3. Klausur Allgemeines Steuerrecht (Bearbeitungszeit: 2 Stunden) Teil I Eheleute M und F haben ihre gemeinsame Einkommensteuererklärung 2014 auf elektronischem Wege unter Verwendung des von der Finanzverwaltung entwickelten und herausgegebenen sog. ELSTER-Datenverarbeitungsprogramms mit einer elektronischen Signatur erstellt und an das Rechenzentrum der Finanzverwaltung geschickt. M nutzte dabei zum ersten Mal dieses Programm unter Erwerb eines Signaturschlüssels. Dabei missverstand er die Rubrik „Veranlagung“ und klickte „Einzelveranlagung“ an. Außerdem vergaß er, in einem Untermenü den Antrag auf einen Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 EStG für den gesteigerten Unterhaltsaufwand des auswärtig studierenden Sohns S zu stellen. Die gemeinsame elektronische Steuererklärung von M und F wurde vom digitalen Kontrollsystem der Finanzverwaltung lediglich auf Plausibilität hin geprüft und unbeanstandet gelassen. Dementsprechend erließ das zuständige Finanzamt zwei formell ordnungsgemäße (endgültige) Einkommensteuerbescheide für 2014 und gab diese beiden Ehegatten wirksam bekannt. Die beiden Einkommensteuerbescheide gingen von einer Einzelveranlagung der Eheleute im Sinne des § 26a EStG aus und enthielten jeweils keinen Ausbildungsfreibetrag. Aufgrund einer vierteljährigen Studienreise im Ausland versäumten M und F die Einspruchsfrist. M beantragte sowohl die Gewährung des Ausbildungsfreibetrags als auch die Durchführung einer Zusammenveranlagung nach § 26b EStG. Er trug wahrheitsgemäß vor, dass M und F seit vielen Jahren in einem Haushalt zusammenleben, das Finanzamt bisher immer eine Zusammenveranlagung vorgenommen habe und sie seit Studienbeginn ihres Sohnes (vor 3 Jahren) bisher einen Ausbildungsfreibetrag erhalten haben. Dass ihm bei der Bedienung des von der Finanzverwaltung gestellten, schwer zu durchschauenden Computerprogramms Fehler unterlaufen seien, sei ihm nicht anzulasten. Auch müsse er keine besonderen Vorkehrungen für die Zeit eines Auslandsurlaubs, wie lange dieser auch immer dauern sollte, treffen. Wie hat die Finanzbehörde zu entscheiden? Begründen Sie die von der Finanzbehörde vorzunehmenden Erwägungen unter Ausschöpfung des Sachverhalts. Teil II Das zuständige Finanzamt F führt eine Lohnsteuer-Außenprüfung im Sinne des § 42f EStG bei dem Versicherungsunternehmen V-AG durch. Dabei ermittelt der Betriebsprüfer, dass der Vorstand für besonders erfolgreiche Außendienstangestellte sog. Incentive-Reisen ausgelobt und gewährt hat. Die gewährten Incentive-Reisen (zu Kurz-Urlaubszielen am Mittelmeer) sind jedoch (entgegen den maßgeblichen Vorschriften des EStG) nicht als geldwerte Vorteile bei den begünstigten Arbeitnehmern lohnsteuerrechtlich erfasst worden. Wen kann das Finanzamt wie in Anspruch nehmen?
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