
umzusetzen. Erste Schritte liegen vor, z.B. die Kooperation mit dem Senator für Justiz
mit den Unterstützungsleistungen im Bereich der Absicherung der Grundversorgung.
Die Umsetzung der Berufs- und Beschäftigungsperspektive bedarf einer intensiveren
Beachtung und neuer Organisationsformen. Werden durch die bestehenden
Einrichtungen, zu nennen ist die Zentralstelle für Straffälligenhilfe, vor allem –auf
freiwilliger Basis – die Klienten bei der Organisation der Absicherung der
Grundversorgung (insbesondere Wohnen, Finanzen, Schulden, besonderer
Hilfebedarf) unterstützt, so gilt es hier einen spezifisches Unterstützungssystem
aufzubauen, dass die Integration in Beschäftigung, Ausbildung, Beruf im Fokus hat. Ein
Wiedereingliederungs-Netzwerk Straffälligenarbeit gilt es auf- und auszubauen.
Es gilt den Grundgedanken, dass soziale und berufliche Integration, die Einbindung in
soziale Netzwerke (Arbeit, Familie u.a.), der Aufbau sozialen Kapitals, die Personen
stabilisiert und zu einem Rückgang von Straffälligkeit führt umzusetzen. Diesem
entgegenstehende Hemmnisse gilt es zu bearbeiten.
Der Gedanke der durchgehenden und intensiven Betreuung spielt hierbei eine zentrale
Rolle. Potentielle TeilnehmerInnen sind ggf. bereits in Haft auf das Netzwerk hin zu
orientieren, mit der Haftentlassung ist eine Aufnahme in das Netz gedacht. Da die
Zuständigkeit der Sozialen Dienste der JVA nicht für den Nachhaftzeit gilt, ist die
Übergabe an die Bewährungshilfe, mit allen notwendigen Informationen, zu
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organisieren. Es gilt, einen entsprechenden Integrationsplan zu entwickeln und
umzusetzen. Die spezifischen Bedarfe der Person gilt es zu eruieren und
entsprechende angepasste Maßnahmen/Interventionen zu formulieren und
umzusetzen, damit der Prozess der sozialen und insbesondere der beruflichen
Wiedereingliederung gefördert wird. Dieser Prozess kann in der Haft angeschoben
werden, im Nachhaftbereich gilt es, in der Kooperation der unterschiedlichen Behörden
und Institutionen, den Integrationsplan umzusetzen (active inclusion). Da eine effektive
Umsetzung ein ‚Fall-Manager‘ verlangt, bisher aber keine Institution eine übergreifende
Zuständigkeit (alle unterschiedlichen Bereiche übergreifend in einer
Gesamtperspektive koordiniert) beanspruchen kann, soll im Projekt diese leitende und
organisierende Funktion durch das WieNeT ausgeübt werden.
Mit der intensiven Betreuung ist der Gedanke verbunden, dass bei einer persönlichen
Betreuung (durch möglichst eine zentral erreichbare Person/Ansprechpartner) eine
höhere Compliance zu erreichen ist. Der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung, die
Beziehungsarbeit ist für Erfolg und Motivation von zentraler Bedeutung. Zugleich wird
davon ausgegangen, dass eine intensive Betreuung insbesondere bei spezifischen
(kurz- und/oder langfristigen) Problemlagen von Bedeutung ist (etwa im Sinne einer
Task-Force). Akute Problemlagen und Hindernisse können durch intensive und
gezielte Interventionen angegangen werden, eine Aufgabe, die in der Regeltätigkeit
seltenst zu leisten ist. Das WieNet leistet es, aufgrund bisheriger Erfahrungen und dem
Arbeitsauftrag der ausführenden Institutionen, eine spezifische Beziehungsarbeit zum
und mit dem Klienten aufzubauen und umzusetzen, es kann auf die spezifische Lage
von Straffälligen angemessen reagieren und die Klienten im Umgang mit anderen
Behörden, Institutionen und Arbeitgebern unterstützen und hier vermittelnd tätig sein.
Da die Klienten sowohl beim Jobcenter als SGB II Kunden anhängig sind als auch
unter Bewährung stehen, ist aufgrund dieser verpflichtenden Einbindung ein
regelmäßiger Kontakt gesichert.
Eine Intensiv-Betreuung ist zu organisieren, z.B. als Büro WieNeT mit einem zentralen
Büro und zentralen Ansprechzeiten. Dieses würde aus einem Vertreter der Sozialen
Dienste und einem der Integrationsbegleitung (sozialpädagogische Betreuung)
bestehen. Hier gilt es den Integrationsplan zu entwickeln (Assessment) und mit dem
Jobcenter abzustimmen. Beratung, Unterstützung und Motivation sowie die Vermittlung
in Ausbildung und Beschäftigung sind grundlegende Aufgaben (incl. aufsuchende
Arbeit, Nachsorge; Beratung von Arbeitgebern in Krisensituation mit dem Klienten; ggf.
Nachbesserungen im Qualifikationsprofil, Vorbereitungskurse, Interventionen,
Grundwissen vermitteln, Ausbildungsvorbereitungen, Qualifizierungen u.v.m.). Durch
intensive Bearbeitung konkreter Problemlagen gilt es, Hindernisse der
Beschäftigungsfähigkeit auszuräumen (z.B. in Kooperation mit dem Amt für Soziales
im Bereich der Grundversorgung). Eine einzelfallorientierte Konzeption (d.h. ein
personenzentrierter Zuschnitt) gilt es umzusetzen. Zugleich ist eine Prozessbegleitung
notwendig ebenso wie eine Integrationsbegleitung inkl. Angehörigenarbeit. Das Projekt
stellt so etwas ähnliches wie eine task force dar, es bearbeitet auftretende akute
Krisenlagen sowie länger bestehende konkrete Vermittlungshemmnisse, die
Problemlagen schwieriger Klienten, leistet ein durchgehendes Monitoring
(Intensivbetreuung); Aufgaben, die im regulären Betrieb dergestalt nicht leistbar sind.
Es stellt ein Ansprechpartner für die weiteren Institutionen –Jobcenter, Freie
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Straffälligenhilfe, Arbeitgebern- dar, zwecks Entwicklung und Lösung von
arbeitsbezogenen Problem- und Konfliktlagen.
Beim Büro wird zugleich eine Art Lerncenter angeschlossen und organisiert werden.
Spezifische, für die TeilnehmerInnen nützliche und notwendige Schulungen, Fort- und
Weiterbildungen, unter Nutzung der e-learning Möglichkeiten u.a. werden hier
organisiert – so es nicht entsprechende externe Angebote gibt, in die die
TeilnehmerInnen vermittelt werden können. Entsprechende Kurse gerade für ExStraffällige sollen angeboten werden, um soft skills, soziale Kompetenzen,
Alltagskompetenzen, notwendige Fertigkeiten u.a. zu trainieren zwecks besserer
Integrationsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt (nicht nur zum Finden, sondern gerade
auch zum Halten eines Arbeitsplatzes) (s.u.).
Ausgangslage der Zielgruppe:
Zielgruppe sind 18-35jährige Personen, die sozial ausgegrenzt und arbeitslos (in der
Regel Langzeitarbeitslos, mit multiplen Problemlagen wie mangelnde
Arbeitserfahrungen, Qualifikationen, aber auch Drogen, Schulden, SGB II anhängig)
sind. Ca. 70% der Personen im Straffälligenbereich sind (langzeit-)arbeitslos). Gemäß
Daten der Bewährungshilfe sind maximal 20% der Klienten in
sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen.
Die Gruppe zeichnet sich durch eine ausgeprägte Arbeitsmarktferne, Langzeitarbeitslosigkeit, schlechte schulische und geringe berufliche Qualifizierungen aus.
Vielfältige Problemlagen finden sich bei der Gruppe: Drogenkonsum, Schulden, soziale
Verhaltensauffälligkeiten. Zu den im SGB II – Personenkreis verbreiteten Problemlagen
kommt die soziale Marginalisierung durch das Stigma Vorbestraft verschärfend hinzu,
sei es durch eine damit verbundene Resignation, sei es durch soziale Vorurteile, die
eine soziale und berufliche Wiedereingliederung behindern. (Motivation und
Anerkennung wären hier die zentralen Stichworte.)
Gerade für diese Gruppe besteht oftmals die Notwendigkeit einer Tagesstrukturierung,
einer unterstützenden Betreuung und Beratung, von Hilfen in alltäglichen Aktivitäten
inclusive eines Gesundheitschecks. Persönliche und soziale Auffälligkeiten sowie das
durch Straffälligkeit geprägte Sozialverhalten gilt es zu bearbeiten. Der Rückzug aus
den normalen sozialen Bezügen verlangt ein Training von Sozialverhalten (z.B.
Umgang mit Behörden). Oftmals fehlen ebenso grundlegende Kompetenzen (Sprache,
Rechnen, Lesen), sei es aufgrund einer marginalen Schulbildung, sei es aufgrund
eines Migrationshintergrundes. Gemäß Jobcenter-Untergliederung handelt es sich um
eine marktferne Profillage. Der Aufbau von Kompetenzen sowie der Abbau von
Vermittlungshemmnissen, die Wieder-Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit sind
notwendig.
In der Regel sollte die Person bei den SDdJ, ggf. bei der Berufshilfe anhängig sein.
Aber auch aus anderen Stellen sind Personen vermittelbar.
Der Zugang zum Projekt erfolgt (in abnehmender Bedeutung) aus den bestehenden
Kontakten der Institutionen:
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Aus der Gruppe der bei den Sozialen Dienste der Justiz wegen einer
Bewährungsauflage, ggf. auch einer Führungsauflage anhängigen Personen
(Die Gruppe umfasst bei den 18-35 jährige Klienten 1288 Personen, davon 91
Frauen (7%); nach JGG 290 Personen (22.5%) ( SDdJ:(Stand 31.12.2013))
(Angebot ebenso für Bremerhaven).
Entlassungsvorbereitungs-Pool sowie Jugendvollzug (ca. 200 HaftEntlassungen pro Jahr; in der entsprechenden Altersgruppe erfolgen ca. 80
Entlassungen pro Jahr im Sinne der Strafrestaussetzung zur Bewährung;
Erreichbar durch die Entlassungsvorbereitungskonferenzen JVA – SDdJ)
Berufshilfe-Bestand (ca. 300 Personen)
Weitere Einrichtungen der Straffälligenhilfe (ca. 300), ggf. Personen nach
Endstrafe; Klienten der Gerichtshilfe
Schätzungsweise könnten 10% der anhängigen Klienten in das Projekt aufgenommen
werden (ca. 100 pro Jahr). Angesichts der Heterogenität der TeilnehmerInnen
bezüglich der Bedarfe (Kurzinterventionen, längere Trainingsphasen u.a.) wird davon
ausgegangen, dass der Betreuungsschlüssel der Sozialen Dienste zum Tragen
kommen kann.
Bei ca. einem Drittel der Klienten ist mit einem Migrationshintergrund auszugehen.
Für eine projektgeeignete Zuweisung wird dergestalt der bestehende Bestand an
Klienten genutzt. Da die Personen Großteils unter Bewährung stehen, sind sie den
Sozialen Diensten der Justiz zugänglich. Mit dem Aufbau des Netzwerkes können
weitere Klienten auch aus anderen Bereichen mit akquiriert und integriert werden.
Tätigkeiten
Aktivierung und (Teil-)Qualifizierung von straffällig gewordenen Menschen (nach
Haftentlassung)
Notwendige Interventionen sind zu organisieren, abhängig vom individuellen Bedarf.
Da die Gruppe der Straffälligen ausgeprägt heterogen gestaltet ist, ist hier ein
umfangreiches Repertoire zu entwickeln und umzusetzen. Es gilt, passgenaue,
teilnehmerbezogene Maßnahmen/Interventionen zu finden und umzusetzen. Dies kann
bedeuten: Die Bearbeitung einer einer konkreten Arbeitsaufnahme im Wege stehenden
Problemlage (Abbau von Vermittlungshemmnissen) bis hin zur Herstellung von
Beschäftigungsfähigkeit sowie Vermittlung in Schule, Ausbildung und/oder
Beschäftigung.
Umzusetzen sind
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Einzelinterventionen (z.B. Vorbereitung auf psychologischen Test zur
Wiedererlangung des Führerscheins, Vorbereitung zur Anmeldung (Test) für
schulische Weiterbildung (Aufnahmeprüfung der Erwachsenenschule,
Führerschein; Gabelstaplerschein) u.v.m.
Gruppeninterventionen: Sprache, soft skills, praktische Arbeiten /
Arbeitstugenden; Drogenberatung
Praktische Erprobungen (Vermittlungen innerhalb des Straffälligennetzwerkes,
z.B. in Projekte/Maßnahmen der Partner im Straffälligenhilfenetzwerk)
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Die Bearbeitung erfolgt über die Möglichkeiten des Netzes, durch Vermittlung in die
entsprechenden Einrichtungen und Kurse, die Abklärung der Finanzierung. Ggf. muss
das Projekt hier subsidär einspringen. Die Abstimmungen der Interventionen gilt es mit
dem Jobcenter durchzuführen. Erst eine gemeinsame Wiedereingliederungsstrategie
von Jobcenter und SDdJ ist hier Erfolg versprechend.
Aufgrund der Vielfalt von Problemlagen sowie sehr unterschiedlichen Ausgangslagen
bei den Klienten wird eine Strategie der stufenweisen Heranführung umzusetzen sein
von Aktivierung / Motivierung zu Schulungen / Training hin zu Qualifizierung und
Vermittlung in Beschäftigung. Die Zielgruppe kann nur im geringen Ausmaß sofort in
dem ungeförderten ersten Arbeitsmarkt unterkommen. Hier gilt es in Kooperation mit
den Partnern besondere Fördermöglichkeiten für Langzeitarbeitslose zu entwickeln, die
eine langfristige, stufenweise sich aufbauende Einbindung in Beschäftigung ermöglicht,
angefangen von gemeinnütziger Arbeit, über Teilnahme am Förderzentrum, über
Berufspraktika hin zu spezifischen Eingliederungsmaßnahmen. Es gilt hier
systematisch Entwicklungsschritte und dem jeweiligen Stand angemessene
Interventionsformen zu entwickeln und umzusetzen.
Durch die Entwicklung und Umsetzung von Kurs-Angebote im WieNeT sollen weitere
Kompetenzen geschult werden (eine Vermittlung in Angebote externer Träger ist
ebenfalls möglich): Zu Alltagskompetenzen im weitesten Sinne, von basalen
Fertigkeiten der Alltagsbewältigung (Hygiene, Gesundheit, Ernährung, Finanzen,
Haushaltsführung) über den Erwerb sozialer Kompetenzen bis hin zu
arbeitsmarktbezogenen Aspekten (Bewerbungstraining, Sprachtraining,
Existenzgründung, Arbeitsschutz, Arbeitsrecht, Arbeitnehmerrechte, AntiDiskriminierungsgesetz, theoretische Prüfung Führerschein, Vorbereitung auf
psychologischen Eignungstest, entsprechende für die Einstellung in
Sicherheitsdiensten notwendige Bescheinigungen u.v.m.). Die Schulungen / Kurse
werden im KompetenzCentrum, in der Sonnemannstr. 3 und ggf. in Blockland erfolgen.
Hier wird geplant, der interkulturellen Komponente große Aufmerksamkeit zu schenken
(Sensibilisierung für die Nicht-Selbstverständlichkeit derartiger Strukturen, sei es
aufgrund kultureller, sei es aufgrund schichtspezifischer Verursachung). Im Sinne des
einzelfallorientierten Vorgehens ist eine hohe interkulturelle Kompetenz notwendig
ebenso wie die Beachtung geschlechtsspezifischer Dimensionen.
Mit den Kursen wird zugleich angestrebt, den Teilnehmern wieder ein Interesse am
Lernen zu vermitteln, sie dem Bildungs- und Beschäftigungsbereich (im weitesten
Sinne) zugänglich zu machen. Diese Grundkompetenz des Lernens ist sowohl für die
weitere Gestaltung des Alltagslebens als gerade auch im arbeitsmarktbezogenen
Bereich von zentraler Bedeutung.
Das WieNet hat hierbei die Aufgaben, die Klienten zu akquirieren, sei es aus dem
eigenen Bestand, sei es durch Angebot ihrer Möglichkeiten an weitere Partner (da für
die spezifische und intensive Betreuung und Beratung dort in der Regel weder Zeit
noch ausreichende Kompetenzen vorhanden sind, ist es ein unterstützendes Angebot
für weitere Träger. (Durch die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit können Abbrüche
verhindert werden; durch weitere Interventionen neue Beschäftigungsperspektiven
eröffnet werden.)
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Weiterhin gilt es, durch ein gutes Assessment die konkret notwendigen Interventionen
zu identifizieren und diese zu organisieren (abklären von möglichen Anbietern, ggf.
eigene Unterstützungsformen; Abklärung der Finanzierungsmöglichkeiten; Motivation
der Klienten). Das Monitoring gehört weiterhin zur Aufgabe des WieNet.
Zugleich ist die Kooperation mit dem Jobcenter auszubauen. Erst eine Strategie der
durchgehenden Betreuung, einer einzelfallbezogenen Interventionsentwicklung,
verspricht für diese arbeitsmarktferne Zielgruppe erste Erfolge in Richtung einer
sozialen und beruflichen Wiedereingliederung. Die Potentiale des Netzes von SDdJ
und Integrationsbegleitung (Assessment, Motivation, durchgehende Betreuung,
Training von soft skills, Kompetenzen u.a.) mit den Beratungs- und
Vermittlungsmöglichkeiten des Jobcenters gilt es zu einer Wiedereingliederungsstrategie zu verbinden. Dies stärkt zugleich die Kooperation zwischen Justiz und
Arbeit, verdeutlicht, welche zentrale Dimension im Wiedereingliederungsprozess der
Aufnahme von Ausbildung und Beschäftigung zukommt.
Dokumentation / Evaluation
Zu dokumentieren sind die typischen Fallkonstellationen sowie die Entwicklungen /
Verläufe / Wirkungen der jeweiligen Maßnahmen im Einzelfall. Es gilt, eine nachhaltige
verlaufsorientierte Fall-Dokumentation zu entwickeln.
Von Eintritt in das Projekt an ist eine Bereitschaft zu fordern, den Verlauf zu erfassen
(Einwilligung in Datenerhebung). Bedarfe gilt es zu erfassen (Assessment), die
Interventionen zu dokumentieren gerade wie auch den weiteren Verlauf (d.h. auch
nach Aufnahme von Ausbildung, Schule, Arbeit o.a. ist in zeitlichen Abständen
(mindestens 6 Monaten) die Entwicklung weiter zu dokumentieren).
Der Aufbau des Netzwerkes
Basierend auf den Arbeiten des Netzwerkes der Projekte im Strafvollzug in der letzten
Xenos-Förderphase gilt es, die Umsetzung und Weiterentwicklung der dort
entwickelten zentralen Dimensionen zu leisten.
Dieses umfasst die beiden zentralen Dimensionen: Vernetzungsarbeit und
Wissenstransfer.
-
Unter den beteiligten Partnern selbst
Vor Ort: Mit Arbeitsagenturen, Jobcentern, anderen Behörden (Soziales,
Gesundheit u.a.), Akteuren des Arbeitsmarktes
Kooperation mit der Strafvollstreckungskammer
Kooperationen mit den Bildungs- und Beschäftigungsträgern, Einrichtungen,
Vereine des Stadtteils, dem Förderzentrum West, Zeitarbeitsfirmen,
Unternehmen, u.v.m.
Beginnend mit den bestehenden Vernetzungen soll langsam und kontinuierlich das
Wiedereingliederungs-Netzwerk ausgebaut werden. Die zurzeit bereits beginnenden
Kooperationen zwischen SDdJ und JVA im Bereich der Entlassungsvorbereitung
können hier weiter ausgebaut werden (Zuweisung zum Projekt, Informationsfluss,
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bereits erfolgte Assessments u.a.). Im Nachhaftbereich kommen die Kooperationen mit
der Berufshilfe weiter zum Tragen (Beratung und Vermittlung in Ausbildung und
Beschäftigung; Abklärung mit Jobcenter). Die Vernetzung mit den Trägern der Freien
Straffälligenhilfe hilft bei der Bearbeitung der weiteren Problemlangen. Da das Projekt
selbst keine Beschäftigungsmaßnahmen durchführt, ist die Vernetzung mit den
Bildungs- und Beschäftigungsträgern bei der ersten Vermittlung in –in der Regelgemeinnützige Beschäftigung von Bedeutung. Im weiteren Verlauf, und der
Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der Personen, können Vermittlungen in das
Förderzentrum (ESF geförderte Trainingsmaßnahme zur beruflichen Integration) weiter
erfolgen, und/oder, in Kooperation mit der Berufshilfe, in Beschäftigung (Zeitarbeit,
Vermittlung). Langfristig ist im Rahmen des Projektes ebenso die Kooperation mit den
Unternehmen in Bremen bezüglich der Einstellung der Klienten aufzubauen (Praktika,
Probearbeiten, Beschäftigung).
Das Projekt selbst ist im engeren Kreis von SDdJ, Jobcenter und Freien Trägern
verortet. Alle drei Gruppen haben es mit der Klientel zu tun – mit unterschiedlichen
Aufgaben und Zuständigkeiten. Hier gilt es, durch einen entsprechenden
Abstimmungsprozess eine gemeinsam getragene und gemeinsame Perspektive,
zusammen mit den Klienten, zu entwickeln und umzusetzen. (Dass eine derartige
gemeinsame Strategie Erfolg versprechend ist, zeigen z.B. die Kooperation von Justiz
und Arbeit in Schweden, das Krami-Projekt, oder die Gemeinschaftsinitiative B5 in
Nordrhein-Westfalen.)
Eine Ressort-übergreifende Perspektive wird durch das Projekt umgesetzt. Im Sinne
der Nachhaltigkeit ist eine Verstetigung angedacht.
Zugleich ist im Verlauf des Projektes der Aufbau eines Unterstützungssystems
notwendig: Mentoren, Ehrenamtliche, Selbsthilfe-Gruppe o.a. /ggf. Zusammenarbeit
mit Familienarbeit.
Gefordert ist ferner: Fortbildung der Mitarbeiter, OE/PE (z.B. Möglichkeiten des Case
Managements), die Erstellung eines transferierbaren Tools für SDdJ; der Bestimmung
von best practise in diesem Feld u.a.
Zu planen sind Fortbildungen der MitarbeiterInnen in diesem Feld zu Fragen der
Organisation und besseren Vermittlung von Straffälligen in Arbeit, der notwendigen
Rahmenkenntnisse (rechtlich, organisationell, konzeptionell). Diese sollen gemeinsam
mit den anderen ISA-Projekten im Bereich Straffälligenarbeit erfolgen (höhere
Teilnehmerzahl möglich, Austausch zwischen den Standorten u.a.).
Im Rahmen weiterer Konferenzen soll ein Wissensaustausch, -transfer zwischen allen
im Bereich Wiedereingliederung von Straffälligen arbeiten Projekten und Personen,
unter Einbindung weiterer Arbeitsmarktakteure, stehen. Hier geht es vor allem um die
Verbreitung von best practices sowie der Diskussion von Schnittstellenproblematiken.
Das Projekt ist eingebunden in den Organisationsentwicklungsprozess der Sozialen
Dienste der Justiz sowie der Organisation des Straffälligenhilfebereichs im Lande
Bremen (Fragen der Zuständigkeit, Case Management u.a. wären hier die zentralen
Stichworte). Sie ist ein weiterer Schritt der Umsetzung der Kooperationsvereinbarung
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zwischen dem Senator für Justiz und Verfassung, den Sozialen Diensten der Justiz,
der JVA, der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter (01.05.2012) zur beruflichen
Wiedereingliederung von Straffälligen.
Arbeitsplan:
-
-
Entwicklung und Aufbau des Beratungsbüros WieNet (Sonne3/Am Wall)
Erstellen der Kooperationsverfahren mit dem Jobcenter
Organisation einer Beratung vor Ort im Jobcenter
Erstellung eines Fall-Dokumentationssystems, Klärung der
Organisationsformen der Tätigkeiten, Abklärung der Kooperationsformen
Entwicklung und Aufbau eines ‚LernCentrums‘, angegliedert an das bestehende
KompetenzCentrum
Akquisen / Zuweisung / Auswahl der Klienten
Vorstellung des Projektes bei den relevanten Partnern (Justiz: SDdJ, JVA;
Arbeitsmarktakteuren: Jobcenter u.a.; Freie Träger der Straffälligenhilfe;
Bildungs- und Beschäftigungsträgern, Unternehmen)
Entwicklung und Umsetzung erster Lernkurse
Erstellung des Fortbildungsbedarfes für Mitarbeiter
Umsetzung in Fortbildungsveranstaltungen (ggf. in Kooperation mit anderen
Projekten aus ISA im Bereich Straffälligenhilfe)
Weitere Akquise von TeilnehmerInnen
Dokumentation der Verläufe, Zwischenberichte
Erste Analysen der Verläufe / Evaluation des Vorgehens
Entwicklung eines Tools /best practice Modells
Einwerbung von Mentoren / Freiwilligen zur Begleitung der Straffälligen
Ausbau der Beziehungen zu Arbeitgebern (Zeitarbeitsfirmen, Bildungs- und
Beschäftigungsträgern, Unternehmen)
Einwerben und Festigung der Vernetzung mit weiteren Akteuren
Literatur:
Aos, Steve; Marna Miller; Elizabeth Drake: Evidence-based adult corrections programs: What
works and what does not. Olympia: Washington State Institute for Public Policy 2006a
Aos, Steve; Marna Miller; Elizabeth Drake: Evidence-based public policy options to reduce
future prison construction, criminal justice costs and crime rates. Olympia: Washington
State Institute for Public Policy 2006b
Bewährungshilfe Heft 1, 2010: Xenos – Projektvielfalt.
Bewährungshilfe Heft 3, 2014: Lernort Strafvollzug – Kompetenzen.
DBH (Hrsg.): Übergangsmanagement für junge Menschen zwischen Strafvollzug und
Nachbetreuung. Handbuch für die Praxis. Köln 2012
Lösel, Friedrich: What works in reducing reoffending: A global perspective. Presentation at the
First European Seminar of the STARR Project, 27. April 2010, Cambridge UK
[http://www.starrprobation.org/uploaded_files/Pres%20STARR%20Cam%2010%20Loesel.pdf; Zugang
am 05.01.2015]
Matt, Eduard: Übergangsmanagement und der Ausstieg aus Straffälligkeit. Herbolzheim 2014
Wirth, Wolfgang: Arbeitslose Haftentlassene: Multiple Problemlagen und vernetzte Wiedereingliederungshilfen. In: Bewährungshilfe 53, 2006, S. 137-152
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Wößner, Gunda; Elke Wienhaussen-Knezevic: No country for young men – Ausbildung und
Beruf vor, während und nach der Inhaftierung im Jugendstrafvollzug. In: Monatsschrift
für Kriminologie und Strafrechtsreform 96, 2013, S. 477-495
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Eduard Matt: Step by Step
Bewährungshilfe - Soziales • Strafrecht • Kriminalpolitik
Jg. 61. 2014, Heft 3, S. 246-257
© Forum Verlag Godesberg GmbH
Step by Step
Eine arbeitstherapeutische Maßnahme im Bremer Jugendvoiizug
Eduard Matt
Das Projekt „Step by Step" ist eine arbeitstherapeutische Maßnahme für besonders
leistungsschwache und verhaltensauffällige Jugendliche und junge Erwachsene im
Jugendvollzug Bremen. Projektträger ist der Verein Hoppenbank e. V. Bremen. Durch
ein speziell entwickeltes Trainingsprogramm, die Verbindung von arbeits- und ergotherapeutischen Maßnahmen mit einem Schultraining und einem Sozialtraining, wurde
eine bedarfsangemessene, flexibel gestaltete und umsetzbare Maßnahme zur Förderung von Sozialkompetenzen und Beschäftigungsfähigkeit für diese Gruppe geschaffen.
Maßnähmen der beruflichen Bildung setzen Im Grunde immer bereits voraus, dass
die Teilnehmerinnen bildungs- und beschäftigungsfähig sind, sie über die Kompetenzen zur Partizipation an Maßnahmen
verfügen. Doch diese Voraussetzungen
sind nicht immer gegeben. Gerade in den
besonders schwierigen Fällen - und dies
macht sie zugleich zu besonders schwierigen Fällen - müssen die Voraussetzungen zur Teilnahme an Bildungsprozessen
(z. B. Aufmerksamkeit, Teamfähigkeit, Motivation) erst erstellt werden. Hier sind sehr
basale Maßnahmen zur Herstellung von
Beschäftigungsfähigkeit gefordert - nach
Möglichkeit mit einer langen Zeitperspektive.
Der Jugendvollzug Ist ein derartiger
Lernort, an dem sich ein hoher Anteil von
Personen mit Schwierigkeiten befindet.
Mangelnde schulische und -berufliche
Qualifizierungen, anti-soziales Verhalten,
hohe Gewaltbereltschaft ebenso wie ein
246
BewHi 3/2014
hoher Drogenkonsum sowie psychische
Auffälligkeiten kennzeichnen die Situation.
Deutliche Einschränkungen finden sich Im
sozialen Bereich sowie gerade im Bereich
der Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit. Das Verhalten dieser Gruppe
zeigt sich z. B. in Schulvermeidung, Konzentrationsschwäche und dissozialem
Verhalten in der Gruppe. Das Vorliegen
multipler Problemlageri Ist weiterhin Im
Prozess der Wiedereingliederung ein Hindernis. Maßnahmen zum Training von
Alltags- und Sozialkompetenzen, von kulturellen Techniken und anderen erweisen
sich Im Jugendvollzug als besonders sinnvoll.
Ein entsprechendes Angebot ist für die
besonders schwer zu erreichenden Jugendlichen, für die sozial und psychisch
auffälligen Personen zu schaffen. Der Fokus auf die Integration besonders belasteter Jugendlicher erweist sich, sowohl für
Insassen mit deutscher als auch für die mit
anderer Nationalität - mit und ohne Migrationshintergrund - als von zentraler Bedeutung. Gerade die Situation des Gefängnisses als in einem gewissen Sinne
.geschützten Raum' ist zur Verbesserung
der Situation der Jugendlichen zu nutzen.
In einem im Bundesprogramm XENOS
(siehe Editorial) geförderten Pilotprojekt
war es möglich, eine derartige Maßnahme
bedarfsangemessen zu konzipieren und
flexibel umzusetzen.1 Anschließend wurde
die Maßnahme seitens des Senators für
Justiz und Verfassung Bremen welter gefördert.
Jugendliche Strafgefangene
Die Situation der Inhaftierten Im Jugendvollzug ist nur wenig erforscht. Es gibt
keine generellen Erhebungen, aber doch
punktuelle (anstaltsbezogene, projektbezogene) Einzelstudien. Die jugendlichen
Insassen zeichnen sich danach mehrheitlich durch desolate schulische und berufliche Qualifikationen aus. In den letzten
Jahren Ist, neben der Drogenproblematik,
der Aspekt der psychischen und sozialen
Auffälligkeiten verstärkt thematisiert und
ansatzweise erforscht worden.
Je nach Erhebung ergeben sich Differenzen aufgrund zügrunde liegender unterschiedlicher Definitionen der Störungen, der Stichprobengröße, der unterschiedlichen Populationen, der verschle-
denen Instrumente, der Datenquellen
(Selbst- oder Fremdbeurteilung). So zeigen die Übersichten der nationalen Forschungsbefunde die folgenden Prävalenzen bei jugendlichen Straftätern2:20-80%
der jugendlichen Inhaftierten weisen mindestens eine psychische Störung auf, bei
3-80% finden sich Störungen durch psychotrope Substanzen, in 1-21% der Fälle
liegen posttraumatische Belastungsstörungen vor. ADHS findet sich In 8-25%,
effektive Störungen in 6-23%, Angststörungen in 1-27% der Fälle. In ihrer
Studie fanden Köhler et al. (2012) Störungen Im Sozialverhalten bei 81 %, Störungen durch psychotrope Substanzen bei
60%, Persönlichkeitsstörungen bei 62%
und Psychopathologien bei 21 % der Probanden.
Zugleich zeigt es sich, dass die Jugendlichen mit Auffälligkeiten häufig mehr unterschiedliche und öfter schwere Delikte
begehen (ob als Ursache oder in Folge, ist
hierbei nicht geklärt). Dergestalt zeichnet
sich die Gruppe durch besonders hohe
Rückfallquoten3, lange Karrieren und negative Verläufe aus. Ihr Leben bewegt sich
oftmals zwischen Straße, Psychiatrie und
Gefängnis (Stolle 2003, Hosser et al.
2011). Da die Störungen entweder psychiatrisch (noch) nicht diagnostiziert oder
nicht derart ausgeprägt sind, im Grenzbereich liegen, als dass eine psychiatrische
Behandlung als notwendig angesehen
wird, kommt es häufig zu einem ,Verschlebebahnhof zwischen Psychiatrie und Jugendvollzug. Zugleich fallen die Personen
aufgrund ihrer Auffälligkeiten und einer
1 Das im Jugendvollzug der JVA Bremen durchgeführte Projekt
„Step by Step" wurde seitens des ESF-Programmes Xenos
gefördert (01.06.20Ü7-30.09.2006). Ab 2010 wurde die
Maßnahme wieder aufgenommen, finanziert aus einem Son- 2 Siehe Köhler et al. 2009; Fegert 2010; Hosser 2012.
derprogramm seitens des Senators für Justiz und Verfassung 3 Besonders hohe Rückfallquoten finden sich nach JugendBremen. Projektträger ist der Verein Hoppenbank e.V. Brehaft: So wird jeder dritte auf Endstrafe Entlassene innerhalb
men. Siehe zur ausführlichen Beschreibung der Maßnahme
von drei Jahren wieder inhaftiert; ca. zwei Drittel der Gefandie Jahresberichte des Vereins Hoppenbank e.V.: www.
genen werden in Irgendeiner Form wieder strafrechtlich aufhoppenbank.info im Downloadbereich.
fällig (Jehle et al. 2010).
BewHi 3/2014
247
I Schwerpunkt I Lernort Strafvollzug - Kompetenzen
oftmals vorliegenden Verweigerungshal- sene Umsetzung. Die Maßnahme soll im
tung im regulären Betrieb der Anstalt stän- Folgenden dargestellt werden.6
dig negativ auf. Spezifische Angebote gibt
es für diese Gefangenen in der Regel Die Maßnahme und ihre Teiinehmer
nicht.
Die Maßnahme umfasst 8 Plätze. Geleitet
Auch nach Einschätzungen der Mitar- wird sie von zwei Ergotherapeuten. Angebeiterinnen im Jugendvollzug Bremen sichts der Ausgangssituation schien der
zeigt diese Gruppe der Insassen neben Einsatz von Ergotherapeuten am sinndem geringen Leistungsniveau vermehrt vollsten: zum einen durch die Fähigkeiten
erhebliche Verhaltensauffälligkelten. Dies der Einschätzung, des Umgangs und der
reicht von Gruppenunfähigkeit, Konzen- Behandlung von psychischen und vertrationsschwächen bis hin zu Verweige- haltensauffälligen Personen, durch den
rungshaltungen. In letzter Zeit wird ver- Fokus auf die (Wieder-)Herstellung von
mehrt über ein kindliches und pubertäres Fähigkeiten und Fertigkeiten bei gleichzeiTrotzverhalten berichtet.4 Den Jugend- tigem diagnostischen Blick auf mögliche
lichen fehlen häufig die kognitiven Fähig- zugrundeliegende Störungen, zum andekeiten, um planvoll und zlelorientlert zu ren durch den Behandlungsansatz, der
arbeiten. Im Schulunterricht und in den gerade auf die praktischen Tätigkeiten,
Arbeltsbetrieben der Vollzugsanstalt zei- auf ausgewählte handwerkliche Techniken
gen diese Insassen die gleichen Vermei- zum Training von Fertigkeiten (einschließdungsstrategien wie in der Regelschule. lich der Teamfähigkeit) fokussiert. DergeSie stören, verweigern die Mitarbeit, stalt ermöglichen sie unterschiedliche Befühlen sich überfordert und halten sich handlungsmöglichkeiten mit einer Vielzahl
nicht an die Regeln.
praktischer Umsetzungsformen, was einer
e|nzelfallorientlerten, einer flexiblen und
Eine relevante Drogenproblematik liegt einer differenzierten Behandlung gerecht
in 1/3 Fällen vor. Bei einigen Teilnehmern wird.
war eine ADHS-Diagnose gestellt. Die
Problematik liegt nach Einschätzung der
Jedes Jahr nehmen ca. 30 bis 40 juMitarbeiterinnen In Bremen bei ca. 1/3 al- gendlichen Inhaftierte teil. Die Charakteler Insassen vor.
ristika variieren über die Jahre des Verlaufs
der Maßnahme nur leicht. Die Teilnehmer
Mit dem Projekt „Step by Step" wurde sind im Durchschnitt 19 Jahre alt. 2/3 der
die Möglichkeit geschaffen, eine ange- Teilnehmer sind deutscher, 1/3 anderer
messene und umsetzbare Maßnahme für Nationalität. 2/3 kommen aus der Jugenddiese Personengruppe zu entwickeln. An- haft, 1/3 aus der Untersuchungshaft. Die
gesichts der Ausgangssituation war ein Teilnahmedauer schwankt zwischen weniedrig-schwelliges und flexibles Vorge- niger als einem Monat bis hin zu 5 Monahen gefordert. Eine Kombination von Ar- ten. Beendet wurde in einigen Fällen die
beits- und Ergotherapie, Schultraining und 5 Datenqueiien dar Evaluation waren Gespräche mit den MitSozialtraining versprach eine -angemesarbeiterinnen, Informationen über die Teilnehmer ergaben
sich aus den Berichten, die in der JVA erstellt wurden. Als
4 Der Einbezug der Familie in das Behandlungsgeschehen
weitere Datenquelle standen die Berichte und Texte der Anwäre hier deutlich von Vorteil.
leiten nnen zur Verfügung.
248
BewHi 3/2014
Eduard Matt: Step by Step
Teilnahme durch vorzeitige Entlassung
(vermehrt bei U-Häftlingen) oder es erfolgte eine Ablösung (aufgrund disziplinarischer Gründe wie mangelnde Einhaltung
der Regeln, körperliche Auseinandersetzungen u. a.).
Bei allen Maßnahme-Teilnehmern findet
sich eine Ausgrenzungsproblematik aufgrund sozialer Benachteiligung. Das Bildungsniveau der Gruppe ist in der Regel
schlecht. Selbst ein Hauptschulabschluss
ist bei den wenigsten Teilnehmern vorhanden. Wenige sind Analphabeten, viele mit
geringen Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten, wenige mit wenigstens mittlerem Niveau. Zusätzlich gibt es Sprachund Verständigungsprobleme, da Deutsch
oft nicht Muttersprache ist oder schlecht
beherrscht wird. Bei vielen lag eine Schulverweigerungsproblematik vor (meist auf
Basis wiederholter negativer Erfahrungen). Dies hat zur Folge, dass sie zunächst
einen Schulbesuch in der JVA ablehnen.
Gerade diese Insassen weisen erhebliche
Defizite im elementaren Grundwissen auf.
Nur In wenigen Fällen lag eine Lernmotivation vor (die sich biographisch aufgrund
von häufigem Wohnortwechsel oder anderen Gründen nicht in schulischen Leistungen umsetzen konnte). Eine Ausbildung hatte keiner begonnen.
Einige Teilnehmer wechselten nach Beendigung der Maßnahme in andere Kurse,
einige gar in schulische Maßnahmen wie
den Elementarkurs, selten in den Hauptschulkurs, andere in Beschäftigungsmöglichkeiten In der Jugendanstalt.
und verhaltensauffällige Jugendliche und
junge Erwachsene. Durch ein speziell entwickeltes Trainingsprogramm sollen Sozialkompetenzen, Beschäftigungsfähigkeit und die Verbesserung der interkulturellen Verständigung gefördert werden. In
der Maßnahme sollen die oben beschriebenen Insassen ausgehend von ihrer persönlichen Problemlage Im Bereich Basiskompetenzen durch niedrigschwellige,
motivierende Lern- und Erfahrungsangebote individuell gefördert werden.
Trainiert wird die Vermittlung handwerklicher Fertigkeiten sowie von Material- und
Werkzeugkunde; von Grundarbeitsfähigkeiten wie Pünktlichkeit, Ordnung, Sorgfalt und Ausdauer. Ergänzend erfolgen ein
Schultrainirig und ein Sozialtraining. Auf
Individueller Ebene ist das Lernen des
Umgangs mit Frustration und Wut von
Bedeutung. Das Erlernen von Konfliktbewältigungsstrategien ist gefordert. Angemessene Verhaltensweisen im Umgang
miteinander sind herzustellen. Weiterhin
ist für diese Gruppe die Verbesserung
basaler Kompetenzen (die Figur-GrundWahrnehmung,
sensorisch-perzeptive
Wahrnehmungen, Fein- und Grobmotorik,
Raum - Lage - Wahrnehmung, Motorisch
- funktionelle Körpereigenschaften) von
Bedeutung.
Den Teilnehmern soll eine Situation geschaffen werden, die ihnen das Durchhalten einer Maßnahme über einen gewissen
Zeitraum ermöglicht. Hierzu ist das schnelle
Erlangen positiver Erfahrungen durch eigene Erfolge notwendig. Insgesamt ist eine
Tagesstrukturierung zu fördern.
Zleie der Maßnahme
Zwecks erfolgreicher Umsetzung ist die
Das Projekt „Step by Step" ist eine Trai- Herstellung einer konstruktiven Arbeitsningsmaßnahme für leistungsschwache beziehung zu den einzelnen Teilnehmern
BewHi 3/2014
249
I Schwerpunkt I Lernort Strafvollzug - Kompetenzen
notwendig. Es gilt, sie aus ihrer Verweigerungshaltung und Trotzreaktion heraus zu
holen. Nur wenn dieses gelingt, sind eine
Mitarbeit und damit die Möglichkeit von
Lernprozessen gegeben.
Die TrainingsmaBnahme
„Step by Step"
Die arbeitstherapeutische Maßnahme besteht aus einer Kombination von drei
Modulen. Zum Training zählen die Module
Ergotherapie, Schultraining und Sozialtraining. Letzteres umfasst ein beaifsorientiertes soziales Training. Ziel ist es auf diesem Wege arbeitsmarktrelevante Basiskompetenzen, wie mathematische und
sprachliche Grundfähigkeiten sowie insbesondere Sozialkompetenzen, Konzentrationsfähigkeit, Selbstdisziplin sowie die
Toleranzentwicklung gegenüber Anderen
und anderen Kulturen, zu fördern.
unterschiedlichen Materialien. Im Erlernen
von Handwerkstechniken kommt es zur
Übung und Verbesserung von Konzentration und Aufmerksamkeit. Gefördert wird
Lernen und Merken, Ausdauer und Selbstständigkeit, Verantwortung und Sorgfalt.
Basale Kompetenzen wie Kontakt-, Kritik
und Teamfähigkeit, Frustrationstoleranz
und Problemlösestrategien, Ordnungsbereitschaft (Aufräumen, putzen/reinigen der
Räume), Motivation und Antrieb können gefördert werden. Angestrebt wird eine Steigerung des Selbstwertgefühls, des Selbstbewusstseins und der Selbstsicherheit.
Zur Anwendung kommen Arbeiten mit
diversen Materialen und Techniken (Holz,
Speckstein, Porenbeton; Peddigrohr, Ton,
Mosaiktechnik, Korbflechten, Laubsägearbeiten, Pappmache, WindowColor, Seidenmalerei, Brandmalerei, Herstellung
von Postkarten, Origami, Malen, Puzzeln,
Jonglieren u.a.). Bedarfsgerecht werden
In der Umsetzung erfolgt ein bedarfs- unter Anleitung eigene Stücke erstellt, es
angemessener Mix an Angeboten, ein erfolgen aber ebenso, so dazu fähig,
Wechsel von Pflicht und Kür, von Lernen Gruppenarbeiten.
und Sport/Spiel/Spaß. Angesichts der
Motivation und der Konzentrationsfähig- Praktische Erfahrungen
keit der Klientel sowie der situativen Umständen hat sich dieses als optimale Ge- Sowohl die Jugendlichen selbst als auch
staltungsform erwiesen. Die Teilnehmer die Anleiterinnen mussten es lernen, die
sind verpflichtet, an allen drei Modulen Selbstüberschätzungen der Jugendlichen
teilzunehmen. Die Konzeptualisierung und In ihren handwerklichen Fertigkeiten zu
Umsetzung stärker in Form eines informel- bearbeiten. Schnell wurde klar, dass die
len Lernens ist angesichts des Schulver- Jugendlichen positiven Zuspruch brauchmeidungsverhaltens der Teilnehmer von ten, um sich einer Aufgabe von Anfang bis
Vorteil. Es ist gleichzeitig strukturierend, Ende widmen zu können Manchmal war
belohnend und fördernd.
es erfahrungemäß sinnvoll dem Jugendlichen eigene Grenzen im Handwerk erlebbar zu machen, so dass eine Reflexion
Modul 1: Ergotherapie / Handwerkund eine Entwicklung möglich wurden.
liche Tätigkeiten
In dem Modul erfolgt eine Übung handAnfänglich bezeichneten die Jugendwerklicher Fähigkeiten in der Arbeit mit lichen viele der Aufgaben als „Kindergar250
BewHi 3/2014
Eduard Matt: Step by Step
ten" oder „Weiberkram" und ließen sich
nur schwer motivieren. In den meisten Fällen steckte eine starke Unsicherheit dahinter und zwar die Angst, sich vor anderen
Teilnehmern zu blamieren. Zusätzlich waren viele der Meinung, es sei „uncool" sich
über sein Ergebnis zu freuen. Es kostete
viel Überzeugungsarbeit die jungen Heranwachsenden dazu zu bringen, die angefangenen Werkstücke fertig zu stellen.
Nachdem sie gelernt hatten ihre Freude
offen zu zeigen, nahm der Spaß am Schaffen ein wenig zu.
Wichtig war in diesem Zusammenhang
zu vermitteln, dass bei Techniken, die zum
ersten Mal ausgeführt werden, das Ergebnis mit großer Wahrscheinlichkeit nicht
perfekt ausfallen wird, dass es dafür etwas
Übung braucht.
Innerhalb der Gruppe war es sehr
schwierig, tragfähige Beziehungen aufzubauen. Die Teilnehmer benötigten viel Zeit,
sich an die Art der Aufgabenstellung und
an die Anleiterin zu gewöhnen. Die erheblichen Defizite im Bereich der sozialen
Kompetenzen, den Kulturtechniken und
den praktischen Fähigkeiten, wurden
durch die Nationalitätenvielfalt verstärkt.
Es fand ein ständiger Konkurrenzkampf
auf mehreren Ebenen statt. Das führte
zeitweise auch zu einer sehr brisanten
Gruppendynamik. Einige Teilnehmer waren erst zum Ende der Maßnahme auf
einem Niveau angekommen, auf dessen
Basis ein vernünftiges Arbeiten möglich
gewesen wäre.
nerhalb des gesamten Moduls werden in
Gruppen- und/oder Einzelarbeit durchgeführt. Gemeinsame kurze Spielrunden
sowie Hausaufgaben ergänzen die Tätigkeitsfelder.
Einzelne Arbeiten erfolgen am PC. Auch
das Rechtschreibprogramm auf dem PC
verbesserte ihre Fertigkeiten. Verständnisprobleme hatten die Jugendlichen vor
allem bei Informationsbriefen zu Therapieeinrichtungen, Briefen vom Gericht oder
von Behörden. Beim Vorlesen waren insbesondere Texte zu Naturereignissen sehr
beliebt. Ferner stießen Schriften zum aktuellen politischen Geschehen sowie Vorgänge, die die Inhaftierten direkt betrafen
(zum Beispiel Auszüge aus dem neuen
Jugendstrafvollzugsgesetz), auf großen
Anklang.
Praktische Erfahrungen
In der Regel hatten die zugewiesenen Jugendlichen keinen Schulabschluss. Einige
waren trotz Schulpflicht seit Jahren nicht
mehr regelmäßig in die Schule gegangen.
Rechnen, Schreiben und Lesen haben sie
somit (in Abstufungen) nie richtig gelernt.
Auch die Notwendigkeit dieser Fertigkeiten, um den Anforderungen des (Arbeits-)
Lebens gewachsen zu sein, sahen die
meisten nicht. Ein türkischer Jugendlicher
sagte zum Beispiel: „Schreiben brauche
ich nicht - meinen Bürokram erledigt
meine Schwester für mich."
Viele Teilnehmer beherrschten anfänglich das Alphabet nicht richtig. Außerdem
war ein ausgeprägtes Desinteresse an der
Modul 2: Schultraining
deutschen Rechtschreibung zu beobachDieses Modul setzt sich aus den Übungs- ten. Um die Jugendlichen zum Lernen zu
einheiten Rechnen, Schreiben und Lesen bewegen, musste ihnen erst einmal verzusammen. Die praktischen Übungen in- deutlicht werden, dass durch korrekte
BewHi 3/2014
251
I Schwerpunkt I Lernort Strafvollzug - Kompetenzen
Rechtschreibung der Leser die Gedanken
des Schreibers besser verstehen kann.
Mit der Zeit vergrößerte sich ihr Interesse.
Sie stellten Fragen zu Groß- und Kleinschreibung oder prüften (in Einzelfällen) an
Hand des Dudens, ob sie ein Wort richtig
oder falsch geschrieben hatten.
Die Konzentration war z. T. sehr gering
und eine Verweigerungstendenz immer
latent vorhanden. Damit ein Fortschritt erzielt werden kann sind positive Erfahrungen notwendig. Smileys und gute Noten
(in kleinen Testsituationen) können dies
bewirken. Auch die Ruhe im Schulungsraum und kleine Gruppen haben bessere
Ergebnisse zur Folge. An manchen Tagen
sind 35 Minuten das Höchstmaß der
Durchführung einer Einheit.
Die Maßnahme bietet diesen Insassen
in gewisser Hinsicht Schutz, weil die
Anforderungen und der Leistungsdruck
zunächst gering sind und je nach Fähigkeit
des Einzelnen langsam gesteigert werden.
Nach einer Eingewöhnungsphase und bei
vorhandener Motivation können dann
meistens die Arbeitsfähigkeiten verbessert werden.
Modul 3: Sozialtraining
Da die Jugendlichen immense Defizite in
ihren sozialen Kompetenzen aufwiesen,
war es sinnvoll, das Sozialtraining in zwei
Abschnitte zu gliedern. So lernten sie zuerst sich mit ihrer eigenen Person, ihrem
eigenen Verhalten und dem von anderen
auseinander zu setzen, bevor der Fokus
auf die berufliche Orientierung gelegt
wurde. (Da die beiden Abschnitte In einander greifen, ist eine strlngente Trennung
der gemachten Erfahrungen schwierig.)
252
BewHI 3/2014
a) Allgemeines Sozialtraining
Die Teilnehmer wurden aufgefordert
sich in verschiedenen alltagspraktischen
Übungen, zum Beispiel zu den Bereichen Emotionswahrnehmung/Emotionsausdrucks, zu persönlichen Zielen oder
Wertevorstellungen, kritisch mit der eigenen Position auseinanderzusetzen. Hier
ging es auch darum, Standpunkte anderer
Gruppenmitglieder anzunehmen und Bedürfnisse sowie Unsicherheiten zu formulieren. Sie lernten, ihre eigenen Erfahrungen, Ideen und Wünsche in den Arbeitsprozess mit einzubringen und erlebten dadurch Selbstwirksamkeit. Dies hatte einen
positiven Einfluss auf ihr Selbstbewusstsein und auf das gesamte Verhalten im
Gruppenkontext.
Welterhin steht in dem Modul die Erarbeitung eines realistischen Selbstbildes
sowie die Sensibilisierung für eigene Gefühle an (Zugang zu eigenen Bedürfnissen/Emotionen finden; Förderung von
Empathie). Eine Schulung der Wahrnehmung ist gefordert. Sicherheit im Umgang
mit Konfliktsituationen/eine Erweiterung
der Toleranz gegenüber anderen Kulturen
und Einstellungen ist zu trainieren. Gefördert wird die Reflexion alter Verhaltensstrategien (Aufdeckung von Scheinkompetenzen), die Entwicklung neuer Handlungsweisen und -Sicherheit sowie ebenfalls von persönlichen Lebenszielen (Ziele
und Wünsche für mein Leben). Selbstvertrauen und Selbstsicheitieit sind zu identifizieren und aufzubauen, soziale Kompetenzen zu erkennen und angemessene
Reaktionsweisen zu entwickeln und anzuwenden. Gerade auch im Bereich der
Kommunikation gilt es Unsicherheiten abzubauen, sei es auf verbale Ebene („Wie
redest du mit mir?"; Konfliktmanagement:
Guter Streit/Schlechter Streit, Ehrbegriffe,
Eduard Matt: Step by Step
Entwicklung von Problemlösestrategien), Mindmap, Hausaufgaben, Theoretischer
sei es auf nonverbaler Ebene (Körper- Input, Reflexion des Gruppenprozesses.
sprache).
Praktische Erfahrungen
Methodisch kommen zum Einsatz:
Gruppenarbeit, Einzelgespräch, Rollen- Durch eine Vorstellungsrunde in Form von
spiele, Filmmaterial, Entwicklung von Partnerinterviews konnte zeitweilig eine
Collagen, Referate.
entspannte Atmosphäre geschaffen werden. Mit Hilfe persönlicher Fragen kam
man sich näher. Die Informationen zu verPraktische Erfahrungen
schiedenen Berufsbildern verdeutlichten
Eine besonders große Herausforderung den Teilnehmern die dazugehörigen Anforbestand zunächst darin, das Vertrauen der derungen. Sie erhielten dergestalt ein reaJugendlichen zu gewinnen. Es zeigte sich listisches Bild von der aktuellen Situation
recht schnell, dass die Teilnehmer große auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt,
Angst hätten, etwas von ihren persön- das sie mit ihren vorhandenen Fähigkeiten
lichen Empfindungen mitzuteilen, beson- und Interessen abgleichen konnten. Neders in Gegenwart anderer Gruppenmit- ben der Erprobung geeigneter Verhaltensglieder. Des Weiteren führte die hierarchi- weisen in den simulierten Vorstellungsgesche Struktur, die institutionsbedingt in- sprächen entwickelten die Jugendlichen
nerhalb einer Jugendanstalt herrscht, durch diese Übung ein sicheres Auftreten.
dazu, dass sich der Prozess des „Öffnens" Sie konnten vorhandene Unsicherheiten
über einen sehr langen Zeitraum er- und Ängste im Hinblick auf zukünftige Vorsteilungsgespräche abbauen. In der abstreckte.
schließenden Feedbackrunde, hatten die
b) Berufsfeldorientiertes Sozialtraining Teilnehmer die Möglichkeit, TrainingserIm berufsfeldorientlerten Sozialtraining gebnisse zu reflektieren, Kritik zu äußern
steht die Entwicklung einer beruflichen und Anregungen für weitere UnterrichtsOrientierung an. Individuelle Stärken und einheiten zu formulieren.
Schwächen sind zu erkennen sowie die
Einigen Jugendlichen gelang es im RahReflexions- und Kommunikationsbereitschaft zu stärken. Die Erstellung eines men des Projekts erste konkrete BerufsNeigungs- und Interessenprofils gilt es zu wünsche zu äußern. (Ziele für die Zeit nach
leisten. Durch die Vorstellung verschie- der Haftentlassung können in dieser kritidener Berufsbilder, durch die Vorstellung schen und höchstsensiblen Phase weeiner beruflichen Entwicklung sollen indi- sentlich stabilisierend wirken, um nicht
viduelle Planungen gefördert werden. Be- wieder in alte Verhaltensmuster zu fallen.)
werbungsgespräche werden trainiert. All- Diese Tatsache kann als großer Erfolg gegemein gilt, ein Lern- und Motivationstrai- wertet werden, da die meisten Teilnehmer
zu Beginn der Maßnahme angaben, überning zu leisten.
haupt nicht arbeiten zu wpllen. Wenn
Eingesetzte Methoden: Einzelarbeit, doch, dann hatten sie keine oder nur sehr
Gruppenarbeit, Rollenspiele, Moderation, unrealistische Vorstellungen darüber, in
Plenum, Demonstration, Präsentation, welchem Bereich. Bei den meisten TeilBewHi 3/2014
253
I Schwerpunkt I Lernort Strafvollzug - Kompetenzen
nehmern liegt eine Selbstüberschätzung chend darauf zu reagieren gilt. Für viele ist
der eigenen Möglichkeiten vor.
bereits die Teilnahme am Arbeitsbetrieb
von „Step by Step" eine große Belastung.
Ein neuer Teilnehmer verändert ebenfalls
Umsetzung
jedes Mal den gruppendynamischen ProDie Arbeit der Insassen beinhaltet Hand- zess. Widerstände formulierten die Juwerkstechniken am Vormittag und am gendlichen in Form von: provokantem
Nachmittag Schuitralning und Sozialtrai- Infragestellen, Hilfe nicht annehmen, Rening Im Wechsel. Jeden Morgen beginnt gelverletzungen, Fremdbeschuldigen bei
die Arbeit der Insassen mit einem Stuhl- missglückter Handhabung eines Werkkreis. Hier hat jeder Insasse die Möglich- materials und das Herunterspielen von
keit sein Befinden oder auch Termine (An- störendem Verhalten mit dem Spruch:
waltstermin/Arzttermine etc.) anzukündi- „War doch nur Spaß!".
gen. Bei einem Neuzugang in der Maßnahme wird der Stuhlkreis mit einer
Es sind gleich bleibende Rituale eingeVorstellungsmnde erweitert. Jeder Teil- führt worden, um Sicherheit Im Tagesnehmer stellt sich mit Name und Alter vor. ablauf zu vermitteln. Die Belastbarkeit war
Anschließend werden die Arbeiten vom ständig einzuschätzen. Bei Unruhe und
Vortag abgefragt und schließlich mit der Überforderung der Teilnehmer werden
Arbeit begonnen.
Spiele und sportliche Aktivitäten genutzt,
die Teilnehmer zu motivieren und wieder
Umgangsformen und Arbeitsweise sind einer konstruktiven Tätigkeit zuzuführen.
in der Maßnahme in Form eines „Regel- Eine hochgradig flexible Gestaltung Ist geKatalogs" festgelegt. Seitens der Teilneh- fordert. Durch täglichen und verlässlichen
mer wird dieser unterschrieben, und bei Kontakt wird Intensiv mit den leistungsVerstoß erfolgen die Konsequenzen - wie entwöhnten Jugendlichen gearbeitet.
besprochen und unterschrieben. Die Teilnehmer erleben, dass Regeln sinnvoll sein
Durch den Einsatz zweier Mitarbeiterinkönnen, um ein positives Gruppengefühl nen in der Maßnahme ist ein flexibles Arherzustellen. Sie erkannten, dass ein klar beiten möglich: die Aufteilung der Gruppe,
strukturierter verbindlicher Rahmen, den eine Betreuung von Gruppen, die Durchsie selbst mitgestalten und beeinflussen führung von Einzelgesprächen, auch Elnkönnen, auch zu ihrem Schutz dient. zelbetreuungen, eine Absprache über die
Gleichwohl war immer wieder ein hohes Aufgabenverteilungen. Dies verlangt seiMaß an Geduld und an zeltlichem Auf- tens der Anleiterinnen hohe fachliche, diwand für vertrauensbildende Maßnahmen daktische und pädagogische Kompetenerforderlich.
zen. Auf die Schwierigkeit, hier geeignete
Mitarbeiterinnen zu finden, sei verwiesen.
Die Jugendlichen haben oft Schwankungen In der Tagesform, z. B. durch EntDank der guten Zusammenarbeit mit
zugserscheinungen, Medikamente, Be- dem Vollzug, insbesondere mit der Berufssuchstage, Vorfälle auf Station, Schicht- hilfe, konnten geeignete Kandidaten zugewechsel oder mangelnden Schlaf etc., die wiesen werden. Auch z. B. durch eine Veres frühzeitig zu erkennen und entspre- kleinerung der Gruppen von acht Teilneh254
BewHi 3/2014
Eduard Matt: Step by Step
mern auf jeweils vier wurde angemessen durch Konzentration und persönlichen
auf die spezielle Situation der Jugend- Einsatz erzielen lassen. Insbesondere
durch das Modul 3 „Sozialtraining" veränlichen reagiert.
derte sich das ausgeprägte aggressive
Seitens der kontinuierlich teilnehmen- Verhalten der. Teilnehmer untereinander
den Jugendlichen wurde die gesamte zugunsten von akzeptierenden und kolleMaßnahme gut angenommen. Sie zeig- gialen Umgangsformen.
ten ein hohes Engagement und es gab
Die Teilnehmer lernten eigene Unsicherkaum Fehlzeiten. Arbeitsverweigerung,
aber auch krankheitsbedingte Fehlzeiten heiten zu formulieren und Sachverhalte
gab es nur in Einzelfällen. (Oft kamen die von verschiedenen Standpunkten aus zu
Teilnehmer trotz Krankheit zum Unter- betrachten. Sie machten Übungen zu
richt.) Laut Einschätzung der Anleiterinnen Konflikt- und Kritikfähigkeit und lernten in
waren Insbesondere In den Bereichen diesem Zusammenhang sich kritisch mit
der sozialen und interkulturellen Kompe- der eigenen Position auseinander zu settenzen deutliche Lernerfolge zu verzeich- zen sowie diese klar und angemessen zu
formulieren.
nen.
Während des berufsorientierten Sozialtrainings setzten sie sich mit ihren individuellen Stärken und Schwächen auseinander und konnten so persönliche
Neigungen und Interessen entwickeln.
Motivation und Fähigkeiten, die eine notwendige Voraussetzungen für die selbst
bestimmte Lebensplanung und BerufsDas Projekt „Step by Step" kann im Ju- wahlentscheidung sind wurden in diesem
gendvollzug für alle Teilnehmer, die sonst Zusammenhang stark gefördert (siehe
kaum eine Chance auf Teilnahme an Maß- auch Matt 2013).
nahmen hätten, eine Individuelle Unterstützung und Begleitung bieten und die
Insassen an einen halbwegs strukturierten Fazit
Tagesablauf gewöhnen. Klare Regeln und
Unterweisungen werden wieder einge- Jugendliche Inhaftierte stellen eine besonfordert und ein sozialer Umgang mitein- ders auffällige und schwierige Gruppe dar.
ander geübt. Zuhören und Verständnis, Gründe dafür sind unter anderem ein geAkzeptanz von Andersartigkeit und den- ringes schulisches Niveau, mangelndes
noch Annahme der eigenen Individualität Sozialverhalten, Gewaltaffinität und/oder
sind ein Ziel in der Arbeit mit den Jugend- Drogenabhängigkeit. Es ist schwierig
diese Klientel mit jeglicher Art von Maßlichen.
nahme zu erreichen. Dies zeigte sich auch
Neben dem Erwerb konkreter Fähigkei- bei der konkreten Durchführung der einten und Fertigkeiten, haben die Jugend- zelnen Module in der JVA. Die Heranlichen gelernt, dass sich Arbeitserfolge wachsenden mussten permanent tnoti-
Nach Beendigung der Maßnahme verfügten die Jugendlichen Im Großen und
Ganzen über mehr Kompetenzen In den
Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen) wie auch im Sozialverhalten (Teamfähigkeit, Umgang untereinander, Selbstkontrolle).
BewHi 3/2014
255
I Schwerpunkt I Lernort Strafvollzug - Kompetenzen
viert und Schritt für Schritt an die einzelnen Aufgaben herangeführt werden. Versagensängste und „Männlichkeitsrituale"
unterbrachen dabei immer wieder den
„Lernprozess". Trotzdem konnten die Teilnehmer durch das vielseitige Angebot zu
deutlich besseren Verhaltensweisen angeleitet werden.
Die einzelnen Module konnten auf diesem Wege routinisiert und mehrfach
durchgeführt werden. Die Umsetzung und
Aufteilung der einzelnen Module, das Arbeiten in kleinen Gruppen, verweist auf
eine den Anforderungen durch die Klientel
angemessene Reaktion.
In Anbetracht der hohen Fluktuation
wird deutlich, dass selbst für eine niedrigschwellige Maßnahme, wie „Step by
Step", gewisse Grundkompetenzen vorhanden sein müssen - mindestens ein Minimum an Sozialverhalten und Gruppenfähigkeit. Dass dieses in einigen Fällen
fehlt, verweist zugleich auf die Notwendigkeit, hier weitere und spezifischere Maßnahmen des Verhaltenstrainings (ggfs. gar
in Einzelbetreuung) anzubieten.
Durch den spezifischen Projektansatz
von „Step by Step" erhalten die Teilnehmer eine realistische Chance auf eine
soziale und berufliche (Reintegration. Die
Verbesserung der sozialen Kompetenzen
sowie der Erwerb von beruflichen Schlüsselqualifikationen sind eine unabdingbare
Voraussetzung dafür. Allerdings bedarf es
einer weiteren, speziell auf die Probleme
der Jugendlichen zugeschnittenen Unterstützung durch weitere Kooperationspartner, zum Beispiel nach der Haft seitens der Arbeitsagenturen und anderer
Hilfesysteme. Nur eine vernetzte Betreuung kann langfristig die Erfolge sichern
256
BewHi 3/2014
und ausbauen. Die Einbindung in die
Vollzugsplanung ist ebenso deutlich gefordert.
Zugleich wird aber auch aufgezeigt,
dass mit dieser niedrigschwelligen und
vielfältig arbeitenden Maßnahme ein
großer Teil der Klientel erreichbar ist. Eine
kontinuierliche Teilnahme hat gar zur Teilnahme an einer weiteren schulischen
Maßnahme geführt und/oder zur Entwicklung (einer Motivation) einer beruflichen
Perspektive. Lernerfolge können bei einigen Teilnehmern deutlich festgestellt werden.
Insgesamt ist mit der Entwicklung und
Umsetzung der Maßnahme ein gelungener Schritt in den Einbezug und in das Training einer besonders schwierigen Klientel
erfolgt. Sowohl der Aspekt der Niedrigschwelligkeit als auch die Aufteilung in 3
Module (und die Verpflichtung jedes Teilnehmers, an allen teilzunehmen) sowie
eine flexible Umsetzung hat sich als eine
gelungen Kombination mit Erfolgsaussicht
erwiesen. Dass es seitens der Klientel
noch schwierigere Teilnehmer gibt, die
selbst hierfür noch ungeeignet sind,
macht weitere Ergänzungen notwendig.
Die kompetente Zusammenarbeit der Anleiterinnen ist ein weiterer Faktor für die
erfolgreiche Arbeit.
Eduard Matt: Step by Step
Literatur
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jugendlicher Straftäter; Forensische Relevanz
und Relevanz für Sanktionen und Maßregeln.
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2003.
Dr. rer. soc. Eduard Matt
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in Projekten
c/o Senator für Justiz und Verfassung
Adresse;
Richtweg 16-22
28195 Bremen
eduard. [email protected]
Mit dem Angebot in der JVA wird eine
besonders auffällige Gruppierung innerhalb der Insassen erreicht, die besonders
schwierig zu handhaben Ist und die durch
die Maßnahme zu besseren Verhaltensweisen und Beschäftigungsfähigkeit angeleitet wird. Zugleich ist das Vorhandensein von weiteren Maßnahmen zur systematischen Umsetzung der Entwicklung
von Teilnehmern vonnöten.
BewHi 3/2014
257
Forum Strafvollzug, 63. Jg., 2014, S. 257-262
FS 4/2014 - 257
Justizvollzug und die entsprechende
Nachsorge entlassener Gefangener
Insgesamt verbesserungsbedürftig
ist. Erkrankte nach der Entlassung In
geeignete Versorgungssysteme zu integrieren ist ebenfalls eine ressortübergreifende Aufgabe. Die im Vergleich zur
Allgemeinbevölkerung bei Inhaftierten
deutlich häufiger auftretenden psychiatrischen Erkrankungen und Auffälligkeiten stehen oftin Zusammenhang mit
Drogenabhängigkeit. In diesem Kontext hat der Ausschuss nach intensiver
Vorbereitung beschlossen, ab 2016 in
allen deutschen Justizvollzugsanstalten eine einheitliche Datenerhebung
zum Themenbereich „Drogen/Sucht"
einzuführen.
Mit einer gesetzlichen Regelung
über den Vollzug des Jugendarrests
gelangt das Gesetzgebungsprogramm
der Länder zum Justizvollzug einstweilen zum Abschluss. Dazu haben die an
der Erarbeitung eines Mustergesetzentwurfs beteiligten neun Länder auf der
Tagung ihren Entwurf eines Jugendarrestvollzugsgesetzes vorgestellt.
Der Strafvollzugsausschuss begrüßte
in Saarbrücken als neues Mitglied den
neubestellten Vollzügsabteilungsleiter
im bayerischen Justizministerium, Herrn
Peter Holzner. Zugleich wünscht er seinem Vorgänger Prof. Dr. Frank Arloth,
dem Chefredakteur dieser Zeitschrift,
viel Glück in seiner neuen Funktion als
Knastgewächse
Ein stadtteilbezogenes Beschäftigungsprojekt für Haftentlasse
und Straffällige
Gerburg Gerard, Eduard Matt
Es ist in Bremen gelungen, neben dem
im Projektverbund Chance geschaffenen
KompetenzCentrum ein weiteres Projekt
umzusetzen, dass sich der Beschäftigung
im Nachhaftbereich widmet. Dadurch
umfassen die Bestrebungen des Übergangsmanagements nicht nur Projekte
Inden Justizvollzugsanstalten,fokussieren nicht nur auf die Entlassungsvorbereitung, sondern haben gleichfalls den
Nachhaftbereich im Blick.
1
Mit dem Projekt jKnastgewächse '
sind auf dem Gelände der ehemaligen
Frauen- und Jugendanstalt Blockland
der JVA Bremen neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen worden. Gefördertausdem ESF-Bundesprogramm
„Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier
(BIWAQ)" umfasst es Stellen für 20Teilnehmer. Ex-Straffällige arbeiten dort,
im Sinne gemeinnütziger Arbeit. Das
Projekt bietet den Teilnehmerinnen
Beschäftigung und Qualifizierung im
Helferbereich in den Berufsfeldern Gärt-
ner/Fachrichtung Gemüseanbau und
Landwirtschaft. Angeboten wird niedrig
schwellige Beschäftigung, gleichwohl
mit unterschiedlichem Schweregrad.
Neben der Beschäftigung erfolgt eine
Integrationsbegleitung. Teilnehmer
sind langzeitarbeitslose Ex-Strafgefangene und Straffällige, vermittelt über
das Jobcenter, aber auch Insassen aus
dem offenen Vollzug.
Im Sinne des Ansatzes des Übergangsmanagements2 wird davon ausgegangen, dass die Verknüpfung von
arbeitsmarktpolitischen mit vollzuglichen Maßnahmen, flankiert mit einer
systematischen Betreuung, sichtbare
Erfolge bei der Stabilisierung der Person
und bei der beruflichen und sozialen
(Wieder-)Eingliederung zeigt. Diese
Anstrengungen sind erfahrungsgemäß
nur dann erfolgreich, wenn sie mit innovativen Formen derZusammenarbeit
zwischen Justizverwaltung, Arbeitsressorts, Jobcenter, Freie Träger und den
Amtschef des Bayerischen Justizministeriums.
Günter Matschiner
Ist Leiter der Abteilung Justiz- und Maßregelvolizug, Vollzug der Therapieunterbringung im saarländischen Ministerium
der Justiz
verschiedenen Akteuren im Stadtteil
verbunden werden. Das Projekt ist ein
Beispiel für derartige Kooperationen
und Vernetzungen.
Die Örtlichkeiten
Durchführungsort des Projektes ist
die ehemalige Frauen- und Jugendvollzugsanstalt Bremen Blockland.3 Die
Gebäude wurden 1968 errichtet. 2004
wurde der Standort geschlossen, die
Inhaftierten nach Oslebshausen verlegt. Die bei Projektbeginn ca. 8 Jahre
völlig brachliegende Immobilie musste
erst einmal vom Wildwuchs befreit, das
Gelände einschließlich der ehemaligen
Gärtnerei freigelegt, saniert und der
Nutzung zugeführt werden. Fürdiegarten- und landwirtschaftliche Nutzung
wurden ca. 2 Hektar von Immobilien
Bremen bereitgestellt. Die Gegebenheiten werden umgenutzt in einen Lernund Arbeitsort. Gelegen im Stadtteil
Gröpelingen, mit unmittelbarer Nähe
zur JVA Oslebshausen, ergeben sich
Kooperationen mit Stadtteilakteuren
und Institutionen. Gleichzeitig gilt es,
das Gelände fürzukünftige Nutzungen
sowie für Anschlussmöglichkeiten für
weitere Projekte herzurichten.
Die Teilnehmerinnen
im Mittel punkt des Projektes stehen ehe-
258-FS 4/2014
1
malige Strafgefangenesowie Freigänger
der JVA Bremen. Die Zielgruppe wird
durch eine enge Kooperation mit der senatorischen Dienststelle, dem Jobcenter,
der Bewährungshilfe, der Hoppenbank
e.V. u.a. benannt. Bei den (Ex-) Strafgefangenen handelt es sich überwiegend um
männliche Klienten (95 %). Das Projekt
steht aber auch Frauen offen.
Wohnen o.a.. 36 der Teilnehmer waren
verschuldet.
Vor dem Hintergrund der äußerst
schwach ausgebildeten beruflichen
und sozialen Kompetenzen kann man
bereits als Erfolg bewerten, dass trotz
fehlender Sanktionsmöglichkeiten die
Teilnahme- und Anwesenheitszelten
erstaunlich gut sind.
Das Projekt wendet sich gezielt an
(Ex-IStrafgefangene, deren Situation
durch Langzeitarbeitslosigkeit und
weitere Problemlagen geprägt ist. Die
Arbeitslosenquote beträgt bei den
Haftentlassenen über 70%. Die Zielgruppe ist durch multiple soziale Belastungen gekennzeichnet. Drogen- und
Alkoholkonsum,zerrütteteFamilienverhältnisse, Überschuldung, finanzielle
Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen, Migrationsprobleme u.a.
sind charakteristisch für die Lebenssituation des überwiegenden Anteils
det Haftentlassenen. Zugleich wohnen
überdurchschnittlich viele Haftentlassen in diesem Stadtteil. Ohne Unterstützung, auch unter verbesserten Konjunkturellen sowie arbeitsmarktpolitischen
Rahmenbedingungen, hat diese Gruppe keine Chance auf dem regulären
Arbeitsmarkt, und ist besonders von
sozialer Ausgrenzung betroffen und
bedroht. Die Personengruppe bedeutet eine zusätzliche Belastung für den
Stadtteil, det als sozialer Brennpunkt
beschrieben werden kann.
Aufgrund der Zusammensetzung
der bremischen Gefangenenpopulation kann eine direkte Vermittlung in die
Berufsausbildung bzw. in eine reguläre
Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt nur in ganz wenigen Einzelfällen gelingen.1 Es geht vielmehr um die
Herstellung von Beschäftigungs- und
Berufsbiidungsfähigkeit. Durch die tagesstrukturierenden Maßnahmen werden Schlüsselqualifikationen wie z.B.
Verantwortlichkeit, Pünktlichkeit, Sozialverhalten, Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Verlässlichkeit vermittelt und
die BelastbarkeitderTeilnehmer erhöht.
im Jahr 2013 waren insgesamt 45
Teilnehmer im Projekt, 43 männlich,
2 weiblich. Die Altersspanne umfasst
22-57 Jahre. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit derTeilnehmerlnnen betrug 7,6 Jahre. 22 waren ungelernt, 13
hatten eine Ausbildung abgebrochen.
43 Teilnehmer hatten einen Straffälligenhintergrund.
Bei 36 Personen lag eine Suchterkrankung vor, 10 waren substituiert.
Gesundheitliche und psychische Einschränkungen zeigten 17 Personen. 13
Teilnehmer hatten keine eigene Wohnung, sondern lebten in betreutem
urt/'?
Die Aktivitäten
Alsersteswurden mitgroßem Aufwand
und Engagement der Teilnehmer erfolgreich das Gelände, die Gewächshäuser
und Anzuchtbeete der ehemaligen Anstaltwiederhergestellt. Flächen wurden
gerodet, um Beete und Wege anzulegen, so dass jetzt ein brauchbares Anbaugebiet zu bewirtschaften ist Zudem
wurden Gewächshäuser renoviert, saniert, neu verglast und Aufenthaltsräume im Gebäude ausgestattet. Hochbeete wurden angelegt und Wildblumen
gepflanzt. Eine Streuobstwiese wurde
angelegt, in den Gewächshäusern
Pflanzenkulturen. In Gewächshäusern
und Außenbeeten wächst jetzt Gemüse,
angebaut nach Bio-Standard; Kartoffeln, Salat, Kohl, Tomaten, Küchenkräuter und seltene Gemüse wie Zapachitos
und Spaghettibohnen. Diese konnten
an soziale Einrichtungen in den Stadtteilen verteilt werden.
Durch die Errichtung von Foliengewächshäusern kann die Produktion von
Gemüse und Nutzpflanzen nach Bedarf
gesteigert werden. Darüber hinaus ist
es geplant, die Qualifizierung und Beschäftigung mitdem Schutz, Pflege und
Haltung vonTieren, insbesondere auch
alter Haus- und Nutztierrassen für die
Zielgruppe zu ermöglichen. In nächster Zukunft werden die Teilnehmer einen Teich anlegen, um das Gelände zu
entwässern und zu verschönern. Ein
weiteres Projekt ist die Anlage eines
Lehrgartens.
Eingebettet sind die Tätigkeiten in
Schulungen zur Vermittlung des geforderten Wissens.
Kooperationen vor Ort
In der Umsetzung erfolgt eine deutliche Vernetzung mit Projekten aus den
anliegenden Stadtteilen. Mit diversen
Vereinen, Institutionen undTrägem erfolgt ein intensiver Austausch.
Durch Kooperation mit dem Imkerverein konnte eine Qualifizierung für
dieTeilnehmer angeboten werden. Ein
erstes Bienenvolk wurde auf dem Gelände angesiedelt. Im Folgejahr wer den
weitere folgen.
Ein Lehrbienenstand und ein Lehrgarten sind geplant, beides kann als
Bildungsstättefür Küchenprojekte und
Schulen fungieren.
In Kooperation mit Kultur vor Ort
erfolgen Seminartage für Schulgärten
durch das Projekt; die Abgabe von Setzlingen an die Schulgärten im Stadtteil;
die Pflege der Schulgärten, das Gießen
der Blumenkübel während der Sommerferienzeiten.
Im Austausch mit dem örtlichen
Kleingärtnerverein kommt es zum
Bereitstellen von Fachwissen über Anpflanzungen und Bodenbeschaffenheit.
Erfahrungen der Teilnehmer
Neben der Urbarmachung des Geländes, welches das Erkennen der Bodenbeschaffenheit beinhaltet, sowie der
Aufbereitung des Bodens und der Aussaat der verschiedenen Gemüsesorten
in ihrem Jahreszyklus sind das Erstellen
n i^i r\
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ificoric uno rid
eines Frühbeetes und die Aufzucht der
Saat und die Pflege der Jungpflanzen
notwendigeTätigkeiten. Dazu gehören
das Pikieren verschiedener Gemüsesorten, das Umsetzen des Gemüses in das
Außenbeet, das Zuführen verschiedener organischer Dünger, das Erkennen
von Unkraut und jäten, die Bewässerung mit der richtigen Menge sowie
der richtigen Temperatur. Alle diese
Bereiche werden im Jahresrhythmus
geschult und immei wieder abgefragt.
JederTeilnehmerwird injedem Bereich
rotierend eingesetzt, bis sich ein prioritäres Interesse herausbildet. Das Ziel
ist das eigenständige und eigenverantwortliche Handeln der Teilnehmer in
seinem jeweiligen Bereich.
Dieses eigenverantwortliche Handeln bestärkt den/die Teilnehmerin In
seiner/ihrer Selbstwahrnehmung. Der
Stolz über das selbst Geschaffene zeigt
sich in der Selbstdarstellung der Teilnehmer. In Gesprächen wird immer wieder deutlich, dass die Erfahrung, etwas
Positives geschaffen zu haben, sich in
dem eigenen Selbstbild widerspiegelt.5
DieTeilnehmer, die sich auf das Projekt
einlassen, haben weniger Krankheitsoder Fehltage, sind zuverlässig und
regelmäßig am Arbeitsplatz. Der für
die meisten Teilnehmer neue Umgang
mit dem selbsterzeugten Produkt, sowie dem Bewusstwerden von besserer
Nahrung sind weitere Merkmale. Der
Verzehr biologisch angebauter Nahrung ist eine völlig neue Erfahrung.6
Die daraus resultierende Umkehrung
der Essgewohnheiten und der auch in
den näheren Umkreis der Teilnehmer
weiter getragenen Informationen zu
diesem Thema, hat weitreichende gesundheitliche Folgen.
Aus der Begleitung heraus kann festgehalten werden, dass bei einer nicht
geringen Anzahl von Teilnehmern eine
positiv veränderte Haltung zum eigenen beruflichen Werdegang erkennbar
ist. Dieses zeigte sich z.B. in besonderen
Belastungssituationen, wie Außenarbeit
bei extrem schlechtem Wetterim Winter
und Frühjahr. „Ihre" Arbeit wird für die
Teilnehmer sichtbar an der positiven
Veränderung einst völlig verwahrloster
Freiflächen sowie dem Wiederaufbau
der zu Projektbeginn weitgehend zerstörten ehemaligen Anstaltsgärtnerei.
Gerade die Sichtbarkeit der Resultate
der Arbelt stärkt den Bezug und die
Einbindung in die Tätigkeiten.
Durch die Qualifizierung im Garten- und Gemüseanbau ist es für die
Teilnehmer erstmalig möglich, die
Produkte auch in ihrem Mietgarten,
Gemeinschaftsgatten oder auf ihrem
Balkon anzupflanzen. Nach eigenen Aussagen verschiedener Teilnehmer haben
sie das erste Mal Gemüse wie Kohlrabi,
Mangold, Zucchini oder andere Sorten
gegessen. Kaum einer der Teilnehmer
kannte dieses Gemüse zuvor. Mittlerweile werden die Rezepte über die beste
Zubereitung von Bohnen und Mangold
in der Mittagspause ausgetauscht. Die
Gemüsesorten werden in einigen Familien selbstständig angebaut und verzehrt.
All das trägt zu einem besseren und
gesunderen Umgang mit Nahrung bei.
Der angebotene Lehrgang zur Ausbildung zum Hobbyimker wird gut angenommen. Auch in diesem Themenfeld ist neben der Qualifizierung der
zusätzliche Effekt, Verantwortung und
bewusster Umgang mit der Natur und
letztendlich mit sich selber zu übernehmen. Die Honigproduktion kann
nach der Ausbildung leicht im eigenen
Garten oder auf dem Balkon betrieben
werden. Die dafür vorgesehenen Beuten (Kisten, in denen die Bienen ihren
Honig produzieren) werden in einem
von einem externen Fachmann neu
entwickelten Verfahren gebaut. Diese
können zu einem günstigen Preis von
Jedermann nachgebaut werden und
sind somit für die Teilnehmer nutzbar.
Die Integrationsbegleitung
Die vom Projektpartner Verein Hoppenbanke.V. angebotene Integrationsbegleitung hat das Ziel, den individuellen Förderbedarf der Teilnehmer zu
erfassen und dieTeilnehmer in die Lage
zu versetzen, gemeinsam mit der In-
FS 4/2014 -259
tegrationsfachkraft eine Einschätzung
persönlicher Handlungsmöglichkelten
zu eröffnen, verbunden mit konkreten
Hilfestellungen bei Problemlagen und
ungeklärten Entscheidungsprozessen.
Hierzu dient der Integrationsplan, der
mit den Teilnehmern erstellt wird.
Zum Kernangebot gehören sozialintegrative Beratungsleistungen, insbesondere
- Soziale Beratung; Beratungsprozesse, die sich mit der psychosozialen
Stabilisierung der Teilnehmer und
ihrer Lebenssituation befassen; dazu
gehört die Intervention bei akuten
Krisen bzw. Konflikten;
- Beratung zur Verringerung der Arbeitsmarktferne; Beratungsprozesse,
die sich mit Qualifizierungsdefiziten
und/oder mit persönlichen Hemmnissen der Teilnehmer befassen;
- Anamnese und berufliches Profiling;
Erarbeitung und Fortschreibung von
Integrationsplänen, sozialpädagogische Betreuung und Beratung der
Teilnehmer In der beruflichen und
sozialen Integration; Lernberatung
und Stützunterricht.
Mit ersten Maßnahmen müssen die
Personen „erreicht" werden, ihre Ausgangsanlage, ihre Bedarfe gilt es zu ermitteln. Ihr Interesse an Beschäftigung
und Lernen soll geweckt werden. Erste
Perspektiven für eine weitere soziale
und berufliche Integration sind zu entwickeln. Zugleich muss der Prozess von
Dauer sein,eine Kontinuität, eine längere Zeitperspektive ist hier von zentraler
Bedeutung. Gleichfalls muss der Prozess mit den Teilnehmern zusammen
entwickelt werden: diese fordern, aber
nicht überfordern. Für die Teilnehmer
sind Strategien des self-empowerments
notwendig: Sie müssen aus ihrer fehlenden Motivation herausgebracht
werden, Eigenverantwortung lernen,
intrinsische Motivation entwickeln und
Lernen als Bereicherung erleben und
interpretieren. Ein Interesse an Beschäftigung, Lernen und Qualifikation gilt es
zu entwickeln, welches ein Bestandteil
der Integrationsbegleitung ist.
260-FS 4/2014
fheorie und Pfäxis
Erste Arbeitserfahrungen und Erfolge sind zu vermitteln. Der Prozess des
(Wieder)Erlernens der Beschäftigung
wird durch die Integrationsbegleitung
gefördert. Beziehungsa rbeit s pielt ei ne
große Rolle. Um eine gute Arbeitsbasis
zu schaffen und um die Kontinuität der
Teilnahmeder Klienten zu stärken,steht
der Vertrauensaufbau an erster Stelle.
Ist dies gelungen, nimmt die Kooperationsbereitschaft zu und im gleichen
Maße die Motivation.
des Geländes wird die Vernetzung mit
weiterenTrägern im Stadtteil ausgebaut
werden.
Die Einbindungen in den
Stadtteil
Die laufende Maßnahme wird unter
Einbindung vieler Akteure im Stadtteil
umgesetzt. Zahlreiche sozialeTrägervor
Ort engagieren sich für die Bedürfnisse der Bewohner und kooperieren mit
dem Projekt Knastgewächse. Neben der
Kooperation mitTrägern und Vereinen
kommt der Zusammenarbeit mit den
Institutionen des Stadtteils, so z.B. dem
Sozialzentrum, dem Quartiersmanagement, dem Ortsbeirat, aber gerade
auch dem Jobcenter sowie den Sozialen
Diensten der Justiz eine hohe Bedeutung zu. Die Institutionen haben es in
ihrer Arbeit mit diesem schwierigen und in diesem Stadtteil im besonderen
Maße präsenten - Klientel zu tun. Für die
Einbindung in die Stadtteilentwicklung
und -planung sowiefür die nachhaltige
Umsetzung ist ein vernetztes Arbeiten
notwendig.
In Kooperation mitden unterschiedlichen Institutionen im Stadtteil Gröpelingen (Bürgerhaus, Ortsamtsleitung,
Stadtteilbeirat und vielen anderen)
ebenso wie mit verschiedenen behördlichen Dienststellen (Bau, Arbeit,
Soziales justiz, Kultur) erfolgte eine erfolgreiche Antragstellung eines weiteren Projektes im EFRE-Programm sowie
im Programm Soziale Stadt. Mit diesen
Mitteln kann zusätzlich die bauliche Infrastruktur in der ehemaligen Anstalt in
Blockland verbessert werden, was zum
einen auch dem Projekt Knastgewächse
zugute kommt und zum anderen, in der
weiteren Umsetzung, dem Stadtteil. Mit
der geplanten Erweiterung der Nutzung
Perspektiven
Zwecks einer Erfolg versprechenden
Umsetzung des Übergangsmanagements im Nachhaftbereich versucht die
bremische Justiz, mit einem ressortübergreifenden Ansatz einen verlässlichen Förderkorridorzu installieren. Unter Einbindung der Beschäftigungs- und
Bildungsträger, dem Jobcenter und der
freien Straffälligenhilfe wird eine Angebotsstrukturaufgebaut, dieden besonderen Lebenslagen der Zielgruppe der
durch Langzeitarbeitslosigkeit und multiplen Problemlagen gekennzeichneten
Straffälligen entspricht. Aufgebaut wird
ein Angebot für besonders schwer vermittelbare Klienten, es werden Arbeitsmöglichkeiten im geschützten Raum7
geschaffen. Dass dies möglich ist, zeigt
das Pilotprojekt„Knastgewächse'.
Es entsteht eine win win Situation für
alle Beteiligten, für die Ex-Straffälllgen,
fürden Stadtteil ebenso wie fürdieJVA/
für Justiz.
Für die Ex-Straffälligen:
Positiv für die besonders belasteten
Ex-Strafgefangenen ist es, dass hier
überhaupt ein niedrigschwelliges und
differenziertes Angebot vorliegt, mit
bearbeitbaren und interessierenden
Aufgaben und Anforderungen.
Für die Teilnehmer werden neue
Erfahrungen sowie neue Tätigkeiten
geschaffen, die nicht nur unter Qualifizierungsaspekten und der Herstellung
von Beschäftigungsfähigkeit positiv zu
deuten sind, sondern zugleich zu einer
besseren und sinnhaften Alltagsgestaltung beitragen (können). So gesehen ist
dieTeilnahme nachhaltig - Gemüseanbau und Bienenzucht können ebenso
in der Freizeit praktiziert werden. Die
Beschäftigung, verbunden mit einem
körperlichen Ausarbelten im Freien,
wird hoch geschätzt Es bedeutet, etwas
Sinnvolles anzufangen mit der Zeit und
dies unter geistigem und körperlichem
Einsatz.8
Der Anbau des selbst gezogenen
Gern üses wiederum schafft gleichzeitig
ein Bewusstsein „gesund" zu arbeiten.
Es schafft ein neues Verhalten, Veränderungen des Verhältnisses zu Nahrung
und Gesundheit, es heißt erfahrbar,
gesund essen zu lernen.
Verhältnis Stadtteil - VA/Justiz:
Mit der Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten jenseits der Anstaltsmauern verdeutlicht die Justiz ihr
Interesse an einer umfassenden Resoziallsierungsperspektive. Hierzu ist die
Vemetzungstätigkeit mit dem Stadtteil notwendig. Es sind zugleich für die
Teilnehmer Gelegenheiten, durch ihre
gemeinnützige Arbeit Wiedergutmachung an der Gesellschaft zu leisten.
Die Strategie führt zu einer Reduzierung der Rückfälligkeit während der
Teilnahme, in dieser Zeit finden sich
keine weiteren Straftaten. Inwieweit es
langfristig zu einer Stabilisierung und
zu einem Ausstieg aus Straffälligkeit
kommt, bleibt zu beobachten.
Insgesamt kann eine umfassende
Perspektive zu einer Verbesserung des
Bildes von Straffälligen (und der Justiz?)
in der Öffentlichkeit9 führen.
Für den Stadtteil/die Community:
Mit dem Projekt Knastgewächse wird
einer besonders schwierigen und auffälligen Personengruppe Gelegenheit
zu tagesstrukturierender und sinnstiftender Beschäftigung geboten. Sie
verweilen nicht im Stadtbild, sondern
arbeiten gemeinnützig und gemeinschaftsorientiert im Projekt. Die Kultivierung des vernachlässigten Ortes der
verlassenen Anstalt ist als eine positive
Leistung und als ein positiver Beitrag
zur Stadtteilentwicklung anzusehen.
Gerade die Wiederherstellung/Renovierung der Baulichkeiten und des
(verwilderten) Geländes in Blockland
wertet den Stadtteil auf. Geschaffen
wird dort ein Lern- und Begegnungsort, der vom Stadtteil genutzt werden
Ii ""l /Ü ^li Vl .ßk t 1 l'ti ir^fl O1 9*
kann (Schule, Lerngarten, Kleingärtnern) bzw seitens des Projektes geleistet wird (Unterstützung bei der Pflege
von Schulgärten, von Kleingärtnern).
Die Vermittlung von Wissen in diesem
Bereich ist von großer Bedeutung (Woner kommt das Essen und wie wird
es produziert?). Eine Aufwertung des
Stadtteils erfolgt.
Die dort gemachten Lern- und Arbeitserfahrungen leisten gleichzeitig
einen Beitrag für eine Veränderung der
Kultur der Wertschätzung von Landwirtschaft und Ernährung10,zeigen und
verweisen auf ein verstärktes ökologisches Bewusstsein - bei Teilnehmern
wie innerhalb des Stadtteils.
Auf praktischer Ebene erfolgt ein
Austausch und eine Kooperation mit
diversen Akteuren des Stadtteils (Kleingärtnervereine, Schulen u.a.), die sich
für beide Seiten als vorteilhaft erweisen
(Austausch von Wissen, Ernten, Pflanzen; Arbeitsleistungen). Da das Projekt
auf gemeinnütziger Arbeit beruht, kommen die Produkte und Dienstleistungen
dem Stadtteil zugute.
Die im Projekt Knastgewächse geleisteten und projektierten Aktivitäten (Vergabe der Ernten; Pflege von
Schulgärten und Kleingärten) sowie die
Kooperationen mit den Stadtteilakteuren verstärken die Einbindung undVernetzung des Projektes in den Stadtteil,
schaffen Strukturen der Zusammenarbeit. Es fördert dergestalt Anerkennung
der gemeinnützigen Arbeiten der ExStraffälligen und verbessert das Klima
und dasVerhältnis zwischen Justiz/JVA
und dem Stadtteil. Im Effekt kann es zu
einem Abbau vonVorurteilen kommen.
Die praktischen Arbeiten sind zugleich
Ausdruck einer Integrationsarbeit.
Zur kriminalpolitischen
Einbettung
Erfahrungen aus anderen Projekten,
insbesondere im Kontext der Restorative Justice, zeigen die positiven Effekte
auf: So haben gerade Projekte, in denen
Straffällige direkt Arbeiten für die Ge-
'üT I ST
meinschaft leisten,wiegardening, graffiti
Entfernung, Gestaltung des öffentlichen
Raumes (Kindergärten, Spielplätze u.a.),
die Herrichtung von Wohnräumen für
Obdachlose u.v.m.gleichfalls Auswirkung
auf die soziale Einbindung der Straffälligen. Auf der einen Seite ist dies für die
Straffälligen selbst eine Möglichkeit, der
Gesellschaft etwas zurückzugeben, zum
anderen profitieren die Gemeinschaften
durch die geleisteten Arbeiten (Aufwertung des Stadtbildes, verbesserte Beziehungen zwischen den Bewohnern u.v.m.).
Es wird etwas Positives fürdie Allgemeinheit produziert, dies stärkt Integration
und die Community. Ein weiterer (Neben-)Effekt kann die Verbesserung des
Übergangs in den Arbeitsmarkt (durch
Umgang mit den Arbeitgebern, durch
den Nachweissinnvollerund qualifizierter
Tätigkeiten) sein. Insgesamt erfolgen eine
Verbesserung des (sozialen) Klimas im
Stadtteil, eine verbesserte Anerkennung
der Leistungen der Ex-Straffälligen sowie
ein Abbau von Vorurteilen.
Das Projekt entlastet nicht nur
den Arbeitsmarkt, die Sozial- und
Arbeitsverwaltung, die Amter, Behörden und indirektauch Sozialeinrichtungen im Stadtteil, sondern zeigt beispielhaft, wie einerals„schwierig" bekannten
Personengruppe Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden
kann. Es zeigt zug leich das erfolgreiche
Engagement von Justiz im Bereich der
Wiedereingliederung, in einem Ressortübergreifenden Ansatz, der dem Grundgedanken von Übergangsmanagement
und Resozialisierung gerecht wird.
Literatur:
Matt, Eduard: Übergangsmanagement. In:
Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe 22,2011, S. 422-428
Matt, Eduard, Heike Hentschel: Das KompetenzCentrum an der JVA Bremen - Zur
Umsetzung eines Übergangsmanagements
für (Ex-)Gefangene. in: Frieder Dünkel, Kirstin
Drenkhahn, Christine Morgenstern (Hrsg.):
Humanisierung des Strafvollzugs - Konzepte
und Praxismodelle. Mönchengladbach 2008,
S. 83-93
Müller, Christa (Hrsg.); Urban Gardening.
FS 4/2014 - 261
Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt
München 2011
Weaver, ßeth; Dave Nicholson: Co-producing
change; Resettlement as a mutual enterprise.
In: Prison Service Journal Heft 204,2012, S. 9-16
1 Das Projekt wird aus dem Europäischen Sozialfonds
der Europäischen Union und aus Mitteln des Bundesministeriums fiir Verkehr. Bau und Stadtentwicklung
yeföidert (Programm Bildung, Wittschaft, Arbeit im
Quartier (BIWAQII)). Die Laufzeit des Projektes ist von
3/2012 - 10/2014. Das Projekt wird unterstützt vom
jobcenter Bremen und dem Senator für Justiz und
Verfassung Bremen. Die Durchfuhrung erfolgt durch
die Fördtrwerk Bremen GmbH, in Kooperation mit der
Hoppenbank e.V. und dem Senator für Justiz und Verfassung. Siehe; www.knastgewaechsejde
2 Siehe Matt, Hentschel 2008; Matt 2011.
3 Das Gebiet grenzt westlich an den Stadtteil Gröpelingen, der als ehemaliger größter Werftenstandort
Deutschlands georägt ist von kleinen Arbeiter- und
Siedlungshausern einerseits, dem sozialen Wohnungsbau seit der Einwanderungswelle der öOer Jahre andererseits und heute einen bunten und spannenden
Kulturmix bietet Der Stadtteil kämpft aber auch mit
sehr hoher Arbeitslosigkeit und befindet sich seit der
Werftenschließung im Umbruch.
4 Innerhalb des "rojektes sind Berufsabschlüsse nicht
vorgesehen. Das Projekt ist wegen der eingeschränkten Kompeteniprotile der Teilnehmer nicht ;ls .eguläre
berufliche Erstausbildung im Rahmen der bestehenden Ausbildungsordnungen angelegt. Teilnehmer die
innerhalb der Maßnahme erkennbare Qualifikationsfortschritte machen, und die perspektivisch für eine
Berufsausbildung als geeignet erscheinen, werden ggf.
in geeignete Folge- oder Anschlussprojekte vermittelt
u. a. in das Projekt,.Bremer Lernweg", in dem anerkannte Berufsabschlüsse in Modulen erreicht werden können.
5 Es liegt eine hohe Identifikation mit dem Geschaffenen vor. Dies führt 'u einem verstärkten Gefühl von
Verantwortung. Erfahrungen des Umbaus eines Hauses zum KompetenzCentrum durch lEx-)Straffällige
zeigten, dass in der Folge sorgfältiger mit dem Haus
umgegangen wird und die Teilnahme sich verbessert.
6 Siehe auch httpy/www.dradio.de/dkultur/
sendungen/?select=l&, ein Interview im Deutschlandradio Kultur im Projekt Knastgewächse, vom
12.08.2013.
7 Die Erfahrungen mit dem Projekt bilden ein gutes
Beispiel für die Notwendigkeit eines Sozialen Arbeitsmai ktes. Auch hier sind neue Formen zu entwickeln,
z.B, wäre eine Weiterentwicklung zu einer sozialen
Kooperative (in Kooperation von Beschäftigungsträger
262 FS 4/2014
heorieund Praxis
mit der J VA /Justiz und dem Jobcenter) eine Möglichkeit (siehe auch: Weaver, Nicholson 2012).
8 Den Besonderheiten der Arbeit im Garten und Landschaftsbau ergeben sich aus den spezifischen Ansprüchen an die Arbeit, sie foidert Zeit und Aufmerksamkeit und sie verpflichtet einen zu einer kontinuierlichen
Arbeit. Jn Gartenprojekten hat man e> mit Pflanzen zu
tun, die gepflegt weiden müssen, um zu gedeihen. So
ein Garten macht ganz schön viel Arbeit, selbst wenn
es sich dabei um Hochbeete oder relativ kleinen Parzellen von wenigen Quadratmetern Größe handelt,
um die Einzelne sich kummern. Ein in der Saison nur
kune Zeit vernachlässigtes Beet gibt schnell Zeugnis
von der fehlenden Sorge, und selbst wenn hier dafür
eine höhere Toleranz vorhanden ist als andersorts, wird
auch in den städtischen Gemeinschaftsgärten viel und
oft sogar fleißig gearbeitet, Scheitel n ist im Garten normal, auch für erfahrene Gärtnerinnen. Egal jedoch, wie
erfahren man ist Gartenarbeit bedeutet ganz schlicht,
dass man sich in der Saison beinahe täglich in den
Garten bewegen muss, um hier tätig zu werden; säen,
düngen, gießen, Unkraut zupfen, Schädlinge bekämpfen und um die Pflanzen herum sein. Gartenarbeit ist
Wiederholung, mit Fleiß, Geduld und Geschick verbunden" Müller (Hrsg.! 2011, S. 59f..
9 Das Projekt hat ein breites positives Medienecho
gefunden. Es wurde eine Sendung in dem regionalen Buten und Binnen vom Fernsehsender Radio
Bremen ausgestrahlt (http:'/www.youtube.com/
watch?v=lAklzEI_K5k ).lm Deutschlandradio Kultur
gab es einen Bericht und im Weser-Kurier größere Artikel. Im örtlichen Beirat ist es fraktionsübtioreifend
begrüßt' Vörden
10 Unter dem Begriff Urban Gardenlng (siehe z.B. Müller (Hrsg.) 2011) werden Projekte gefasst, die sich mit
einer Verbesserung des sozialen Klimas in den Stadtteilen befasst, einschließlich Ansätzen des Elnbezugs
besonders marginalisierte und sozial ausgegrenzter
Bewohner. Durch Urban Gardening wird sowohl die soziale Einbettung als auch die soziale Netrwerkbilduiig
unterstützt, als auch für die Person selbst, Gesundheit,
Ernährung und Wohlbefinden gefördert. Die Entwicklung neuei Kompetenzen spielt hierbei eine Rolle. Für
den Stadtteil ist zugleich die Renaturierung brachliagend^r Flächen von Bedeutung.
Musterentwurf für ein
Jugendarrestvollzugsgesetz
Torsten Kunze / Ursula Decker
Seit der Übertragung der Gesetzgebungszuständigkeitfür den Justizvollzug vom Bund auf die Länder im Rahmen der Föderalismusreform im Jahre
2006hateineregeGesetzgebungstätigkeit der Länder eingesetzt, die das Ziel
erkennen lässt, sämtliche vollzuglichen
Bereiche in absehbarer Zeit durch Gesetzzu regeln. Für den Jugendstrafvollzug, die Untersuchungshaft und die
Sicherungsverwahrung ist dies bereits
flächendeckend durch Landesgesetze
erreicht, für den Erwachsenstrafvollzug gilt dies teilweise. Seit einiger Zeit
haben sich die Länder nunmehr auch
dem Gebiet des Jugendarrestvollzugs
zugewandt.
Rechtsgrundlage für den Vollzug
des Jugendarrests ist bislang § 90 JGG
in Verbindung mit der Jugendarrestvollzugsordnung (JAVollzO)', einer zuletzt
1976 neu bekannt gemachten Rechtsverordnung des Bundes. Bemerkenswerterscheint, dass es sich insoweit um
das einzige Vollzugsrechtsgebiet außerhalb des Erwachsenenstrafvollzugs
handelt, das bislang nicht nurdurch Verwaltungsvorschriften - wie die VVJug
oder die UVollzO - ausgestaltet wird,
sondern durch eine Rechtsverordnung.
Gleichwohl haben die Länder erkannt,
dass für einen modernen Jugendarrest
auch in diesem Bereich die Schaffung
einer landesgesetzlichen Grundlage
sinnvoll erscheint Auch wenn das Bundesverfassungsgericht die Regelungen
zum Vollzug des Jugendarrests bisher
nicht beanstandet hat, so sind sie doch
verfassungsrechtlich unbefriedigend
Dipl. oec. Gerburg Gerard
Leiterin des Projekts Knastgewächse.
[email protected]
Dr. Eduard Matt
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in ESFProjekten beim Senator für Justiz und
Verfassung Bremen
[email protected]
und werden der krimmalpolitischen Bedeutung nicht gerecht. In seinem Urteil
vom 31 Mai 2006 (NJW 2006, S.2093ff.)
zum Jugendstrafvollzug hat das Bundesverfassungsgericht erneut deutlich
gemacht, dass Eingriffe in Grundrechte
einer gesetzlichen Grundlage bedürfen
und es keinen Grund gebe, weshalb für
den Jugendstrafvollzug etwas anderes
gelten sollte. Diese Ausführungen treffen auch auf den Jugendarrestvollzug
zu.
Erste Eckpunkte für eine Neuregelung haben 14 Länder2 bereits in einer
Arbeitsgruppe vor etwa vier Jahren im
Auftrag des Strafvollzugsausschusses
erarbeitet3. Danach konnte jedoch keine
unmittelbare Umsetzung in einen Musterentwurf erfolgen, da sich durch die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung
vom 4. Mai 2011 die gesetzgeberische
Arbeit zunächst auf die Schaffung von
Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzen der Länder zu konzentrieren hatte.
Hamburg
Prof. Dr. Bernd Maelicke, Universität Lüneburg
[email protected]
Christopher Wein, Fachhochschule Kiel
[email protected]
15. Januar 2016
Fragebogen zum Thema „Übergangsmanagement in der ambulanten und stationären
Resozialisierung“
Die beiden Autoren bereiten z.Zt. ein Buch mit dem Titel „Komplexleistung Resozialisierung“ vor, das
beim NOMOS-Verlag erscheinen wird.
In diesem Rahmen wird in einem Schwerpunkt-Kapitel die derzeitige Situation des
Übergangsmanagements in den 16 Bundesländern dargelegt. Um einen aktuellen Praxisstand
abbilden und jedes Land berücksichtigen zu können, bitten wir um Ihre Unterstützung.
Uns interessiert insbesondere der Entwicklungsstand von (Modell-)Projekten zum Thema
Übergangsmanagement. Dabei sind sowohl Projekte für die Zielgruppe der jugendlichen und
heranwachsenden StraftäterInnen wie auch für erwachsene StraftäterInnen von Bedeutung. Bitte
beantworten Sie deshalb für beide Zielgruppen getrennt die nachfolgenden Fragen.
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Übergangsmanagement“?
Das Übergangsmanagement umfasst alle Leistungen, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung und
der Durchführung der Haftentlassung von Inhaftierten und der weiteren Begleitung zur Unterstützung
von deren Resozialisierung und gesellschaftlicher Integration von verschiedenen Akteuren jedoch in
koordinierter Weise geplant und umgesetzt werden. Die Maßnahmen des Übergangsmanagements
berücksichtigen die individuellen Hilfsbedarfe und die Unterstützungsangebote richten sich an alle
Inhaftierungen, die ihre Bereitschaft zur Mitwirkung erklärt haben.
Bitte nennen Sie die für das Übergangsmanagement (in ihrem Bundesland) relevanten rechtlichen
Grundlagen?
Zur Zeit sind § 16 bis § 18 und § 107 des HmbStVollzG und die entsprechenden Regelungen der
anderen Hamburger Vollzugsgesetze relevant. Die Erarbeitung eines
Landesresozialisierungsgesetzes ist im Koalitionsvertrag des Senates für die laufende
Legislaturperiode der FHH vereinbart.
In den Bundesländern sind verschiedene (Modell-)Projekte entstanden, die sich mit dem
Übergangsmanagement im Rahmen der ambulanten und stationären Resozialisierung befassen. Das
Buch möchte entsprechende „Best Practice“-Beispiele vorstellen. Bitte nennen Sie uns daher
Praxisbeispiele aus Ihrem Bundesland, die aus Ihrer Sicht für die angestrebte Resozialisierung
wirkungsvoll sind.
Ich nenne das Konzept der staatlichen Fachstelle Übergangsmanagement unter Einbeziehung von
freien Trägern der Straffälligenhilfe in der JVA Billwerder mit Auswirkung auf den offenen Vollzug
und das Konzept zur Kooperation der Justizvollzugsanstalten mit betroffenen Behörden und
Einrichtungen bei der beruflichen Eingliederung von Inhaftierten..
Für eine konkrete Beschreibung der Projekte benötigen wir Informationen über die verschiedenen
Projekte. Bitte erläutern Sie für die o.a. Projekte die Rahmenbedingungen (Konzepte, Organisation,
Finanzierung, Personal) bzw. senden Sie uns entsprechende Informationsmaterialen zu.
Ich füge das Kurzkonzept für den Einsatz der Fachstelle Übergangsmanagement, die
Leistungsbeschreibung für das angegliederte ESF-Projekt und die Kooperationsvereinbarung zur
beruflichen Eingliederung bei.
Wir wollen auch, soweit möglich, vorliegend Evaluationsergebnisse der Projekte vorstellen. Senden
Sie uns deshalb bitte entsprechendes Datenmaterial oder andere Quellen zu oder benennen Sie uns
für diese Fragestellung bitte mögliche AnsprechpartnerInnen.
Belastbare Evaluationsergebnisse stehen noch nicht zur Verfügung.
Wir bitten um Rücksendung bis zum 1. März 2016 an o.g. Mail-Adressen oder postalisch an:
Prof. Dr. Bernd Maelicke
Deutsches Institut für Sozialwirtschaft, Ringstr. 35, 24114 Kiel
Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Mitwirkung.
Freundliche Grüße
Bernd Maelicke und Christopher Wein
Behörde für Arbeit, Soziales,
Familie und Integration
Hamburg, 21.02.2014
Behörde für Justiz
und Gleichstellung
Bezirksamt Eimsbüttel
Rahmenkonzept der Fachstelle Übergangsmanagement
in der JVA Billwerder
unter Einbeziehung eines ESF-Projektes
Stand: 05.12.2013
I. Einleitung ........................................................................................................................... 2
1.
Auftrag ........................................................................................................................ 2
2.
Zielgruppe................................................................................................................... 2
II. Übergangsmanagement - Leistungsspektrum der Fachstelle ................................... 3
III. Ablauforganisation und Prozesstruktur........................................................................ 4
1.
Prozessschritte für Gefangene .................................................................................... 4
2.
Prozessschritte in der Justizvollzugsanstalt ................................................................ 5
3.
Prozessschritte in der Fachstelle Übergangsmanagement ......................................... 6
4.
Prozessschritte der freien Träger ................................................................................ 7
IV.
Zuständigkeiten ........................................................................................................ 7
1.
Steuerungsverantwortung Übergangsmanagement .................................................... 7
2.
Steuerungsverantwortung Fallmanagement................................................................ 8
V.
Organisation, Personalausstattung und Finanzausstattung ................................. 9
1.
Aufbauorganisation, Standorte und Präsenzzeiten ..................................................... 9
2.
Personalausstattung / Fallsteuerung ........................................................................... 9
VI.
Anforderungen des Fallmanagements ...................................................................10
1.
Fallmanagement ........................................................................................................10
2.
Qualifizierung .............................................................................................................12
VII.
Leistungserfassung und Evaluation ...................................................................13
1.
Leitstelle ....................................................................................................................13
2.
Ergänzende Kriterien .................................................................................................14
VIII. Glossar ........................................................................................................................15
1
I. Einleitung
1.
Auftrag
Der Auftrag beinhaltet die Entwicklung einer strukturierten Entlassungsvorbereitung und einer bedarfsgerechten auf den Einzelfall zugeschnittenen Hilfeleistung unter Beteiligung der
Fachstelle Übergangsmanagement (FÜma) mit dem Ziel eines koordinierten Zusammenwirkens aller im Bereich der Straffälligenhilfe beteiligten staatlichen und privaten Institutionen.
Durch personelle und organisatorische Kontinuität wird die Arbeit der FÜma die besondere
Risikosituation eines Gefangenen im Übergang von der Haft in die Freiheit minimieren.
Die strukturierte Entlassungsvorbereitung durch die FÜma soll ein grundsätzlich freiwilliges
Angebot an die Gefangenen darstellen.
Im Rahmen des Fallmanagements sollen die Mitarbeiter der Fachstelle gemeinsam mit dem
Gefangenen seine Bedarfe identifizieren, Zielvereinbarungen schließen und Unterstützungsmöglichkeiten entwickeln – unter der Einbeziehung der Angebote der verschiedenen
Hilfesysteme wie der freien Träger der Straffälligen- und Suchthilfe.
2.
Zielgruppe
Zielgruppe sind alle erwachsenen Gefangenen der JVA Billwerder1, die voraussichtlich nach
der Haftentlassung keinem Bewährungshelfer unterstellt werden2.
Sofern diese Gefangenen zur Entlassungsvorbereitung in die JVA Glasmoor verlegt werden
bleibt das Angebot bestehen.
Für Gefangene mit Ersatzfreiheitstrafe gilt das Angebot der FÜma ebenfalls.
1
Nach dem Umzug des geschlossenen Frauenvollzuges in die JVA Billwerder wird das Angebot auch auf diesen Bereich
ausgeweitet.
2
Dies gilt auch für alle gleichlautenden Formulierungen in diesem Dokument.
2
II. Übergangsmanagement - Leistungsspektrum der Fachstelle
Übergangsmanagement ist ein strukturiertes, koordiniertes und zielorientiertes Zusammenwirken aller im Bereich der Straffälligenhilfe beteiligten staatlichen und privaten Institutionen,
mit dem Ziel einer bedarfsgerechten, auf den Einzelfall zugeschnittenen Hilfeleistung. Es
wird als ein integraler Bestandteil der Vollzugsplanung verstanden, der ein Zeitfenster von 6
Monaten vor der Haftentlassung und je nach Bedarf bis zu 6 Monate nach der Haftentlassung umfasst.
Mit der Methode des Fallmanagements, als ganzheitlichem Ansatz der Beratung und Unterstützung, wird sichergestellt, dass Hilfebedarfe und Leistungen gebündelt und somit der
Übergang zwischen Haft und dem Leben in Freiheit begleitet und unterstützt werden.
Die FÜma klärt die im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Haftentlassung bestehenden
Hilfebedarfe der Gefangenen in Hamburger Justizvollzugsanstalten, die nach der Haftentlassung keinem Bewährungshelfer unterstellt werden, und vermittelt im Sinne einer qualifizierten Verweisberatung ins Hilfesystem.
Durch die systematische Verfahrensweise wird allen Gefangenen das Angebot der strukturierten Begleitung bei der Entlassungsvorbereitung und der weiterführenden Beratung nach
der Haftentlassung zugänglich.
Die FÜma ist Leistungsträgerin des Fallmanagements. Ihr obliegt insbesondere:
• die Beteiligung an der Erfassung des Hilfebedarfs des Gefangenen
• die Entscheidung zur Übernahme des Fallmanagements im Rahmen der Eingliederungskonferenz im Zusammenwirken mit allen Akteuren
• Fortschreibung des Eingliederungsplans
• Sicherstellung der Transparenz und die Dokumentation der Entscheidungen über die
Vergabe des Fallmanagements.
• Aufsichts- und Sicherungsfunktion im Rahmen des Übergangsmanagements
• Dokumentation und Auswertung des Hilfeprozesses.
Folgende Akteure können das Fallmanagement3 übernehmen:
a) die Fallmanager der Fachstelle (Mitarbeiter der ehemaligen Haftentlassungshilfe)
b) freie Träger der Straffälligen– und Suchthilfe
3
Der Fallmanager kann auch Teilaufträge auf Dritte zu übertragen
3
Mit dem Fallmanager wird Gefangenen spätestens 6 Monate vor dem frühestmöglichen
Haftentlassungszeitpunkt ein zuverlässig begleitender Ansprechpartner für den Entlassungsprozess und auch darüber hinaus an die Seite gestellt. Gespräche zur Abklärung, Einschätzung und Diagnose4 münden in einen verbindlichen Eingliederungsplan5, der auch nach der
Haftentlassung für einen Zeitraum bis zu 6 Monate Unterstützung gewährleistet.
Zur Stärkung der Eigeninitiative der Gefangenen an der Gestaltung des Überganges von der
Justizvollzugsanstalt in die Freiheit ist es hilfreich, wenn bereits aus der Haft heraus Termine
außerhalb der JVA wahrgenommen werden. Hierzu zählen u.a. entlassungsvorbereitende
Vollzugslockerungen6 zur Anmietung von Wohnraum, Vorstellungstermine in Wohnprojekten
etc.).
III. Ablauforganisation und Prozesstruktur
Die Darstellung der Kernprozesse des Übergangsmanagements ist unter VIII. Abbildungen
dargestellt. Die Verantwortlichkeiten der in den Prozess involvierten Beteiligten sind in III. 1 –
4 beschrieben.
1.
Prozessschritte für Gefangene
Die Gefangenen werden zur Vorbereitung der Entlassung von der Vollzugsabteilungsleitung
über das Angebot der Fachstelle Übergangsmanagement und das Fallmanagement informiert.
Der Gefangene erteilt - sofern das Unterstützungsangebot angenommen wird - über die Vollzugsabteilungsleitung an die FÜma eine Einwilligungserklärung7 zur Unterstützung durch die
FÜma und für die Weitergabe von Daten. Auf dieser Grundlage lädt der für die JVA zuständige Mitarbeiter der FÜma den Gefangenen zum ersten Gespräch ein.
Wünscht der Gefangene keine Unterstützung durch die FÜma, unterstützt die Vollzugsabteilungsleitung (VAL) ihn weiterhin bei seinen selbstständigen Entlassungsvorbereitungen. Dem
Gefangenen steht das Angebot der FÜma grundsätzlich bis 6 Monate nach der Haftentlassung zur Verfügung.
4
Vgl. Fallmanagement nach FOGS; s.S.14 diese Dokumentes.
Der Eingliederungsplan wird Bestandteil des Vollzugsplans und basiert auf dem Ergebnis der Eingliederungskonferenz. Er
wird vom Fallmanager in Absprache mit dem Gefangenen fortgeschrieben. Die VAL wird regelmäßig über die Fortschreibung
informiert. Siehe Anhang: Abb. 1 und 2 Übergangsmanagement Erwachsene.
5
6
§ 15 HmbStVollzG Lockerungen zur Entlassungsvorbereitung
7 Siehe Anlage 1 Einwilligungserklärung
4
In dem Erstgespräch benennt er seine Bedarfe und Ziele und entwickelt einen Vorschlag
dazu, wer das Fallmanagement übernehmen soll. Bereits bestehende Betreuungskontakte
zu einem freien Träger werden von ihm dabei benannt und finden im weiteren Prozess Beachtung.
Nach der Eingliederungskonferenz teilt der VAL das Ergebnis mit. Der Gefangene ist aufgefordert abzugleichen, ob die Festlegungen im Eingliederungsplan den Erfordernissen und
Zielen weiterhin entsprechen oder ob Änderungen eingetreten bzw. zu berücksichtigen sind.
Sofern der Gefangenen für sich keinen Unterstützungsbedarf sieht, wird die FÜma nicht aktiv. Während der weiteren Haftzeit kann er sich zur Entlassungsvorbereitung an den Vollzugsabteilungsleiter oder bei Bedarf auch zu einem späteren Zeitpunkt bis zu 6 Monate nach
der Haftentlassung an einen Mitarbeiter der FÜma wenden.
Im Hilfeprozess setzt der Gefangene sich für die Erreichung seiner Ziele ein und fordert die
nötige Unterstützung ab.
Der Gefangene bzw. der Haftentlassene wird unterstützt, Selbsthilfepotentiale zu nutzen.
Eigenverantwortung sowie Reflektion seines bisherigen Verhaltens zu entwickeln, alternativer Verhaltensweisen zu erarbeiten und ggf. die Integration in das Hilfesystem der Stadt zu
ermöglichen.
2.
Prozessschritte in der Justizvollzugsanstalt
Der Vollzugsabteilungsleitung8 obliegt es, die Entlassungsbedingungen aller Gefangenen
ihres Zuständigkeitsbereiches zu erheben und die entsprechenden Fristen zu überwachen.
Sie informiert den Gefangenen in Abhängigkeit vom Strafmaß bis spätestens 6 Monate vor
der frühestmöglichen Haftentlassung über das Angebot der FÜma.
Der VAL leitet die Einverständniserklärung zusammen mit dem Vollzugsplan und evtl. weiteren Informationen an den Mitarbeiter der FÜma weiter.
8
§ 7 HmbStVollzG Behandlungsuntersuchung
.
5
Der VAL lädt den FÜma Mitarbeiter zur 1. Eingliederungskonferenz im Rahmen einer Vollzugsplankonferenz unter Einbeziehung alle beteiligten Akteure ein.
Im Rahmen der Eingliederungskonferenz – als Teil der Vollzugsplanung- und Entlassungsplanung - trägt der VAL mit der FÜma und weiteren Akteuren alle für eine Haftentlassung
relevanten Informationen über den Gefangenen zusammen. Erforderliche Maßnahmen werden beraten und die Entscheidung über den Träger des Fallmanagements sowie die Vergabe von Teilaufgaben in dem jeweiligen Einzelfall getroffen.
Sofern keine Eingliederungskonferenz stattfindet9, organisiert der VAL eine Entscheidungsrunde mit allen aktuell im Einzelfall tätigen oder potentiellen Akteuren, bei der über die Hilfebedarfe und zukünftigen Unterstützungsmöglichkeiten und das Fallmanagement beraten
und entschieden wird.
3.
Prozessschritte in der Fachstelle Übergangsmanagement
Die Fachstelle Übergangsmanagement übernimmt nach der Information durch die Vollzugsabteilungsleitung die Organisation für den Einzelfall. Sie stellt den Kontakt zum Gefangenen
her, informiert die Vollzugsabteilungsleitung über den Gesprächsinhalt und gleicht Bedarfe
ab.
Nach einem Gespräch mit dem Inhaftierten und der vorläufigen Erstellung des Eingliederungsplanes10 meldet die FÜma den Bedarf der Einberufung einer Eingliederungskonferenz
an.
In der Eingliederungskonferenz wird über das weitere Verfahren entschieden. Wird das Fallmanagement von einem Fallmanager der Fachstelle durchgeführt, erhält der künftig zuständige Mitarbeiter die weiterführende Verantwortung. Dem zuständigen Fallmanager obliegt die
Dokumentation des weiteren Verfahrens sowie die Verantwortung, zeitnah den Eingliederungsplan mit dem Gefangenen zu besprechen und sofern erforderlich zu ergänzen.
Der Fallmanager informiert der VAL regelmäßig über den weiteren Verlauf der Entlassungsvorbereitung, um notwendige Maßnahmen gemeinsam abzustimmen. Im Falle der Vergabe
des Fallmanagements an einen freien Träger überträgt die FÜma diesem die Verantwortung
für den Eingliederungsplan.
9
10
für Gefangene mit einen Strafmaß bis zu einem 1 Jahr oder EFS- Gefangene
Siehe Anlage 2
6
Der Eingliederungsplan wird seitens des Fallmanagers bei Veränderungen und insbesondere
bei Fortschritten der Entlassungsvorbereitung mit dem Gefangenen besprochen und ergänzt.
Der VAL erhält ebenfalls regelmäßig Rückmeldungen vom Fallmanager.
Nach der Entlassung setzt der Fallmanager die Gespräche zum Hilfebedarf mit dem Haftentlassenen kontinuierlich fort. Bei Abschluss der Begleitung erstellt der Fallmanager eine Abschlussdokumentation.
Unabhängig von der Bereitschaft des Gefangenen, die Unterstützungsangebote in Anspruch
zu nehmen, bleibt eine grundsätzliche Zuständigkeit der Fachstelle erhalten. Auch wenn der
Gefangene ausschließlich die Leistungen eines freien Trägers in Anspruch nimmt, bleibt die
FÜma in einer „Stand by Funktion“ für den Gefangenen ansprechbar. Die Informations- und
Dokumentationsverpflichtungen der einzelnen Akteure bleiben davon unberührt.
Damit steht dem Gefangenen, sollte es zu Veränderungen seiner persönlichen Planung oder
auch zu krisenhaften Entwicklungen in der Zusammenarbeit mit dem bisher vorgesehenen
Fallmanager kommen, ein „Auffangnetz“ durch die FÜma zu Verfügung.
4.
Prozessschritte der freien Träger
Sofern der Gefangene bereits von einem freien Träger betreut wird, ist der zuständige Mitarbeiter in die Eingliederungskonferenz einzubeziehen. Sofern ein freier Träger neu zuständig
werden soll, ist dieser zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einzubeziehen.
Dem freien Träger, der das Fallmanagement ganz oder teilweise übernimmt, obliegt die Verantwortung zeitnah den Eingliederungsplan mit dem Gefangenen zu besprechen und sofern
erforderlich zu ergänzen. Darüber hinaus verpflichtet er sich regelmäßig die Vollzugsabteilungsleitung und die FÜma über den Eingliederungsprozess und dessen Abschluss zu informieren.
IV.
Zuständigkeiten
1.
Steuerungsverantwortung Übergangsmanagement
Die Einrichtung und die Arbeit einer Fachstelle Übergangsmanagement wird durch ein Fachgremium begleitet, welches als „Leitstelle“ über grundsätzliche Fragestellungen, die nicht die
7
Einzelfallarbeit betreffen, berät und bindende Entscheidungen trifft. Die Leitstelle, bestehend
aus je einem Vertreter der BASFI, der JB, der BA/E und einem Vertreter der JVAen wird über
die Prüfung und die grundsätzliche Auswahl der Leistungserbringer des Fallmanagements
entscheiden.
Die Leitstelle definiert die fachlichen Anforderungen und legt Qualitätskriterien für den Prozess des Fallmanagements fest, die seitens der Anbieter zu erbringen sind. Sie prüft ebenfalls, ob die geforderten Standards eingehalten werden.
2.
Steuerungsverantwortung Fallmanagement
Die FÜma ist der Leistungsträger des Fallmanagements. Sie ist in der Eingliederungskonferenz vertreten, die Bestandteil der Vollzugsplankonferenz unter üblicher Leitung ist und zu
der auf Empfehlung der VAL alle Fachkräfte eingeladen werden, die maßgeblich an der Entlassungsvorbereitung des betreffenden Gefangenen beteiligt sind. Der FÜma obliegt in diesem Rahmen mit den hier beteiligten Akteuren die Entscheidung, wer das Fallmanagement
übernimmt. Entscheidungen, die den Strafvollzug und dessen Durchführung betreffen, bleiben davon unberührt.
In der Zuständigkeit des Vollzuges liegen die Themenbereiche Vollzugsplanung, Vollzugsgestaltung, Lockerung des Vollzuges, Ausbildung/ Qualifizierung der Gefangenen, organisatorische Regelungen, Fragen der Zusammenarbeit, Abläufe etc.
Basierend auf dem Eingliederungsplan vergibt die FÜma auf der Durchführungsebene den
Auftrag und schließt die Vereinbarung der zu erbringenden Leistung mit dem Träger, sofern
die FÜma nicht selbst das Fallmanagement übernimmt und überprüft deren Einhaltung.
Kann keine Einigung über den Eingliederungsplan bzw. die Vergabe des Fallmanagements
erzielt werden, werden die Abschnittsleitung der FÜma und die zuständige Anstaltsleitung
eingeschaltet.
Die FÜma ist auch zentraler Ansprechpartner (Koordinator) in grundsätzlichen Angelegenheiten der Leistungserbringer / Freien Träger, die das Fallmanagement betreffen.
Ansprechpartner in vollzuglichen Fragen sind die entsprechenden Mitarbeiter des Vollzuges.
Die Zuständigkeiten der fachbehördlichen Referenten bleiben davon unberührt.
8
V.
Organisation, Personalausstattung und Finanzausstattung
1.
Aufbauorganisation, Standorte und Präsenzzeiten
Die staatliche Fachstelle Übergangsmanagement geht aus der Beratungsstelle für Haftentlassene des Fachamtes Straffälligen- und Gerichtshilfe hervor. Mit der Methode des Fallmanagements koordiniert die FÜma die Hilfeprozesse der Entlassungsvorbereitung für die in
der JVA Billwerder einsitzenden Gefangenen.
Das zentrale Übergangsmanagement gewährleistet die kontinuierliche Begleitung des Gefangenen durch einen in allen Phasen der Entlassungsvor- und nachbereitung zuständigen
Fallmanager. Dieser ist auch für die FÜma, für den Justizvollzug und für die Träger unterstützender Hilfen nach der Entlassung ein fester Ansprechpartner.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist es erforderlich, für den Gefangenen ein Angebot zu schaffen, welches bereits in der Justizvollzugsanstalt Billwerder die Möglichkeit bietet, eine tragfähige Beziehung zu dem zuständigen Fallmanager aufzubauen. Voraussetzung dafür ist, dass
die Mitarbeiter der Fachstelle in der JVA Billwerder an verbindlich festgelegten Präsenztagen
zu Sprechzeiten erreichbar sind und für Rücksprachen zur Verfügung stehen sowie über
Büroräume und IT-Ausstattung vor Ort verfügen.
Die Haftentlassung und die ersten Monate des Integrationsprozesses stellen für den Haftentlassenen eine risikobehaftete Zeit dar. Hier muss gewährleistet sein, dass der jeweilige Haftentlassene die Möglichkeit erhält, den für ihn zuständigen Berater / Fallmanager der FÜma
außerhalb der Justizvollzugsanstalt aufzusuchen. Diesen Neuanfang durch geeignete Unterstützungsmaßnahmen und verlässliche Begleitung abzusichern, z.B. durch feste Sprechstunden an zentralem Standort in Diensträumen des Fachamtes Straffälligen- und Gerichtshilfe, stellt eine zentrale Aufgabe für das Fallmanagement dar. Mit der Überleitung und festen
Verankerung des Haftentlassenen in die regelhaften Hilfe- und Unterstützungssysteme der
Stadt endet die Arbeit im Entlassungsmanagement idealtypisch.
2.
Personalausstattung / Fallsteuerung
Die Haftentlassungshilfe wird zunächst mit drei Mitarbeitern einen Arbeitsschwerpunkt in der
JVA Billwerder bilden.
9
Zur Ermittlung des tatsächlichen Personalbedarfs einer Fachstelle Übergangsmanagements
müssen die zentralen Kern- und Teilarbeitsprozesse des Fallmanagements definiert und mit
durchschnittlicher Arbeitszeitbelastung hinterlegt werden. Desweiteren ist die Anzahl der zu
betreuenden Gefangenen und Haftentlassenen zu berücksichtigen.
Die JVA Billwerder hat prognostiziert, dass jährlich ca. 800 Strafgefangene nach der Haftentlassung keine Unterstützung durch einen Bewährungshelfer haben werden, die dann zukünftig als Zielgruppe des Betreuungsangebots der FÜma gelten sollen.
VI.
Anforderungen des Fallmanagements
1.
Fallmanagement
Fallmanagement ist ein ganzheitlicher Ansatz der Beratung und Unterstützung in besonders
komplexen Lebenszusammenhängen von betroffenen Personen – es soll Hilfe aus einer
Hand bieten, gerade wenn es verschiedenste Bedarfe und Leistungen zu bündeln gilt.
Im Bereich des Übergangsmanagements geht es um einen auf den Inhaftierten ausgerichteten Prozess mit dem Ziel der nachhaltigen Integration in das Leben in Freiheit. In diesem
kooperativen Prozess werden aufbauend auf die entlassungsvorbereitenden Maßnahmen
des Vollzuges vorhandene individuelle Problemlagen methodisch erfasst. Unter Berücksichtigung vorhandener Fähigkeiten und Lebensbedingungen werden Unterstützungsangebote
geplant und im weiteren Verlauf vom Fallmanager eingebracht, koordiniert, überwacht und
evaluiert. Die Arbeitsweise des Fallmanagements ist dadurch gekennzeichnet, dass die Hilfestellung eindeutig strukturiert wird und zwischen allen Beteiligten klare Ziele herausgearbeitet werden. Auf dieser Grundlage werden Vereinbarungen mit Klienten und anderen Trägern des Hilfesystems geschlossen. Der Hilfeprozess wird beobachtet und in Zwischenstadien und am Ende qualifiziert nach Erfolg und Wirksamkeit evaluiert.
10
Phasen des Fallmanagements11
Der komplexe Unterstützungsbedarf der Hilfe suchenden Personen macht umfassende und
abgestimmte Interventionen erforderlich, für die Zugangskriterien zu definieren sowie Kooperationsbeziehungen (Kontrakte, Netzwerkstrukturen) zu implementieren und zu verstetigen
sind. Darüber hinaus sind transparente Arbeitsvorgänge und Übergänge an den Schnittstellen zu definieren.
Im HmbStVollzG ist die Verpflichtung und Aufforderung zur engen Kooperation mit Partnern
der Straffälligenhilfe und anderen Organisationen vorgegeben. Für die Steuerung und Begleitung des Prozesses des Übergangs aus der Haft in Freiheit kommt den beteiligten Stellen
eine große Verantwortung für intensive Abstimmung und Kooperation zu.
In zahlreichen Fällen bestehen bereits Netzwerke unter den Akteuren. Die Möglichkeiten der
Kooperation zwischen stationären und ambulanten Einrichtungen der Straffälligenhilfe sollten
weiter optimiert werden.
11
Vgl. FOGS Case Management Abschlussbericht - Ergebnisse des Kooperationsmodells
nachgehende Sozialarbeit - Modellbestandteil Case Management, Köln 2001, S.33 Abb. 3: Ablaufmodell Case Management
11
2.
Qualifizierung
Ein auf den Betroffenen zugeschnittenes Fallmanagement erfordert von den am Prozess
beteiligten Personen spezifische Kenntnisse und Schlüsselqualifikationen. Notwendig ist eine
gemeinsame Qualifikation von FÜma-Mitarbeitern und Vollzugsabteilungsleitungen.
Der Fallmanager verfügt über die Grundqualifikation als Sozialarbeiter /Sozialpädagoge
(Dipl./BA) oder vergleichbarer Qualifikation.
Im Mittelpunkt erforderlicher Qualifizierungs-
maßnahmen stehen der Erwerb von Methodenkompetenz und umfangreiches Organisationsund Institutionswissen aller am Verfahren beteiligten Stellen.
Das Aufgabenprofil des Fallmanager umfasst u.a.:
•
Aufsuchende und nachbereitende Arbeit, um Kontakte zur Klientel herzustellen und zu
festigen, sowie potenziell tragfähige und ggf. längerfristige Beziehungen aufzubauen
•
Motivierung der Klientel zur Annahme von Hilfen, fördern von Veränderungsbereitschaft, Information über Hilfemöglichkeiten
•
Hilfeplanung mit dem Klienten: Erstellen eines umfassenden Situationsbildes zum Klienten unter Hinzuziehung vorhandener Daten und Informationen anderer Einrichtungen, individuelle Ziele definieren und eine Zielhierarchie unter Beachtung vorhandener
Ressourcen festlegen, Bestimmung der benötigten Hilfen und Mitwirkung der Einrichtung / Dienste
•
Vermittlung und Weiterleitung des Klientel an die angezeigten und adäquaten Hilfen,
Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Hilfen mit dem Ziel, die Klientel zu einer
selbstständigen Lebensführung zu befähigen
•
Erbringung eigener Beratungs- und Unterstützungsleistungen zum Beispiel zur
o Bewältigung von elementaren Alltagsproblemen
o Tagesstrukturierung und Freizeitgestaltung
o Wiedereingliederung ins Erwerbsleben
o Krisenintervention
o Rückfallprophylaxe ggf. Rückfallbearbeitung
o Nachsorge / Weiterbetreuung und Einleitung von Anschlussmaßnahmen
o Aktivierung der Unterstützungspotentiale von Angehörigen bzw. Bezugspersonen
durch Beratung von Angehörigen
o laufenden Falldokumentation, Überprüfung von Zielerreichung und Effektivität von
Hilfeleistungen
o klientenbezogenen Kooperation mit Fachkräften aus beteiligten Diensten und Einrichtungen
12
o Schnittstellenpflege zu den Leistungserbringern des ambulanten Hilfesystems.
Entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen für die zukünftigen Akteure im Fallmanagement
sollten vor dem Hintergrund des vorgenannten Aufgabenprofils des Fallmangers insbesondere folgende Aspekte/Inhalte berücksichtigen:
Individuelle Ebene
Organisations-, Methoden- und Verfahrenskompetenz
Analyse der eigenen schon vorhandenen
Beratungskompetenzen
Aufgaben und Rollen der neuen Funktionen im Fallmanagement
Erwerb von Beratungskompetenz
Prozessschritte des Fallmanagements
Reflexion des eigenen Handelns
Ziele und Zielvereinbarungen zwischen
Organisationen, Aufbau von Netzwerken
Antizipation und Erarbeiten der erforderlichen Entwicklungsschritte des Klienten /
der Klientin
Interventionsmethoden
Ziele und Zielvereinbarungen für die individuelle Beratung des Klienten
Analyse und Reflexion der jeweiligen Beratungsprozesse im Fallmanagement
Fortbildung für das Fallmanagement (Schätzwerte)
Zeitlicher Umfang der Qualifizierungsmaßnahme
Modularer Aufbau von ca.5 Workshops à 3 Tage zu
je 8 Unterrichtsstunden/Tag
Kollegiale Beratung (6 – 8 Personen je Gruppe alle 4
Wochen für 3 Stunden)
Zwei - drei Workshops mit Führungskräften
Ggf. individueller fachlicher Fortbildungsbedarf
Kenntnisse einschl. Rechtsnormen und
Verwaltungsvorschriften
Dokumentations- und Evaluationskompetenz
Analytische, informatorische, planerische, verfahrenssichere Fähigkeiten,
Ressourcenallokation und -sicherung,
Präsentation, Medienkompetenz, EDVKompetenz
Teilnehmer/-innen
Mitarbeiter/-innen des Justizvollzugs
Mitarbeiter/-innen der Fachstelle
Übergangsmanagement
Freie Träger der Straffälligenhilfe
Die Qualitätskriterien für das Fallmanagement für FÜma, Vollzug und freie Träger sind im
Einzelnen festzulegen.
VII.
Leistungserfassung und Evaluation
1.
Leitstelle
Zunächst müssen neben der Erfassung der Leistung der beteiligten Einrichtungen im System
des Übergangsmanagements und der Erstellung von Qualitätskriterien für die Träger und
Leistungserbringer notwendige Entscheidungen über ein Dokumentationssystem getroffen
werden.
13
Ein Gremium (hier Leitstelle) bestehend aus BASFI, JB, BA/E und einem Vertreter der JVA
Billwerder, treffen Entscheidungen hinsichtlich der Datenerfassung und einer Evaluation. Die
Erfahrungswerte externer Leitungsträger sollen dabei berücksichtigt werden.
Evaluationskriterien
Mögliche Dokumentations- und Evaluationskriterien unter Berücksichtigung quantitativer und
qualitativer Erkenntnisinteressen
quantitative Ebene
Wie viele Gefangene haben das System
FÜma bis zur Entlassung in Anspruch
genommen?
Wie viele Gefangene haben nach der
Entlassung die Planung weiterverfolgt
bzw. den Kontakt abgebrochen?
Wie viele Gefangene haben darauf
verzichtet?
Wie viele Gefangene wurden in Arbeit
und Qualifikation, in Wohnraum und /
oder in betreuerische und therapeutische
Maßnahmen vermittelt?
Evtl. Überprüfung. ob die Unterteilung in
Gef. mit FS < 1 Jahr und > 1 Jahr
sinnvoll ist;
Zeitpunkt des Kontaktabbruchs
Fallverteilungsquote
Verhältnis der Betreuung durch Träger
vs. FÜma?
des zeitlichen Aufwands (Vollzug/
Füma/Träger)
2.
•
qualitative Ebene
Wie viele Gefangene haben mit welcher
Begründung noch vor der Entlassung die
Planung abgebrochen?
Überprüfung der zeitlichen Abläufe des
Konzeptes
Qualität der Zusammenarbeit der
beteiligten Stellen incl. Frage, ob Ablauf
effizient bzw. zeitlichen Mehraufwand mit
dem Ergebnis/der Verbesserung in
Beziehung setzen;
Welche Träger wurden beteiligt?
Welche Schwerpunktangebote wurden in
Anspruch genommen?
der Träger, deren
Kooperationsbereitschaft, deren
Arbeitsweise
Ergänzende Kriterien
Ausmaß der Einflüsse des neuen Systems „Übergangsmanagement“ (wie viel mehr /
langfristiger in Arbeit/Wohnung/Therapie vermittelte Gef.), also Prä-Post-Vergleich bezogen auf die Wiedereingliederung von Haftentlassenen;
•
Zudem sollten Auswertungskriterien für die Zusammenarbeit zwischen JVAen und
FÜma entwickelt werden.
•
Erfassung und Auswertung der einzelfallbezogenen Maßnahmen, deren Umsetzung
und deren Beendigung,
14
•
Erfassung und Auswertung der differenzierten Angebote, deren Inanspruchnahme und
deren Wirksamkeit (Erreichung der vereinbarten Zielen in der Hilfe- Eingliederungsplanung) klarstellen
•
Bewertung der Kooperation im Übergangsmanagement zwischen Anstalt / FÜma / freie
Träger, der Dokumentation und der Berichterstattung.
VIII. Glossar
Die Eingliederungskonferenz dient dem Ziel, alle Informationen zum Probanden zusammenzutragen. Sie ist das Gremium in dem Maßnahmen zur Entlassungsvorbereitung des
Insassen unter Einbeziehung aller mitwirkenden Akteure (FÜma, VAL, und ggf. weitere Akteure wie z.B. freie Träger die bereits im Kontakt mit dem Insassen stehen) besprochen werden. Die Eingliederungskonferenz ist Teil der jeweiligen Vollzugsplankonferenz.
Innerhalb dieser Konferenz wird der Eingliederungsplan in der Fortschreibung der Vollzugsplanung vervollständigt, die Fallgruppe festgelegt und darüber beraten, wer das Fallmanagement übernimmt.
Fallmanagement wird hier als ein strukturierter und überprüfbarer Prozess verstanden, der
den Klienten effektiv durch das Hilfs- und Unterstützungsnetzwerk führt. Dabei handelt es
sich um einen Wechsel von einem bisher institutionszentrierten hin zu einem personenbezogenen Hilfesystem, welches institutionsübergreifend arbeitet und die bisherigen Einzelmaßnahmen synchronisiert, steuert und dokumentiert. Das Fallmanagement bezieht sich auf die
Behandlung des Einzelfalls, d.h. die Vorbereitung der Entlassung eines Gefangen, die Ermittlung seines Hilfebedarfs und die Steuerung dieses Falles im Netzwerk der stationären
und ambulanten Beteiligten des Gesamtkonzeptes und ihrer Hilfsangebote.
Der Fallmanager übernimmt das Fallmanagement (FM) für den Einzelfall und steht dem
Klienten als zentraler Ansprechpartner je nach Straflänge bis zu 6 Monate vor der Entlassung zur Verfügung. Zusammen mit dem Klienten werden die Weichen für die Zeit nach der
Entlassung gestellt. Auch nach der Entlassung bleibt der Fallmanager für den Klienten in
einem Zeitraum bis zu 6 Monaten zuständig und unterstützt ihn in allen notwendigen Maßnahmen.
15
Sofern das Fallmanagement von einem freien Träger wahrgenommen wird, übergibt der Mitarbeiter der FÜma die Verantwortung für den Eingliederungsplan an diesen freien Träger.
Wenn der Fallmanager der Fachstelle das Fallmanagement erhält, übernimmt dieser die
Verantwortung für den Eingliederungsplan.
Unabhängig von der Person und der organisatorischen Anbindung des Fallmanagers wird
der Eingliederungsplan bei Veränderungen und zur Erörterung des Fortschritts der Entlassungsvorbereitung mit dem Gefangenen besprochen und ergänzt. Der VAL erhält ebenfalls
regelmäßig Rückmeldungen vom Fallmanager. Notwendige Maßnahmen werden gemeinsam abgestimmt.
Übernimmt der freie Träger das Fallmanagement, dann erhält auch die Fachstelle in regelmäßigen Abständen Rückmeldungen.
Die Fachstelle Übergangsmanagement (FÜma) ist der Leistungsträger des Fallmanagements. Sie ist in der Eingliederungskonferenz vertreten, die Bestandteil der Vollzugsplankonferenz unter üblicher Leitung ist und zu der auf Empfehlung der VAL alle Fachkräfte eingeladen werden, die maßgeblich an der Entlassungsvorbereitung des betreffenden Gefangenen
beteiligt sind. Der FÜma obliegt mit den hier beteiligten Akteuren die Entscheidung, wer das
Fallmanagement übernimmt. Entscheidungen, die den Strafvollzug und dessen Durchführung betreffen, bleiben davon unberührt. Themen des Vollzuges wie u.a. Fragen der Zusammenarbeit, Abläufe, Lockerungen, Ausbildung/ Qualifizierung der Gefangenen, bleiben
davon unberührt. Nach Beendigung der Betreuung wird mit dem Klienten ein Abschlussgespräch geführt und danach eine Abschlussdokumentation erstellt, die Grundlage einer Auswertung im Rahmen der vorgesehenen Evaluation ist.
16
Abbildung 1: organisatorische Einbindung der FÜma
17
ESF-Wettbewerbsverfahren 2013
Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_14
Öffentliche Aufforderung zur Abgabe eines Projektvorschlags für die Durchführung
von Maßnahmen in der ESF-Förderperiode 2014-2020
Die im Operationellen Programm für die Freie und Hansestadt in der ESFFörderperiode 2014 -2020 geplanten Maßnahmen werden im Rahmen von Wettbewerbsverfahren vergeben.1 Näheres regelt die Förderrichtlinie vom 18.04.2013. Unter
Bezug auf diese Förderrichtlinie zielt die vorliegende Aufforderung auf die Abgabe eines Projektvorschlags:
Übergang für Inhaftierte gestalten durch Fallmanagement und Begleitung
Leistungsbeschreibung
1. Anlass der Aufforderung
In der „Fachkommission zur Optimierung der ambulanten und stationären Resozialisierung in Hamburg“ haben Vertreter der zuständigen Behörden und Fachorganisationen
sowie unabhängige Experten festgestellt, dass auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen mit verschiedenen Projekten des Übergangsmanagements in
Deutschland Veränderungsvorschläge für die zukünftige Weiterentwicklung des Gesamtsystems gemacht worden sind. Ein zentrales Anliegen dieser Projekte war, „dass
es durch ein strategisches und operatives Schnittstellenmanagement gelingt, die Rückfallquoten zu senken und die Integrationserfolge nach der Entlassung zu steigern (Stabilisierung in den Lebenslagen wohnen, Arbeit, Absicherung des Lebensunterhalts,
Entschuldung, Drogenabstinenz, soziale Beziehungen etc.). Die Fachkommission hat
in diesem Zusammenhang auch auf die Ergebnisse eines Forschungsprojekts in Nordrhein- Westfalen zum Nachweis der eindeutigen Auswirkung von erfolgreicher beruflicher Integration von haftentlassenen Personen auf deren strafrechtlicher Rückfallgefährdung hingewiesen und folgendes festgehalten:
„Diese Erkenntnisse erfordern für eine rationale Vollzugs- und Eingliederungspolitik
eine Weiterentwicklung der vollzuglichen Behandlungsprogramme sowie eine strukturelle Verzahnung mit der Vielzahl der zuständigen und mitwirkenden ambulanten
Dienste und Einrichtungen in der jeweiligen Region bei der sozialen Integration in die
Gesellschaft.“
1
Die Genehmigung des Operationellen Programm für Hamburg für die ESFFörderperiode 2014 – 2020 durch die Europäische Kommission steht noch aus. Das
OP kann nach Genehmigung unter der Internetadresse www.esf-hamburg.de abgerufen werden.
Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_14
In ihren praxisbezogenen Empfehlungen hat die Fachkommission dann zur besseren
Koordination der Angebote des Justizvollzuges und der ambulanten Anbieter zur Vermeidung des häufigen Wechsels von handelnden Personen und von Betreuungsabbrüchen „ein System des strukturierten Übergangsmanagements durch die Methode
des Fallmanagement“ angeregt.
Im Verlauf des Prozesses der Umsetzung dieser Empfehlungen wurde entschieden,
dass insbesondere der Gruppe der Gefangenen mit mittleren und kürzeren Haftstrafen,
die nach der Haftentlassung keine Unterstützung der Bewährungshilfe in Anspruch
nehmen können, ein entlassungsüberbrückendes Betreuungsangebot gemacht werden
soll. Der Schwerpunkt dieses Angebotes soll in der Unterstützung nach der Haftentlassung liegen.
Die bereits bestehenden Projekte zur Förderung der Qualifizierung und der berufsbezogenen Wiedereingliederung im Justizvollzug konzentrieren sich bei ihren Fördermaßnahmen zunächst auf die berufliche Bildung während des Aufenthalts in den Vollzugsanstalten und entwickeln darauf aufbauend eine längerfristige Perspektive, die die
gesellschaftliche Integration maßgeblich unterstützen soll. Eine Voraussetzung für die
Teilnahme der einzelnen Gefangenen ist, dass ein ausreichender Zeitraum für die anstaltsinternen Fördermaßnahmen zur Verfügung steht.
Das hier beschriebene neue Projekt wird im Unterschied dazu für die große Gruppe
der kurzzeitig Inhaftierten, die bisher im wesentlichen aus zeitlichen Gründen nicht in
die bestehenden Projekte integriert werden konnten, ein Unterstützungsangebot vorhalten, das während der Haftzeit Fördermaßnahmen vorbereitet, seinen eigentlichen
Betreuungsschwerpunkt aber nach der Haftentlassung hat. Schwerpunkt dieser Betreuungsarbeit soll in der beruflichen Eingliederung liegen.
Bei der Zielgruppe handelt es sich um straffällig gewordene Männer mit kürzeren Haftstrafen, die häufig strafrechtlich rückfällig geworden sind, die bisher vielfach keine ausreichende berufliche Qualifizierung erhalten haben bzw. unbeschäftigt waren, deren
Wohnsituation als unbefriedigend erlebt wird, die Probleme beim Zugang zu den Hilfesysteme der Stadt haben, die suchtgefährdet sein können, die über kein tragfähiges
Netz von sozialen Beziehungen verfügen und die Unterstützung bei der persönlichen
Stabilisierung und bei der Regelung lebenspraktischer Anliegen benötigen. Die Einbeziehung von straffällig gewordenen Frauen ist möglich, sofern sich hier Unterstützungsbedarfe ergeben.
Die Hilfsangebote zur beruflichen Integration sollen zunächst den Zugang zu den zuständigen Einrichtungen des Job-Centers bzw. der Arbeitsagenturen auch ggf. durch
persönliche Anwesenheit des Fallmanagers erleichtern, die Motivierung zur Teilnahme
an berufsbildenden Maßnahmen fördern und letztlich auch die Arbeitsaufnahme anregen und begleitend unterstützen. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt sollen Unterstützungsmaßnahmen zur Verbesserung des Zugangs zu Wohnraum sein. Dabei wird es
auf eine gute Zusammenarbeit mit den genannten Einrichtungen und auf eine realistische und die Fähigkeiten, Möglichkeiten und Vorstellungen der einzelnen Klienten berücksichtigende Abstimmung der Zielvorstellungen ankommen.
In gleicher Weise sollen Kontakte zu Einrichtungen der Suchthilfe, der Schuldnerberatung u.a. aufgenommen und zu ihnen Verbindungen hergestellt werden, die der Klient
nutzen kann. Es sollten auch weitere Maßnahmen einbezogen werden, die der persönlichen Stabilisierung und der Bearbeitung psychischer Probleme dienen.
Dieses umfassende Betreuungsangebot im Rahmen des Fallmanagements soll die
Bedingungen für eine Wiedereingliederung nach der Haftverbüßung für die betroffenen
Personen entscheidend verbessern und einen Beitrag zur Vermeidung von erneuter
Strafffälligkeit sein.
Das vorgesehene Projekt soll in Verbindung mit der geplanten Fachstelle Übergangsmanagement des Fachamtes Strafffälligen – und Gerichtshilfe der Erprobung eines
neuen einrichtungsübergreifenden Systems zur Resozialisierung für die Haftentlasse-
2
Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_14
nen dienen, die von den bisher vorhandenen Systemen des Übergangsmanagement
nur unzureichend oder gar nicht erfasst werden.
In diesem Zusammenhang wird auch die Bewertung der hier erbrachten einzelfallbezogenen aber auch einzelfallübergreifenden Leistungen wichtige Impulse zu einer kritischen Betrachtung der Bedarfslage und für zukünftige Entscheidungen zur dauerhaften
und zuverlässigen Optimierung des Resozialisierungssystems in Hamburg geben.
Darüberhinaus wird dieses Projekt sicherlich beispielgebende Anregungen für die Kooperation zwischen staatlichen Einrichtungen und freien Trägern in der Straffälligenhilfe vermitteln können.
2. Rahmenbedingungen der Projektförderung
Nummer der Leistungsbeschreibung
Förderziele
Zielgruppe/n
C 1_14
Berufliche Integration in den Arbeitsmarkt durch Maßnahmen, die der
persönlichen Stabilisierung dienen.
Dies sind die Klärung der materiellen Unterstützung und der finanziellen Verbindlichkeiten, eine vernünftige Regelung der Wohnsituation,
Hilfsangebote bei psychischen Problemen und bei Suchtgefährdung,
migrantenspezifische Förderung, angemessene Angebote zur Freizeitgestaltung und aktive Beratung und Begleitung bei unterschiedlichen Anliegen nach der Haftentlassung.
Erwachsene Haftentlassene nach der Verbüßung von kürzeren Haftstrafen, die nicht an den Fördermaßnahmen der bestehenden Projekte
teilnehmen konnten schwerpunktmäßig aus der Justizvollzugsanstalt
(JVA) Billwerder aber auch aus der JVA Glasmoor. Die Zielgruppe
umfasst pro Jahr ca. 800 Personen.
Zeitraum
01.07.2014 – 31.12.2016 (30 Monate)
Förderumfang
1 Projekt
Für das o. g. Projekt und den o.g. Zeitraum steht eine Zuwendungssumme von bis zu 750.000 Euro zur Verfügung, die sich wie folgt zusammensetzt:
Zur Verfügung stehende
Gesamtmittel
Durchführungsort
Antragsberechtigte
Abgabefrist
ESF: 500.000 €
BASFI: 175.000 € (AI: 150.000 €, FS: 25.000 €)
JB: 75.000 €.
Weitere 250.000 € sind in Form von privaten Mitteln / Freistellungen
während der Projektlaufzeit nachzuweisen.
Durchführungsort des Vorhabens ist Hamburg. Es können nur die beschriebenen Teilnehmer aus Justizvollzugsanstalten und Haftentlassene gefördert werden.
Antragsteller können natürliche und juristische Personen sein. Eine
einzelbetriebliche Förderung ist nicht möglich.
XX. Monat 201x
3
Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_14
3. Anforderungen – Antragsteller müssen folgenden Anforderungen genügen:
•
•
•
•
•
Nachgewiesene Erfahrungen mit Beratungsangeboten zur Integration von straffällig
gewordenen Menschen mit dem Schwerpunkt auf berufsbezogene Förderung und
der Verbesserung des Zugangs zu Wohnraum
Nachgewiesene Vernetzung in der Straffälligenhilfe, regelmäßige Kontaktpflege zu
den Einrichtungen des sozialen Sicherungssystems und der beruflichen Förderung
Nachgewiesene praktische Erfahrungen im Umgang mit der Zielgruppe
Bereitstellung von fachlich qualifiziertem Personal
Sehr gute Kenntnisse des in Hamburg zur Verfügung stehenden Hilfsangebotes, insbesondere der Straffälligenhilfe, der Suchthilfe, der Unterstützungsmöglichkeiten bei
Wohnungslosigkeit, der Bildungsträger und der Zuständigkeiten im Zusammenhang
mit ALG I und ALG II und des relevanten Leistungsrechts ( SGB II, SGB III, SGB XII,
SGB V)
3.1 Konzeptionelle Anforderungen
Das Ziel der hier beschriebenen Hilfsmaßnahmen für die betroffenen Personen ist die Integration in den Arbeitsmarkt. Zu deren wirksamer Unterstützung ist es erforderlich, den
ganzheitlichen Ansatz der Beratung und Förderung mit der Methode des Fallmanagements
umzusetzen. Vom Antragsteller wird erwartet, dass die im Projekt einzusetzenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über entsprechende Kenntnisse der Grundlagen verfügen. Es wird
davon ausgegangen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits befähigt sind, für den
zielgerichteten Einsatz die Methoden der Einzelfallhilfe und der Gruppenarbeit, z.B. das Angebot eines Sozialen Trainings (ggf. als fortgesetztes Angebot als Brücke zwischen „drinnen
und draußen“) anzuwenden und dass sie über Erfahrungen in der Kooperation mit den Justizvollzugsanstalten, den Arbeitsagenturen, des Job-Centers, Bildungsträgern, Unternehmen
aber auch unterstützenden Einrichtungen wie der Suchtberatung und der Suchttherapie, der
Schuldenregulierung, der Wohnungslosenhilfe der psychotherapeutischen Unterstützung und
der staatlichen Straffälligenhilfe verfügen. Es wird vorausgesetzt, dass während der Projektlaufzeit ein grundsätzlicher aber auch ein einzelfallbezogener fachlicher Austausch mit den
genannten Einrichtungen stattfindet, wobei insbesondere die Abstimmung mit den Fachkräften der bestehenden Projekte, die bereits das Übergangsmanagement für Gefangene der
Hamburger Vollzugsanstalten sicherstellen, einen hohen Stellenwert hat.
Für den konkreten Umgang mit der Klientel wird ein Tätigkeitskonzept auf folgenden Grundlagen sozialer Arbeit vorausgesetzt:
• klientenzentrierter Arbeitsansatz
• lösungsorientierte Kurzintervention
• Lebenswelt- und Ressourcenorientierung
• Entwicklung von Perspektiven
In der Praxis sind mit den Methoden der Einzelfallhilfe und der Gruppenarbeit folgende sozialpädagogische Leistungen im Zusammenhang mit den genannten Förderzielen als aufsuchende Arbeit oder in eigenen Räumen zu erbringen:
• Stärkung der Motivation für berufsbildende Maßnahmen
• Stärkung der Motivation zur Übernahme von Eigenverantwortung, zur Entwicklung
von Selbstdisziplin und zum Erlernen einer sinnvollen Zeiteinteilung und zur Mobilisierung eigener Fähigkeiten für die Selbsthilfe.
• Praktische Unterstützung bei der Kontaktaufnahme zu Behörden und Beratungsstellen, bei der Gesprächsführung bei schwierigen Sachverhalten und bei der Antragstellung auf Leistungen
4
Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_14
•
•
Unterstützung des Erlernens eines wirtschaftlichen Umgangs mit den zur Verfügung
stehenden Mitteln und der Regulierung bestehender finanzieller Verbindlichkeiten
Überlegungen zur Freizeitgestaltung und entsprechende Angebote machen
3.2 Organisatorische Anforderungen
•
•
•
•
•
Erreichbarkeit in eigenen Beratungsräumen sicherstellen
Mobilität im Zusammenhang mit Besuchen in Justizvollzugsanstalten und bei der Begleitung des Klientels.
Fortführung der im Vollzug erstellten Eingliederungspläne
Bereitschaft zur Kooperation und zur Berichterstattung gegenüber der Vollzugsanstalt
und der Fachstelle Übergangsmanagement, Abgabe von fachbezogenen Sachberichten
Einzelfall- und gruppenbezogene Leistungserfassung und deren statistische Aufbereitung
3.3. Querschnittsziele
Erforderlich sind darüber hinaus Angaben darüber, welcher Beitrag mit der Maßnahme zur
Erreichung der Querschnittsziele der ESF geleistet wird (Chancengleichheit, Nichtdiskriminierung, nachhaltige Entwicklung). Bitte richten Sie Ihre diesbezüglichen Angaben an den
folgenden Leitlinien aus:
3.2.1 Chancengleichheit
Das geplante Projekt:
• eröffnet Frauen oder Männern Zugang zu Berufsfeldern, in denen sie bisher unterrepräsentiert sind;
• verbessert Gleichstellungschancen durch Veränderung von Strukturen (z.B. Arbeitszeit, Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit);
• erleichtert Frauen den Zugang zu Führungspositionen;
• richtet sich auf den Abbau von geschlechtsspezifischen Hindernissen im lebensweltlichen Bezug (z.B. durch Sensibilisierung, Orientierung, Abbau von Stereotypen).
3.2.2 Nichtdiskriminierung
Das geplante Projekt
• richtet sich gegen die Diskriminierung bestimmter Bevölkerungsgruppen im allgemeinen;
• fördert gezielt eine von Diskriminierung bedrohte Bevölkerungsgruppe (aufgrund des
Geschlechts, der Rasse oder ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder sexuellen Ausrichtung).
5
Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_14
3.2.3 Nachhaltigkeit
Das geplante Projekt zielt auf:
• die nachhaltige Stabilisierung im Anschluss von vorangegangenen Orientierungs- und
Integrationsmaßnahmen;
• die Persönlichkeitsentwicklung von Einzelnen und deren dauerhafte Integration in das
Erwerbsleben;
• die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in benachteiligten Stadtteilen.
3.2.4 Transnationale Zusammenarbeit
Die Bereitschaft zur transnationalen Zusammenarbeit mit europäischen Partnern wird bei
Bedarf erwartet. Falls vorhanden, nennen Sie bisherige Erfahrungen.
4. Zielzahlen und Projektcontrolling
Zielobjekt
Zielzahl
Kriterium Erfolgskennzahl
Erfolgskennzahl
(Ergebnis)
Inhaftierte und Haft- Anzahl
entlassene
Vermittlung in Weiterbildung,
arbeitsmarktpolitische Fördermaßnahmen, Beschäftigung
Anzahl
Es wird darüber hinaus erwartet, dass sich der Träger zu
folgenden Kriterien im Sachbericht äußert:
Anzahl:
migrantenspezifische Förderungen
Vermittlungen in Unterkunft
Absicherung der Wohnverhältnisse
Integration in begleitende soziale Sicherungs- und Hilfesystem
Hinführung zu therapeutischen
Angeboten
Beginn bzw. Weiterführung
von Schuldenregulierung
(Hinweis: Bitte verwenden Sie bei mehreren Zielobjekten ausschließlich das grau hinterlegte
für die Eingabe der Anzahl der Zielobjekte im Kalkulationsformular)
6
Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_14
Es ist erforderlich, dass der Träger ein aussagefähiges und nachvollziehbares Projektcontrolling aufbaut. Dazu gehören neben der Erfassung der erforderlichen Daten zur Abbildung der
Ziel- und Erfolgserreichung (Soll-Ist-Abgleich) auch differenzierte Angaben zur Kostenstruktur (z.B. Kosten pro Vermittlung) und regelhaft zum Verbleib der Teilnehmer (sechs Monate
nach Projektaustritt).
5. Anforderungen an den Projektvorschlag
Das Wettbewerbsverfahren bezweckt, hinreichend konkretisierte Projektvorschläge zu erhalten, die die Gewähr bieten, die beabsichtigten Ziele zu erreichen.
Interessenten werden gebeten, eine Projektkonzeption und eine Kurzkalkulation einzureichen. Dafür sind nur die auf der Website www.esf-hamburg.de hinterlegten Formulare
„Projektvorschlag“ und „Kostenplan“ zu benutzen. Die Verwendung älterer/ anderer Formulare ist nicht zulässig. Das Formular „Projektvorschlag“ sollte vollständig ausgefüllt werden,
d.h. zu allen genannten Punkten werden Aussagen erwartet. Die Kurzkalkulation muss sich
inhaltlich auf das Konzept beziehen und muss neben den Einnahmen und Ausgaben auch
Angaben zur Anzahl Zielobjekte und zur Laufzeit enthalten. Beide Dokumente müssen von
der gleichen zeichnungsberechtigten Person unterschrieben werden.
Eingereichte Projektvorschläge, die formlos Projektangaben beinhalten, werden nicht berücksichtigt. Wir bitten Sie, sich im eigenen Interesse prägnant auszudrücken.
Der Projektvorschlag darf den Gesamtumfang von zehn Seiten nicht überschreiten, die
Schriftgröße 11 pt ist beizubehalten.
Darüber hinaus ist folgende Anlage zwingend beizufügen:
•
Kosten- und Finanzierungsplan
Folgende Unterlagen sind nur nach Erteilung eines Zuschlags im Rahmen des Zuwendungsverfahrens im Anschluss an das Wettbewerbsverfahren in aktueller Fassung zusammen mit der ausführlichen Projektkalkulation einzureichen:
☐Liste der Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieder
☐Kopie des Handels- bzw. Vereinsregisterauszugs
☐Kopie der derzeit gültigen Satzung / des Gesellschaftsvertrages
☐Umsatz des Trägers (Kopien der Bilanzen der letzten drei Jahre)
☐Organigramme (Organisation / Projekt)
☐Angaben zur Mitarbeiterzahl (gesamt und für den Geschäftsbereich, der das Projekt durchführen soll)
☐Stellenbeschreibungen und Qualifikationen des geplanten Personals
☐Bei tarifvertraglicher Bindung der Tarifvertrag sowie einen für das einzusetzende Projektpersonal gültigen, anonymisierten Arbeitsvertrag in dem Bezug auf den entsprechenden Tarifvertrag genommen wird.
Nicht fristgerecht eingereichte oder unvollständig ausgefüllte Projektvorschläge
und/oder Kalkulationsformulare führen zum Ausschluss des Antragstellers aus dem
Wettbewerbsverfahren.
7
Leistungsbeschreibung ESF Nr.: C1_14
6. Bewertung der Projektvorschläge
Fristgerecht eingegangene Projektvorschläge werden von einer Auswahlkommission geprüft
und bewertet. Im ersten Schritt werden die formale Vollständigkeit (Ausschlusskriterium) und
die grundsätzliche Förderfähigkeit geprüft.
In die Bewertung werden alle nummerierten Kriterien im Formular Projektvorschlag einbezogen und zusammen mit bis zu 75 % gewertet. Unvollständige oder fehlende Angaben wirken
sich negativ auf die Gesamtbewertung Ihres Projektantrags aus. Die Kosten pro Zielobjekt
(siehe Kriterium) fließen mit 20 % und die Tarifgebundenheit mit 5 % in die Bewertung ein.
7. Antragsstelle
Die Projektkonzeptionen sind inklusive aller Anlagen in der oben genannten Reihenfolge in einfacher Ausfertigung in Papierform einzureichen bei:
Abteilung Arbeitsmarktpolitik
Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration
Frau Vanessa Schüler
Hamburger Straße 47
22083 Hamburg
Bitte reichen Sie darüber hinaus Ihren Projektvorschlag sowie den Kostenplan (unverändert
im Excel-Format xls) per Mail ein: [email protected]
Verwenden Sie diese E-Mail-Adresse auch für Rückfragen.
Sollten Sie sich auf mehrere Leistungsbeschreibungen bewerben, schicken Sie bitte
für jede Leistungsbeschreibung eine gesonderte Mail. Verwenden Sie im Betreff bitte
folgende Angabe: Projektvorschlag Nr. der Leistungsbeschreibung /Name ihrer Organisation (Beispiel Projektvorschlag A1_X / XXXXX).
8
Vereinbarung
zur Förderung der beruflichen Integration
für Inhaftierte in Hamburger Justizvollzugsanstalten
zwischen
der Behörde für Justiz und Gleichstellung,
der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration,
der Behörde für Schule und Berufsbildung,
dem Bezirksamt Hamburg-Eimsbüttel
dem Jobcenter team.arbeit.hamburg
und der Agentur für Arbeit in Hamburg
Ziel der Vereinbarung
In den Hamburger Justizvollzugsanstalten sollen für Inhaftierte die Grundlagen für ein straffreies Leben nach der Haft gelegt werden. Dazu gehört eine gründliche und zielorientierte
Entlassungsvorbereitung, die den abgesicherten Übergang von der Haft ins freie Leben gewährleistet. Dies kann nur geschehen, wenn eine rechtzeitige Einbeziehung der zukünftig
zuständigen und verantwortlichen Unterstützungseinrichtungen stattfindet, die diesen Übergang aktiv begleiten. Es hat sich erwiesen, dass eine durchgehende entlassungsbezogene
Betreuung, die noch während der Haftzeit beginnt und das Ziel der eigenständigen und verantwortungsbewussten Lebensführung verfolgt, einen entscheidenden Beitrag zur gesellschaftlichen Integration von Haftentlassenen leistet. Sie soll in der Praxis stationäre und ambulante Maßnahmen so miteinander verbinden, dass vor allem die schwierige Zeit unmittelbar nach der Entlassung mit einem verbindlichen Netzwerk unterstützender Aktivitäten vorbereitet und begleitet wird.
Letztlich leistet eine erfolgreiche Eingliederung von haftentlassenen Frauen und Männern
einen entscheidenden Beitrag für eine straffreie Lebensführung und dient damit einer Verhinderung des Rückfalls in erneute Straffälligkeit.
Das Hamburgische Strafvollzugsgesetz führt in § 16 dazu aus, dass die Justizvollzugsanstalt
zur Vorbereitung der Eingliederung frühzeitig mit Behörden, Institutionen und Personen zusammenarbeitet, „um zu erreichen, dass die Eingliederung der Gefangenen gefördert wird
und sie insbesondere über eine geeignete Unterkunft, eine Arbeits- und Ausbildungsstelle
und, soweit dies im Einzelfall geboten erscheint, persönliche Betreuung verfügen.“ In den in
§ 107 HmbStVollzG aufgelisteten Einrichtungen, mit denen eine Zusammenarbeit stattfinden
1
soll, werden namentlich die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Sozialversicherung
und der Sozialhilfe benannt.
Die Leistungen der Agentur für Arbeit und des Jobcenters team.arbeit.hamburg einschließlich der Jugendberufsagentur zur frühzeitigen Perspektiventwicklung, zur Förderung der beruflichen Integration und zur Sicherung der Wohnverhältnisse und des Lebensunterhalts sind
ein entscheidender Faktor für die gesellschaftliche Wiedereingliederung von Haftentlassenen.
Die Vertragspartner gehen dabei von einer Aufrechterhaltung des jetzigen Standes des
Übergabemanagements in den Vollzugsanstalten aus.
Zielgruppe:
Zur Zielgruppe gehören die Inhaftierten der Hamburger Justizvollzugsanstalten, die innerhalb
von sechs Monaten aus den Haft entlassen werden und die tatsächlich bzw. voraussichtlich
auf der Grundlage des SGB II, bzw. des SGB III oder des SGB XII leistungsberechtigt sein
werden. Bei der Beratung von Inhaftierten, die nicht aus Hamburg kommen bzw. planen,
nach ihrer Haftentlassung einen Wohnsitz außerhalb Hamburgs zu nehmen, ist eine einzelfallbezogene Abstimmung der Vertragspartner zur Zuständigkeit erforderlich.
Kooperation für die berufliche und soziale Wiedereingliederung der Inhaftierten:
Die Agentur für Arbeit in Hamburg, das Jobcenter team.arbeit.hamburg, die Justizvollzugsanstalten und das Fachamt Straffälligen- und Gerichtshilfe des Bezirksamtes Eimsbüttel
schaffen die erforderlichen Organisationsstrukturen zur Umsetzung der abgestimmten Regelungen für die Zusammenarbeit.
•
Sie benennen feste Ansprechpartner und ermöglichen geregelte Abläufe zur Informationsweitergabe, sie bereiten die Beratungsgespräche vor und legen dafür verbindliche Termine fest, sie zeigen Bereitschaft zur regelmäßigen Abstimmung von Planungen, sie klären Zuständigkeiten und gewährleisten die Erreichbarkeit der beteiligten
Fachkräfte.
•
Die Vollzugsanstalten schaffen die notwendigen Voraussetzungen für den Zugang
der Beratungsfachkräfte der Agentur für Arbeit, stellen Sprechzimmer zur Verfügung
und organisieren den Zugang der Inhaftierten
•
Sie stellen sicher, dass zumindest im Strafvollzug alle Inhaftierten der Zielgruppe
über die möglichen Leistungen der beteiligten Einrichtungen informiert und angemessen motiviert werden, die Beratungsgesprächsangebote der Arbeitsagentur wahrzunehmen. Dazu gehört auch die Unterstützung bei der Zusammenstellung von schriftlichen Dokumenten und beim Ausfüllen von Antragsunterlagen und anderen Vordrucken, die für die Beratungsgespräche erforderlich sind.
2
•
Für die berufsbezogene Planung sollen die Erkenntnisse zu den persönlichen Kompetenzen der einzelnen Inhaftierten, die in der Vollzugsanstalt gewonnen wurden,
und die hier stattgefunden Förderungsmaßnahmen und Ausbildungen berücksichtigt
und für die Entwicklung einer Zukunftsperspektive einbezogen werden. Damit ist
auch, sofern die bzw. der betreffende Inhaftierte einverstanden ist, die Übergabe von
entsprechenden Dokumenten verbunden. Wenn Aktivitäten zur Vermittlung in Qualifizierungsmaßnahmen oder zur Arbeitsaufnahme vorgesehen sind, sollen sie rechtzeitig vor der Haftentlassung eingeleitet werden.
•
Die Agentur für Arbeit berät die Vollzugsanstalten zu Fragen der Arbeitsmarktrelevanz der jeweiligen Qualifizierungsangebote. Sie verschafft sich einen Überblick über
die während der Haftzeit erreichten Ausbildungsabschlüsse oder Ausbildungsmodulabschlüsse, bezieht diese Erkenntnisse in die Berufsplanung für die einzelnen Inhaftierten ein und stimmt ihre für die Zeit des Aufenthalts im offenen Vollzug bzw. nach
der Haftentlassung geplanten Fördermaßnahmen darauf ab.
•
Die Klärung von Zuständigkeiten der im Einzelfall nach der Haftentlassung vorgesehenen Ansprechpartner in den genannten Einrichtungen bietet eine entscheidende
Orientierungshilfe. Soweit wie möglich sollen Termine zu Erstgesprächen unmittelbar
nach der Haftentlassung vorbereitet sein.
•
Die Regelungen zur Kooperation beziehen auch weitere Einrichtungen insbesondere
die Träger der Straffälligenhilfe ein, die in behördlichem Auftrag sozialarbeiterische
Leistungen für die Inhaftierten im Rahmen des Übergangsmanagements erbringen.
Zuständigkeitsregelung
Die Zuständigkeitsregelung für die Umsetzung der Kooperationsverfahren und eine entsprechende Verfahrensdarstellung ist von Fachkräften der genannten Einrichtungen erstellt worden. Dieser Regelung wird zugestimmt und sie ist Bestandteil der Vereinbarung.
Begleitung des Umsetzungsprozesses
Die Leiterinnen und Leiter der beteiligten behördlichen Ämter, der Agentur für Arbeit in Hamburg und der Geschäftsführung des Jobcenter team.arbeit.hamburg stellen einvernehmlich
fest, dass sie die Fortentwicklung des Kooperationsprozesses steuernd begleiten wollen und
vereinbaren zumindest einmal jährlich stattfindende Termine zum Erfahrungsaustausch und
zur Möglichkeit, weitergehende Entscheidungen zu treffen.
Datenschutz
Für die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten der Inhaftierten gelten die Vorschriften über den Datenschutz der Hamburgischen Gesetze zum Justizvollzug
sowie die für die Agentur der Arbeit und das Jobcenter team-arbeit-hamburg geltenden Vorschriften zum Schutz der Sozialdaten.
3
Hamburg, den 11. Februar 2015
Behörde für Justiz und Gleichstellung
Amt für Justizvollzug, Recht und Gleichstellung
Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und
Integration
Amt für Arbeit und Integration
Dr. Holger Schatz
Petra Lotzkat
Agentur für Arbeit Hamburg
Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und
Integration
Amt für Familie
Sönke Fock
Uwe Riez
Jobcenter team.arbeit.hamburg
Behörde für Schule und Berufsbildung
Amt für Weiterbildung
Friedhelm Siepe
Thomas Schröder-Kamprad
Bezirksamt Hamburg Eimsbüttel
Behörde für Schule und Berufsbildung
Hamburger Institut für berufliche Bildung
Dr. Torsten Sevecke
Rainer Schulz
4
Hessen
Prof. Dr. Bernd Maelicke, Universität Lüneburg
[email protected]
Christopher Wein, Fachhochschule Kiel
[email protected]
15. Januar 2016
Fragebogen zum Thema „Übergangsmanagement in der ambulanten und stationären
Resozialisierung“
Die beiden Autoren bereiten z.Zt. ein Buch mit dem Titel „Komplexleistung Resozialisierung“ vor, das
beim NOMOS-Verlag erscheinen wird.
In diesem Rahmen wird in einem Schwerpunkt-Kapitel die derzeitige Situation des
Übergangsmanagements in den 16 Bundesländern dargelegt. Um einen aktuellen Praxisstand
abbilden und jedes Land berücksichtigen zu können, bitten wir um Ihre Unterstützung.
Uns interessiert insbesondere der Entwicklungsstand von (Modell-)Projekten zum Thema
Übergangsmanagement. Dabei sind sowohl Projekte für die Zielgruppe der jugendlichen und
heranwachsenden StraftäterInnen wie auch für erwachsene StraftäterInnen von Bedeutung. Bitte
beantworten Sie deshalb für beide Zielgruppen getrennt die nachfolgenden Fragen.
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Übergangsmanagement“?
Auch bei besten Rahmenbedingungen für die Behandlung und Betreuung der Inhaftierten sind die
Möglichkeiten zur individuellen Resozialisierung hinter Gittern begrenzt, nicht zuletzt, weil die
Zuständigkeit des Strafvollzuges auch bei fortbestehendem Behandlungsbedarf formal mit dem Datum
der Entlassung endet.
Zusätzlich zum Stigma der Straffälligkeit sind die Inhaftierten in aller Regel mit einem Bündel von
Problemlagen belastet, welche sich oft in einer deutlich unterdurchschnittlichen sozialen Integration schon
vor der Haftzeit gezeigt haben. Zu gravierenden Problemen im persönlichen und familiären Bereich
kommen bei vielen Verurteilten eine Suchtproblematik sowie Defizite im schulischen und beruflichen
Werdegang.
Deshalb wurde in Hessen zur Entlassungsvorbereitung der Gefangenen beispielsweise das
„Zielgruppenorientierte Übergangsmanagement im hessischen Strafvollzug“ mit seinen vielfältigen
Ausprägungen entwickelt. Ziel all dieser Maßnahmen und Projekte ist es, folgende Fragen im
Zusammenwirken mit den zuständigen Institutionen (Bewährungshilfe, Führungsaufsicht,
Übergangsmanagement der freien Straffälligenhilfe, den Städten und Kommunen, dem
Landeswohlfahrtsverband sowie der Arbeitsagentur) im Vorfeld der Entlassung weitestgehend zu
beantworten:
Wohin nach der Entlassung? Gibt es Wohnung, Unterkunft? Wovon leben? Ist Übergangsgeld in
ausreichender Höhe vorhanden, wie sieht es mit Einkommen aus? Gibt es irgendwelche finanzielle
Unterstützung? Noch wichtiger: Was tun? Gibt es Beschäftigung oder Arbeit?
Bitte nennen Sie die für das Übergangsmanagement (in ihrem Bundesland) relevanten rechtlichen
Grundlagen?
Rechtliche Grundlagen:
§§ 7, 9 und 16 Hessisches Strafvollzugsgesetz (HStVollzG)
§§ 7, 9, 10 und 16 Hessisches Jugendstrafvollzugsgesetz (HessJStVollzG) sowie
§§ 45 und 46 Hessisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz (HUVollzG)
§§ 7, 10, 16 und 17 Hessisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz (HSVVollzG)
§ 19 Hessisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz (HUVollzG)
§§ 6, 28 und 29 Hessisches Jugendarrestvollzugsgesetz (HessJAVollzG)
Integrationsvereinbarungen:
Vereinbarung zur „Integration von Strafgefangenen in Hessen“ nebst „Leitfaden zur Umsetzung
der Integrationsvereinbarung von Strafgefangenen in Hessen“ vom 13.10.2011
Vereinbarung zur „Integration von in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten in Hessen“
Nebst „Leitfaden zur Umsetzung der Vereinbarung „Integration von in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten in Hessen“ vom März 2014
Sämtliche Unterlagen zu den Vereinbarungen können
auf der Homepage des LZ Hessen eingesehen werden.
In den Bundesländern sind verschiedene (Modell-)Projekte entstanden, die sich mit dem
Übergangsmanagement im Rahmen der ambulanten und stationären Resozialisierung befassen. Das
Buch möchte entsprechende „Best Practice“-Beispiele vorstellen. Bitte nennen Sie uns daher
Praxisbeispiele aus Ihrem Bundesland, die aus Ihrer Sicht für die angestrebte Resozialisierung
wirkungsvoll sind.
- „NINJA – Netzwerk Integration für junge Inhaftierte und Haftentlassene in Ausbildung
und Arbeit, Projektverbund unter Federführung des Mittelhessischen Bildungsverbands (MBV)“
Laufzeit: 01.01.2012 - 31. 12.2014.
- „Nachqualifizierung im Südwestverbund - Perspektive Berufsabschluss“
Laufzeit: 01.09.2010 – 31.08.2013.
- „Arbeitsmarkintegration für jugendliche Strafgefangene (ArJuS) - Mentoring“
Laufzeit: 2005 – bis auf weiteres.
- „Altersgruppenspezifische Integrationsvorbereitung und Übergangsmanagement für
ältere Inhaftierte“
Laufzeit: 2009 – bis auf weiteres.
- „Übergangsmanagement für zu einer Geldstrafe verurteilte Personen im Strafvollzug“
Laufzeit: 01.01.2012 - 30.06.2014.
- „Fördermanagement für jugendliche Strafgefangene in Hessen“
für Personen mit besonderem Förderbedarf nach § 102 SGB III -sogenannte Reha-Probanden-.
Laufzeit: 01.04.2011 - 30.06.2015.
- „NIA – Nachsorge und Integration in Ausbildung und Arbeit“
Laufzeit: 01.06.2015 - 31. 12.2018.
Für eine konkrete Beschreibung der Projekte benötigen wir Informationen über die verschiedenen
Projekte. Bitte erläutern Sie für die o.a. Projekte die Rahmenbedingungen (Konzepte, Organisation,
Finanzierung, Personal) bzw. senden Sie uns entsprechende Informationsmaterialen zu.
Bei Bedarf und Aufnahme in die dortige Übersicht können entsprechende Informationsmaterialen
übersandt werden.
Wir wollen auch, soweit möglich, vorliegend Evaluationsergebnisse der Projekte vorstellen. Senden
Sie uns deshalb bitte entsprechendes Datenmaterial oder andere Quellen zu oder benennen Sie uns
für diese Fragestellung bitte mögliche AnsprechpartnerInnen.
Evaluation des Übergangmanagements:
Rambøll Management Consulting hat im Auftrag der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen für das
Hessische Ministerium der Justiz für Integration und Europa die Evaluation der „Vorbereitung der
Entlassung von Strafgefangenen - Übergangsmanagement“ - Schwerpunkt: Vorbereitung der Entlassung
in den sozialen Empfangsraum von Gefangenen mit besonderem Hilfebedarf nach der Haft als
Dienstleistung der freien Straffälligenhilfe“ durchgeführt.
Die Förderung der Maßnahme erfolgt im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) des Landes Hessen
für den Zeitraum 2007-2013.
Ziel der Evaluation ist die Prüfung der bisherigen Umsetzung, Zielerreichung und Wirksamkeit der
Programmkomponenten. Hierzu sollte in einer ersten Phase ein umfassender Überblick über die
Programmstruktur gewonnen werden. Weiterhin sollten sowohl Daten und Dokumente analysiert als
auch qualitative Interviews und standardisierte Befragungen mit relevanten Ansprechpartnerinnen und partnern durchgeführt werden.
In einem zweiten Schritt wurden die bisherigen Ergebnisse und Wirkungen der Programmkomponenten
untersucht. Hieraus wurden praxisdienliche Handlungsempfehlungen für die weitere Programmumsetzung abgeleitet.
Wir bitten um Rücksendung bis zum 1. März 2016 an o.g. Mail-Adressen oder postalisch an:
Prof. Dr. Bernd Maelicke
Deutsches Institut für Sozialwirtschaft, Ringstr. 35, 24114 Kiel
Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Mitwirkung.
Freundliche Grüße
Bernd Maelicke und Christopher Wein
Mecklenburg-Vorpommern
Justizministerium
Mecklenburg-Vorpommern
Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern 19048 Schwerin
bearbeitet von: Frau Rech-Zeckert
Elektronische Post
Telefon:
0385 588-3262
Az:
III 260b 4407E-177
Schwerin,
25. Januar 2016
[email protected]
[email protected]
Ihr Fragebogen zum Thema „Übergangsmanagement in der ambulanten und
stationären Resozialisierung“
Sehr geehrter Herr Prof. Maelicke und sehr geehrter Herr Wein,
als Anlage sende ich Ihnen den ausgefüllten Fragebogen zu Ihrer weiteren
Veranlassung zurück.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. Dr. Ronny Werner
Hausanschrift:
Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern
Puschkinstraße 19-21 · D-19055 Schwerin
Postanschrift:
Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern D19048 Schwerin
Telefon: 0385 588-0
Telefax: 0385 588-3452
[email protected]
www.mv-regierung.de/jm
Prof. Dr. Bernd Maelicke, Universität Lüneburg
[email protected]
Christopher Wein, Fachhochschule Kiel
[email protected]
15. Januar 2016
Fragebogen zum Thema „Übergangsmanagement in der ambulanten und stationären
Resozialisierung“
Die beiden Autoren bereiten z.Zt. ein Buch mit dem Titel „Komplexleistung Resozialisierung“ vor, das
beim NOMOS-Verlag erscheinen wird.
In diesem Rahmen wird in einem Schwerpunkt-Kapitel die derzeitige Situation des
Übergangsmanagements in den 16 Bundesländern dargelegt. Um einen aktuellen Praxisstand
abbilden und jedes Land berücksichtigen zu können, bitten wir um Ihre Unterstützung.
Uns interessiert insbesondere der Entwicklungsstand von (Modell-)Projekten zum Thema
Übergangsmanagement. Dabei sind sowohl Projekte für die Zielgruppe der jugendlichen und
heranwachsenden StraftäterInnen wie auch für erwachsene StraftäterInnen von Bedeutung. Bitte
beantworten Sie deshalb für beide Zielgruppen getrennt die nachfolgenden Fragen.
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Übergangsmanagement“?
Soziale Reintegration in das Gemeinwesen zur Vermeidung erneuter Straffälligkeit
Dazu
• Strukturiertes Kooperieren der beteiligten Institutionen, insbesondere Vollzug und
Bewährungshilfe, und zielgerichtetes Einwirken auf die Straffälligen
• Zusammenarbeit während der Aufnahmephase des Insassen in den Vollzug und bei der
Eingliederung von dort in die Freiheit
• Vermeidung der Gefahr von Informationsverlusten zwischen den wechselnden Institutionen
• Erkennen von Risikofaktoren
• Kooperationen mit verbindlichem gegenseitigem Informationssystem sowie standardisiertes
Verfahren zur Optimierung der Unterstützungs- und Kontrolldichte
• Einbindung des Betroffenen in ein miteinander verzahntes Hilfs- und Überwachungssystem ,
welches positive Entwicklungen fördert und negative undgefahrträchtige Faktoren und
Tendenzen frühzeitig erkennt und ihnen entgegenwirkt
Bitte nennen Sie die für das Übergangsmanagement (in ihrem Bundesland) relevanten rechtlichen
Grundlagen?
Die gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Übergangsmanagements ist im
Strafvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern gelegt. In den §§ 2, 3, 8 Abs. 6 und 7 sowie 42, 43
und 44 StVollzG M-V werden die notwendigen gesetzlichen Grundlagen dargestellt.
Im Rahmen der Verwaltungsvorschrift „Für optimierte Kontrolle und Sicherheit – FoKuS“ vom 25.
Juli 2012 werden verurteilte Personen betreut, die eine Sexualstraftat gemäß den §§ 174 bis
174c, 176 bis 179 des StGB oder eine Straftat gemäß den §§ 211, 212 StGB oder Verbrechen mit
Todesfolge oder eine dieser Taten im Vollrausch (§ 323a StGB) begangen haben und deswegen
nach den §§ 68f oder 67d Absatz 4 bis 6 StGB gegebenenfalls in Verbindung mit § 7 JGG unter
Führungsaufsicht stehen oder denen eine Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 StGB
erteilt worden ist.
In den Bundesländern sind verschiedene (Modell-)Projekte entstanden, die sich mit dem
Übergangsmanagement im Rahmen der ambulanten und stationären Resozialisierung befassen. Das
Buch möchte entsprechende „Best Practice“-Beispiele vorstellen. Bitte nennen Sie uns daher
Praxisbeispiele aus Ihrem Bundesland, die aus Ihrer Sicht für die angestrebte Resozialisierung
wirkungsvoll sind.
1. Im Land Mecklenburg-Vorpommern entstand das Projekt Integrale Straffälligenarbeit (InStar). In diesem
ist die Kooperation zwischen Strafvollzug und den Sozialen Diensten der Justiz verankert.
2. Weiterhin haben die einzelnen Justizvollzugsanstalten und die Sozialen Dienste der Justiz gemeinsam
mit ihren örtlich zuständigen Agenturen für Arbeit und Jobcentern Kooperationsvereinbarungen
abgeschlossen, welche die Erfassung der notwendigen Daten der Insassen zur weiteren Vermittlung
sowie Vorprüfung der Ansprüche nach der Haftentlassung beinhalten.
3. Aus jeder JVA und jedem Geschäftsbereich der Sozialen Dienste fungiert je ein Bediensteter als
Ansprechpartner bei einer notwendigen Vermittlung in eine stationäre Therapie /Unterbringung.
4. Im Überwachungskonzept „FoKuS“ wird zusätzlich die örtliche Polizei einbezogen.
5. Durch verschiedene gemeinnützige Träger werden Gefangene, die zukünftig unter Bewährungs-oder
Führungsaufsicht stehen, ab 6 Monate vor der Haftentlassung bis 6 Monate nachher, im Rahmen der
Arbeits- und Wohnungsvermittlung betreut.
6. Andere Strafgefangene können Unterstützungen 3 Monate vor bis 3 Monate nach Haftentlassung im
Rahmen von Projekten gemeinnütziger Träger in Anspruch nehmen.
Für eine konkrete Beschreibung der Projekte benötigen wir Informationen über die verschiedenen
Projekte. Bitte erläutern Sie für die o.a. Projekte die Rahmenbedingungen (Konzepte, Organisation,
Finanzierung, Personal) bzw. senden Sie uns entsprechende Informationsmaterialen zu.
1. Das Konzept InStar wird jährlich durch eine feststehende Arbeitsgruppe, bestehend aus
Bewährungshelfern und Justizvollzugsbediensteten, überarbeitet und den sich verändernden
Gegebenheiten sowie Erfahrungen angepasst. Da es Grundlage für die Arbeit beider Institutionen
bildet, ist es kostenneutral. Zusätzliches Personal wird nicht benötigt.
2. Die Kooperationsvereinbarungen werden jährlich durch einen festgelegten Personenkreis aus den
einzelnen Einrichtungen fortgeschrieben. Dieses Arbeitstreffen wird jeweils nacheinander von
einer Institution vorbereitet und dokumentiert. Gesonderte Kosten entstehen nicht. Die
Mitarbeiter/innen werden im Rahmen ihrer regelmäßigen Aufgaben tätig.
3. In der Arbeitsgruppe wird jährlich durch einen festgelegten Personenkreis aus den JVA‘en und der
Bewährungshilfe die Liste der stationären Einrichtungen fortgeschrieben. Zusätzliche finanzielle
Mittel sind nicht erforderlich.
4. In den Eingliederungsprozess wird die Polizei einbezogen. Es entstehen keine Kosten.
5. und 6. Die gemeinnützigen Träger erstellten ihre Konzeptionen entsprechend des
Übergangsmanagementbedarfes. Durch das Landesamt für ambulante Straffälligenarbeit (Soziale
Dienste der Justiz) erfolgt die Abrechnung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Personal
wurde über die Träger akquiriert.
Wir wollen auch, soweit möglich, vorliegend Evaluationsergebnisse der Projekte vorstellen. Senden
Sie uns deshalb bitte entsprechendes Datenmaterial oder andere Quellen zu oder benennen Sie uns
für diese Fragestellung bitte mögliche AnsprechpartnerInnen.
Daten wurden erst nach Einführung der Projekte erhoben. Somit liegen keine Vergleichsdaten vor.
Wir bitten um Rücksendung bis zum 1. März 2016 an o.g. Mail-Adressen oder postalisch an:
Prof. Dr. Bernd Maelicke
Deutsches Institut für Sozialwirtschaft, Ringstr. 35, 24114 Kiel
Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Mitwirkung.
Freundliche Grüße
Bernd Maelicke und Christopher Wein