Im Dschungel verschiedener Gemeindekonzepte

Titelthema
Peter Wenz
Im Dschungel
verschiedener Gemeindekonzepte
W
eltweit wird diskutiert,
was wohl das beste, effektivste und zukunftsträchtigste Gemeindemodell
in unserer Zeit sein könnte.
Unzählige Angebote auf dem
Markt der Möglichkeiten stehen zur Auswahl. Vieles wurde erprobt, wieder verworfen,
proklamiert, zensiert, durch
Bücher verbreitet, vehement
postuliert wie auch kritisiert.
Schauen wir uns einmal einige gängige Konzepte an, so
werden wir schnell merken, wie
unterschiedlich die verschiedenen Ansätze sind.
Als ein absoluter Renner kam
vor einigen Jahren das G12-Kirchenmodell aus Kolumbien zu
uns nach Europa. Parallel dazu
propagierten andere die Wichtigkeit des „Seeker-Sensitive“Gemeindekonzepts von Willow
Creek฀aus Chicago/USA. Gleichzeitig kam aus Orange County
der Weltbestseller „Purpose Driven Church“ von Rick Warren
über den Ozean, während der
Amerikaner Ralph Neighbour
mit seinen Büchern über Zellgemeinden großes Aufsehen
erregte. Schon viel früher inspirierte David Yonggi Cho mit
seinem Mega-Church-Modell
aus Seoul/Korea die christliche
Szene, genauso wie Kenneth
Hagain, der als geistlicher Vater der Glaubensbewegung die
„Faith Churches“ weltweit bekannt machte.
Seit etwa 10 Jahren machen
vermehrt Hauskirchenbewegungen – insbesondere aus der
Dritten Welt – von sich reden,
genauso wie Autoren, die eine
Simple Church propagieren oder
mehr einen emergenten/missionalen Ansatz vertreten. Andere
behaupten, dass eine Gemeinde
erst dann Gemeinde ist, wenn
sie sich als City Church stadtweit
gemeinsam versammelt und
sämtliche denominationelle
und konfessionelle Barrieren
niedergerissen sind. Die vielen
Jugend- und Lifestyle-Gemeinden überall nehmen für sich
in Anspruch, ganz besonders
für diese Zeit geeignet zu sein,
Kirche im sozialen Kontext der
12
Postmoderne zu sein. Unzählige andere Beispiele könnten
erwähnt werden …
Wie sollen wir die verschiedenen Angebote auf dem Markt
der gemeindlichen Möglichkeiten bewerten? Jeder wird gemäß seiner individuellen Prägung eine eigene Meinung dazu haben. Wichtig scheint mir
aber, dass wir zunächst einmal
von der Heiligen Schrift her eine Deinition für eine „lokale Gemeinde“ finden, die dem nahekommt, was wir in der Apostelgeschichte verwirklicht sehen.
Diese könnte in etwa wie folgt
aussehen:
Lokale Gemeinde ist eine Gemeinschaft der Heiligen in einem bestimmten geographischen Kontext (Stadt, Dorf,
Region), die verbindlich das
natürliche und geistliche Leben miteinander teilt, Verantwortung füreinander übernimmt, in konkret fassbaren
Arten von Versammlungen zusammenkommt und sich Jesus
und seinem Wort unterordnet
und vom Heiligen Geist inspiriert und geführt wird.
Peter Wenz im Gottesdienst
geführt werden. Dabei gibt es
unterschiedliche Gaben und
Dienstbereiche.
Gesunde Gemeinden wachsen. Im Zuge dessen wird es
auch zu Konfrontationen mit
unsichtbaren Mächten kommen. Doch die Gemeinde, die
Jesus baut, wird von den Pforten des Totenreiches nicht überwunden werden (Mt 16,18b).
Das Zusammenleben innerhalb der Gemeinde wird in etwa einem Dutzend verschiedener Bilder in der Heiligen
Ihre Ziele sind, dass
Schrift beschrieben und erklärt:
•฀ Gott฀in฀allem฀verherrlicht฀
Tempel, Herde, Ackerfeld, Leib
wird,
usw. Gemeinden sind
•฀ jeder฀persönliche฀Erbauung฀
erfährt,
•฀ Ausbildungsstätten฀für฀neue฀
•฀ die฀gesamte฀erreichbare฀GeJünger,
sellschaft mit der guten Bot- •฀ Seelsorgezentren฀für฀Verschaft von Jesus in Berühwundete,
rung kommt,
•฀ Orte฀der฀Gemeinschaft฀für฀
•฀ Menschen฀die฀Gelegenheit฀
Einsame,
gegeben wird, zum Glauben •฀ Offenbarungsstätten฀des฀
zu finden.
Geistes,
•฀ Quellen฀der฀Liebe฀und฀Güte฀
Verkündigung des Wortes
Gottes,
Gottes, Wunder und Zeichen,
•฀ Zentren฀für฀multiplikative฀
Taufe und Abendmahl, AnbeEvangelisation und effektitung und fürbittendes Gebet,
ve Weltmission,
Liebe und gegenseitige Wert•฀ Orte฀durchbrechenden,฀anschätzung sowie Hochachtung
haltenden Gebetes,
sind selbstverständliche Be•฀ Rückzugsorte฀aus฀einer฀herstandteile des gemeinschaftliausfordernden Welt
chen Lebens. Natürlich gehö•฀ und฀vieles฀andere฀mehr.฀
ren auch gewisse Ordnungen,
eine biblische Ethik und KorGemeinden sind nicht perrekturmaßnahmen dazu. Eine fekt, aber sie werden von einem
Gemeinde soll von einer von vollkommenen Herrn geleitet,
Gott gesetzten Leiterschaft beaufsichtigt und inspiriert.
So weit der Versuch einer
Definition, man kann natürlich noch viele weitere neutestamentliche Inhalte ergänzen.
Wie gehen wir aber mit den –
zum Teil sehr postulierenden –
Angeboten unterschiedlicher
Konzepte von Gemeindebau in
unserer Zeit um? Was kann uns
helfen, Dinge für unseren Kontext zufriedenstellend zu beurteilen? Im Folgenden möchte
ich kurz auf vier Punkte eingehen, die ich persönlich im
Laufe der Jahre als sehr wichtig
empfunden habe.
1. Jedes Konzept muss in Übereinstimmung mit der Ofenbarung des geschriebenen Wortes
Gottes stehen. Wenn Ansätze
für Gemeindebau in Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift sind, sind sie
auch für mich im Grundsatz
akzeptabel.
Beispiel: Nehmen wir das
Zellgemeindemodell von
Ralph Neighbour: Hier finden wir viele gute praktische
Ansätze für den Gemeindebau. Sehr viel in den erwähnten Büchern wird von Gottes Wort abgeleitet und ist
in Übereinstimmung mit der
Heiligen Schrift, obwohl das
ganze ausgefeilte Konzept
von Zellgemeinde so nicht
im Detail in der Bibel geoffenbart ist. Solch ein Konzept
wäre für mich im Prinzip akzeptabel.
Charisma 156