Christa Kieser »Schreiben – mit zarter Hand weben, Traumgespinste, Luftschlösser bauen, Blumen auf den Weg streuen, Worte in die Erde säen, abwarten … und Tee trinken.« Wunder der Nacht (für Karel K.) In der Nacht werden die grauen Katzen bunt färben mein Herz mit roter Tinte und singen vom Wunder der Liebe das es nicht gibt In der Nacht schaukle ich meine goldene Wiege für Kobolde und Feen die darin schlummern und vom Wunderbaren träumen Schreibe mit Vogelfedern Stimmen und Laute in den nachtblauen Wind Flüstere zärtliche Worte um das Wunder der Liebe zu locken 208 Rusalka Ich bade im morgenblauen Licht die Vergangenheit weit in der Ferne sie verlockt mich nicht In meinem Kleid aus Nebelschleiern baue ich meine Inseln mit bunten Kieselsteinen Glücksengel – oder: ein Sommertag in Pilsen Ich fange den Wind umkreise den Dom mit dem Wind singe ich um die Wette wer gewinnt? Lasse meine Träume in die goldenen Wellen gleiten An den goldenen Brunnen lausche ich meinen Fragen Wie in ein Nichts Girlanden aus Schatten und Licht Heiter lächelt der Glücksengel mir zu: Noch ruht der Sommer auf dem kühlen Grund des Flusses Die Antwort liegt in deinen Händen Schneewind Die ersten Eiskristalle rieche ich heute noch unsichtbar aber bald Lichtweißes Federkleid Schwan geduldig harrend was kommt Wem kann ich trauen wenn der Schneewind kommt Gelbes Habichtskraut dein Klagen ruft Wintergerste lacht zartgrün hoffnungsfroh Frühlingstanz Ziegelrot Orte der Kindheit Fahle Winterhaut der alten Bäume schütteres Wiesenhaar im März wecken Sehnsucht in meinen Augen nach zartem Birkengrün nach hellem Sternenblau nach Honiggelb und Anemonenweiß – wann werdet ihr erblühen? Zwischen ziegelroten Häusern wuchern wild die Gärten meiner Kindheit lautlos huscht Smaragdgrün über meine Füße Mirabellengold lockt saftig und süß in meinem Mund schläfrig summen Sonnenstrahlen auf meiner Haut aber nun – suche ich den Windschatten der mir die sanften Wege zeigt hinter den ziegelroten Mauern und jenseits der schwarzen Dächer – Wärme in deinen Händen Stille in der Einsamkeit das Herz weitet sich mit dem blauen Horizont f liege ich mit den Kranichen irgendwohin nirgendwohin Das holzfeurige Knistern im Ofen lässt letzte Winterstarre schmelzen aus unseren Körpern Wie sie tänzeln und frohlocken die kleinen Flammen Frühlingskobolden gleich Äpfel bedecken die herbstbraune Erde ein Teppich aus roten Kugeln saftig und süß duftend Unter der Brombeerhecke bleibe ich stehen wo ist der Ort meiner Kindheit? Das Land meiner Träume? Die letzten Schwalben bevor der Schnee fällt vergangen Ach, könnte mein Herz sich wieder erwärmen im goldenen Licht des aufsteigenden Tages – würde ich tanzen mit dir unterm Lindenbaum 209
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