Börsen-Prognosen: „2016 wird nicht das Jahr der Aktie“

Wirtschaft aktuell im Unterricht vom 18.01.2016
Börsen-Prognosen: „2016 wird nicht das Jahr der Aktie“
1. Kompetenzen
Die Schülerinnen und Schüler sollen ...
1. die aktuelle Entwicklung des Deutschen Aktienindex (DAX) sowie
wesentliche Einflussfaktoren ermitteln.
2. sich diesbezügliche Prognosen professioneller Analysten sowie die
von ihnen genutzten Indizes erschließen.
3. sich mit dem generellen Nutzen und den Grenzen derartiger Voraussagen auseinandersetzen.
2. Aufgaben
1.
Fassen Sie die aktuelle Entwicklung des Aktienhandels und des Deutschen Aktienindex (DAX) zusammen.
2.
Erschließen Sie sich wesentliche Einflussfaktoren auf die derzeitige Nachfrage
nach Aktien. Überprüfen Sie dabei, inwieweit internationale Entwicklungen
und Prozesse eine Rolle spielen.
3.
Geben Sie die Prognosen der im Artikel genannten Experten für das Börsenjahr 2016 wieder.
4.
Ermitteln Sie, auf Grundlage welcher Indizes und Informationen die Vorhersagen zustande kommen.
5.
Setzen Sie sich mit der Notwendigkeit sowie den Einschränkungen derartiger
Prognosen im Finanz- und Wirtschaftsgeschehen auseinander. Erläutern Sie
hierzu u. a., inwiefern die Entwicklung der Aktienkurse durch (derzeit nicht
vorherzusehende) Handlungen der Notenbanken maßgeblich beeinflusst und
verändert werden könnte.
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Wirtschaft aktuell im Unterricht vom 18.01.2016
Börsen-Prognosen: „2016 wird nicht das Jahr der Aktie“
Der Dax dürfte auf 8 000 Punkte fallen, lautet die Prognose renommierter Analysten
im Frankfurter Gespräch.
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Satte 25 Prozent hat der Dax 2013 zugelegt - und vier Charttechniker sagten daraufhin
im Handelsblatt ein gutes Aktienjahr 2014 vorher. Sie behielten recht. Auch für 2015
lagen dieselben Experten wieder auf der richtigen Seite und prognostizierten einen
Sprung auf über 11 000 Punkte. Grund genug für das Handelsblatt, dieselben
Charttechniker erneut in die Frankfurter Redaktion einzuladen - also Analysten, die
ihre Prognosen aus Kursentwicklungen und Trendfolgemodellen ableiten. Diesmal
fällt ihre Botschaft düster aus: Der Dax wird weiter fallen - und bei rund 8 000
Punkten einen Halt finden.
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Zwar rechnet niemand mit einem Durchmarsch nach unten in solch rasantem Tempo,
wie wir es seit Anfang Januar erleben. In nur zwei Wochen hat der Dax gut elf
Prozent verloren. „Jederzeit ist jetzt eine abrupte Gegenbewegung nach oben möglich
und wahrscheinlich“, sagt Dirk Oppermann von der DZ Bank. Aber seine Botschaft
lautet: „Anleger sollten Erholungsphasen dazu nutzen, Aktien zu verkaufen und
Liquidität aufzubauen.“ Denn - und das ist die zweite Botschaft: „2016 wird bestimmt
nicht das Jahr der Aktie“, fasst der freischaffende Charttechniker Frederik Altmann
die düstere Gemengelage zusammen: „Die Risiken haben enorm zugenommen.“
Damit meint er nicht so sehr das sich abschwächende Wachstum in China, die
schwächelnde Weltwirtschaft und die vielen geopolitischen Risiken - das sind
fundamentale Störfeuer, die den Börsen zweifellos zusetzen. Was die vier
Charttechniker sorgt, ist ein Strauß an „negativen Divergenzen in den Kurscharts“.
Das heißt im Einzelnen: Typische Vorlauf-Indizes, die in der Historie zuverlässig das
Auf und Ab an den Börsen vorwegnahmen, drehten schon im vergangenen Jahr nach
unten. Dazu zählt in vorderer Front der weltweite Index aus Halbleiter-Aktien. Weil
Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen Halbleiter als Vorprodukte für
ihre Waren brauchen, genießen Aktien wie Intel und Infineon eine Vorläuferfunktion.
Dasselbe gilt für den „Dow Jones Transportation“-Index in den USA. In ihm notieren
große Logistik- und Transport-Aktien. Auch er drehte bereits Anfang vergangenen
Jahres nach unten. Zudem stimmt Experten der rasante und schon lang anhaltende
Preisverfall bei Rohstoffen skeptisch. Damit ist nicht nur der in der breiten
Öffentlichkeit viel beachtete Ölpreis gemeint. Fragen die Industrieunternehmen
weniger Kupfer, Silber oder Platin nach, signalisiert dies ihre schwächere
Auftragslage und ein Abflauen der Weltwirtschaft.
Auch die seit langem angeschlagenen Börsen in Schwellenländern wie Brasilien,
Russland und China mahnen zur Vorsicht. Denn je mehr Länder der Emerging
Markets in die Krise geraten, desto weniger Aufträge gibt es für die Unternehmen in
den westlichen Industrienationen - eben weil ihnen die Absatzmärkte dahinschmelzen.
Deshalb sinken üblicherweise erst die Kurse an den Schwellenmärkten und dann erst
in Westeuropa und an der Wall Street.
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Schließlich mahnt die geringe Marktbreite zur Vorsicht: Wenigen Gewinneraktien mit
einem hohen Börsengewicht, wie Microsoft, Apple und Facebook, standen im
vergangenen Jahr viele Verliereraktien gegenüber. Solch eine Konstellation gab es
zuletzt in den Jahren 2007 und 1999. In beiden Fällen war die schlechte Marktbreite
aus wenigen steigenden Aktien - im Dax Deutsche Telekom und SAP sowie 1999
Mannesmann - und vielen fallenden Titeln ein Signal für den folgenden Absturz.
Zwischen März 2000 und März 2003 brach der Dax um 75 Prozent ein, 2008 waren es
40 Prozent. So tief sehen die Experten das deutsche Börsenbarometer diesmal nicht
fallen. […]
Eine Einschränkung, dass der Dax schon vor dem Fall auf 8 000 Punkte einen Halt
finden und wieder kräftig nach oben drehen kann, machen die vier Experten am Ende
aber doch. „Sollten sich die Notenbanken in Europa oder den USA dazu entschließen,
nach Anleihen künftig auch Aktien aufzukaufen, um so die Aktienmärkte zu stützen,
werden die Börsen massiv nach oben drehen“, sagt DZ-Bank-Experte Oppermann.
Japans Notenbank praktiziert dies seit langem. Insofern wäre der Tabubruch gar nicht
so groß. Eine nachhaltige Trendwende nach oben und den Beginn einer neuen,
ausgeprägten Hausse erwarten die Experten aber auch bei Aktienkäufen der
Notenbanken nicht. Oppermann: „Politisch manipulierte Märkte setzen sich auf Dauer
nicht durch.“ […]
Quelle: Sommer, U., Handelsblatt, Nr. 011, 18.01.2016, 34
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