Cyber-Spionage und Führungsverantwortung

Zeitschrift Informatik-Spektrum
der deutschen Gesellschaft für Informatik
Ursula Sury
Cyber-Spionage und Führungsverantwortung
INFORMATION UND GEHEIMNIS
Der Hauptwert einer jeden Unternehmung ist heute die Information, also Wissen und
auch das Wissen, wie man mit Wissen umgeht. Sinnigerweise leben wir ja in der Informations- und Wissensgesellschaft. Dieses Wissen unterliegt häufig verschiedenen Geheimhaltungen. Es kann sein, dass es sich um Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse
handelt, für die eine Unternehmung gesetzlich oder vertraglich zur Geheimhaltung verpflichtet ist. Es kann sich aber auch um Berufsgeheimnisse handeln, wie das Geheimnis
von Sozialversicherungen, Ärzten, Anwälten, Treuhändern und Notaren. Wissen kann
aber auch aus amtlichen Gründen, also im stattlichen Interesse geheim gehalten werden müssen, allen voran hier zu nennen sind militärische Geheimnisse.
DIGITALE ÜBERMITTLUNG UND GEHEIMNISVERLETZUNG
Immer häufiger werden Informationen digital aufbewahrt, archiviert und auch digital innerhalb des Unternehmens, innerhalb Unternehmensverbindungen und an Dritte transformiert. Seit den Enthüllungen von Snowden ist allgemein bekannt, dass der Inhalt von
Informationen und insbesondere die Metadaten (wer hatte mit wem Kontakt?) von staatlicher Seite systematisch ausgelesen und aufgezeichnet wird. Dies wird nicht nur von
den USA, sondern durchaus auch von anderen Staaten, allen voran beispielsweise von
China, betrieben.
Eine weitere nun gesicherte Tatsache ist, dass unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung und des Staatsschutzes systematisch Wirtschaftsspionage betrieben wird.
Daraus folgt, dass Unternehmen und Organisationen, welche die Verantwortung für geheimes Wissen tragen, nun vertieft Überlegungen anstellen sollten, in welcher Form
digitales Wissen gelagert und übermittelt wird.
ORTANISATORISCHE UND PERSÖNLICHE VERANTWORTUNG
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Aus den obigen Ausführungen folgt, dass Unternehmen und Organisationen, welche die
Verantwortung für geheimes Wissen (eigenes und/oder von Dritten) tragen, nun vertieft
Überlegungen anstellen sollten, in welcher Form digitales Wissen gelagert und übermittelt wird.
Dies betrifft insbesondere den wirtschaftlichen Nachrichtendienst. Die Verpflichtung,
sich mit den Anforderungen an Geheimhaltung und den Problemen des unsicheren Datenaustauschs auseinanderzusetzen, ergibt sich nicht nur aus den verschiedenen genannten Straftatbeständen, sondern auch aus der Pflicht zur sorgfältigen Unternehmensführung einer Führungsperson. So kann ein passives Zugänglichmachen von Fabrikationsgeheimnissen strafrechtlich als Mithilfe zu wirtschaftlichen Nachrichtendienst
gewertet werden.
Die Verantwortung der Führungspersonen für Geheimhaltung, sowohl nach Strafrecht
als auch Privatrecht, ist persönlicher Art. Das heisst, dass für mögliche Verletzungen
sowohl strafrechtlich wie auch vermögensrechtlich die jeweils verantwortliche Person
ins Recht gefasst wird. Wer dies konkret ist, ergibt sich zum einen aus dem Gesetz und
dem allgemeinen Grundsatz der persönlichen Verantwortung der Verwaltungsräte oder
Aufsichtsräte und der obersten Geschäftsleitung, andererseits aber auch aus der konkret gelebten Organisation (Governance).
ZUSAMMENFASSUNG
Unsicheres Halten und Übermitteln von Informationen kann als Mithilfe zu Geheimnisverletzung sowohl strafrechtlich als auch privatrechtlich gewertet werden. Unternehmungen wissen seit den Enthüllungen von Snowden, was als unsicher gilt. Führungspersonen haften persönlich.
Ursula Sury ist selbständige Rechtsanwältin in Luzern (CH) und leitet die Studienrichtung Management + Law an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Sie ist zudem Dozentin für Informatikrecht an verschiedenen Nachdiplomstudien, welche am Institut für Wirtschaftsinformatik der Hochschule durchgeführt werden. Die Autorin ist hauptsächlich im
Bereich Informatikrecht und Datenschutz tätig.
10.07.2015 / Ursula Sury
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