01.09.2015 Drucksache 6/981 6. Wahlperiode Ermittlungen gegen

Thüringer Landtag
6. Wahlperiode
Drucksache 6/
01.09.2015
981
Kleine Anfrage
des Abgeordneten Walk (CDU)
und
Antwort
des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales
Ermittlungen gegen Thüringer Polizeivollzugsbeamte
Die Kleine Anfrage 338 vom 10. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut:
Medienberichten zufolge (Freies Wort Suhl vom 4. April 2015) wurden im Jahr 2014 insgesamt 98 straf­
rechtliche Ermittlungsverfahren gegen Thüringer Polizeibeamte eingeleitet.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aufgrund welcher Straftatbestände wurde gegen die Beamten ermittelt (bitte aufschlüsseln nach Straftat­
beständen)?
2. Wie verteilen sich die Ermittlungsverfahren regional und personell (bitte aufschlüs­seln nach Dienststellen
und Laufbahngruppen)?
3. Mit welchem Ergebnis (z.B. Verfahrenseinstellung gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung) wurden
die Ermittlungsverfahren abgeschlossen (bitte aufschlüsseln nach Ermittlungsverfahren)?
4. Wie viele Ermittlungsverfahren gegen Thüringer Polizeivollzugsbeamte wurden jeweils in den Vorjahren
von 2010 bis 2013 geführt und wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung?
5. Wie kommt die Landesregierung in Fällen von Ermittlungsverfahren gegen Polizeivollzugsbeamte ihrer
Fürsorgepflicht als Dienstherr nach und wie gestaltet sich die Beratung und Unterstützung der Betroffenen?
6. Sieht die Landesregierung in diesen Fällen Veränderungsbedarf und wenn ja, in wel­cher Hinsicht?
Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan­desre­
gierung mit Schreiben vom 31. August 2015 wie folgt beantwortet:
Vorbemerkungen
Der Abgeordnete Walk stellt seiner Anfrage oben genannte Einleitung voran.
Diese Aussage steht im Kontext zu einem Pressebericht mit dem Titel "Polizeigewalt oder nicht? Alles bleibt
offen". Die in diesem Artikel genannte Anzahl von 98 strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bezieht sich aus­
schließlich auf Verfahren, die Delikte betreffen, deren Tatbestand die Ausübung von Gewalt beinhaltet und
die Polizeibeamten mit Bezug zur Dienstausführung vorgeworfen werden. Unberücksichtigt blieben, da nicht
Druck: Thüringer Landtag, 15. September 2015
Drucksache 6/
981
Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode
Gegenstand der Presseanfrage, Ermittlungsverfahren wegen Delikten ohne Dienstbezug sowie wegen wei­
terer Straftaten, die Bediensteten der Thüringer Polizei angelastetet werden.
Eine Neuregistrierung von Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte kann sowohl bei Polizeidienststel­
len als auch bei Staatsanwaltschaften stattfinden. Eine gemeinsame Statistik über diese Verfahren wird
nicht geführt. Ein automatischer Abgleich der polizeilichen mit der staatsanwaltschaftlichen bzw. gerichtli­
chen Datenerfassung ist aufgrund der unterschiedlichen Ausrichtung der Statistiken und der unterschied­
lichen Erfassungszeitpunkte nicht möglich. In der Geschäftsanfallstatistik der Staatsanwaltschaften (StP/
OWi) werden folgende Sachgebiete erfasst, die sich ausschließlich auf Ermittlungsverfahren gegen Poli­
zeibedienstete beziehen:
-- Sachgebiet 52:
vorsätzliche Tötungsdelikte durch Polizeibedienstete
-- Sachgebiet 53:
Gewaltausübung und Aussetzung durch Polizeibedienstete
-- Sachgebiet 54:
Zwang und Missbrauch durch Polizeibedienstete
Dementsprechend sind belastbare Angaben zur Gesamtzahl aller Ermittlungsverfahren gegen Bedienstete
der Thüringer Polizei, zu den zugrundeliegenden Straftatbeständen und Verfahrensausgängen nicht möglich.
Zu 1.:
Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.
Zu 2.:
Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.
Zu 3.:
Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt im justiziellen Bereich nicht.
In den bei den Staatsanwaltschaften erfassten Sachgebieten 52 bis 54 wurden im Jahr 2014 118 Ermitt­
lungsverfahren erledigt, davon
2
durch Anklage vor dem Strafrichter,
1
durch Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 Abs. 1 StPO),
1
durch Einstellung mit Auflage nach § 153a StPO,
1
durch Einstellung bei unwesentlicher Nebenstraftat (§ 154 Abs. 1 StPO),
106
durch Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO,
2
durch Abgabe an die Verwaltungsbehörde als Ordnungswidrigkeit (§ 41 Abs. 2, § 43 OWiG),
1
durch Abgabe an eine andere Staatsanwaltschaft,
4
durch Verbindung mit einer anderen Sache.
Zum Ausgang der übrigen Ermittlungsverfahren hat keine statistische Erfassung stattgefunden.
Zum Ausgang gerichtlicher Verfahren gegen Polizeibedienstete sind folgende Angaben möglich:
In den Sachgebieten 52 bis 54 wurden bei den Thüringer Gerichten ausweislich deren Geschäftsanfallsta­
tistik im Jahr 2014 ein Neuzugang und ein Verfahrensabschluss registriert. Konkretere Aussagen sind auf­
grund der oben und in der Vorbemerkung dargelegten Gründe nicht möglich.
Zu 4.:
Unter Beachtung von Nachmeldungen und entsprechender statistischer Angleichung der Jahresberichte der
"Internen Ermittlungen" bei der Landespolizeidirektion wurden bei der Polizei nachfolgende Ermittlungsver­
fahren gegen Polizeibedienstete erfasst:
2010
2011
2012
2013
2014
2
343 Ermittlungsverfahren
320 Ermittlungsverfahren
352 Ermittlungsverfahren
350 Ermittlungsverfahren
444 Ermittlungsverfahren
Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode
Drucksache 6/
981
Ursächlich für den Anstieg zwischen den Jahren 2013 und 2014 sind im Wesentlichen drei Verfahrenskom­
plexe, welche durch einzelne Beschuldigte verursacht eine Mehrzahl an vorwerfbaren Einzelhandlungen
beinhalten.
Darüber hinaus sind die vorliegenden Fallzahlen auf annähernd gleichem Niveau.
Die Anzahl der in den Jahren 2010 bis 2014 bei den Thüringer Staatsanwaltschaften gegen Polizeibediens­
tete neu registrierten Ermittlungsverfahren in den Sachgebieten 52 bis 54 ergibt sich aus nachstehender
Übersicht:
2010
2011
2012
2013
2014
69 Ermittlungsverfahren
64 Ermittlungsverfahren
32 Ermittlungsverfahren
93 Ermittlungsverfahren
122 Ermittlungsverfahren
Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen.
Zu 5.:
Die Ausgestaltung der Fürsorgepflicht erfolgt einzelfallbezogen. Insbesondere wird Wert darauf gelegt, dass
möglichst frühzeitig dem Betreffenden die Stellung im Verfahren bekannt gegeben wird, damit sich dieser
gegebenenfalls rechtzeitig durch einen Rechtsbeistand vertreten lassen kann. Sollten darüber hinaus Be­
ratungen oder Unterstützungen erforderlich sein, stehen dafür entsprechende Stellen bzw. Ansprechpart­
ner zur Verfügung.
Zu 6.:
Der Strafverfolgung von Polizeibediensteten sowie den begleitenden Maßnahmen im Rahmen der Fürsor­
gepflicht, aber auch der Prävention, wird in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Eine Veränderung
ist daher gegenwärtig nicht angezeigt.
Dr. Poppenhäger
Minister
3