Margot-Friedländer-Preis 2016 Begründung der Juryentscheidung: Ilka Keuper Sehr geehrte Gäste, liebe Schülerinnen und Schüler, den zweiten Teil des diesjährigen Preises erhält das Projekt „Archiv AG“ des Hermann Ehlers Gymnasium und es ist mir eine Freude, Sie über die Gründe für diese Entscheidung zu informieren. Im Frühling des Jahres 2015 hatte eine Schülergruppe des Hermann-Ehlers-Gymnasium sich in Vorbereitung ihres Beitrages zu der Gedenk Veranstaltung am Gleis 17 im Grunewald – unterstützt von ihrer Lehrerin Marianne Mäser-Fröhling - mit Biografien von jüdischen Schüler*innen des Hermann Ehlers Gymnasium und deren Familien in der Zeit des Nationalsozialismus befasst. Für ihre Recherchen stand ihnen das mehr als 100 Jahre alte, reichhaltige Archiv des Hermann-Ehlers-Gymnasium zur Verfügung. Plötzlich belebten sich für sie die Zahlen aus dem Geschichtsunterricht über die Gräuel des Nationalsozialismus mit persönlichen Schicksalen von Jugendlichen, die damals so alt waren wie sie heute sind. Die sportlich waren, andere Hobbies hatten, Mathematik mochten oder auch nicht und die wegen ihres Glaubens diskriminiert, schikaniert, terrorisiert und ermordet worden sind. Die Schüler*innen des Hermann-Ehlers-Gymnasiums haben ihre Gedanken und Gefühle dazu in einem wunderbaren Beitrag zur Gedenkfeier dargestellt. Und sie wollten weitermachen. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Marianne Mäser-Fröhling und anderen Mitschüler*innen fassten sie den Entschluss, die Recherchen in dem Archiv des Hermann-Ehlers-Gymnasiums fortzusetzen, ein Projekt daraus zu entwickeln und sich mit diesem für den Margot Friedländer Preis zu bewerben. Das eingereichte Projekt sieht vor, dass eine Archiv-AG (mit zurzeit 17 Schüler*innen) die Arbeit aufnehmen und diese am Hermann Ehlers Gymnasium jahrgangsübergreifend verstetigen wird. Es werden weitere Biographien ehemaliger jüdischer Mitschüler erforscht und die Lebenswege der jüdischen Jugendlichen und ihrer Familien in der Zeit vor, während und nach dem Ende des Nationalsozialismus rekonstruiert. Das Projekt soll transnational angelegt werden, um neben dem Aufspüren der Orte der Deportation und der Ermordung, auch den Wegen von Auswanderung und Flucht aus Deutschland nachzuspüren. Auch hierfür 1 finden sich Hinweise im Archiv. Außerdem ist geplant, Netzwerke mit Berliner Archiven und Historikern aufzubauen. Die Forschungsergebnisse sollen dokumentiert und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Das Projekt der Archiv-AG wird die Schicksale der jüdischen Schüler*innen des HermannEhlers-Gymnasiums und ihrer Familien in die Gegenwart zurückholen. Ihre Geschichten werden erzählen, wie schnell es passieren kann, dass ein Rechtsstaat, in dem man sich sicher fühlte, verschwindet und Menschenrechte nicht mehr beachtet werden und dass wir alle aufgefordert sind, sehr aufmerksam zu sein, um dies für die Zukunft zu verhindern. Bisher haben wir Zeitzeugen, die uns Brücken in die Vergangenheit bauen. Es wird die Zeit kommen, in der wir ohne diese Zeitzeugen auskommen und uns die Brücken in die Vergangenheit selbst bauen müssen. Dafür wird die Archiv AG des Hermann Ehlers Gymnasiums einen wertvollen Beitrag leisten. Im Namen der Jury wünsche ich den Schülerinnen und Schülern der Archiv AG des Hermann Ehlers Gymnasium viel Erfolg bei der Umsetzung und Weiterführung des Projekts. 2
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