Gründe für die Gabe von Hormonersatzpräparaten

Gründe für die Gabe von Hormonersatzpräparaten:
1.
Vegetative Störungen: Hitzewallungen, Schweißausbrüche,
Schlafstörungen und Herzrasen, Müdigkeit, Reizbarkeit,
Nervosität, depressive Verstimmung lassen sich durch
sachgerechten Hormonersatz verbessern. Dadurch steigt die
Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität.
2.
Östrogene fördern die Durchblutung und die Wasserbindung im
Gewebe und haben einen günstigen Einfluss auf Muskeln und
Gelenke.
Sie wirken positiv auf Schleimhäute (Mund, Nase, Augen,
Scheide..) und wirken dem männlichen Hormoneffekt an der
Haut (Akne, fettige Haut, übermäßige Behaarung im Gesicht
und Körper einerseits und Haarausfall am Kopf andrerseits)
entgegen.
3.
Östrogene verbessern die Durchblutung im Genitalbereich und
Harntrakt. Blasenstörungen werden gebessert, trockene
Scheidenschleimhäute und Schmerzen beim Verkehr werden
gemindert.
4.
Pflanzenextrakte können leichtere Wechseljahrsbeschwerden
genauso wie Placebopräparate bessern. In einigen Extrakten
sind Phytoöstrogene enthalten, deren Wirkung nicht genau
untersucht ist. Ein notwendiger Hormonersatz kann durch die
Pflanzenextrakte jedoch nicht ersetzt werden.
5.
Psychopharmaka haben in den Wechseljahren ihren eigenen
Einsatzbereich. Sie sind aber zunächst nicht für die
hormonmangelverursachten Beschwerden geeignet.
6.
Eine individuelle Hormonsubstitution verhindert den durch
Östrogenmangel bedingten Knochenmasseverlust und
vermindert die Knochenbruchrate. Voraussetzung für einen
normalen Knochenstoffwechsel sind körperliche Aktivität und
ausreichende Kalziumaufnahme.
7.
Bei frühzeitigem Beginn einer Östrogenersatzbehandlung kann
der Entstehung von Gefäßverkalkungen (Artherosklerose)
vorgebeugt werden. Die Östrogene erweitern die Gefäße und
schützen die Gefäßwände. Die Gestagene beeinflussen diesen
Schutz-Effekt – wie genau ist noch unklar. Bei schon
bestehenden Herz-Kreislaufveränderungen kann eine neu
begonnene Hormonersatztherapie einen ungünstigen Einfluss
auf die Gefäßsituation haben. Wenn dennoch starke
Beschwerden bestehen, die den Einsatz von Hormonen
erforderlich machen, muss mit speziellen Medikamenten
(Statinen) kombiniert werden.
8.
Das Risiko für thromboembolische Erkrankungen steigt gering
an, wie Untersuchungen zeigen (ca 1 Fall pro 1000 Frauen pro
Jahr). Das Risiko ist vor allem anfänglich erhöht. Wahrscheinlich
ist das Risiko unter transdermaler Gabe (=Pflastertherapie / Gel)
geringer. Bei der Notwendigkeit einer Operation muss die
Therapie nicht abgesetzt werden, wenn eine ausreichende
Thromboseprophylaxe erfolgt.
9.
Werden Östrogene über längere Zeit alleine gegeben bei
vorhandener Gebärmutter, kann das Risiko für
Gebärmutterschleimhautwucherungen und damit der
Karzinomentstehung erhöht sein. Aus diesem Grund muss ein
Wechseljahrshormonersatz bei vorhandener Gebärmutter immer
mit einem Gestagen kombiniert werden.
10.
Östrogene und Gestagene verursachen keinen Krebs /
Brustkrebs!!
Sie können aber das Brustkrebswachstum beeinflussen. Unter
langfristigem Hormonersatz findet sich ein gering erhöhtes
Risiko für das Auftreten von Brustkrebs –(Bei tausend Frauen,
die ab 50 Jahren Hormone einnehmen und über 5 Jahre
nehmen, bekommen 2 zusätzlich ein Mammakarzinom (ohne
Hormone 63, mit Hormonen 65 Frauen). Bei längerer Einnahme
über 10 und 15 Jahre steigt das Risiko auf 6 bzw. 12 Fälle mehr.
Das entspricht einem Anstieg wie bei Eintreten der
Wechseljahre um ein Jahr später)
11.
Zum Hormonersatz sind natürliche Präparate wie Estradiol und
konj. Östrogene geeignet. Das Östrogen der Antibaby-Pille
(Ethinylestradiol) ist wegen seiner starken Wirkung und
Nebenwirkungen nicht geeignet.
Ein Gestagenzusatz bei vorhandener Gebärmutter schützt die
Schleimhaut zuverlässig
Bei nur lokalen Schleimhautproblemen im Urogenitaltrakt sind
Estriolpräparate in geringer Dosis geeignet. Sie haben so gut
wie keine Neben-Wirkungen im restlichen Körper.
Was bedeutet individuelle Hormonbehandlung?:
Die Gabe von Hormonen soll bei bestehenden Gründen (s.o.) um die
Wechseljahre herum begonnen werden, die auf Hormonmangel
zurückzuführen sind.
Es ist nicht sonnvoll, erst viel später aus prophylaktischen Gründen
anzufangen, wie in der WHI-Studie geschehen. Vorbestehende
Veränderungen können dann evtl. nicht mehr verbessert werden, die
Nebenwirkungen überwiegen.
Die Dosis richtet sich nach dem Therapieerfolg und sollte individuell
jährlich überprüft und ggf. vermindert werden. Auslassversuche
lassen erkennen, ob noch Hormone nötig sind.
Soll ein Knochenmasseverlust behandelt werde, muss die
Hormongabe längerfristig erfolgen. Dabei sind Gegenanzeigen zu
berücksichtigen und fortlaufend bei den Vorsorgeuntersuchungen zu
prüfen.
Bei M. Alzheimer zeichnet sich bei länger währender Hormongabe ein
Benefit aus. Hier muss möglichst frühzeitig begonnen werden und
langfristig (> 10 Jahre) behandelt werden, um einen Benefit zu
erzielen.
Fazit:
Eine Hormonersatztherapie soll nur bei entsprechenden Gründen
(Indikation) verordnet werden – bei den Symptomen des klimakt.
Komplexes (Hitzewellen, Schlafstörungen, Veränderungen der Haut
und Schleimhäute) gibt es keine wirksame Alternative.
Die Hormongabe hat zahlreiche weitere günstige Auswirkungen (s.o.),
bei Frauen mit Vorbelastung allerdings besteht auch ein – wenn auch
sehr geringes – Risiko für venöse thromboembolische Erkrankungen,
Schlaganfälle und Brustkrebs.
Deshalb ist bei länger dauernder Anwendung jährlich der Bedarf zu
prüfen.
aktualisiert 10.2005, Dr. G.Kußmann